» »
Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen Kapitalismus)?
- Alltagswiderstand und Commons
- Bündnis Umfairteilen und Aktionen
- Die Occupy-Bewegung und Aktionstage
- Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise
- Initiativen der Linken gegen den Kapitalismus und dessen Krisen
- Interventionen gegen die neoliberale EU
- Klimastreiks und -kämpfe
- Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21
» »
Initiativen der Linken gegen den Kapitalismus und dessen Krisen
- Alltagswiderstand und Commons
- Bündnis Umfairteilen und Aktionen
- Die Occupy-Bewegung und Aktionstage
- Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise
- Interventionen gegen die neoliberale EU
- Klimastreiks und -kämpfe
- Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen Kapitalismus)?
- Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21
» »
Alltagswiderstand und Commons
- Bündnis Umfairteilen und Aktionen
- Die Occupy-Bewegung und Aktionstage
- Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise
- Initiativen der Linken gegen den Kapitalismus und dessen Krisen
- Interventionen gegen die neoliberale EU
- Klimastreiks und -kämpfe
- Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen Kapitalismus)?
- Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21
Solidarität in Zeiten von Corona – und linke Widerstandsstrukturen
Dossier
„Corona setzt den Alltag außer Kraft. Doch während Schulen, Unis und Lokale schließen, müssen viele Menschen weiter in die Arbeit gehen, trotz Ansteckungsgefahr. Es zeigt sich eine Welt, die den Profit über die Gesundheit der Einzelnen stellt. Dagegen braucht es Solidarität und linke Perspektiven (…) Viele prekär oder selbstständig Beschäftigte müssen die Risiken, die durch Corona entstehen, selbst tragen. (…) Politisch bedeutet das, dass wir uns für eine Reduktion der Arbeitszeit einsetzen müssen, um die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz einzudämmen – und uns damit gegen jene stellen, die gewöhnt sind, das (eigene) Geld über die Gesundheit (der anderen) zu stellen. Die Vereinbarkeit von Gesundheitsschutz und Erwerbsarbeit wird ein Konfliktherd werden. Eltern brauchen im Falle der Schließung von Kinderbetreuungseinrichtungen eine Entgeltfortzahlung, um zu Hause bleiben zu können. Kündigungen müssen verhindert und Miet- wie andere Zahlungen gegebenenfalls aufgeschoben werden. Statt Unternehmen sollten die öffentlichen Gelder, die EU und nationale Regierungen derzeit in die Hand nehmen, jenen zugute kommen, die von Einkommensausfällen und Zahlungsproblemen existentiell bedroht sind. (…) Als Linke dürfen wir aber nicht auf der Ebene der theoretischen Kritik stehen bleiben, sondern müssen im Alltag von Menschen konkret nützlich sein. Corona stellt uns nicht nur vor gesundheitliche, sondern vor weitreichende gesellschaftliche Herausforderungen. Zum einen befeuert die Epidemie ein gegenseitiges Misstrauen und eine Ellbogenmentalität, die sich in den Ereignissen der letzten Wochen offenbart. (…) Solidarisches Handeln auf Grundlage dieses kollektiven Bewusstseins ist die Art und Weise, wie wir der Panik und autoritären Sehnsüchten entgegenwirken können und die Krise am besten überstehen…“ Artikel von Camilo Molina und Teresa Petrik vom 13. März 2020 bei mosaik-blog.at – siehe hier weitere Beiträge zu aktuellen Ansätzen (für langfristige Perspektiven siehe das Dossier (Bleibende?) Lehren aus der Coronakrise für postkapitalistische Zeiten):- Gruppe Autonomie und Solidarität zur Corona-Krise: Die Soziale Frage und die neue Form von „Solidarität“
„… Die Corona-Politik, sowie der Umgang großer Teile der Gesellschaft mit der Krise, war und ist zutiefst unsozial. Hierdurch werden gesellschaftliche Ungleichheiten massiv verschärft. In den letzten zwei Jahren hat das globale Arm-Reich-Gefälle drastisch zugenommen. Die UN Women Deutschland spricht zudem von einer internationalen „Krise der Frauen“ – in ökonomischer ebenso wie in gesundheitlicher Hinsicht, wobei der Anstieg genderbasierter Gewalt (gegen Frauen einschließlich Trans-Frauen und Menschen aus der LGBTQIA+ Community) ebenfalls eine Rolle spielt. Besonders in Deutschland wurden die Rechte von Kindern und Jugendlichen stark beschnitten, Schüler*innen und Student*innen aus weniger privilegierten Milieus im Bildungssystem weiter abgehängt, während Menschen in Alten- und Pflegeheimen fast zwei Jahre lang sozial isoliert leben – und sterben! – mussten. In manchen dieser Institutionen haben die Restriktionen sogar ohne Rechtsgrundlage weiterhin Bestand. Inflation und stark erhöhte Energiepreise treffen nun vor allem diejenigen, die über wenige finanzielle Ressourcen verfügen, hinzu kommen für sie noch Steuernachzahlungen aufgrund von Kurzarbeit. Kontinuierlich schreitet die Aushöhlung von Arbeitnehmer*innenrechten voran, indem etwa Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall vom Corona-Impfstatus abhängig gemacht wurden. Im Falle einer Impfpflicht sollten sogenannte „Ungeimpfte“ im Arbeitslosengeldbezug sogar Sperrzeiten bzw. Sanktionen erhalten, eine Beteiligung „Ungeimpfter“ an den Kosten ihrer Krankenhausbehandlung im Falle einer Erkrankung an Covid-19 war ebenfalls durch unsere Politiker*innen angedacht. Die chronisch unterbezahlten Pflegekräfte stehen derweil bereits unter dem Druck einer Impfpflicht, müssen aufgrund immer wieder ausfallender Kolleg*innen, welche sich in Quarantäne befinden, permanent einspringen, und am Ende bleibt vielen von ihnen nurmehr die Aufgabe ihres vor kurzem noch als systemrelevant gefeierten Berufes. Die Liste der Belastungen ist lang und wird noch weitaus länger werden. Grundsätzlich zeigt sich: Je marginalisierter Menschen sind, desto heftiger haben sie die „Maßnahmen“ getroffen. So wurden im Zuge der Lockdowns ganze Wohnblocks abgeriegelt, in denen Menschen in prekären Verhältnissen leben, Geflüchtete auf „Quarantäneschiffen“ festgehalten oder in den Sammelunterkünften weiter segregiert. Die später geltenden 2G/3G-Regeln begünstigten Racial Profiling und bedeuteten eine zusätzliche Gefahr für Menschen ohne Ausweispapiere, sie verdrängten sie noch stärker als zuvor aus dem öffentlichen Raum. Sie mussten unbändige Angst vor Kontrollen und deren Folgen (Festsetzung, Abschiebung) ausstehen, da sie in ihren Herkunftsländern teilweise mit dem Leben bedroht werden.
Die Zahl der Betten in Einrichtungen für obdachlose Menschen wurde stark reduziert, innerhalb des ersten Lockdowns hatten teilweise die Tafeln geschlossen. Zuletzt hatten zahlreiche Obdachlose und Geflüchtete kurzfristig sogar ihren Impfstatus verloren. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine werden gegenwärtig angehalten sich impfen zu lassen, um in Unterkünften aufgenommen zu werden (z.B. keine Übernachtung im Hotel wegen 3G). Linker Protest gegen all dies ist nahezu ausgeblieben. Möglicherweise ist die Lage, in die marginalisierte Menschen im Zuge der Corona-Politik gebracht worden sind, für viele nur sehr abstrakt vorstellbar. Die folgenden Erfahrungsberichte zeigen daher ganz konkret, wie sie sich auf deren Leben ausgewirkt hat…“ Beitrag der Gruppe Autonomie und Solidarität veröffentlicht von Enough14D am 18. April 2022 - Zwei Jahre Pandemiepolitik: Widerstand – aber wogegen?
„… Mit dem mörderischen Angriff auf die Ukraine erscheinen uns die vergangenen zwei Jahre pandemischen Geschehens schon wieder wie Schnee von gestern. Die spätmodernen »Zeitenwenden« folgen in immer kürzeren Abständen aufeinander: Auch nach »Putins Krieg« wird wieder einmal – so heißt es in diesen Tagen unisono – nichts mehr so sein wie zuvor. Mit diesem Standardurteil sind Zeitzeugen gerne bei der Hand, um ihrem Erstaunen ob der eigentlich nicht mehr für denkbar gehaltenen, offenbar aber doch immer gegebenen Möglichkeit plötzlicher gesellschaftlicher Veränderungen Ausdruck zu geben. Aber stimmt es denn, dass im März 2022 nichts mehr so ist wie im Vormonat? Ist der »Zivilisationsbruch« des russischen Neoimperialismus denn so neu – oder nur die westliche Erinnerung an den Jugoslawienkrieg getrübt? Ist der 100-Milliarden-Coup des Bundeskanzlers zur gesamtdeutschen Wehrertüchtigung wirklich revolutionär – oder eher die neosozialdemokratische Wiederaufnahme der im Zeichen des Kalten Kriegs noch an die transatlantische Schutzmacht der BRD delegierten Aufrüstungsbeschlüsse? (…) Konzentrieren wir uns der gebotenen Kürze halber auf das strukturelle Problem der krassen sozialen Ungleichheit, die hierzulande wie weltweit herrscht. Haben sich durch Corona diesbezüglich die Verhältnisse geändert, womöglich gar zum Besseren? Nichts spricht dafür. Vielmehr ist im Grundsatz alles beim Alten geblieben. Die Aufregung über die Arbeitsbedingungen im Pflegesektor oder (gleichsam ein Kollateralerfolg coronagetriebener Sozialkritik) in der Fleischindustrie hat sich schnell wieder gelegt, ohne dass es hier wie dort zu durchgreifenden Verbesserungen gekommen wäre. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens, der deutsche Entwicklungslandstatus in Sachen Public Health, überhaupt die strukturelle Vernachlässigung der sozialen Infrastruktur in diesem Land: alles letztlich kein Thema. Und zumal die Problematisierung der Tatsache, dass die Möglichkeiten der alltagspraktischen Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen radikal ungleich verteilt sind, kam einem Sturm im Brennglas gleich, um im schiefen, aber beliebten Bild zu bleiben. (…) Wir halten fest: Wenn im »Brennglas« der Pandemie irgendein Feuer entfacht worden sein sollte, dann war dies nur ein kleiner, kurzer Schwelbrand, der sogleich wieder erstickt wurde – und nun bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen! Und ja, der »gesellschaftliche Zusammenhalt« wurde vermutlich doch gestärkt, jedenfalls gegen die da draußen. Im Lichte der akuten Gegenwart gesehen, kommt einem da eine böse Ahnung: Könnte es sein, dass das Zusammenrücken in der Pandemie – gegen einen äußeren Feind, gegen die Konkurrenz von fern und nah – sich als ein Vorbote zukünftigen Krisenmanagements erweisen wird? Wie viel Corona-Zusammenhalt steckt in der in den letzten Wochen urplötzlich zur Schau gestellten, neuen deutschen Wehrtüchtigkeit? Sind wir wieder wer? Und wenn ja, wie viele?“ Essay von Stephan Lessenich vom 16. März 2022 in neues Deutschland online - [Online-Veranstaltung am 21. März 2022] Vollständige Lockerung – zurück zur kapitalistischen Normalität?
„Fast alle Länder setzen mittlerweile auf eine kontrollierte Durchseuchung. Wir sollen uns an die „Kollateralschäden“ gewöhnen, an die Toten und Long-Covid-Geschädigten. Wir sollen lernen, mit dem Virus zu leben. Dabei besteht die Gefahr immer neuer Mutationen. Die Kampagne zero covid plädiert für eine Niedrig-Inzidenz-Strategie. Warum die Kampagne wichtig ist und die Linke sich viel mehr mit den Ursachen von Pandemien und ihrer Bekämpfung beschäftigen sollte, erklärt in der Veranstaltung der Politikwissenschaftler Yaak Pabst. Frédéric Valin übt in seinem Jungle World-Artikel „Linke Träumereien“ Kritik an einem Teil der Linken: Er arbeitet selbst als Pflegekraft. Der Arbeits- und Gesundheitswissenschaftler Wolfgang Hien wird über dieGeschichte der Arbeiter*innengesundheitsbewegung sprechen, an deren Aufbau er in den 1970er und 1980er Jahre in der Chemieindustrie beteiligt war. Welche Parallelen es zur Debatte um den Schutz vor Covid19 gibt, wird Teil der Diskussion sein. Die Veranstalter Gerhard Hanloser, Peter Nowak und Anne Seeck diskutieren mit den Gästen. Die Veranstaltung dauert ca. 1 ½ – 2 Stunden, je nach Diskussionsbeteiligung. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich…“ Einladung und ZOOM-Link bei Stressfaktor zur Online-Veranstaltung mit Yaak Pabst, Frédéric Valin und Wolfgang Hien am Montag, 21. März 2022, 19:00 – Montag, 21. März 2022, 21:00 - [Berlin am 20. 3.2022] Freiheit geht nur solidarisch! Gesundheit ist Klassenfrage! Die Normalität ist die Krise!
„Am 20.03.2022 ist es soweit: In der laufende Pandemie soll der endemischen Zustand ausgerufen werden, ab dann enden viele Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2. Dann soll die Rückkehr in die alte Normalität, die alte “Freiheit” wieder beginnen. Wenn Politiker*innen und Verschwörungsgläubige zusammen das Ende der Pandemie feiern, wollen wir ein Sammelpunkt für die Stimmen sein, die allzu häufig untergegangen sind im Geschrei von Staat und “Querdenken”. Wir nehmen uns die Freiheit, zwei Dinge zu sagen: Dass die Pandemie eine reale, globale Gefahr ist – und dass Menschen, deren Lebensverhältnisse schon davor prekär waren, am härtesten von der Pandemie und den Maßnahmen betroffen waren. Wir wollen auf die Straße gehen für alle, die gegen die Pandemie gearbeitet haben, die sich eingeschränkt haben. Für alle, die nicht auf den Staat vertraut haben bei der Virusbekämpfung, und die auch nicht den Querdenken-Gurus gefolgt sind.
Zwei Jahre Coronapandemie haben Millionen Menschen weltweit das Leben gekostet, Millionen Menschen haben ihre Angehörigen, ihre Freund*innen verloren. Unzählige Menschen haben mit den Nachwirkungen einer Krankheit zu kämpfen, die noch nicht vollständig erforscht ist. Wie viele Menschen lebenslang mit gesundheitlichen Folgen etwa von verschobenen Operationen zu leiden haben, bleibt unklar.
Einen Tag festzulegen, der rhetorisch als das Ende der Pandemie verkauft wird ist absurd und fern von jeder Realität. Zur Farce verkommt das Ganze, wenn man bedenkt, dass viele Faktoren die die Pandemie in ihrer Heftigkeit mit verursacht haben, vor und während der Krise politische Entscheidungen waren. (…)
Zwei Jahre Pandemie haben also auch verdeutlicht, dass selbst in einer globalen gesundheitlichen Krise, Gewinne über Gesundheit und letztendlich Menschenleben stehen. Zwei Jahre Corona-Pandemie bedeuten auch, dass wir heftige Einschnitte in unser Sozialleben hinnehmen mussten. Familienzusammenkünfte, Treffen mit Freunden, Parties, Hobbies, all die schönen Dinge die den oft tristen Alltag schön machen, wurden drastisch reduziert. Alle Kontaktbeschränkungen, die die Ausbreitung des Virus verhindern oder zumindest verlangsamen sollten wurden auf den privaten Bereich verlagert. Für viele von uns hieß das also: Freizeit-Lockdown und „Corona-Party“ auf der Arbeit. Schutzmaßnahmen in Betrieben und die Bereitstellung von bspw. Masken wurden kaum kontrolliert, die Bahnen zu Pendelzeiten genauso voll wie vorher, volle Betriebe und zum Feierabend dann der Verzicht auf Kneipe, Kino, Sport alle anderen sozialen Zusammenkünfte. Ein verpflichtendes Home-Office Angebot ließ ewig auf sich warten und ist für viele Berufe auch gar nicht durchsetzbar. Für diejenigen im Home-Office bedeutete das aber auch häufig kaum Entspannung. Beengte Wohnverhältnisse und die Doppelbelastung durch Kinderbetreuung bei Familien mit Kindern, der Versuch die eigenen Kinder halbwegs sicher durch die Pandemie zu bringen. Doch anstatt auf den psychischen und körperlichen Stress der Menschen Rücksicht zu nehmen und die Arbeitszeiten zu reduzieren, wurden die Schulen und Kitas wieder aufgemacht, nachdem zwei Jahre verstrichen sind, ohne dass es ein sinnvolles Konzept zum Schutz der Kinder entstanden ist. Die Durchseuchung der Kinder und Schüler*innen wurde willentlich in Kauf genommen, um die Arbeitskraft der Eltern weiter aufrechtzuerhalten. (…)
Wenn dieser Staat jetzt von „Freiheit“ spricht ist damit vor allem gemeint, dass jetzt endlich wieder alle Einschränkungen fallen können, die der Produktion und der Schaffung von Profiten im Weg gestanden haben. Diesen Staat interessiert eine wirkliche Freiheit genauso wenig wie selbsternannte „Querdenker“. Letztere haben keine gesellschaftliche Vorstellung von Freiheit, sondern vor allem eine individuelle, die meint, dass Freiheit das Recht des Individuums ist alles tun und lassen zu können was ihm*ihr einen Vorteil bzw. einen Nutzen bringt auch wenn dies zum Nachteil gegenüber anderen geschieht. Weder Staat noch sog. „Querdenker“ halten viel von gegenseitiger Verantwortung und Rücksichtnahme.
Im Gegensatz dazu, heißt die Freiheit, die wir meinen nicht: Freiheit endlich wieder shoppen zu gehen und uns in Vollzeit ausbeuten zu lassen. Freiheit bedeutet für uns ein solidarisches und gerechtes Miteinander, bedeutet, dass unsere Gesundheit nicht irgendeinem Profitstreben untergeordnet ist. Die Pandemie hat gezeigt, wie sehr wir von einander abhängig sind. Dass die Gesellschaft auf Krisen reagiert, indem schon bestehende Ungleichheiten verstärkt werden. Wenn jetzt die Freiheit gefeiert wird, endlich wieder nur auf sich selbst gucken zu müssen, feiern wir nicht mit! Wir kommen nur zusammen aus der Misere heraus, wenn wir gemeinsam für eine gerechte Welt kämpfen. Für eine Welt, die nicht entlang Profit und Kapital organisiert ist. Wir wollen den sog. „Freedom Day“ als Anlass nehmen unsere Vorstellung von Freiheit nach außen zu tragen! Freiheit geht nur solidarisch! Kommt alle zur Demo am 20. 3.2022 um 14 Uhr am Mehringplatz (U Hallesches Tor) um gemeinsam zu zeigen, daß Freiheit nur solidarisch geht! Gesundheit ist Klassenfrage! Die Normalität ist die Krise! Gemeinsam gegen neoliberale Krisenverwaltung.“ Aufruf von und bei Antifa in Praxis zur Demo am 20.03. ab 14 Uhr am Mehringplatz (Hallesches Tor) – stellvertretend auch als unsere Position zur „Freiheit“ - [Demo am 23.2.22 in München] Kein Sterben für das Kapital – Gemeinsam gegen Pandemie, Staat und Kapitalismus
„Die Pandemie geht in ihr drittes Jahr und es hat sich nichts zum Besseren gewendet. Das Virus wütet weiter, die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern sind noch prekärer als davor und die rechte Sammelbewegung von Querdenken & Co radikalisiert sich weiter. Seitdem sich SARS-COV2 im Teamwork mit Staat und Kapital überall auf der Welt erfolgreich ausbreiten konnte, sind dem Virus mehr als 5 Millionen Menschen zum Opfer gefallen, alleine in Deutschland fast 120.000. Ein Großteil dieser Tode hätte verhindert werden können, würden wir in einer Gesellschaft leben, in welcher der Schutz von Leben und Gesundheit nicht einer kapitalistischen Verwertungslogik untergeordnet werden müsste. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich die staatlichen Maßnahmen nicht an der Gesundheit der Bevölkerung orientieren. Im Kern ging es stets darum, den kapitalistischen Normalbetrieb so gut wie möglich aufrecht zu erhalten und dem Kapital nicht zu viel Opfer abzuverlangen. Apropos: Das sind genau die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die dazu geführt haben, dass viele der großen Unternehmen in den letzen beiden Jahren satte Gewinne einfahren konnten. Die Pandemie wirkt wie ein Booster sozialer Ungerechtigkeit. Die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Haben und Beherrschtwerden hat sich eklatant ausgeweitet. Auch weltweit hat diese Politik Folgen (…) Anstatt dort anzusetzen, wo das Virus grassiert, in den Betrieben, den vollbesetzten Büros und den überfüllten Bahnwaggons auf dem Weg dorthin, glänzte der Staat lange mit autoritären Ersatzhandlungen und verhängte Ausgangssperren oder Kontaktbeschränkungen, die mit hohen Bußgeldern belegt waren. Die Reglementierung zielte in erster Linie auf Einzelne und das Private, eben auf den nichtproduktiven Bereich. Mittlerweile laufen die staatlichen Maßnahmen der pandemischen Entwicklung hinterher oder lassen ihr freien Lauf. Das paternalistisch-autoritäre Staatshandeln hat sich zunehmend zu einem liberalen Paradigma gewandelt, das an die Eigenverantwortung der Einzelnen appelliert und in eine aktionistische Symbolpolitik mündet. (…) Dem ganzen Elend von autoritärem Staat, kapitalistischem Krisenmanagement und rechten Mobilisierungen wollen wir eine linke Perspektive entgegensetzen. Und das geht nur solidarisch, antifaschistisch, gegen Staat und Kapital! So verheerend die Lage gerade ist, ein Zurück zur vorpandemischen Normalität kann es für uns nicht geben, denn die war auch ohne Covid von der systematischen Zerstörung von Menschen und Lebensgrundlagen geprägt. Das Virus bringt das System nicht ins Wanken – das müssen wir schon selber tun – kollektiv, solidarisch, kämpferisch. Pharmakonzerne enteignen – Impfstoff für alle! Gegen den autoritären Seuchenstaat! Für die befreite Gesellschaft!“ Aufruf vom 17. Februar 2022 bei der autonomen antifa münchen zur Demo am 23.2.22 in der Fraunhoferstraße, Ecke Reichenbachstraße ab 18:30 Uhr - Bochum solidarisch gegen Corona-Krise und Querdenken #2 am Samstag, den 26.02.2022
„Am Samstag, den 26.02.2022, möchte die verschwörungsideologische und rechtsoffene Gruppierung “Querdenken 234” erneut durch Bochum maschieren. Dies werden wir nicht unwidersprochen lassen! Nachdem bereits am 29.01. der Protest gegen die Corona-Krise positiv zu bewerten und Querdenken 234 auf massiven Widerstand gestoßen ist, gilt es hieran anzuknüpfen. Sagt euren Freund*innen bescheid und lasst uns gemeinsam zeigen, dass Bochum für Anhänger*innen von Verschwörungsideologien keinen Platz hat!…“ Ankündigung mit dem immer noch aktuellen Aufruf zum 29.01.beim Infoportal Antifaschistischer Gruppen aus Bochum - Die Fachgruppe sozialpädagogische Berufe der GEW München unterstützt die Gegenproteste des Bündnisses „München solidarisch“
„Als aktive und organisierte KollegInnen in den Gewerkschaften möchten wir dazu folgendes bemerken:
Innerhalb der in den letzten Wochen stattfindenden Straßenprotesten der ImpfgegnerInnen gibt es zweifellos verschiedene, besorgniserregende rechte Tendenzen. Es tummeln sich dort viele Verschwörungstheoretiker, Esoteriker und rechtsextreme Gruppierungen und nutzen die Gelegenheit, ihre Propaganda zu verbreiten. Dass die OrganisatorInnen der Proteste sich nicht davon distanzieren und aktiv für den Ausschluss der Rechtsextremisten sorgen, ist scharf zu kritisieren.
Die Aufmärsche sind aber auch ein Ausdruck der Angst und Unzufriedenheit mit der Pandemiepolitik der Regierenden und damit ernst zu nehmen. Es ist deshalb nicht nur falsch, sondern auch gefährlich alle ImpfgegnerInnen und Menschen, die sich an solchen Protesten beteiligen pauschal als FaschistInnen, AntisemitInnen oder anderweitig Rechte zu beschimpfen, wie dies auch schon durch RednerInnen auf der Gegenkundgebung in München geschehen ist. Dies treibt die Ängstlichen, Unzufriedenen und politisch Unentschlossenen doch nur in die Arme der rechten Rattenfänger.
Als KollegInnen der Fachgruppe sozialpädagogische Berufe der GEW München äußern wir uns bewusst nicht zum Thema gesetzliche Impfpflicht ja oder nein. Wir halten Impfungen, auch gegen das Coronavirus, für eine zivilisatorische Errungenschaft der Menschheit, die schon Hunderttausende und Millionen Menschenleben gerettet hat. Wir beteiligen uns aber nicht an der Hetze gegen Impfskeptiker oder -gegnerInnen. (…)
Die Trennlinie verläuft nicht zwischen Geimpften und Ungeimpften, sondern zwischen den Leidtragenden der Corona-Maßnahmen, denen, die in Kurzarbeit stecken oder ihr kleines Geschäft schließen müssen, die, die sich privat einschränken müssen, während große Konzerne (Lufthansa) mit Regierungsmilliarden subventioniert werden, Dividenden an Großaktionäre ausschütten (BMW) und ihre Profite in der Krise sogar noch steigern. Kurzum: die Trennlinie der Auseinandersetzung verläuft zwischen denen, die die Krise bezahlen und denen, die profitieren.“ Stellungnahme vom 1. Februar 2022 bei der GEW München nicht nur zur nächsten Gegenkundgebung am 09. Februar 2022 um 18.00 Uhr auf dem Odeonsplatz. Siehe zu den Protesten der Corona-Leugner unser Dossier: Gefährliche Coronaproteste: Eine rechte Massenbewegung - Bochum solidarisch gegen Corona-Krise & Querdenken – Am auf die Straße!
„Am Samstag, den 29.01.2022, möchte die verschwörungsideologische und rechtsoffene Gruppierung “Querdenken 234” in Bochum eine Großdemonstration veranstalten. Erneut möchten sie ab 15:00 Uhr durch die Bochumer Innenstadt marschieren. (…) Auch Personen, die der extremen Rechten angehören, fühlten sich von Anbeginn an wohl auf Veranstaltungen von Querdenken in Bochum. Zuletzt nahmen am 18.12.2021 nachweislich gewaltbereite Neonazi-Kader der Parteien NPD und “Die Rechte” am Querdenken-Aufmarsch in Bochum teil. Bereits im Mai 2020 veranstalteten Mitglieder des Orgakreises von “Querdenken 234” einen “Spazierang” durch Bochum, an dem auch die lokale NPD teilnahm. Nachdem ca. anderthalb Jahre die Anwesenheit von Neonazis bei Querdenken ignoriert bzw. geleugnet wurde, gab der Anmelder und Mitorganisator Christian Riepenhoff Anfang Januar gegenüber der WAZ offen zu, dass Menschen aus dem rechten Spektrum an seinen Demonstrationen teilnehmen dürfen. Das, was Querdenken lokal als auch bundesweit ohnehin regelmäßig praktiziert, wurde nun auch offen kommuniziert. Der Schulterschluss von verrohtem Bürger*innentum mit Neonazis ist damit auch in Bochum Fakt. Neonazis, denen seit Jahren kein Aufmarsch mehr in Bochum gelang, werden durch Querdenken reaktiviert und bekommen eine Bühne zur Inszenierung. Hinzu kommen antisemitische Erzählungen und Holocaustrelativierungen, die immer wieder auch auf Veranstaltungen von Querdenken in Bochum geäußert und geduldet wurden. Wir möchten dagegen am 29.01.2022 auf die Straße gehen!
Die Krise liegt im System!
Doch Querdenken und Verschwörungsmythen sind nur eines von vielen Problemen, die diese Pandemie hervorbrachte. Die Situation in den Krankenhäusern hat sich trotz zweijähriger Pandemie nicht gebessert – im Gegenteil! Weiterhin sind Krankenhäuser profitorient organisiert, was dazu führt, dass Pflegekräfte und Krankenhauspersonal unter hohen Belastungen leiden und mit niedrigen Löhnen abgespeist werden. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Gesundheit der Patient*innen. Wir fordern daher auch eine Umstrukturierung des Gesundheitsystems. Krankenhäuser sollten nicht dazu da sein Profite zu genrieren, sondern die Gesundheit der Menschen zu gewährleisten. Eine Vergesellschaftung von Krankenhäusern und des Gesundheitsystems im Allgemeinen ist zum Wohle des Menschen unabdingbar. (…) Der Staat hat auf all diese Krisen nur autoritäre Lösungsansätze parat, die teilweise jeglicher Logik entbehren: Während in den Büros, am Fließband oder in den Schulen fleißig weiter malocht und gepaukt wird, kommt es zu zahlreichen Restriktionen im privaten Bereich. Höhepunkt dessen waren nächtliche Ausgangssperren in zahlreichen Kommunen im Mai letzten Jahres. Während man tagsüber noch im überfüllten ÖPNV den Mitfahrenden auf die Pelle rücken sollte und sich mit Covid-19 infizieren durfte, war es untersagt, nächtlich für einen Spaziergang das Haus zu verlassen. In NRW nutzte die schwarz-gelbe Landesregierung zudem die “Querdenker-Bewegung” dazu, ein neues Versammlungsgesetz zu entwerfen, das die Versammlungsfreiheit massiv einschränkt. (…) Der Ausweg aus der Pandemie gelingt nur solidarisch! Krisen sind immer auch eine Chance für neue, kreative Lösungsansätze, internationale Zusammenarbeit und gelebte Solidarität. Corona kann jede*n treffen. Das Virus macht nicht Halt an nationalen Grenzen und kann Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter oder sozialem Status infizieren. Gleichzeitig trifft die Krise vor allem jene, die schon vorher in prekären Verhältnissen gelebt haben und Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in besonderem Maße. Die dem Kapitalismus inhärente Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich hat sich in dieser Krise so offensichtlich gezeigt und gleichzeitig massiv an Fahrt aufgenommen, dass wir mehr denn je über Alternativen nachdenken müssen…“ Aufruf beim Infoportal Antifaschistischer Gruppen aus Bochum (LabourNet Germany ist dabei!) - [5.2.22 in Düsseldorf] Gemeinsam durch die Pandemie – solidarische Lösungen statt autoritäre Maßnahmen und Verschwörungswahn
„Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass die ersten Corona-Fälle in Deutschland gemeldet wurden. Die Pandemie stellte unser ganzes Leben auf den Kopf. Fast 120.000 Menschen sind seitdem gestorben. Die Überforderung mit Ansteckung, Krankheit, Tod zeigte sich in der ganzen Gesellschaft. Wir haben vieles geschluckt und ausgehalten, immer mit der Hoffnung, dass es bald vorbeigeht.
Jetzt, auf dem Weg in das dritte Corona-Jahr, stellen wir fest, dass zu viel Geduld sich auch rächen kann. Das medizinische Personal wurde bejubelt und beklatscht. Aber ohne eine sichtbare gesellschaftliche Solidarität auf der Straße setzte sich in den entscheidenden Tarifauseinandersetzungen der Stillstand durch. An den unwürdigen Zuständen von völliger Überarbeitung, mangelndem Personal und schlechter Bezahlung änderte sich nichts. Staat und private Betreiber haben die einst gefeierten „Held*innen“ der Pandemie ebenso im Stich gelassen, wie die Schwächsten der Gesellschaft in Alters- und Pflegeheimen, Psychiatrien oder den Sammelunterkünften von Geflüchteten. Immer noch gibt es keine vernünftige Konzepte für sichere Schulen und Kitas.
Unterdessen sterben weltweit weiterhin Menschen an Corona. Viele könnten gerettet werden, wenn überall Impfstoff verfügbar wäre. Doch die Bundesregierung hat sich an die Spitze der Staaten gestellt, die die Freigabe von Impfstoff-Patenten verhindert haben. Nirgendwo zeigt sich so deutlich wie hier, dass nicht der medizinische Schutz von Leben die oberste Priorität genießt, sondern der Schutz von Unternehmensprofiten. Das ist der Grund, warum wir im letzten Jahr zeitweise nachts nicht vor die Tür gehen konnten oder uns mit Freund*innen im Park treffen durften, aber jederzeit im Bus zur Arbeit ins Großraumbüro mussten.
Heute diskutieren wir über eine Impfpflicht, während die tatsächlichen Probleme tiefer liegen, in einem Gesundheitssystem, dass arme Menschen und Migrant*innen systematisch benachteiligt. Es fehlt an niedrigschwelligen Impfangeboten und Informationen, gerade auf dem Land und in den Vorstädten ebenso wie für Menschen mit Sprachbarrieren. Doch der Regierung fällt vor allem ein, Beschäftigten ohne Booster-Impfung die Lohnfortzahlung bei Quarantäne zu streichen. Aber die Antwort auf die Pandemie ist nicht Autorität, sondern Solidarität. (…) Unsere antifaschistische und antirassistische Solidarität richtet sich gegen die Querdenker und Corona-Leugner, die kein Problem damit haben, ihren Egoismus und ihre Verschwörungsmythen auch mit Nazis und Antisemiten zusammen zu demonstrieren. Es wird Zeit ihnen nicht die Straßen zu überlassen und eine solidarische Perspektive aufzumachen jenseits von fragwürdigen staatlichen Maßnahmen und jenseits von ihren rechten, verschwörungsideologischen Gegnern. Kommt mit uns auf die Straße am 05. Februar um 15 Uhr auf den Corneliusplatz/KÖ Ende!“ Aufruf von und bei Düsseldorf stellt sich quer – Das Bündnis gegen Rassismus- Siehe zu den Protesten der Corona-Leugner unser Dossier: Gefährliche Coronaproteste: Eine rechte Massenbewegung
- Übrigens: So schön es ist, dass sich eine Gegenbewegung formiert, wir können nicht jede Woche jede Stadt dokumentieren und konzentrieren uns daher u.a. auf die inhaltlich besten Aufrufe – mit der Bitte um Verständnis!
- Wer pumpt den Coronakeller aus? Warum kritisieren die außerparlamentarischen Linken nicht den Staat in der Pandemie?
„… es sind nicht die widersprüchlichen, sich ständig verändernden Maßnahmen und Zugangs- und Kontaktbeschränkungen, die den Schutz der Vulnerablen gewährleisten. Es ist die freiwillige Selbstbeschränkung einer großen Gruppe sich selbst schützender sowie solidarischer, tendenziell vernünftiger Menschen. Völlig unabhängig davon, wie viele Personen sich pro Haushalt jeweils treffen durften, betreiben sie seit zwei Jahren Social Distancing. Sie schätzen ihr Erkrankungsrisiko ein und passen ihre eigenen Schutzmaßnahmen an die Inzidenz an. Sie lassen sich impfen und brauchen dazu nicht den 100. Aufruf in der Bundespressekonferenz. Außerparlamentarische, protestorientierte linke Gruppen haben sich zuletzt schwer damit getan, eigene Konzepte der Pandemiebekämpfung zu entwickeln und gegen das Sterbenlassen aufzubegehren. Eher arbeiteten sie sich am Symptom ab, an Querdenker*innen, noch lieber an mitmarschierenden Nazis. Es ist aber der Staat, der die Menschen auf eine gesundheitsgefährdende Arbeitsstelle und ihre Kinder in Schulen und Tagesstätten schickt. Er weigert sich, das nötige Kleingeld zum Ausbau von Gesundheitsämtern und PCR-Testkapazitäten herauszurücken…“ Kommentar von Jeja Klein vom 28.01.2022 im ND online (Jeja nervt) - 22. Januar 22: Aufruf zur Menschenkette zum Schutz der Uniklinik Freiburg
„Kommt mit uns auf die Straße gegen Coronaverharmlosung und zeigt euch solidarisch mit den Beschäftigten der Uniklinik! Am kommenden Samstag, den 22.1., wird der wöchentliche Aufmarsch der Querdenker:innen Gebäude der Uniklinik #Freiburg passieren. #fr2201 #QuerdenkenStoppen
Unserer Meinung nach ist das ein Tritt ins Gesicht für all jene, die den Kampf gegen das Coronavirus führen, ihn verloren haben, oder unter schwerwiegenden Folgen zu leiden haben. Diese Respektlosigkeit gegenüber all denjenigen nehmen wir nicht hin! Kommt deshalb um 15:15 Uhr in die Heiliggeiststraße. Entlang der Uniklinik bilden wir eine Menschenkette, als Zeichen der Solidarität. Bringt gerne Schals mit, um eine geschlossene Kette bilden zu können…“ Thread vom Bündnis FreiVAC vom 20.1.2022 und der Aufruf auf der Homepage des Bündnisses FreiVAC – Freiburger Bündnis gegen Verschwörungsideologie, Antisemitismus & Coronaleugnung
- 24. Januar 22: Essen stellt sich quer – Zusammen gegen Leerdenken und rechte Hetze
„Wir befinden uns seit zwei Jahren in der Pandemie. Corona hat schonungslos offengelegt, wie sich jahre- und jahrzehntelange Kürzungen im Pflege- und Sozialsektor auswirken. Besonders Pflegekräfte sind von der aktuellen Situation getroffen. Sie arbeiten längst am körperlichen und psychischen Limit und tragen die volle Last der Pandemie auf ihren Schultern. Ihnen gebührt unser Dank, unsere Anerkennung und unser Vertrauen.
Im Schatten von Corona ist es einer lauten Minderheit gelungen, sich medial zu inszenieren. Auf sogenannten „Spaziergängen“ trifft sich eine Szene von Leuten, die vorgibt, für „Liebe“ oder „Freiheit“ oder „Demokratie“ zu demonstrieren. Weite Teile jedoch zeichnen sich durch das gezielte Streuen von Desinformation aus. Unwahrheiten werden herumposaunt, Halbgares aufgebauscht, Hetze betrieben, Wissenschaft und Fakten geleugnet.
Verschwörungserzählungen sind der Einstieg in einen tiefen Sumpf. In ihnen gären alte antisemitische Narrative, Anschlusspunkte an völkisches Denken und Raum für Radikalisierungen. Aus den Reihen der „Corona-Verharmloser:innen“-Bewegung sind Menschen drangsaliert, angegriffen und sogar wie in Idar-Oberstein und anderswo ermordet worden.
Kein Wunder, dass sich von Anfang an Mitglieder der Extremen Rechten an diese Protestform angebiedert, beteiligt und sie mit organisiert haben. (…) Wir wollen, dass Menschen und Menschenleben effizient und nachhaltig geschützt werden!
Es reicht! Wir widersprechen denen, die behaupten, im Namen der Essener:innen zu sprechen. Wir sind Viele und stehen für die tatsächliche und bislang schweigende Mehrheit. Deshalb ergreifen wir jetzt das Wort. Wir wollen, dass der Fokus auf die Solidarischen gelenkt wird. Auf diejenigen, die täglich zu hunderttausenden auf die Straße gehen und sich impfen lassen. Die ihre Maske tragen, die Abstände und die Hygieneregeln einhalten. Die ihren Teil zur Beendigung der Pandemie beitragen! Die Freiheit der Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit der Anderen begrenzt!…“ Pressemitteilung vom 17. Januar 2022 von Aufstehen gegen Rassismus Essen und der Aufruf zu einer Kundgebung gegen Wissenschaftsfeindlichkeit, Coronaleugner:innen, die sogenannten „Spaziergänge“ und zunehmende Hetze - „Alle zusammen gegen die Querdenker:innen“? Warum die Volksfront mit der Regierung in die Sackgasse führt
„Woche für Woche gehen aktuell tausende „Querdenker:innen“ auf die Straße. Der Gegenprotest ist wichtig, darf sich aber nicht an die Politik der Regierung und an bürgerliche Kräfte anbiedern, die den Rechten erst den Boden bereiten. (…) Bei den bürgerlichen Zusammenschlüssen gegen die Querdenker:innen scheint es in der äußeren Betrachtung eher um ein kollektiv inhärentes Wohlgefühl zu gehen und darum, Teil des antifaschistischen Prozesses „gegen Nazis“ zu sein. Aber ist dies überhaupt möglich im Rahmen eines Bündnisses mit der rechten CDU – in denen es Mitglieder wie Hans-Georg Maaßen gibt – oder der antisozialen neoliberalen FDP? Klar ist: Die Nazis, die an der Spitze der Querdenken-Bewegung stehen, nutzen die Unsicherheit der Menschen aus, um ihr Gift zu proklamieren. Diese Unsicherheit entsteht durch den ökonomischen Wettbewerb, die Konkurrenz der Pharmakonzerne und durch eine desaströse Form der Vermeidung von Repräsentanz wissenschaftlicher Erkenntnisse über staatliche Kanäle. Erst wenn die Pharmaindustrie entschädigungslos enteignet und vergesellschaftet und das gesamte Gesundheitssystem in der Hand des Gemeinwohls – und nicht mehr in der Hand von gewinnorientierten Privatkonzernen ist –, wird auch die Unsicherheit und die Angst der Menschen minimiert werden können. (…) Natürlich werden die Kapitalist:innen uns Systemkritiker:innen ächten, denn wir können nicht sanktionslos ihre sozialpartnerschaftliche Harmonie angreifen. Deshalb werden wir als „Spalter“ und „Sektierer“ gebrandmarkt. Aber dieser Vorwurf, der denjenigen gerechtfertigt erscheinen mag, die noch – ob fehlendem Bewusstsein – in der „Volksfront“ mit der Regierung partizipieren, lässt sich logisch einfach widerlegen. Denn wir leben in einer Klassengesellschaft – die Spaltung ist bereits immanent, sie verläuft zwischen den Klassen und lässt sich nur durch die Überwindung des Kapitalismus tatsächlich aufheben. Deshalb ist es notwendig, dass die Arbeiter:innenklasse sich – ausgehend von ihren eigenen Organisationen, den Gewerkschaften – ein Programm gibt, welches die Ausgebeuteten und Unterdrückten vereinigt: in einer Einheitsfront gegen das Kapital und die Regierung, anstatt einer Volksfront mit ihnen. Ein Kampf gegen den Aufstieg des Faschismus ist folglich ein Kampf für den Aufbau einer solchen Einheitsfront mit dem unmittelbaren Ziel, eine von der Regierung und den Interessen der Bosse unabhängige Antwort auf die Pandemie zu geben – in der Perspektive einer sozialistischen Umwälzung der Gesellschaft und nicht der Verteidigung der bürgerlichen Demokratie und ihrer systemimmanenten faschistischen Strukturen.“ Gastbeitrag von Manuel Sanchez de la Cruz und Alexander Campanella (AKL) vom 19. Januar 2022 bei Klasse gegen Klasse - [zusammen kämpfen Magdeburg] Nein zur Impfpflicht! Nur gemeinsam können wir die kapitalistische Krise überwinden!
„… Eine Impfpflicht würde die Pandemie nicht effektiv bekämpfen, sondern ist lediglich ein weiterer Versuch der Herrschenden, die eigene Verantwortung zu verschleiern und sie nun auf die Ungeimpften zu übertragen. Fakt ist: Covid ist real, gefährlich und es trifft vor allem die Schwächsten unserer Gesellschaft. Dabei gefährdet das Corona-Virus vor allem die älteren und kranken Menschen. Aber auch für die, für die der Alltag ganz normal weitergeht, weil sie sich reproduzieren, d.h. morgens raus zur Arbeit müssen. Tagtäglich besteht die Gefahr einer Infektion in vollen Zügen, Straßenbahnen und Bussen, im Büro, der Lagerhalle oder Fabrik. (…) Während hier der Druck auf Ungeimpfte massiv erhöht wird, wird andernorts der Zugang zu den Impfdosen verhindert. Denn Fakt ist auch: Die deutsche und europäische Politik hat zusammen mit Pharmakonzernen und Vakzin-Herstellern wie BioNTech/Pfizer und Moderna maßgeblich den fairen, weltweiten Zugang zu den Impfstoffen verhindert. Sie haben ihre Profitinteressen über die Gesundheit von Millionen Menschen und die wirksame internationale Bekämpfung der Pandemie gestellt. Die Impfstoffhersteller haben eine künstliche Impfstoffknappheit verursacht, indem sie in ihren Geschäftsentscheidungen absichtlich wohlhabende Länder begünstigten und gleichzeitig den Know-how-Transfer behinderten. Bis Anfang August gingen 99% der Lieferungen von BioNTech/Pfizer an Länder mit mittlerem und hohem Einkommen. Die Umsätze der drei Unternehmen für 2020/21 aus dem Verkauf von Covid19-Impfstoffen belaufen sich auf über 130 Milliarden US-Dollar. Von den 5,76 Milliarden Dosen, die weltweit verabreicht wurden, gingen gerade einmal 0,3 Prozent an Länder mit niedrigem Einkommen in Afrika, Asien und Südamerika, während über 79 Prozent an Länder mit mittlerem und hohem Einkommen, wie die EU, USA, Israel oder Japan gingen. Den internationalen Konzernen ein Interesse an einem schnellen Ende der Pandemie zu bestätigen, ist äußerst naiv. (…) Wir fordern daher: Keine Kündigung von ungeimpften Kollegen! Mehr für Personal in den Krankenhäusern und die Wiedereröffnung aller geschlossenen Kliniken! Volle Lohnfortzahlungen bei vorübergehenden Schließungen! Wir dürfen nicht zulassen, dass wir uns als Klasse der Lohnabhängigen durch diese Verantwortungsverschiebung spalten lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Verantwortung für die Ausbreitung einer globalen Pandemie den eigenen Nachbar_innen, Freund_innen oder Arbeitskolleg_innen in die Schuhe geschoben wird. Stattdessen müssen wir die Profiteure dieser Krise benennen und das kapitalistische System als Ganzes in den Fokus nehmen. Als Klasse zusammenstehen – zusammen kämpfen gegen Corona und Kapitalismus!“ Beitrag von zusammen kämpfen Magdeburg vom Januar 2022 - [Rostock] Spontane Demonstration zur linken Kritik an Corona-Maßnahmen und Querdenkern
„Wir haben uns heute am Montag den 17.01. in Rostock versammelt um unsere Kritik an der Corona-Politik auf die Straße zu tragen. Die Demonstration richtet sich auch gegen die wöchentlich stattfindenden Querdenker:innen Demos in Rostock. Ca. 60 Menschen trafen sich am Magaretenplatz und zogen lautstark über den Doberaner Platz durch das Viertel. Mit Flyern die an Passat:innen verteilt wurden und durch verschiedene Transparente und Sprechchöre wurde eine linksradikale Perspektive auf die Corona Maßnahmen und die Rolle von Staat und Kapital in der aktuellen Krise deutlich gemacht.
Seit Anfang Dezember werden mehrere tausende Menschen zu den Querdenken-Aufmärschen in Rostock mobilisiert. Immer häufiger finden sich dort auch mehrere Dutzend teilweise gewaltbereite Neonazis. (…) Wir wollen den Raum und die Öffentlichkeit abseits der Querdenker:innen nutzen um eine eigene Kritik zu formulieren. Im Anschluss dokumentieren wir den Flyertext der während der Demonstration verteilt wurde:
Corona das Virus – Kapitalismus die Krise!
Seit etwa zwei Jahren leben wir nun mit einem Virus, dessen Bekämpfung uns so viel nimmt: gemütliche Familienzusammenkünfte, aktives Vereinsleben, Konzerte und unzählige weitere schöne Sachen. Was uns jedoch nicht genommen wird, sind schlechte beziehungsweise jetzt noch schlechtere Bedingungen auf der Arbeit, bei der Ausbildung oder in der Schule.
Während zu Anfang der Pandemie in Deutschland noch alles runtergefahren wurde, um uns und die Gesundheit unserer Mitmenschen zu schützen, sind die Prioritäten mittlerweile verschoben und hauptsächlich die Profite geschützt. Großraumbüros sind offen, viele Arbeitgeber*innen verwehren ein mögliches Home-Office und setzen so bewusst unsere Gesundheit aufs Spiel – Hauptsache wir sind produktiv! Viele leiden unter der Doppelbelastung von Home-Office und Kinderbetreuung, Fabrikarbeiter:innen malochen zusammengepfercht wie eh und je.
Kleinunternehmer:innen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen, während die Lufthansa mit Milliarden von Euros gerettet wurde. Teure medizinische Masken sind in vielen Bereichen des Lebens genauso wie Schnelltests zur Pflicht geworden – doch anstatt genügend für alle, besonders jene, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, bereitzustellen, sackten korrupte Politiker:innen durch krude Deals lieber selbst tausende Euros ein. (…) Das alles hat System! Die Krise heißt nicht Corona, auch nicht Bill Gates oder George Soros, sondern Kapitalismus! Solange nicht der Mensch, sondern der Profit im Vordergrund steht, können wir keine grundlegende Verbesserung der Verhältnisse erwarten. Wenn die Patente der Impfstoffe nicht freigegeben werden, um Profite der Unternehmen nicht zu gefährden, führt uns das vor Augen, was wir wert sind.
Die aktuellen Entwicklungen jeden Montag in Rostock bereiten uns allerdings große Sorgen. Zwar richten sich die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, die auch wir in einigen Punkten in diesem Text kritisieren, jedoch machen sich alle Teilnehmer:innen der Montagsdemos mit Neonazis und rechten Hools gemein.
Davon abgesehen, dass man nicht mit Nazis zusammen durch die Stadt spaziert, verurteilen wir auch die geschichtsrelativierende Juden Vergleiche mit denen sich Teilnehmende auf den Veranstaltung regelmäßig brüsten. Wir haben kein Bock mehr auf Corona, wir haben kein Bock auf Nazis in unserer Stadt und auch kein Bock auf einen Staat für den Profit und Kapital wichtiger sind als die Gesundheit der Menschen…“ Beitrag (anonym) am 17.01.2022 bei indymedia - [Rede am 15.1. in Hamburg] „Wir befinden uns jetzt im dritten Jahr der Pandemie und alles ist scheiße…“
„Wir befinden uns jetzt im dritten Jahr der Pandemie und alles ist scheiße. Wir zahlen mehr Miete als noch im März 2020. Unsere Jobperspektiven sind noch prekärer geworden. Und die Beschäftigten in Krankenhäusern sind nach wie vor am Rande der Erschöpfung. Millionären und Milliardären weltweit hingegen hat die Corona-Zeit die Kassen gefüllt: Während Amazon-Beschäftigte in Flaschen pissen müssen, weil sie keine Zeit für eine Pause haben, konnte der ehemalige Amazon-Besitzer Jeff Bezos sein Vermögen steigern. Allein im Jahr 2020 um 74 Milliarden US-Dollar. Nicht nur der inzidenzwert steigt und steigt – sondern auch unsere Wut. (…)
Und nicht zuletzt sind wir wütend wegen der Querdenken-Aufmärsche in ganz Deutschland: Faschos, Esos und andere besorgte Bürger. Kein Anliegen kann so richtig sein, dass es legitim wäre, Seite an Seite mit Nazis zu laufen. Wo NPD und AfD sich frei bewegen können, kann die Losung nur lauten: Stellt euch ihnen entgegen. Kein Fußbreit den Faschisten!
Leider jedoch haben viele – auch viele Linke – die Kritik an der Regierung und ihrer Verwaltung der Pandemie diesen diffusen Aufmärschen überlassen. Viel ist in Medien, Politikerinnen-Reden und Impfappellen von „Solidarität“ die Rede. Doch was soll das überhaupt noch bedeuten? Längst verschwindet hinter diesem Begriff die Frage nach Interessen. Nach Kräfte–, Macht und Ausbeutungsverhältnissen, die im Kapitalismus immer wenige Gewinner und viele Verlierer produzieren. (…)
Lasst uns gemeinsam wirklich solidarisch sein! Zuallererst natürlich: Lasst euch impfen und boostern, falls ihr es noch nicht seid. Überzeugt alle, die noch nicht geimpft sind. Und dann: Lasst uns für eine Gesellschaft streiten, in der wir nicht unsere Bedürfnisse an das Gesundheitssystem anpassen. Sondern wir das Gesundheitssystem an unsere Bedürfnisse anpassen...“ Redebeitrag beim Protest gegen Querdenken am 15.01.2022 in Hamburg von GROW – Gruppe für den organisierten Widerspruch - [Hamburg am 15.1.22.] Bündnisdemonstration: „SOLIDARITÄT UND AUFKLÄRUNG STATT VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN“
„Die Corona-Pandemie hat die Welt seit fast zwei Jahren fest im Griff. Bis heute (14. Dezember 2021) sind allein in der BRD über Hunderttausend an oder mit dem.Virus verstorben und täglich werden es mehr. Die Inzidenzen der Neuinfektionen sind anhaltend hoch, ein starker Rückgang oder gar ein Ende der Pandemie ist nicht abzusehen. In einigen Bundesländern sind die Krankenhäuser und vor allem deren Intensivstationen überfüllt, eine Triage findet dort statt, lebensnotwendige Behandlungen und Operationen müssen verschoben werden, das ärztliche und pflegerische Personal ist ausgelaugt, viele Beschäftigte aus der Pflege haben inzwischen gekündigt.
Während die Menschen, die täglich gegen die Pandemie ankämpfen, dringend Unterstützung und Solidarität benötigen, gehen in mehreren Städten Verschwörungsideolog*innen, Corona-Leugner*innen und Impfgegner*innen auf die Straße, die nicht nur diese Solidarität verweigern, sondern aktiv zu Rücksichtslosigkeit und Gewalt aufrufen. (…)
Unsere Geduld ist am Ende
Seit Beginn der Pandemie helfen wir diese zu überwinden – als unterstützende Nachbar*innen, als Wissenschaftler*innen, als Aktivist*innen, als Pflegekräfte und Ärzt*innen, als Eltern und Angehörige. Wir lassen uns impfen. Wir tragen Maske und halten physischen Abstand, wo nötig. Wir entlarven und widerlegen Fake News und klären über antisemitische und rassistische Verschwörungsmythen auf. Wir kritisieren eine Corona-Politik, die den Pflegenotstand verschlimmert statt verbessert und der Radikalisierung von Verschwörungsideolog*innen keinen Einhalt gebietet. Wir kritisieren, dass bei Eingriffen in die Grundrechte häufig die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt und die Hamburger Regierung wie am 1.Mai mit willkürlichen Demonstrationsverboten gegen Linke auffährt, während den Coronaleugner*innen alles genehmigt wird.
Es wird Zeit, dass wir den egozentrischen, wissenschafts- und demokratiefeindlichen Verschwörungsideolog*innen eine klare öffentliche Absage erteilen und unsere Forderung nach einem echten solidarischen Umgang mit der Pandemie auf die Straße tragen! Impfverweigerung und Verschwörungsdenken löst die Krise nicht, sondern verschärft sie. Nur mit wissenschaftsbasierter Aufklärung und Solidarität kommen wir aus der Corona-Pandemie. Für eine solidarische Gesellschaft – Alle auf die Straße!“ Aufruf und weitere Informationen beim Hamburger Bündnis gegen Rechts zur Kundgebung ab 12:30 - Hinnehmen oder durchdrehen? – Linke Konfusion in der Spätpandemie
„Anarchist:innen verbreiten esoterische Impfkritik, Feministinnen treten an Anti-Massnahmen-Demonstrationen auf und an linken Veranstaltungen werden Ausweise kontrolliert. Am Anfang der fünften Corona-Welle zeigt sich: Es ist höchste Zeit, die vergangenen Debatten um emanzipatorische Perspektiven wieder aufzunehmen. (…) Die radikale Linke hierzulande hatte zunächst Mühe, sich mit der veränderten Situation zurechtzufinden. Plötzlich standen Aktions- und Organisationsformen, die jahrelang belächelt oder vernachlässigt wurden wieder im Zentrum der Diskussion. (…) In der aktuellen Diskussion um das Covid-Zertifikat bleibt es in der radikalen Linken bislang recht still. (…) Das Zertifikat ist heikel weniger wegen seiner technischen Infrastruktur, sondern weil eine Gewöhnung und Normalisierung von Kontrollen stattfinden kann. (…) Es gibt aber nicht nur die linken Verteidiger:innen der staatlichen Massnahmen, sondern auch seine falschen Kritiker:innen. Die Bewegung, welche seit einiger Zeit wöchentlich auf die Strasse geht, um gegen das Covid-Gesetz, die Impfung und eine vermeintliche Diktatur zu lärmen, ist in den letzten Monaten immer grösser geworden. Auch einige Linke sympathisieren mit den Anti-Massnahmen-Protesten oder nehmen gar daran teil. Leider werfen sie dabei meist die letzten Reste emanzipatorischer Grundsätze über Bord. (…) Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass es innerhalb der Anti-Massnahmen-Proteste ein Milieu gäbe, welches für linke Positionen auch nur halbwegs offen wäre. (…) Es ist unredlich, mit Kritik an Wissenschaft und medizinischer Forschung unter kapitalistischen Bedingungen einen quasi-religiösen Antimodernismus zu legitimieren. Ebenso falsch ist es, durch das Verharmlosen der Pandemie und ihren gesundheitlichen Konsequenzen und mit einem Verweis auf die «Natur des Menschen» dem Sozialdarwinismus das Wort zu reden. (…) Es gilt eine kämpferische, solidarische Perspektive und eine Praxis der gegenseitige Hilfe zu entwickeln: Basisarbeit und Strukturen, die nicht nur an die Lebensrealität der Menschen anschliessen, sondern auch eine sichtbare linke und antiautoritäre Position auf die Strasse bringen. Wir werden in zukünftigen Kämpfen solche Strukturen dringend benötigen. Denn auch die postpandemischen Zeiten, werden voller Verwerfungen sein. Sollte so was wie eine Normalität die nächsten Jahre zurückkehren, wird sie von trügerischer Natur und kurzer Dauer sein.“ Kolumne von Julian Freitag vom 26. November 2021 bei ajourmag.ch - Tretet lieber nach oben! Für einen solidarischen Umgang – auch mit ungeimpften Personen
„… Seit etwa einem Jahr stehen verschiedene Impfpräparate zur Verfügung, in Deutschland galten zum 7. November 67,0 Prozent als vollständig geimpft. Im Zuge der steigenden Impfquote mit gleichzeitigem Abbremsen der Impfbereitschaft in der Gesellschaft kommt es zu hitzigen gesellschaftspolitischen Diskussionen und teils harten repressiven Maßnahmen, um bisher ungeimpfte Personen zur Impfung zu bewegen oder vielmehr zu erpressen. Betreiber*innen von Kultureinrichtungen, Konzertveranstalter*innen oder der Einzelhandel können unter Heranziehung der sogenannten 2G-Regel den Zugang zu ihren Räumlichkeiten für von COVID19 Genesene und geimpfte Personen freigeben und allen anderen den Zugang verwehren; es darf dann teilweise sogar auf die Maskenpflicht und Abstandsregelungen verzichten werden. Waren Supermärkte und andere Orte der Grundversorgung zu Beginn von der 2G-Option ausgenommen, so dürfen diese „2G“ nun auch anwenden. Zudem wurde die Kostenübernahme von Schnelltests beendet und seit dem 1. November 2021 wird ungeimpften Personen bei Quarantäneanordnung die Lohnfortzahlung verwehrt. Die politisch nicht opportune Impfpflicht wird so umgangen, auch wenn deren Einführung mittlerweile wohl ehrlicher wäre. Zudem gibt es noch immer kaum Schutzkonzepte für Schulen, mittlerweile wird in einigen Bundesländern eine Durchseuchungsstrategie gefahren. Mit fortschreitender Pandemiedauer hat sich der Staat immer mehr aus der Verantwortung gezogen und den Pandemieschutz ganz im neoliberalen Sinne dem Einzelnen überantwortet und agiert nun insbesondere mit ökonomischen Druckmitteln. Dass dies allein zum Wohle der Gesundheit der Bevölkerung geschieht, sollten auch diejenigen sich nicht einreden, die Befürworter*innen der 2G-Regelungen oder einer Impfpflicht sind.
Es gibt kaum öffentlich vernehmbare Kritik von links an den neueren Regelungen. Die deutschsprachigen Proteste gegen die Coronamaßnahmen sind in besonderem Maße von der radikalen Rechten getragen, progressive Akteur*innen wollen sich damit verständlicherweise nicht gemein machen. (…)
Die Auswirkungen der Pandemie sind so unterschiedlich wie wir Menschen und unsere Lebensumstände, aber es ist wohl kaum jemand völlig unbeschadet durch die letzten Monate gekommen. Es ist also nachvollziehbar, dass Unverständnis oder gar Wut herrscht, wenn die Option einer Impfung nicht genutzt wird, ist dies doch eine einfache Möglichkeit, sich selbst und andere besser zu schützen. Doch die Gründe, warum sich einige (bisher) nicht haben impfen lassen, sind vielfältig. (…)
Deswegen braucht es auch weiterhin möglichst wohlwollende öffentlich und privat geführte Diskussionen um den solidarischen Umgang miteinander. Es braucht einen unbürokratischen und einfachen Zugang zu Informationen und Impfangeboten. Zudem ist es notwendig, den Impfzugang weltweit schnellstmöglich zu verbessern, eine Pandemie kann nur global umfassend bekämpft werden.
Gleichzeitig braucht es eine entschiedene und fundierte Kritik am staatlichen Handeln der letzten Monate. Denn es macht nicht alles Sinn oder ist aus grundrechtlicher Sicht verhältnismäßig: So benachteiligen kostenpflichtige Tests arme Menschen. Häufiges Testen ist zudem auch für Genesene und Geimpfte weiterhin sinnvoll, 2G-Regelungen könnten eine Sicherheit vermitteln, die schnell von der Realität überholt werden.
Zweitens können uns aus radikaldemokratischer und menschenrechtlicher Sicht einige Entscheidungen noch teuer zu stehen kommen. Der Abbau etwa von Arbeitnehmer*innenrechten in Abhängigkeit von Gesundheitsdaten wird nicht beim Umgang mit der COVID-Impfung stehen bleiben. Dass dies von der gesellschaftlichen Linken und den Gewerkschaften kampflos zugelassen wurde, ist erbärmlich.
Es braucht ein Eintreten auch für die Rechte, insbesondere Arbeitsrechte, der (noch) nicht Geimpften bei gleichzeitiger klarer Positionierung für einen umfassenden Gesundheitsschutz aller, für eine Patient*innen- und personalzentrierte Pflegereform, für die Unterstützung besonders betroffener Gruppen und Branchen. Es braucht insbesondere transnationale Solidarität und Zusammenarbeit und insbesondere die Aufhebung der Impfstoff-Patente.“ Beitrag von Michèle Winkler am 10.11.2021 beim Grundrechtekomitee - Bündnisdemonstration am 25.09. in Hamburg: Für ein solidarisches Klima: Organisiert die Antifa!
