„Landnahme im Informationsraum“ – die zunehmende Unsicherheit in der Beschäftigung
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 17.3.2016
Eine zersplitterte politische Landschaft – und eine zunehmende Unsicherheit in der Beschäftigung angesichts einer digitalen Revolution staatlich gestützt durch „Digitale Strategie 2025“ – Nur wo bleibt jetzt der Mensch bei der „Landnahme“ im Informationsraum?
Mit großem Pomp in der Ankündigung wird jetzt Wirtschaftsminister Gabriel die Cebit 2016 mit der Vorstellung eines Programms „Digitale Strategie 2025“ eröffnen. Assoziationen an das große Reformprojekt „Agenda 2010“ der sozialdemokratischen Schröder-Regierung sollen dabei anklingen. Deutschland soll zum modernsten Industriestandort der Erde werden. (http://www.sueddeutsche.de/digital/digitalisierung-wie-gabriel-deutschland-in-eine-digitalrepublik-verwandeln-will-1.2904814 )
Ja, Deutschland soll zur Digitalrepublik werden. (https://netzoekonom.de/2016/03/14/digitale-strategie-2025-sigmar-gabriels-masterplan-fuer-ein-digitales-deutschland/ )
Du kennst sicher auch noch Burkhard Lutzens „kurzen Traum immerwährender Prosperität„, als Versuch einer umfassenden Trendanalyse kapitalistischer Verhältnisse. Andreas Boes u.a. haben es wohl inzwischen in die heutige Zeit mit der digitalen Revolution „vervollständigt“ (= siehe unten) – und er hat dafür wohl auch noch die Vision, die Arno Widmann in einem Vortrag in der Evangelischen Akademie Tutzing am 22. Juli 2014 vorschwebte, indem er feststellte „Die digitale Revolution zerstört die Gesellschaft und den Einzelnen“ – und auf diese Feststellung gleich selbst fragte: „Ist das schlimm?“, um auch die Antwort zu geben: „Nein! Wir müssen uns nur neu orientieren. Nicht um etwas zu retten, sondern um etwas Neues zu schaffen.“ (http://www.fr-online.de/kultur/digitale-revolution-die-letzte-chance,1472786,27912050.html )
Nur allzu optimistisch bleibt Widmann dann doch nicht, denn er prognostiziert für das heutige Meinungs-Chaos im Internet („herrschaftsfreie Strukturen“), das ist der Nährboden für Tyrannei… (Vgl. dazu auch noch den MMD-Mitschnitt „Die Macht der Internetkonzerne und die Ohnmacht der Politik“: https://netzpolitik.org/2015/ist-die-macht-der-internetkonzerne-mit-unserer-ohnmacht-gleichzusetzen/ ) )
Keiner hat sich jedoch an diese viel umfassendere Aufgabe gewagt, sondern jetzt sich erst einmal einfach nur damit gebrüstet – im Wettkampf der Nationen wieder auch bei der digitalen Revolution vorne zu liegen – das mag einen an die Lohndumpingstrategie mit der Agenda 2010 erinnern, um Export-Überschüsse zu erringen und damit den größten Niedriglohnsektor in Europa zu schaffen. – Und gleichzeitig die Eurozone zu destabilisieren.
Wo bleibt das Menschenbild für die digitale Revolution?Reine Anpassung zur Verbesserung der jeweiligen Gewinnchancen? Oder könnte es gelingen die Interessen der ArbeitnehmerInnen damit unter einen Hut zu bringen?
Nicht zu Ende gedacht waren schon diese sog. „Reformstrategien“ – undurchdacht kommen die Vorschläge eines Gabriel jetzt daher, welche Rolle den Menschen in dieser durchdigitalisierten Gesellschaft zu kommen soll.
Das politische Ergebnis der allgemeinen Verunsicherung sind aus der allgemeinen Unsicherheit geborene enorm nach rechts verschobene politische Kräfteverhältnisse, die jedes Regieren schwierig machen – zumal der politische Willen, jetzt etwas für alle (!) etwas Neues zu schaffen, nicht ersichtlich wird.
So wetteifert der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel „Wir wollen Deutschland als digitales Wachstumsland Nr. 1 in Europa etablieren“ mit dem Vorstandsvorsitzenden von Siemens, Jo Kaeser, „Schicksalsfrage der deutschen Industrie“ um diese Führungsrolle von Deutschland, ohne auch nur eine Silbe zu verlieren, was das für die BürgerInnen in Deutschland bedeuten wird.
Die Erwartungen immensen Wachstums durch Industrie 4.0 sind gerade in Deutschland eng an die – schon errungenen – Export und Innovationsstärke des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus geknüpft, die als Ausrüster eine zentrale Rolle für Industrie 4.0 spielen. (Vgl. dazu Sabine Pfeiffer, „Industrie 4.0 und die Digitalisierung der Produktion.. “ – vor allem Seite 8 bei http://www.bpb.de/apuz/209955/industrie-4-0-und-die-digitalisierung-der-produktion )
Bisher Fehlanzeige für die Rolle des Menschen bei der „Digitalen Strategie 2025“. Die Ungleichheit fördert Abstiegsängste und schädigt die Wirtschaft
Die Politik taucht jedoch bei den daraus sich ergebenden sozialen Fragen, bei denen es um die Zukunft und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft geht, wieder ab. Eine dieser ganz zentralen Fragen für den Zusammenhalt dieser unserer Gesellschaft ist und bleibt die wachsende Ungleichheit – zusammen mit den damit verbundenen Abstiegsängsten.
Der DIW-Chef Marcel Fratzscher hat dazu sogar jetzt ein ganzes Buch geschrieben „Verteilungskampf – Warum Deutschland immer ungleicher wird“ (http://www.fr-online.de/wirtschaft/diw-chef-ungleichheit-kostet-wachstum,1472780,33944388.html ).
Dabei kann gleich noch einmal auf den Sozialethiker Friedhelm Hengsbach hingewiesen werden: Die große Koalition ist das Gift, das die offene Auseinandersetzung über Verteilungsfragen betäubt.“ (Vgl. dazu etwa in der Mitte der Seite 7 bei https://www.labournet.de/?p=92963)
Trotz all dieser politischen Bllockaden wird es immer dringender, die Verteilungsfrage – jetzt einmal „von oben nach unten“ – auf die politische Agenda zusetzen. (Vgl. dazu „Endlich auch eine Politik für mehr Gleichheit -statt immer nur mehr Ungleichheit“ auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=94716)
Und jetzt angesichts von drei Landtagswahlen, die die AfD so gewaltig erstarken ließen – im Osten mehr als im Westen – geht die Saat aus Abstiegs- und anderen Ängsten auf, meint Stephan Hebel. (http://www.fr-online.de/leitartikel/leitartikel-zur-afd–die-saat-geht-auf,29607566,33945832,view,asFirstTeaser.html )
Jedoch seit Jahren warnen kluge Leute davor, dass diese Verunsicherung sich zum Nährstoff für Kräfte entwickeln könnte, die die Verachtung gegen die etablierten Parteien zu einer Ideologie der einfachen Scheinlösungen und des Ressentiments geformt haben. Aber an dieser Aufgabe haben die etablierten Parteien total versagt. Und nun sind also viele zu der Partei gerannt, die die Politik und Rhetorik der Flüchtlingsabwehr bis zum offenen Rassismus radikalisiert – der AfD.
Angesichts der uns jetzt durchgeführten Wahlen ( in drei Landtagen) erscheint das kein gutes Omen, denn wie die Wissenschaftler des ISF darstellen, hat im Netz bei der Organisierung der gesellschaftlichen Arbeit zur Zeit vor allem das Kapital immer mehr das Sagen, während in der Tendenz die Rechte der einzelnen Menschen doch immer mehr den Bach runter gehen, bei doch auch vorhandenen Ansätzen der aufkommenden Gegenwehr:
Doch noch ein Weißbuch zur Arbeit 4.0 – nur wie tief darf die Analyse gehen?
Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass das Arbeitsministerium mit Andrea Nahles bis Ende des Jahres 2016 ein Weißbuch zur Arbeit 4.0 vorlegen soll. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/digitalisierung-schneller-in-die-digitale-zukunft,1472780,33949622.html )
Wie also sieht Arbeit in einer digitalisierten Wirtschaft aus? Die Bertelsmann-Stiftung zusammen mit der Stiftung Neue Verantwortung hat mit Experten dazu sechs Szenarien entwickelt. (http://www.stiftung-nv.de/publikation/sechs-szenarien-f%C3%BCr-deutschlands-arbeitsmarkt )
An dieser Stelle lohnt es sich ein Jahr zurückzublicken auf einen Text – mit der Empfehlung, sich diese Analysen heute wieder „anzueignen“, um so einiges besser verstehen zu können, was im Hintergrund einer an der Oberfläche brodelnden Flüchtlingskrise alles verstärkt hochkommt: Landnahme im Informationsraum. Neukonstituierung gesellschaftlicher Arbeit in der „digitalen Gesellschaft“ (in WSI-Mitteilungen 2 / 2015: http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/wsi-mitteilungen_53168_53182.htm )
Doch noch ein „Traum immerwährender Properität“? Oder einfach nur „schöne neue Welt“ („brave new world“)?
Die dieser Studie zugrundeliegende These ist: Ein neuer Schub zur Landnahme – einem Konzept zum Verständnis der aktuellen Umbruchprozesse kapitalistischer Gesellschaften (der Rückgriff für die langen Entwicklungslinien kapitalistischer Produktionsweise mit dem Konzept kapitalistischer Landnahme (= damit werden allgemein Prozesse der Durchkapitalisierung der Gesellschaft, also der warenförmigen Inwertsetzung bis dahin nicht kapitalistisch organisierter Sphären der Gesellschaft bezeichnet) erfolgt durch einen Rückblick auf Burkhard Lutz und mit seinem „Der kurze Traum immerwährender Prosperität“ von 1984 (siehe zu einer ausführlicheren Erklärung dieser bahnbrechenden Analyse mit dem Begriff der „Landnahme“ Wolfgang Streeck zum 80. Geburtstag von Burkhard Lutz: http://www.boeckler.de/20015_20023.htm ) oder auch bis hin zu Rosa Luxemburg (1975 „Die Akkumulation des Kapitals“).
Durch den neu entstandenen „Informationsraum“ werden die Akteure des ökonomischen Systems (traditionell die Betriebe und Unternehmen) nicht nur mit den privaten Aktivitäten von Individuen zusammengeführt.
Durch eine Verlagerung der Arbeit wird außerdem ein Weg aus den vergleichsweise geschützten Rechtsverhältnissen der mitbestimmten Unternehmen in einen rechtlich schlechter gestellten Raum außerhalb des Arbeitsrechts eröffnet: „Crowdsourcing“ wird für die Unternehmen ein „Eldorado aus Kostensenkung, Flexibilisierungsgewinnen, Effizienzsteigerungen und Marktzuwächsen“. (Vgl. zu dem Unterlaufen des Arbeitnehmerstatus den Juristen Thomas Klebe, dabei weiß,er auch (noch?) nicht, wie in Zukunft ein Arbeitnehmerstatus wieder abgesichert werden könnte: http://www.gegenblende.de/++co++8a7876ea-af70-11e3-a64a-52540066f352 )
Das bietet die Möglichkeit, die Wertschöpfungsprozesse der Unternehmen weit über die Grenzen des Unternehmens – auch mit umfassenden Kontrollmöglichkeiten – auf die bisher nicht kapitalistisch verfassten Formen (Stichwort „Privatsphäre“) gesellschaftlicher Arbeit auszudehnen.
