Ärger mit den Nachbarn. Mindestlohn gilt für alle Lkw-Fahrer aus der EU, die Deutschland durchqueren

Dossier

stop inhuman working conditions in road transportDer deutsche Mindestlohn hat eine interessante Weiterung: Er betrifft alle Lkw-Fahrer, die auf BRD-Straßen unterwegs sind. In Polen und Tschechien gehen deshalb die Spediteure bereits auf die Barrikaden, zumindest verbal. Die Bundesregierung indes will die Lohnuntergrenze ohne Abstriche durchsetzen. Die entsprechenden Branchenverbände Polens und Tschechiens fürchten nun um die »Wettbewerbsfähigkeit« ihrer Unternehmen. Auch die Regierung in Warschau regt sich…“ jW-Bericht vom 22.01.2015 externer Link: „Ärger mit den Nachbarn. Mindestlohn gilt für alle Lkw-Fahrer aus der EU, die Deutschland durchqueren. Berlin hält Regelung für korrekt. Warschau und Prag stellen Fragen“. Siehe dazu:

  • [Nach Gräfenhausen unverändert] LKW-Fahrer: „Je weiter weg das Heimatland, desto schlechter ist die Bezahlung“ New
    Im Interview von Claus-Jürgen Göpfert in der Frankfurter Rundschau online am 11. März 2024 externer Link erklärt Anna Weirich von Faire Mobilität, warum der Streik auf der Raststätte Gräfenhausen nicht zu einer Besserung führte und spricht über die Ausbeutung auf der Straße und die Notlage der Beschäftigten: „… Es sind in der Regel ökonomische Beweggründe [weshalb LKW-Fahrer:innen Tausende Kilometer entfernt von ihrer Heimat ihr Glück versuchen] In den Heimatländern dieser Menschen ist die wirtschaftliche Lage schwierig. Es ist dort kaum möglich, seinen Lebensunterhalt zu verdienen oder gar eine Familie zu ernähren. Es sind im Normalfall Männer, ganz selten Frauen, die LKW fahren. Und die sind der Haupternährer der Familie, oft für mehrere Generationen. Viele der Menschen, die zum ersten Mal nach Deutschland kommen, haben außerdem falsche, weil stark idealisierte, Vorstellungen über die Lebens- und Arbeitsbedingungen hierzulande. (…) Beim Streik der Lastwagenfahrer vor einem Jahr an der Raststätte Gräfenhausen habe ich einen Mann aus Usbekistan mit vier Kindern getroffen. Er erzählte mir von seiner Familie. Zwei seiner Kinder waren schwer krank und mussten dringend operiert werden. Deswegen fuhr der Mann in Deutschland LKW. (…) Es gilt die Faustformel: Je weiter weg das Heimatland liegt, desto schlechter ist die Bezahlung. Viele der Migranten haben ausländische Verträge mit ausländischen Arbeitgebern, obwohl sie im Auftrag deutscher Verlader unterwegs sind. Dies hat natürlich vor allem damit zu tun, dass so die Transporte billiger durchgeführt werden können und zwar auf Kosten der Fahrenden. Aber auch bei Verträgen mit deutschen Unternehmen stellen wir massive Probleme fest. (…) Es gibt drei Wirklichkeiten. Die eine ist die Realität des Arbeitsvertrages. Da verdienen zum Beispiel Menschen aus Rumänien den dortigen Mindestlohn, das sind etwa 550 Euro brutto im Monat. Das zweite ist die gelebte Wirklichkeit. Da gibt es dann mündliche Vereinbarungen über Tagessätze für die Fahrer in der Höhe von 80 bis 90 Euro netto. Aber auch dieses Geld kommt bei den Menschen oft gar nicht an. Es gibt immer irgendwelche Abzüge. Und die Vereinbarungen sind mündlich, also nirgendwo festgehalten. Die dritte Wirklichkeit ist die juristische, laut der vielen dieser Fahrenden ohnehin die höheren Mindestlöhne der Länder zustehen würden, in denen sie fahren. Von dieser Wirklichkeit wissen