Erneut Gewerkschafter in Belarus verfolgt – diesmal nicht von der Regierung, sondern einem mit ihr befreundeten Unternehmen: Deilmann (aus Dortmund) hat ihn entlassen
Mikalaj Valadzko hat sich natürlich auch wirklich frech benommen: Fordert er doch tatsächlich von dem liebenswerten Unternehmen Redpath Deilmann, die Gesetze von Belarus einzuhalten, was die Rechte der Belegschaft betrifft. Wie beispielsweise Sonderurlaub bei gefährlichen Berufen, kürzere Arbeitszeiten und früheren Renteneintritt. Praktisch, dass Deilmann den Unruhestifter gar nicht „richtig entlassen“ musste – einem Zeitarbeiter verlängert man einfach den am 31. Dezember 2019 auslaufenden Arbeitsvertrag nicht. Weniger praktisch, dass Valadzko Aktivist der Belarusian Independent trade union of miners, chemists, oil-refiners, transport workers, builders and other workers, BITU ist, die eine entsprechende Kampagne zur Wiedereinstellung und für die Einhaltung der Gesetze organisiert. In dem kurzen Videobericht „Campaign for reinstatement of union activist Mikalaj Valadzko at Redpath Deilmann“ am 01. Mai 2020 bei You Tube eingestellt, fordert die Gewerkschaft die Wiedereinstellung und skizziert knapp das Wirken des Unternehmens, das seit drei Jahren in Soligorsk eine Pottasche-Fabrik baut und dabei eben nach Gutdünken handelt – ohne dass die Behörden bisher in irgendeiner Weise aktiv geworden wären. Die Gewerkschaft BITU ruft dazu auf, sich solidarisch zu zeigen. Siehe im Überblick dazu auch einen Brief der Gewerkschaftsföderation IndustriAll an die Geschäftsleitung in Soligorsk und die Konzernzentrale in Dortmund, sowie die Meldung dazu, zwei Meldungen zum Deilmann-Vertrag in Belarus und eine Hintergrundmeldung zur Wirtschaft in Belarus
(Vor allem) US-Unternehmen in Mexiko wollen Arbeitszwang trotz Epidemie: Und die Antwort ist „Nein!“
„… Es sind verwackelte Amateurvideos mit dem Handy,der Ton ist leise oder rauscht – hastig gefilmt, damit der Sicherheitsdienst sie nicht entdeckt. Darauf zu sehen sind Gruppen demonstrierender Arbeiter der Fertigungsindustrie im Norden Mexikos. Sie werfen ihre Arbeitskittel Aufsehern vor die Füße oder begehren vor Fabriktoren dagegen auf, dass sie entweder unter Gesundheitsrisiken weiterarbeiten müssen oder ihren Job verlieren. Bei Hyundai, Roger’s, Carso, Safran, Hisense und Ontex in Tijuana kam es dem Journalisten Alfredo Alvarez zufolge in den vergangenen Tagen zu Protesten. Nach Angaben von Luis Hernández, dem Vorsitzenden des Verbandes der Fertigungs- und Exportindustrie in Baja California (Index), sind derzeit 60 Prozent der 1200 Zulieferbetriebe geschlossen. Konflikte habe es in etwa 20 Betrieben gegeben, „hauptsächlich durch Mitarbeiter, die die Pandemie als Gelegenheit für bezahlten Urlaub sehen“ – so jedenfalls seine Sicht der Dinge imInterview mit der DW. Eigentlich dürfen in Mexiko nur noch systemrelevante Betriebe arbeiten. Doch viele der Maquilas, die für den US-Markt produzieren, widersetzten sich der Anordnung und drohten den Arbeitern mit Entlassung, sollten diese nicht erscheinen, berichtet der JournalistAlvarez auf seiner Webiste. Die Folgen dieser Praxis sind fatal: 20 Todesfälle durch das Coronavirus in Maquilas wurden bislang publik – 13 davon alleine beim Autozulieferer Lear in Ciudad Juárez. Der Gesundheitsdienst von Lear, der Recherchen der Los Angeles Times zufolge schon Ende März von COVID-19-Fällen Kenntnis hatte, speiste die Kranken mit Schmerzmitteln ab und schickte sie zurück ans Band. So nachlässig geht es offenbar in vielen Betrieben zu…“ – aus dem Beitrag „Betriebe in Mexiko ignorieren Corona-Auflagen – auch auf US-Druck“ von Sandra Weiss am 29. April 2020 bei der Deutschen Welle – bis dahin ist die Kunde vom Widerstand in den mexikanischen Betrieben bereits gedrungen… Siehe eine kleine Sammlung von Beiträgen zur Auswirkung der Epidemie und des Drucks der USA zur Zwangsarbeit sowie dem Widerstand dagegen und den allgemeineren Auswirkungen Coronas
Arbeit, Geld, Kapital – Das Corona-Regime und der DGB
„Kein Kampf, nirgends. Nach Corona werden sie uns erzählen, dass „wir alle“ nun eben den Gürtel enger schnallen müssen, um die Folgen der Krise zu bewältigen. Das ist im Grunde das alte Lied, alle Lohnabhängigen kennen die Melodie. (…) Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) fordert nun mit Verweis auf Corona, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften „an einem Strang“ ziehen müssen. Vor gut 50 Jahren, 1967, kritisierte der DGB noch die Notstandsgesetzgebung (…) Nun also, 2020, sekundierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dem Bundesarbeitsminister artig und versichert, sich angesichts der Corona-Krise mit den Arbeitgebern gemeinsam „verantwortungsvoll für das Gemeinwohl“ einsetzen zu wollen. Diese Verantwortung trägt erste Früchte. „Solidarisch ist man nicht alleine“, proklamiert der DGB – und er meint diese Solidarität einzig im Sinne des Gesundheitsregimes, nicht der Arbeit, während im gleichen Atemzug alle Kundgebungen zum 1. Mai abgeblasen wurden: „zuhause bleiben“ lautete das mittlerweile reichlich abgegriffene Credo. Allein bleiben, aber unter Anrufung irgendeiner inhaltsleeren Solidarität. (…) Der DGB schafft sich also selbst ab: kein Kampf, nichts, nirgends. Dabei hat die internationale Arbeitsorganisation ILO schon seit Jahren die – im Vergleich zu Produktivität und Unternehmenserlösen – niedrigen deutschen Löhne kritisiert. Doch Arbeitsbedingungen, das sind nicht nur Löhne. So wird, wo nun Corona sei Dank weithin die „freiwillige“ gesundheitspolizeiliche Selbstüberwachung akzeptiert ist, als nächstes die automatische soziale Distanzierung als Arbeitsplatzüberwachung kommen (…) Eine ordentliche Grundsicherung wird es im globalen Kapitalismus also nicht geben. Man kann nun das Grundeinkommen als Einstieg in die richtige Richtung nehmen oder fragen, ob es dann nicht logischer ist, gleich mit dem Abwracken des Kapitalismus zu beginnen. Das allerdings wird mit dem DGB schon mal gar nicht zu machen sein…“ Artikel von Gerald Grüneklee vom 1. Mai 2020 – wir danken!
[Buch] Work-Work-Balance. Marx, die Poren des Arbeitstags und neue Offensiven des Kapitals
„Wie im Kapitalismus aus Geld mehr Geld werden kann, zeigt Marx im »Kapital«. Das Zauberwort lautet Ausbeutung. Sie umfasst auch immer die Verfügungsmacht über die Arbeits- und Lebenszeit derjenigen, die ausgebeutet werden. Es wundert also nicht, dass eines der zentralen Kapitel im »Kapital« den Arbeitstag und seine Grenzen diskutiert. Ebenso wenig verwundern die immerwährenden Forderungen von Unternehmensverbänden nach längeren und flexibleren Arbeitszeiten inkl. längerer Lebensarbeitszeit. »Work-Work-Balance« geht vor diesem Hintergrund auf der Suche nach einem besseren Leben jenseits von Selbstoptimierung und Arbeitsverdichtung den historischen und vor allem aktuellen Kämpfen um Lebens- und Arbeitszeit nach. Mit Beiträgen von Christian Brütt, Christian Christen, Christoph Deutschmann, Lukas Eggert, Norman Jakob, Leo Kühberger, Kalle Kunkel, Hanna Meißner, Gabriela Muri, Gisela Notz, Claudia Sorger und Regina Wecker.“ Umschlagtext des von Ingo Stützle herausgegebenen Buches im Karl Dietz Verlag (264 Seiten, Broschur., ISBN 978-3-320-02366-9, 18,00 €). Siehe als Leseproben im LabourNet Germany die Einleitung von Ingo Stützle sowie den Beitrag von Gabriela Muri „Der Arbeit die Arbeit – der Pause die Zeit“ – wir danken!
26. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » antirassistische Initiativen und Kämpfe der MigrantInnen » Dossier: Lampedusa in Hamburg
„Mehr als 40 Betriebsgruppen der polnischen „Arbeiter_innen Initiative“ (Inicjatywa Pracownicza) haben zusammen mit anderen Gewerkschaften einen Aufruf zu einem „Anti-Krisen-Schild“ verfasst und Forderungen formuliert. Die Kolleg_innen arbeiten u.a. bei Amazon. „Nach jeder Krise arbeiten wir immer härter und die Unternehmer machen riesige Profite. Jetzt betteln sie um Hilfe. Wir sagen: Nehmt doch die Gewinne, die wir für euch erarbeitet haben! – Dazu müssen wir aber mit einer Stimme sprechen.“ Hier die Forderungen im Einzelnen“ Video bei labournet.tv (polnisch mit dt. UT | 5 min | 2020)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
Spenden willkommen unter IBAN DE 76430609674033739600