„Seit über anderthalb Jahren bestimmt die Corona-Pandemie unser Leben. Sie hat die gesellschaftlichen Widersprüche noch deutlicher offenbart und die soziale Ungleichheit verschärft, in Deutschland und weltweit. In dieser Zeit haben sich unheilige Allianzen gegen die vermeintliche „Corona-Diktatur“ gebildet: Neo-Nazis marschierten Seite an Seite neben veganen C-Promi-Köchen, Schlagersängern und Esoteriker*innen. Mittlerweile hat „Querdenken“ an Zulauf verloren, zurück bleibt ein radikalisiertes und im Kern strukturell antisemitisches Milieu. Während der eine Teil der Verschwörungsideolog*innen auf Telegram ganz offen über Anschläge auf Synagogen, linke Zentren und Migrant*innen diskutiert, möchte der andere Teil mit der Partei “dieBasis” einen parlamentarischen Arm aufbauen. Seit Jahren vollführt die AfD diese Funktion für diverse rassistische, antisemitische, sexistische und queerfeindliche Strömungen. Durch rechte Hetze in den Parlamenten, politischen Einfluss und nicht zuletzt durch Finanzierung stärkt die AfD rechte Bewegungen und verschiebt kontinuierlich die Sagbarkeitsgrenzen nach rechts. Die Anschläge in Hanau und Halle und der Mord an Walter Lübcke zeigen, dass Rechte nicht nur reden, sondern handeln. Rechter Terror bleibt eine reale Gefahr und rechtsterroristische Taten sind niemals Einzelfälle! Sie sind eingebunden in den rassistischen Normalzustand, in dem sich BPoCs tagtäglich zur Wehr setzen müssen und müssen als solche verstanden werden. Der Kampf gegen rechten Terror ist immer auch ein Kampf gegen gesellschaftlichen Rassismus und Antisemitismus. Von der kürzlich verstorbenen Antifaschistin und Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano stammt das Zitat: „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen!“ Wie recht sie damit hatte, illustrieren die Schlagzeilen über rechte Netzwerke, die regelmäßig in den Reihen der Polizei und Bundeswehr auffliegen. (…) Mut macht die Politisierung der Jugend, die sich gegen die Klimakrise engagiert und dabei Feminismus, Antirassismus und Antifaschismus mitdenkt! Mut machen die feministischen Proteste der vergangenen Jahre! Mut machen Migrantifa-Strukturen und neue Bündnisse, die migrantische Perspektiven hör- und sichtbar machen! Organisieren wir uns für ein besseres Morgen – Gegen jeden Rassismus, gegen jeden Antisemitismus! Another world is possible! Für ein solidarisches Klima: Organisiert die Antifa“ Aufruf auf der Aktionsseite zur Bündnisdemonstration am 25.09. in Hamburg – 15:00 Uhr Gerhart-Hauptmann-Platz - Aktionstag 21.8.2021: WIR KÖNNEN UNS DIE REICHEN NICHT MEHR LEISTEN
„Ein Anwesen auf den Bahamas, Bermudas oder auf Saint-Bathélemy? Soll ich meine Milliarden lieber nach Malta oder Luxemburg verschieben? Welche Lobbyorganisation schützt mein Vermögen am besten und soll ich meinen Anteil an Deutsche Wohnen verkaufen? Kommt dir bekannt vor? Uns auch nicht! Unsere Lebensrealität dreht sich nicht um Privatjets, Steueroasen und Machtsicherung. Reiche können sich solche Fragen stellen, weil wir für sie arbeiten gehen. Wir erwirtschaften ihr Vermögen in Fabriken und Büros, die ihnen gehören. Wir zahlen horrende Mieten in Wohnungen, mit denen sie ihren Besitz vergrößern. Bei Stange gehalten werden wir mit der Erzählung, dass wir alle den Aufstieg schaffen können, dass Leistung sich bezahlt macht; es käme nur auf dich selber an, auf deinen Fleiß und deine Disziplin. Und schon finden wir uns in dem Zwang wieder, für die Onkel-Dagobert-Fantasien Anderer zu ackern – um zu überleben. (…) Anstatt dieser Realität entgegenzuwirken, bevorteilt die Politik Reiche: Vermögen werden nicht effektiv besteuert und Steuertrickser*innen geschützt. Die fehlenden Einnahmen werden bei der breiten Bevölkerung abgesahnt. Wir alle müssen mehr Steuern zahlen und leiden unter den Kürzungen der Ausgaben für das Gemeinwohl. Die Regeln im Kapitalismus-Game sind offensichtlich: immer von arm zu reich. Die Konsequenzen treffen uns hart. In den Städten explodieren die Mieten, weil unser Zuhause nicht nur Wohnraum ist, sondern Anlageobjekt von Wohnungskonzernen und deren Aktionär*innen. So wandert ein wachsender Teil unseres Gehalts in die unbesteuerten Taschen einiger Weniger. Letztlich sehen wir dabei zu, wie sich unsere Viertel durch Verdrängung zunehmend in Rückzugsorte für Reiche verwandeln. Auch mit der Klimakatastrophe stehen wir vor einer existenziellen Bedrohung bei der die soziale Ungleichheit ihr Übriges tut (…) Wir können uns die Reichen und ihren exzessiven Lebensstil nicht mehr leisten! So wenig wie die Corona-Gesundheitskrise, ist die soziale Krise überwunden. Der Welt der Reichen, in der nur Wenige profitieren, stellen wir unsere Welt der Vielen entgegen: der Angestellten und Arbeiter*innen, der Prekären, der Migrant*innen, der Illegalisierten und Marginalisierten, der Queers, der Studierenden und Rentner*innen, der Be_hinderten, der Überflüssigen, der Freaks und Künstler*innen. Wir sind Klasse. Holen wir uns, was uns zusteht – laut, schrill, bunt und wild!“ Aufruf bei WerHatDerGibt , dort auch Infos zu allen bisher 17 Städten – für Aktuelles siehe @WerHatDerGibt auf Twitter - Hässlicher „Antiautoritarismus“. Missverständnisse über Freiheit in einer bürgerlichen Gesellschaft mit kapitalistischer Marktwirtschaft
„Es kann gute Gründe dafür geben, staatliche Politik und staatliches Handeln zu kritisieren. Auf den Umkehrschluss ist aber kein Verlass: Keineswegs jede Person, die staatliche Maßnahmen beanstandet, tut dies aus Gründen, deren Inhalt Anerkennung verdient. In der Corona-Pandemie konzentrieren sich manche auf allerlei Kritik am „Obrigkeitsstaat“. Auffälligerweise fragen sie selten, welcher normative Standpunkt dieser Zeitdiagnose zugrunde liegt. Er besteht – so die These dieses Artikels – häufig in Missverständnissen über Freiheit in einer bürgerlichen Gesellschaft mit kapitalistischer Marktwirtschaft. (…) Innerhalb der Marktwirtschaft haben die Individuen wohl oder übel ein ambivalentes Verhältnis zueinander. Der Vertrag bildet die Normalform der Geschäftsbeziehungen. Inhaltlich sind die Interessen der „Partner“ eines Vertrags oft einander entgegengesetzt. Im marktwirtschaftlichen Tausch (Geld gegen Ware bzw. Dienstleistung) verfolgen die Teilnehmer ihren Sondervorteil oder ihr Privatinteresse. Zugleich müssen sich die Teilnehmer an Waren-, Konsum- und Arbeitsmärkten an die rechtlichen Regeln der marktwirtschaftlichen Ordnung halten. Diese überwinden allerdings nicht die Ursachen, die aus Kooperation eine antagonistische Kooperation machen. Die Motive dafür, Transaktionen mit anderen Marktteilnehmern einzugehen, und die für sie notwendige allgemeine Verkehrsordnung stehen in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander. (…) Die Privateigentümer „sind niemandem etwas schuldig, sie erwarten sozusagen von niemandem etwas; sie gewöhnen sich daran, stets von den anderen gesondert zu bleiben, sie bilden sich gern ein, ihr ganzes Schicksal liege in ihren Händen“ (Alexis de Tocqueville 1987, 149). Kooperation und Solidarität sind in diesem Horizont nicht oder nur randständig vorgesehen. (…) Weit verbreitet ist die Überzeugung „Ich kann doch machen, was ich will“. In der Corona-Pandemie ist diese Parole häufig ausgerechnet dann zu hören, wenn um die Einhaltung der Schutzregeln gebeten wird. Die Freiheit der Willkür, innerhalb der Grenzen, die durch die Rechtsordnung gesetzt sind, souverän und nicht rechtfertigungspflichtig über das eigene Eigentum verfügen zu können, ist für die bürgerliche Gesellschaft zentral. (…) Viele Demonstranten gegen die Corona-Politik übertreffen mit ihrem Egoismus und Egozentrismus noch das in der Marktwirtschaft übliche Ausmaß. Die Marktwirtschaft schwächt Empathie, Vertrauen, Wohlwollen, Anteilnahme und Weitsicht empfindlich. Viele, die die Maßnahmen gegen die Seuche pauschal ablehnen, zeigen gegenüber den international anerkannten Virologen und Epidemiologen einen extremen Mangel an „Zutrauen zu einem Menschen“, das „seine Einsicht dafür ansieht, dass er meine Sache als seine Sache, nach bestem Wissen und Gewissen, behandeln wird“ (Hegel 7, 478). Die Skepsis gegenüber unbegründeter Vertrauensseligkeit ist legitim. (…) Als Sozialcharakter dürfte gegenwärtig der pseudoindividualistische Subjektivitätstyp („homo irregularis“) weiter verbreitet sein als der autoritäre. Hier ist „Autonomie in bloßen Trotz umgeschlagen“ und zu einem „asozialen Anschein von Freiheit geworden“ (Anders 2001, 93). Bei vielen Kritiken des vermeintlichen Obrigkeitsstaats in der Corona-Pandemie fragt sich: Wie unterscheiden sie sich substanziell von neoliberalen Plädoyers und von anarcholiberalen US-Bürgern? Letztere sehen den Grund allen Übels in „zu viel Staat“.“ Beitrag von Meinhard Creydt vom 26. Mai 2021 bei Telepolis - „Solidarisch geht anders!“ – Breites Bündnis startet Kampagne
„„Raus aus der Krise – nicht zurück“ will das Kampagnenbündnis „Solidarisch geht anders!“ Angesichts der aktuellen Krisenpolitik und sich verschärfender sozialer Ungleichheit fordern mehr als 60 Organisationen der Zivilgesellschaft umfassende Maßnahmen für gerechte und ökologische Auswege aus der Corona-Krise. Bis Oktober sind mehrere thematische Aktionstage geplant. Auftakt ist eine gesundheitspolitische Aktionswoche vom 8. bis 16. Juni, bei der die Patentfreiheit von Impfstoffen im Mittelpunkt steht. In einem heute veröffentlichten Aufruf schlägt das Bündnis „Solidarisch geht anders!“ konkrete Maßnahmen für die Bereiche Gesundheit, materielle Sicherheit, Sorgearbeit, gleiche Rechte für alle und Klimagerechtigkeit vor. Die Abkehr von der Gewinnorientierung in Krankenhäusern zählen ebenso dazu wie Investitionen in soziale Infrastruktur, die Umverteilung von Reichtum und globale Bewegungsfreiheit. Die Kampagne schließt damit an mehrere zivilgesellschaftliche Initiativen an, die mit ähnlicher inhaltlicher Stoßrichtung in den letzten Wochen an die Öffentlichkeit gingen. Diese Impulse will die Kampagne mit einem breiten, themen- und bewegungsübergreifenden Bündnis auf die Straße tragen. Bis zur Bundestagswahl im Herbst sollen mehrere thematische Aktionstage die Forderungen in der Öffentlichkeit sichtbar machen und so Druck entfalten. Den Auftakt bildet eine gesundheitspolitische Aktionswoche vom 8.-16. Juni. Am 4.9.2021 schließt sich die Kampagne der bundesweiten Demonstration des #unteilbar-Bündnisses an. Alle Aktionen werden corona-konform durchgeführt. Unterstützt wird das Bündnis unter anderem von Oxfam, Medico International, den Bewegungsnetzwerken Seebrücke, Fridays for Future und Ende Gelände sowie von zahlreichen Personen aus Kultur und Wissenschaft…“ Aus der Pressemitteilung des Bündnisses vom 20.5.21 zum Aufruf auf der Kampagnenseite mit weiteren Infos - [Berlin am 28.12.21] Parks auf, Betriebe zu. Aktivisten demonstrieren gegen Ausgangssperre
„In Berlin haben am Mittwochabend mehrere Hundert Aktivisten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung demonstriert. Unter dem Motto »Close Factories Not Parks« zogen sie vom Neuköllner Herrfurthplatz zum Urban-Krankenhaus in Kreuzberg. Anlass waren die am Samstag in Kraft getretenen Ausgangsbeschränkungen. Auf der Demonstration, zu der die Interventionistische Linke (IL) aufgerufen hatte, wurden diese scharf kritisiert. Die Ausgangsbeschränkungen seien ein »autoritäres Placebo«, das die Ausbreitung des Virus nicht eindämmen würde, hieß es. So verwiesen die Aktivisten auf Erkenntnisse von Aerosolforschern, die nahelegen, dass Menschen sich vor allem im Innenbereich, aber kaum draußen infizieren. In einem Aufruf zu der Demonstration stellen sie die Frage: »Wieso sollen wir dann abends eingesperrt werden, nur um uns morgens wieder in die Öffis zu quetschen und zur Arbeit zu fahren?« Ein Redner erklärte auf der Zwischenkundgebung in der Neuköllner Hasenheide, dass neben der Bundesregierung lediglich Konzerne und Polizei die Ausgangssperren gutheißen würden. Die einen, weil sie weiter Profit machen könnten. Die anderen, weil sie die Maßnahme nutzten, um migrantische Jugendliche in Parks wie der Hasenheide zu drangsalieren. Statt den Ausgangsbeschränkungen, die das Verlassen der Wohnung ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 für den Zeitraum zwischen 22 Uhr und 5 Uhr untersagen, bräuchte es einen Lockdown für die Wirtschaft. Die Aktivisten schlugen unter anderem eine dreiwöchige bezahlte Arbeitspause und die Schließung aller nicht-systemrelevanten Unternehmen vor. Konzerninteressen dürften keinen Vorrang vor der Gesundheit haben, so der Tenor der Demonstration. Deutlich werden sollte, dass die Corona-Pandemie trotz Kritik an einzelnen Maßnahmen ernst genommen wird. So trugen auch nahezu alle Teilnehmer Masken…“ Bericht von Yannic Walther vom 29.04.202 im ND online mit einem Video der Demo- Zur grundrechtlichen Kritik an den Ausgangssperren siehe unser Dossier: Die Gesundheitsdiktatur (?) – Notstand wegen Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat
- [Dresden am 24.4.21] Nehmt Ihr uns den Frühling, nehmen wir euch die Ruhe! – Für einen solidarischen Lockdown statt sozialer Isolation für Profite „Die sogenannte “Notbremse” auf Bundeseben ist durch. Es soll endlich Schluss sein mit den uneinheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Es soll Schluss sein damit, dass alle Bundesländer ihr eigenes Süppchen kochen und es soll endlich zu strikten Maßnahmen bei der Überschreitung des Inzidenzwertes kommen, um das Virus nachhaltig einzudämmen. Nach einem Jahr einfallslosem Hin und Her klingt das doch erst mal ganz nett, oder? Auf den ersten Blick ja. Auf den zweiten Blick fällt mal wieder auf, dass die “neuen” Maßnahmen wieder nur das Privatleben einschränken, kleine Betriebe und kulturelle Einrichtungen schließen sowie die Gastronomie und den Breitensport weiter vor die Hunde gehen lassen. Im Gegenteil: Das Gesetz ist ein schlechter Scherz! Erneut offenbart es die Unfähigkeit der Regierung die grasierende Pandemie in den Griff zu bekommen und legt den menschenverachtenden Zynismus des Kapitalismus offen. Denn während es die nächsten Monate eine, sowohl juristisch als auch medizinisch mehr als umstrittene Ausgangssperre von 22 bis 05 Uhr sowie Kontaktbeschränkungen geben wird, wird die Wirtschaft weiterhin geschont und gepampert. Auch die inzidenzbezogene Ungleichbehandlung von Kitas und Schulen kann so gelesen werden. Fällt es den Menschen nämlich deutlich einfacher sich ausbeuten zu lassen, wissen sie ihren Nachwuchs tagsüber in guten Händen. Und während die einen Tests angeboten bekommen, diese aber nicht wahrnehmen müssen, während sie sich auf dem Weg zur Arbeit im ÖPNV, in den Schlachthäusern, Büros, Lagerhallen und auf den Baustellen gegenseitig anstecken dürfen, gehen die Beschäftigten im Gesundheitssektor auf dem Zahnfleich. Und das seit einem verdammten Drecksjahr, in dem keine Lehren aus dem Bis-Jetzt gezogen worden sind! Und jetzt? Jetzt verbannt man die Leute wieder in ihre Wohnungen, insofern sie welche haben?...“ Aufruf vom 24.4.2021 bei URA Dresden zur Spontanversammlung am Arthesischen Brunnen (Albertplatz) am 24.4.2021 um 21:45 – siehe für Berichte diese auf Twitter
- Spontandemo in Dortmund: Arbeit niederlegen – Ausgangssperre aufheben
„Etwa 150 Menschen demonstrierten am Abend in Dortmund gegen die Ausgangssperren und für einen solidarischen Lockdown der Wirtschaft. Die Demonstration zog vom Dortmunder U durch die Innenstadt und über die Münsterstraße zum Nordmarkt. In Parolen und Megafondurchsagen forderten die Demonstrant:innen eine Umkehr in der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Statt einer repressiven Politik gegen die Bevölkerung mit zweifelhafter Wirksamkeit sollten Industrie und Wirtschaft endlich ihren Anteil zur Bewältigung der Lage beitragen. In Anlehnung an die Kampagne „Zero Covid“ solle für mehrere Wochen die Produktion umfassend eingestellt werden, um die Infektionszahlen auf null zu reduzieren und im Anschluss zu kontrollieren, statt von einer Welle in die nächste zu stolpern. Scharfe Kritik äußerten die Demonstrant:innen auch an der Querdenker-Bewegung, gegen deren Proteste sie sich scharf abgrenzenten…“ Bericht vom 23. April 2021 bei Autonome Antifa 170 - Demo in Potsdam am 24. April: Solidarische Zukunft statt Kapitalismus – Kämpferisch und mit Abstand gegen das kapitalisitische Pandemiemangement
„Seit einem Jahr regiert der Beat des Pandemiemangements unsere Leben im Zweiwochentakt. Und trotzdem: Infektions- und Todesraten bleiben hoch, wir gehen brav arbeiten und müssen uns mit starken Beschränkungen von Bewegungsfreiheit und Rechten arrangieren. Unsere Belastungsgrenzen sind erreicht, soziale Beziehungen bröckeln, Familien leiden unter Mehrbelastungen. Existenzgrundlagen gehen verloren, nicht nur in der Gastro- oder Kulturbranche. Dabei ist unter dem Bemühen, sich und andere nicht anzustecken, so einiges aus dem Blick geraten. Dass das Ansteckungsrisiko in unserer Freizeit größer sein soll als auf Arbeit, ist nur eine Aspekt davon. Es läuft schlecht. Und irgendwie klappt nichts: Finanzielle Hilfen kommen viel zu spät und die Impflogistik versagt. Die Gesundheitsämter können die Aufgabe der Pandemiebekämpfung nicht erfüllen und in den Krankenhäusern mangelt es an Personal und Ressourcen. Hardliner einer repressiven Sicherheits- und Überwachungspolitik nutzen die „Gunst der Stunde“, um die Befugnisse von Polizei und Militär auszudehnen. Die halbherzige Lockdownpolitik hat das Infektionsgeschehen außer Kontrolle geraten lassen, staatliche Institutionen versagen und nötige grundlegende Veränderungen wurden bisher nicht angegangen. Den Preis für dieses Versagen zahlen dabei diejenigen, denen es wirtschaftich und sozial ohnehin nicht gut ging. Gerade wer wichtige Sorgearbeit leistet, für uns Kinder, Kranke und Alte betreut, aber auch prekär Beschäftigte und kleine Selbstständige tragen die größten Risiken und die größten Lasten. Der Applaus für ihre “Systemrelevanz” zu Beginn der Pandemie hat sich für die meisten der in diesem Bereich Beschäftigten nicht ausgezahlt…“ Aufruf von patient:innen gegen die kapitalistische leidkultur bei inforiot zur Demo am 24. April 2021, 14 Uhr, Potsdam Babelsberg Rathauskreuzung, siehe für Aktuelles patient:innen gegen die kapitalistische leidkultur auf Twitter - Schließt Fabriken, nicht die Parks
„In verschiedenen Städten wenden sich linke Gruppen gegen die Ausgangssperren, nicht aber gegen die Corona-Maßnahmen generell. Die Initiative „Freie Linke“ hingegen sieht sich als linker Flügel der Querdenker-Bewegung (…) Im linksalternativen Univiertel Nordstadt [Hannover] wurde gegen eine Ausgangssperre aber für einen „solidarischen Lockdown“ demonstriert. „Unsere Wirtschaft muss brumm‘ – die Ausgangssperre, einfach dumm“, lautete die zentrale Parole auf dem Transparent , deren Reimmaß etwas unbeholfen, die aber politisch unmissverständlich war. Die Proteste gegen die Ausgangssperre gingen in Hannover in der ersten Aprilwoche weiter. In einer auf der linken Onlineplattform Indymedia veröffentlichten Erklärung hieß es, dass fünf Nächte in Folge ca. 90 Menschen zunächst unangemeldet in Hannover-Nordstadt gegen die Ausgangssperre protestiert hätten. Nachdem die Polizei die Protestierenden eingekesselt hatte, hätten Anwohner im Stadtteil durch laute Musik und Applaus von Balkonen und Fenstern unterstützt. In der Erklärung wird betont, dass die Initiative nicht von linken Gruppen, sondern von Anwohnern ausgegangen sei. (…) In Hamburg sind die Ausgangssperren seit dem 1. April zwischen 21 und fünf Uhr in Kraft. Auch dort gab es kurz vor Inkrafttreten der Beschränkungen im Stadtteil St. Pauli eine Demonstration von circa 250 Linken , die forderten, die Produktion in den Betrieben einzuschränken, statt die privaten Kontakte einzuschränken. (…) Nachdem in verschiedenen Städten in NRW Ausgangsbeschränkungen verhängt wurden, gab es auch in Köln und Wuppertal linke Proteste dagegen. Allerdings lehnen diese linken Kritiker der Ausgangssperren jede Zusammenarbeit mit der Querdenken-Bewegung ab. Dagegen versteht sich die Initiative „Freie Linke“ explizit als linker Flügel der Querdenkenbewegung und beteiligt sich auch an deren Demonstrationen, so auch bei den von der Polizei aufgelösten Aktionen am vergangenen Samstag. Geri, ein Aktivist der Freien Linken begründet gegenüber Telepolis, warum sich seine Initiative an Demonstrationen beteiligt, an denen auch rechte Gruppen mitlaufen…“ Artikel von Peter Nowak vom 19. April 2021 in Teleplis , siehe auch:- Protest gegen Ausgangssperren in Bielefeld: Büros von SPD und CDU abgesperrt – „Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten“
„Die Türen zu den Büros von der CDU (Turnerstraße) und SPD (Arndtstraße) wurden am Samstagnachmittag mit Absperrbändern und Holzpaletten versperrt. An den Absperrbändern hängen Schilder mit den Sprüchen: „Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten“, „Wirtschafts-Lockdown statt Ausgangssperre“, „Menschen vor Profite. Kapitalismus abschaffen“. Verantwortlich für diese Aktion zeigt sich die Antinationale Linke Bielefeld. „Wir lassen uns nicht von der Regierung nachts einsperren, während wir tagsüber weiter zur Arbeit gezwungen werden, um für die Profite der Unternehmen zu schuften.“, erklärt Anton Hoch, der Sprecher der Gruppe. Die Bundesregierung plant nächtliche Ausgangssperren von 21 Uhr bis 5 Uhr ab einer Inzidenz von 100. Die linke Gruppe kritisiert allerdings nicht nur die Ausgangssperre, sondern die Coronapolitik insgesamt: „Wir wollen, dass diese Pandemie endlich besiegt wird. Das gelingt aber nicht, wenn die Wirtschaft von den Maßnahmen ausgeklammert wird. Dabei wäre ein Lockdown von nicht versorungsrelevanten Wirtschaftssektoren in anbetracht von immer neuen Infektionsherden in Betrieben dringend notwendig. Symbolische autoritäre Maßnahmen wie Ausgangssperren sind hingegen nutzlos.“…“ Pressemitteilung vom 17.4.21 bei alibi – Antinationale Linke Bielefeld mit Fotos der Aktion - Siehe zur Kritik an Ausgangssperren unser Dossier: Die Gesundheitsdiktatur (?) – Notstand wegen Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat
- Protest gegen Ausgangssperren in Bielefeld: Büros von SPD und CDU abgesperrt – „Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten“
- [#unteilbar] Statement der solidarischen Gesellschaft anlässlich erneuter Mobilisierungen von „Querdenken“ und anderen Pandemieleugner*innen im Frühling 2021
„Egoismus und Rücksichtslosigkeit zerstören den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wer sich „Querdenken“ anschließt, fordert eine Gesellschaft, in der die gesundheitlichen Gefahren für Millionen Menschen geleugnet werden und in der antisemitisch konnotierte Verschwörungserzählungen an die Stelle von überprüfbaren Fakten treten; in der die demokratische Debatte durch das Recht der Stärkeren ersetzt und die Zusammenarbeit mit Faschist*innen zur Normalität wird. In einer solchen Gesellschaft wollen wir nicht leben. Viele von uns würden sie nicht überleben. Das Hinterfragen staatlicher Politik, auch der Corona-Maßnahmen, ist wichtig. Wo es notwendig ist, üben wir Kritik. Dabei sind wir uns einig: Verschwörungserzählungen, Rassismus und faschistische Ideologien sind niemals legitim. Als solidarische Gesellschaft setzen wir uns für das Wohl aller Menschen ein. Wir wollen eine Politik, die niemanden zurücklässt und die verhindert, dass in der Krise einige immer reicher und viele immer ärmer werden. Wir erwarten die ausnahmslose Einhaltung der Menschenrechte, vorausschauendes Handeln und Raum für demokratische Kontrolle, der einer offenen Gesellschaft entspricht. Wir wollen eine lebenswerte Zukunft für alle – in der Krise und danach! Wir verzichten momentan weitgehend auf den massenhaften Ausdruck unserer Forderungen auf der Straße, weil Kontaktbeschränkungen und Abstand wichtige Mittel des Infektionsschutzes sind. Wenn wir auch in Pandemiezeiten demonstrieren, halten wir uns an die Hygieneregeln. Wir planen gemeinsam die nächsten Proteste für einen klimagerechten, sozialen, antirassistischen und geschlechtergerechten Weg aus der Krise und unterstützen uns dabei gegenseitig. Zusammen streiten wir für eine Zukunft, die von allen mitgestaltet werden kann. (…) Wir sind Menschen, die gegen die Pandemieleugner*innen auf die Straße gehen, kreative Aktionen machen und aktiv widersprechen, und Menschen, die aufgrund der Pandemie gerade nicht mehr geben können als ihre symbolische Unterstützung. Wir machen zusammen deutlich: Hinter den solidarischen Gegenprotesten steht eine große Mehrheit! „ Statement vom 4. April 2021 von und bei #unteilbar mit Möglichkeit der Unterzeichnung - [Offenbach] Fünf Punkte gegen Corona
„Weil Corona eine ernste Bedrohung für unser Leben ist, müssen wir dem Kampf dagegen eine hohe Priorität einräumen. Die offiziellen Maßnahmen gegen Corona entwickeln sich aber jede Woche mehr zu einem Kampf gegen das bisschen Leben, das uns noch nach Feierabend bleibt. Schon der lächerliche Vorschlag, Osterdonnerstag für einen Tag die Wirtschaft, herunterzufahren scheiterte am politischen Willen. Nach einem Jahr Corona und mehr als 75.000 Toten haben wir keine Geduld mehr, und sehen es auch nicht mehr ein, die Last alleine zu tragen. Im Moment scheint jede bestehende Verletzlichkeit ausgenutzt zu werden, um die Schwächsten weiter zu belasten. Dagegen fordern wir fünf Sofortmaßnahmen um unser (Über)Leben unter Coronabedingungen wenigstens etwas erträglicher zu machen. Bezahlter Sonderurlaub statt Ausgangssperren! Erzwungene Betriebsferien sind ein effizienter Weg die allgemeine Mobilität und Kontaktzahl zu senken. Wir sind bereit unseren Beitrag zur Infektionsreduktion leisten, in dem wir uns nicht mehr auf der Arbeit oder dem Weg dorthin anstecken. Verdopplung des Budgets für Frauenhäuser! Für viele ist Zuhause kein sicherer Ort. Der allgemeine Stress entlädt sich häufig in häusliche Gewalt. Um davor Schutz finden zu können ist jetzt sofort ein Ausbau der Frauenhäuser-Infrastruktur notwendig. Stop von Zwangsräumungen! Trotz Corona gehen die Räumung von prekär lebenden Menschen auch in Offenbach weiter; die Appelle Zuhause zu bleiben werden zynisch, wenn gleichzeitig Menschen ihr Zuhause genommen wird. Auflösung von Massenunterkünften und Öffnung der Hotels für Bedürftige! In Massenunterkünften ist Kontaktreduktion faktisch unmöglich, gleichzeitig ächzt das Hotelgewerbe unter Schließungen. Retten wir die Hotels und ermöglichen Menschen einen sicheren Rückzugsort mit Würde und Privatsphäre. Straßen zu öffentlichem Raum! Wir wollen unsere Familie, Freunde und Nachbarn draußen treffen können, damit wir uns nicht drin anstecken müssen. Um kontaktarme Begegnungen im Freien zu ermöglichen, um den Frühling gegen die Vereinsamung in Stellung zu bringen, fordern wir Straßen für den Autoverkehr zu sperren und Begegnungsräume zu schaffen. Angesichts der galoppierenden dritten Welle von Corona-Infektionen hat die Stadt Offenbach am 29.03.2021 eine nächtliche Ausgangssperren verhängt. Der Oberbürgermeister scheint beweisen zu wollen, das unser Leben tatsächlich auf das von Ameisen (Arbeiten – Essen – Arbeiten – Essen) reduziert werden kann. Er sagt explizit, Ausgangssperren seien die Alternative zu Beschränkungen der Wirtschaft. Tatsächlich sind weite Teile der Wirtschaft (besonders: Produktion, Immobiliensektor und Bürojobs) praktisch unbeschränkt, die Politik spricht höchstens unverbindliche Empfehlungen aus. Die Belastungen sollen auf uns abgewälzt werden, damit die Exportweltmeisterschaft nicht gefährdet wird. Andere Handlungsfelder werden vollkommen ausgeklammert. Wir aber sind nicht mehr bereit zu verkümmern und zu sterben, bloß damit der Laden läuft…“ Aufruf vom 31.03.2021 mit einigen offenbacher Organisationen bei „Beta.KollektivGut.Kiosk“ - Jahrestag der Pandemie: Die Offenheit muss wieder links sein
„Am Anfang der Pandemie stand die Hoffnung, dass sich die Gesellschaft im Ausnahmezustand neu erfinden könnte. Sie ist verpufft, weil politisch so vieles versäumt wurde. (…) Wenn Corona auch eine Chance war, Gesellschaft anders zu denken – warum hat das letztlich nicht stattgefunden? Das ist die Frage, die mich seit einem Jahr im Stummen wachsend begleitet, schon durch die Wirren der ersten Welle, als die Menschen noch nicht so müde waren und das Warten auf den Frühling bis in den Sommer dauerte, bevor sich der Herbst in seiner Sorglosigkeit entfaltete – und für mich die eigentliche Entfremdung begann. Mit eigentlich meine ich: Ich hatte schon am Anfang der Pandemie verwundert auf viele Menschen in meiner Nähe geschaut, die weltoffen und progressiv sind, dachte ich, und dabei im Angesicht der eigenen Angst ziemlich rasch zu Reaktionen neigten, die ich zu eng fand und fast schon autoritär, teilweise im Alltag denunziatorisch, unduldsam, selbstgerecht und vor allem staatsnah, also im Einklang mit der Macht, den Maßnahmen, den Regeln. Und es war ja richtig, diesen Regeln zu folgen, die sich aus dem Lernen und Reagieren ergaben – es war aber genauso richtig, von Anfang an darüber nachzudenken, was die Folgen der Maßnahmen sein würden, für die Armen, für die Geflüchteten, für die Frauen, für die Kinder, für die Abhängigen, für bestimmte Branchen, für den Alltag, für alles, was das Leben ausmacht. Vor allem war es richtig, fand ich immer, in Alternativen zu denken, in Szenarien jenseits des Lockdowns. (…) Aber je länger die Krise dauerte, desto mehr zeigte sich: Der Lockdown ist letztlich alles, was uns geblieben ist. Zum Lockdown, so schien es früh, gab es keine Alternative, die Möglichkeitsräume des Denkens und Handelns wurden eng gemacht. Dabei wäre genau hier der Moment gewesen, gerade für progressive Positionen, auf die Veränderungsoptionen zu drängen, auf die Offenheit, das Experiment, auch das technologisch Machbare. (…) Und hier wäre ja eine progressive oder linke Position gewesen, in der Kritik der Macht einen Weg zu finden, wie eine andere Antwort als der Lockdown hätte aussehen können – aber statt die gesellschaftlichen Kämpfe dort zu lassen, wo sie hingehören, im Feld der Politik, wurden die Auseinandersetzungen, die Lagerkämpfe, die Rechthaberei auf das Feld der Wissenschaft verlegt, was besonders unglücklich war, denn erstens kannten sich die allerwenigsten damit aus und zweitens wurde Wissenschaft mit Wahrheit verwechselt, der Prozess also mit dem Ergebnis. Aber auch Wissenschaft ist nicht Wahrheit, sie ist ein Ringen um die Wahrheit, eine Annäherung – und in vielem ist das, was der Wissenschaft gelang, tatsächlich ein Triumph. (…) Die Lücke im demokratischen Diskurs klafft weit. Von einigen wird auf einen oft etwas eindimensionalen Freiheitsbegriff verwiesen; von links aber wird dem auch geistigen Mangel, wie so oft in gegenwärtigen Debatten, kaum etwas entgegengesetzt. Und das ist fatal, denn ein anderes Handeln ist notwendig, nicht nur in der Pandemie – mehr Experimente, mehr Tasten, Testen, Forschen, mehr Kreativität und Vertrauen, mehr Scheitern, das sein darf, und Fehler auch, mehr demokratische Energie und Veränderung, mehr Hoffnung und Optimismus, mehr konstruktive Ideen, wie es gehen könnte, trotz aller Widerstände. Demokratie, Macht, Staat muss immer neu verhandelt werden und könnte, sollte sich für unsere Zeit anders darstellen; auch das ist eine Lehre aus Corona. Aber mir scheint es so, als sei das Krisen- und damit Veränderungsbewusstsein in vielen Bereichen der Gesellschaft immer noch nicht vollständig ausgeprägt – und hier ist auch eine Verbindung zur Großkrise dieses Jahrhunderts, der drohenden Klimakatastrophe. Das Fahren auf Sicht des 20. Jahrhunderts trägt hier nicht mehr, es ist auch das Gegenteil des Experimentierens im Großen wie im Kleinen, wie es das 21. Jahrhundert erfordert…“ Essay von Georg Diez vom 9. März 2021 in der Zeit online- Wir haben dies – nicht ohne kritische Aspekte dabei – zur Diskussion dokumentiert. Siehe auch Anmerkungen im Thread von Trickywuh am 11.3.21 auf Twitter
- Corona – Kapitalismus – Krise. Fahrraddemo für linke Antworten auf die Corona-Krise am 27. Februar in Frankfurt