Damit wird mit dieser Welt der Informationen eine – neue – prägende Bedeutung für die gesamte Organisation der gesellschaftlichen Arbeit und die Gesellschaft insgesamt erreicht.
Allerdings ist es zu kurz gesprungen, diese Strategie dem Begriffsverständnis des Croudsourcing folgend lediglich als eine Form des „Sourcens“und damit der Verlagerung von Arbeit zu interpretieren. Längst können wir z.B. bei GenO (IBM: Generation Open) auch das qualitativ Neue erkennen, das in einem ganzheitlichen Ansatz von „Innen“ und „Außen“ als komplementäre Momente einer ganzheitlichen Strategie kombiniert wird (mit wohl ebenso ganzheitlicher Kontrolle der Arbeit). (Vgl. zu dem Beispiel IBM, das uns Eva Angerle – zusammengefasst – vorstellt, siehe http://blog.arbeit-wirtschaft.at/cloudworking-ibm/ )
So ist das viel diskutierte Crowdsourcing also als ein Moment einer ganzheitlichen Crowdworking-Strategie zu interpretieren. (Dieser Text von Andreas Boes / Tobias Kämpf / Barbara Langes / Thomas Lühr in den WSI-Mitteilungen ist nicht allgemein verfügbar – aber es gibt Einiges an Vorarbeiten von Andreas Boes: http://www.isf-muenchen.de/mitarbeiter/3/Andreas-Boes )
Bleibt allein das Fazit: Du hast keine Chance – doch nutze sie? Das Beispiel IBM als „Spinne im Netz“
Wenn man diesen Text gelesen hat, kommt einem „allgemein“ nur der Spruch in den Sinn „Du hast keine Chance, doch nutze sie!“ Dies wird noch verstärkt, wenn man auf diese wahre Überwältigungsstrategie des Wirtschaftsministers Gabriel jetzt zur Cebit mit seine „Digitalen Strategie 2025“ blickt: kann man noch die eventuellen Chancen ins Visier nehmen und zurückblicken auf den oben zitierten Satz von Arno Widmann „Die digitale Welt zerstört die Gesellschaft und den Einzelen, aber das ist nicht schlimm, wenn wir uns neu orientieren, um etwas Neues – für die Menschen! – zu schaffen!“ – dann findet man nur Fehlanzeige (http://www.sueddeutsche.de/news/wirtschaft/computer-digitaloffensive-fuer-deutschland-zur-cebit-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-160314-99-210301 ) – außer man erkennt die Bildung noch als humane Förderung an, damit der digitale Mensch nicht total unter die Räder kommt.
… auch ein kleiner Hoffnungsschimmer: Landnahme durch das kapitalsitsische System muss keine Einbahnstrasse sein
Aber einen kleinen Hoffnungsschimmer für die ArbeitnehmerInnen habe ich dennoch gefunden: „Mit anderen Worten: Es entsteht immer wieder „Neuland“ im Informationsraum, das als Gegengewicht zur fortwährenden Durchkapitalisierung fungieren kann.“ – Das heißt diese Landnahme durch das kapitalistische System im Informationsraum muss keine Einbahnstraße sein!
Die IG Metall hat dazu die Plattform „Faircrowdwork.org“ gestartet (http://www.faircrowdwork.org sowie https://www.igmetall.de/faircrowdwork-org-community-beratung-und-hilfe-fuer-crowdworker-16128.htm . Zum Crowdcomputing kurz und knackig – ohne diese jetzige Differenzierung: https://www.labournet.de/?p=33029 – und insbesondere weiter auch noch die Diskussion zu einer gewerkschaftlichen Strategie der Arbeitszeitverkürzung zur Verhinderung von stärkerer Arbeitslosigkeit durch die Rationalisierungseffekte: https://www.labournet.de/category/politik/alltag/arbeitsorga/industrie-40/page/6/)
Neben IBM bleibt die „Amazonisierung“ – erst einmal – ein Labor der Ausbeutung
Hier kann gezeigt werden, wie Beschäftigte gnadenlos in die Erschöpfung getrieben werden. (http://www.sueddeutsche.de/karriere/amazon-labor-der-ausbeutung-1.2610362?reduced=true ) So scheinen dem Unternehmen die Beschäftigten einfach ganz egal zu sein. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/amazon-wenn-einem-unternehmen-alles-egal-sein-kann-1.2611673 )
Kann es sein, dass die Menschen bei diesem „Amazon-Leistungsdruck“ wenigsten aufwachen und anfangen ihre Interessen im Arbeitsalltag wahrzunehmen? (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ihr-forum-hat-amazons-leistumngsdruck-unseren-arbeitsalltag-schon-erreicht-1.2612096 )
Verdi kümmert sich darum, indem diese Gewerkschaft zeigt, wie die Mitarbeiter von Amazon schikaniert werden. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/kritik-von-verdi–wie-amazon-mitarbeiter-schikaniert-werden-,1472780,31496638.html ) So füllt der lange Kampf der Amazon-Mitarbeiter schon „Bände“ (https://handel.verdi.de/++file++56618165aa698e65c50006b2/download/Analysen24_Arbeitskampf%20bei%20Amazon_web.pdf )
Und die Diskussion um ein Grundeinkommen kann auch nicht fehlen – jetzt einmal u.a. vom deutschen Telekom-Chef
Wer hätte das gedacht? Es tönte wie ein Paukenschlag durch die deutschen Medien, die in dieser Frage sich nicht durch besondere Sachkenntnis hervortun, zum Ende des Jahres 2015 die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Und wer hatte diese Debatte angestoßen? Kein Geringerer als der deutsche Telekom-Chef Thimotheus Höttges hatte diese Debatte angeregt, weil ihm wohl klar geworden war, dass, wenn die Arbeit auch immer wieder ganz kurzfristig über bzw. aus der Cloud verteilt wird, wird gesellschaftlich ein faires soziales System für die Zukunft benötigt. (Vgl. https://www.labournet.de/?p=91139)
Und in der Schweiz soll im Juni 2016 wieder über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abgestimmt werden, das jedoch nicht ganz „bedingungslos“ sein soll – und deshalb nur 25 Milliarden Franken jährlich kosten soll. (http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/SZ/20160315/billig-aber-nicht-bedingungslos/A66736681.html ) Also am 5. Juni soll die Abstimmung über das Grundeinkommen in der Schweiz sein. (https://www.labournet.de/internationales/schweiz/lebensbedingungen-schweiz/grundeinkommen-in-der-schweiz/) – Eindeutig geht bei der Auslotung der Chancen für eine Durchsetzung des Grundeinkommens weiterhin die Schweiz voran. (Vgl. schon die „ersten“ Ansätze im Jahr 2013: https://www.labournet.de/?p=37780)
Muss erst der Acht-Stundentag gekippt werden
Nur was die Gewerkschaften sich – noch? – nicht trauen, das zieht die Gegenseite – die Arbeitgeber – schon ganz „knallhart“ und für ihre Interessen „professionell“ hoch – sie wollen nämlich den Achtstundentag – wieder einmal – kippen. (http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-07/arbeitgeber-gegen-acht-stunden-tag und noch ausführlich „Arbeitszeitgesetz: Kampf um den Acht-Stunden-Tag (erneut)“: https://www.labournet.de/?p=83798)
Davor warnt die Gewerkschaft erst einmal (http://www.fr-online.de/wirtschaft/gewerkschaften-ig-metall-warnt-vor-laengeren-arbeitszeiten,1472780,31440352.html )
Dabei braucht gerade die Arbeit, die in den Digitalisierungsprozessen noch stärker unter Druck gerät, Regeln für die Arbeitszeit notwendiger denn je – und keinesfalls noch mehr Deregulierung – wie Eva Roth deutlich macht (http://www.fr-online.de/leitartikel/digitalisierung-und-arbeitszeiten-auch-arbeit-braucht-grenzen,29607566,31441120.html ).
