Auch nach der Verschiebung der Entscheidung über das Auslieferungsgesetz: Hunderttausende auf Hongkongs Straßen fordern ersatzlosen Verzicht – und den Rücktritt der Regierungschefin
„… Der Opposition in Hongkong reicht es nicht, dass das Auslieferungsgesetz lediglich ausgesetzt wird. Die Demonstranten fordern einen kompletten Rückzug – und bereiten neue Proteste gegen die Regierung vor. Auch nach der Erklärung der viel kritisierten Regierungschefin saßen Oppositionelle in Hongkong wieder mit Protestschildern und entschlossenen Blicken auf einem Podium vor den Medien. Und wieder forderten sie den Rücktritt von Carrie Lam. Denn deren Zusagen glaubt die Abgeordnete Claudia Mo nicht: „Wenn sie das Gesetz nicht komplett zurücknimmt, dann weichen wir auch nicht zurück. Sie bleibt, wir bleiben. Ihr angebliches Versprechen ist völlig unglaubwürdig.“ Auch verschiedene Bürgerrechtsgruppen sind unzufrieden. Sie riefen weiterhin zu Protesten am Sonntag im Stadtzentrum von Hongkong auf. (…) Das Wort „ausgesetzt“ dürfte bewusst gewählt sein. Denn damit ist das umstrittene Auslieferungsgesetz nicht komplett zurückgezogen. Aber man kann davon ausgehen, dass es auf absehbare Zeit nicht mehr ins Parlament kommt. Ein Zugeständnis nach großem Druck durch Massendemonstrationen und aus der Politik. „Ich bedauere, dass Defizite in unserer Arbeit eine solche Kontroverse in der Gesellschaft ausgelöst haben. Nach zwei Jahren relativer Ruhe hat das viele Menschen enttäuscht. Wir werden eine äußerst aufrichtige und demütige Haltung einnehmen“, sagte Lam. Die Regierungschefin sprach außerdem davon, mehr erklären und zuhören zu wollen, und zwar „unvoreingenommen“. Es gebe keine Zeitbegrenzung für diesen Prozess umfangreicher Beratungen…“ – aus dem Bericht „“Das ist völlig unglaubwürdig““ von Markus Pfalzgraf am 15. Juni 2019 bei tagesschau.de zu den Reaktionen auf das Zugeständnis der Regierung von Hongkong – die dann zu erneuten Massenmobilisierungen am gestrigen Sonntag führten. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge, eine Initiative gegen Repressionsversuche, eine internationale Solidaritätserklärung und zwei Beiträge zum „Streik für die Freiheit“ am 17. Juni 2019
Generalstreik gegen den Rentenraub der brasilianischen Rechtsregierung am 14. Juni 2019: Mobilisiert 45 Millionen bis in den letzten Winkel des Landes
In 380 Städten des Landes gab es an diesem 14. Juni 2019 Demonstrationen, Straßenblockaden und alle denkbaren Formen von Besetzungen: 45 Millionen Beschäftigte beteiligten sich am Streik, zu dem – erstmals – wirklich alle Gewerkschaftsverbände aufgerufen hatten. Ob die Belegschaften von Mercedes, ZF oder VW im Großraum Sao Paulo, die Petrobras-Beschäftigten in Rio oder die Träger der öffentlichen Dienste in Porto Alegre und die Metallarbeiter von Belo Horizonte: Sie alle waren massiv dabei. Aber riesige Demonstrationen gab es auch in Städten, die keineswegs zu den „üblichen Verdächtigen“ gehören, von Aracaju bis Joao Pessoa – und, im letzten Winkel des Landes, in dem keineswegs weltbekannten Epitaciolândia in Acre. Den wesentlichen Inhalt des Streiks haben vielleicht – nicht zum ersten Mal – die Metrofahrer von Sao Paulo auf den Punkt gebracht, mit einem selbstgeschriebenen Plakat: „Du ärgerst Dich, dass Du heute nicht zur Arbeit kommst? Wenn Du heute hingehst, gehst Du bis zu Deinem letzten Tag…“ Schon am Vortag hatte die Parlamentskommission, die eine Variante der Gegenreform der Rentenversicherung ausarbeiten sollte, die mehrheitsfähig sein kann, einige Zugeständnisse in Bezug auf die asozialsten der rechtsradikalen Pläne gemacht – vor allem, was das Alter des Renteneintritts von Frauen betrifft, konnte aber ganz offensichtlich nicht entscheidend zur Demobilisierung beitragen. Dagegen hat die Auseinandersetzung um die Kürzungspläne im Bildungsbereich deutlich zur starken Mobilisierung beigetragen, noch nie waren bei Generalstreikprotesten so viele Schülerinnen und Schüler zu sehen. Siehe zum Generalstreik gegen die Rentenreform sieben aktuelle Beiträge
Rechte Gelbwesten: Vom völligen Durchknallen eines vermeintlichen Vordenkers gesellschaftlicher Opposition in Frankreich
„… Jüngst hat Etienne Chouard jedoch definitiv und auf irreparable Weise sämtliche Grenzen überschritten. In einem vergangene Woche publizierten Interview mit dem linken Internet-TV-Sender Le média redete er sich gewissermaßen um seine Existenz als irgendwie ernstzunehmende und dialogfähige Person. Während die beiden Interviewer ihn während des 65 Minuten dauernden Gesprächs immer und immer wieder dazu bewegen wollen, etwa die Holocaustleugnung eindeutig zu verurteilen, reagiert er zunehmend unwirsch auf das gütliche Einreden. In der 42. bis 44. Minute antwortet er auf die Vorhaltung des Journalisten Denis Robert: „Hast Du persönlich einen Zweifel an der Existenz der Gaskammern?“ mit folgenden Sätzen: „Aber was soll diese Frage? Das ist nicht mein Thema, ich habe keine Ahnung davon, ich habe nicht die Zeit genommen, darüber nachzulesen. Ich werde Dir sagen <Ich habe keinen Zweifel>, denn sonst bin ich ein Gedankenkrimineller. Wenn diese Gaskammergeschichte so schwerwiegend ist, wenn man daran zweifelt – warum nicht einfach den Beweis gegen die antreten, die bestreiten, und dann zu etwas Anderem übergehen?“ Zwischendurch attackiert er auch noch die beiden, ihm gegenüber überaus gutmeinenden – und zweifellos viel zu gut meinenden – Interviewenden als üble Absichten hegende Staatsanwälte in der Tradition der Gesinnungsjustiz von 1793 u.a…“ – aus dem Artikel von Bernard Schmid vom 16. Juni 2019 – wir danken!
35. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Alltagswiderstand und Commons » Commons und Recht auf Stadt
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Frankreich: Landesweiter Streik in Notaufnahmen
„Seit März 2019 streiken in Frankreich die Notaufnahmen in mehr als 60 Krankenhäusern, um gegen die mangelhafte Personal- und Materialausstattung zu protestieren, denn die Notaufnahmen sind überlastet, womit eine Gefährdung der Patient_innen einhergeht. Es handelt sich in erster Linie um einen symbolischen Streik, da es Beschäftigten der Notversorgung verboten ist, ihre Arbeit tatsächlich niederzulegen. Dennoch kam es am Donnerstag, den 28. Mai um 12 Uhr zu einem echten, fünfminütigen Streik in einem Dutzend Krankenhäusern, an dem sich vor Ort mitunter mehr als fünfzig Beschäftigte beteiligten. Neben der besseren finanziellen und personellen Ausstattung fordern die streikenden Arbeiter_innen auch einen Stopp des Bettenabbaus und eine Lohnerhöhung von 300 Euro. Der nächste landesweite Aktionstag ist für den 6. Juni geplant…“ Video bei labournet.tv (French with eng. subs | 4 min | 2019)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi