Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage
Ausbeutungsreform und Justizfarce in Brasilien
- Juli 2017, dieser Tag könnte in die Geschichte Brasiliens eingehen: Als schwarzer Tag. Während der Senat in einer skandalösen Vorstellung (inklusive Mikrofone abdrehen) das neue Arbeitsunrecht verabschiedet, verurteilt ein rechtsradikaler Richter den früheren sozialdemokratischen Präsidenten zu neuneinhalb Jahren Haft wegen Korruption. Das Ziel des legalen Putsches im letzten Jahr war es, die schrankenlose Verfügung über die (Arbeitskraft der) Menschen zu ermöglichen – und die Verhinderung jeder, auch noch so halbherzigen oder geringen, Alternative. Eine gespaltene Gewerkschaftsbewegung, wie sie sich am 30. Juni, beim „zurückgenommenen“ Generalstreik zeigte, kam ihnen dazu gerade recht. Der größte Wunsch aus der Liste des Unternehmerverbandes, der die Kampagne zum Sturz der sozialdemokratischen Regierung mit Abermillionen finanziert hatte, ist erfüllt (und nun könnten sich auch die korrupten Akteure als künftig überflüssig erweisen). Und die gleichzeitige Verurteilung Lulas (auf Bewährung) ist auch – und vor allem? – ein Signal, dass keinerlei Opposition zugelassen werden soll, weit über die Person des Expräsidenten und seine Politik hinaus.Siehe dazu unsere Materialsammlung „Brasiliens Unternehmerwünsche erfüllt“ vom 13. Juli 2017
2. Internationales » Portugal » Gewerkschaften
Erfolgreicher Streiktag der neugegründeten Gewerkschaft der Häfen und Logistik Portugals – illegale Versuche, Streikende durch Leiharbeiter zu ersetzen sind gescheitert
Die Dockergewerkschaft von Lissabon war schon verschiedentlich Gegenstand – positiver – Berichterstattung im LabourNet Germany. Wird sie künftig nicht mehr sein: Denn sie ist jetzt Teil der (nicht zuletzt: von ihr) neu gegründeten landesweiten Gewerkschaft der Häfen und Logistik: SEAL. Die konsequent basisdemokratische Struktur der lokalen Gewerkschaft und ihre konsequente Haltung gegen Prekarisierung und insbesondere Leiharbeit war offensichtlich für Kolleginnen und Kollegen anderer Häfen – ob unorganisiert oder in anderen Gewerkschaften (weitaus weniger demokratisch und schon gar nicht konsequent gegen Prekarität – sondern eher „gestaltend“) – attraktiv genug, um eine solche Entwicklung hin zur landesweiten Ausdehnung zu erfordern und ermöglichen. Und die Kombination mit der Logistik (ganz ohne irgendwelche Matrixen und sonstige Kopfgeburten) macht, wie an allen Häfen dieser Welt, Sinn. Die erste große Aktion der neuen Gewerkschaft war der eintägige landesweite Protest-Streik am 10. Juli 2017 gegen die antigewerkschaftliche Haltung der Hafenbetriebe in einer Reihe von Städten Portugals. Siehe dazu die Erklärung der SEAL zum Proteststreik und zwei aktuelle Berichte darüber
3. Internationales » Serbien » Arbeitskämpfe
Der Streik bei Fiat in Serbien geht weiter: Urabstimmung eindeutig
Über die Drohung des Unternehmens, das Werk zu schließen und die Erpressungsoffensive der serbischen Regierung, den Streik „wegen des Klimas für ausländische Investitionen“ sein zu lassen, hatten wir bereits berichtet. Die Gespräche der Regierung (die ja Minderheitsanteile hält) mit Fiat und dem Gewerkschaftsbund – ohne Streikkomitee und Betriebsgewerkschaft – hatten nur ein Ergebnis: Dass der Wirtschaftsminister sich mit Vertretern der Betriebsgewerkschaft traf. Dieses Treffen hatte wiederum vor allem das Ergebnis, dass die Betriebsgewerkschaft eine Urabstimmung über die Fortsetzung des Streiks in beiden Schichten durchführte. In dem Bericht von der Pressekonferenz der Gewerkschaft nach der Urabstimmung „“Two thirds“ of Fiat workers decide to continue strike“ am 13. Juli 2017 bei Radio B 92 wird über die Urabstimmung am Vortag genauer als in der Überschrift ausgeführt, dass in Schicht zwei die Belegschaft nahezu einmütig für die Fortsetzung des Streiks gestimmt habe, während es in Schicht eins eben zwei Drittel gewesen seien. Abschließend wird auch darauf verwiesen, welche „Investitionsanreize“ Fiat von der serbischen Regierung zugesichert bekommen habe, als man das geminsame Werk 2008 gestartet habe: weitgehende Steuerbefreiung für 10 Jahre, Landgeschenke im Falle eines weiteren Ausbaus des Werkes, sowie Infrastruktur-Maßnahmen gehören in diesen Katalog…
Siehe dazu einen weiteren aktuellen Beitrag und den Verweis auf unsere bisherigen Beiträge, vor allem auch über die Forderungen der Streikenden und die Gründe für den Streikbeginn
4. Internationales » Haiti » Arbeitskämpfe
Nach der Provokation der staatlichen Lohnkommission Haitis: 25.000 TextilarbeiterInnen auf den Straßen für die Erhöhung des Mindestlohns
Die Streik- und Protestbewegung in der haitianischen Textilindustrie entwickelt sich seit nunmehr über zwei Monaten mit der Forderung, den Mindestlohn von 300 auf 800 Gourdes zu erhöhen. Dem war der State Salary Council’s (CSS) in der ersten Juli-Woche mit der unverschämten Empfehlung an den Präsidenten begegnet, eine Erhöhung auf 335 Gourdes anzuordnen. Wobei festzuhalten ist, dass die geforderten 800 Gourdes gerade einmal rund 11 Euro bedeuten würden – am Tag. Schon die ersten Reaktionen auf diese sogenannte Empfehlung des CSS – der mehrheitlich von Vertretern der Unternehmen besetzt ist – waren so intensiv, dass der Senat Haitis den Präsidenten aufforderte, dieser Empfehlung nicht zu folgen, sie nicht umzusetzen. In dem Bericht „Action NOW. Haitian Senate Sides w/Workers. 800 Gourdes!“ am 12. Juli 2017 beim Rapid Response Network wird von der Demonstration am Vortag geschrieben, sie sei mit 25.000 Menschen die bisher mit Abstand größte Aktion dieser zwei Monate gewesen. Neben den Gewerkschaften SOTA-BO, SOKOWA und SOVAGH, die zur Föderation Batay Ouvriye gehören, hatten auch Organisationen der StraßenhändlerInnen und der Studierenden zur Teilnahme aufgerufen – nach dieser erfolgreichen Mobilisierung und der Haltung des Senats sehen viele eine reale Möglichkeit, das Ziel der 800 Gourdes zu erreichen…
Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge zu dieser und der vorherigen Demonstration, sowie einen Hintergrundbeitrag zur Lohnsituation auf Haiti
Griechen helfen Deutschen – mit bislang 1,34 Milliarden Euro Zinsen
„… Das Geld war schon so gut wie auf dem Weg. Unter dem Posten „Zahlung an die Hellenische Republik“ tauchten im Bundeshaushalt für 2015 412 Millionen Euro auf. Angekommen ist das Geld in Athen allerdings nie. Und daran soll sich voraussichtlich auch nichts ändern. „Die Bundesregierung plant derzeit keine solche Überweisung“, schrieb Jens Spahn, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, in einer Antwort an den haushaltspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler. Der Betrag ist Teil einer größeren Summe, deren Existenz in Deutschland nur selten zur Kenntnis genommen wird: Es geht um Gewinne aus Krediten und Anleihekäufen zugunsten Griechenlands. Insgesamt beläuft sich der Profit auf 1,34 Milliarden Euro, wie sich aus verschiedenen Aufstellungen des Bundesfinanzministeriums für die Grünen ergibt. (…) „Es mag zwar legal sein, dass Deutschland an der Krise in Griechenland verdient. Legitim im moralischen Sinne der Solidarität ist es nicht“, kritisiert Kindler. „Die Zinsgewinne müssen endlich an Griechenland ausgezahlt werden. Es kann nicht sein, dass Wolfgang Schäuble mit griechischen Zinsgewinnen auch noch den deutschen Haushalt sanieren will“, fordert auch der EU-Experte der Grünen im Bundestag, Manuel Sarrazin.“ Beitrag von Daniel Brössler vom 11. Juli 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online : Deutschland macht mit Hilfen für Griechenland Milliardengewinn
Siehe dazu weitere Infos
[Maßnahmenpaket erpresst] Fortschreibung des Zukunftsbilds: Mercedes-Benz Werk Untertürkheim produziert künftig Batterien für Elektrofahrzeuge
„Das Mercedes-Benz Werk Untertürkheim wird zum Hightech-Standort für Elektrokomponenten weiterentwickelt und bietet den Beschäftigten damit auch im kommenden Zeitalter der Elektromobilität gute Perspektiven. Die Grundlage für den Wandel des Traditionswerks bildet ein Maßnahmenpaket, das Werkleitung und Betriebsrat gemeinsam verabschiedet haben. Es ebnet den schrittweisen Übergang der Produktion von konventionellen Motoren, Getrieben und Achsen hin zu künftigen Powertrain-Komponenten für Elektrofahrzeuge. Dazu gehören beispielsweise eine neue Batterieproduktion am Standort sowie die Montage von elektrischen Antriebsmodulen für Vorder- und Hinterachsen. Damit wird der Standort zum Kompetenzzentrum für die Integration des gesamten elektrischen Antriebsstrangs in die Produktion. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit sieht die zwischen Werkleitung und Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung Maßnahmen zur Steigerung der Flexibilität und Effizienz vor. Diese beinhalten beispielsweise eine Optimierung von Betriebsnutzungszeiten sowie variable Schichtmodelle und einen flexiblen Personaleinsatz…“ Presseerklärung der IG Metall bei Daimler vom 13.07.2017 – wir freuen uns schon auf die nächste Ausgabe der Belegschaftszeitung Alternative und ihre Sicht auf diese „Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit“
7. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Hafen, Schiffe und Werften » Gesamthafenbetriebsverein Bremen (GHB) » Dossier: Warum wird der GHB nicht mehr gebraucht
Die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) räumt den Logistikbereich des GHB ab: Unter den Rädern des Verdrängungswettbewerbs
„Wenn ihre Chefs T-Shirts trügen, stünde vermutlich „Wir sind Helden“ drauf: Wann immer die BLG Logistics Group AG & Co KG, das operative Unternehmen der „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“, aktuelle Zahlen vorstellt, klingen sie großartig Die Entwicklung kennt nur eine Richtung: Wachstum Bewährtes Mittel dabei: Kostensenkung – zum Beispiel per systematischem Einsatz von Leiharbeit, auch zu Lasten bewährter Arbeitsmodelle etwa beim so genannten GHB. (…) Zwischen März 2016 und Februar 2017 kam eine Institution unter die Räder dieses Prozesses, die für Hafenstädte ebenso geschichtsträchtig wie arbeitsmarktpolitisch bedeutsam ist: der lokale Gesamthafenbetrieb (GHB). Diese Einrichtungen, paritätisch geführt durch Hafenunternehmen und Gewerkschaft, fungieren als Arbeitgeber tausender Beschäftigter im gesamten Hafenbereich, bietet ihnen ein stetiges Arbeitsverhältnis auch dann, wenn sie nur nach Bedarf von den einzelnen Unternehmen abgerufen und eingesetzt werden. (…) Im März 2016 verkündete die Geschäftsführung des Bremer GHB die Absicht, den so genannten D/C-Bereich zu schließen (…) Nach langem Hin und Her beschloss der ebenfalls paritätisch besetzte GHB-Ausschuss für Arbeit und Personal (APA) im Februar 2017 einstimmig die D/C-Auflösung. Für mehr als 500 Beschäftigte in Bremen und Bremerhaven bedeutete das die betriebsbedingte Kündigung. Viele andere hatten bereits in den Monaten zuvor dem Drängen der Geschäftsleitung nachgegeben und waren zu privaten Leiharbeitsfirmen gewechselt.Genau darum geht es – um billige(re) Leiharbeit…“ Artikel von Christoph Spehr in WATERKANT Sonderdruck 2-17
Zur gesamten Ausgabe des Sonderdrucks 2-17 siehe die Homepage von WATERKANT
8. Politik » Gewerkschaften » Tarifpolitik » Allgemeine tarifpolitische Debatte » Tarifeinheit als Selbstzweck? » Dossier: Koalition hat ihre »Tarifeinheit« – bis zum BVG oder Generalstreik?: Bundesverfassungsgericht: „Das Tarifeinheitsgesetz ist weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar“ – nun bleibt also nur der Streik?!
Das Kreuz mit der Tarifeinheit – Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
„… Wer dieses Urteil aus gewerkschaftlicher Sicht als „Teilerfolg“ einschätzt, hat es nicht verstanden. Es ist zuallererst eine Art „Kotau“ vor dem Gesetzgeber und ein Verzicht auf die Kontrollbefugnis des BVerfG. Zu Recht kritisieren deshalb auch die Richter Paulus und Baer in ihrem Minderheitenvotum, daß das Urteil die Überwachungsfunktion des Gerichts vermindere. Die dem Gesetzgeber zugestandenen Einschätzungsspielräume seien viel zu weit gefasst. Tatsächlich erkennt der Senat des Gerichts im Gesetz besonders schwere (!) Eingriffe in die Tarifautonomie, meint aber diese Eingriffe seien „zugunsten anderer Ziele mit Verfassungsrang“ gerechtfertigt. Dabei akzeptiert es empirische Annahmen des Gesetzgebers, die vollkommen abseits der Wirklichkeit liegen (…) Auf geradezu absurde Weise erklärt das Gericht Kernelemente des Gesetzes zwar für verfassungswidrig, spricht aber nicht deren Unwirksamkeit aus. Es versucht „aus Respekt vor dem Gesetzgeber“ (!) zu retten was nicht zu retten ist und verweist schließlich – zu allem Überfluß – auf die Arbeitsgerichte (!), die nun in vielen Einzelfällen das Gesetz „schonend auslegen“ sollen… (…) Aber vielleicht ist dieses Urteil auch Gelegenheit, endlich einen Schlußstrich zu ziehen unter den jahrzehntelangen Prozeß der Verrechtlichung von Arbeitsbeziehungen und der Gerichtsgläubigkeit, die den Gewerkschaften hierzulande – mehr als in jedem anderen westeuropäischen Land – eine massive faktische Einschränkung ihres Handlungsspielraums beschert hat. Es gibt aber natürlich auch die Alternative die Handlungsoptionen g a n z den Juristen zu übertragen. Den eigenen wie denen an den Gerichten. Die Gewerkschaften haben die Wahl.“ Analyse des Urteils des BVerfG zur Tarifeinheit vom 12.7.2017 von und bei Rolf Geffken
4. Treffen der Plattform für den transnationalen sozialen Streik (in Slowenien): Abschlusserklärung
Rund 100 TeilnehmerInnen aus 12 europäischen Ländern beteiligten sich am 4. Treffen der Transnational Social Strike Plattform im Mai 2017 im slowenischen Ljubljana – Basisgruppen und Gewerkschaften, wie auch Einzelpersonen, auch recht stark beteiligt die Staaten der Balkanregion. Die englische Fassung der abschließenden Erklärung „Strike the borders, fight neoliberalism! Final statement after the TSS Meeting in Ljubljana“ ist seit dem 09. Juli 2017 auf der Webseite der Plattform. In dieser Erklärung wird unterstrichen, dass insbesondere die Beiträge von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Balkan Staaten von Griechenland bis Ungarn nachdrücklich gezeigt hätten, auch und erst recht nach den Grenzschließungen, dass die gewaltsame Konfrontation gegen Fluchtbewegungen Hand in Hand gehe mit der immer breiteren Einführung prekärer Arbeits- und Lebensverhältnissen. Eine bedingungslose europäische Aufenthaltserlaubnis sei die einzig passende Antwort auf Gewalt und Erpressung seitens Regierungen, Polizei und Unternehmen.
„TSS LJUBLJANA calling out“ am 11. Mai 2017 bei You Tube ist ein kurzes Video mit dem Aufruf zur Teilnahme am Treffen der Plattform vor Ort
Die Sonder-Aufrüstung der Bundeswehr – mit Frankreich
„Deutschland und Frankreich werden gemeinsam einen EU-Kampfjet für künftige Kriege entwickeln. Dies ist eines der Hauptergebnisse des gestrigen deutsch-französischen Ministerrats in Paris. Demnach sollen der Eurofighter und die Rafale nicht durch ein US-Flugzeug der neuesten Generation, sondern durch eine EU-Eigenentwicklung ersetzt werden. Der Beschluss trägt dem Vorhaben Rechnung, weltweit schrankenlos kriegsfähige EU-Truppen zu schaffen, die nicht mehr von den Vereinigten Staaten abhängig sind. Allerdings ist unklar, ob das Vorhaben gelingt: Frankreich war bereits in frühen 1980er Jahren an Planungen für den Eurofighter beteiligt, stieg dann allerdings, als es seine Interessen nicht angemessen berücksichtigt fand, aus. Berliner Regierungsberater schlagen noch zusätzliche Militarisierungsvorhaben vor, die etwa ein 100-Milliarden-Euro-Programm als Basis einer deutsch-französischen „Sicherheitspartnerschaft für Europa“ beinhalten. Auf dem gestrigen Ministerrat ist zudem eine weitere politische Fokussierung auf die Sahelzone beschlossen worden“ – aus dem Beitrag „Deutscher und europäischer Erfolg“ am 14. Juli 2017 bei German Foreign Policy , worin neben den bestehenden Plänen auch diverse Differenzen berichtet werden und die „Allianz für den Sahel“ analysiert…
11. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Überwachung und Datenschutz
Was haben diese G20-Chefs mit unserem Internet vor?
„Die Abschlusserklärung des G20-Gipfels in Hamburg trägt den Untertitel „Eine vernetzte Welt gestalten“ (…). Klingt gut, aber wer gestaltet hier was zu wessen Vorteil? Wir werfen einen Blick in die Abschlusserklärung und die wenig diskutierte Erklärung zur Bekämpfung des Terrorismus. (…) In letzter Zeit hatten es die Handelsabkommen TTIP, CETA und Co. in der Öffentlichkeit schwer. Bürgerinnen und Bürger haben erkannt, dass mit den Abkommen das Internet, dessen Inhalte, ihre persönlichen Daten und Grundrechte ausverkauft werden. Weil die Abkommen unpopulär sind, wird jetzt versucht, Datenfreihandel über die WTO durchzusetzen. (…) Die Erklärung zur Bekämpfung des Terrorismus (…) gibt sich sehr viel Mühe, den Anschein zu erzeugen, dass die beschlossenen Maßnahmen den Terror einschränken oder verhindern können. Wo sind die Belege, die Politik auf Basis von Terror rechtfertigen? Im Grunde zielen fast alle Punkte der Erklärung auf Überwachung, Kontrolle und Einschränkung der Privatsphäre. Das alles ist geschickt verpackt, denn Terror kann niemand wollen, also erscheint der Kampf gegen Terror mit den Mitteln der Erklärung als alternativlos…“ Ausführliche Analyse von Friedemann Ebelt vom 11. Juli 2017 bei digitalcourage
a) „Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen“
„… Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung der Bereitstellung von Akten zur Einsichtnahme durch das Bundesarchiv. (…) Mit ihrer gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 (Informationsfreiheit), Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Presse- und Rundfunkfreiheit) sowie Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (Wissenschaftsfreiheit). (…) Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Anforderungen an den Grundsatz der Subsidiarität gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Die Beschwerdeführerin hat es versäumt, zur Durchsetzung des von ihr begehrten Informationszugangs zunächst einen Antrag an das Bundeskanzleramt zu stellen, in dessen Zuständigkeit die Akten geführt wurden, und diesen Antrag erforderlichenfalls dann vor den Fachgerichten weiterzuverfolgen. Ein solcher Antrag ist hier nicht deshalb entbehrlich, weil die Beschwerdeführerin stattdessen einen Antrag an das Bundesarchiv gestellt hat. Da die Akten dem Bundesarchiv nie zur Übernahme angeboten wurden und von ihm damit auch nicht zum Archivgut erklärt werden konnten, sind sie nicht in dessen Verantwortungsbereich gelangt. Ein entsprechender Antrag hat sich auch nicht durch das nachfolgende Klageverfahren erübrigt. Zwar richtete die Beschwerdeführerin ihre verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Bund und damit gegen denselben Beklagten, gegenüber dem eine Klage auch im Falle eines erfolglosen Antrags beim Bundeskanzleramt zu erheben wäre. Das ändert jedoch nichts daran, dass Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein der Antrag an das Bundesarchiv und dessen Verpflichtung zur Zugänglichmachung der begehrten Informationen war, nicht aber auch eine mögliche Verpflichtung des Bundeskanzleramts…“ Aus dem Leitsatz des Bundesverfassungsgerichts zum Beschluss des Ersten Senats vom 20. Juni 2017 – 1 BvR 1978/13 – zu den Voraussetzungen einer auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 GG gestützten Verfassungsbeschwerde, mit der Informationszugang zu amtlichen Dokumenten geltend gemacht wird, die sich in Privatbesitz befinden.
- Und ein echter Hammer darin hinsichtlich der Informationsfreiheit: „… Insbesondere erstreckt sich der Informationszugangsanspruch von vornherein nicht auf Dokumente, die eine informationspflichtige Stelle für die Erfüllung ihrer Aufgaben zwar beschaffen könnte oder auch müsste, sich aber nicht beschafft hat….„
b) [Video von Gaby Weber] In eigener Sache – der Kampf um die Akten
„Ich bemühe seit fast 40 Jahren die Gerichte, um an die Akten zu gelangen. Erst ging es um Datenschutz, dann um die strategische Fernmeldeüberwachung, dann um die Unterlagen der deutschen Geheimdienste und danach um die der ausländischen Dienste. Es geht dabei auch um den Rechtstreit wegen der „privatisierten“ (also der gestohlenen) Unterlagen, die Minister und Staatssekretäre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt mit nach Hause nehmen und die dann in den Archiven der Parteistiftungen landen. Das Bundesverfassungsgericht hat in meiner Sache am 12. Juli 2017 eine Entscheidung getroffen.“ Video von Gaby Weber vom 11.07.2017 bei youtube
Siehe die Hintergründe im Dossier
a) Geschäftstreibende aus dem Schanzenviertel berichten: Stellungnahme zu den Ereignissen vom Wochenende
„… Aber die Komplexität der Dynamik, die sich in dieser Nacht hier Bahn gebrochen hat, sehen wir weder in den Medien noch bei der Polizei oder im öffentlichen Diskurs angemessen reflektiert. Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde. Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden. Tagelang…“ Stellungnahme vom 12.7.2017 auf der Fratzebuch-Seite eines der Geschäfte
b) [weitere] Doku der Polizei-Brutalitäten beim G20-Treffen
Auf der Aktionsseite mit dem Namen Police Brutality at G20 summit (Polizei-Brutalitäten beim G20-Treffen) werden dokumentierte Fälle von Polizeigewalt mit den jeweiligen Belegen zusammengestellt
Journalisten werden offenbar seit zehn Jahren beobachtet
„Politische Gipfeltreffen in Deutschland bedeuten Arbeit auch für Tausende Journalisten, egal ob die G 7, die G 20 oder die EU-Spitzen rufen. Seit mehr als zehn Jahren werden bestimmte Journalisten dabei durch deutsche Polizeibeamte beaufsichtigt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Das sei nichts Ungewöhnliches, sagt ein Beamter. Sondern schon häufiger vorgekommen. „Mindestens seit Heiligendamm“, also seit dem G-8-Gipfel in dem Ostsee-Badeort im Juni 2007.
