Gender Pension Gap: Tiefe Kluft zwischen Frauen und Männern bei der Rente
Dossier
„Der Lohnrückstand von Frauen ist in Deutschland mit konstant 22 Prozent sehr groß im europäischen Vergleich. Doch schaut man auf die Renten, fällt der Abstand noch weitaus gravierender aus. Das konstatieren Dr. Christina Klenner, Gender-Expertin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, sowie Dr. Peter Sopp und Dr. Alexandra Wagner vom Forschungsteam Internationaler Arbeitsmarkt in Berlin. In einer neuen Auswertung aktueller Daten aus dem WSI GenderDatenPortal haben sie dokumentiert, welche Unterschiede es bei der Alterssicherung zwischen Frauen und Männern gibt. Nach ihrer Analyse sind Frauen sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch bei der betrieblichen Altersversorgung klar im Nachteil. Gleichzeitig profitieren sie stärker von Elementen des sozialen Ausgleichs im Rentenrecht, vor allem bei der Hinterbliebenenversorgung. Die Rente sei damit ein „Spiegelbild der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Erwerbsbeteiligung“…“ WSI-Meldung vom 16.3.2016 samt dem Link zur Studie. Siehe zum Thema:
- Gender Pension Gap: Alterseinkünfte von Frauen 2021 fast ein Drittel niedriger als die von Männern
„…Frauen sind hinsichtlich ihres durchschnittlichen Einkommens schlechter gestellt als Männer – auch bei den Alterseinkünften. Nach den Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2021 bezogen Frauen, die 65 Jahre und älter waren, in Deutschland Alterseinkünfte in Höhe von 17 814 Euro brutto im Jahr. Bei Männern der gleichen Altersgruppe waren es 25 407 Euro brutto. Zu den Alterseinkünften zählen Alters- und Hinterbliebenenrenten und -pensionen sowie Renten aus individueller privater Vorsorge. Einkommensreferenzjahr ist das Vorjahr der Erhebung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aus Anlass des Internationalen Frauentages mitteilt, lag damit das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Alterseinkünften, auch Gender Pension Gap genannt, bei 29,9 %. Die Alterseinkünfte von Frauen waren damit durchschnittlich knapp ein Drittel niedriger als die von Männern.
Die Ursachen für dieses Gefälle sind vielfältig: So erwerben Frauen im Laufe ihres Erwerbslebens im Schnitt geringere Rentenansprüche, weil sie teilweise in schlechter bezahlten Branchen arbeiten als Männer. Frauen arbeiten zudem häufiger in Teilzeit, nehmen häufiger und längere Auszeiten für Care-Arbeit und sind seltener in Führungspositionen tätig. (…) Rund 29 % der Frauen ab 65 Jahren erhielten Alterseinkünfte aus einer Hinterbliebenenrente, sogenannte abgeleitete Ansprüche. Bei den Männern trifft dies auf nur gut 5 % zu. Werden diese abgeleiteten Ansprüche auf Altersversorgung, die von der Erwerbstätigkeit des Ehepartners beziehungsweise der Ehepartnerin abhängen, bei der Betrachtung ausgeklammert, resultiert ein noch höherer Gender Pension Gap von 42,6 %. Somit ist die geschlechtsspezifische „Rentenlücke“ größer, wenn nur die eigenen Ansprüche auf Altersversorgung betrachtet werden. (…) Aufgrund ihres geringeren Einkommens sind Frauen im Alter wesentlich häufiger armutsgefährdet als Männer. So fiel die Armutsgefährdungsquote bei Frauen ab 65 Jahren im Jahr 2021 mit 20,9 % höher aus als bei den gleichaltrigen Männern mit 17,5 %. (…) Auch von Wohnkosten sind Frauen ab 65 Jahren stärker belastet. 15,4 % der Frauen ab 65 Jahren lebten in Haushalten, die durch ihre Wohnkosten überbelastet sind. Das heißt, dass diese Haushalte mehr als 40 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgaben. Bei Männern derselben Altersgruppe betrug dieser Anteil nur 11,0 %. (…) Auch bei den aktuell Erwerbstätigen ist für die Zukunft ein geschlechtsspezifisches Gefälle bei den Alterseinkünften zu erwarten. Dafür spricht unter anderem die unterschiedliche Teilzeitquote von Männern und Frauen. Hier schlagen sich Geschlechtsunterschiede besonders deutlich nieder: 2021 gingen nach Ergebnissen des Mikrozensus 47,4 % der erwerbstätigen Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren einer Teilzeittätigkeit nach, aber nur 10,6 % der gleichaltrigen Männer. Bei Erwerbstätigen, die mit Kindern im gemeinsamen Haushalt leben, verstärkt sich dieser Unterschied: So betrug hier die Teilzeitquote bei Müttern 63,6 %, bei Vätern lediglich 7,3 %. (…) Auch unterbrechen Frauen ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger als Männer. Beim Elterngeld beispielsweise betrug der Väteranteil 2021 lediglich 25,3 %. Gleichzeitig war die von Männern angestrebte Bezugsdauer mit durchschnittlich 3,7 Monaten deutlich kürzer als die von Frauen mit 14,6 Monaten…“ Destatis-Pressemitteilung vom 7. März 2023 - 2019: Ostrenten und Altersarmut: Die Pech-gehabt-Frauen
- 2019: Alterssicherung: Frauen bekommen ein Viertel weniger Rente als ihre Partner
- 2018: Frauen-Bündnis gegen Altersarmut: Offener Brief an Rentenkommission
- 2017: Zwangsläufig, weil systembedingt: Geringverdiener und viele Frauen bleiben im deutschen Rentensystem auf der Strecke
- 2016: 12. Frauen-Alterssicherungskonferenz von ver.di: Altersarmut ist eine tickende Zeitbombe – „Frauen-Bündnis gegen Altersarmut“