a) Zwischenbericht von Prof. Wolfgang Däubler: Die Leiharbeitskampagne – oder: die Mühen der Ebene
„Seit Mitte Mai, seit der Sendung über Leiharbeit in „Die Anstalt“ habe ich über 500 Mails bekommen. In den ersten Tagen waren es besonders viele, doch Anfragen gibt es auch heute noch. Die meisten Zusendungen waren in einem anderen Stil geschrieben als ich ihn von Betriebsräten und Arbeitnehmern gewohnt bin. In jeder zweiten Mail war von „Ausbeutung“ und „Sklavenhaltersystem“ die Rede. Man sei von allen verraten und verkauft worden, die Gewerkschaften eingeschlossen. Auch bei anderen war die Wut mit Händen zu greifen. (…) Sehr viele Einsender gingen davon aus, es gebe schon eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, der man sich anschließen könne. Das war ersichtlich nicht der Fall. Auch ist etwas Derartiges in der Prozessordnung nicht vorgesehen. Der Einzelne muss seinen Verleiher verklagen, um Equal Pay, gleichen Lohn wie die Stammarbeitnehmer, zu bekommen. Der juristische Weg dorthin ist im Grunde gar nicht kompliziert (…) Die Leiharbeitstarife weichen von dem, was ohne sie gelten würde, nur zu Lasten der Leiharbeitnehmer ab. Etwas Derartiges kann auch ein höchst wohlwollender Beobachter nicht mehr als Wahrung des „Gesamtschutzes“ ansehen. Also haben die Tarifverträge ihren Ermächtigungsrahmen überschritten und sind deshalb unwirksam. Der einzelne Leiharbeitnehmer kann gleiche Bezahlung wie ein Stammarbeitnehmer verlangen. (…) Im Juni und Juli 2017 hatte ich insgesamt etwa 25 Leiharbeitnehmer zusammen, die zum Anwalt gehen und einen Prozess wagen wollten. (…) Nur ungefähr die Hälfte hatte sich tatsächlich gemeldet. Die andere Hälfte war „abgängig“. Ich schrieb diese zweite Hälfte an und fragte, weshalb sie sich nicht an den Anwalt gewandt hätten; „wir waren doch anders verblieben.“ Die meisten haben geantwortet, manche ausweichend („keine Zeit“), manche hatten schlicht Angst. (…) Bei der anderen Hälfte der Mandanten gab es viele inhaltliche Probleme…“ Zwischenbericht von Wolfgang Däubler vom Januar 2018
Es gibt dazu 2 erfreuliche Neuigkeiten:
b) Ein erster Klagetermin auf Equal Pay am 24. Januar in Gießen gegen Randstad
Die Klage auf Gleichbehandlung mit Stammarbeitskräften (Equal Pay) gegen den großen Verleiher Randstad wird am Mittwoch, den 24.1. ab 9:00 Uhr vor dem Arbeitsgericht Gießen (35392 Gießen, Aulweg 45) verhandelt. Kollege S. freut sich auf Unterstützung und wird sie auf jeden Fall durch Mag Wompel bekommen (es kann Folgen für den Mittwoch-Newsletter haben, aber wir rechnen fest mit allseitigem Verständnis und werden dafür per twitter berichten (@labournet_de)!
c) Die Spendenkampagne für die Klagen – wir danken und bitten weiterhin um Unterstützung
Die Spendenkampagne für die Klagen hat gerade die Marke von 10 Tausend Euro überschritten! Wir danken allen SpenderInnen, werden natürlich weiterhin über den Fortgang der Kampagne berichten und bitten weiterhin um Verbreitung der Kampagne wie des Spendenaufrufs
Klagen auf Festanstellung gegen VW: Mitarbeiter von Autovision klagen in Emden und Hannover
„Beschäftigte verschiedener Werkvertragsfirmen klagten in der Vergangenheit gegen verschiedene Automobilfirmen auf Festanstellung. Einige der von uns vertretenen Kläger zB gegen AUDI, VW und Daimler waren erfolgreich. Andere nicht. Den Firmen kam dabei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugute, wonach bei Vorliegen einer „Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis“ die mit den Werkverträgen meist verbundene „illegale“ Arbeitnehmerüberlassung nicht zu einer Festanstellung beim Stammbetrieb führe. Der Gesetzgeber hat nun im neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz seit 1.4.2017 den Rechtsmißbrauch solcher „Überlassungserlaubnisse“ verhindert und zugleich die Anstellung im Stammbetrieb verlangt, wenn die Beschäftigten in die Arbeitsorganisaton des Stammbetriebe eingegliedert sind. Darauf berufen sich zahlreiche Beschäftigte der VW-Tochter seit der Gesetzesnovelle. Bislang ohne Erfolg. Während VW sich zuvor darauf berief, eine „Überlassungserlaubnis“ verhindere einen Anspruch auf Festanstellung wird n u n geltend gemacht, die Arbeit der (eigenen Tochter!) Autovision sei „ganz normale fremde (!) Dienstleistung“ in den Werken des Unternehmens. Mit Hilfe künstlicher Änderungen der Arbeitsorganisaton (darunter sogar Kontaktverboten zu Autovisionsbeschäftigten !) wird versucht, die Rechtsfolgen des Gesetzes zu umgehen. Nun stehen beim Arbeitsgericht Emden 6 Güteverhandlungen und beim Arbeitsgericht Hannover 5 Kammertermine an: Montag 22.1.2018, 11.15 Uhr, ArbG Emden, Schweckendieckplatz 2. Drei Klagen. Dienstag 30.1.2018, 10.00 Uhr, ArbG Emden, Schweckendieckplatz 2. Drei Klagen. Mittwoch 14.2.2018, 10.15 Uhr, ArbG Hannover, Leonhardtstrasse 15. Fünf Klagen.“ Pressemitteilung von RA Dr. Rolf Geffken vom 18.1.2018