Das ist eine Neuigkeit. (…) Die 32 Journalisten hätten zu jenen gezählt, die sich bei diesem Gipfeltreffen ohnehin nur in „Begleitung“ durch BKA-Beamte in Sicherheitsbereichen bewegen durften. Von vornherein. So wie es gängige Praxis sei. Und der Sprecher des Bundesinnenministeriums ergänzte: Nein, neue Erkenntnisse über diese 32 Journalisten habe man dann nicht plötzlich erhalten, „sondern über die Verhältnisse“. Das heißt, nur über die organisatorischen Abläufe. Die Räume etwa. Die BKA-Sicherheitsleute hätten einsehen müssen, dass sie die Eins-zu-eins-Überwachung verdächtiger Journalisten nicht würden leisten können, also schloss man diese eben ganz aus. Die Erklärung wirft ihrerseits eher neue Fragen auf. Man habe über die Akkreditierungen „im Sinne eines größtmöglichen Zugangs“ entschieden, erklärte Seibert zur Begründung. Die größte Härte für Journalisten, nämlich keine Akkreditierung zu bekommen, sollte vermieden werden. Deshalb die „Begleitung“ durch BKA-Beamte…“ Artikel von Cerstin Gammelin und Ronen Steinke vom 12. Juli 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online
15. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsorganisation » Industrie/Arbeit 4.0
„Industrie 4.0“: Roboter machen das Leben einfacher – aber nur in den richtigen Händen
„… Von großen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ist die Rede. Doch sind tatsächlich die Maschinen und Roboter das Problem? Oder ist es nicht vielmehr eine Gesellschaftsordnung, die nicht imstande ist, die technische Entwicklung zum Wohle der gesamten Bevölkerung einzusetzen? (…)Diese technische Möglichkeit ist zweitens aber wahrscheinlich überhaupt nicht das Problem! Es könnte im Prinzip etwas sehr Gutes sein, wenn Maschinen den Menschen die schweren, gesundheitsschädlichen oder langweiligen Tätigkeiten abnehmen. Die Arbeits- und Lebensqualität könnte dadurch für alle Arbeiterinnen und Arbeiter steigen – und das auch noch umweltfreundlicher und bei besseren Ergebnissen, z.B. in einer medizinischen Versorgung, die sich auf moderne Informationsverarbeitung stützt. (…) Die Perspektive für ArbeiterInnen und Angestellte liegt also nicht darin, die technische Entwicklung zu fürchten oder aufhalten zu wollen, sondern den Kapitalisten die moderne Technik wegzunehmen und in gesellschaftliches Eigentum zu verwandeln. Auf dieser Grundlage könnten sie eine sozialistische Gesellschaftsordnung aufbauen, welche die oben genannten, technisch schon lange gegebenen Möglichkeiten der selbst bestimmten Lebensgestaltung Wirklichkeit werden ließe.“ Beitrag von Thomas Stark vom 4. Juni 2017 bei der Perspektive , Zeitung für Solidarität und Widerstand
Arbeitsfreies Wochenende wünscht Eure LabourNet-Redaktion – und beim streikenden Sommer unterhaltsames Stöbern nach weiteren Neuigkeiten auf unserer Homepage: Wie immer ist der Newsletter nur ein Auszug…
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AKTUELL BEI LABOURNET.TV
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LKW Streik in Russland
„Seit dem 27. März 2017 streiken die LKW Fahrer_innen in Russland. Im April beteiligten sich über eine Million Fahrer_innen am Streik. Hier ein Video-Update vom Kilometerfresser TV über die Situation Ende April. Anfang Juli 2017 geht der Streik immer noch weiter, ohne die massenhafte Beteiligung vom April allerdings. Die Regierung geht massiv gegen die Streikenden vor: „Die Streikleitung wurde 3x inhaftiert. Zahlreiche Aktivisten wurden festgenommen. Es hat eine Welle von Prozessen begonnen. Um die Streikcamps werden mit schwerem Gerät Gräben gezogen um zu verhindern, daß sie an Konvois oder Kundgebungen teilnehmen können.“ (Karsten Weber) Video von kilometerfresser.tv bei labournet.tv (deutsch |5 min | 2017)
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LabourNet Germany: https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
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