die Fahrenden oft gar nichts. (…) Leider sind insbesondere die Regelungen zur Entsendung, die auch für die Entlohnung entscheidend sind, viel zu kleinteilig und kompliziert, um in der Praxis effektiv angewendet und kontrolliert zu werden. Und es gibt halbherzige Regelungen, die nicht umgesetzt werden. So zum Beispiel, dass jeder LKW nach acht Wochen zum Sitz seines Unternehmens zurückkehren muss. Diese Regelung scheint auf Grund einer Klage von mehreren EU-Mitgliedsländern nun wieder gekippt zu werden. Aber die Wahrheit ist auch: Die Fahrer leben nach wie vor dauerhaft in ihren Lastwagen. (…) Ich möchte dabei helfen, der Ausbeutung von Menschen Einhalt zu gebieten. Ich hoffe auf eine positive Veränderung der herrschenden Verhältnisse. Und ich will meine persönlichen Fähigkeiten für etwas möglichst Sinnvolles einsetzen. Natürlich geht es mir auch darum, die sozialen Ungleichheiten zumindest abzufedern.“

  • Trucker-Streik soll Konsequenzen haben: Flächendeckendes Kontrollkonzept für die Durchsetzung des Mindestlohns gefordert 
    Der rheinland-pfälzische Arbeitsminister Alexander Schweitzer fordert ein „ein flächendeckendes Kontrollkonzept“ für die Durchsetzung des Mindestlohns.
    Der deutsche Mindestlohn gilt auf dem Papier auch für ausländische Lastwagenfahrerinnen und -fahrer, die von oder nach Deutschland fahren – aber nicht überall wird er wirklich ausgezahlt. Das ist zuletzt beim Streik von Truckern auf der südhessischen Autobahnraststätte Gräfenhausen sichtbar geworden. Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden, findet der rheinland-pfälzische Arbeits- und Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD). Er hatte die rund 60 georgischen und usbekischen Fahrer besucht, die vor wenigen Tagen ihre Ansprüche gegen ihren polnischen Chef durchgesetzt hatten – nach fünfwöchigem Streik. Den zahlreichen Worten der Solidarität aus der Politik müssen nach Schweitzers Auffassung Taten folgen. Er fordert „ein flächendeckendes Kontrollkonzept“ für den Zoll ein, der in Deutschland dafür zuständig ist, die Zahlung von Mindestlohn zu überprüfen. „Weiterhin sollte aufgezeigt werden, wie und bei welchen Gerichten Fahrerinnen und Fahrer von ausländischen Unternehmen individuell bestehende Ansprüche des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland geltend machen können“, heißt es weiter in einer Vorlage Schweitzers für die Arbeits- und Sozialministerkonferenz von Bund und Ländern. Dieser Punkt soll dafür sorgen, dass die Fahrerinnen und Fahrer tatsächlich etwas von verstärkten Kontrollen haben. Denn die führten nicht unbedingt dazu, dass die Betroffenen ihren Lohn erhielten, erläutert Schweitzer – etwa wegen Sprachschwierigkeiten und der langen Dauer der Verfahren. Daher sei ein Konzept nötig, das in der Praxis auch im Sinne der Trucker funktioniere. Die Ministerkonferenz tagt erst Anfang Oktober wieder. Dann solle die Bundesregierung Bericht erstatten über die „Arbeitsbedingungen im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf der Straße“…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 05.05.2023 in der FR online externer Link („Trucker-Streik soll Konsequenzen haben“)

    • Jenseits des Gesetzes. Für Lkw-Fahrer gilt der Tarif des Landes, in dem sie unterwegs sind. Doch oft wird ihnen dieses Recht verweigert. Was bleibt von dem wilden, erfolgreichen Streik in Gräfenhausen? 
      „… Die Löhne bei internationalen Speditionen haben mit den Gesetzen oft nicht viel zu tun. Edwin Atema spricht von einer Form des „Menschenhandels“, der hier stattfindet.  Geliehene Lkw und Subunternehmen machen das Geflecht noch undurchsichtiger. Bei Mazur etwa sind die Fahrer nach polnischem Recht selbstständig über Dienstleistungsverträge angestellt. Für ihren harten Job bekommen sie Tagessätze, die mündlich vereinbart werden. Im Schnitt etwa 80 Euro – bei Arbeitstagen, die 13 oder 15 Stunden lang sein können.  Daran ändern auch die  Proteste nichts.  Eine Überprüfung durch die polnische Arbeitsinspektion würde dem Konstrukt vermutlich die Scheinselbstständigkeit attestieren. „Die Fahrer haben nur gelacht, als wir gesagt haben, dass sie ja nach polnischem Recht selbstständige Unternehmer sind“, erzählt Weirich.  Wenn man versuche, die Auftraggeber in die Pflicht zu nehmen, bekomme man meist ausweichende Antworten: „Das ist eine Mischung von ‚Oh, wir wissen gar nicht, welcher Subunternehmer für uns fährt‘ bis ‚Danke für den Hinweis, wir haben die Zusammenarbeit eingestellt‘.“
      Zwar existiert bereits ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Straßenverkehrsrichtlinie und des Entsenderechts auf den Straßenverkehr. Doch für Michael Wahl „verkompliziert er eine ohnehin schon komplexe Richtlinienvorgabe zusätzlich“. Jede Umsetzung müsse sich daran messen lassen, dass Lkw-Fahrer in der Lage sein sollten, ihre Rechtssituation selbst verstehen zu können. Von den Regelungen nicht betroffen wären Fahrer, die EU-Länder nur durchfahren oder bilaterale Transporte fahren. Eine rasche Problemlösung ist aber nicht in Sicht. So bleibt den Betroffenen einstweilen nur, die Saat des Protests weiterzutragen. Doch wilde Streiks wie in Gräfenhausen sind selten in Deutschland. Noch dazu waren sie anderswo nicht so erfolgreich…“ Artikel von Kay Meiners in Ausgabe 03/2023 des Magazin Mitbestimmung externer Link der HBS
    • Siehe für den genannten aktuellen Hintergrund unser Dossier: Mind. 55 Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan streiken auf der Autobahnraststätte bei Darmstadt für ihren Lohn von der polnischen Firmengruppe Mazur
  • EuGH-Entscheidung zu Entsandten im internationalen Straßentransport bezüglich Mindestlohn 
    Aufgrund von Klagen dreier ungarischer LKW-Transportfahrer hat das zuständige ungarische Arbeitsgericht das EuGH nach Art. 267 AEUV um eine Entscheidung zur Auslegung der Unionsregelungen zur Geltung von Mindestlöhnen im internationalen Straßentransport gebeten. Danach hat die Erste Kammer des EuGH am 8. Juli 2021 in der Rechtssache C‑428/19 für Recht erkannt externer Link:
    „1. Die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen ist dahin auszulegen, dass sie auf die länderübergreifende Erbringung von Dienstleistungen im Straßenverkehrssektor anwendbar ist.
    2. Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 der Richtlinie 96/71 in Verbindung mit deren Art. 5 sind dahin auszulegen, dass sie das Erfordernis aufstellen, dass der Verstoß eines in einem Mitgliedstaat ansässigen Arbeitgebers gegen die Mindestlohnvorschriften eines anderen Mitgliedstaats von entsandten Arbeitnehmern des erstgenannten Mitgliedstaats vor einem Gericht dieses Mitgliedstaats, sofern es zuständig ist, gegen den genannten Arbeitgeber geltend gemacht werden kann.
    3. Art.3 Abs. 7 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/71 ist dahin auszulegen, dass ein Tagegeld, das je nach Dauer der Entsendung des Arbeitnehmers unterschiedlich hoch ausfällt, eine Entsendungszulage darstellt, die Bestandteil des Mindestlohns ist, es sei denn, das Tagegeld wird als Erstattung für infolge der Entsendung tatsächlich entstandene Kosten wie z.B. Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten gezahlt oder entspricht einer Zulage, die das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der von ihm erhaltenen Gegenleistung verändert.
    4. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates ist dahin auszulegen, dass er es einem Güterkraftverkehrsunternehmen grundsätzlich nicht verwehrt, Kraftfahrern eine Zulage zu gewähren, die sich danach bemisst, welche Einsparungen in Form eines in Relation zur zurückgelegten Strecke verringerten Treibstoffverbrauchs erzielt wurden. Eine solche Zulage verstieße jedoch gegen das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn sie, anstatt nur an die Treibstoffeinsparung anzuknüpfen, eine solche Einsparung in Relation zu der zurückgelegten Strecke und/oder der Menge der beförderten Güter gemäß Modalitäten honorieren würde, die den Fahrer zu Verhaltensweisen verleiten, die geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gefährden und/oder Verstöße gegen die Verordnung Nr. 561/2006 zu begehen.“

  • Deutscher Mindestlohn gilt auch für ausländische Lkw-Fahrer. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des deutschen Mindestlohngesetzes zurückgewiesen 
    Arbeitnehmer, die im Ausland angestellt sind, aber in Deutschland arbeiten, müssen Mindestlohn gezahlt bekommen. Das entschied das Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Das Gericht wies damit Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des Mindestlohngesetzes zurück. Die Urteile vom 16. Januar seien jedoch noch nicht rechtskräftig, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Demnach müssen Arbeitgeber aus dem In- und Ausland für die Zeit, die ihre Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten, mindestens gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Dies gelte auch, wenn die Tätigkeit nur kurze Zeit dauere, wie es oft bei Lkw-Fahrern aus dem Ausland der Fall sei…“ Agenturmeldung vom 6.2.2019 bei der Verkehrsrundschau online externer Link
  • Wenn die Polizei osteuropäische Lkw-Fahrer mit Flugblättern von der Gewerkschaft versorgt, dann muss es schlimm bestellt sein. Aber es geht noch schlimmer bei der Beschaffung von Arbeitskräftematerial 
    Über die teilweise nur noch als skandalös und menschenunwürdig zu bezeichnenden Zustände, unter denen viele Lkw-Fahrer vor allem aus Osteuropa auf den Straßen ihr Dasein fristen müssen, wird immer wieder in den Medien berichtet. Auch in diesem Blog, so beispielsweise am 30. Juli 2017 unter der Überschrift Von wegen Trucker-Mythos. Die Lkw-Fahrer als letztes Glied einer hoch problematischen Verwertungskette. Und es sind nicht nur die großen Brummis – viele Bürger bekommen tagtäglich unmittelbar Kontakt mit den angeheuerten Hilfstruppen aus osteuropäischen Ländern, mit denen die Paketdienste versuchen, die stetig wachsenden auszuliefernden Mengen zu bewältigen. Das passiert natürlich deshalb, weil die billigen Arbeitskräfte ein wesentlicher Kostenfaktor in den Geschäftsmodellen der Speditionen und Paketdienste darstellen. (…) Nur eine Anmerkung zu dem Menschen, der diese Entwicklung mit seiner Klage ins Rollen gebracht hat: »Die Klage gegen die Deutsche Post hat sein Leben grundlegend verändert. Sein tschechischer Chef hat ihn im November vor einem Jahr von der Arbeit freigestellt. Fahren darf er seitdem nicht mehr. Er bleibt jetzt zu Hause und lebt von seinem kleinen Grundlohn, ohne Zuschläge oder Spesen. Auch das ist ein Signal.« Man muss sich die weiteren Auswirkungen dieser Entwicklung vor Augen führen, denn es handelt sich um einen Präzedenzfall für viele ausländische Fahrer im Auftrag deutscher Unternehmen…“ Artikel vom 8. Juni 2018 von und bei Stefan Sell externer Link
  • Transit durch Deutschland: Mindestlohn soll auch für polnische Kraftfahrer gelten
