Nach Angriff auf Rechtsextreme: Autonome Lina in Leipzig festgenommen – Soko LinX gegen Connewitz?
Dossier
„Die Bundesanwaltschaft durchsucht drei Leipziger Linksradikale und nimmt eine Frau fest. Sie sollen eine rechte Kneipe überfallen haben. Anschläge auf Bagger, Autos und Baukräne in Leipzig, Angriffe auf PolizistInnen in der Connewitzer Silvesternacht, eine Attacke auf eine Immobilienmaklerin – es ist gleich eine Reihe von Straftaten, die in und um Leipzig zuletzt Autonomen zugeschrieben wurden. Die Erfolge der Ermittler aber blieben mager, Tatverdächtige fehlten. Das könnte sich nun geändert haben. Die Bundesanwaltschaft verkündete am Freitag die Durchsuchung dreier Personen in Leipzig und die Festnahme einer Frau, Lina E. Die Vorwürfe gegen die 25-Jährige wiegen schwer: Sie soll Anführerin einer kriminellen Vereinigung sein, die sie mit anderen Autonomen bildete, und sich gleich an mehreren Straftaten beteiligt haben…“ Artikel von Konrad Litschko vom 6.11.2020 in der taz online , siehe hier zur gesamten Problematik:
- Zweite Festnahme eines Untergetauchten im Antifa Ost-Verfahren
„Heute wurde ein weiterer Beschuldigter im Antifa Ost-Verfahren festgenommen, nach welchem seit Dezember 2023 öffentlich gefahndet wurde. Die Plakate mit seinem Gesicht versprachen ein hohes Kopfgeld für Hinweise, die zur Festnahme führen. Trotz dieser Hetzkampagne gegen ihn, aber auch weitere Genoss*innen – die sich weiterhin erfolgreich dem Zugriff des Staates entziehen – mussten die Zielfahnder wohl noch sehr lange weiter herumschnüffeln, bevor der Zugriff gelang. Heute war es dann soweit. Die BILD-Zeitung war mal wieder ebenfalls von der Partie und wenige Stunden später gräbt Die Zeit in ihrem Archiv und fragt: „Warum ist der Mann nicht zu stoppen?“. Für die Medienhäuser ist die Festnahme eine gute Schlagzeile, für die Behörden die nächste Trophäe. Für die Gesellschaft aber ein weiterer Angriff: Jeder dieser Ermittlungserfolge geht mit der Überwachung von Personen einher, die in ein linkes Spektrum gezählt werden. Die Kettenhunde der Bundesanwaltschaft haben wieder einen weiteren Freifahrtschein, um unsere Leben zu durchwühlen. Wir, das ist in diesem Fall speziell die antifaschistische Bewegung. Aber damit begnügen sie sich nicht, haben sie doch mit der neuen Auslegung des § 129 die Möglichkeit, praktisch jede politische Organisierung zu zerlegen. So sehen wir es seit 20 Jahren am § 129b und jüngst auch an der Letzten Generation, die als „kriminelle Vereinigung“ markiert wurde. Antifa Ost geht weiter: Nanuk sitzt bereits in Untersuchungshaft. Zu dem heute Festgenommenen warten wir noch auf Informationen. Fest steht, die 2. