Digital ist nicht besser

Nicht nur Arbeitsministerin Andrea Nahles geht mit dem Schlagwort »Arbeit 4.0« hausieren. Während Politik und Wirtschaft die Digitalisierung der Arbeitswelt vorantreiben, haben die Gewerkschaften noch keine Strategien in der Frage entwickelt. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschlands Fabriken und Zulieferbetrieben plötzlich zu »Wutbürgern« mutieren. Dennoch haben die modernisierungsfeind­lichen Proteste der vergangenen Jahre, etwa gegen »Stuttgart 21«, in der Politik anscheinend zu der Erkenntnis geführt, dass es besser ist, die Bürger vorab in etwaige Pläne einzubeziehen. So rief Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) unlängst einen »Dialog ›Arbeiten 4.0‹« aus und veranstaltete in der vergangenen Woche die Konferenz »Arbeiten 4.0«. Der »Dialog« des Arbeitsministeriums soll in gut einem Jahr abgeschlossen sein, dann möchte Nahles ein »Weißbuch Arbeiten 4.0« vorlegen. Und auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) scheint sich am 1. Mai dem Thema zu widmen, lautet sein Motto des Tages doch: »Die Zukunft der Arbeit gestalten wir«…“ Artikel von Andreas Förster in der Jungle World vom 30. April 2015 externer Link

  • Aus dem Text: „… Neben der Ersetzung menschlicher Arbeitskraft zielt das Vorhaben »Industrie 4.0« auf eine Intensivierung der Arbeit, die durch den Einsatz neuer Technologien flexibler und transparenter, das heißt entgrenzt, stets nachvollziehbar und überwachbar werden soll. Am weitesten fortgeschritten, aber noch längst nicht am Ende dürfte dieser Prozess in der Logistik und Paketzustellung sein. Das Zauberwort für die nächste Etappe heißt dort augmented reality, zu deutsch »erweiterte Realität«. Datenbrillen und andere am Körper getragene Geräte, die sich etwa im Warenlager des IT-Konzerns Bechtle bereits im Probebetrieb befinden, sollen eine Rolle übernehmen, wie man sie ganz ähnlich schon von Navigationssystemen im Straßenverkehr kennt: Sie weisen Arbeiterinnen und Arbeitern Weg und Ziel oder mahnen bei Abweichung – tiefere Entfremdung und subjektiv erlebte Degradierung dürften eine Folge sein, die Technikfaszination und Prämiensysteme auf Dauer nicht zu kompensieren vermögen. Absehbar ist in diesem Prozess auch eine weitere Polarisierung des Arbeitsmarktes, wie sie bereits seit Jahren zu beobachten ist…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=79819
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