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„Pulse of Europe“: Europa muss sich neu begründen! Die EU kann nur erhalten werden, wenn sie verbessert wird: friedlich, demokratisch, sozial.
„Seit einigen Wochen versammeln sich an jedem Sonntag viele Hundert Menschen, um auf öffentlichen Plätzen für den Zusammenhalt in der Europäischen Union (EU) und gegen den anwachsenden Rechtspopulismus zu demonstrieren. Zuerst in Frankfurt, mittlerweile in 15 Städten, und jede Woche werden es mehr. „Pulse of Europe“ – das ist der Name dieser Initiative. Viele Eltern mit Kindern sind dabei, es werden blaue EU-Fahnen geschwenkt, und aus den spontanen Beiträgen auf den Kundgebungen spricht eine große Sorge über den drohenden Zerfall der Europäischen Union. Angesichts des Brexit, des Demokratie-Abbaus in Ländern wie Polen oder Ungarn und der bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich mit dem bedrohlichen Anstieg fremdenfeindlicher nationalistischer Parteien sind diese Sorgen mehr als berechtigt. Vielleicht erleben wir gerade die Entstehung einer neuen zivilgesellschaftlichen Bewegung für Europa und gegen rechts. Das ist ein Hoffnungsschimmer in diesen beunruhigenden Zeiten. (…) Der Kern des Problems ist doch, dass seit über 20 Jahren ein Weg der europäischen Integration verfolgt wird, der die Länder der EU auseinandertreibt, anstatt sie zusammenzuführen. Der Maastricht-Vertrag zum EU-Binnenmarkt und die darauf aufbauende Währungsunion wurden auf dem Fundament des neoliberalen Glaubenssatzes errichtet…“ Artikel von Steffen Lehndorff und Klaus Pickshaus vom 27.02.2017 bei der Frankfurter Rundschau online . Siehe hier weitere Beiträge zur Einschätzung der Initiative „Pulse of Europe“:
- Was sollen Linke von der Bewegung »Pulse of Europe« halten? Eine deutsche Bewegung
„Der europäische Puls schlägt nicht auf deutschen Marktplätzen, sondern in den Kämpfen und Bewegungen, die die Vorherrschaft Deutschlands in der EU nicht einfach hinnehmen wollen. (…) Heute geht es nicht mehr darum, dass die EU mit den USA gleichberechtigt sein soll. Jetzt soll die EU die Verteidigung der »freien Welt« in die eigenen Hände nehmen. Deutschland soll dabei die Führungsrolle zukommen. »Pulse of Europe« ist der außerparlamentarische Arm dieser von Deutschland dominierten europäischen Nation. Die Initiatoren formulieren die Zielsetzung deutlich: »Wir sind nicht gegen etwas, sondern für etwas. Es ist nicht die Zeit der Proteste. Es ist Zeit, für die Grundlagen unserer Wertegemeinschaft im positiven Sinne einzustehen.« Radikale Linke sollten zu solchen Bestrebungen Abstand halten. Es ist notwendig, der falschen Alternative Nationalstaaten versus Euronationalismus eine Absage zu erteilen. Schließlich geht es darum, einen dritten Pol aufzubauen, der sich auf soziale, gewerkschaftliche und antirassistische Bewegungen stützt, die in vielen europäischen Ländern existieren. Doch oft ist es schwer, sie über Ländergrenzen hinweg zu verbinden. Da wäre die Bewegung der Geflüchteten zu nennen, die in vielen europäischen Ländern inner- und außerhalb der EU für ein Leben in Würde eintritt. Sie kämpft gegen eine EU-Politik der Abschottung, die ein untrennbarer Teil der stets betonten europäischen Werte ist. Das wird an den oft tödlichen Grenzzäunen der spanischen Enklaven Ceuta und Melilla ebenso deutlich wie beim Tod Tausender Geflüchteter im Mittelmeer. Eine Bewegung, die so penetrant die europäischen Werte beschwört und über deren tägliche Opfer nicht reden will, kann kein Partner einer radikalen Linken sein. Natürlich gibt es bei »Pulse of Europe« kein kritisches Wort über die Austeritätspolitik der EU zu lesen, die wesentlich von Deutschland diktiert wurde und wird…“ Beitrag von Peter Nowak vom 6. April 2017 aus Jungle World 2017/14
- Die EU ist nicht Europa – Im Gespräch mit Andrej Hunko
„… Seit einiger Zeit finden in Deutschland Demonstrationen unter dem Titel „Pulse of Europe“ statt. Was ist das für eine Bewegung? Welche Forderungen haben sie?“ Andrej Hunko: „… Den Zulauf zu den Pro-EU-Kundgebungen von Pulse of Europe erkläre ich mir damit, dass „Europa“, das meist mit der EU gleichgesetzt wird, als Symbol für liberale gesellschaftliche Werte gesehen wird, die es gegen den Rechtsruck zu verteidigen gilt. Dazu gehört die Ablehnung der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Identität genauso wie das Ende der Grenzkontrollen zwischen den Schengen-Staaten. Aber auch der Wunsch nach Frieden wird häufig mit der EU verbunden. Es scheint mir insgesamt eher eine emotionale Reaktion zu sein. Die von den OrganisatorInnen formulierten Forderungen laufen im Wesentlichen auf den Erhalt des Status Quo heraus, also die weitgehend unkritische Verteidigung der EU. Es ist der Versuch, die EU in der aktuellen Krise zu retten – mit allen negativen wie positiven Dingen, für die sie steht. Zugleich nehmen die Menschen aber sicherlich aus den verschiedensten Motivationen an den Kundgebungen teil. (…) Wir streiten bekanntlich für eine Neugründung der EU auf neuen vertraglichen Grundlagen, weil wir davon überzeugt sind, dass die bestehenden Verträge zu sehr vom Geist des Neoliberalismus geprägt sind. Hierfür wären selbstverständlich entsprechende Mehrheitsverhältnisse nötig und man müsste sich gegen mächtige Interessengruppen durchzusetzen verstehen. Das ist zwar grundsätzlich möglich, aber alles andere als eine leichte Aufgabe…“ Julius Jamal im Gespräch mit Andrej Hunko am 30. März 2017 bei Die Freiheitsliebe, Portal für kritischen Journalismus
- Für Europa, nicht für die(se) EU
„Ob beim “March for Europe” oder beim “Pulse of Europe”: Die Medien verwechseln ständig die EU mit Europa – dabei gehen die Menschen für Europa auf die Straße, nicht für die(se) EU. (…) Denn der “March for Europe”, “Pulse of Europe” und andere Bewegungen identifizieren sich eben nicht mit der Krisen-EU, sondern mit einem liberalen und weltoffenen Europa. (…) Vor allem der “Pulse of Europe” wird zunehmend von der Bundesregierung für sich reklamiert – einer Regierung, die gerade das Kindergeld für “EU-Ausländer” kappen will…“ Kommentar vom 27. März 2017 von und bei Erik Bonse