Internationaler Mindestlohnbericht 2025 des WSI: Deutliche Zuwächse für Beschäftigte in den meisten EU-Ländern – Deutschland fällt mit Mini-Anhebung zurück

Mindestlohn„Fast überall in der Europäischen Union sind die Mindestlöhne zum Jahresanfang gestiegen. Für Mindestlohnbeziehende kamen dabei zwei günstige Entwicklungen zusammen: Zum einen fielen die Erhöhungen meist kräftig aus. Im Mittel (Median) betrug die nominale Steigerung gegenüber dem Vorjahr 6,2 Prozent. Zum anderen ist die Inflation gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Verlauf des Jahres 2024 europaweit zurückgegangen. Anders als in den vergangenen Jahren bleibt damit auch nach Berücksichtigung der gestiegenen Lebenshaltungskosten mit 3,8 Prozent im Median ein deutliches reales Plus. Wermutstropfen bei der Entwicklung ist, dass die Zuwächse geographisch sehr ungleich verteilt sind…“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 18.Februar 2025 externer Link zum WSI-Mindestlohnbericht 2025 externer Link von Malte Lübker und Thorsten Schulten vom Februar 2025 – siehe mehr daraus:

  • Weiter aus der Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 18.Februar 2025 externer Link: „… So stammen die neun Länder mit den größten realen Zuwächsen – jeweils oberhalb von 5 Prozent – allesamt aus Osteuropa. Im Rest der EU verzeichnen Irland (+4,9 %), Portugal (+3,3 %), Griechenland (+3,3 %) und die Niederlande (+2,7 %) vergleichsweise hohe reale Steigerungen. In Deutschland übertraf die Anpassung des Mindestlohns auf 12,82 Euro zum Jahresanfang die HVPI-Inflationsrate des Vorjahres nur geringfügig, sodass für Menschen, die hierzulande zum Mindestlohn arbeiten, lediglich ein reales Wachstum von 0,8 Prozent übrigbleibt. Das ergibt der neue internationale Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Als einen Grund für die Erhöhungen macht der Bericht den Einfluss der Europäischen Mindestlohnrichtlinie aus. „Durch Referenzwerte für angemessene Mindestlöhne, die im Zuge der Umsetzung der Europäischen Mindestlohnrichtlinie in den nationalen Mindestlohngesetzen verankert wurden, entsteht in viele Ländern ein Sog hin zu strukturellen Mindestlohnerhöhungen, die über die normalen regelmäßigen Anpassungen hinausreichen“, bilanzieren die Studienautoren Dr. Malte Lübker und Prof. Dr. Thorsten Schulten. Um die Angemessenheit von Mindestlöhnen zu beurteilen, ist in der Richtlinie unter anderem der Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns verankert – also des Lohnes, der die Lohnverteilung in zwei gleichgroße Hälften teilt. Nach den aktuellsten verfügbaren Daten der OECD, die sich auf das Jahr 2023 beziehen, erreichten zuletzt nur Portugal (68,2 %), Slowenien (63,0 %) und Frankreich (62,2 %) diese Zielvorgabe. Deutschland verfehlte das Ziel mit 51,7 Prozent des Medianlohns der Vollzeitbeschäftigten deutlich. Bereits im laufenden Jahr wäre ein Mindestlohn von rund 15 Euro notwendig, um das 60-Prozent-Ziel zu erreichen, so die WSI-Forscher. (…) Die Bilanz der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass dies dem Mindestlohn einen deutlichen Schub gibt: In Westeuropa verzeichnen Spanien (+48,9 %), Portugal (+40,3 %) und Irland (+30,7 %) gegenüber dem Jahr 2015 ein deutliches Realwachstum, in Großbritannien stieg der Mindestlohn preisbereinigt in den letzten zehn Jahren sogar um 76,0 Prozent. Das Ex-EU-Mitglied Großbritannien verfolgt inzwischen das ambitionierte Ziel, ein Living Wage in Höhe 66 Prozent des Medianlohns zu erreichen. Auch Irland will sein derzeitiges Ziel von 60 Prozent des Medians überprüfen, um perspektivisch ein Living Wage von 66 Prozent des Medians einzuführen. (…) Demgegenüber fällt die Zehn-Jahres-Blanz in Deutschland deutlich bescheidener aus: Hierzulande stieg der Mindestlohn real um 16 Prozent gegenüber dem Einführungsniveau aus dem Jahr 2015. Dies entspricht in etwa der Erhöhung des Mindestlohns durch den Deutschen Bundestag von 10,45 Euro auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022. „Per Saldo haben die Anpassungen unter der Ägide der Mindestlohnkommission über die vergangenen zehn Jahre zu keiner nennenswerten realen Erhöhung geführt, sondern lediglich inflationsbedingte Kaufkraftverluste ausgeglichen – ähnlich wie dies in Frankreich und Belgien durch eine Indizierung des Mindestlohns erreicht wird“, so das Fazit der Studienautoren Lübker und Schulten…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=226326
nach oben