Offener Brief von MetallerInnen aus Unterfranken an die VerhandlungsführerInnen des vbm (Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie e. V.) und die VerhandlungsführerInnen in anderen Tarifgebieten
„Sehr geehrte Damen und Herren, Wir haben uns entschlossen, Ihre absurden Argumentationen zur laufenden Tarifrunde öffentlich zu entkräften. Wir wollen damit alle Kolleginnen und Kollegen motivieren, noch aktiver zu kämpfen. Wir wollen aber auch das Bewusstsein der Vorstandmitglieder, Betriebsräte, Vertrauensleute und Mitglieder der IG Metall sensibilisieren. Wie eure Kapitalistenfreunde verbreitet Ihr Thesen, welche der Unwahrheit entsprechen und nur darauf abzielen, die bestehenden Machtverhältnisse, welche euch weiterhin garantieren, Gewinner der asozialen Umverteilung zu sein, mit allen Mitteln zu verteidigen. Euch stehen immer die Medien zu Dienste, Ihr nutzt sie immer, aber diesmal doch weit mehr als in den vergangenen Tarifrunden. Ganz offensichtlich deshalb, weil dieses Mal das Thema Arbeitszeit im Mittelpunkt steht. Die Forderung der IG Metall nach einer befristeten 28-Stundenwoche mit einem Teil-Lohnausgleich ist noch lange kein Instrument, um die dringend notwendige nachhaltige Umverteilung von oben nach unten einzuläuten (und leider auch nur eine temporäre Entlastung für die MitarbeiterInnen), aber Ihr hegt offensichtlich die Befürchtung, dieses Thema könnte in den Belegschaften an Dynamik gewinnen, wie es glücklicherweise aktuell im Osten geschieht, und eine Forderung nach einer kollektiven Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und vollem Personalausgleich anstoßen. Zu Euren absurden Argumentationen (…) An den Vorstand der IG Metall: Die einzige logische Konsequenz kann jetzt nur sein: Den Arbeit„geber“Innen mit der Gegenforderung einer ,,kollektiven Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und vollem Personalausgleich auf Basis der 30-Stundenwoche“ entgegenzutreten. So wäre ihre zynische Argumentation entkräftet und alle ArbeiterInnen würden davon profitieren. (…) An alle Kolleginnen und Kollegen: Wir sollten die dummen und arroganten Argumente der Arbeit„geber“vertreterInnen zum Anlass nehmen, uns wirklich für unsere Interessen einzusetzen: Arbeitszeitverkürzung ist nötig! Kein Einknicken, kein billiger Kompromiss! Bezahlte 24 Stunden-Streiks in allen Betrieben, die das wollen! Einbeziehung der LeiharbeiterInnen und anderen prekär Beschäftigten! Für eine aktive Basis in der IG Metall!“ Offener Brief von MetallerInnen aus Unterfranken vom 17.1.2018 an die VerhandlungsführerInnen des vbm (Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie e. V.), Bertram Brossardt und Angelique Renkhoff-Mücke, und die VerhandlungsführerInnen in anderen Tarifgebieten
Die KollegInnen bitten: „Schreibt uns, was Ihr darüber denkt“: ufmetaller@gmail.com
Wer die Antwort/Stellungnahme im LabourNet veröffentlicht sehen will, bitte mit Kopie an redaktion@labournet.de
Ausnahmezustand in der Türkei abermals verlängert: So lassen sich auch kriegerische Aufmärsche leichter durchführen
„Die türkische Regierung will den nach dem Putschversuch vor rund anderthalb Jahren verhängten Ausnahmezustand um drei weitere Monate verlängern. (…) Seit Verhängung des Notstands am 20. Juli 2016 wurden mehr als 50.000 Menschen festgenommen und 150.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, der Justiz, der Polizei und des Militärs entlassen oder suspendiert“ – aus der Meldung „Türkei will erneut Ausnahmezustand verlängern“ am 18. Januar 2018 bei Reuters, worin diese knappe Zwischenbilanz des Notstands-Regimes der AKP gezogen wird, ohne Parallelen zum ebenfalls endlos verlängerten Notstand in Frankreich zu ziehen – und auch ohne Zusammenhang zu den Militäraktionen im Norden Syriens. Siehe zur türkischen Militäraktion im Norden Syriens zwei aktuelle Beiträge, darunter den Aufruf der Informationsstelle Kurdistan zu Protesten gegen den Aufmarsch der türkischen Armee und für die Solidarität mit Afrin
„Sieben Jahre nach der Bewegung, die Ben Ali entmachtet hat, kommt es in Tunesien wieder zu massenhaften Protesten. Sie begannen am Sonntag, den 7. Januar 2018 mit kleinen Demonstrationen und haben sich seitdem auf mehr als 20 Städte ausgeweitet, – inklusive Konfrontationen mit der Polizei und Plünderungen. Die Proteste richten sich insbesondere gegen steigende Lebenshaltungskosten, steigende Steuern und die Sparpolitik der Regierung. Dieses Video wurde von dem Kollektiv Nawaat in einem armen Viertel von Tebourba (Tborba) gedreht, in dem einer der Protestierenden am 8. Januar von der Polizei getötet wurde…“ Video bei labournet.tv (arabisch mit dt. UT | 5 min | 2018)
LabourNet Germany: https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
IBAN DE 76430609674033739600