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„Wir brauchen keinen neuen Khan“: Gewerkschaften in Kirgisistan mobilisieren gegen den Versuch, sie unter staatliche Aufsicht zu stellen

Dossier

Kyrgyzstan: Stop pressure on trade unionsSeit zwei Jahren wird in Kirgisistan ein neues Gesetz vorbereitet, das die Gewerkschaften des Landes in ihrer Tätigkeit massiv einschränkt – und staatliche Aufsicht über die Gewerkschaften einführen soll. Ein Projekt, das verfolgt wird – offensichtlich unabhängig davon, wer gerade an der Regierung ist, denn auch die neue Regierung verfolgt das Anti-Gewerkschaftsprojekt weiter. In dem Solidaritätsaufruf „Kyrgyzstan: Stop pressure on trade unions“ seit dem 25. November 2020 bei Labourstart externer Link wird darauf verwiesen, dass die ganze Zeit über immer wieder Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber den Gewerkschaften stattfanden, Festnahmen und Kontrollen und verschiedene juristische Verfahren an der Tagesordnung waren. Bisher haben rund 3.500 Menschen die Protestresolution an den Präsidenten, die Regierung und das Parlament Kirgisistans unterzeichnet. Siehe dazu auch einen Hintergrundbeitrag zur Entwicklung in Kirgisistan und den Hinweis auf unseren bisher letzten Betrag zum Thema:

  • Monatelange Solidaritätsarbeit hat Erfolg: Das neue Gewerkschaftsgesetz in Kirgisistan wird zurückgezogen New
    Auf „unbestimmte Zeit“ verschoben sei die Einführung des geplanten neuen Gewerkschaftsgesetzes in Kirgisistan, ließ die Regierung mitteilen. Der Plan, den die kirgisischen Gewerkschaften befürchtet hatten, denn sie sollten damit unter direkte staatliche Kontrolle gestellt werden, ist damit zuerst einmal hinfällig. In der Meldung „The adoption of the new trade union law has been postponed indefinitely“ am 10. März 2021 bei Labourstart externer Link wird vor allem auf die über 6.200 Unterzeichnenden der Solidaritätspetition in 20 Sprachen verwiesen, es gab aber auch zahlreiche Protestaktionen im Land selber.
  • Kirgistan: Gewerkschaften nicht bedrängen! Der Solidaritätsaufruf mit den kirgisischen Gewerkschaften jetzt auch auf Deutsch 
    „Kirgistan: Gewerkschaften nicht bedrängen“ seit dem 07. Dezember 2020 bei Labourstart externer Link – erst recht ein guter Grund, den Aufruf zu unterzeichnen, was bisher bereits 4.266 Menschen getan haben…
  • Gewerkschaftsprotest in Bishkek gegen das Anti-Gewerkschaftsgesetz der neuen Regierung in Kirgisistan am 15.11.2020

    Gewerkschaftsprotest in Bishkek gegen das Anti-Gewerkschaftsgesetz der neuen Regierung in Kirgisistan am 15.11.2020

    „Kirgistan: Demokratie oder Chaos?“ von Leonie Schiffauer am 27. November 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link ist eine Art Bestandsaufnahme nach dem Regierungswechsel, in der unter anderem hervor gehoben wird: „… Angesichts der Armut des Landes ist es nicht erstaunlich, dass der ökonomische Faktor eine große Rolle spielt für politisches Handeln. Der Kauf von Wählerstimmen ist weit verbreitet und hat auch bei den Wahlen im Oktober 2020 für große Empörung gesorgt. Es lässt sich zudem ein Zusammenhang zwischen ökonomischen Krisen, wie der Explosion der Gas- und Wasserpreise 2010 oder der Corona-Pandemie 2020 beobachten, welche die Bereitschaft der Menschen auf die Straße zu gehen, zusätzlich angefacht haben. Im Zuge der Proteste im Oktober 2020 kam es auch zu Besetzungen und Plünderungen von Goldminen und Kohlebergwerken in verschiedenen Landesteilen, was die Bedeutung des wirtschaftlichen Faktors noch unterstreicht. Über die Hintergründe der Aufständischen ist zwar wenig bekannt, allerdings ist es in den letzten zwanzig Jahren immer wieder zu offenen Auseinandersetzungen um diese für Kirgistan zentralen Wirtschaftszweige gekommen. Die lokale Bevölkerung beklagt, dass ausländische Investoren von dem Ressourcenabbau profitieren, während die Regionen leer ausbleiben. Hinzu kommen gravierende Umweltschäden und gefährliche Arbeitsbedingungen. Die jüngste Krise wurde offenbar als Gelegenheit wahrgenommen, der Frustration diesbezüglich Ausdruck zu verleihen bzw. sich ebenfalls ein Stück vom Kuchen zu sichern. Es gibt in Kirgistan aber auch eine aktive Zivilgesellschaft, die sich geordnete Verhältnisse und eine friedliche Machtübergabe wünscht. Interessant ist hier zum Beispiel die «Drudschinniki» – Bewegung, eine effektive, freiwillige Bürgerwehr in Bischkek, die es sich auch schon 2005 und 2010 zur Aufgabe gemacht hat, Plünderung und Zerstörung entgegen zu wirken. Im Oktober 2020 ist es ihnen gelungen, sich über die sozialen Medien sehr schnell zu organisieren, um Geschäfte, Regierungsgebäude und weitere öffentliche Einrichtungen zu schützen. Auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die Kirgistan sehr hart getroffen hat, gab es eine signifikante Freiwilligenbewegung, die zum Beispiel den Ärzten assistierte und Krankentransporte organisierte. Die Zivilgesellschaft hat die wichtige Funktion, dort Hilfe zu leisten, wo der Staat versagt. Die Macht staatliche Strukturen tiefgreifend zu verändern, hat sie allerdings bislang nicht…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=182653
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