[21. November 2019] Hunderttausende auf den Straßen Kolumbiens, Millionen im Streik: Erfolgreiche gemeinsame Mobilisierung von Gewerkschaften, Indigenen und Universitäten war ein „Referendum gegen Duque“
„… Am Vortag der Demonstrationen hatte die Polizei mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt und dabei Personen festgenommen. Betroffen waren vor allem Schüler und Studente, ihnen wird Terrorismus vorgeworfen. Als Beweise seien Plakate, Aufrufe zu Kundgebungen, Halstücher und Farbeimer sichergstellt worden. In Bogotá wurden über 27 versuchte Durchsuchungen in Haushalten von Mitgliedern sozialer Bewegungen gemeldet, zudem drangen Polizisten ohne Durchsuchungsbefehl in Räume der Lehrergewerkschaft ein. Auch wurde die Werkstatt der alternativen Druckerei Cartel Urbano durchsucht. Dies rief heftigen Protest vor allem auch unter Künstlern und alternativen Medien hervor. Viele Menschen wurden so zusätzlich auf die Mobilisierung aufmerksam. In Medellín und Cali wurden weitere Privatwohnungen sowie der Sitz der Kommunistischen Partei in Palmira durchsucht. (…) Die Organisatoren des Generalstreiks veröffentlichten vorab eine Liste mit zehn Gründen für die friedliche Mobilisierung. Neben der anhaltenden Korruption gehen die Menschen gegen geplante wirtschafts- und sozialpolitische Reformen auf die Straße. Dazu gehören die Arbeitsreform, die eine Senkung des Mindestlohns für unter 25-Jährige vorsieht und die Rentenreform, die nach Angaben von Gewerkschaften darauf abzielt, die Colpensiones – die öffentlichen Rentenfonds – zu privatisieren. Hinzu kommt die ununterbrochene Gewalt im Land gegen soziale Aktivisten und die Nichteinhaltung des Friedensabkommens mit der ehemaligen Guerillaorganisation Farc-EP…“ – aus dem Artikel „Mega-Streik in Kolumbien, Regierung antwortet mit Militär“ von Sonja Smolenski und Ani Dießelmann am 21. November 2019 bei amerika21.de über den Generalstreik am selben Tag und die – vergeblichen – Versuche der Regierung, von der Teilnahme abzuschrecken. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge zu Gründen und Verlauf des Generalstreiks, insbesondere auch zu den Besonderheiten der Mobilisierung dazu
Die selbstständigen Streiks der französischen Eisenbahner: Ursachen, Hintergründe und Vorgeschichte – und sie gehen weiter…
„Es begann damit, dass am 18. Oktober viele Züge still standen. In Folge eines Unglücks in den Ardennen, machten viele Zugführer von dem Recht Gebrauch, von einer „gefährlichen“ Arbeit zurückzutreten. Obwohl Direktion und Regierung mit juristischen Sanktionen drohten, verbreiterte sich die Bewegung wie ein Lauffeuer. Die Leitung der SNCF verdächtigte erst die CGT, sich mit dieser Aktion für den Generalstreik ab 5. Dezember (Ende offen) in Szene setzen zu wollen. Doch was anschließend im Technikzentrum von Chatillon (Hauts-de-Seine) passierte, zeigte, dass die Situation offensichtlich komplizierter ist. Ab dem 21. Oktober legten Beschäftigte dieses Technikzentrum, zuständig für die Wartung des TGV am Atlantik (Bretagne, West und Südwest) die Arbeit nieder. Zweihundert der siebenhundert Beschäftigten beteiligten sich, ohne ihre Gewerkschaften zu fragen...“ – dies ist eine Passage aus „Die SNCF am Rande einer Explosion“ eine zusammenfassende Übersetzung (von G.B. vom November 2019 im Vorabdruck aus Arpo – wir danken!) des Artikels „La SNCF au bord de l’explosion“ am 30. Oktober 2019 bei médiapart über die selbstständigen Streiks bei der französischen Eisenbahn – und ihre Ursachen, Hintergründe und Vorgeschichte, die wir hiermit dokumentieren – zusammen mit zwei weiteren aktuellen Streikmeldungen aus Eisenbahn-Werkstätten in Lyon und Umgebung
Frankreich: Vorbereitung des Streiktags vom 05. Dezember 19 und „Nachwehen“ des Jahrestags der „Gelbwesten“
„Gewerkschaftliche Aufrufe nehmen zu; erstmals auch Überlegungen zu einer Streikbeteiligung seitens eines Branchenverbands der CFDT – Neue Aktionen der Krankenhausbeschäftigten schon zuvor – Belgische Teilnehmer am „Gelbwesten“-Protestsamstag wurden in französische Abschiebehaft genommen. Die Aufrufe zum Streik-, Aktions- und Protesttag vom 05. Dezember 19 gegen die Renten„reform“ mehren sich. Selbst der Gewerkschaftsverband der höheren und leitenden Angestellten – französisch als cadres bezeichnet -, die CFE-CGC, ruft nunmehr zur Teilnahme auf. (…) Auch der Generalsekretär des Dachverbands CFDT, Laurent Berger, erklärte seine Unterstützung für die Positionierung seines Branchenverbands bei der Bahngesellschaft SNCF. Allerdings erklärte er gleichzeitig, der Dachverband CFDT als solcher werde sich nicht dem Streiktag am 05. Dezember 19 anschließen…“ Artikel von Bernard Schmid vom 22.11.2019 – wir danken!
