Frankreich: Saft aus bei der CFDT – Transportstreik vorläufig faktisch (weitgehend) beendet, andere Aktionen nehmen zu
„Was tun, wenn’s Licht ausgeht? Solche und ähnliche Fragen stellte sich zu Wochenanfang beim Hauptamtlichenapparat der CFDT. Es handelt sich bei ihr um den jedenfalls auf der Ebene der Leitungsfunktionen rechtssozialdemokratisch orientierten und „sozialpartnerschaftlich“ ausgerichteten Gewerkschaftsbund in Frankreich. Unter den verschiedenen französischen Richtungsgewerkschaften in Frankreich bildet die CFDT von den Mitgliederzahlen her den zweitstärksten, von den Wahlergebnissen in Betrieben und staatlichen Einrichtungen her seit 2017 den stimmenstärksten Dachverband. Seit dem 11. Januar 20 ist ihr Generalsekretär Laurent Berger nahezu explizit zum Unterstützer der Regierungsposition geworden. Am Montag dieser Woche (20. Januar 20) fiel in der Zentrale der CFDT im Pariser Stadtteil Belleville der Strom aus. Beschäftigte der Energiewerke, die zur CGT gehören, dem historisch ältesten und mitgliederstärksten Gewerkschaftsdachverband in Frankreich, bekannten sich umgehend dazu, den Saft abgedreht zu haben, um „die Klassenkollaboration Laurent Bergers zu sanktionieren“…“ Artikel von Bernard Schmid vom 22.1.2020 mit 2 Galerien mit Fotos und Kommentaren von Bernard Schmid (vom 16 sowie vom 18./19.1) – wir danken!
Nach der neuerlichen extremen Gewalt gegen die Gelbwesten wächst in Frankreich die Kritik an der Polizeirepression
„… Es hat sich etwas verändert in Frankreich. Auf einmal stehen nicht mehr die Gewaltausschreitungen der Gelbwesten bei ihren Demonstrationen im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern die der Polizei. Auch haben die Gelbwesten-Proteste neuerdings wieder mehr Zulauf. Sie profitieren davon, dass ihre Proteste im Zusammenhang mit den Protesten der Gewerkschaft gegen die Rentenreform wieder mehr als soziale Bewegung gesehen werden. Die Widerwehr der Gewerkschaftsbewegung, angeführt von der CGT, gegen die Rentenreformen findet trotz der Behinderungen im öffentlichen Verkehr, mehrheitlichen Rückhalt in der Bevölkerung. Einige Tausend Gilets Jaunes haben am vergangenen Samstag in Paris demonstriert, berichtete Le Monde am Samstagnachmittag und informierte in der Überschrift zum Artikel darüber, dass es laut Videos auf sozialen Netzwerken ein beträchtliches Polizeiaufgebot gab und „neue Gewaltakte, die gegen die Demonstranten begangen wurden“. Das ist eine deutliche Abweichung gegenüber der Berichterstattung der früheren „Actes“, wie die samstäglichen Gelbwesten-Demonstrationen bezeichnet werden. Lange Zeit waren Schlagzeilen üblich, die die Gewalt der Teilnehmer der Gelbwesten herausstellten. Doch war die Polizeigewalt gegen Demonstranten nicht mehr zu übersehen. Zumal französische Polizisten auch durch exzessive Gewalt gegenüber Nicht-Protestierern in die Schlagzeilen gerieten…“ – aus dem Beitrag „Frankreich: Ein neuer Fall von Polizeigewalt“ von Thomas Pany am 21. Januar 2020 bei telepolis, worin vor allem ein „Fall“ Thema ist, der den Polizeistaats-Charakter der Macron-Politik aktuell deutlich macht. Zu Polizeigewalt und Repression in Frankreich – speziell gegen die Gelbwesten – drei weitere aktuelle Beiträge und der Hinweis auf unseren letzten Beitrag, in dem Polizeigewalt eines der Themen war
[Buch] Soziale Gelbsucht. Die radikale Analyse eines radikalen Ereignisses: Sind die Gelbwesten der Beginn einer neuen Revolution?
„Einzigartig ist die Bewegung der Gilets jaunes in vielerlei Hinsicht: Einfache Menschen aus den Peripherien haben sich selbstständig vernetzt und leh- nen jede Art von Repräsentation ab. Mit ihren Aktionsmethoden sprengen sie den Rahmen des institutionalisierten Protests. Ihre Forderungen sind nicht gerade revolutionär – sie wollen einfach bessere Lebensbedingungen, mehr Gerechtigkeit, mehr Achtung. Dennoch haben sie das Land in die tiefste soziale Krise seiner jüngeren Geschichte gestürzt. Die Neuigkeit des Ereignisses, das mit Sicherheit langfristige Folgen zeitigen wird, zeigt sich auch da- durch, dass es sich mit konventionellen Referenzen nicht interpretieren lässt. Stehen die Gilets jaunes links oder rechts, sind sie progressiv oder konservativ? Findet eine Rückkehr des Klassenkampfs statt oder ein Aufstand der Peripherien gegen die globalisierten Zentren? Vor diesen Bruch mit ihren Gewissheiten gestellt, reagierten die meisten Zeitdiagnostiker mit Schweigen oder Verleumdung. Soziale Gelbsucht schaut hinter die Kulissen und zeigt, dass hinter den konfusen und widersprüchlichen Formen der Revolte sich der Versuch zeigt, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Schließlich geht es um die Frage: Wie lässt sich eine Politik durchsetzen, die von der großen Mehrheit abgelehnt wird? Diese Frage stellt sich nicht nur in Frankreich.“ Verlag Matthes & Seitz Berlin zum Buch von Guillaume Paoli (161 Seiten, ISBN: 978-3-95757-828-0, Preis: 10,99 €), dort auch Veranstaltungstermine mit dem Autor. Siehe dazu – als exklusive Leseprobe im LabourNet Germany – das (letzte) Kapitel: „Dem deutschen Leser ein Nachwort“ – wir danken!
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Streik der Docker in Bayonne
„In Frankreich hat am 5. Dezember 2020 die Bewegung gegen ein neues Rentengesetz begonnen. Die Bewegung wird seitdem immer stärker. Nicht nur Arbeiter_innen aus dem öffentlichen Dienst streiken, sondern auch aus dem privaten Bereich, z.B. Arbeiter_innen der Raffinerien und Häfen. Dockers von verschiedenen Häfen, u.a. Le Havre, Marseille und Bayonne, sind am 9. Januar in den Streik getreten, um gegen die „Reform“ zu protestieren. Da sie körperlich anstrengende Arbeit verrichten, haben sie gegenwärtig das Recht, drei Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in Rente zu gehen. Mit der Reform würden sie dieses Recht verlieren. Sie kämpfen aber auch in Solidarität mit den Streikenden im Öffentlichen Dienst. Sie erinnern uns: „Diese Reform geht uns alle an!“ (aus dem Video). Die Docker planen neue Streikaktionen am 14., 15. und 16. Januar 2020…“ Video bei labournet.tv (franz. mit dt. UT | 3 min | 2020)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi