Drei Tage (nicht abgebrochene!) Massenstreiks und Massendemonstrationen im Widerstand gegen das „Omnibus-Gesetzespaket“ in Indonesien: Und nun?
Wer immer auch der Regierungspropaganda in Indonesien geglaubt haben mag – der Protest und Widerstand gegen das „Omnibus-Gesetzespaket“ sei nur von „Eliten“ über soziale Medien betrieben bekundete der Präsident höchstpersönlich – wurde an den drei Tagen, zu denen die indonesischen Gewerkschaftsverbände zum politischen Streik aufgerufen hatten, eines wesentlich besseren belehrt. Das Gesetzespaket, mit dem 79 bestehende Gesetze verändert werden, um Auslandsinvestoren leichtere Ausbeutungsmöglichkeiten anbieten zu können (da Indonesien tatsächlich, im Vergleich zu anderen Ländern der Region, Arbeitsgesetze hat – hatte? – die den Namen wenigstens einigermaßen verdienen) mobilisierte beispielsweise 70.000 Beschäftigte in einer von Asiens größten Schuhfabriken zum Drei-Tage-Streik. Nicht zufällig ein Frauenbetrieb: Zu den gestrichenen „bürokratischen Hindernissen“ für die ach so wohltätigen Investoren gehört unter anderem bezahlter Mutterschaftsurlaub. Aber insgesamt waren die Streiks in den drei Tagen so stark, wie sie in Indonesien lange nicht gesehen waren. Der Widerstand ist so massiv, dass auch Abertausende von Festnahmen quer durchs Land ihn nicht bremsen konnten – im Gegenteil: Das führte einerseits dazu, dass auch Organisationen der Studierenden und der Linken noch intensiver mobilisierten, andererseits auch dazu, dass selbst religiös orientierte Organisationen sich gegen das neue Gesetzespaket wandten. Meldungen, die besagten, die Gewerkschaften hätten die Fortsetzung des Streiks wegen des „Aufruhrs“ abgeblasen, sind naheliegenderweise insofern falsch, als für drei Tage zum Streik aufgerufen worden war. Was weder die Frage beantwortet, wie dieser Kampf weiter geht, noch darüber hinweg täuschen kann, dass es in der gemeinsamen gewerkschaftlichen Plattform genügend Strömungen gibt, die den Widerstand staats- (und auch konkret regierungs-) tragend halten möchten und die allesamt jetzt die Frage beantworten müssen, wie es weiter gehen soll mit dem Widerstand – denn nach diesen gewaltigen Beteiligungen an den Aktionen gerade auch in den Betrieben wird es nicht leicht fallen, zu erklären, dass es das gewesen sein soll… Zum Widerstand gegen das Omnibus-Gesetz in Indonesien eine kleine aktuelle Materialsammlung vom 11. Oktober 2020 im Dossier zum Streik: (Nicht nur) Drei Tage Widerstand gegen das Gesetzespaket zur Förderung der Ausbeutung (genannt: Investorenfreundlich) in Indonesien
Arcelor Mittal verweigert erneut Verhandlungen mit den Streikenden – und beantragt stattdessen Zwangsräumung des besetzten Schachtes in einem der bestreikten Bergwerke in der Ukraine
„… Seit dem 3. September streiken im ostukrainischen Krywyj Rih, dem Zentrum der ukrainischen Metallurgie und der Heimat des derzeitigen Präsidenten – Wolodymyr Selenskyj – die Bergarbeiter. Einige Hundert von ihnen sind seitdem in anderthalb Kilometern Tiefe und weigern sich, den Schacht zu verlassen. Sie lehnen die Abschaffung von Sonderkonditionen bei den Rentenauszahlungen ab, fordern eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne.«Respekt beginnt bei 1.000 EUR» – lautet das Motto des Streiks. Diese Summe fordern die Protestierenden als Lohn. In der Ukraine, wo der Durchschnittslohn bei etwa 300 Euro liegt, ist diese Forderung ziemlich radikal. Jedoch erhielten Bergleute bereits früher schon einmal Löhne in Höhe von etwa 1.000 EUR bis 2014 die massive Abwertung der Hrywna einsetzte. Das im Krywbass abgebaute Eisenerz wird zu weltmarktüblichen Preisen international exportiert. Die Bergleute glauben, dass ihre Löhne nicht auf Grundlage realer Kosten und Gewinne des Unternehmens, sondern durch das allgemein niedrige Lohnniveau in der Ukraine bestimmt werden. In anderen postsowjetischen Ländern vergleichbarer Wirtschaftskraft sind die Löhne höher. So etwa bei ArcelorMittal Temirtau in Kasachstan, das 2018 Löhne zwischen etwa 550 und 850 EUR zahlte. In der Ukraine zahlte das Eisenerzkombinat in Krywyj Rih, ebenfalls zugehörig zur Holdinggruppe ArcelorMittal, im selben Jahr nur etwa 400 Euro im Durchschnitt. Darüber hinaus hat das Unternehmen, in dem jetzt gestreikt wird, 2019 seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr auf 1.583 Milliarden Hrywna verdoppelt (von rund 24 auf 48 Millionen EUR)...“ – so beginnt der Beitrag „«Respekt beginnt bei 1.000 EUR.»“ von Aljona Tkalitsch am 08. Oktober 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung über die nunmehr bereits rund sechs Wochen Streik im ukrainischen Bergwerk. Siehe im Dossier dazu auch eine Meldung über die aktuelle Reaktion des Unternehmens (damit die ukrainischen Bergarbeiter die „Segnungen der sozialen Marktwirtschaft“ kennen lernen…) und eine Stellungnahme einer ukrainischen Mitgliedsorganisation der „Progressiven Internationale“ zur Bedeutung der aktuellen Streikbewegung in mehreren Bergwerken und der besonders breiten Solidarität mit den aktuellen Kämpfen
Der Streik der TextilarbeiterInnen von Dragon in Bangladesch geht auch nach den Aktionswochen der Solidarität mit ihnen weiter – die Solidarität auch. Aber auch der (bisher erfolglose) Unternehmensterror mit Überfällen und Justizangriffen
Am 04. Oktober 2020 organisierten die nach wie vor (seit März 2020) streikenden Belegschaften zweier Dragon-Werke in Dhaka eine Menschenkette, um auf ihren andauernden Kampf erneut aufmerksam zu machen. Dabei wurden sie von einer Schlägertruppe überfallen – die nach Aussagen von Betroffenen aus den privaten Sicherheitskräften der Unternehmen bestand, die den Streikenden persönlich bekannt sind. Diese so genannten Sicherheitskräfte des Unternehmens hatten bereits bisher alle Aktivitäten der streikenden versucht, möglichst genau zu beobachten, sind nun aber erstmals „aktiv“ geworden. Insgesamt mussten 12 Streikende nach dem Überfall ärztlich behandelt werden – und es waren nur deswegen nicht mehr Gewaltopfer, weil der Überfall organisiert zurück geschlagen wurde – und als politische Reaktion darauf wurde am Abend ein Fackelzug organisiert, an dem sich Hunderte der Streikenden beteiligten. In der Meldung „Attack by goons – 12 workers hospitalised“ am 09. Oktober 2020 bei Global Mayday wird weiterhin berichtet, dass die Polizei sich weigerte, eine Anzeige der Gewerkschaft GTUC zu diesem Vorfall aufzunehmen (sie stellte „Bedingungen“ für die Annahme, die die Gewerkschaft verweigerte, zu erfüllen) – wohl aber eine Anzeige der Unternehmerbande aufnahm, in der den Streikenden ein Verbrechen nach § 326 des Strafgesetzbuches vorgeworden wird – das ist nichts weniger als „Mordversuch“ (wofür es beispielsweise keine Kaution gibt). Anlass dafür sei ein vollkommen erfundener Vorfall, so die Gewerkschaft in ihrer Mitteilung… Siehe im Dossier dazu auch zwei weitere aktuelle Meldungen über eine Bilanz der Solidaritätswochen – und ihre faktische Fortzsetzung
Lieber Gruss, Mag und Helmut – zur Stärkung der Immunkräfte empfehlen wir die Mitternachtsspitzen vom 10.10.2020 und zwar die komplette Sendung, da quer durch unsere Rubriken, anzuschauen beim WDR
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Warnstreik beim Humanistischen Verband Berlin
“Am 23. September 2020 streiken die Angestellten des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg, einem großen freien Träger sozialer Einrichtungen. Der Verband hat den Tarifvertrag gekündigt, und nach zwei ein halb Jahren die Verhandlungen mit der Gewerkschaft abgebrochen. Er möchte nun mit dem Betriebsrat über einen eigenen Tarifvertrag verhandeln. Die Streikenden sind empört über dieses Vorgehen. Sie fordern mehr Gehalt und eine Anbindung an den Tarifvertrag der Länder TVL, um einheitliche Standards zu gewährleisten.“Video bei labounet.tv (deutsch | 3 min | 2020)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
Spenden willkommen unter IBAN DE 76430609674033739600