„2021 – Die ganze Welt muss auf die Corona-Pandemie reagieren. Die ganze Welt? Nein, während alles dafür getan wird, um das kapitalistische System aufrechtzuerhalten, nimmt man dafür die Ausbeutung und die Gesundheitsrisiken für Angestellte und Arbeiter*innen in Kauf. Anstatt Betroffene wirksam zu unterstützen, kommt Unterstützung lediglich Großkonzernen zugute. Abgesichert werden die Gewinne und Renditen des Kapitals, während die Prekarisierung von immer mehr Lohnabhängigen zunimmt. Die Spanne zwischen oben und unten (Arm und Reich) wächst während der Krise weiter, befeuert durch den Staat. Die Krise heißt Kapitalismus und nicht nur Corona. Denn ein ausbeuterisches System und neoliberale Strukturen können nur zu einer ausbeuterischen und ausschließenden Krisenpolitik führen. Während wir uns im privaten immer weiter einschränken und isolieren sollen, sind die einzigen sozialen Kontakte, die zulässig sind, jene, die wir auf dem Weg zur Arbeit im überfüllten ÖPNV und auf der Arbeit haben. Nach Feierabend ist es uns verboten, an der frischen Luft, die nachweislich das Infektionsrisiko deutlich vermindert, noch ein Bier zu trinken, geschweige denn es mit den Kolleg*innen und Freund*innen zu tun. Doch als wäre das nicht ausreichend, wird in bester Aufstandsbekämpfungsmanier eine nächtliche Ausgangssperre diskutiert und in manchen Bundesländern auch durchgesetzt, um an kalten Winternächten alle von der Straße fernzuhalten, die die leere Stadt für einen Spaziergang nutzen wollen. (…) Gleichzeitig werden Reiche immer reicher und dabei auch noch vom Staat finanziert wie der reichste Mann der Welt beim Bau eines Autowerks bei Berlin. Dieses “Naturgesetz” des Kapitalismus wird in der Krise scheinbar noch beschleunigt. Menschenfeindliche Milliardäre können weiter ihren persönlichen Traum von der Eroberung des Mars träumen oder Paketsklav*innen für sich schuften lassen, um immer mehr Profite zu generieren. Parallel dazu sollen wir diese Krise bezahlen, statt den Bonzen endlich ihre Villen abzunehmen. #StayAtHome (und bezahl gefälligst deine Miete) ist im Angesicht der nicht genutzten Möglichkeiten für Wohnungslose eine Farce. Während Hotels leerstehen und dringend Einnahmen brauchen, müssen Menschen noch immer auf der Straße leben. (…) Das alles und noch viel mehr Scheiße wird auf dem Rücken von seit Jahren unterbezahlten und überarbeiteten Angestellt*innen im kaputtgesparten, (teil)privatisierten Gesundheitssystem ausgetragen. Selbst bei Kontakt mit Corona-positiven Patient*innen im Gesundheitssektor gibt es keine volle, verpflichtende Quarantäne für die dort Arbeitenden. Diese grandiose Idee nennt sich Pendel-Quarantäne. (…) Zur Kontrolle dieser sozial prekären Situation wird in Deutschland ein hochgerüsteter Polizeiapparat aufgefahren. In diesem Lockdown haben Menschen selbstverständlich das Bedürfnis nach sozialen Kontakten, außerhalb der alltäglichen wirtschaftlichen Ausbeutung. Doch auch hier wird mit zweierlei Maß gemessen (…) Für uns klar, dass es in einer Pandemie Einschränkungen für uns alle geben muss, um uns und unsere Freund*innen, Familie, Kolleg*innen und alle anderen zu schützen. Ein Zurück zur Normalität, wie es Querdenken fordert, ist kein Fortschritt, sondern ein Weiter so; mit Ausbeutung, Verdrängung, Wohnungslosigkeit, Gewalt gegen FLINTA*-Personen und Rassismus. Es braucht einen solidarischen Umgang und eine kollektive Verantwortungsübernahme. Wir fordern Hilfe für alle, die nicht täglich eine Betreuung für ihr Kind organisieren können. Wir fordern Hilfen für alle, die prekarisiert, marginalisiert und zurückgelassen werden, anstatt Hilfen für Konzerne, welche vor der Krise bereits Milliarden gescheffelt haben…“ Aufruf bei „Aufklärung statt Verschwörungsideologien!“ zur Fahrraddemo für linke Antworten auf die Corona-Krise am Samstag, 27.02.2021 ab 13 Uhr in Frankfurt, Merianplatz (#ffm2702) – siehe auch auf Twitter - Plakataktion und Forderungkatalog „5+5 Für Solidarität gegen Corona“ in Dresden: „Coronapandemie? Nicht auf unseren Schultern!“
„Seit nun schon fast einem Jahr wütet die Corona Krise, nicht nur in Deutschland. Auch hier treffen die sozialen Folgen der Pandemie zuerst und vor Allem diejenigen, deren Lebensbedingungen vorher schon schwer waren: junge Menschen, Menschen ohne sicheres zu Hause, wirtschaftlich Abgehängte, gesellschaftlich Ausgegrenzte, Geflüchtete und Menschen in anderen prekären Lagen. Die Initiative „Nicht auf unseren Schultern“ veröffentlicht dazu einen Katalog aus 10 Forderungen „5+5 Solidarität gegen Corona“. Dieser wurde in mehreren 1.000 Ausgaben an Einwohner:innen verteilt. „Fünf dieser Forderungen sind SOFORT realisierbar und müssen aus unserer Sicht auch sofort umgesetzt werden.“, so Sprecher:in Noah Jarusch. „Insbesondere während eines Lockdowns muss allen Menschen ein sicheres zu Hause garantiert werden, alle müssen Zugang zu wichtigen Informationen haben und finanzielle und soziale Probleme müssen abgefangen werden. Alle, die in Notgeraten sind brauchen sofortige und umfassende Hilfe! Diese Schritte sollte niemand fordern müssen. Sie sollten selbstverständlich sein!“ Die Initiative fordert in diesem Zusammenhang konkret unter anderem einen Rechtsanspruch auf Mietstundung, die Nutzbarmachung von leerstehendem Wohnraum aber auch bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung für essenzielle Berufe, die Verbesserung der Situation von Geflüchteten und die Umlagerung der Kosten auf wirtschaftlich privilegierte. Bei der kurzfristigen Perspektive soll es aber nicht bleiben…“ Pressemitteilung bei NAUS zur Plakataktion der Initiative „Nicht auf unseren Schultern“ unter dem Motto „Coronapandemie? Nicht auf unseren Schultern!“ in Dresden. Dabei wurden im gesamten Stadtgebiet, Werbeplakate mit Forderungen aus dem Katalog „5+5 Für Solidarität gegen Corona“ ersetzt – siehe die Forderungen zum Download: SOFORT und GLEICH - RLS-Dossier „Solidarisch gegen Corona“ / „Corona und kein Ende? Linke Perspektiven in der Pandemie“
„Nach einem Jahr Pandemie sind die Infektionszahlen in Deutschland hoch und neue Mutationen machen das Virus noch unberechenbarer. Trotz tiefgreifender Maßnahmen sind viele Regierungen unfähig, einen konsequenten Gesundheitsschutz auch in der Arbeitswelt durchzusetzen, oder die nicht lebenswichtige Produktion einzuschränken. Allein die private Solidarität der Bürger*innen soll uns aus der Krise führen. Doch die Ressourcen vieler Menschen sind erschöpft, finanziell, zeitlich und emotional. Impfstoffe sollen die Lösung bringen, doch das Patentsystem orientiert sich an den Interessen der Pharmakonzerne und unterläuft eine gerechte Verteilung, die notwendig ist, um die Pandemie weltweit einzudämmen. Wie muss eine solidarische Pandemiepolitik aussehen, hierzulande und im globalen Maßstab? Wie können wir das Virus nachhaltig und demokratisch bekämpfen? Welche Politiken verhindern soziale und ökonomische Verwerfungen? Wie lässt sich Solidarität praktisch organisieren?“ Einleitung zum Dossier bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung , siehe auch das Dossier zur Corona-Krise der Zeitschrift Luxemburg „Corona und kein Ende? Linke Perspektiven in der Pandemie“ - Demo „Gegen Corona und Kapitalismus“ in Würzburg am 30.01.2021: Rede von Klein-Nizza
„Wir haben auf der heutigen Demo „Gegen Corona und Kapitalismus“ in Würzburg einen Redebeitrag zur Impfstoffproduktion und globalen Verteilung im Kontext von kapitalistischer Marktlogik gehalten, den wir hier veröffentlichen wollen: Die EU und die deutsche Politik zeigen mit ihren Impfkampangen momentan mal wieder ihre Unfähigkeit. Sie kuschen vor den Impfstoffherstellern und sind nicht in der Lage, eine ausreichende Aufklärungskampange über die Impfstoffe gegen Corona umzusetzten. Doch darum soll es heute nicht gehen. Obwohl die Impfstoffversorgung hierzulande kathastrophal ist, ist Deutschland trotz allem Teil der 5 reichsten Industrienationen, die sich den Großteil des am Markt verfügbaren und in zukunft produzierten Impstoffs gesichert haben. Global betrachtet ist die Situation noch weitaus schlimmer. Für ärmere Nationen beudeutet dies, das eine ausreichende Versorgung mit Impfstoff zumindest mittelfristig unmöglich sein wird. (…) Es kann nicht sein, dass im Angesicht einer globalen tödlichen Pandemie Geld zur Impfstoffentwicklung in Privatunternehmen investiert wird, ohne die Verpflichtung zur Patentfreiheit, und diese damit enorme Profite generieren. Es kann nicht sein, dass es sich diese Pharmaunternehmen dann auch noch erlauben können, weniger Impfdosen auszuliefern, weil aus den Fläschen neuerdings bis zu 6 statt 5 Impfdosen entnommen werden sollen. Es kann nicht sein, dass u.a. die EU, Großbritannien und die USA einen Antrag von über 100 Staaten bei der WTO immer wieder blockieren, der eine Vor-Ort Produktion von Coronaimpstoff-Generika ermöglichen würde. Es kann nicht sein, dass ein impfbasierter Schutz vor dem Coronavirus an den Reichtum des Staates geknüpft ist, in dem man lebt. Die Forderungen nach gerechter globaler Impfstoffverteilung aus der Vergangenheit spiegeln sich nicht in den Handlungen der politisch verantwortlichen wieder. Denn die Welt befindet sich in einem globalen Verteilungskampf, untereinander und mit den Herstellern der Impfstoffe, den die reichsten Länder gewinnen. Wir fordern, diesen zu beenden. Jede:r Mensch auf dieser Welt, egal auf welchem Kontinent er lebt, muss Zugang zum bisher effektivsten Schutz gegen den Virus haben! Weil jedes Menschenleben schützenswert ist! Wir fordern: gebt die Impfstoffpatente frei, weltweit! Wir fordern: Beendet die Unterwerfung des Gesundheitswesens unter die Marktlogik des Kapitalismus! Wir fordern: Vergesellschaftet das Gesundheitswesen! Fangt mit den Produktionsstätten der Impfstoffe an!…“ Rede von Klein-Nizza – linksradikale Gruppe aus Würzburg – bei der Demo der Antifa Würzburg am 30.01.2021 – siehe zum Hintergrund unser Dossier: Petition von medico für die Aufhebung des Patentschutzes auf alle unentbehrlichen Medikamente: Patente garantieren Gewinne. Und töten Menschen. - [Demo in Berlin am 23.01.2021] Corona ist das Virus – Kapitalismus die Pandemie. Lockdown Capitalism! Solidarität und Selbstorganisation als Anwort auf die Krise
„Die Regierungen begegnen der Corona-Pandemie mit Einschränkungen, Lockdowns, Ausgangssperren, sozialer Isolation und dem Slogan „stay home, stay safe“. Der Staat macht deutlich, dass es wichtiger ist, den Kapitalismus am Laufen zu halten, als uns zu schützen und zu unterstützen. Profit zuerst. Der Unterschied zwischen verschiedenen Arten von Arbeit macht dies besonders deutlich. Während die einen ins Homeoffice geschickt werden, wird vielen dieses Privileg verwehrt und sie müssen sich der Krise jeden Tag ohne ausreichenden Schutz stellen. Arbeiter*innen in Supermärkten, Lieferdiensten, Fabriken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas können nicht einfach von zu Hause aus arbeiten. Menschen werden genötigt, überfüllte öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und ihren Tag an einem Ort zu verbringen, an dem die Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber oft nicht umgesetzt werden, da der Gesundheitsschutz dem Geschäftsprofit untergeordnet wird. Tausende migrantische Saisonarbeiter*innen, aus dem (EU-)Ausland dafür eingeflogen, sind dazu gezwungen, in beschissenen Arbeitsverhältnissen auf engstem Raum in Ernte- und Schlachtbetrieben zu arbeiten und in Massenunterkünften zu wohnen. Und zugleich sollen wir uns freuen, wenn wir überhaupt noch einen Job haben. (…) Wir dürfen uns nicht vereinzeln lassen, wir müssen zusammen kommen, uns organisieren und kämpfen, in Betriebsräten und mit Arbeitsniederlegungen für mehr als nur Krisenbewältigung. Für die Überwindung der Lohnarbeit und der kapitalistischen Verhältnisse. Die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems werden durch die aktuelle Gesundheitskrise noch verstärkt. (…) Die Aneignung des Begriffs der „sozialen Verantwortung“ durch die Regierungen soll verdecken, dass sie eigentlich nichts für die Menschen in dieser Krise tun. Stattdessen ermahnen sie uns, in unserem Privatleben verantwortlich zu handeln, um das hohe Infektionsrisiko auszugleichen, das wir eingehen müssen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Einschränkungen und Kontrollen für die Allgemeinheit, Hilfspakete für große Konzerne. Wie könnten wir für uns selbst verantwortlich sein, in einer Gesellschaft der Kontrolle und Unterdrückung? Wir müssen uns gegenseitig unterstützen, solidarisch mit unseren Nachbar*innen und in unseren Kiezen sein. Nachbarschaftshilfe und Kiezkommunen sind eine Möglichkeit, uns so zu organisieren, dass niemand allein gelassen wird. (…) Wir sehen unsere Verantwortung in zwei Dingen, die nicht voneinander zu trennen sind: Uns gegenseitig schützen – und dafür auch auf die Straße gehen, um uns auszutauschen, zu organisieren und zu kämpfen – für ein besseres Morgen. Nur gemeinsam sind wir stark genug, um die Krise zu überwinden und das System zu verändern!“ Aufruf des Bündnisses „Lockdown Capitalism – Solidarität und Selbstorganisation als Antwort auf die Krise“ zur Demo in Berlin am 23.01.2021 um 15 Uhr am Carl von Ossietzky Park (vor dem Knast Moabit, U9 – Turmstr. / S-Bhf. Bellevue) - Flächenbrand als System
„… Jeder Kampf hat seine Berechtigung und jeder ist wichtig. Das gilt auch für die Kämpfe, die hier noch gar nicht erwähnt wurden, also etwa in den Betrieben, gegen Rassismus, gegen den Mietenwahnsinn und die Gentrifizierung, für Hartz-IV-Empfänger*innen, Drogensüchtige, Obdachlose. Für radikale Linke gibt es alle Hände voll zu tun, es wird nicht weniger und es ist letztlich egal, an welcher Stelle sie versuchen, Flammen auszutreten, um an die Analogie vom Anfang anzuschließen. Es gibt aber folglich auch keinen Grund, die eigene Bewegung, den eigenen Kampf für bedeutsamer zu halten als andere. Vielleicht kann man das als Wunsch fürs neue Jahr formulieren: dass sich diese Einsicht noch mehr durchsetzt. Denn noch zu oft sind die Kämpfe der Linken zu unverbunden, geradezu isoliert voneinander. Es kann und muss hier noch viel mehr zusammengeführt werden. Eine gelingende Verbindung von Kämpfen kann aber nur da stattfinden, wo sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass es in dieser Gesellschaft zwar viele Brandnester gibt, aber nur einen Brandherd, nur eine Brandursache: den Kapitalismus. Alle in diesem Beitrag geschilderten Krisenphänomene sind auf dieses System zurückzuführen und ein gemeinsamer Kampf setzt voraus, dass man sich zuerst auf eine Agenda einig: Der Kapitalismus muss weg, mit Stumpf und Stiel!“ Beitrag von Kristian Stemmler vom 9. Januar 2021 im lowerclassmag - Mitten in der Coronakrise eröffnete die selbstorganisierte »ada_kantine« in Frankfurt/Main
„Dieser Text ist entstanden an einem runden Tisch, der nicht rund war. Strenggenommen war er auch gar kein Tisch, sondern bestenfalls eine Ansammlung loser Bretter. Und ähnlich wie der Tisch ist auch dieser Beitrag allenfalls der Versuch, die verschiedenen Hintergründe und Perspektiven, die in der »ada_kantine« ihr temporäres Un-Zuhause gefunden haben, in eine Form zu bringen. Um einmal aus dem Hamsterrad der Alltagsbewältigung auszubrechen, haben wir uns in Ruhe an diesen Tisch gesetzt und gefragt: „Was machen wir hier eigentlich? Was ist die politische Dimension unserer Arbeit? Und wohin soll die Reise gehen?“ Als Projekt entstanden in Reaktion auf die verschärfte Situation bedürftiger Menschen und doch in utopischer Absicht, stießen wir dabei nicht zuletzt auf die Widersprüche von akuter Not und den eigenen Ansprüchen auf Selbstermächtigung und Inklusion. Tatsächlich begann alles sehr schnell: Ende Mai dieses Jahres – mitten in der gesellschaftlichen Schockstarre der ersten Corona-Welle – kaperte ein kleiner, aber bunt gemischter Zusammenschluss lokaler Initiativen die leerstehende Mensa der ehemaligen »Akademie der Arbeit«, kurz »AdA«, auf dem alten Universitätscampus in Frankfurt am Main. Die vom Gewerkschaftsbund gegründete Einrichtung, die hier seit den 1920-Jahren Arbeiter*innen Zugang zu akademischer und politischer Bildung ermöglichte, hinterließ nicht nur eine professionell ausgestattete Großküche mit geräumigem Speisesaal, sondern auch einen gemütlichen Hinterhof mit anliegendem Garten. Die kurzfristige Gelegenheit, die Räume zu neuem Leben zu erwecken, traf dabei auf die desaströse Lage wohnungsloser und bedürftiger Menschen, die sich, wie sich in der Hochphase der Coronakrise deutlich zeigte, keineswegs auf die bestehenden städtischen Einrichtungen verlassen können. In Windeseile wurden Möbel, Gastrogeräte und Geschirr aus verschiedenen Restaurantauflösungen herangekarrt und nach nur vier Wochen Vorbereitung sowie einigen Probekochdurchläufen mit experimentierfreudigen Nachbar*innen konnte die »ada_kantine« Anfang Juli feierlich eröffnen. Seitdem bietet wir drei Mal die Woche ein veganes Mittagsessen aus Lebensmittelspenden und auf solidarischer Preisbasis an. An Sonntagen kommen mittlerweile bis zu 130 hungrige Gäste. (…) Die Aufgabe der »ada_kantine« kann und soll sich eben nicht darin erschöpfen, Menschen „einfach nur satt zu machen“, wie Anya von der beteiligten Künstler*innengruppe »andpartnersandcrime«, die zum Projekt Gestaltung und Design beigetragen hat, es ausdrückt. Das scheint zum weit geteilten Konsens geworden zu sein. Keinesfalls soll die »ada« zum bloßen Lückenfüller staatlichen Versagens werden, sollen die fatalen Folgen zunehmender Armut und Obdachlosigkeit, die sich in Frankfurt besonders drastisch zeigen, funktional verwaltet werden. Jenes „mehr als das“ lässt allerdings erheblichen Raum für die unterschiedlichsten Interpretationen, Vorstellungen und Forderungen. (…) Anya geht hier noch einen Schritt weiter. Sie sieht in der »ada_kantine« die Chance, geltende Grenzziehungen der Reproduktionsarbeit, die Unterscheidung zwischen denen, die die Infrastruktur herstellen und denen, die sie nutzen, ins Schwimmen zu bringen (…) Einige kommen als Gäste und stehen am Ende des Tages mit einer Schürze hinter der Spüle, andere haben das Projekt mit aufgebaut und kommen jetzt nur noch sonntags zum Mittagessen. Müsste man nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen, dann könnte man vielleicht behaupten, dass viele eint, dass sie irgendwie nicht in das gängige System passen oder daran kaputt gegangen sind…“ Beitrag von Eleonora Herder und Yannik Böckenförde vom 21.12.2020 in Común , Magazin für stadtpolitische Interventionen (Autorinnen sind Teil der »ada_kantine«) - Anarchistische Initiative Ljubljana: Produzieren, konsumieren, gehorchen!
„Die Spannungen in der Gesellschaft nehmen von Tag zu Tag zu. Die Epidemie enthüllt zunehmend die Widersprüche und Risse des kapitalistischen Systems, dessen Manager – der Staat – nicht einmal mehr den Eindruck erwecken wollen, dass der Zweck darin besteht, die verheerenden Auswirkungen des tödlichen Virus zu verringern. In unserer stark kontrollierten und bürokratisch verwalteten Welt ist nichts natürlich und völlig zufällig, auch wenn die Behörden uns davon überzeugen wollen, dass eine Coronavirus-Pandemie eine Katastrophe dieser Art ist. Was die Fähigkeit der Gesellschaft untergräbt mit solchen Krisen umzugehen, sind nicht „verantwortungslose Nachtschwärmer“ oder Versammlungen im privatem Bereich, sondern Jahrzehnte der absichtlichen Zerstörung öffentlicher Dienstleistungen, die ansonsten allen zugänglich sein sollten und ihre schrittweise Umwandlung in Konsumgüter. (…) Weder Regierung noch Kapital sehen in uns etwas anderes als Verbrauchsmaterialien, deren einzige Aufgabe darin besteht, zu produzieren, zu konsumieren und zu gehorchen. Wer alt oder verletzlich ist, muss in dieser Krise als Kollateralschaden der gewaltsamen Bemühungen um die Aufrechterhaltung des Ausbeutungs- und Verwüstungssystems den Tod in Kauf nehmen . Um die Maßnahme in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, bekämpfen wir als Gesellschaft nicht nur eine Epidemie, welche die Kapitalisten belohnt und die überwiegende Mehrheit der Menschen zunehmend marginalisiert, vernachlässigt und behindert, sondern auch den aggressiven Versuch, eine autoritäre Herrschaft einzuführen. Es ist seit langem klar, dass diese Episode von „Jansismus“ nicht nur ein provinzielles und lokales Symptom einer speziellen slowenischen Psychose ist, sondern ein Spiegelbild der globalen Transformation des neoliberalen Konsenses in ein neues Modell der Gesellschaftsorganisation. Eine dieser Eigenschaften der Transformation ist die endgültige Zersetzung der liberal-demokratischen „Hülle“, welche die autoritäre Willkür und die Akkumulation von Kapital in gewissem Maße bremste. Während der Epidemie wurden viele Länder, nicht nur Slowenien, zu einem Labor, um die Grenzen der Regierung unter den Gegebenheiten der Pandemie in Richtung eines permanenten Notstands zu verschieben. (…) Trotzdem gibt es selbst in den düstersten Zeiten Hoffnungsschimmer. Schließlich hängt der gesamte Reichtum einiger wenigen Menschen, wie ihre Privilegien und Autorität über unser Leben, von unserer Arbeit und der Teilnahme an ihrem Ausbeutungssystem ab. Es reicht daher schon aus, die Rolle als unverzichtbares Menschenmaterials, in die wir gedrängt werden, abzulehnen und damit das Recht zu gewinnen, echte Entscheidungen über unser Leben zu treffen. Die Idee eines Generalstreiks, der bereits öffentlich diskutiert wird, scheint ein guter Schritt in diese Richtung zu sein, aber es ist dabei nicht notwendig, sich auf die Führung von Parteien und eigennützigen Gewerkschaften zu verlassen. Kein Retter wird uns aus dieser Katastrophe herausholen (…) Wir können uns nur aufeinander verlassen, auf die Hebel der sozialen Macht und auf eine gemeinsame Vision einer besseren Zukunft von Freiheit, Würde, Autonomie und Gleichheit…“ Beitrag der Anarchistische Initiative Ljubljana vom 18. Dezember 2020 übersetzt und veröffentlicht am 23. Dezember 2020 bei Enough14D - Besonderer Hohn – Gegen die staatliche Coronapolitik
„Mitte November 2020 veröffentlichte die deutsche Regierung eine Reihe von Videoclips, welche junge Menschen dazu anregen sollten, im Angesicht der aktuellen Pandemiewelle zu Hause zu bleiben und „Nichts zu tun“. In den Videos berichten vermeintlich ehemalige Studierende im Jahr 2060 davon wie sie im Winter 2020/2021 besondere Held*innen gewesen sein, indem sie „Nichts getan“ hätten. (…) Tausende von Studierenden waren/sind während der Pandemie gezwungen entweder ihr Studium aufzugeben oder sich zu verschulden. Der Rest ist gezwungen während der extrem belastenden Situation der Pandemie und der Isolation weiter für die Uni zu arbeiten. Teilweise wurden die Leistungensanforderungen noch verschärft. Das Bild von dem*der Student*in die*der faul ist und nichts tut ist also nicht nur falsch, es ist reiner Hohn. Der isolierte Blick auf (nicht-arbeitende) Student*innen ist aber ein noch größerer Hohn. In einem der Videos wird von unsichtbaren Gestalten Pizza angeliefert – ob die auch einfach zuhause bleiben und „nichts tun“ können? Als Held*innen werden sie allerdings von den Videos nicht gefeiert. Diese Unsichtbarmachung aller, die für die bestehende Ordnung schuften müssen, ist kein Fehler des Systems – es ist Ausdruck des Systems. Wer nicht Teil der (zukünftigen) Ober- und Mittelklasse ist, ist nach dieser Logik kein vollwertiger Mensch. Die staatlich-kapitalistische Ordnung braucht Milliarden Menschen, die so abgewertet werden. Deren Leiden und Bedürfnisse werden von Regierungen teils aus Ignoranz (Politiker*innen leben oft in einer elitären Blase), teils absichtlich (damit die staatliche Ordnung nicht delegitmiert wird) unsichtbar gemacht. (…) Um es klar zu sagen: die staatlich-kapitalistische Ordnung ist eine zentrale Verursacherin der aktuellen Pandemie. Ohne die vom Staat und Kapitalismus vorangetriebene Ausbeutung der Umwelt wäre (Massen-)Tierhaltung und eine Globalisierung bei der die Reichen und Weißen sich frei und schnell um den Planeten bewegen, während die Armen und Nicht-Weißen dafür arbeiten und kaum Bewegungsfreiheit haben, unmöglich. (…) Wie in jeder anderen katastrophalen Situation haben wir die Wahl mit der Selbstorgansation unserer Leben zu beginnen oder weiter die autoritären Strukturen des Staates zu stärken. (…) Umso wichtiger ist es jetzt aktiv zu werden…“ Beitrag vom 14. Dezember 2020 von und bei der Schwarzen Ruhr-Uni - Berlin-Wedding am 12.12.2020: Demonstration „Für eine soziale und demokratische Lösung der Krise“
„Welche Forderungen müssen wir als klassenkämpferische Linke in Zeiten von Corona stellen? Und wie können wir soziale Ziele gemeinsam erreichen? Das zeigten am 12.12.2020 die Stadtteilgruppe „Hände weg vom Wedding“ und Unterstützer:innen auf den Straßen Berlins auf. Etwa 150 Menschen versammelten sich unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygienemaßnahmen gegen 12 Uhr zunächst zu einer Kundgebung mit dem Motto „Für eine soziale und demokratische Lösung der Krise“ am U-Bahnhof Pankstraße. Verschiedene Redner:innen thematisierten in Beiträgen in erster Linie die ungerecht verteilten Belastungen in der Krise, die vor allem die Lohnabhängigen, unter ihnen noch einmal in besonderem Maße Frauen und Trans-Personen, Erwerbslose, prekäre Mieter:innen, Wohnungslose und Geflüchtete trifft. Die Corona-Krise wird auf dem Rücken all derer ausgetragen, die vom kapitalistischen Reichtum ohnehin weitestgehend ausgeschlossen sind, während die Vermögen der Reichen beständig wachsen. Auch innerhalb der Klasse der Lohnabhängigen bestehen Abstufungen in den täglich in Kauf zu nehmenden Risiken. Während Einige verhältnismäßig sicher zuhause im Home-Office arbeiten können, müssen sich Kurierfahrer:innen, Fabrikarbeiter:innen, medizinisches Personal und andere der ständigen Gefahr einer Infektion aussetzen, ohne dafür wenigstens anständig entlohnt zu werden. Die soziale Krise kommt dabei zur globalen Klimakrise hinzu, die uns in der Pandemie zum Beispiel durch eine verstärkte Nutzung von PKWs vor neue Herausforderungen stellt, wie „Fridays for Future“ in einem Redebeitrag verdeutlichte…“ Bericht und Video der Demo bei revoltmag.org - „United we stand – unsere Solidarität gegen ihre Repression“: Demo gegen Repression und Überwachung in Freiburg
„Heute am 12.12.20 haben sich um 13:13 etwa 200 Menschen am Bertoldsbrunnen zur Anti-Repressions und Überwachungsdemo „United We Stand“ zusammengefunden. Am Siegesdenkmal vorbei ging es zum Arbeitsgericht Freiburg, an der JVA entlang und endete schließlich vor der Polizeiwache Nord. Dabei waren viele verschiedene aktivistische Gruppen mit einem Redebeitrag beteiligt. Aber auch Außenstehende zeigten sich solidarisch und protestierten gemeinsam gegen die Verschärfung der Polizeigesetze, die Videoüberwachung in der Innenstadt, Razzien und Untersuchungen, das 129er Verfahren, Racial Profiling, die G20 Prozesse sowie Repressionen die sich gegen UmweltaktivistInnen und kurdische Bewegungen richten. Hier könnt ihr die einzelnen Reden nochmal in voller Länge hören:“ – im Beitrag des Radio Dreyeckland vom 12. Dezember 2020 - Corona: Regierungsversagen und notwendige Gegenwehr
„… Einen Erfolg hat der „Lockdown light“ bisher nicht gebracht. Die Regierung hat die Kontrolle über die Entwicklung der Pandemie verloren, die Zahlen der Infizierten und der Toten steigen unverdrossen weiter, Krankenhäuser und Gesundheitsämter geraten an ihr Limit. Hotspots können nicht lokalisiert werden. (…) Es hat auch nicht den Anschein, als wollten Bund und Länder noch ernsthaft etwas tun, um Infektionsverläufe nachzuvollziehen. Sie hangeln sich jetzt mit blinden Maßnahmen (AHA-Regeln und ungezielte Kontaktverbote) durch die kommenden Wochen, bis die ersten Impfungen da sind. Dann wird ihre Strategie aufgegangen sein, die Pandemie mit Kontaktverboten einzudämmen und auf einen schnellen Impfstoff zu hoffen ‒ an den zutage getretenen Schwachstellen der öffentlichen Infrastruktur jedoch nichts zu verändern und den bisherigen Stiefel weiterzufahren, dass der Staat seine Infrastrukturaufgaben mehr und mehr Privaten überlässt. Die Strategie der Regierenden wird aufgegangen sein, und trotzdem wird sie ein Beispiel für eine gescheiterte Seuchenbekämpfung genannt werden müssen. (…) Die Maßnahmen, die flächendeckend verhängt werden, zielen darauf ab, den zwischenmenschlichen Kontakt zu unterbinden, damit das Virus sich nicht ausbreitet. Das ist an sich richtig, wenn es denn erstens konsequent und zweitens situationsgerecht durchgesetzt würde. Beides ist nicht der Fall. (…) Was in den nicht konsum- und dienstleistungsnahen Betrieben passiert, darüber erfährt man kaum etwas. Die Gewerbeaufsicht wird nicht aufgestockt, damit mehr Kontrollen durchgeführt werden können. Der Staat übt weiterhin keinen Druck aus, dass gerade in Branchen, die als „systemrelevant“ gelten wie etwa Transport und Logistik, Belegschaften nicht behindert werden in ihren Versuchen, Interessenvertretungen aufzubauen, die auch auf die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze achten könnten. Technische und organisatorische Maßnahmen wie der Einbau von Filteranlagen in öffentlichen Räumen, die kostenlose Ausgabe von FFP2-Masken, die Aufstockung von öffentlichen Transportmitteln finden nicht statt. Dabei wären sie billiger als die Subventionierung von Einnahmeausfällen bei Großbetrieben, die nur Mitnahmeeffekte produzieren. (…) Die Kontaktbeschränkungen bilden ein ernsthaftes Hin-dernis für die Mobilisierung einer Gegenwehr. Das nutzen viele Unternehmen für eine regelrechte Ausbeutungs-offensive, vor allem in der Automobilindustrie: Daimler etwa nutzt die Gunst der Stunde schamlos, um mehrfach gegebene Zusagen in Bezug auf Arbeitsplatzsicherungen zu brechen und sogar mit der Stilllegung des Stammwerks Untertürkheim zu drohen, Opel droht mit mehreren tausend betriebsbedingten Kündigungen in Rüsselsheim.. (…) Trotz der Beschränkungen: Wir müssen aktiv werden. Gesundheits- und Arbeitsschutz in den Betrieben selbst in die Hand nehmen. Gegen Privatisierung und Ökonomisierung konsequent vorgehen.L asst uns eine starke soziale Front gegen Gewerkschaftsbekämpfung, Entlassungen und Spardiktate bilden.“ Corona-Erklärung des Sekretariat der ISO vom 8. Dezember 2020 - Adventskalender von »Wer hat, der gibt«
„Mit unserem Enteignungs-Adventskalender werfen wir 24 Tage lang einen Blick auf Akteur*innen, deren Vergesellschaftung ein Gewinn für uns alle wäre.“ Onlinekalender von »Wer hat, der gibt« , in dem finanzstarke Konzerne und Akteure vorgestellt weren, deren Vergesellschaftung und Enteignung sich für die Krisenfinanzierung eignen - Going Viral. Organisierung in Zeiten von Corona
„Wir befinden uns mitten in einer neuen Welle von Covid-19-Infektionen und mit ihr zeichnen sich erneute massive Einschränkungen von Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ab. Die Folgen der Kontaktsperren für linksradikale Politik und Strukturen haben wir im Frühjahr am eigenen Leib erleben dürfen. Damit sich das nicht wiederholt, möchten wir zu einem reflektierten, kritischen und daraus folgernd auch widerständigen Umgang mit den verordneten Maßnahmen in Bezug auf politische Aktivitäten aufrufen! Wir alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie Zentren nicht aufgemacht haben aus der begründeten Angst vor der Pandemie. Organisierungsprozesse sind abgebrochen, weil wir uns nicht mehr getroffen haben. Themen wie zum Beispiel Überwachung und Kontrolle oder die Privatisierung des Gesundheitssystems, die uns als Linke schon jahrelang beschäftigen, wurden im Zuge der Pandemie in den Mainstreammedien diskutiert. Doch haben wir es versäumt, diese Themen kontinuierlich zu besetzen und auf die Straße zu bringen in einer Zeit, in der sie teilweise anschlussfähig gewesen wären. Die großen Mobilisierungen zu #BlackLivesMatter und #leavenoonebehind zeigen, dass es möglich gewesen wäre. Statt dessen gelang es verstrahlten Aluhüten mit weiten Überscheidungen in rechtsextreme Milieus, Themen wie Grundrechtseinschränkungen zu besetzen. (…) Das Bedürfnis, sich solidarisch zu verhalten, traf auf die Unkenntnis, wie das denn konkret umsetzbar wäre. Die Definition von Solidarität erfuhr eine orwellsche Transformation: Solidarisch war, wer NICHT ins Altenheim ging. Statt dessen wurde aus der eigenen Verunsicherung heraus von vielen der staatlich-verordnete “verantwortliche Umgang” mit der Situation übernommen, ohne zu hinterfragen, woher eigentlich der Inhalt dieser speziellen “Verantwortung” kam. (…) Das Übernehmen dieser staatlich verordneten Verhaltensregeln führt zudem dazu, dass alle, die davon abweichen, als “Gefährder*innen” wahrgenommen werden. Dieser Spaltpilz zerlegt soziale Kämpfe und lähmt emanzipatorischen Widerstand sehr viel gründlicher, als es Repressionsorgane je vermögen. (…) Wir erleben, wie Trittbrettfahrer*innen der Pandemie die Angst vor Covid-19 nutzen, um ihre autoritären Agenden durchzusetzen. Das Feld dieser Krisengewinnler*innen ist weit. Corona-App, Telemedizin, Telebildung, bargeldloses Bezahlen, pandemieresistente Smart Cities bewohnt von digital voneinander isolierten Individuen, die zwischenmenschliche Kontakte als auszumerzende Bedrohung darstellen und durch plattformvermittelte Dienste ersetzen wollen. (…) Die Disziplinierung und Diskriminierung der “gefährlichen Klassen” wird verschärft. Ob es Obdachlose sind, denen Bußgelder aufgedrückt werden, weil sie sich während der Ausgangssperre nicht in ihrer Wohnung aufgehalten haben, oder die unverhältnismäßig hohe Anzahl von Bescheiden wegen Verstößen gegen migrantische Jugendliche. (…) Die Armen sind die gefährliche Klasse, nicht nur wegen potenzieller revolutionärer Ambitionen, sondern weil Armut die Ausbreitung der Krankheit befördert. Derweilen weitet sich der Einsatz der Bundeswehr im Inneren aus, nicht nur, dass Uniformierte an immer mehr Stellen auftauchen, sondern auch ideologisch. Gesundheitsämter geraten unter Rechtfertigungsdruck, wenn sie den Einsatz der Truppen ablehnen. (…) Wir wollen uns weder mit den Konformist*innen gemein machen, die in angstvoller Kopflosigkeit jede Maßnahme der Regierung gutheißen und mit einer nachbetenden „Verantwortlichkeit“ die unsinnigsten Verregelungen schlucken, die nun in einer autoritären Anmaßung per Dekret erlassen werden. Warum sollten wir wochentags dicht gedrängt in mittlerweile wieder vollen Zügen zur Arbeit fahren, aber „einsichtig“ auf Demos verzichten, insbesondere auf die, die mehr sind als choreografiertes Widerstandstheater? Wir wollen uns auch nicht mit Corona-Leugner*innen gemein machen, die in ihrem völlig unangemessenen Wunsch nach Vereinfachung die Pandemie für eine ersonnene Weltverschwörung erklären und sich im Protest gegen die vermeintliche Weltherrschaft von Bill Gates auch noch mit Nazis verbünden. Ein Spagat, der gelingen kann, wenn wir fremdbestimmte “Verantwortung” zurückweisen. (…) Den entwendeten und verdrehten Begriff der Solidarität müssen wir uns zurückholen und mit unseren Inhalten füllen. Wir rufen euch auf, die Nutzung der Krise zur Durchsetzung einer „neuen Normalität“ der verstetigten „sozialen Distanz“ von einer klaren linken Position aus anzugreifen! (…) Wir brauchen Konzepte im Umgang mit Kontaktbeschränkungen und Ausgehverboten (wie es sie z.B. in Frankreich gab und wieder gibt), alleine schon deshalb, weil das die Punkte sind, an denen die Repression den Hebel ansetzt…“ Flyer von capulcu vom Oktober 2020 - Solidarität und Corona – eine persönliche Analyse
„… Ich denke es macht wenig Sinn gegen die Coronagegner*Innen vorzugehen, ausser aus einer antifaschistischen Perspektive. Es darf nicht sein, dass plötzlich Nazis in Zürich marschieren ohne eine antifaschistische Antwort zu bekommen. Dazu muss eine klare Abgrenzung von Rechtsextremist*Innen von Allen eingefordert werden. Ansonsten macht es für uns als Antikapitalist*Innen viel mehr Sinn eigene Inhalte im Bezug auf die Coronathematik zu erarbeiten und die Energie auf unsere eigenen Aktionen und auf solidarische Unterstützungsmöglichkeiten zu setzen, als auf die Coronagegner*Innen zu reagieren. (…) Kritik an den Coronamassnahmen hat nicht zwangsläufig mit Verschwörungstheorien zu tun und auch nicht damit, den Virus nicht ernst zu nehmen. Linke Kritik an den Massnahmen hat viel mehr damit zu tun, dem öffentlichen Diskurs kritisch gegenüberzustehen und eine emanzipierte Haltung einzunehmen. Die Einschränkung persönlicher Freiheit, wie die Bewegungsfreiheit bei den Coronamassnahmen, zum Wohle einer Gemeinschaft, ist nicht per se einfach falsch. Aber im Zentrum des Diskurses um eine Einschränkung, sollte es vielmehr um das Wohl der Eingeschränkten gehen, als um die Durchsetzung der Einschränkung. (…) Und ist nicht auch einer der Gründe, wieso wir zu Hause bleiben sollten, eine Verlangsamung des Anstiegs der Infektionen, um unser Gesundheitssystem nicht zu überlasten? Aber anstatt die, wie wir so schön sagen‚ systemrelevanten Berufstätige bestmöglichst zu unterstützen, werden diese weiter ausgebeutet. So werden anstatt der geforderten Lohnerhöhnung für Gesundheitspersonal, deren erkämpfte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen wie Pause- und Freizeitregelungen wieder abgeschafft. Und seit diese Massnahmen ohne Lockdown weitergeführt werden, dünkt es mich, als würde der kaum begonnene Versuch eine solidarische Antwort auf die negativen Auswirkungen des neuen Virus zu formulieren, ganz verschwinden. Wir tragen Masken, gehen in überfüllten Zügen zur Arbeit, reduzieren die sozialen Kontakte und meinen, so sind wir vor Corona geschützt. Wenn du krank bist, bleib zuhause und isolier dich. So einfach ist es. Und jeder und jede ist auf sich selbst gestellt. (…) Die Frage um Privatbesitz wird nicht angetastet! Zum Beispiel der Besitz von Grund und Boden und der enorme Profit der daraus gezogen wird. Weder gab ein Durchringen zum allgemeinen Mieterlass während des Lockdown noch gab es Ansätze zur Diskussion eines möglichen Aussetzens des Hypozinses. Der Schutz des Eigentums ist im Kapitalismus das Wichtigste. Genau dort müssen wir als Linke ansetzen, beim solidarischen Tragen einer Krise und Aufzeigen wer wiederum Profit aus der Krise zieht ( z.B. das Kader von Firmen wie z.B. Biontech, Pfizer…) und wer diesen bezahlt (die restliche Bevölkerung). (…) Schlussendlich ist es sehr simpel. Kapitalistisches Handeln (gewinnorientiert) kann nie solidarisch sein, denn der Grundstein des Handeln im Kapitalismus beruht auf Konkurrenz, was genau das Gegenteil davon ist. Jede Antwort auf eine Misere, sei es eine Krankheit oder eine Umweltkatastrophe muss aus solidarischen, also antikapitalistischen Überlegungen heraus formuliert werden…“ Analyse aus Zürich von und bei Barrikade vom 1. Dezember 2020 - [Petition] Die Pandemie Covid19 zeigt wo unsere Gesellschaft krank ist und Änderungen braucht.
„… Eine Billion Euro Schulden und weil nötig auch noch mehr – das leisten wir uns. So sagt der Finanzminister, und sein Wort gilt. Eine Billion, das ist die rote Eins mit zwölf roten Nullen 1 000 000 000 000. Nicht für Griechenland oder den Jemen oder Afghanistan oder Libanon oder (…) Dort gilt weiter die schwarze Null von Schäuble, weil die Staaten nicht kreditwürdig sind wie Deutschland. Zahlen müssen erst unsere Kinder und Enkel, sofern sie können. Nötig wofür also? Für die Beseitigung der Ursachen von Covid19? Nein – für die Rettung der „Wirtschaft“! Die Kultur gehört nicht zur Wirtschaft, aber sie könnte gegen Corona helfen, Mut und Hoffnung, Freude und Gemeinschaft schaffen. Die „Wirtschaft“ (RWE, Bayer, VW, Lufthansa …) braucht Geld, weil sie in der Krise steckt. Aber die Wirtschaftskrise hat 2018 angefangen. Die deutsche Automobilindustrie hatte mit dem Abgasbetrug die Krise eingeläutet, weil sie keine Perspektive hat. Jetzt wird sie motiviert, so weiterzumachen mit zusätzlichem Elektroantrieb, den Mann auf der Autobahn abschalten kann. Covid19 liefert nur das Alibi für die Wirtschaftsförderung. Und das in einer Pandemie, die unsere Lungen angreift. Genau das tun die deutschen Automobile auch besonders. Sie verschmutzen die Luft dort, wo die meisten Menschen ihnen ausgesetzt sind: in den Großstädten. Und wenn sie dann mit Elektrizität aus Kohlekraftwerken fahren, schaden sie unseren Lungen immer noch. Was aber tut die Regierung? Als Große Koalition kann sie sich ermächtigen, ohne diskutieren zu müssen. Wir hatten diese Situation schon einmal: in den sechziger Jahren mit den Notstandsgesetzen. Damals stand der Feind links neben der DDR. Heute steht er rechts neben der AFD. Die Große Koalition regiert durch, bringt alle Kritik zum Verstummen, schaltet das Parlament aus und die Medien gleich. Diese Regierung tut fast nichts gegen die Covid19-Pandemie, sie bekämpft nur ihre Symptome. Bitte hören Sie auf mit der Bekämpfung von Symptomen und tun Sie etwas gegen die Ursachen und tödlichen Folgen…“ Petition von Gerd Stange vom November 2020 bei change.org - Ich komme mit Klassenkampf in deine Coronakrise: Wann rufen wir den Corona-Streiktag aus?
„Nachdem die Corona-Querfront vergangene Woche völlig konsequenzenlos durch Leipzig randaliert ist, hat die Berliner Polizei diesen Mittwoch auf unseren Zuruf den Volkszorn gegen rechts ausagiert. Doch die dahintersteckende Straflogik ist kein Heilmittel gegen den virulenten Rechtsradikalismus unserer Gesellschaft. Was heute noch als relativ milde Beregnung aus Wasserwerfern daherkommt, äußert sich schon morgen wieder im brutalen Niederknüppeln von Protesten gegen die skrupellose Durchkapitalisierung der Welt und den Kollaps unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Was es in der Coronakrise endlich braucht, ist eine Antwort auf den seit Monaten von oben geführten Klassenkampf. (…) Was es bräuchte, wäre ein Krisenprotest, der seinen Namen verdient hat. Die unmenschliche Maschinerie der Kapitalakkumulation geht in diesen Zeiten zunehmend über Leichen, weil sie ja von sich aus keinerlei menschliche Maßstäbe kennt. Sie wurde schließlich serienmäßig ohne Bremse gefertigt. Es gibt eine breite Bereitschaft in der Bevölkerung, in der Pandemie das Vernünftige zu tun: Kontakte zu minimieren, zu Hause zu bleiben, Verantwortung füreinander zu tragen – wenigstens prinzipiell. Keine noch so schrille Corona-Querfront wird daran etwas ändern. Allein: Es ist der Imperativ der kapitalistischen Wirtschaftsweise, der die Menschen daran hindert, dieses Vernünftige auch wirklich zu tun. Wo sind die Großdemonstrationen für einen echten Shutdown der Wirtschaft und ein Rettungspaket für die Gesellschaft, damit auch wirklich alle zu Hause bleiben können? Warum verlangen wir nicht das epidemiologisch einzig Richtige, nämlich die konsequente Austrocknung des Virus? Wann verabreden wir uns dazu, kollektiv der Lohnarbeit fernzubleiben? Wir wollen in Deutschland weder Erwachsene noch Kinder zwischen mechanische Webstühle schicken, weil wir gelernt haben, das unmenschlich zu finden. Aber der Tag im Büro trotz Coronavirus geht klar? Arbeiten ist im Moment schlicht viel zu gefährlich: Wann rufen wir den Corona-Streiktag aus? Der Philosoph Walter Benjamin schrieb ein mal: »Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte. Aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zug reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.«“ Artikel von Jeja Klein vom 21. November 2020 in neues Deutschland online - Wenigstens schummeln: Infektionsschutz nicht nur in der Freizeit notwendig
„Mit viel Geduld bemüht sich Christian Drosten seit nunmehr einem Dreivierteljahr um Aufklärung in Sachen Covid-19-Pandemie. Hat er diese Geduld nun verloren und sich der Subversion verschrieben? »Am besten wäre es, wir täten alle so, als wären wir infiziert und wollten andere vor Ansteckung schützen«, empfahl Deutschlands Chefvirologe der Herzen Anfang vergangener Woche. Nimmt man ihn wörtlich, ist das ein Aufruf zum Generalstreik. So hat Drosten es vermutlich nicht gemeint, aber wer sich verhält, als wäre er infiziert, drängelt sich nicht mit Dutzenden anderen Menschen in einem U-Bahnwaggon, Klassenraum oder Großraumbüro, in einer Lagerhalle oder am Fließband. Das allerdings ist des und der Deutschen Pflicht, wie die Bundesregierung unmissverständlich klargestellt hat. Dagegen sind auch epidemiologisch unbedenkliche Freizeitaktivitäten wie ein Spaziergang von drei Menschen aus verschiedenen Haushalten mit Abstand und Maske verboten – dergleichen sei »angesichts der ernsten Lage in unserem Land inakzeptabel«. All work and no play – das war gerade in Deutschland nicht anders zu erwarten. (…) Auch ohne »die Wirtschaft« ungebührlich zu belasten, hätte man zumindest den Schulunterricht in Kleingruppen organisieren und die Rückkehr aus dem Homeoffice nur bei nachgewiesener Notwendigkeit gestatten sollen. Damit würden viele Millionen alltäglicher Nahkontakte in geschlossenen Räumen inklusive des öffentlichen Nahverkehrs vermieden. (…) Angesichts mangelnder Streikbereitschaft von Schülerinnen, Schülern und Lohnabhängigen bleiben derzeit nur individuelle Verweigerung und Schummeln. So teilte eine Berliner Schule den Eltern mit: »Wenn eine Person aus eurem Haushalt einen Covid-19-Test macht, weil ein Verdacht besteht, meldet bitte eure Kinder zum Schutz der anderen Kinder und der sie begleitenden Erwachsenen krank. Gerne könnt ihr euch mit den Lernbegleitern absprechen, um Material zu bekommen. Zu Hause anleiten dürfen wir das Lernen eurer Kinder offiziell leider nicht, da der Senat sehr stark auf die Einhaltung des Präsenzunterrichts achtet.« Für Lohnabhängige ist eine telefonische Krankschreibung bei leichten Atemwegserkrankungen weiterhin möglich. Zur Pandemiebekämpfung ist es erforderlich, Regeln zu befolgen, aber auch, sich jenen staatlichen Vorgaben zu widersetzen, die die Gesundheit gefährden.“ Artikel von Jörn Schulz in der Jungle World vom 12.11.2020 - #NichtaufunseremRücken Aktionstag am 7.11.
„Am 7.11. fanden in diversen Städten Aktionen unter dem Motto „#NichtaufunseremRücken – Als Klasse kämpfen“ statt. Hier findet ihr eine Auswahl von Kurzberichten, ausführlichere Berichte findet ihr auf den Kanälen der beteilligten Organisationen…“ Berichte und Bilder vom 8.11.2020 bei #nichtaufunseremrücken aus Berlin, Cottbus, Freiburg, Gießen, Hamburg, Karlsruhe, Köln, Leipzig, München, Stuttgart und Villingen-Schwenningen – siehe ebd. den Aufruf - Massenlockdown in sozial: „Sie müssen für den sozialen Massenlockdown zahlen. Sie können es sich leisten – wir nicht“
„… Die aus kapitalistischer Sicht vernachlässigbaren Branchen werden runtergefahren. Industrie, Mittelstand, Schlachthöfe und Großraumbüros arbeiten weiter. Offen kommunizieren Politiker, dass das Laufen der »Wirtschaft« oberste Priorität hat. Die einen müssen also weiter zur Lohnarbeit, aber haben außer Shopping keine Möglichkeiten mehr zur Erholung und Zerstreuung. Die anderen machen sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Existenz, weil das Geschäft vor der Schließung steht. Diese widersprüchliche Politik wird weder den gesundheitlichen Anforderungen noch der ökonomischen Härte gerecht. Ja, wir müssen die Welle schleunigst brechen, um das Leben Tausender zu schützen. Dieses Ziel werden wir jedoch nur erreichen, indem letztlich noch viel mehr Menschen als jetzt zu Hause bleiben. Das klappt aber wiederum nur, wenn alle ökonomisch abgesichert sind. Ein bedingungsloses Coronaeinkommen, rasche Hilfen für betroffene Kleinunternehmen und Selbstständige, sowie die Aussetzung von Mietzahlungen und Hausräumungen sind notwendig. Diese Maßnahmen würden nicht nur die Bereitschaft zur Umsetzung der Corona-Regeln erhöhen – man kann sie auch finanzieren. In diesem Jahr hat die deutsche Kapitalistenklasse durch steigende Wertpapierkurse ihr Vermögen um viele Milliarden Euro erhöht. Die soziale Spaltung ist gewachsen, wie lange nicht mehr. Es ist daher nur gerechtfertigt, wenn man die Reichen die Kosten tragen lässt. Ob über Vermögenssteuern, Sonderabgaben oder Vergesellschaftung: Sie müssen für den sozialen Massenlockdown zahlen. Sie können es sich leisten – wir nicht.“ Artikel von Sebastian Bähr am 1.11.2020 beim ND über gerechte Alternativen zur Corona-Politik online - Auf unserem Rücken?
„Die Corona-Pandemie wütet immer noch. Politikerinnen und Politiker rufen deshalb zum Zusammenhalt auf. Doch in den letzten Tagen oder Wochen konnte man beim Blick in die Zeitung oder am eigenen Schicksal erleben, dass es mit diesem Zusammenhalt nicht so weit her ist. Denn die Unternehmen versuchen die Wirtschaftskrise, die auf die Coronakrise folgt, so zu lösen wie immer; auf unserem Rücken (…) Doch wir können uns auch dagegen wehren: In den vergangenen Tagen und Wochen gab es große Proteste von Arbeiterinnen und Arbeitern der Automobilindustrie gegen die drohenden Entlassungen, Streiks im Öffentlichen Dienst, vor allem im Gesundheitswesen und Streiks im öffentlichen Nahverkehr. Und global gibt es Unruhen und Proteste rund um den Erdball von Algerien bis Zimbabwe. Diese setzen die Kämpfe fort, die bereits vor der Corona-Krise ausgebrochen waren. (…) Unterstützen wir die Proteste und kämpfen für eine Welt, in der die Produktion den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht die Menschen den Bedürfnissen der Wirtschaft. Eine Welt, in der unser Leben nicht davon abhängt, ob ein ominöser Markt gerade unsere Arbeitskraft gebrauchen kann oder nicht. Eine Welt, in der wir selbst entscheiden können, wie wir leben wollen und nicht Politikerinnen, Bosse oder sonst irgendwer…“ Flugblatt vom 30.10.2020 bei La Banda Vaga - Kann ein Lockdown solidarisch(er) sein? Linke Gesundheitspolitik hat in der Pandemie einen zentralen und entscheidenden Vorteil
„Die erste Erkenntnis ist nicht neu, wird aber immer wieder zurecht erwähnt: Die Verteilung des Reichtums im Land ist ungerecht. (…). Kaum Thema ist in der Öffentlichkeit demgegenüber bisher, dass die Ungerechtigkeit der Krisenpolitik schon anfängt, bevor es im engeren Sinne ums Geld geht. Denn die Antwort auf die Frage, wer welche Kontakte und alltäglichen Gewohnheiten einschränkt, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, ergibt sich nicht eindeutig aus Sachzwängen des Infektionsschutzes. Im Gegenteil: Auch wenn die Bundesregierung momentan ständig das Freizeitverhalten der Leute ins Visier nimmt und die anschwellende Infektionsdynamik im privaten Bereich verortet, geben die Zahlen so eindeutige Schuldzuweisungen nicht her. Laut Aussage des RKI lassen sich mehr als 70 % Prozent der Infektionen überhaupt nicht (mehr) rückverfolgen. Das bedeutet natürlich nicht, dass private Kontakte kein Problem sind, aber es heißt doch, dass sie es sehr wahrscheinlich nicht alleine sind. Und das wiederum bedeutet: Wenn es Sinn macht, wofür einiges spricht, zur Eindämmung des Virus nun 50 bis 75 Prozent der sozialen Kontakte einzudämmen, dann könnte man dafür an verschiedenen Punkten ansetzen: Freizeit, Arbeit, Schule. Und alle Einschränkungen führen jeweils zu einer Reihe von sozialen wie finanziellen Folgeproblemen. Auch (Frei-)Zeit ist Geld. Deswegen ist es eine politische Frage, welche Interessen zu systemrelevanten Bedürfnissen erklärt werden; ob nun Bars oder Fabriken geöffnet, Shoppingmalls oder Schwimmbäder geschlossen, Demonstrationen oder Sammelunterkünfte verboten werden – und ob im Ergebnis alleinerziehende Mütter, migrantische DemonstrantInnen oder gut betuchte Aktienbesitzer die Hauptlast der Seuchenbekämpfung tragen müssen. Vor diesem Hintergrund hat eine linke Gesundheitspolitik in der Pandemie einen zentralen Vorteil: Sie muss sich nicht zuerst den Kopf des Kapitals zerbrechen und kann der Maxime »Gesundheit vor Profite« folgen. Deswegen könnte sie einen solidarischen Lockdown fordern, der nicht nur soziale und demokratische Garantien bietet und ausnahmsweise mal die Reichen die Kosten der Krisen zahlen lässt. Er könnte auch die Last der Einschränkungen fairer verteilen und die bisher eher vernachlässigten Infektionstreiber wie Logistikzentren, Sammelunterkünfte und Fleischunternehmen stoppen. Zum Beispiel mit einer dezentralen Unterbringung der Menschen, der konsequenten Durchsetzung des Arbeitsschutzes bis hin zu Werksschließungen und mit einem Recht auf Homeoffice für alle Beschäftigte, die nicht in den für die Versorgung der Menschen zentralen Bereichen arbeiten (müssen). Das wäre eine echte Alternative – zum sozialdarwinistischen Zynismus der Rechten wie zum epidemiologischen Durchwurschteln der Bundesregierung.“ Kommentar von Jan Schlemermayer vom 30. Oktober 2020 in neues Deutschland online - Teil-Lockdown in Deutschland: Eingriffe ins Private, kein Geld für das Gesundheitssystem
„In einer Pressekonferenz heute Nachmittag hat die Bundeskanzlerin Merkel die neuen Corona-Maßnahmen angekündigt, die von Bund und Länder beschlossen wurden. Die Regierungen halten an ihrem unternehmensfreundlichen Kurs auf Kosten unserer Gesundheit fest. (…) Aktuell sind über 3,3 Millionen Arbeiter:innen in Kurzarbeit und haben finanzielle Schwierigkeiten wegen Lohneinbußen. Über eine halbe Million Menschen haben wegen Entlassungen ihre Arbeit verloren und müssen mit Arbeitslosengeld durch die Wirtschaftskrise auskommen. In den Krankenhäusern droht es zu einer Überlastung zu kommen, falls die Infektionszahlen in dem aktuellen Trend weitergehen, während die Regierung gegen die Streiks Beschäftigten des öffentlichen Dienst (TVöD) gehetzt und ihre Forderungen als „übertrieben“ abgekanzelt hat. „Übertrieben“ sind nicht die Forderungen der arbeitenden Bevölkerung, sondern die Subventionen für Großaktionär:innen und die unternehmensfreundliche Politik der Regierung, die unsere Gesundheit aufs Spiel setzt. Wir brauchen einen Kampfplan der Gewerkschaften gegen die Krise und die Politik der Regierung: „Inmitten einer Krise, die nicht nur eine Pandemie ist, sondern die größten Krise des Kapitalismus seit Jahrzehnten, können sich die Organisationen der Arbeiter:innenklasse und der Linken nicht auf die Routine von Tarifrunden oder noch schlimmer auf den Burgfrieden der nationalen Einheit zurückziehen, die nicht nur einen Verzicht des Kampfes darstellen, sondern die Arbeiter:innenklasse und die Unterdrückten ohne Verteidigung zurück lassen. Eine Verteidigung, die angesichts der kommenden Einschnitte, die im Zuge der Krise von den Herrschenden gefordert werden, bitter nötig wäre. Wenn wir uns nicht jetzt organisieren, um unser Leben gegen die Pandemiepolitik der Regierung und der Konzerne zu verteidigen, und unsere Arbeits- und Lebensbedingungen gegen die zu erwartende Kahlschlagpolitik zu verteidigen, werden Millionen Menschen ins Elend gestürzt werden. Dies ist der Nährboden, auf dem die extreme Rechte sich aufbauen kann. Nur mit einem sozialen Programm gegen Pandemie und Krise, organisiert ausgehend von der Basis der Organisationen der Arbeiter:innenklasse, kann eine alternative Perspektive möglich sein.“ Beitrag von Yunus Özgür vom 28. Oktober 2020 bei Klasse gegen Klasse - Kollektiv dagegenhalten: Klimakrise und Pandemie, Polizeigewalt und Black Lives Matter, Riots in Stuttgart und Frankfurt, Proteste in Belarus und im Libanon: Über die Momente der Gegenwehr im dystopischen Jahr 2020
„Erst gehen Teile des Planeten in Flammen auf, riesige Landstriche unter anderem in den USA, Australien und Brasilien werden auf Jahre hinweg verwüstet, gleichzeitig tobt eine sich rasend ausbreitende tödliche Pandemie, Zehntausende sterben, Millionen Menschen befinden sich eingeschlossen in Lockdown und Quarantäne. Dem sozialen Ausnahmezustand und dem autoritären polizeilichen Zugriff an einigen Orten folgt die drastische Ausweitung der in den Jahren zuvor schon sichtbaren globalen Riots, als nach dem Tod von George Floyd in Minneapolis nicht nur die soziale Frage sondern auch der jahrzehntelang vernachlässigte Rassismus diskutiert wurden. Was wie ein dramaturgisch überspitztes Drehbuch eines der heute üblichen apokalyptischen Hollywood-Blockbuster wirkt, die zunehmend auch Rassismus und soziale Ausgrenzung thematisieren und damit Kasse machen, ist die knappe Zusammenfassung der global einschneidenden Ereignisse im ersten Halbjahr 2020. Die zweite Hälfte dieses bisher so ereignisreichen Jahres ist noch nicht zu Ende. Wer zahlt für die Krise? Geht das autoritäre marktkonforme Verteilungssystem einfach weiter? In einer verschärften Form mit »chilenischen Verhältnissen« für alle? Geht der autoritäre Rechtsruck in die nächste Runde? Oder wird erfolgreich um soziale, ökonomische und kulturelle Teilhabe gekämpft? Fördert die Coronakrise sogar kollektive Organisierungen von unten? Stehen wir gar am Anfang einer neuen Welle emanzipatorischer Kämpfe? (…) In Alfonso Cuarons Film »Children of Men« (2006) wird eine spätkapitalistische Welt entworfen, die kurz vor dem Untergang steht und in der jegliche Staatlichkeit sich in autoritäre Gewalt verkehrt, während gleichzeitig auf sehr unterschiedliche Art gegen diese Herrschaft gekämpft wird. So weit wie in »Children of Men« sind wir noch lange nicht, wenngleich uns das erste Halbjahr 2020 eindeutig ein Stück weiter in diese Richtung geschoben hat. Aber gleichzeitig nehmen die Kämpfe gegen Rassismus und autoritäre Zurichtung immer mehr zu, denn in dem dystopischen Moment steckt mehr utopisches Potenzial, als es im ersten Moment den Anschein hat. Man muss den politischen Gehalt der sich überschlagenden Ereignisse ebenso sichtbar machen wie diskutieren. Sonst könnte bald das ohnmächtige Gefühl überhandnehmen, in einem schlechten Hollywood-Film verloren zu gehen.“ Beitrag von Florian Schmid bei neues Deutschland vom 14. September 2020 - Dossier: [Bundesweiter Aktionstag am 19. September 2020] Wer hat der Gibt: Die Reichen müssen für die Krise zahlen
- Bundesweiter Aktionstag am 18.07.2020: Ob Coronakrise oder Wirtschaftskrise – #NichtaufunseremRücken – Bericht
„Ein Virus geht um auf der Welt. Ganze Sektoren des öffentlichen Lebens kommen zum Stillstand. In manchen Ländern sind die Kapazitäten der Gesundheitssysteme hoffnungslos überlastet, kranke Menschen können nicht behandelt werden. Millionen von Menschen sind direkt von Kurzarbeit oder Entlassungen betroffen – alle, die kein dickes Bankkonto haben, schauen in eine mehr als unsichere Zukunft. All das wegen einem Virus? Nicht ganz. Der Virus war das Tröpfchen, welches das Fass zum Überlaufen brachte. (…) Konnten nach der Krise 2008 die meisten Krisenfolgen noch in die südlichen Ränder der europäischen Union abgeschoben werden, wird dieses Mal auch in Deutschland gewütet und auch die letzten Reste von Sozialstaat und erkämpften Arbeiter*innen-Rechte beschnitten werden. Doch nicht nur das. Auch Freiheitsrechte, wie Versammlungsfreiheit, Streiks und das simple Recht über eine Straße laufen zu dürfen, ohne von der Polizei kontrolliert zu werden, sind schon jetzt massiv eingeschränkt. Mögen manche Maßnahmen in Zeiten einer Pandemie durchaus Sinn ergeben, sind sie aktuell vor allem eines: Eine Vorbereitung auf kommende Proteste und Bewegungen, die sich gegen die Herrschaft der Reichen und Mächtigen auflehnen! Und zur Auflehnung haben wir allen Grund: Wir sind die, die all die schönen Sachen herstellen oder einräumen, die dann verkauft werden können – wir sind die Industriearbeiter*innen, die Handwerker*innen, die Verkäufer*innen. Wir sind es, die dafür sorgen, dass wir alle gesund sind, unsere Kinder aufziehen und uns um das ganze „Drumherum“ kümmern – die Pfleger*innen, die Erzieher*innen, die Bus- und Bahnfahrer*innen, die Putzkräfte. Wir haben die Krise nicht verbrochen, und dennoch sollen wir nun die Folgen tragen? Wir sollen „den Gürtel enger schnallen“, weil wir jetzt „alle in einem Boot sitzen“? Wir sitzen alle in einem Boot – die Kapitalisten, die Bosse und Manager in einem anderen…“ Aufruf von und bei der #nichtaufunseremrücken-Vernetzung auf deren Aktionsseite und dazu:- Mit links gegen die Krise
„Die Corona-Pandemie bedeutet eine globale Krise des Kapitalismus mitsamt seiner alles durchdringenden, an Profit und Renditen ausgerichteten Gesundheits- und Wirtschaftspolitik. Während sich die staatlichen Restriktionsmaßnahmen auf allen gesellschaftlichen Ebenen überschlugen, wirkten große Teile der revolutionären Linken hierzulande gelähmt und handlungsunfähig. Die Dynamik und Rigorosität staatlicher Maßnahmen sorgten in linken Gruppen angesichts der überwiegend autonomen Organisationsformen für Ratlosigkeit. Kommunikationskanäle und ritualisierte Plena wurden über Nacht weitestgehend lahmgelegt. Klassische Aktionsformen waren plötzlich nicht mehr möglich und revolutionär-linke Inhalte waren dadurch noch weniger wahrnehmbar. Es fehlten handlungs- und entscheidungsfähige Strukturen, die trotz der Ausnahmesituation in der Lage waren, die Corona-Krise politisch dafür zu nutzen, Alternativen und Perspektiven aufzuzeigen. Die radikale Linke hat damit ihre Handlungsunfähigkeit in Krisensituationen gezeigt. Angesichts des neonazistischen Terrors von NSU 2.0, rechter Prepper-Gruppen und der größeren Anzahl aufgedeckter rechter Terrorzellen sowie des Versuchs der AfD, parlamentarische Macht zu gewinnen, eine schaurige Erkenntnis. Vor allem wenn wir uns vor Augen führen, dass der Staat mit seinen Institutionen nicht selten eine stützende Rolle im Aufbau dieser Terrorzellen spielt. Dabei sind Krisen eigentlich das ureigene Feld revolutionärer Kräfte. Ihre Aufgabe ist es, Klassenkämpfe über den Umweg praktischer Solidarität und theoretischer Analyse zu stärken. (…) Zu Beginn des Lockdowns riefen linksliberale Akteur*innen oder Träger*innen der sozialen Daseinsfürsorge bundesweit dazu auf, sich in den von ihnen initiierten Solidaritätsnetzwerken ehrenamtlich zu engagieren. Auch linke Gruppen initiierten Netzwerke, z.B. in Hamburg, Stuttgart oder Berlin. Im Berliner Stadtteil Wedding wurden das Label und die Arbeitsgruppe „Wedding solidarisch“ von uns als „Hände weg vom Wedding“ gegründet. Dies fungierte als Klammer für eine linke, klassenkämpferische Perspektive auf die Krise („Klassenkampf statt Klatschen!“). Für uns bedeutete der Aufbau einer themenbezogenen Arbeitsgruppe sowohl das ideologische Besetzen der Krisenthemen, als auch die Schaffung einer Struktur, die kontinuierlich in der Lage ist, Interessierte in die politische Diskussion und Praxis einzubinden. Wie auch andere Initiativen gründeten wir zuerst moderierte Telegram- und Facebook-Gruppen, die schnell auf tausende Follower*innen anwuchsen. Neben der Vernetzungsmöglichkeit praktischer Unterstützungsangebote stellten sie auch wichtige Kanäle für die Bereitstellung linker, antikapitalistischer Analysen und Angebote dar. Diese bilden einen wichtigen Gegenpol zu den rechten Kräften, welche die Krise für das Propagieren von Rassismus, Antisemitismus und Verschwörungsmythen nutzten und weiterhin nutzen. Während die Bundesregierung Milliarden von Hilfsgeldern zur Absicherung der Profite großer deutscher Unternehmen verschleuderte, konnten wir in unseren eigenen Kanälen die Corona-Krise als das benennen, was sie ist: eine kapitalistische Krise. Die Schaffung von virtuellen wie praktischen Solidaritätsnetzwerken sind eine weiterzuentwickelnde Perspektive von Klassenpolitik. (…) Die ideologische Distanz zum Staat, der politische Entscheidungen vor allem zugunsten der herrschenden Kapitalfraktionen trifft, muss daher aus radikal-linker Perspektive immer wieder herausgearbeitet werden. Andernfalls droht eine Vermischung der öffentlichen Wahrnehmung von linken Kriseninterventionen und staatlichem Krisenmanagement. Revolutionäre Krisenanalysen und -erzählungen bleiben dann auf der Strecke. (…) Angesichts der verstärkten Repressionen durch omnipräsente Polizeikräfte, verschärfte Bußgeldkataloge, die Aushebelung von Freiheitsrechten wie der Versammlungsfreiheit und vieles mehr, musste die Linke (wieder) lernen, unter repressiveren politischen Umständen zu arbeiten. (…) Neben einem feministischen und antirassistischem Aktionstag galt und gilt dies auch für die bundesweite Plattform #NichtaufunseremRücken . Regionale und überregionale Vernetzungen sind jetzt umso wichtiger, um nicht im beschränkten Lokalismus zu verharren. (…) Eine Herausforderung bleibt: die in der Corona-Pandemie geschaffenen Solidaritätsnetzwerke und Arbeitsgruppen mit der Überführung in unsere Struktur zu verstetigen. (…) Die Notwendigkeit der klassenbewussten, kämpferischen Solidarität ist drängender denn je. Die ökonomischen Auswirkungen der jetzigen, sich ausweitenden Krise sind kaum zu unterschätzen. Diese Krise bietet der herrschenden Klasse einen guten Vorwand, Angriffe auf Arbeitsverhältnisse mit drohender Pleite zu legitimieren: genannt seien hier z.B. eine staatliche Sparpolitik, Verschärfung der Arbeitsbedingungen durch Entlassungen, Verhinderung gewerkschaftlicher Arbeit (Union Busting), Outsourcing oder der (gewerkschaftliche) Verzicht auf Gehaltserhöhungen und Arbeitskämpfe. Außerdem steht eine Explosion privater Schulden durch Arbeitslosigkeit für viele Menschen bevor, die sich wiederum in einem dramatischen Anstieg der Zahl von Zwangsräumungen und drohender Wohnungslosigkeit zeigen wird. Gerade jetzt braucht es politische Kräfte, die diese komplexen, zusammenhängenden Widersprüche im Kapitalismus aufzeigen und erklären. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, linke und revolutionäre Organisationen entlang von krisenfesten, planvollen und kontinuierlichen Formen auszurichten…“ Beitrag vom 31. August 2020 von und bei Hände Weg vom Wedding - [Hände Weg von Wedding] Bericht vom Aktionstag: Lösung der Krise? #NichtaufunseremRücken!