Nur Kündigung des Tarifvertrags Leiharbeit setzt Equal Pay absehbar durch! Aufruf zur Kundgebung vorm DGB in Berlin am Donnerstag, 28. November mit Übergabe von bisher 760 Unterschriften gegen die Tarifverhandlung Leiharbeit
„Nun sagt es der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) selber und stellt es sehr deutlich dar. Um gleichen Lohn für Leiharbeiterinnen und -arbeiter wie für Stammbelegschaften zu erreichen, müsste er in den Tarifverhandlungen ein Mehr von rund 600 Euro pro Monat fordern, wie die Grafik von seiner Website zeigt. Von seinem selbst dargestellten Ziel ist der DGB mit der eigenen Forderung weit entfernt. Er fordert lediglich 8,5 %. Selbst wenn diese für Tarifverhandlungen recht hohe Forderung sofort durchgesetzt würde, würde dies gerade einmal rund 130 bis – für höchste Entgeltgruppen – 260 Euro mehr entsprechen. (…) Daher erneuern wir die Aufforderung an den DGB-Bundesvorstand und die Tarifkommission Leiharbeit des DGB unter Führung von Stefan Körzell, die Tarifverhandlungen sofort ohne Ergebnis abzuschließen und die alten Tarifverträge Leiharbeit nach der Kündigung ersatzlos auslaufen zu lassen. Aufruf zur Kundgebung vor dem Sitz des DGB-Bundesvorstandes: Am Donnerstag, 28. November, wird es eine öffentliche Übergabe der bisher gesammelten Unterschriften in Berlin, auf dem Henriette-Herz-Platz, Berlin-Mitte (Nähe S-Bahnhof Hackescher Markt) geben…“ Aus dem Aufruf vom 20.11.2019, im Volltext im Dossier zur Kampagne
[Buch] „Dieser Betrieb wird bestreikt“. Bilder- und Lesebuch zu Streik und Aussperrung 1963 in Mannheim
„Der Düsseldorfer Fotograf Anton Tripp dokumentierte 1963 den damaligen Metallarbeiterstreik in der Industriemetropole Mannheim. Ein großer Teil dieser fotografischen Aufnahmen findet sich in den Sammlungen von Udo Achten, viele weitere im Ruhr Museum Essen. Ein Autorenteam um Horst Steffens hat nun diese Bestände gesichtet und rund 70 Fotografien ausgewählt, die in diesem Quellenband präsentiert werden. Sie bieten einen lebendigen Querschnitt der Ereignisse und Akteure, portraitieren Männer, Frauen sowie ausländische Mitarbeiter, die am Streikgeschehen teilnehmen. Atmosphärisch wird die „Volksfeststimmung“ an einem 1. Mai ebenso eingefangen wie der Alltag von Streikposten vor den Werkstoren. In mehreren Artikeln wird das Streikgeschehen von 1963 nachgezeichnet. Gewerkschaftliche Akteure des damaligen Arbeitskampfes werden als Zeitzeugen interviewt, und es entsteht auf diese Weise ein eindrucksvolles Bild der damaligen Geschehnisse. Durch die Kamera von Anton Tripp geschaut stehen – ebenso wie in den Zeitzeugen Interviews – die Akteure im Mittelpunkt, die diesen von der IG Metall organisierten Streik führen…“ Info des Verlags Regionalkultur zum vom TECHNOSEUM – Landesmuseum für Technik und Arbeit – herausgegebenen Buch (280 S., ISBN: 978-3-95505-100-6, 19,90 €) mit Beiträgen von Udo Achten, Torsten Bewernitz, Rainer Fattmann, Hans-Joachim Hirsch, Rabea Limbach, Walter Spannagel und Horst Steffens, das am 20. November 2019 erschien. Siehe weitere Infos zum Buch und – als exklusive Leseprobe im LabourNet Germany – den Beitrag von Torsten Bewernitz „„Wir Gastarbeiter unterstützen die Forderungen unserer deutschen Kollegen“. Internationale Solidarität als Alltagspraxis im Streik“ samt einigen Fotos aus dem Buch – wir danken!
