Schöne neue Arbeitswelt: Flexibilisierung – «Das Gold in den Köpfen» oder: Die «Subjektivierung der Arbeit»

isw-Wirtschaftsinfo 52 vom 27. November 2017„Die Veränderungen in der Arbeitswelt beschränken sich nicht auf die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, die im ersten Teil dieser Reihe behandelt wurde. Sie ist ganz wesentlich, weil durch sie Arbeitsbedingungen und Löhnen verschlechtert und die Existenz von Lohnabhängigen massiv verunsichert wird. Aber sie ist nur ein Teil der Umbrüche in der Arbeitswelt, die wir in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben. Wenn man so will: Sie sind nur eine Seite einer Medaille. Die andere sind Arbeitsformen, bei denen die Kreativität und die Eigenverantwortung der Arbeitenden genutzt werden sollen, um effizienter zu produzieren und Dienstleistungen bereitzustellen. In der Arbeitssoziologie wird dies i.d.R. unter der vielleicht etwas befremdlich klingenden Überschrift der «Subjektivierung der Arbeit» diskutiert. Aus Kapitalperspektive geht es darum, wie es in den späten 80er und frühen 90er Jahren ein geflügeltes Managerwort ausdrückte, an das «Gold in den Köpfen» der Beschäftigten zu kommen. «Subjektivierung» steht dabei als Signalwort dafür, dass nicht mehr in erster Linie von außen kontrolliert und Arbeitsschritte vorgegeben werden sollen, sondern der einzelne Mensch mit- und vordenken, selbst schöpferisch und eigenverantwortlich dabei sein soll, um die Ziele zu erreichen. Ziele, das ist der Haken an der Geschichte, die natürlich nicht frei gewählt sind, sondern gesetzt werden, um Profite zu sichern. Zwischen Prekarisierung und Subjektivierung gibt es Gemeinsamkeiten, beide sollen die Flexibilität und die Effizienz in den Unternehmen steigern. Prekarisierung durch Druck und Angst, Subjektivierung durch das Zugeständnis von Eigenverantwortung und die Anreicherung der Arbeit mit interessanten, die Monotonie der Produktion unterbrechenden Tätigkeiten. Wird im Fall der Prekarisierung die drohende Existenzunsicherheit zur Peitsche, die motiviert, darf dieser Druck im Fall der «Subjektivierung» natürlich auch nicht fehlen. (…) Die Zunahme von Erschöpfungskrankheiten – hierfür steht das relativ diffuse Krankheitsbild des «Burn out» – steht in engem Zusammenhang damit. Aber auch die Veränderung der Beziehungen zwischen KollegInnen ist durchaus problematisch. Wo ein Team eigenverantwortlich ist für die zu erbringende Arbeitsleistung, wird der nette Kollege vielleicht schnell zum «Minderleister».“ Artikel von Thomas Goes in der Soz Nr. 03/2020 externer Link

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