Konkrete Utopien

Mit den Hartz-Regelungen entwickeln Staat und Kapital die Herrschaftsform »Anpassung durch Verunsicherung«. Linke Politik kann die daraus resultierende Selbstunterdrückung der Krisenopfer nur mit alltagsnahen Alternativen aufbrechen…“ Artikel von Werner Seppmann in junge Welt vom 13.04.2013 externer Link. Aus dem Text:

„… Aber durch die herrschenden ideologischen Reproduktionsbedingungen, die Anpassung fördern, und durch das Fehlen einer Kultur des Widerstands, die ihren sichtbaren Ausdruck in der »Neutralisierung« gewerkschaftlicher Gegenmacht findet, werden die sozialen Katastrophenzustände gerade von den unmittelbaren Opfern in einer hinnehmenden und selbstunterdrückenden Weise verarbeitet. Dieser Problemkomplex muß näher betrachtet werden, um deutlich zu machen, weshalb der Neoliberalismus in seiner Durchsetzungsphase ein so leichtes Spiel hatte und den kapitalistischen Akteuren kaum Widerstand entgegengeschlagen ist. (…) Die Durchsetzungsgeschichte des Neoliberalismus ist ein Beispiel dafür, daß – anders als immer noch in der Linken verbreitete Auffassungen suggerieren – Krisen in der Regel einen Stabilisierungseffekt für das Kapitalverhältnis haben: Sind die Kräfte der Gegenwehr schwach entwickelt, festigt die Krise durch ihre verunsichernde und verängstigende Wirkung die Macht der Herrschenden. Sie ist Funktionselement des Kapitals: Sie führt zwar zu ideologischen Legitimationsverlusten – und stabilisiert dennoch (zumindest temporär) bestehende Verfügungsverhältnisse. (…) Warum durch Ausgrenzung und Marginalisierung der Lohnabhängigen zumindest temporär machtstabilisierende Effekte entstehen, erklärt sich auch aus den vorherrschenden Verarbeitungsformen der Krise, mit ihren tief in die Psyche der Betroffenen eindringenden Konsequenzen: Ausgrenzung verursacht Vereinzelung und dadurch ein Moment von Wehrlosigkeit. (…) Politisch produktiv wäre es dagegen, auf Grundlage des Wissens um die Formen der selbstunterdrückenden Krisenverarbeitung herauszuarbeiten (das ist tatsächlich bisher nur unzureichend geschehen!), daß es sich bei der Resignation um keine festgeschriebenen Zustandsformen handelt. Jedoch müssen diese regressiven Reaktionsweisen berücksichtigt, in ihren tiefgreifenden, oft auch destruktiven Wirkungen analysiert werden, wenn Klarheit darüber entstehen soll, wie Widerstand dennoch möglich ist, und Prozesse der Gegenwehr trotz alledem in Gang kommen und unterstützt werden können…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=32120
nach oben