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Was tun im Klimakampf 2.0? Strategien für eine kollapsbewusste Klimabewegung
„… Ausgehend von einer Analyse der Fragen, die ich für die Hauptprobleme der jetzigen Klimabewegung halte, habe ich drei Arbeiten identifiziert, die ein Einstieg in die Suche nach Selbstwirksamkeit, nach Handlungsfähigkeit, kurz, nach Macht auch im Zusammenbruch sein könnten. (…) Während also die Basispraxen des Klimakamp 1.0 tendenziell in Opposition zum fossilen Kapitalismus standen, sehe ich eine kollapsbewusste Klimabewegung da breiter aufgestellt: Ich leihe mir hier mal den schönen Begriff “prepping for future” von Arne Semsrott aus, und meine damit Praxen, die in Opposition zu Verdrängung, Arschlochisierung und Zukunftsdepression stehen. Vor allem aber meine ich Aktivitäten, die uns praktisch auf die Zukunft vorbereiten, von der ich immer wieder spreche, einer immer dunkleren Zukunft mit mehr Kollaps und mehr Faschisierung…“ Beitrag von Tadzio Müller vom 25.06.2024 auf seinem Blog Friedliche Sabotage und die beginnende Strategiedebatte:
- No future, aber gut gerüstet: Die Idee der Vorbereitung hat in der Linken immer eine Rolle gespielt – nun wird das Prepping für die Katastrophe entdeckt
„Preppen, das war lange eine Leidenschaft der Rechten und Reichen, die sich wahlweise mit Waffen und Konserven oder teuren Bunkern auf den Zusammenbruch vorbereiteten. Nun wird die Idee auch in der Linken populärer. Mit Blick auf AfD-Regierungsbeteiligungen spielt FragDenStaat-Aktivist Arne Semsrott im Buch »Machtübernahme« durch, was droht und wie sich Gewerkschaften, Medien und Zivilgesellschaft vorbereiten könnten . Auch im Umfeld der Klimabewegung wird über Prepping diskutiert. Kein Wunder: 2024 war das heißeste Jahr aller Zeiten, die 1,5-Grad-Schwelle wird dieses Jahr überschritten, trotzdem wurden so viele Treibhausgase ausgestoßen wie noch nie. Entsprechend machen sich Ratlosigkeit und Untergangsstimmung breit. Die alten Strategien haben nicht funktioniert. Wie geht es nun weiter?
Ein Vorschlag lautet: Die Bewegung müsse akzeptieren, dass der Klimakollaps unabwendbar ist. Statt appellativer Aktionen sei solidarisches Preppen gefragt: Skills lernen, die in Notsituationen nützlich sind, sich gemeinsam auf harte Zeiten vorbereiten, dadurch Ohnmacht überwinden und einer rechten Politik des Katastrophenegoismus entgegenwirken. Am enthusiastischsten vertritt diesen Vorschlag in Deutschland der Klimaaktivist Tadzio Müller . Dass der Ansatz erstmal nach innen gerichtet ist, räumt Tadzio Müller ein, aber gegen die Verdrängungsleistungen der »Arschlochgesellschaft« sei derzeit kein Kraut gewachsen. Durch »solidarische Kollapspolitik« könne neue Handlungsfähigkeit entstehen. (…)
Dass Prepping einen neuen kapitalistischen Modernisierungsschub einleitet, steht wohl nicht zu befürchten, das Einigeln in der Defensive könnte schon eher zur Gefahr werden. Dass die fortschreitende Erderwärmung neue Strategien erfordert, ist kaum von der Hand zu weisen. Netzwerke aufzubauen, die solidarisches Handeln in kommenden Katastrophen ermöglichen – das ist erstmal eine gute Idee. Das Problem ist, dass die Vorschläge den Bezug auf Klassenkämpfe aufgegeben haben – und damit auch die Perspektive, diejenigen zu gewinnen, die der Klimakollaps besonders hart treffen wird und die sich am schlechtesten dafür rüsten können. Im schlimmsten Fall kreist die ohnehin akademisch geprägte Klimabewegung fortan vor allem um sich selbst. Dabei war eine interessantere Diskussion der letzten Jahre die Frage, wie die Klimakrise als Klassenfrage begriffen werden kann. »Man muss die Überlegungen, wie man aus der Klimakatastrophe rauskommt, vom Kopf auf die Füße stellen und sie von der Produktion her denken«, sagt die labournet.tv-Filmemacherin Johanna Schellhagen – weil Menschen bei Kämpfen am Arbeitsplatz erleben können, dass sie mächtig sind. Um die Ohnmacht zu überwinden, so Schellhagen in ihrem Film »Der laute Frühling« , könnten Klimaaktive zum Beispiel »strategisch arbeiten« gehen (in für die gesellschaftliche Versorgung wichtigen Bereichen), dort Kenntnisse erwerben und sich politisch organisieren. In so einer Perspektive können Vorschläge solidarischer Katastrophenpolitik aka linkes Prepping einen anderen Sinn gewinnen. Nicht politisches Überwintern und der Rückzug in die eigene Nische stünden dann auf der Tagesordnung, sondern die Frage, wie der Zukunftspessimismus überwunden, der Faschismus gestoppt und das Leben besser werden kann.“ Artikel von Jan Ole Arps vom 17. Dezember 2024 im ak 710 mit dem Schwerpunkt „Prepping von links?“
Siehe auch: [Buch] Zwischen friedlicher Sabotage und Kollaps. Wie ich lernte, die Zukunft wieder zu lieben