Der „Tsunami der Demokratie“ rockt Barcelona: Die spanische Regierung bleibt auf Konfrontationskurs, die „Gewerkschaften des Königs“ machen Front gegen die demokratische Bewegung
In Spanien darf man: Sagen, dass die Franco-Diktatur in Ordnung war (auch im Parlament). Offene Briefe schreiben, mit denen sein Denkmal verteidigt wird (auch, wenn man Offizier ist). In Spanien darf man nicht: Zunehmend mehr, vor allem aber nicht sagen, dass man die Lostrennung Kataloniens von der spanischen Monarchie haben will. So kam das Willkür-Urteil der spanischen Justiz zustande, das es jetzt geschafft hat, nicht nur die katalanische Separatistenbewegung neu zu befeuern, sondern darüber hinaus eine ganze Reihe – Zehntausende – von Menschen, die dies gar nicht vertreten, wohl aber für das demokratische Recht auf eine entsprechende Meinung eintreten. Die Regierung weigert sich, in neue Gespräche mit der Regionalregierung einzutreten – erst müsse die sich für die „Ausschreitungen“, die bei den Protesten passiert seien, entschuldigen. Dass sich die spanische Regierung für die Ausschreitungen der Polizei entschuldigen solle – insgesamt vier Menschen verloren in der letzten Woche jeweils ein Auge – war bisher kein Thema. Und während die Basis- und Alternativen Gewerkschaften sich an der demokratischen Massenbewegung beteiligen, weigern sich die beiden größeren Verbände mit mehr als seltsamen Argumentationen. Siehe dazu eine kleine Materialsammlung mit Berichten über die Mobilisierung, über Polizei-Brutalität und sehr unterschiedliche gewerkschaftlichen Reaktionen, sowie den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zu den neuerlichen Massenprotesten nach dem Urteil
P wie Pinera. Oder P wie Pinochet? Die Armee in den Straßen (nicht nur) Santiagos verhindert die Fortsetzung der Proteste nicht – von denen der gegen die Fahrpreiserhöhung nur einer ist
„… Trotz der immer massiveren Repression gehen die Proteste weiter, mittlerweile allerdings nicht mehr nur gegen die Erhöhung der Ticketpreise, sondern sich gegen das neoliberale Modell im allgemeinen und die Ausgangssperre im besonderen richten. Die Ausgangssperre, die zum ersten Mal seit dem Ende der Militärdiktatur 1990 verhängt wurde, ist die nächste hilflose Eskalationsstufe der Regierung nach einer Woche von Protesten. Angefangen mit zivilem Ungehorsam von Schüleri*innen, die gegen die hohen ÖPNV-Preise demonstrierten, indem sie kollektiv schwarz fuhren, weiteten sich die Proteste angetrieben von in Videos dokumentierter Polizeigewalt gegen die Schüler*innen immer weiter aus. Auf Videos ist zu sehen, wie Schülerinnen von Polizisten niedergeschossen werden. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden in ganz Santiago Barrikaden gebaut, mindestens fünf Busse wurden angezündet und zahlreiche Polizeifahrzeuge zerstört. Ein Anwohner des Zentrum Santiagos erklärte gegenüber dem lcm: „Es geht alles in Flammen auf. Die Militärs sind in den Straßen. Das ganze Haus ist voll mit Tränengas.“ Trotz der Ausgangssperre gingen die Proteste in der Nacht von Samstag auf Sonntag unvermindert weiter. Das Militär, das ausgestattet mit Kriegswaffen in den Straßen ist, hält die Bevölkerung nicht davon ab zu demonstrieren. Die ganze Nacht über gab es cazerolazos, eine Protestform aus der Miliätrdiktatur, bei der mit Kochlöffeln auf Topfdeckel geklopft wird. In Santiago und der Hafenstadt Valparaíso kam es zu Plünderungen. In sämtlichen größeren Städten des Landes, Iquique, Antofagasta, La Serena, Temuco, Valdivia und Rancagua wurden Barrikaden gebaut. Selbst in kleinen Dörfern, wie Neltume gibt es Demos vor den örtlichen Polizeistationen. Es wurden mindestens 300 Menschen verhaftet. Auf sozialen Medien wird mittlerweile dazu aufgerufen Blut zu spenden, da es viele Verletzte gibt, da sowohl Polizei, als auch das Militär scharf schießen. Die Regierung kündigte an, weitere 1.500 Soldaten in die Gebiete in denen der Ausnahmezustand gilt zu entsenden. In Santiago sind mindestens drei Personen in einem brennenden Supermarkt ums Leben gekommen. Unbestätigten Berichten zufolge sind weitere Demonstrant*innen nach Schussverletzungen gestorben…“ – aus dem Beitrag „Chile: Militär in den Straßen, Aufstand überall“ von David Rojas Kienzle am 20. Oktober 2019 im Lower Class Magazine über die Explosion des Widerstands gegen den chilenischen Neoliberalismus. Siehe dazu sechs weitere Beiträge über die aktuellen Proteste und Repressionsmaßnahmen, inklusive zweier gewerkschaftlicher Stellungnahmen und dem Links zu einem der wichtigen Hashtags zum Thema
Nach dem „35. Freitag“ in Algerien: Von der Massenmobilisierung zum Generalstreik?
Prominente Personen der algerischen Protestbewegung, linke und berberische Organisationen, Verbände der Studierenden und unabhängige Gewerkschaften: Alle stehen auf der Liste des algerischen Militär-Regimes, zur Repression ausersehen. Militär-Regime? Ja, schon weil die einzige Person, die den Kurs der Herrschenden öffentlich verkündet – der Oberkommandierende ist. Der, wie niemand sonst, für die Durchführung der für den 12. Dezember 2019 geplanten Wahlfarce steht und sie als Pflicht und Abschluss der gesellschaftlichen Erneuerung diktieren will. Aber die Bilanz ist angesichts der Entschlossenheit so vieler Menschen, endlich einen Neuanfang zu erringen, nicht besonders erfolgreich für die Unterdrückungsorgane. So ist beispielsweise die Verhinderung von Demonstrationen der Studierenden nur einmal halbwegs gelungen, seitdem finden sie nicht nur wieder statt, sondern wachsen erneut. Und die Verfolgung von Gewerkschaften, inzwischen so rigide, dass globale Verbände bereits an die Internationale Arbeitsorganisation appellieren, in deren Verteidigung aktiv zu werden, verhindert nicht, dass sich etwas ausbreitet, zu dem niemand aufgerufen hat: Streiks. So wie gerade an den Grundschulen in verschiedenen Regionen des Landes. Bei denen, wie so oft in diesen Tagen, konkrete Forderungen der Aktiven verbunden wurden und waren mit der eindeutigen Ablehnung der sogenannten Wahl am 12. Dezember. Diesen Streiks folgt nun der Aufruf der unabhängigen Gewerkschaften zum Generalstreik. Siehe in der Materialsammlung zur aktuellen Entwicklung in Algerien drei Beiträge zur Entwicklung des Kräfteverhältnisses und fünf Beiträge über die versuchte Repression der Gewerkschaftsbewegung, eine spontane Streikbewegung vor allem im Bildungsbereich und die Aufrufe zu landesweiten Streiks, sowie ein Aufruf zum Generalstreik – und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur demokratischen Massenbewegung in Algerien
4. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Gesetzeslage der Leiharbeit
BAG: Abweichung vom „Equal-Pay-Grundsatz“ für LeiharbeiterInnnen durch Bezugnahme auf Tarifvertrag – nur mit gesamtem Tarifvertrag
„Arbeitgeber, die als Verleiher Leiharbeitnehmer an einen Dritten überlassen, können vom Grundsatz der Gleichstellung („Equal-Pay“) kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nach § 9 Nr. 2 Halbs. 3 AÜG aF nur dann abweichen, wenn für den Entleihzeitraum das einschlägige Tarifwerk für die Arbeitnehmerüberlassung aufgrund dieser Bezugnahme vollständig und nicht nur teilweise anwendbar ist…“ Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.10.2019 zum Urteil vom 16. Oktober 2019 (4 AZR 66/18) – siehe dazu den Kommentar von Prof. Däubler für uns (danke!) und weitere Bewertungen
28. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Aufenthalt und Ausweisung » Lagerhaltung und andere Schikanen
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Trucker und ihre Gesundheit
„Dr. Wolfgang Hien spricht über die Situation der Berufskraftfahrer_innen. Sie sind einer viel zu hohen Konzentration von Dieselabgasen und Stickoxyden ausgesetzt. Dazu kommt die Stressbelastung mit dauerhaft erhöhten Stresshormonen. Die Trucker haben eine deutlich erhöhte Krebsrate wegen der dauernden chronischen Vergiftung. Außerdem arbeiten sie dauerhaft mehr als 10 Stunden täglich. Dr. Hien hat sich die Krankenstände der Truckler angeschaut und hat festgestellt: Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und Bandscheibenschäden, Lungenkrebs und Blasenkrebs und schwere Schlafstörungen sind sehr stark erhöht.“ Video bei labournet.tv (deutsch | 22 min | 2019)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi