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Regisseur Joachim Lang: Nach der Weltpremiere des Films „Führer und Verführer“ gleich eine Auszeichnung und dann die Kündigung durch den SWR
„Der SWR hat gestern den Regisseur Joachim Lang am Tag der Premiere seines neuen Films „Führer und Verführer“ betriebsbedingt gekündigt. Begründet wird die Kündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Mit einem Ultimatum wurde Lang ein Wechsel innerhalb des Senders angeboten. (…) „Der Sender macht offensichtlich ernst bei seinem Kurs leichte und seichte Unterhaltung, am liebsten im Digitalen, statt Erfüllung des Rundfunkauftrags. Wir erwarten von Intendant Gniffke die sofortige Rücknahme der Kündigung.“ (…) Joachim Lang arbeitet seit Jahrzehnten für den SWR und hat in dieser Zeit zahlreiche bedeutende Beiträge für das Renommee des Senders erstellt und ist damit ein Aushängeschild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der ganzen Republik…“ Pressemitteilung vom 12.07.2024 bei ver.di Baden-Württemberg („SWR kündigt Joachim Lang am Tag der Premiere von Führer und Verführer“) – siehe mehr Informationen:
- Nach der Weltpremiere droht Kündigung: Joachim Lang hat einen preisgekrönten Film gemacht. Sein Arbeitgeber, der SWR, möchte ihm aber eine andere Aufgabe zuweisen
„Nach der Weltpremiere gleich eine Auszeichnung: Der am 8. Juli mit dem Publikumspreis des Filmfests München ausgezeichnete Film „Führer und Verführte“ mit Robert Stadlober und Franziska Weisz in den Hauptrollen unter der Regie von Joachim Lang erobert die Leinwände und ein großes Publikum. (…)
Christoph Schmitz-Dethlefsen vom ver.di-Bundesvorstand machte zur Einführung die Aktualität des Films deutlich in einer Zeit, in der befeuert von den Algorithmen der digitalen Plattformen, die Schmitz-Dethlefsen als „asoziale Medien“ bezeichnete, die Grenzen zwischen Propaganda, Fake News und Realität immer weiter verschwimmen und rechtsextreme Parteien wie die AfD Wahlerfolge feiern. ver.di stelle sich diesen Tendenzen entschieden entgegen und lasse die Menschen nicht allein Ausgrenzung, Diskriminierung und Bedrohungen ausgesetzt. Auch das ver.di-Mitglied Joachim Lang werde unterstützt. Denn der rennomierte Filmemacher ist von seinem Arbeitgeber, dem SWR, mit einer Kündigung bedroht. Schmitz-Dethlefsen kritisierte die ARD-Anstalt für ihr Vorgehen scharf. Der SWR versuche, sich eines Kritikers und Aufklärers zu entledigen, der angekündigte Sparkus, mit dem die arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegen Lang begründet werden, widerspreche dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. (…) ver.di gebe dem Kollegen gewerkschaftlichen Rechtschutz. Über diesen wird Joachim Lang anwaltlich beraten und vertreten, eine Klage gegen die Änderungskündigung ist eingereicht. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg, Michael Blume, zeigte sich bei der Stuttgarter Premiere von „Führer und Verführte“ solidarisch. Auf seinem Blog schrieb Blume, als ein erklärter Befürworter des gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks halte er es für einen schweren Fehler und einen Vertrauensbruch, dass Lang „aus der SWR-Beschäftigung heraus gedrängt wird“. Er erwäge, sich mit einer direkten Beschwerde an SWR-Intendant Kai Gniffke und bei Nicht-Reaktion auch an den Landtag von Baden-Württemberg zu wenden…“ ver.di-Meldung vom 02.08.2024 - Streit um „Führer und Verführer“-Regisseur Joachim A. Lang: Südwestrundfunk spricht von „Änderungskündigung“
„Die Nachricht der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der SWR habe Regisseur Joachim A. Lang am Tag der Premiere des gefeierten Goebbels-Films „Führer und Verführer“ gekündigt, schlägt hohe Wellen. Jetzt nimmt der Sender Stellung. (…)
„Notwendige Einsparungsmaßnahmen“
Auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte der Südwestrundfunk am Freitagabend, dass die „notwendigen Einsparmaßnahmen“ aufgrund eines „strukturellen Defizites von 70 Millionen Euro“ auch „die Streichung der sogenannten Spielfilmsonderprojekte“ umfassen. Dies sei Joachim A. Lang „schon länger bekannt“. Ausgesprochen worden sei eine „Änderungskündigung“. Diese, so der SWR, „zielt nicht darauf ab, das Arbeitsverhältnis zu beenden“.
Noch einmal verweist der SWR auf die bereits öffentlich diskutierte „Anpassung“ des Arbeitsverhältnisses an die Streichung der Spielfilmsonderprojekt. Wie berichtet, hatte Lang 2019 seine Stelle als Abteilungsleiter „Sonderprojekte, Musik und Theater“ beim SWR verloren. Joachim A. Lang ging juristisch gegen die Schritte des SWR vor. 2021 urteilte das Arbeitsgericht Stuttgart, Lang könne die frühere Leitungsposition nicht zurückerhalten. Weiterhin dürfe er aber einen Film pro Jahr realisieren.
Nun also auch der Bereich Spielfilmsonderprojekte. Darf man übersetzen: Wo kein Leitungsbereich, da keine Leitungsaufgabe? Der Sender antwortet: „Herr Lang soll weiterhin Aufgaben rund um ,Führer und Verführer’ und ,Cranko’ wahrnehmen, Filmprojekte an der Filmakademie zum Abschluss bringen und vereinbarte Dokuprojekte umsetzen, bis er im Laufe des kommenden Jahres ohnehin in den Ruhestand geht.“…“ Artikel von Nikolai B. Forstbauer vom 12.07.2024 in den Stuttgarter Nachrichten online (paywall), siehe zum Hintergrund von 2021: - Urteil zu MeToo-Vorwurf beim SWR: Degradierung bleibt
„Der SWR muss Regisseur Joachim A. Lang nicht mehr als Abteilungsleiter beschäftigen, urteilt ein Arbeitsgericht. Lang hatte sich gemaßregelt gefühlt.
Der renommierte Regisseur Joachim A. Lang hat gegen seinen Sender SWR nur einen Teilerfolg erzielt. Die Garantie, jährlich einen Film drehen zu können, gelte fort, entschied das Arbeitsgericht Stuttgart. Seinen Posten als Abteilungsleiter erhält Lang jedoch nicht zurück. Der Fall findet wegen seiner Verbindung zu einem unaufgeklärten Belästigungsvorwurf großes öffentliches Interesse.
Lang hatte sich für seine Kollegin und ehemalige Partnerin Sandra Dujmovic eingesetzt, die 2006 nach eigenen Angaben von einem SWR-Vorgesetzten bedrängt und begrapscht wurde. Lang war bereit zu bezeugen, dass der Vorgesetzte sein Opfer am nächsten Tag anrief und zum Schweigen aufforderte; er hatte das gehört, weil er im Raum war, als der Mann anrief. Dujmovic hat den Vorfall zwar nicht bei der Polizei angezeigt, dem Sender aber 2008 gemeldet, um nicht mehr unter diesem Vorgesetzten arbeiten zu müssen. Der Vorgang wurde vom SWR jedoch nie richtig aufgeklärt. Der mutmaßliche Belästiger verließ den Sender 2012.
Lang, ein vielfach preisgekrönter Regisseur, wurde 2012 SWR-Abteilungsleiter für „Sonderprojekte Musik und Theater“. Außerdem erhielt er die Zusage, jährlich einen Fernsehfilm als Autor und Regisseur realisieren zu können. Hierfür wurde ihm ein Budget von 1,3 Millionen pro Jahr oder bei größeren Projekten 2,6 Millionen für zwei Jahre versprochen. Der Regisseur sieht sich seither aber doppelt ausgebremst. Seine befristete Stelle als Abteilungsleiter wurde 2019 nicht mehr verlängert. Und in den neun Jahren seit 2012 konnte er nicht neun Filme realisieren, sondern nur einen einzigen („Mackie Messer“). Seine Anwältin Meike Kuckuck stellte in den Raum, dass Lang „möglicherweise“ gemaßregelt wurde. „Lang war das beste Pferd im Stall, was Filmproduktionen angeht, und jetzt muss er seinen Rechten hinterherlaufen“, argumentierte die Anwältin, da liege es doch nahe, „dass hier jemand kleingekocht werden soll“. Eine Klage wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot erhob Lang aber nicht, vermutlich weil er nur schwer zu beweisen gewesen wäre. Deshalb wurde der Belästigungsvorwurf im Prozess vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht nicht weiter thematisiert. (…)In seinem Urteil stellte das Arbeitsgericht Stuttgart fest, dass die Zusage des SWR für jährliche oder zweijährliche Filmproduktionen fortgilt und nicht an die Abteilungsleitung gebunden war. Abteilungsleiter sei Regisseur Lang aber nicht mehr, weil es keinen entsprechenden Vertrag gab. so die Vorsitzende Richterin Margarete Berchtold. Lang bleibt also leitender Redakteur…“ Artikel von Christian Rath vom 25.10.2021 in der taz online und- Siehe dazu von 2020: Verfahren vorm Arbeitsgericht Stuttgart: Streit über sexuelle Belästigung beim SWR
- Eine ausführliche Rezension des Films steht in der Online-Ausgabe des medienpolitischen ver.di-Magazins Menschen machen Medien: Filmtipp: Führer und Verführer – M – Menschen Machen Medien