Mit dem Bundesverfassungsgericht vom sozialen zum neoliberalen Rechtsstaat?
„Obwohl in der Fülle von Bewertungen und Kommentaren durchaus auch kritische Stimmen zu hören waren und sind, wird doch häufig die Meinung vertreten, mit seiner Entscheidung hätte das BVerfG dem Gesetzgeber endlich die gebotenen verfassungsrechtlichen Grenzen aufgezeigt. (…) Der Erste Senat des BVerfG gibt dem Gesetzgeber eigentlich nur Ratschläge zur Gesetzesanwendung. So urteilt das Gericht selbst bei Vollsanktionen nach § 31a SGB II Abs.1 Satz 3 nur im Sinne einer Kann-Vorschrift (…) Da das Gericht ausdrücklich die Regelung zur Zumutbarkeit nach § 10 SGB II für verfassungskonform hält, hat sich bei der Verpflichtung zur Annahme einer zumutbaren Tätigkeit (inkl. §§ 16 SGB II) kaum was geändert. Die Jobcenter sollen nur darauf achten, dass die Sanktion sich nicht kontraproduktiv auswirkt, sich bei einer Kürzung von 30 Prozent jedoch keine großen Gewissensprobleme machen. Außerdem steht ihnen auch der Weg offen, das nachzuweisen, was das BVerfG noch vermisst: Dass auch Sanktionen über 30 Prozent sinnvoll sein können (…) Besonders schwer wiegt jedoch, wenn das höchste deutsche Gericht grundsätzlich den Gesetzgeber von einer Überprüfung der Verfassungskonformität sozialrechtlicher Maßnahmen freistellt und anfängt, den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 1 GG mit einer ungeprüften Arbeitsmarktpolitik nur noch abzuwägen. Denn so wird eine klare Grenze beseitigt, die für ein verfassungskonforme Einordnung unerlässlich ist. Das BVerfG löst so nämlich jede Abgrenzung zu Zwangsarbeit überhaupt auf und verkennt damit völlig den Sinn des Verfassungsgebers, aufgrund der Erfahrung der Nazi-Zeit den Schutz der Menschenwürde im Grundgesetz an die erste Stelle zu setzen. (…) Der Wunsch Arbeitsplätze durch niedrige Löhne und flexible Ausbeutung der Arbeitskraft zu schaffen ist nicht verfassungsrechtlich geschützt. Der Schutz der Menschenwürde geht dem Schutz wirtschaftlicher Interessen vor. Der Erste Senat abstrahiert letztlich von den Vorgaben des Grundgesetzes, wenn er Sozialrecht nicht ausschließlich im Rahmen des sozialen Rechtsstaats betrachtet, sondern diesen sogar den Interessen von Verbänden der Arbeitgeber anpasst, die zwar nach Art. 14 Abs. 2 GG zum sozialen Gebrauch ihres Eigentums verpflichtet sind, diese Verpflicht aber möglichst umgehen wollen...“ Kommentar von Armin Kammrad vom 19. November 2019 zur Sanktions-Entscheidung des Ersten Senats des BVerfG – wir danken!
22. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU » Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage
„OKG Konferenz Kassel, Oktober 2019 – Mike Akinlaton berichtet über das Ende der Deutsche Post Tochter Delivery. Nachdem der von Mike gegründete Delivery Betriebsrat bessere Bedingungen erkämpft hatte, wurde die Tochtergesellschaft in die deutsche Post AG zurückgeführt – mit einem abgesenkten Tarifvertrag und viel schlechteren Bedingungen als bei Delivery. Mike wird jetzt gemobbt und bedroht. Er berichtet auch über Krankenverfolgung bei der deutschen Post AG, die dazu führt, dass die Kolleg_innen krank zur Arbeit kommen.“ Video bei labournet.tv (deutsch | 9 min | 2019)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi