Die einen nennen es Umzug, ZARA nennt es Schließung und Neueröffnung – ohne Übernahmepflicht

Dossier

ver.di: "Zara - Eure Arbeitsplätze sind in Gefahr!"Bei ZARA drohen Entlassungen! In mehreren Städten plant das Unternehmen, bestehende Stores zu schließen und dafür an nahegelegenen Standorten neue Filialen zu eröffnen. Das nennt man normalerweise einen Umzug. Aber ZARA behauptet, es gehe um eine Schließung und Neueröffnung. Deshalb müsse man auch die Kolleginnen und Kollegen, die bisher für ZARA gearbeitet haben, nicht in die neuen Filialen übernehmen. (…) Eure Arbeitsbedingungen in den neuen Stores dürften schlechter sein als bisher. Betriebsvereinbarungen, die bisher Eure Arbeit geregelt haben, gelten nicht mehr. Euer bisheriger Betriebsrat ist nicht mehr im Amt. Ob Ihr weiter bei Euren gewohnten Arbeitszeiten bleiben dürft, hängt vom Wohlwollen des FD ab. Familienfreundliche Arbeitszeiten, auf die zum Beispiel alleinerziehende Eltern angewiesen sind, passen nicht mehr in die Vorstellungen, die das Management von ZARA hat…“ Meldung vom 21. März 2022 im Zara-Infoblog von ver.di externer Link („Zara – Eure Arbeitsplätze sind in Gefahr!“), siehe dazu:

  • Forderung des Zara-Betriebsrats in Oldenburg zur Schließung der Filiale: Sozial gerecht und mit Aufklärung der Verstöße gegen Datenschutz und Mitbestimmung New
    Schließung der Filiale muss sozial gerecht durchgeführt, Verstöße gegen den Datenschutz und die Mitbestimmung müssen lückenlos aufgeklärt werden
    Der Betriebsrat des Modegeschäfts Zara in Oldenburg kritisiert gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di das Vorgehen des Konzerns bei der Schließung der Filiale in der Lange Straße. Zudem werfen die Arbeitnehmervertreter*innen dem Konzern Verstöße gegen den Datenschutz und gegen die betriebliche Mitbestimmung vor. „Die Schließung der Zara-Filiale in Oldenburg muss sozial verträglich durchgeführt werden. Vorher muss der Konzern zur lückenlosen Aufklärung der Datenschutzverstöße und der Verstöße gegen die betriebliche Mitbestimmung beitragen“, sagt ver.di-Sekretär André Belger. (…) Die Aufforderung, entweder einen Umzug nach Bremen in Kauf zu nehmen oder ihren Arbeitsplatz, ohne die Zahlung einer Abfindung zu verlieren, ist aus Sicht der Gewerkschaft nicht hinnehmbar.
    Die Aufräumarbeiten der Oldenburger Filiale haben auch eine schockierende Missachtung des Datenschutzes zutage gefördert. Es wurden gespeicherte Aufnahmen bis zurück zum Oktober 2023 gefunden. Vorgesehen ist eigentlich, dass die Aufnahmen nach 72 Stunden gelöscht werden. Diese Verletzung der Privatsphäre ist nicht nur rechtlich bedenklich, sondern zeugt von einem erschreckenden Mangel an Respekt vor der Würde und den Rechten der Angestellten.
    Darüber hinaus blockiert Zara auch die betriebliche Mitbestimmung in der Oldenburger Filiale. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht der Wunsch des Betriebsrats, eine Einigungsstelle zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten einzurichten – ein Grundrecht, das im Interesse aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt. ZARAs Widerstand, insbesondere die Ablehnung der vom Betriebsrat vorgeschlagenen Richter*innen, die alle schon diverse Einigungsstellen bei ZARA erfolgreich geleitet haben, wirft Fragen nach dem Willen zur fairen Verhandlung auf. Diese Blockadehaltung steht, aus Sicht des Betriebsrats, im direkten Widerspruch zu den Prinzipien der Mitbestimmung und des Dialogs…“ Pressemitteilung vom 05.04.2024 beim ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen externer Link
  • Aus für Filiale und Neueröffnung ganz in der Nähe: Betriebsrat bei Zara verliert Mandat
    Gibt ein Einzelhandelsunternehmen einen Standort auf während „in räumlicher und zeitlicher Nähe“ eine neue Filiale eröffnet wird, verliert der Betriebsrat aus dem ursprünglichen Geschäft dennoch sein Mandat. Mit diesem Beschluss hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München eine Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und dem Arbeitgeber, der Modekette Zara, Recht gegeben (Az.: 4 TaBV 51/22).
    In dem Verfahren ging es um eine Filiale in der Altstadt im oberpfälzischen Regensburg, deren Aufgabe das Unternehmen nach Gerichtsangaben externer Link spätestens 2021 beschlossen hatte und die ihren Betrieb zu Ende 2022 einstellen sollte. Nachdem auch der Mietvertrag zu diesem Datum gekündigt worden und ein anderes Objekt in einem Einkaufszentrum in Aussicht gestellt worden war, wurde zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt.
    Ende Oktober 2022 eröffnete dann in gut 1.100 m Entfernung vom ursprünglichen Standort in der Nähe des Hauptbahnhofes eine neue Filiale, deren Belegschaft im November einen eigenen Betriebsrat wählte. Als im Dezember das frühere Geschäft geschlossen wurde, übernahm das Unternehmen das Gros der dortigen Arbeitnehmer – abgesehen von Führungskräften – laut LAG „entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht“. (…) Während das Arbeitsgericht dem Betriebsrat zustimmte und ein „ein Fortbestehen des Betriebszwecks und keine Betriebsstilllegung“ sah, entschied das LAG anders: Demnach seien beide Standorte „Betriebe mit jeweils eigenem Personal, Leitungsstruktur und Warensortiment“. Zwar sei eine Übernahme der früheren Belegschaft „ursprünglich geplant“ gewesen. Dennoch habe es – wenn auch nur für kurze Zeit „tatsächlich zwei parallele Betriebe“ gegeben. Insofern könne sich auch das Betriebsratsmandat nur auf einen der Standorte beziehen. (…)
    Kritiker sehen in dem Vorgehen der Modekette u.a. einen Versuch, (auch wegen Umsatzeinbußen in der Corona-Pandemie) Personalkosten im stationären Handel einzusparen und diesen stärker mit dem Online-Geschäft zu verzahnen. (…)Im Fall Regensburg wurden Mitarbeiterinnen des Altstandortes vor Eröffnung der neuen Filiale beispielsweise (Teilzeit-)Jobs in Würzburg, Nürnberg oder München angeboten worden, d.h. Dutzende Kilometer entfernt, sagten Betroffene dem Lokalsender TVA Ostbayern externer Link. Zuvor hatte das Unternehmen laut Merkur externer Link für die alte Filiale befristet Beschäftigte eingestellt, „um sie von den langjährigen Mitarbeiterinnen, die ihre Jobs verlieren, für das neue Geschäft anlernen zu lassen“…“ Artikel von Frank Strankmann vom 31.07.2023 in BetriebsratsPraxis24.de externer Link zum Beschluss Landesarbeitsgerichts München vom 05.06.2023 (Az. 4 TaBV 51/22). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
  • »Bereinigung des Filialnetzes«. Bewährte Profitstrategie: Textilriese Zara schließt anscheinend Läden und eröffnet gleichzeitig neue Filialen. Gekündigte Mitarbeiter dürfen sich »neu bewerben« 
    Eine Kündigung des Jobs ist für jeden abhängig Beschäftigten ein Schock. Wenn man bereits seit mehr als zehn Jahren bei ein und derselben Firma arbeitet und von heute auf morgen das Geschäft dichtgemacht wird, führt der unfreiwillige Abschied nicht selten zu Existenzangst. So geht es derzeit zwei Angestellten einer Regensburger Filiale der Modekette Zara, die aus Angst vor weiteren Nachteilen ungenannt bleiben wollen. Das Unternehmen habe ihnen Ende des vergangenen Jahres mitgeteilt, dass die Filiale geschlossen wird und sie bald ohne Arbeit sein werden. Es sei denn, sie unterschrieben einen neuen Vertrag. Dann würden sie in einer anderen Filiale eingesetzt, die rund zehn Minuten von der bisherigen entfernt eröffnet werden soll. (…) Die Verkäuferinnen sind empört und enttäuscht. »Das ist nicht schön, was sie mit uns machen.« Mehr als eine Dekade hätten sie dort Waren für den Konzern verkauft. »Wenn sie mit uns nicht zufrieden gewesen wären, hätten sie uns früher gekündigt.« Noch wissen sie nicht, wie die Kündigungen und das Angebot des Unternehmens aussieht, aber sie haben begonnen, sich zu organisieren. Am Wochenende wollten sie protestieren, aber viele Kollegen fehlten wegen Krankheit oder Urlaub – die Aktion soll nachgeholt werden. Auch von der Gewerkschaft Verdi werden sie derzeit beraten. André Scheer, Gewerkschaftssekretär im Verdi-Bundesfachbereich Handel, erklärte gegenüber junge Welt dass die Gewerkschaft »kein Verständnis dafür« habe, »dass das Unternehmen versucht, Umzüge von Filialen als Schließung und Neueröffnung zu deklarieren, um sich auf diesem Weg von unliebsamen Beschäftigten und Betriebsräten trennen zu können«. (…) Der Deutschland-Ableger des multinational agierenden spanischen Textilriesen Inditex hat auf die Anfrage von junge Welt mit Bitte um Stellungnahme zu den Vorwürfen bisher nicht reagiert. Der Fall von Regensburg ist indes nicht der einzige. Auch in Essen und Mönchengladbach gibt es ähnliche Pläne, heißt es bei Verdi. Der Zara-­Mutterkonzern Inditex hatte 2021 angekündigt, mehrere hundert Filialen weltweit schließen zu wollen aufgrund von Einnahmeeinbußen während der Coronapandemie. Der Multi wolle sich auf das Onlinegeschäft konzentrieren, hieß es. Allerdings scheint das Unternehmen derzeit gar keine so schwierigen Zeiten durchzumachen: Laut dem wissenschaftlichen Institut des Handels EHI habe sich der Bekleidungskonzern im laufenden Geschäftsjahr bereits von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und den angeordneten vorübergehenden Ladenschließungen erholt...“ Artikel von Carmela Negrete in der jungen Welt vom 04.04.2022 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199411
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