    „Deutsche Gewerkschaften und Spediteure machen Druck: Der Mindestlohn soll künftig auch für polnische Kraftfahrer gelten. Doch die EU-Kommission sieht das anders. (…) Lastwagenfahrer aus Polen oder Tschechien, die Deutschland im Transitverkehr durchqueren, erhalten für ihre Zeit auf deutschen Autobahnen keinen deutschen Mindestlohn. Nach Ansicht der EU-Kommission darf das Mindestlohngesetz auf sie nicht angewendet werden – was aber zwischen Brüssel und Berlin umstritten ist. In dieser Auseinandersetzung, zu der ein schwelendes EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland gehört, bekommt die Bundesregierung nun neue Argumentationshilfe: Ein Gutachten des Hamburger Rechtswissenschaftlers Peter Mankowski legt dar, dass die Einwände gegen die Anwendung des Mindestlohngesetzes europarechtlich nicht haltbar seien. Gemeinsame Auftraggeber sind der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), einer von zwei deutschen Spediteursverbänden, und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)…“ Beitrag von Dietrich Creutzburg vom 29. Mai 2017 bei der FAZ online externer Link, das komplette Gutachten „Die Unionsrechtskonformität des Mindestlohngesetzes“ von Peter Mankowski vom 11. April 2017 externer Link ist beim DGB ab dem 30. Mai 2017 als kostenloser Download verfügbar
  • Deutsch-tschechisches Gewerkschaftstreffen: Transportgewerbe braucht flächendeckenden Mindestlohn
    „DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell und Josef Středula, Vorsitzender des tschechischen Gewerkschaftsdachverbandes CMKOS, haben in Berlin eine gemeinsame Erklärung zum Mindestlohn unterzeichnet. Darin fordern sie von der Europäischen Kommission die flächendeckende Anwendung des Mindestlohns im Transportgewerbe auch für Transit- und sogenannte Kabotage-Fahrten. (…) Hintergrund ist die Einleitung von rechtlichen Schritten der Europäischen Kommission gegen Frankreich und Deutschland wegen der Anwendung des Mindestlohns im Transportgewerbe. Das deutsche Mindestlohngesetz schreibt seit 1. Januar 2017 die Untergrenze von 8,84 Euro vor, ungeachtet der Nationalität des Arbeitgebers (Paragraphen 1 und 20 Mindestlohngesetz). Damit entspricht es vollumfänglich der Richtlinie 96/71/EC zu entsandten Beschäftigten.“ DGB-Mitteilung vom 11. Januar 2017 externer Link
  • Neue EU-Verwarnung gegen Deutschland wegen Mindestlohns für ausländische Lkw-Fahrer
    „…Deutschland ist zum zweiten Mal von der EU-Kommission verwarnt worden, weil ausländische Speditionsunternehmen ihren Fahrern bei Fahrten durch Deutschland den deutschen Mindestlohn zahlen müssen. Wegen ähnlicher Vorschriften sei nun auch gegen Frankreich ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet worden, teilte die Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Die Kommission vertritt dabei die Ansicht, dass eine systematische Anwendung der Mindestlohngesetze in Deutschland und Frankreich auf alle Verkehrsleistungen eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs in der EU bewirkt. (…) Dies erhöht aus Sicht der Spediteure die Lohnkosten und verringert die Wettbewerbsfähigkeit…“ Beitrag vom 21. Juni 2016 beim Donaukurier online externer Link
  • Mindestlohn: EU-Kommission leitet Verfahren gegen Deutschland ein
    Wegen der Mindestlohn-Regelungen für Lkw-Fahrer im europäischen Transitverkehr ermittelt die EU-Kommission gegen Deutschland. Deutschland schränke den freien Warenverkehr ein, moniert die Brüsseler Behörde. (…) Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate lang Zeit, um auf den Brief aus Brüssel zu antworten. Sollten sich beide Seiten nicht einigen, könnte die EU-Kommission Deutschland auch vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. ..“ Meldung in der Wirtschaftswoche online vom 19.5.2015 externer Link. Siehe dazu Reaktionen:

    • EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Mindestlohn fördert Dumpinglöhne
      Es ist ein großer Erfolg der Gewerkschaften, dass in Deutschland der Mindestlohn gilt. Die EU-Kommission hat jedoch ein Verfahren gegen die Anwendung des deutschen Mindeslohngesetzes im Verkehrsgewerbe eingeleitet. Sie begründet ihr Vorgehen mit bürokratischen Hürden. Es sei nicht zumutbar, so die Argumente der Kommission, wenn ausländische Unternehmen die Formulare des Zolls zur Überwachung des Mindestlohns ausfüllen müssten. Zudem dürfe der Mindestlohn nicht für Unternehmen gelten, die aus dem Ausland heraus in Deutschland Dienstleistungen erbringen. Das Verfahren sei aber nicht gegen den Mindestlohn gerichtet, begründet die Kommission weiter…“ ver.di-Pressemitteilung vom 21. Mai 2015 externer Link. Aus dem Text: „… Aus ver.di-Sicht ist das Vorgehen der EU-Kommission unverständlich und inakzeptabel. „Die Kommission selbst hat soziale Fragen insbesondere im Verkehrssektor auf ihre Agenda gesetzt. Nun will sie bürokratische Hürden über soziale Fragen stellen, weil sich im Zusammenhang mit ihrer Kontrolle gewisse Nachweispflichten für die Unternehmen ergeben“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Das Ausfüllen von Zollformularen sei für grenzüberschreitende Unternehmen eine Routinesache, die durchaus zumutbar sei, da sie der Mindestlohnkontrolle diene. Es stelle sich vielmehr die Frage, ob es sozial gerecht sei, wenn wegen einer bürokratischen Hürde zukünftig Busunternehmen beispielsweise den Schulbusverkehr aus dem benachbarten Ausland anböten, um den Mindestlohn zu unterlaufen. „Damit wird Dumpinglöhnen Vorschub geleistet“, kritisierte die Gewerkschafterin. Die EU-Kommission entlarve hiermit ihre eigene Positionierung zu dem angeblich hohen Stellenwert sozialer Fragen…“
    • Die European Transport Workers Federation (ETF) hatte im Januar 2015 in einer Stellungnahme externer Link belegt, dass der deutsche Mindestlohn mit europäischem Recht vereinbar sei.
    • Mindestlohn auch für den Transitverkehr!
      Mit Enttäuschung reagierte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell auf die Einleitung des EU-Vertragsverletzungsverfahrens wegen der Anwendung des Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor. Zwar unterstütze die EU-Kommission „voll und ganz“ die Einführung des Mindestlohnes in Deutschland. Dennoch vertrete sie die Ansicht, dass die Anwendung des Gesetzes auf alle Verkehrsleistungen, die deutsches Gebiet berührten, eine „unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs“ bewirke. Es würden „unangemessene Verwaltungshürden“ geschaffen…“ DGB-Pressemitteilung vom 20.05.2015 externer Link
  • Ausländischen LKW-Fahrern steht der deutsche Mindestlohn zu. Gemeinsame Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. zum Mindestlohn für LKW-Fahrer/innen
    Zur Frage der Geltung des Mindestlohns für ausländische LKW-Fahrer/innen erklären der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.: Im grenzüberschreitenden Verkehr mit der Bundesrepublik Deutschland besteht starker Verdrängungswettbewerb zulasten deutscher Unternehmen. Arbeiternehmer/innen aus allen möglichen Ländern leiden unter teils unzumutbaren Arbeitsbedingungen, leben wochen- und monatelang in den Fahrzeugkabinen, bis sie an ihren Heimatstandort zurückkehren. Die Entlohnung der ausländischen Fahrer/innen erfolgt bislang zu den Bedingungen der Entsendeländer. Mittlerweile werden ca. 40 % aller mautpflichtigen Verkehre mit Fahrer/innen und Fahrzeugen ausländischer Herkunft durchgeführt. Deshalb ist gerade hier besonders wichtig, dass für alle Arbeitgeber und Beschäftigten gleiche Sozial- und Entlohnungsstandards im deutschen Transportmarkt herrschen, egal woher sie kommen. Nur so können Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Markt zurückgeführt und allen Beschäftigten Mindestarbeitsbedingungen garantiert werden…“ DGB-Pressemitteilung vom 09.03.2015 externer Link
  • Pause für den Mindestlohn. EU-Kommission muss entscheiden, ob deutsches Gesetz auch für Transit-Lkw gilt
    Der Mindestlohn bekommt immer mehr Löcher: Am Freitag setzte die Koalition die Regelung für Lkw aus, die nur durch Deutschland fahren. Das freut die Spediteure aus den Nachbarländern – die Fahrer weniger. Im Streit um den Mindestlohn für Transit-Lkw-Fahrer hat die Bundesregierung am Freitag eingelenkt. Der Mindestlohn für ausländische Lkw-Fahrer im reinen Transitverkehr durch Deutschland werde ausgesetzt, bis die EU eine Prüfung abgeschlossen habe, sagte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nach einem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen Wladyslaw Kosiniak-Kamysz. Nicht ausgesetzt werden die Regeln für Lkw, die in Deutschland be- und entladen werden…“ Artikel im Neuen Deutschland vom 31.01.2015 externer Link. Aus dem Text: „… Die Kommission begrüßte das Einlenken der Bundesregierung. Die Entscheidung sei ein »positiver Schritt«, sagte ein Sprecher. Die Behörde betonte erneut, dass das deutsche Mindestlohngesetz »in vollem Einklang mit dem sozialpolitischem Engagement der EU-Kommission« stehe – allerdings müsse es den EU-Vorgaben entsprechen. Die Speditionsbranche in Polen und Tschechien fürchtet wegen des Mindestlohnes um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Auch Ungarn und Lettland meldeten Bedenken an. Tschechischen Spediteuren geht die vorläufige Aussetzung nicht weit genug…“
  • Bundesregierung darf Mindestlohn für Transportbranche nicht aufweichen. Polnische Gewerkschaften appellieren an Bundesarbeitsministerin
    Die polnischen Gewerkschaften OPZZ, Solidarność und FZZ haben die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles gebeten, dem Druck nicht nachzugeben und den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €/Stunde für die polnischen LKW-Fahrer und Zugfahrer aufrechtzuerhalten. In einem Brief an Nahles haben die Vorsitzenden der Transportgewerkschaften sie dringend aufgefordert, sich jeder Forderung nach Einschränkung zu widersetzen. Die Position der Transportbranche wird von den Vorsitzenden der drei polnischen representativen Dachverbände, Tadeusz Chwałka, Piotr Duda und Jan Guz sowie vom Vorsitzenden des DGB, Reiner Hoffmann, unterstützt…“ DGB-Meldung vom 28.01.2015 externer Link
  • Details dem o.g. jW-Bericht vom 22.01.2015 externer Link: „… Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums erläuterte die dabei notwendigen Schritte: Das entsendende Unternehmen müsse demnach dem Zoll eine Einsatzplanung vorlegen. Zusätzlich könne der entsprechende Beschäftigte auch auf der Autobahn überprüft werden. Schließlich bestehe noch die Möglichkeit, dass der Zoll von ausländischen Spediteuren Daten etwa zum Gehalt verlangen und dann die Einhaltung des Mindestlohns kontrollieren könne. Mögliche Bußgelder könnten Zehntausende Euro betragen, so der Sprecher des Arbeitsressorts weiter. Die Vollstreckung erfolge in der Europäischen Union auf Grundlage der »EU-Beitreibungsrichtlinie«, ergänzte ein Vertretre des Finanzministeriums…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=73883
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