„Im Rahmen des bundesweiten Aktionstages #NichtaufunseremRücken am 18. Juli 2020, organisierten wir Aktionen und eine Kundgebung für eine solidarische und demokratische Lösung der Krise. Auf dem Weddinger Elise-und-Otto-Hampel-Platz besetzten wir soziale Fragen öffentlich im Kiez…“ Umfangreicher Bericht vom 21.07.2020 von und bei Hände Weg von Wedding zu Aktionen der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA), Basta! Erwerbsloseninitiative, Berliner Obdachlosenhilfe, der antifaschistischen Kommission von „Hände weg vom Wedding!“ der Initiative „Eine S-Bahn für alle!“, dem Frauen*streik-Komitee Wedding u.a. - #NichtaufunseremRücken-Aktionstag – Bericht
„Die Reichen sollen die Krise bezahlen! Unter diesem Motto riefen wir, die Kampagne #NichtaufunseremRücken, für den 18. Juli zu einem bundesweiten Aktionstag auf. Von München bis Kiel und von Köln bis Cottbus folgten Menschen dem Aufruf und beteiligten sich an unterschiedlichsten Aktionen. So konnte über die gesamte Bundesrepublik ein gemeinsames Zeichen gesetzt werden: Wir zahlen nicht für ihre Krise – make the rich pay for covid19!…“ Berichte und Fotos aus vielen Städten auf der Aktionsseite , siehe für weitere #NichtaufunseremRücken - die wichtigsten Orte und Aufrufe:
- Berlin: 12:00: Leopoldplatz (Vor dem Jobcenter) / 14 Uhr Das Solidaritätsnetzwerk Berlin ruft zu seiner 2. Anti-Krisen-Kundgebung am Oranienplatz auf
- Stuttgart: Demonstration: 14 Uhr | Marienplatz – „…Nicht auf unserem Rücken! Wir zahlen nicht für ihre Krise!“ Das Krisenbündnis Stuttgart ruft für Samstag, 18. Juli, zu Protesten gegen Entlassungen, Lohnkürzungen und den Abbau sozialer Rechte auf. Beginn der Demonstration ist um 14:00 Uhr am Marienplatz
- Nürnberg: 14:15 Kundgebung am Klinikum Nürnberg Nord, Haupteingang: „Kämpft mit uns für die Abschaffung der Fallpauschalen“ der Initiative Gesundheit statt Profit und Initiative solidarischer ArbeiterInnen (ISA) / 17:00: Kundgebung am Viet-Stoß-Park, siehe Aufruf von organisierte autonomie (OA)
- Siehe alle bisher angekündigten Aktionen auf der Aktionsseite
- #NichtAufUnseremRücken – Die Reichen sollen die Krise bezahlen! Mobi-Vodeo bei youtube
- Krisenzeitung und Infos zum Aktionstag am 18. Juli
„Am 18. Juli geht es raus auf die Straße! Unter dem Motto #NichtAufUnseremRücken – Die Reichen sollen die Krise bezahlen! Werden wir zusammen mit KollegInnen und BündnispartnerInnen aus Betrieben, Gewerkschaften und linken Organisationen einen gemeinsamen Aufschlag machen: Für klassenkämpferische und antikapitalistische Perspektiven in der Krise, für Solidarität unter ArbeiterInnen über Branchengrenzen hinweg und für ein neues gesellschaftliches Klima: Statt „Sozialpartnerschaft“ zu spielen, sanieren die Krisenmanager und Profiteure ihren maroden Laden jetzt ganz offen auf unserem Rücken. Anstatt länger ihre Geschäftsordnung zu beachten, zählen für uns jetzt Solidarität, Kampfgeist und eine handfeste Perspektive jenseits des Kapitalismus…“ Krisenzeitung von Perspektive Kommunismus
- Mit links gegen die Krise
- [Netzwerk Selbsthilfe] »Nichtstun ist auch keine Lösung«
„Stella und Sophie fördern mit dem Netzwerk Selbsthilfe kleine selbstorganisierte Strukturen. Damit wollen sie das solidarische Miteinander stärken.“ Im Gespräch mit Inga Dreyer bei neues Deutschland vom 13. Juni 2020 erklären die beiden wie das läuft: „… Stella: Wir fördern linksalternative Projekte und sind dabei unabhängig von jeder parteipolitischen Agenda. Ein Beispiel ist Stadtpolitik. Das war lange Zeit unser Förderschwerpunkt – und in diesem Bereich hat sich auch wirklich etwas bewegt. Sophie: Wir haben größere Bündnisse wie die Mietenwahnsinns-Demo mit gefördert oder auch kleinere Initiativen von Mieter*innen, die Info-Flyer zum Thema gemacht haben: »Wie leiste ich Widerstand bei Eigenbedarfskündigungen?« Wir unterstützen aber auch andere selbstorganisierte feministische oder antifaschistische Gruppen in Berlin und Brandenburg. Wir haben beispielsweise die anarchistische »Bibliothek der Freien« oder eine Ausstellung über den Anarchisten Gustav Landauer unterstützt. Solche Projekte haben es sehr schwer, an Fördermittel zu kommen. Es gibt keine öffentlichen Programme, die »Anarchismus gestern und heute« heißen. (…) Sophie: Ich bin bei der Seebrücke aktiv, die sich für Seenotrettung im Mittelmeer einsetzt. Das kann man nicht so gut mit anderen politischen Kämpfen vergleichen, weil die Bewegung gerade sehr viel in der Öffentlichkeit organisiert – natürlich unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen. Die Pandemie ist eng mit dem Schicksal von Flüchtenden und Illegalisierten und der Situation an den EU-Außengrenzen verstrickt. Ich glaube, deshalb ist viel öffentliche Wahrnehmung da. (…)Sophie: Es wird einem andererseits aber schwer gemacht, den öffentlichen Raum für Protest zu nutzen. Das finde ich tatsächlich ziemlich krass. Nicht nur bei den Schuh-Aktionen werden Leute rausgezogen – es werden Platzverweise und Bußgelder verteilt, obwohl auf die Sicherheitsbestimmungen geachtet wurde. Gleichzeitig haben wir seit Wochen Anhänger*innen von Verschwörungsideen und extrem Rechte, die sich in vielen Städten zu Hunderten treffen und ganz bewusst auf Sicherheitsmaßnahmen verzichten – bei denen aber passiert nichts. Das ist tatsächlich ein frustrierender Punkt, weil man sich fragt: Wo setzen Politik und Polizei die Prioritäten, und wem wird erlaubt, den öffentlichen Raum zu nutzen?…“ - Wirtschaftskrise? #NichtaufunseremRücken
„… Wir stehen am Beginn einer der schärfsten Wirtschaftskrisen aller Zeiten. In Deutschland ist die Zahl der KurzarbeiterInnen in wenigen Wochen auf 10 Millionen geklettert – und damit fast zehnmal so hoch wie in der Krise ab 2007. Hinzu kommen unzählige LeiharbeiterInnen, befristet Beschäftigte und MinijobberInnen, die ihre Jobs bereits verloren haben. In den USA sind im April offiziell 20,5 Millionen Arbeitsplätze weggefallen. In zahlreichen Ländern Europas sieht es nicht anders aus. Der Internationale Währungsfonds erwartet die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression 1929, die Bank von England prophezeit für das eigene Land die schwerste Rezession seit 325 Jahren. Quer über den Globus schnüren die Regierungen Wirtschaftspakete wie sonst nur zu Kriegszeiten. Die Rechnung hierfür werden sie am Ende den ArbeiterInnen präsentieren. Es stehen Angriffe auf unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen bevor, die wir teilweise noch gar nicht absehen können. Umso notwendiger ist es, dass wir uns jetzt auf entschiedene Gegenwehr vorbereiten! (…)Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag – die Ursache der Krise ist nicht die Covid-19-Pandemie! Die Pandemie verschärft vielmehr die Wirtschaftskrise, die sich bereits seit dem Winter 2018/19 entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine Überproduktionskrise, wie sie der Kapitalismus gesetzmäßig und regelmäßig hervorbringt. Überproduktionskrisen entstehen, weil die Unternehmen ihre Produktion immer weiter ausdehnen, mit dem Ziel sich in der Konkurrenz durchzusetzen und ihre Profite zu steigern; während sie zugleich jedoch die Einkommen ihrer ArbeiterInnen, die einen Teil der Produktion kaufen müssen, möglichst gering halten. (…) Wir erwarten, dass die Angriffe in dieser historischen Krise von Versuchen begleitet sein werden, die betroffenen ArbeiterInnen zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen – etwa in Junge gegen Alte, LeiharbeiterInnen gegen Festangestellte, Deutsche gegen MigrantInnen u.v.m. Diesen Spaltungsversuchen müssen wir entschieden entgegentreten und eine solidarische Bewegung von ArbeiterInnen aus allen Berufen, Schichten und Herkunftsländern, ob jung oder alt, aufbauen. Da alle bedeutenden Konzerne nicht nur in einem Land agieren, gilt es den Widerstand auch auf internationaler Ebene aufzubauen. Wenn wir nicht wollen, dass diese Krise auf unserem Rücken ausgetragen wird, müssen wir uns organisieren und wehren. Es ist an der Zeit, Kontakt zu den eigenen KollegInnen und NachbarInnen aufzunehmen, um festzustellen, dass wir alle unter dieser Krise zu leiden haben. Es ist auch an der Zeit, Angriffe, die auf Betriebsebene oft schon jetzt beginnen (wie höhere Arbeitsintensität, ausgesetzte Lohnerhöhungen oder Entlassungen) und von der Bundesregierung gerade vorbereitet werden, nicht einfach hinzunehmen. Wie sehr diese Krise auf unserem Rücken ausgetragen wird, liegt an uns!“ Beitrag des Bündnis #NichtaufunseremRücken vom 6. Juni 2020 beim re:volt magazine - Klassenkampf statt Aluhut. Sich an den Corona-Demonstrationen abzuarbeiten ist nicht genug – es braucht solidarische Alternativen
„Die fortschreitende Lockerung der Pandemiemaßnahmen in Deutschland ermöglicht, ein kurzen Blick auf die jüngsten linken Krisenreaktionen zu werfen. Wo lag der Fokus, was ging verloren? Einerseits: Viele Aktivisten haben sich in der Nachbarschaftshilfe eingebracht. Dieser an sich sinnvolle Einsatz bleibt jedoch bisher trotz seiner Notwendigkeit in seiner Wirkung offenbar überschaubar. Es gab unter Einschränkungen engagierte Proteste für die Evakuierung der griechischen Elendslager, Aktionen gegen Rheinmetall, das Kohlekraftwerk Datteln 4 sowie für die Erntearbeiter in Bornheim. Andererseits: Das Zeitfenster für einen »solidarischen Lockdown« konnte kaum genutzt werden. Die Bedingungen gab die herrschende Klasse vor. Die Geschwindigkeit der Ereignisse, die realen Gefahren einer Ansteckung wie auch die Versammlungsverbote sorgten vielerorts für eine Schockstarre – das Handeln des Staates erhielt mehr Vertrauen als die eigenen Fähigkeiten. In Zeiten der Pandemie ist diese Reaktion sicher verständlich; aber ist sie alternativlos? Mit dem Aufkommen der rechtsoffenen »Hygiene-Demos« gab es dann ein neues Betätigungsfeld. Organisierte Linke nahmen an den Protesten nicht teil, vielmehr kam es in vielen Städten zu antifaschistischer Gegenwehr. (…) Die Hartz-IV-Proteste – wie auch die Proteste der Gelbwesten in Frankreich – waren im Kern ein Aufbegehren gegen soziale Ungerechtigkeiten. Die Corona-Demos dagegen sind im Kern wissenschaftsfeindlich und egoistisch. Der Freiheits- und Bürgerrechtebegriff der Teilnehmer ist nicht solidarisch. Die Rechte der Geflüchteten in den Lagern sind ihnen egal, auch die medizinischen Risikogruppen. Sie wollen eigene Freiheiten gegen die Gemeinschaft ausleben. Kapitalisten freut’s – auch sie fordern schnelle Lockerungen. Aber ist es nun im Umkehrschluss sinnvoll, alle Energie in die Abwehr der »Rebellen« zu stecken? An ihrer Bedeutung gemessen wohl nicht. Antifaschistische Begleitung bleibt notwendig, doch sollte dabei nicht vergessen werden: Das beste Mittel gegen Verschwörungstheorien bleibt Klassenkampf. Eine gut organisierte Klasse kann sich in Krisenzeiten nicht nur besser selbst schützen, ideologisch wie praktisch, sondern auch die Bedingungen der staatlichen Pandemiebearbeitung beeinflussen. Das Engagement der Basisgewerkschaft FAU für die Erntearbeiter in Bornheim war in dieser Hinsicht vorbildlich – die Solidarität der restlichen Linken blieb jedoch gering. Zudem gab es kaum Aktionen für die Arbeiter in den Fleischfabriken, im Handel oder in der Pflege, die in den letzten Monaten »den Laden am Laufen« hielten. Warum fand man kaum Formen, um Unterstützung zu leisten? Aus der vielfach von Linken geteilten Kritik am symbolischen Applaus für die »Helden der Krise« erwuchs nichts. Hat man ihre Kämpfe längst den großen Gewerkschaften »überlassen«? Oder verfügt man über zu wenige Verbindungen zu ihnen? Die Ausgebeuteten in den »systemrelevanten Berufen« sollten nicht weniger wichtig sein als die »Wutbürger« auf den Corona-Demos…“ Artikel von Sebastian Bähr vom 03.06.2020 im ND online - [Aufruf von Prekär-Lab] Prekäres Leben und Arbeiten braucht ein Gesicht – berichtet in Videos über Arbeit, Leben und Forderungen in Zeiten von Corona
„Das Prekär-Lab entstand aus verschiedenen Initiativen aus Aktivist*innen/Beschäftige im Bereich Erwerbslosenorganisierung, soziale Dienste, Einzelhandel und anderen in prekären Bereichen organisierten. Wir brachten zum einen Erfahrungen aus Alltagskämpfen mit und zum anderen versuchten wir regionale Aktivitäten und Kämpfe zu verbinden. Wir teilen die Erfahrung, dass viele Kämpfe und Initiativen nur sporadisch miteinander verknüpft sind. Das inhaltliche und praktischen Nebeneinander dominiert, eine Zersplitterung und Ungleichzeitigkeit, die selten gesamtgesellschaftliche Alternativen aufscheinen lässt. Gleichzeitig machen wir ähnliche Prekaritätserfahrungen, die es ermöglichen aktiv einzugreifen, Beistand zu leisten und Gemeinsames erlebbar zu machen. Dies ist in diesen Zeiten notwendiger denn je, aufgrund des Abstandsgebots aber auch schwieriger denn je. Uns fehlen die Orte, um Gemeinsames und Trennendes in unseren Erfahrungen zu diskutieren, einander zu verstehen als Grundlage für gemeinsames, solidarisches und kämpferisches Handeln. Darum haben wir uns entschlossen – wenn wir diese Lücke schon nicht schließen können – sie doch zumindest zu verkleinern. Aktive aus unseren Kreisen – bisher aus dem Einzelhandel und Erwerbslosenbereich – haben Videos aufgenommen über ihre Erfahrungen in der Corona-Krise. Diese wollen wir teilen, diskutieren und rufen andere auf, ebenfalls solche Videos einfach und unkompliziert mit dem Smartphone zu produzieren. Was verändert die Corona-Krise in euren Bereichen? Was sind die Auswirkungen für euren Alltag und zu Hause? Welche bereits vorher bestehenden Konflikte werden verschärft und welche neuen treten auf? Wie geht ihr und eure Kolleg*innen und Freund*innen damit um? Was sind eure Forderungen? Diese Videos ersetzen unsere Begegnungen nicht, helfen aber (womöglich) hoffentlich gemeinsame Kämpfe vorzubereiten über die Frage, wer für die Folgekosten der Krise bezahlen muss und wie wir unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen in Zukunft gestalten wollen.“ Sendet eure Videos bitte an info@tie-germany.org am besten über wetransfer. Die Videos sollen auf dem Blog https://corona-at-work.de/ erscheinen unter https://corona-at-work.de/videos/ – erste gibt es bereits! Das Video zum Aufruf gibt es bei youtube - [Kundgebung in Stuttgart am 30.5.20] „Ihre Krise … Nicht auf unserem Rücken!“
„Das neue Stuttgarter Krisenbündnis veranstaltet an diesem Samstag, 30. Mai, eine Kundgebung im Oberen Schlossgarten in Stuttgart-Mitte (beim Schauspielhaus). Beginn ist um 14 Uhr. Für die gemeinsame Kundgebung haben sich Gewerkschaften, die Klimabewegung, linke Parteien, antikapitalistische Gruppen, Kulturschaffende, Geflüchtete und antirassistische Initiativen zusammengeschlossen. Das Bündnis wehrt sich gegen die „Krisenbewältigungspolitik“ der Regierung und fordert eine konsequente Besteuerung von Reichen zur Finanzierung der Krisenkosten und ein Ende von Privatisierungen und Sozialabbau. Corona treffe nicht alle Menschen gleichermaßen. Während die einen Angst um ihre Existenz hätten und nicht wüssten, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, säßen andere die Pandemie unter besten Lebensbedingungen aus. „Und die großen Konzerne lassen sich trotz enormer Rücklagen und Gewinne vom Staat subventionieren“, so Marie Salz, Pressesprecherin des Stuttgarter Krisenbündnisses. Um über die sozialen Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen aufzuklären, ruft das neue Bündnis für kommenden Samstag zu seiner ersten Kundgebung auf. Die herrschenden Verhältnisse seien nicht neu, sondern würden durch die Corona-Krise nur verschärft. Die Kündigungswellen in der Gastronomie, die Entlassungen von Leiharbeiter*innen und der sich abzeichnende Stellenabbau in vielen Bereichen seien Vorboten der größten Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte. Es gehe jetzt um eine grundlegende Kritik: „Der Virus heißt zwar Corona, doch die Krise ist das System.“…“ Pressemitteilung vom 27.05.20 zur Kundgebung am Samstag mit Beiträgen von: Alexander Münchow, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zur Situation in den Schlachthöfe und der Gastronomie und Yvonne Wolz, feministische Aktivistin und Geschäftsführerin von Wildwasser Stuttgart e.V. Das Stuttgarter Krisenbündnis ist aus der Initiative Solidarität. Freiheitsrechte. Klare Kante gegen Rechts entstanden, das am 9. Mai 2020 zu Protesten im Kurpark Bad Cannstatt aufgerufen hatte - Solidarität ist mehr als Händewaschen: In Berlin hat sich in der Corona-Krise ein Sozialbündnis gegründet, das den Kampf für eine solidarische Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt
„In den ersten Wochen nach dem Beginn der Corona-Krise war in den Abendstunden häufig Applaus zu hören. Menschen standen auf den Balkonen, die denen Beifall spendeten, die in Kliniken und Supermärkten ihrer Lohnarbeit nachgehen mussten. Schon bald gab es Kritik, vor allem, weil diese Menschen zu Held*innen des Alltags erklärt werden, obwohl sie oft alles andere als freiwillig ihre Lohnarbeit verkaufen mussten. Stattdessen müsste es darum gehen, die Berufe, die oft von Frauen in sehr prekären Arbeitsverhältnissen ausgeübt werden, endlich besser zu entlohnen. Zudem handelt es sich hier um Berufe, in denen Beschäftigte seit Jahren Kämpfe genau für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen führen. Erinnert werden soll an die erbittert geführten Arbeitskämpfe im Einzelhandel in den letzten Jahren. Zudem gibt es seit Jahren Kämpfe im Caresektor, wie der Pflege- und Krankenhausbereich benannt wird. In Berlin haben sich vor einigen Wochen zahlreiche soziale Initiativen im Bündnis #jetzterstrecht zusammengeschlossen. Mittlerweile stehen 25 Gruppen unter dem Aufruf. Unter dem Motto „Solidarität ist mehr als Händewaschen“ werden dort schnell umsetzbare Forderungen aufgestellt, die die sozialen Folgen der Coronakrise für die Menschen mit geringen Einkommen abmildern sollen. Die anvisierten Reformen erstrecken sich auf die Gesundheits-, Sozial- und Wohnungspolitik. (…) Besonders stark vertreten im Bündnis ist der Stadtteil Wedding, in dem es bereits seit Jahren eine starke soziale Organisierung gibt. Neben der Stadtteilorganisation Hände weg vom Wedding (HwvW) haben auch das nach einer Anarchistin benannte Kiezhaus Agnes Reinhold und die Erwerbsloseninitiative Basta den Aufruf unterzeichnet. Die Stadtteilinitiative HwvW hat vor einigen Wochen einen Forderungskatalog für eine soziale und demokratische Lösung der Krise vorgelegt. Dort wurde die Verteidigung demokratischer Grundrechte mit dem Recht auf Wohnen, würdigen Arbeitsbedingungen und einer Gesundheitspolitik jenseits der Marktlogik verbunden…“ Artikel von Peter Nowak vom 27. Mai 2020 bei Direkte Aktion , siehe auch die Forderungen der Initiative - [München, 29.5.20] Kundgebung: Eure Krise – Nicht auf unserem Rücken!
„Die Corona-Krise stellt uns alle vor große Herausforderungen. Nach ein paar Monaten zeigt sich aber vor Allem, dass der Kapitalismus kein krisenfestes System ist. Er wälzt die Krisenlast auf die Schultern derjenigen ab, die sowieso am wenigsten haben. (…) Dabei zeichnete sich die wirtschaftliche Krise durch Überproduktion schon vor der Pandemie ab. Z.B. entließ BMW-München schon im Dezember alle Leiharbeiter*innen. Da kam die Corona-Krise gerade recht. Konzerne fuhren ihre Produktion runter oder schickten ihre Angestellten in Kurzarbeit. Nicht aus Sicherheitsbedenken. Das Abbauen der Überkapazitäten durch Kurzarbeit und Staatshilfen hilft den Konzernen sich wieder fit für den Markt zu machen. Und Großaktionäre wie die Quandts (BMW), Heinz Thiele (Knorr Bremse) oder Piëch (VW) lassen sich trotz Krise weiterhin Dividenden auszahlen. Kurzarbeit, steigende Arbeitslosigkeit, der massive Angriff auf Arbeitnehmer*innenrechte – spätestens jetzt, wo die erste Panik sich legt, wird klar, wer für diese Krise zahlen soll! Es gibt weder einen Plan für die Rettung von Kleinstbetrieben, Gastronomie und Selbstständigen, noch wie unser Gesundheitssystem krisenfest gemacht werden kann. Ausweitung der Arbeitszeiten (vor allem in der Pflege) oder die Sonntags- und Feiertagsöffnungen für Supermärkte (gegen das sich Gewerkschaften und Beschäftigte seit Jahren wehren), wurden unter dem Deckmantel der Krise eingeführt. Die CSU fordert massive Einsparungen an den Staatsausgaben, wen wird das treffen? (…) Wir als Beschäftigte müssen uns jetzt zusammen schließen, uns organisieren und laut werden! Die Ignoranz der Politiker*innen gegenüber dem, was für die Bevölkerung wirklich wichtig ist, verdient Protest. Kämpfen wir gemeinsam für eine Welt, für die ein Ausbruch einer Pandemie nicht Arbeitslosigkeit, Existenzängst, Hunger und Tod (vorallem im globalen Süden) bedeutet. Wir brauchen tatsächliche gesellschaftliche Lösungen, nicht nur für die Corona-Krise, sondern für eine andere, krisenfeste, solidarische Gesellschaft! Lasst uns uns organisieren für eine Welt in der Solidarität nicht nur eine Floskel ist! Deshalb kommt zur Kundgebung am Freitag den 29.5. ab 17 Uhr am Rotkreuzplatz. (Natürlich mit Abstand und Mundschutz) Zeigen wir dass es eine linke Alternative zu Verschwörungetheorien und kapitalistischer Verwertungslogik gibt!“ Aufruf bei Zukunft erkämpfen – Unsere Solidarität gegen ihre Krise! – Unter diesem Motto hat sich in München im Zuge der „Corona-Krise“ eine neues Offenes Treffen gegründet. Hier Aktive wollen Solidaritätsstrukturen aufbauen, nach Möglichkeiten der politischen Betätigung suchen und auch über die Pandemie hinaus die Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems aufzeigen. (Dabei der Gewerkschafts-Stammtisch München, von dem wir den Hinweis bekommen haben) - Wie kann in Corona-Zeiten Solidarität organisiert werden? Erfahrungen aus der Spargelernte und dem Krankenhaus, der Mieterbewegung, der Proteste gegen das Grenzregime und der Queer Community
„… In der Starthilfe AG der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen bemühen wir uns darum, Mieter*innen der großen Immobilienkonzerne zu organisieren, damit handlungsfähige Mietergemeinschaften entstehen. (…) Auch uns hat die Pandemie kalt erwischt, und wir können die Folgen für Mieter*innen, aber auch für unsere Arbeit noch kaum abschätzen. Wir haben deshalb eine Online-Umfrage gestartet, um überhaupt herauszufinden, welche Probleme durch die Corona-Maßnahmen entstanden sind. (…) Als die queeren Clubs, Bars und Anlaufstellen Mitte März schlossen, wurden die Barkeeper*innen, Reinigungskräfte oder Türsteher*innen in Kurzarbeit geschickt, Künstler*innen und Sexarbeiter*innen verloren ihre Aufträge. Binnen weniger Tage schossen die Crowdfundings und Hilferufe wie Pilze aus dem Boden. (…) Wegen Lohnprellung, schimmeligem Essen und miesen Unterkünften traten am 15. Mai 150 rumänische Erntearbeiter*innen beim Spargelhof Ritter in Bornheim (NRW) in den Streik. (…) Auch wenn solche Beispiele zeigen, dass Arbeiter*innen sich durchaus zu wehren wissen, bleibt längerfristige Organisierung schwierig, auch weil viele nur wenige Monaten in Deutschland sind. Das Projekt Faire Mobilität des DGB, das osteuropäische Arbeiter*innen berät, berichtet, dass es wegen der Corona-Beschränkungen schwieriger sei, persönlichen Kontakt aufzunehmen. Allerdings sei der Informationsbedarf groß: Die Website, die über Arbeitsrecht und Corona aufklärt, verzeichnet laut Dominique John vom Faire-Mobilität-Projekt fünf Mal so viele Aufrufe wie sonst, auch die mehrsprachige Hotline sei regelrecht »überrannt worden« (…) Wir haben am Klinikum eine recht aktive ver.di-Betriebsgruppe, und seit etwa einem Jahr haben wir die bundesweit von vielen Beschäftigen erhobene Forderung nach besserer Personalausstattung aufgegriffen. (…) Wir haben beschlossen, spezifische Corona-Forderungen aufzustellen, die aber auch über die Pandemie hinaus Gültigkeit besitzen: Aufwertung der Gesundheitsberufe, 500 Euro monatlich zusätzlich, besseren Gesundheitsschutz, immer ausreichende Schutzkleidung sowie Freizeitausgleich für die Corona-Krise. Wir haben eine Onlinepetition gestartet und darüberhinaus ermöglicht, dass die Klinikbeschäftigten auf Listen vor Ort, also auf Station, unterschreiben können. (…) Kein Recht auf Privatsphäre haben die Flüchtlinge in den Massenunterkünften. (…) Eine konkrete Alternative wurde schon Anfang April der Sozialbehörde von den vielen Initiator*innen und Unterstützer*innen der Kampagne »Open the Hotels«, unter anderem der Flüchtlingsberatungsstelle Café Exil, der Gruppe Lampedusa in Hamburg, das Medibüro und der Verein Asmara’s World, vorgeschlagen. Die Idee ist einfach: Geflüchteten aus den Massenunterkünften sowie Wohnungslosen sollen leere Hotelräume und ungenutzte Wohnungen angeboten werden – in Hamburg gibt es circa 2.600 davon. Ende April hatte die Sozialbehörde den Vorschlag abgelehnt. (…) In Hanau ist Anfang Mai ein Gedenkraum für die neun Todesopfer des rassistischen Angriffs am 19. Februar eröffnet worden. (…) Zwar waren nur 15 Personen erlaubt, doch mindestens dreimal so viele Menschen waren vor Ort. Die Corona-Pandemie war nicht das Gesprächsthema, sondern der Kampf gegen Rassismus. (…) Bislang war das primäre Thema der Seebrücke-Bewegung das Mittelmeer, aber aktuell liegt unser Fokus auf Griechenland. (…) Die Kampagne leave no one behind wird mittlerweile nicht nur von der Seebrücke unterstützt, sondern auch von anderen politischen Kräften. Unsere Basis konnte während der Corona-Zeit tatsächlich ausgebaut werden, Mobilisierungsschwierigkeiten haben wir überhaupt nicht, im Gegenteil.“ Erfahrungsberichte von Alina Lyapina, Anna Dotti, Dîlan Karacadağ, Magda Albrecht, Nina und Richard Ulrich aus ak660 vom 18. Mai 2020 - Solidarität ist mehr als Händewaschen und Klatschen
„Gewerkschaften und Corona-Krise – bitte konkreter werden. Bei den Mai-Kundgebungen zeigten sich Stärken von Initiativen, die mit einer „Taktik der radikalen Reformen“ arbeiten
„Tatort – nicht betreten“, stand auf den Flatterbändern, mit denen die Polizei am Donnerstagnachmittag vergangener Woche ein kleines Areal des Weddinger Leopoldplatz absperrte. Dort hatte die Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ unter dem Motto „Die Reichen sollen zahlen“ eine knapp 90-minütige Kundgebung organisiert . Es war der Ersatz für die geplante Stadtteildemonstration, die, wie in den vergangenen Jahren auch, für den 30 April geplant worden war. Unter Corona-Bedingungen durften dieses Jahr nur 20 Personen in den abgesperrten Kundgebungsbereich. Dort wurden Schilder mit den Parolen „Keine Profite mit unserer Gesundheit“, „Stärkung von ArbeiterInnenrechten und Betriebsräten“, „Bleiberecht für illegalisierte MigrantInnen“ und „Verteidigung der Grundrechte“ aufgestellt. Verteilt wurde ein Forderungskatalog für eine soziale und demokratische Lösung der Krise für den Bezirk Wedding, der in den letzten Wochen gemeinsam mit aktiven Stadtteilbewohnern erstellt wurde. Hier zeigt sich die Problematik eines Corona-Ausnahmezustands, in dem die Grund- und Versammlungsrechte massiv eingeschränkt werden. Bei der Kundgebung im Wedding ging die Polizei rigide vor. Menschen, die sich mit Schildern außerhalb des abgesperrten Kundgebungsbereichs im geforderten Abstand befanden, wurden von der Polizei zum Weitergehen aufgefordert, wenn sie dem nicht schnell genug nachkamen, drohten Personenkontrollen. Zudem wurde nach Beginn der Kundgebung niemand mehr in das Areal gelassen, auch nachdem andere weggegangen waren, so dass am Ende weit weniger als die genehmigten 20 Personen an der Kundgebung teilnahmen. Es zeigte sich hier wie auch bei anderen Mai-Aktivitäten, wie stark die Notmaßnahmen in die Grundrechte eingreifen und wie willkürlich dabei selbst in Berlin gehandelt wird. (…) Doch in der Corona-Krise zeigen sich auch die Stärken von Initiativen, die nicht erst jetzt beginnen, sich in Stadtteilen zu verankern und dort konkrete Reformpolitik zu machen, wie der Forderungskatalog von „Hände weg von Wedding“ zeigt. Dort wurde die Verteidigung demokratischer Grundrechte mit dem Recht auf Wohnen, würdigen Arbeitsbedingungen und einer Gesundheitspolitik jenseits der Marktlogik verbunden. Es handelt sich um Reformen, die der Mehrheit der Bevölkerung Vorteile bringen. Sie brechen mit einer Tradition, nach der Reformen immer mehr mit Einschränkungen, Kürzungen und Gürtel-enger-Schnallen verbunden sind. Zudem haben diese Reformen transformatorischen Charakter, weil sie, wenn sie umgesetzt würden, wesentliche Mechanismen der kapitalistischen Verwertungslogik außer Kraft setzen. (…) Jetzt zeigen sich aber auch die fatalen Auswirkungen einer gewerkschaftlichen Politik der Sozialpartnerschaft und des Burgfriedens. Warum soll nicht gerade in einer Zeit, in der sich die Auswirkungen einer wirtschaftsliberalen Politik zeigen, der Kampf dagegen einfacher sein? Warum wird der Schulterschluss mit denen gesucht, die für die beklagte Politik verantwortlich sind? Warum wird nebulös über unabsehbare Auswirkungen der Corona-Krise auch auf die Unternehmen geraunt und die Bündnispartner von der Jugendumweltbewegung nicht einmal mit einem Wort erwähnt? Mit einer solchen Politik der Anpassung sorgt man dafür, dass sich durch die Corona-Krise nichts im Interesse der abhängig Beschäftigten verbessert. Daher ist es positiv, dass sich Stadtteilinitiativen und soziale Bündnisse wie #jetzterstrecht und Care Revolution gerade jetzt mit ihren Forderungen Gehör verschaffen.“ Artikel von Peter Nowak vom 04. Mai 2020 bei telepolis - Die Krise von unten: Miteinander, am besten ohne Staat
„… Während der Coronapandemie gibt es auch Positives zu berichten: Auf der ganzen Welt spriessen Hilfs- und Unterstützungsangebote aus dem Boden – darunter auch Graswurzelprojekte für ArbeiterInnen und Marginalisierte. Mit dabei sind mancherorts auch anarchistische, antiautoritäre und antikapitalistische Gruppen und Initiativen – und dies ist wohl kein Zufall: Schon vor der Pandemie beriefen sie sich auf das Prinzip der gegenseitigen Hilfe, setzten auf Selbstbestimmung und propagierten den Aufbau von «Solidarität von unten». So etwa in Griechenland, wo nach der Finanzkrise 2008 und durch die EU-Spardiktate das staatliche Gesundheitssystem und der Wohnungsmarkt nahezu zusammenbrachen. In der Folge entstanden zahlreiche autonome Selbstverwaltungsstrukturen, wie anarchistische Gesundheitszentren oder besetzte Unterkünfte für Geflüchtete. Strukturen, die nun auch während der Coronakrise funktionieren: So zeugen Bilder auf Twitter und Onlinemedien von einer Aktion der anarchistischen Gruppe Rouvikonas Ende März, in der sie einem Athener Pflegeheim dringend benötigte lebensnotwendige Güter und Hygieneprodukte wie Latexhandschuhe, Toilettenpapier oder Putzmaterialien lieferten. Das Heim hatte wegen Versorgungsengpässen öffentlich um Hilfe gerufen. (…) In Neapel verbringt Giuliano Granato von der radikal-linken Bewegung Potere al Popolo (die Macht der Bevölkerung) täglich Stunden am «roten Telefon». «Anfang März registrierten wir plötzlich vermehrt Anrufe von Arbeiterinnen und Arbeitern, die sich bei uns über die Zustände am Arbeitsplatz beschwerten. In den Fabriken wurden keinerlei Schutzmassnahmen umgesetzt, Abstandsregeln nicht eingehalten, Masken waren nicht vorhanden», sagt der 34-Jährige am Telefon. Potere al Popolo wurde Ende 2017 im Hinblick auf die nationalen Wahlen im März 2018 gegründet (…) und ist heute – nachdem der Einzug ins Parlament nicht klappte – ein breites Netzwerk von BasisaktivistInnen und sozialen Bewegungen und keine klassische Partei. (…) Das Prinzip der «gegenseitigen Hilfe», auf das sich viele solcher Projekte beziehen, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Peter Kropotkin, Philosoph und Vordenker des kommunistischen Anarchismus, definierte das Prinzip in seinem 1902 erschienenen Buch «Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt» als Gegenpol zum sozialdarwinistischen Grundsatz «Überleben des Stärkeren». (…) Gesundheit am Arbeitsplatz, Lebensmittelversorgung, medizinische Nothilfe, Wohnungssicherheit – die gegenseitige Hilfe hat viele Facetten. Ob ihre Dynamik über die Coronapandemie hinaus erhalten bleiben wird? Loick wünscht sich, dass sich eines Tages die gesamte Gesellschaft an den Tätigkeiten orientieren würde, die die Menschheit wirklich für ein gutes Leben braucht. Denn: «Ohne gegenseitige Hilfe gibt es keine Gesellschaft. Ohne Wettbewerb und Ausbeutung schon.»“ Beitrag von Lorenz Naegeli, Jan Jirát (Text) und Alexander Elsaesser, Opak (Illustration) aus WOZ Nr. 17/2020 vom 23. April 2020 - »Denen da unten« werden nur »die da unten« helfen – Solidarität in der Coronakrise wird nur von denen kommen, die von ihr am stärksten betroffen sind
„… Die Corona-Pandemie stellt den Kapitalismus vor enorme soziale Herausforderungen. Dessen Widersprüche liegen aktuell so offen zu Tage wie selten. Tagtäglich wird uns vor Augen geführt wie schlecht eine Produktionsweise, deren Zweck der Profit ist, dafür gerüstet ist, Menschenleben zu schützen. Zwar bemühen sich die Regierungen – um Millionen von Todesfällen zu vermeiden –, die Produktion medizinischer Grundausrüstung anzukurbeln, die Zahl der Intensivbetten zu erhöhen, Zwangsräumungen zu stoppen und in einigen Fällen sogar die Unterbringung von Obdachlosen zu ermöglichen. Doch sollten all diese Dinge natürlich immer im Mittelpunkt jeder humanen Gesellschaftsordnung stehen und nicht erst als Effekt einer Pandemie auftreten. Aber im Kapitalismus wird der Schutz von Leben systematisch vernachlässigt – ebenso wie die Umwelt systematisch zerstört wird. Nun wird der Widersinn einer solchen Art und Weise, unser Leben zu organisieren, unübersehbar. Ein weitere Erkenntnis scheint sich dieser Tage jedoch auch immer mehr Bahn zu brechen. Der Begriff »systemrelevant« bezieht sich aktuell nicht auf Vorstände, Bankiers oder Fabrikbesitzer. Gemeint sind all die Pflegerinnen, Paketboten, Verkäuferinnen, Erzieher, Hauswirtschafter, Hebammen und Lastwagenfahrer, die – wie man so sagt – den Laden am Laufen halten. Gleichzeitig sind es Menschen in diesen Berufen, die ein deutlich höheres Risiko haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken als die Vorstände, Bankiers oder Fabrikbesitzer. Dafür aber werden sie deutlich schlechter bezahlt. Die Statistik sagt, dass die Chance, die Pandemie zu überleben, mit dem Einkommen steigt. Das jahrelang gehörte Mantra – vorgebracht von all jenen Vorständen, Bankiers oder Fabrikbesitzern –, dass sich Leistung endlich wieder löhnen müsse, erweist sich als das, was es immer war: blanker Hohn. (…) Vom Staat haben die Pflegerinnen, Paketboten, Verkäuferinnen, Erzieher, Hauswirtschafter, Hebammen und Lastwagenfahrer nichts zu erwarten. Die Maßnahmen der Regierungen zielen vor allem darauf ab, den Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Zwar sollen die schlimmsten sozialen Folgen durch staatliche Eingriffe abgemildert werden, doch hilft dies den Vorständen, Bankiers oder Fabrikbesitzer deutlich mehr. Die Pflegerinnen, Paketboten, Verkäuferinnen, Erzieher, Hauswirtschafter, Hebammen und Lastwagenfahrer verstehen zunehmend, dass der Kapitalismus sie nicht schützen wird. Stattdessen müssen sie sich auf sich selbst und die praktische Solidarität anderer Menschen der Arbeiterklasse verlassen. »Denen da unten« werden nur »die da unten« helfen.“ Kommentar von Christopher Wimmer bei neues Deutschland vom 17. April 2020 - Gegen Staat, Kapital und Patriarchat – die Krise heißt Kapitalismus
„Supermärkte, Bäckereien, Pflegeheime, Krankenhäuser: es sind vor allem wir lohnabhängigen Frauen, die in der Corona-Epidemie in erster Reihe stehen. Es sind vor allem die Berufssparten, die mies bezahlt und auch im allgemeinen äußerst prekär sind. Und der Applaus von den Balkonen und Fenstern der Republik bringt keine Steigerungen auf dem Lohnzettel, bessere Personalschlüssel oder eine Abkehr der unsäglichen „Fallpauschale“ in den durchprivatisierten Krankenhäusern. Im Gegenteil: 12 Stunden Schichten sind möglich weil der ausgerufene Katastrophenfall das Arbeitsschutzgesetz aushebelt und die Personalschlüssel wurden in den Krankenhäusern und der Pflege sogar gänzlich ausgesetzt. Wieder einmal setzen die DGB-Gewerkschaftsspitzen darauf, gemeinsam mit der Regierung und den Unternehmen partnerschaftlich zusammen zu arbeiten und massive Einschnitte hin zu nehmen, die letzten Endes die Lasten der Krise auf uns alle umwälzen, um die Wirtschaft und das dazugehörige Wirtschaftssystem zu retten. Eben genau das Wirtschaftssystem, das uns erst in die heutige Situation gebracht hat. (…) Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren, so funktioniert Kapitalismus. Für uns gibt es nur eine Lösung: organisieren, solidarisch sein und als lohnabhängige Klasse das einfordern, was uns zusteht. Krankenhäuser und Pflege vergesellschaften! Genauso wie die Herstellung und die Verteilung der Lebensmittel eine kollektive Aufgabe sein muss, die sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und nicht nach dem Profit, der damit zu machen ist. (…) Das alles sind keine Probleme, die von der Covid19-Pandemie verursacht worden sind, nein, sie verdeutlicht nur, was schon so lange falsch läuft: ein Wirtschaftssystem ausgerichtet an Profitinteressen anstatt an den Bedürfnissen der Menschen und mit ihm verwoben eine patriarchale Struktur, die Frauen ihren klaren Platz in der Gesellschaft zuweist: Vieles konnten wir in all den Kämpfen in all den Jahren aufbrechen aber nach wir vor gilt es, Kapitalismus und Patriarchat als Ganzes zu zerschlagen. Weder das eine noch das andere brauchen wir. Beides ist für uns als lohnabhängige Frauen eine existenzielle wie auch physische Gefahr. Wir können uns auf keinen Staat, auf keine ChefInnen, auf keine RichterInnen oder sonst wen verlassen. Wir verlassen uns auf unsere gegenseitige Solidarität und bauen Netzwerke auf. Wir organisieren uns an unseren Arbeitsplätzen – gerade in den prekären Bereichen und wir erzeugen Druck – nicht trotz dieser Pandemie sondern genau wegen ihr…“ Beitrag vom 14. April 2020 von organisierte autonomie (OA) - Die nächste Phase der „Corona-Krise“: Vom Virologen-Staat zum Polizei-Staat
„Die Monate, die hinter uns und wahrscheinlich auch noch vor uns liegen, werden in die Geschichtsbücher mit Sicherheit als die Zeit der „Corona-Krise“ eingehen. (…) Für die Linke gilt in dieser Situation vor allem eines: Sie darf sich weder auf nationaler, noch auf EU-Ebene in irgendeine Art der „Notstands-Einheits-Regierung“ oder „Notstandsallianz“ einreihen, auch wenn der Druck anderer Parteien oder der Medien noch so groß ist. Es wird auch für die Corona-Krise keine pro-kapitalistische Lösung geben, der sich die Linke verschreiben müsste. Im Gegenteil, so wie jede Krise auch Ansätze eines Systemwechsels und grundsätzlicher Änderungen in sich birgt, so kann auch die Corona-Krise eine Chance sein, neue antikapitalistische Ideen und Ansätze zu popularisieren. Dafür gibt es vor allem drei Ansatzpunkte: Erstens die kritische Beobachtung aller politischer Vorhaben der bürgerlichen Regierungen. (…) Zweitens sollten aus der Krise und den aktuellen politischen Reglementierungen neue Formen des politischen Widerstandes entwickelt und für die Zukunft erhalten werden. Es gibt eine ungeahnte Ausdehnung von Nachbarschaftshilfe, neue Formen der Versorgung mit Lebensmitteln, die ein Bild entwerfen, wie eine zukünftige solidarische Gesellschaft aussehen könnte. Der eingespielte „Sitzungssozialismus“ ist nicht das Ende der Weisheit. So manche linken Zusammenhänge erkennen heute, dass es Alternativen, nicht zuletzt durch kreative Online-Verfahren gibt, die weiterzuentwickeln sind. Wir fordern auch die Einführung neuer Formen der direkten Demokratie: Warum sollen Belegschaften nicht ein klares Veto-Recht bei der Fortführung der Produktion haben, wenn die Gesundheit gefährdet ist? Individuell und halbgar gibt es dieses Veto-Recht aus Gesundheitsgründen schon heute, es muss ausgebaut werden. Es ist nicht einsehbar, warum bestimmte Fabriken und Büros mit engsten Menschenversammlungen weiterhin am Laufen gehalten werden; warum dicht gedrängte Fahrten in Bussen und Bahnen weiterhin geduldet werden, aber Fußballspielen im Park und Friseurbesuche verboten werden. Warum sollen über solche Dinge nicht Nachbarschaftskomitees und Verbraucherräte entscheiden? Drittens schließlich, zeigt auch diese Krise die Grenzen des Kapitalismus auf. Sie stellt die „Systemfrage“ und die Linke sollte sie auch und sofort stellen. Ganze Produktionszweige sind offenkundig nicht nur gesundheitsschädlich oder klimazerstörend, sondern auch entbehrlich. Produktionslinien können genauso offenkundig schnell umgestellt werden. Dinge werden möglich, die noch vor Monaten sozialistisches Teufelszeug oder niemals verwirklichbar sein sollten. (…) Die Gewerkschaften als alte soziale Bewegung müssen endlich den zweiten Teil des Wortes Tarifpolitik umsetzen: Politische Veränderungen in den Betrieben mit mehr Kontrolle und Selbstbestimmung der Belegschaften sind möglich. Kein Unternehmen darf staatliche Hilfe oder Gelder aus den Sozialkassen erhalten ohne solche neuen Formen der Belegschaftskontrolle. Die Konversion von Produktionslinien ist keine Träumerei für morgen, sondern kann offensichtlich als Tagespolitik auch tarifpolitisch umgesetzt werden. Die Krise als Chance nutzen, ist sicherlich ein oft gehörtes und gesprochenes hohles Wort. Aber die Linke hätte durchaus die Chance, dass es diesmal etwas mehr wird.“ Beitrag von Thies Gleiss und Jakob Schäfer vom 13. April 2020 beim IPK online - [Petition] #wirlassenunsnichtspalten – Keine Isolierung von „Risikogruppen“
„Wie Millionen andere gehöre ich zur sogenannten „Risikogruppe“. Als einzige Europaabgeordnete mit sichtbarer Behinderung ist für mich klar: Ich möchte nicht in eine „Risikogruppen“-Schublade gesteckt werden und monatelang vom Rest der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Ich entscheide selbst für mich wie ich mich schütze. Genau diese Angst, weggesperrt, stigmatisiert und von Arbeit und Sozialleben ausgeschlossen zu werden, teilen aktuell viele Menschen denn: Im Rahmen der Debatten um mögliche Exitstrategien kursiert seit einigen Tagen die Idee, „Risikogruppen“ zu isolieren. Demnach sollte die jüngere, gesunde Bevölkerung langsam in ein normales Leben übergehen. Bürgerinnen und Bürger einer Risikogruppe sollten hingegen weiter mit Einschränkungen leben. Dieser Spaltung der Gesellschaft und Isolierung von Risikogruppen stellen wir uns entgegen…“ Katrin Langensiepen hat diese Petition an Bundesregierung am 8. April 2020 bei change.org gestartet und bittet um Unterstützung - Proletariat & Klassenkampf – Alles fällt vom Himmel
„Eine Linke, die nur noch Verteilungsfragen kennt und den Bezug zur Produktionssphäre verloren hat, hat den Bezug zur ArbeiterInnenklasse und zur Realität verloren. (…) Sicherlich: Waren sind geronnene menschliche Arbeit – in ihnen manifestiert sich aber auch menschliches Leiden und Sterben. Im kapitalistischen Herrschaftsverhältnis ist nicht nur die Arbeit, sondern auch der Tod der einen für den Reichtum der anderen keine Nebenerscheinung, sondern fester Bestandteil des Systems. Weltweit sterben jährlich über zwei Milllionen Angehörige jener Klasse, die es einer wahnhaften linken Denkrichtung zufolge eigentlich gar nicht mehr gibt, an den direkten Folgen ihrer Lohnarbeit. Sie sterben durch tödliche Arbeitsunfälle oder an Krankheiten, die sie sich infolge ihrer Erwerbstätigkeit zuzogen. (…) Bei aller verbalen Staatsferne versprechen sich – wenn man genauer hinsieht – Teile der radikalen Linken das Heil einstweilen vom ideellen Gesamtpatriarchen: Von “Vater Staat”. Wie kleine Kinder in einer Wohlstandsgesellschaft begreifen sie nicht, dass die Ressourcen von Mama und Papa endlich sind. Da sie nicht Teil des Proletariats sind und sich auch nicht für Ökonomie interessieren, übersehen sie sehr bereitwillig: Alles, was verteilt werden soll, muss erst geschaffen werden. Eine reine Umverteilungs- und Versorgungslinke setzt vielleicht noch eine hohle Phrase mit Bezug auf irgendeine “soziale Revolution” unter ihre lustigen Pamphlete, ihre Ausführungen können aber oft übersetzt werden mit: Gebt uns Geld und im Übrigen sind wir für das Gute und gegen das Schlechte!. Sie überschätzt dabei maßlos die Blödheit der ProletarierInnen. Wieviel des vom Proletariat geschaffenen Wertes den KapitalistInnen anheimfällt und wieviel bei den ProletarierInnen bleibt, ist für ArbeiterInnen eine äußerst wichtige Frage, insofern geht es bei proletarischen Kämpfen eben sehr handfest und pragmatisch um Fragen der Umverteilung, der Rechte und um Reformen. Es geht aber eher nicht um leere Versprechungen oder alberne Sprüche und es geht schon gar nicht um ein “Gesehenwerden” oder mehr “Respekt” und weniger Klassismus. Es geht um eine tatsächliche Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage und schließlich um die Kontrolle über die Produktionsmittel. Unterm Strich bleibt als trauriges Fazit festzuhalten: Eine Linke, die auf die ArbeiterInnenklasse scheißt, ist eine Linke, auf die die ArbeiterInnenklasse scheißt.“ Beitrag vom 14. April 2020 vom und beim Autonomie Magazin - Der Zug fährt ab
„Innerhalb weniger Wochen hat sich die allgemein als „Corona-Krise“ bezeichnete kapitalistische Gesundheitskrise weltweit rasant verschärft. (…) Die aktuelle Lage wird von der bundesdeutschen Regierung sowie den Landesregierungen genutzt, um sich in unterschiedlichem Maße am Repertoire des Ausnahmezustands zu bedienen. Neben einer generellen gesellschaftlichen Lähmung scheinen auch weite Teile der Linken in eine Schockstarre gefallen zu sein: Obgleich sich viele von ihnen der historischen Zäsur und der möglichen Schlagkraft dieser Krise bewusst werden, kämpfen sie mit Kommunikationsproblemen, der Atomisierung ganzer Zusammenhänge und der Suche nach passenden praktischen und in der Jetztzeit umsetzbaren linken Antworten auf die Verschärfung gesellschaftlicher und politischer Auswirkungen durch SARS-CoV-2. Es herrscht eine weitverbreitete Ratlosigkeit, wie politische Organisation und Praxis – auch außerhalb der virtuellen Netzwerke, im öffentlichen Raum – gewährleistet werden kann; etwa darüber, wie eine Praxis des Umgangs mit den staatlichen Maßnahmen aussehen könnte, die auch über ganz kleinteilige Solidaritätsarbeit im Nahbereich hinausgeht. (…) Auch die Rolle der (Basis-)Gewerkschaften wird wichtiger werden. Linke Positionen müssen sich deutlich gegen eine Abwälzung der Krisenkosten auf die Arbeitenden stellen – noch bevor die Rezession nach unten weitergereicht wird. Die soziale Frage muss besetzt werden, bevor rechte Kräfte die entstehenden sozialen Widersprüche weiter für sich nutzen. Nicht zuletzt müssen wir die Bedeutung der Care-Arbeit ins Spiel bringen: Jeden Abend um 21:00 Uhr wird zwar kräftig für die Arbeitenden im Gesundheitssektor applaudiert, geschwiegen wird dabei allerdings über Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und gemeinwohl- statt profitorientierte Gesundheitssysteme. Still ist es auch darüber, dass ein Großteil der mies bezahlten Care-Arbeiten von Frauen* gemacht werden – von der unbezahlten Care-Arbeit und Erziehungsarbeit mal abgesehen, die jetzt auch wieder ganz individuell zu lösen ist. Der gesamte Bereich der Erziehung, Pflege, Familienarbeit und weitere, die unser aller Wohlergehen betreffen, ist in unserer Gesellschaft das Rückgrat, ohne das kaum etwas anderes möglich wäre. Systemrelevant ist also vielleicht sogar noch nicht treffend genug – und eine angemessene Honorierung dieser Berufs- und Arbeitsfelder längst überfällig. Die Linke muss unter den verschärften politischen wie gesellschaftlichen Bedingungen ihre Handlungsfähigkeit wiedererlangen. Aktuell sehen sich viele Strukturen aufgrund der ordungspolitischen und gesundheitlichen Beschränkungen einer Vereinzelung ihrer Mitglieder und absurderweise einer politischen Perspektivlosigkeit ausgesetzt. Dabei ist genau jetzt der Zeitpunkt, linke Gegenmodelle zum herrschenden aufzuzeigen und dafür zu streiten. Also packen wir es an!“ Beitrag vom 11. April 2020 von der Redaktion des re:volt magazine - Solidarität verändert keine Strukturen. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer beobachtet in der Coronakrise viel Gesellschaftsromantik
„Die Hoffnung, dass Solidarität zu weitreichenden Neuentwicklungen in der gesamten Gesellschaft führe, sei aber naiv und problematisch“, sagte Heitmeyer im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker am 6. April 2020 beim Deutschlandfunk : „In einem kapitalistischen Staat sei das kaum möglich. (…) 93 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger befürworten die derzeitigen Kontaktbeschränkungen. Das ist das Ergebnis des letzte Woche veröffentlichten ARD-Deutschlandtrends. Wir verzichten derzeit auf zahlreiche Grundrechte und das einigermaßen bereitwillig. Solche Eingriffe hätten immer einen autoritären Beiklang, sagt der Soziologe Wilhelm Heitmeyer im Dlf. Man müsse nun aber aufpassen, „wenn das immer weiter ausgeweitet wird, dass wir dann durchaus in die Nähe eines Überwachungsstaates kommen, und das wird dann gefährlich.“ Denn Institutionen, politische oder ministeriale Institutionen hätten kein Gedächtnis. „Das heißt, es dient jetzt zunächst mal zur Machtausweitung, und da muss man aufpassen, dass sich das nicht verfestigt.“ Das sei der entscheidende Punkt. Mit Blick auf die Gesellschaft sieht Heimeyer keine Hoffnung, dass sich nach Corona alles zum Positiven ändere. „Das kann ich nicht erkennen. Denn wir leben letztlich in einem kapitalistischen Staat und da ist es ja so, dass der Finanzkapitalismus kein besonderes Interesse an gesellschaftlicher Integration hat, sondern da geht es um die Kriterien von Nützlichkeit, Verwertbarkeit, Effizienz.“ Da müsse man aufpassen, dass das jetzt nicht auch auf Menschen zunehmend angewandt wird“ Auch sieht Heitmeyer die Gefahr der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.“ Das werde derzeit durch die Pandemie überdeckt. „Aber es ist alles vorhanden und wird, wenn mich nicht alles täuscht, danach wieder aufbrechen und die Rechtsextremen beziehungsweise die autoritären Nationalradikalisten werden dieses auszunutzen versuchen. (…) Die Verschwörungstheorien sind schon in Vorbereitung…“ (Audiolänge: 13:17 Min., hörbar bis zum 19. Januar 2038) - Globale Solidarität in Zeiten von Corona
Das aktuelle Dossier der Rosa-Luxemburg-Stiftung „Globale Solidarität“ umfasst Beiträge zu Fragen der transnationalen Kooperation und Organisierung. Ein Schwerpunkt darin ist die Solidarität in der Corona-Krise und danach Das Nord-Süd-Gefälle und die „imperiale Lebensweise“ werden ebenso diskutiert wie Ansätze zur wachsenden Frauenstreikbewegung. Eine Reihe von historischen Artikeln beleuchtet frühere internationalistische Versuche wie die Kommunistische Internationale. - Rotlicht: Solidarität
„Solidarität ist schon unter normalen Bedingungen ein inflationär gebrauchtes Wort. In Coronazeiten hat es Hochkonjunktur. Gemeint ist laut Duden das »unbedingte Zusammenhalten«, ein »Zusammengehörigkeitsgefühl« oder das »Eintreten füreinander«. Da jede Forderung die Abwesenheit des Geforderten zur faktischen Grundlage hat, gibt der Ruf nach Solidarität durchaus Aufschluss über den antagonistischen Charakter der Interessenverfolgung in der bürgerlichen Gesellschaft. Überflüssig wäre es jedenfalls, Menschen dort zur Solidarität aufzufordern, wo ihre individuelle Nutzenverfolgung mit der Bedürfnisbefriedigung aller anderen Gesellschaftsmitglieder glücklich zusammenfällt. Weil die Individuen unter kapitalistischen Produktionsbedingungen ihre Interessen in der Regel nicht kooperativ miteinander, sondern konkurrierend gegeneinander verfolgen müssen und weil sie zugleich voneinander abhängig sind – das zeigt sich in der Krise –, stehen »Interesse« und »Allgemeinwohl« in einem unauflösbaren Widerspruch. (…) Solidarität als Kampfbegriff der Arbeiterbewegung hat auch deren Negation zur Grundlage – nämlich die Konkurrenz der Lohnabhängigen. Unter den Bedingungen eines permanenten Notverkaufs mutiert sie zum Unterbietungswettbewerb beim Lohn und zum Überbietungswettbewerb bei der Leistung. Solidarität unter den Arbeitern – ihre kollektive Organisierung in Gewerkschaften und ihre geschlossene Arbeitsverweigerung im Streik – das ist ihre Waffe im Klassenkampf. Solidarität meint hier wohlgemerkt nicht gelebten Verzicht fürs »große Ganze«, sondern ist Mittel der Interessendurchsetzung. In den Zeiten von Corona bedeute Solidarität, so sagen es deutsche »Verantwortungsträger«, den gesundheits- und wirtschaftspolitischen Anordnungen der Regierung Folge zu leisten und die von ihnen angerichtete Misere des Gesundheitswesens kritiklos als »Herausforderung für uns alle« zu begreifen. »Europäische Solidarität« sei ganz wichtig, finden deutsche Politiker, die Italien im März dringend benötigte Medizingüter verweigerten. »Unsolidarisch« ist nach Ansicht deutscher Presseleute hingegen, wenn die Türkei Flüchtlinge nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindert. Um so mehr wird die Internierung der Flüchtenden in Lagern, ihre Zurückdrängung mit Waffengewalt, ihre Misshandlung durch den griechischen Staat gefördert und gefordert – als Teil der europäischen »Solidarität«. »Solidarisch« erklären sich die deutschen Gewerkschaftsführer mit den unschuldig in Not geratenen Unternehmen. Im Namen der Seuche verzichten sie trotz steigender (Miet)Preise großzügig auf Lohnforderungen. (…) Der Begriff der Solidarität hat mit dem vorläufigen Ende einer revolutionären Arbeiterbewegung seinen Kampfcharakter verloren und ist zur moralischen Tugend, zum Synonym für Unterwerfungsbereitschaft und nationalen Zusammenhalt verkommen.“ Artikel von Arian Schiffer-Nasserie in der jungen Welt vom 01.04.2020 - Grenzenlose Solidarität. Die Pandemie stellt die neoliberale Gesellschaft und Wirtschaft grundlegend in Frage. Jetzt die richtigen Lehren zu ziehen, ist für eine gemeinsame Zukunft existentiell
„… Grenzenlose Solidarität, die ganz bewusst alle Menschen umfasst, führt schlussendlich gerade im Hinblick auf die Zeit nach der Pandemie zu einem zentralen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Thema zurück, das zu lange von der Bühne der politischen Aufmerksamkeit verschwunden ist: die soziale Frage. Denn nur eine Gesellschaft, die über eine moderate Ungleichheit verfügt, ist eine solidarische Gesellschaft. „Der Neoliberalismus betrachtet den Wettbewerb als das bestimmende Merkmal der menschlichen Beziehungen“, stellte der Guardian-Journalist George Monbiot fest. In Zeiten der Pandemie aber sollten wir von liebgewonnenen Leistätzen des Neoliberalismus Abschied nehmen und eine neue solidarische Gesellschaft weltweit aufbauen, die das Verhältnis zwischen Menschen und schlussendlich auch zwischen Nationen nicht mehr durch Konkurrenz definiert, sondern durch Solidarität. Somit wird Covid-19 zum Test, ob wir in einem dauerhaften neoliberalen Wettbewerb leben wollen, der stets nach Siegern giert und Verlierer fordert (und in Zeiten einer Pandemie zwangsläufig die Anzahl der zu beklagenden Toten erhöhen wird) oder ob sich die Menschen als lernfähig erweisen und die Forderung der Zeit verstehen: grenzenlose Soldarität…“ Artikel von Andreas von Westphalen vom 1. April 2020 bei Telepolis - Plakat: Produktionsstopp – Geteilte Verantwortung – Solidarität
„Seit wir vor zwei Wochen als Solidarisch gegen Corona damit begonnen haben, täglich Artikel, Analysen, Übersetzungen, Berichte von Arbeitskämpfen und Interviews zu veröffentlichen, hat sich die gesundheitliche, soziale und ökonomische Krise deutlich verschärft. Mit einem weiteren Plakat rücken wir nun die staatlichen Zwangsmaßnahmen, die Corona-Partys der Unternehmer und die nationalistische Gefahr ins Zentrum und freuen uns über Verbreitung und Diskussion. Als Reaktion auf die Pandemie werden im Eiltempo Grundrechte ausgehebelt. Die staatlich verordneten Ausgangssperren und Notstandsverordnungen richten sich in vielen Ländern gegen Arbeitskämpfe, Streiks und Aufstände. Während wir soziale Kontakte einschränken müssen, feiern viele Unternehmer weiterhin Corona-Partys: nicht notwendige Arbeiten laufen unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen weiter. Die Regierungen reagieren auf die Pandemie mit Grenzschließungen, Ausfuhrverboten für medizinische Güter und Migrationsabwehr. Sie inszenieren sich als Schutzmacht der Lohnabhängigen, während sie gestern noch das Gesundheitssystem kaputt gespart haben. Wir steuern auf eine soziale Krise unbekannten Ausmaßes zu, die massive Angriffe auf unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen nach sich ziehen wird. Forderungen an den Staat oder die Unternehmer nach Produktionsstopp, Lohnausgleich oder Gesundheitsschutz werden nicht reichen. Wenn jetzt die Weltwirtschaft einen Infarkt erleidet, wird es auf unsere Fähigkeiten ankommen, die notwendigen Teile der Produktion und Gesundheitsversorgung wieder in Gang zu setzen…“ Plakat vom 31.3.2020 von und bei solidarischgegencorona - [3. April 20] Online-Debatte: Wer zahlt für die Corona-Krise?
„Am Freitag abend diskutieren wir bei einer Live-Übertragung auf Facebook darüber, wer für die Corona-Krise zahlen wird: Die Großkonzerne oder die Arbeiter*innen? Das Corona-Virus zeigt die gravierenden Folgen der Sparpolitik im Gesundheitssystem: Es gibt nicht genug Schutzkleidung oder Intensivbetten, um auf einen schnellen Anstieg der Infektionen zu reagieren und das ohnehin schon überlastete Personal kommt an seine Grenzen. Dabei haben die Arbeitsbedingungen an den Krankenhäusern nicht erst seit der Corona-Krise die Gesundheit von Patient*innen und Beschäftigten gefährdet. Seit Jahren gibt es Forderungen nach mehr Personal, geringerer Arbeitslast und angemessener Bezahlung. Diese Forderungen sind aktueller denn je! Und während für uns alle in der Freizeit Kontaktverbot und Ausgangssperren gelten, soll in vielen Firmen der Betrieb aufrechterhalten werden, obwohl eine Ansteckung am Arbeitsplatz nicht ausgeschlossen werden kann. Dort, wo die Produktion richtigerweise eingestellt wird, sollen die Beschäftigten mit massiven Lohneinbußen dafür zahlen oder müssen sogar den Jobverlust fürchten. Ganz zu schweigen von der zu erwartenden Wirtschaftskrise, die auf die Rücken der ärmsten und prekärsten Sektoren abgeladen werden soll. Die Frage, die sich also stellt, ist: Wer zahlt für die Corona-Krise? Die Großkonzerne oder die Arbeiter*innen? Die Antwort wird davon abhängen, wie wir uns organisieren, wie es in Italien, Spanien oder Frankreich schon Arbeiter*innen in ihren Betrieben tun. Darüber wollen wir mit Krankenhaus-Beschäftigten, Gewerkschafter*innen und Aktivist*innen diskutieren – per Video-Chat im Livestream.“ Aufruf von Klasse Gegen Klasse vom 30. März 2020 für Freitag, 3. April, 19–21 Uhr bei Facebook-Live und Youtube-Live - Krach machen statt klatschen für Lau! Lärmdemo gegen die Gesundheitspolitik und ihre Arbeitsbedingungen am Samstag, 28.03. um 18 Uhr
Unter dem Motto „Krach gegen die Gesundheitspolitik statt klatschen für Lau!“ rufen verschiedene Organisationen dazu auf, mit Kochlöffeln und Töpfen an ihren Fenstern Lärm zu machen und gegen die Gesundheitspolitik zu demonstrieren. Siehe von vielen Aufrufen den bei der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht . Die Aktion geht zurück auf den Vorschlag der spanischen Rentner der COESPE für ein „International koordiniertes Kochtopfkonzert“ um 20 Uhr an Fenstern, auf Balkonen um die 3 Forderungen:- Zur Verteidigung aller öffentlichen Dienste: Gesundheitswesen, Renten und Sozialversicherung, Öffentliches Bildungswesen uns Schulen…
- Schutz der ArbeitnehmerInnen und Verbot von Entlassungen.
- (Existenzsicherung von Künstler/innen und Freiberufler/innen) Die Krise sollen die Banken und Spekulanten bezahlen.
- Klassenstandpunkte zu Covid-19
„Die Angry Workers haben ein paar erste Überlegungen zur Corona-Situation aufgeschrieben. Sie legen darin den Finger in die Wunde einer Linken, der die Verbindungen in Nachbarschaft und Betrieb und die Macht fehlt ihre vielerorts vorgebrachten Forderungen durchzusetzen. In dieser Not setzen nicht wenige auf den Staat, dessen Eingriffe in die Wirtschaft als Vorschein einer sozialistischen Transformation gefeiert werden. Gegen solche Fieberträume der Staatssozialisten betont der Text die Gefahr, die der ArbeiterInnenklasse durch die ideologische und praktische Stärkung des Staates erwächst. Stattdessen gelte es das Augenmerk auf die wilden Streiks und die sich ausbreitende Politisierung der Arbeit zu legen, worin die alte Idee der ArbeiterInnenkontrolle wieder aufscheine. (…) Wir könnten uns auch einfach darauf verlassen, dass während einer Krise außerordentliche Maßnahmen von Oben umgesetzt werden. Aber wir können die Brüchigkeit des globalen Kapitalismus und diese Pandemie nur dann für unseren Kampf für eine gerechte Gesellschaft nutzen, wenn wir reale Macht an der Basis haben, von nachbarschaftlicher Hilfe bis in die Betriebe hinein. Das heißt, dass wir uns in unseren Gemeinschaften – innerhalb wie außerhalb der Betriebe – langfristig verwurzeln müssen. (…) Reaktionen der Arbeiterinnenklasse: Hier können wir sehen, dass »individuelle Reaktionen« (Panikkäufe, Hamstern etc.) die Situation tendenziell verschlimmern. Überall dort, wo Arbeiter*innen über organische Formen von Kollektivität verfügen, sind sie in der Lage, die widersprüchlichen Botschaften des Staates (»Geh arbeiten, aber isolier dich selbst«) anzugreifen. Gemeinsam mit Genoss*innen aus anderen Ländern werden wir versuchen, die vielfältigen Reaktionen der Klasse zu dokumentieren: Gefängnisrevolten in Italien, Frankreich, Brasilien und dem Libanon, Unruhen in Abschiebeknästen in Spanien und Deutschland; ansteckende wilde Streiks in der Autoindustrie, von Mercedes und Iveco in Spanien bis zu FIAT/Chrysler in Italien und Kanada; um sich greifende Arbeitsniederlegungen bei Amazon in Frankreich, Spanien und in den USA; Mietstreiks und Besetzungen in verschiedenen amerikanischen Städten. Über die Frage hinaus‚wer für die Krise zahlt und wer in ihr sein Leben riskiert, erleben wir eine Politisierung der Arbeit in der öffentlichen Diskussion: Welche Arten von Arbeit sind wirklich notwendig? Unter welchen Bedingungen arbeiten die Beschäftigten in diesen Sektoren (Gesundheit, Paketzustellung etc.)? Die Frage der »Arbeiterkontrolle« taucht von selbst wieder auf. (…) Es ist wichtig, die Frage nach dem Klassencharakter dieser Krise zu stellen: Wer wird für sie bezahlen (Rettungsaktionen für die Unternehmen, Almosen für die Armen) und wie ist man je nach Klassenlage unterschiedlich von ihr betroffen? All dies hängt von den Kräfteverhältnissen ab. Aber wir müssen noch einen Schritt weiter gehen und uns auf die Politisierung der Arbeit beziehen: Welche Arbeit ist wesentlich, und warum sind die Menschen, die in solchen Sektoren arbeiten, überfordert? Weil nur wenige Menschen das Gewicht der Gesellschaft auf ihren Schultern tragen!...“ Beitrag vom 22. März 2020 von solidarischgegencorona - Corona-Spendenaufruf: Solidarität in Zeiten der Pandemie – Globaler Virus. Globale Solidarität!
„Wir dürfen in diesen Tagen nicht nur nach Deutschland und Europa schauen. Corona wird auf der ganzen Welt die armen Regionen besonders hart treffen. Es braucht deswegen sofortige Hilfe“, sagt Anne Jung, Gesundheitsreferentin bei medico international. Seit über 50 Jahren setzt sich medico als sozialmedizinische Hilfs- und Menschenrechtsorganisation für das Recht auf den bestmöglichen Zugang zu Gesundheit ein – mit Partnerorganisationen auf drei Kontinenten. Unsere Partner*innen arbeiten unermüdlich für und mit all jenen, denen der globalisierte Kapitalismus kein Bett in einem Krankenhaus, keinen Arztbesuch oder Impfung zugesteht. Sie streiten für ein flächendeckendes Gesundheitssystem in öffentlicher Hand, zugänglich für alle Menschen, unabhängig von Einkommen und Herkunft. Die Corona-Pandemie stellt diese Strukturen auf eine harte Probe. Noch lässt sich nur erahnen, welche Schäden sie in den Ländern des Globalen Südens anrichten wird, in Elendsvierteln und überfüllten Flüchtlingslagern. Überall dort, wo der nächste Arzt, das nächste Krankenhaus nicht erreichbar oder nicht bezahlbar ist. „Die ohnehin desaströse Situation der globalen Gesundheitsversorgung wird durch die Epidemie zur Katastrophe anwachsen“, sagt Anne Jung. Jetzt spenden für die Corona-Hilfe! Die Pandemie ist eine Krise der globalen Gesundheit. Und sie hat schon jetzt weitreichende politische und ökonomische Folgen. So berichtet eine pakistanische Gewerkschaft, die medico unterstützt, dass die Textilfabriken allesamt vor der Schließung stehen und eine beispiellose Massenarbeitslosigkeit erwartet wird. Der Staat verfüge über keinerlei Mittel, die zu erwartende soziale Katastrophe aufzufangen. Die medico-Partnerorganisationen in aller Welt brauchen jetzt Solidarität und umgehende Unterstützung bei flächendeckenden Präventionsmaßnahmen, bei der Bereitstellung von Schutzausstattung und in ihrem politischen Kampf gegen Armut und krankmachende Verhältnisse sowie für das Recht auf ein gesundes und gutes Leben…“ Spendenaufruf von medico international vom März 2020 mit diversen Länderberichten - Solidarität in Zeiten von „Covid 19“
„aktuell riskieren viele unserer Kolleg*innen in den Krankenhäusern, in den Rettungsdiensten, in der Sozialen Arbeit, den Frauenhäusern, in der Pflege, im Einzelhandel, als Lieferfahrer*innen, in den Geflüchteten-Heimen, der Agrarindustrie, der Müllentsorgung, des Öffentlichen Nahverkehrs ihre Gesundheit während wiederum andere sich eine goldene Nase verdienen (z.B. Amazon und andere Internet-Firmen). viele Kolleg*innen fürchten um ihre Existenz wegen ihren fehlenden Zahlungen von den Arbeitsämtern oder der Gastronomie. Andere nutzen die Chance härtere Gesetze im Zuge einer weiteren autoritären Formierung der Gesellschaft durchzusetzen. Vieles ist in Bewegung und plötzlich wird für viele auch wieder einmal deutlich wer diese Gesellschaft am Leben hält: wir Arbeiter*innen. Und wie schwer es ist mit kaputtgesparten Sektoren eine Grundversorgung aufrecht zu erhalten. Viele von uns begegnen dieser Zeit mit einer Mischung aus Angst, Ohnmacht, Wut und Tatendrang. Wir können euch diese Gefühle nicht nehmen. Wir können aber dazu aufrufen euch mit euren Nachbar*innen im Nebenhaus, der Geflüchteten-Unterbringung, den Kolleg*innen unsere Solidarität zukommen zu lassen. Mit folgender Materialsammlung wollen wir euch helfen dies auch umsetzen zu können...“ Stellungnahme der Industrial Workers of the World im deutschsprachigen Raum [IWW] mit Links zu solidarischen Netzwerken im deutschsprachigen Raum (wir danken den KollegInnen für das neue Bild zum Dossier!) - Corona: Verlogenes Gerede von Solidarität
„Corona heißt das Thema. Was denn sonst?! Man kriegt es ja nicht aus dem Kopf. (…) Dabei ist gerade jetzt kritische Distanz gefragt, in einer Zeit, in der sich hehre Appelle zum gesellschaftlichen Zusammenhalt häufen, in der überall von Solidarität geredet wird. Es ist Misstrauen angebracht, wenn den Leuten auf allen Kanälen erklärt wird, dass sie jetzt zusammenstehen müssten. (…) Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich sind Nachbarschaftshilfe und Gemeinsinn das Gebot der Stunde. Aber das ist etwas, was in dieser Gesellschaft regelhaft von unten erzeugt und organisiert werden muss, aus privatem Antrieb. Wir sollten nicht vergessen, dass die politische Rede von der Gemeinschaft, das Erzeugen eines großen Wir-Gefühls, was in dieser Krise offensichtlich angesagt ist, dass das in diesem System noch immer dazu genutzt wurde, soziale Gegensätze und politische Defizite zuzudecken. Vor allem aber sollte klar benannt werden, dass Solidarität das Gegenteil von dem ist, was die innerste Triebkraft des Kapitalismus ist. (…) Das Gerede der Politiker*innen vom Zusammenhalt ist auch deshalb hohl, weil vermutlich auch in dieser Krise wieder die unter die Räder kommen, die ohnehin schon arm dran sind. In den Großstädten schränken zum Beispiel immer mehr Einrichtungen der Obdachlosen- und Drogenhilfe ihre Angebote ein oder schließen gleich ihre Tore. (…) Der (…) Kapitalismus hat kein menschliches Antlitz – das Solidaritätsgelaber ist nur Schiebekulisse für solche Fälle wie die Corona-Pandemie. Und darum sollten auch die Warnungen von Leuten wie Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, gehört werden. (…) „Wir erleben Grundrechtseinschränkungen in einem Ausmaß wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“, schreibt sie. (…) Die Herrschenden sähen, „dass eine schwere Verunsicherung der Bevölkerung einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens für diktatorische Maßnahmen schafft“. Wir erinnern uns, dass es vor drei Jahren in Hamburg ein Treffen gab, bei dem die Behörden bereits einen nicht erklärten Ausnahmezustand durchexerziert haben. G 20 kam manchem im Herrschaftsapparat sicher wie gerufen, SARS-CoV-2 vielleicht ja auch.“ Beitrag von Kristian Stemmler 19. März 2020 beim Lower Class Magazine - Heuchler, Profiteure und andere Menschenfreunde – „Corona“ als Anlass für kollektive demokratische Selbstorganisation
„Merkel & Co rufen die Bürger auf: Wartet ab, verkriecht euch in eure Privatheit! Keine Versammlungen! (Während in den Unternehmen hart und teilweise noch mehr gearbeitet werden soll) Doch das Gegenteil ist notwendig: Die Corona-Pandemie sollte Anlass sein für eine vielfältige kollektive Selbstorganisation. (…) Wenn Bürger und Kommunen immer wieder verlangt haben, dass die Schuldenbremse ausgesetzt werden muss, damit die für die Mehrheitsbevölkerung notwendige Infrastruktur repariert und erneuert und erweitert werden kann – Krankenhäuser, Schulen, Kanalisationen und Trinkwasserbeschaffung, Leitungssysteme, Nahverkehr – da haben Merkel, Schäuble, Scholz und Unternehmerlobby sofort gebremst. Aber jetzt ist die Schuldenbremse plötzlich weg. Weil die Unternehmer nach Rettung betteln, breitet die Bundesregierung sofort einen gigantischen Schutzschirm über ihre Lieblinge aus: Kurzarbeitergeld, zinslose Steuerstundungen, Kürzung von Steuervorauszahlungen, Bürgschaften, Kredite, Notfallfonds – alles ohne Grenze nach oben. Aber: Der Abbau von Arbeitsplätzen ist schon seit zwei Jahren im Gang, besonders in der Autoindustrie. (…) Wegen Produktions- und Auftragsrückgängen einzelner Unternehmen verkaufen vor allem aufgeregte Kleinaktionäre ihre paar Aktien. Wunderbar! sagen da die Großaktionäre wie BlackRock, Vanguard und die Hedgefonds wie Elliott und EQT: Diesen Absturz verstärken wir! Bei Wertpapieren und Aktien ist das Verstärken durch schnelles Hin- und Her-Verkaufen eigener Aktien, und verstärkt durch Leihaktien, das bevorzugte Geschäftsfeld der großen Kapitalorganisatoren. So werden an den Börsen heute Aktienkurse auch nach unten getrieben und Gewinne gemacht. (…) Der System-Krankheitsfall „Corona“ sollte Anlass sein, dass die schon lange angestaute Betroffenheit, Unzufriedenheit, Schädigung in der Bevölkerungsmehrheit jetzt zum Anlass genommen wird: Wir organisieren jetzt auf neuer Stufe unsere Alternativen. Kollektive Selbstorganisation der abhängig Beschäftigten aller Stufen ist das Motto. Zugegeben: Wir sind erstmal verdammt in der Defensive…“ Beitrag von Werner Rügemer vom 19. März 2020 bei den NachDenkSeiten - Für eine Handvoll Likes: Im Netz ereifert sich eine Social-Distance-Army über Menschen, die rausgehen. Dabei ist Solidarität gefragt
„Für den Fall einer Ausgangssperre in Deutschland müssten sich die Behörden über die Durchsetzung keinen Kopf machen. Eine Armada von Hobby-Epidemiologen stünde bereit, um den Gesundheitsämtern Verstöße gegen das Ausgangsverbot zu melden. Die antiviröse Bürgerwehr hat ihre Arbeit präventiv ja schon aufgenommen: Auf Facebook und Twitter ereifert sich ein digitaler Mob über Menschen, die trotz der Corona-Krise gelegentlich ihr Zuhause verlassen und Freizeit unter freiem Himmel verbringen. Die Social-Distance-Army gefällt sich in Belehrungen, Beleidigungen und Befehlston – und hat dabei jedes Gefühl für Umgangston und Verhältnismäßigkeit verloren. Zum einen liegt dem die Fehlannahme zugrunde, jede einzelne Minute an frischer Luft beschleunige die Ausbreitung der Epidemie. Dabei betonen Expert*innen ausdrücklich, dass unter Wahrung gewisser Vorsichtsmaßnahmen ein Spaziergang im Freien nicht nur ungefährlich ist, sondern sogar die Abwehrkräfte stärkt – und das selbst in kleinen Gruppen. Zum anderen zeugt die rigorose Freiluft-Kritik von einem Mangel an Einfühlungsvermögen für diejenigen, denen die totale Isolation aus diversen Gründen Probleme bereitet: weil sie alleine leben oder mit vielen Familienmitgliedern auf engem Raum, weil sie plötzlich arbeitslos sind oder Homeoffice und Kinderbetreuung vereinbaren müssen, weil sie in dunklen Hinterhäusern wohnen oder an lauten Hauptstraßen, weil sie psychische Probleme haben oder einfach nur ein bisschen länger brauchen, um sich an den tiefsten Einschnitt ins öffentliche Leben zu gewöhnen, den sie jemals erlebt haben. Solidarität ist in der Krise gefragt. Solidarität heißt, Corona-Partys auf dem Spielplatz zu vermeiden. Solidarität heißt, das Rad zu nehmen statt den Bus. Solidarität heißt, selbst zu Freund*innen zwei Meter Abstand zu halten. Solidarität heißt aber auch, Empathie füreinander aufzubringen und unterschiedliche Bedürfnisse grundsätzlich zu achten. Und Solidarität heißt nicht, die Krise zu nutzen, um das eigene Selbstwertgefühl mit wohlfeilen Tweets aufzupolieren.“ Kommentar von Tobias Schulze vom 19. März 2020 in der taz online - «Unsere Vernunft, unser Herz füreinander». Solidarität in der Corona-Krise und danach
„Sechs Wochen nachdem der erste Corona-Fall in Deutschland vermeldet wurde, stellte sich Kanzlerin Angela Merkel erstmals den Fragen der Öffentlichkeit und erließ einen dringenden Appell an die Bevölkerung. Sie rief auf zu Solidarität: «Unsere Vernunft, unser Herz füreinander», sagte sie, sei auf eine Probe gestellt. Und: Sie wünsche sich, dass wir diese Probe bestehen. Doch wie solidarisch kann eine Gesellschaft sein, deren sozialen Beziehungen auf Konkurrenz beruhen, deren Credo lautet: jeder für sich, jedem ums Seine? Und über welche Solidarität reden wir?…“ Artikel von Sabine Nuss vom 16.03.2020 bei RLS - Solidarität gegen Corona und Kapitalismus
„… Gegenseitige Hilfe und Solidarität: Vernetzt euch in eurer Nachbarschaft. Unterstützt Menschen, die zur Risikogruppe gehören und Menschen, die krank sind. Unterstützt Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, bei Hausarbeit, Kinderbetreuung usw. Solidarische Organisation von Care-Arbeit: Männer, bleibt zuhause und übernehmt die Kinderbetreuung! Solidarität mit dem Gesundheitspersonal: Pandemiezulage und mehr Lohn für Gesundheitspersonal. Die Ökonomisierung des Gesundheitsbereichs stoppen. Arbeit verweigern, voller Lohnausgleich: Wenn ihr Jobs habt, die nicht nötig sind zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Infrastruktur: Bleibt zuhause, verweigert die Arbeit, macht blau! Vernetzt euch mit Kolleg*innen und unterstützt euch bei Repression seitens der Chefs. Lohnausgleich und Unterstützung für prekäre Arbeiter*innen und Arbeiter*innen, die vom Veranstaltungsverbot betroffen sind: Gastroangestellte, Bühnenarbeiter*innen, Kulturschaffende, Taxifahrer*innen usw. Öffnung von Leerstand, damit sich Leute organisiert in Quarantäne begeben können….“ Einige Ideen und Vorschläge von Eiszeit vom 15. März 2020 bei Kosmoprolet - Corona: Solidarität ist auch eine Medizin
„Flugzeuge fliegen leer hin und her, um ihre Landegenehmigungs-Slots an Flughäfen nicht zu verlieren. Kapitalisten kaufen Atemschutzmasken auf und verkaufen sie dann zu Wucherpreisen. Profitable Großveranstaltungen finden gegen den Rat von Fachleuten statt. In ihrer Liquidität bedrohte Unternehmen erhalten schnell und unbürokratisch staatliche Hilfe, statt den Markt regeln zu lassen. Jede Krise lässt immer Aspekte des Kapitalismus besonders scharf und deutlich hervor treten. Die Pandemie des Coronavirus ist da keine Ausnahme. (…) Vor dem Virus sind nicht alle gleich, Corona kennt die edlen Ziele der Französischen Revolution nicht. Es sterben die Menschen aus den Risikogruppen: Alte, Menschen mit (bspw. Immunsystem-/ Lungen-)Vorerkrankungen, Menschen mit schlechtem Zugang zum Gesundheitssystem. Und Menschen, die sich durch fehlende Medienkompetenz oder Bildungszugang ungenügend schützen können. Menschen, denen das Geld fehlt, ihr Immunsystem mittels hochwertiger Lebensmittel oder Präparate zu unterstützen. Menschen, die so einsam sind, dass von ihrer Erkrankung niemand etwas erfährt. Die Frage von Leben und Tod war und ist eben auch immer eine Klassenfrage. Es bedarf keiner bösartigen Fantasie, sich auszumalen, dass schon jetzt neoliberale Ökonomen eifrig Excel-Tabellen bearbeiten, mit denen sie ausrechnen, wie die Toten der Pandemie die Rentenkassen, die Sozialkassen entlasten werden und wann sich die kurzzeitigen Mehrausgaben z.B. im Gesundheitswesen durch die langfristigen Ersparnis an Renten und Hartz IV-Bezügen amortisieren. (…) Es geht auch nicht um Presseerklärungen, das Vortäuschen gesellschaftlicher Relevanz durch mediale Präsenz. Es geht um: Die Verbindung einer antikapitalistischen Analyse und Kritik mit der Grundessenz linker Weltanschauung: dem Prinzip der Solidarität. „Risikogruppen“ benötigen Hilfe z.B. beim Einkauf. Berufstätige Eltern (besonders die im Gesundheitssystem tätigen) brauchen angesichts zukünftig geschlossener Schulen und KiTas Hilfe bei der Kinderbetreuung. Arme Menschen brauchen angesichts von Hamsterkäufen und leerer Tafeln Hilfe bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Menschen ohne oder mit wenig deutschen Sprachkenntnissen benötigen Informationen. Einsame Menschen benötigen solidarische Mitmenschen, die nach ihnen sehen. Und vielleicht braucht es im April oder Mai Menschen mit medizinischem Fachwissen, die in Krankenhäusern das angestellte, überlastete Personal unterstützen und eine Bewegung, die nicht zulässt, dass diese Form der Care-Arbeit eine quasi-berufliche Doppelbelastung darstellt, für die „Ehrenämtler“ mit einer wertlosen Urkunde abgespeist werden. (…) Hoffentlich aber überwiegt das Prinzip der Solidarität in der Krise. Dann erwächst daraus die Einsicht, wie sehr die eigene linksradikale Blase ein Knast ist, in den man sich selbst sperrt, isoliert vom Leben, während noch über die Folter der Isolationshaft staatlicher Knäste schwadroniert wird. Die Erkenntnis, dass ohne solidarisches Handeln mit den Nachbar*nnen das derzeitige politische Bewusstsein bei allen Beteiligten bleibt, wie es ist. Die Erkenntnis, dass ohne solidarisches Handeln mit den Nachbar*innen die politische Antwort auf Corona von der Rechten kommen wird. In Form des starken Staates, geschlossener Grenzen, weiterer sozialer Umverteilung…“ Beitrag von Holger/Pucki vom 12. März 2020 beim Lower Class Magazine - Hilfsangebot zum ausdrucken, ausfüllen und verteilen in Deiner Nachbarschaft und
- Infosheet von Hände weg vom Wedding! bei Twitter für den Aufbau solidarischer Strukturen in der Nachbarschaft