Europäischer Tarifbericht des WSI: Löhne in EU könnten 2022 real um 2,9 Prozent sinken – Experten warnen vor Umverteilung zu Lasten von Beschäftigten
„Durch die hohe Inflation sind in diesem Jahr in allen EU-Ländern deutliche Reallohnverluste für Beschäftigte wahrscheinlich – ein in den vergangenen Jahrzehnten einmaliger Vorgang. Die Entwicklung der effektiven Bruttolöhne könnte EU-weit um 2,9 Prozent hinter der Preissteigerung zurückbleiben, ebenso groß ist der drohende Reallohnverlust in Deutschland. Anzeichen für eine sich überhitzende Lohndynamik, die ihrerseits die Inflation verstärken könnte, gibt es angesichts einer weiterhin verhaltenen Entwicklung der Nominallöhne hingegen nicht. Diese stiegen in Deutschland im Jahr 2021 nach Daten der Europäischen Kommission nur um 3,4 Prozent, und damit deutlich unterhalb der allgemeinen Preissteigerung. (…) Gleichzeitig verzeichnen viele Unternehmen weiterhin hohe Gewinne und schütten Milliarden Euro an Dividenden aus (…) Um den entgegenzusteuern, seien hohe Lohnforderungen in Branchen mit guter Gewinnentwicklung durchaus berechtigt und für die Unternehmen auch zu verkraften…“ HBS-Meldung vom 09.08.2022 zum Tarifbericht – siehe diesen und mehr:
- WSI-Tarifbericht „Tarifpolitik im Zeichen von Krise, Krieg und Inflation“ von Malte Lübker und Thilo Janssen
- Die Gewerkschaften sind am Zug. Der aktuelle Europäische Tarifbericht warnt vor deutlichen Reallohnverlusten
„… Die Umverteilung zulasten der Beschäftigten ist in vollem Gange, was die Arbeitgeberseite nicht davon abhält, an die Gewerkschaften zu appellieren, »im übergeordneten Interesse« auf Forderungen nach Lohnsteigerungen zu verzichten. Das aber greift viel zu kurz und verkennt absichtlich die Ursachen der momentanen Preisdynamik. Im Gegenteil sind hohe Lohnforderungen vor allem in Branchen mit guter Gewinnentwicklung gerade angesagt. Zudem solche von den Autoren des Tarifberichts auch als durchaus verkraftbar für die Unternehmen analysiert werden. Es kommt jetzt also auf kämpferische Gewerkschaften an…“ Kommentar von Martin Höfig vom 09.08.2022 im ND online - Siehe unser Dossier: Für wen Inflation ein Problem ist – und was es für die (Tarif)Politik bedeutet