Zumal die indirekte Steuerung durch Marktkonkurrenz unter den Beschäftigten auch den Burnout für alle Beschäftigten „verallgemeinert“: „Burnout als Folge der Organisation der Arbeit“ (http://www.gegenblende.de/++co++f68bfc56-f9ce-11e2-b6a5-52540066f352 ).
Zunächst einmal noch eine Ausweitung der Werkverträge, um die Arbeitszeit zu entregeln
Wenn es jedoch noch nicht gleich beim Arbeitszeitgesetz die totale Flexibilisierung – zugunsten der Arbeitgeber – klappen kann, dann wird eben der Druck auf die Arbeit über die Werkverträge als ein weiteres Mittel, um die Arbeitszeit zu „entregeln“ angestrebt. So lagern die Unternehmen durch immer mehr Werkverträge, um die Löhen zu drücken, aus. (http://www.fr-online.de/arbeit—soziales/sub-unternehmer-immer-mehr-firmen-lagern-aus,1473632,31648166.html ) Dies hat die IG Metall in einer Umfrage herausbekommen können. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ig-metall-gewerkschaft-beklagt-missbrauch-von-werkvertraegen-a-1050967.html )
Dieses Instrument versetzt die ArbeitnehmerInnen in die prekäre Situation: Mittendrin und nicht dabei! (https://www.igmetall.de/werkvertraege-10399.htm , siehe auch http://www.nachdenkseiten.de/?p=27421#h05)
Bleibt noch eine Privatsphäre: wo ich in Ruhe gelassen werde?
Dieser Prozess der Informatisierung müsste ja eigentlich auch zur zentralen die Freiheit sichernden Aufgabe der Gesellschaft und ihres Organs – des Staates – werden: Die Privatsphäre ist ein fundamentales Freiheitsrecht (= ein beginnender Diskurs über die digitale Revolution, die die bisherige Gesellschaft zerstört – ein auf Edward Snowden basierter Diskurs: https://www.labournet.de/?p=62436)
Nur leider sieht sich der Staat nicht den Bürgern und ihrer Freiheit verpflichtet: Der Mensch als Sicherheitsrisiko! (http://www.nachdenkseiten.de/?p=22973 )
Frisst die Angst die Freiheit auf?
Und aus Paris schildert Axel Veiel, wie die Spirale der staatliche Terrorabwehr im verordneten „Ausnahmezustand“ keinesfalls die Angst der Bürger verjagen kann. Die französischen Bürger suchen Schutz bei der Staatsgewalt, nicht vor der Staatsgewalt, wie ihn Bürger und Freiheitsrecht gewähren. Dennoch meint Axel Veiel ahnten die Franzosen zumindest, dass auch Ausnahmezustand und Verfassungsänderungen keine Sicherheit bringen. Die Angst sie bleibt. Und sie hat Folgen. Muslime stehen unter Generalverdacht. Die Zahl der anti-islamischen Anschläge ist 2015 auf 400 gestiegen (vorher 133) Abgrenzung und Ausgrenzung ist angesagt – oder wie es der Politikwissenschaftler Rosanvallon formuliert: „Die Gesellschaft rückt im Angesicht der Gefahr nicht zusammen, Zerfallserscheinungen treten zutage, ein jeder ist mit seiner Angst hier recht allein.“ (http://www.vie-publique.fr/decouverte-institutions/protection-sociale/etat-providence/pourquoi-parle-t-on-crise-etat-providence.html )
Mit dem rechtlichen Ausnahmezustand droht auch der seelische zur Dauereinrichtung zu werden. (http://www.fr-online.de/panorama/frankreich-die-angst-vor-dem-terror,1472782,33938444.html )