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[Buch] Jenseits von Interesse & Identität. Klasse, Linkspopulismus und das Erbe von 1968
„Eribon-Debatte in Deutschland, Brexit-Referendum in Großbritannien, Präsidentschaftswahl in Frankreich, G20-Gipfel in Hamburg: Die »soziale Frage« oder gar die »Klassenfrage« sei wieder da, sagen viele linke Politiker*innen. Und die Antwort kommt prompt: Ein Hoch auf den guten alten Wohlfahrtsstaat und nieder mit der »Identitätspolitik«! Sandro Mezzadra und Mario Neumann gehen in ihrer Flugschrift der Frage nach, wie eine politische Alternative zu diesem allgegenwärtigen linken »Wohlfahrtsstaat-Populismus« vorstellbar ist. Sie zeigen, dass die Kämpfe der Jugend, der Migrant*innen und der Frauenbewegung spätestens seit 1968 im Zentrum jeder Klassenpolitik stehen. Sie bestreiten, dass die weit verbreiteten Vorstellungen von Klasse der gegenwärtigen Zusammensetzung der lebendigen Arbeit angemessen sind. Und sie bestreiten entschieden, dass eine objektivistische Denkweise, die in sogenannten Klasseninteressen eine vorpolitische und geschichtsphilosophische Wahrheit identifiziert, heute von besonderer Relevanz sein kann. Die Frage der Klasse zu stellen ist eine politische Aufgabe, so wie die Frage des Politischen eine Klassenfrage ist.“ Klappentext zum Buch von Sandro Mezzadra und Mario Neuman (ISBN: 978-3-944233-89-5, September 2017, 9,90 €, Klappbroschur, 72 Seiten). Siehe weitere Informationen und Kapitel 5. „Auf der Suche nach dem neuen Proletariat“ als Leseprobe im LabourNet Germany – wir danken dem LAIKA-Verlag!
- Kapitel 5.: Auf der Suche nach dem neuen Proletariat
„… Zu einem kollektiven Bewusstsein und zur wechselseitigen Solidarität gehört vielmehr auch die Fähigkeit, das Gemeinsame denken und leben zu können, sich im Anderen wiederzuerkennen. Jede linke Klassenpolitik sollte sich in unseren Augen dieser Tatsache bewusst sein: »Klassenbewusstsein« ist immer mehr als die Verfolgung des eigenen Interesses, welches sich als Egoismus und Konkurrenz immer auch gegen Andere richten kann. Gleichzeitig können wir mit Bestimmtheit sagen, dass heute ein solches Wiedererkennen im Anderen durch verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen vielleicht mehr denn je erschwert und dadurch zu einer politischen Aufgabe wird. Kollektive, relativ homogene Erfahrungen am Arbeitsplatz (wie beispielsweise im Zeitalter des Fließbands) verlieren an Bedeutung; subjektivierte, individualisierte und spezialisierte Arbeitsabläufe und -bedingungen werden zur Regel; die fortschreitende Individualisierung erzeugt nicht nur neue Freiheiten, sondern auch neue Gräben; die globalisierten Metropolen produzieren komplexe soziale Begegnungen. (…) Und sicherlich zählt zu den zentralsten Herausforderungen unserer Zeit die erneute und grundsätzliche Politisierung der globalen Arbeitsteilung, der individuellen Abhängigkeit vom neoliberalen Arbeitsregime und ihre Auswirkungen auf das soziale Leben. (..) Die Klassenpolitik, an die wir denken, sieht notwendigerweise ganz anders als irgendeine Form von Linkspopulismus aus. Sie ist eine expansive Politik der Befreiung, die sicherlich populäre Kräfte und Forderungen einbezieht, aber jede sozial-nationale Begrenzung ablehnt…“ Kapitel 5 als Leseprobe im LabourNet Germany – wir danken dem LAIKA-Verlag!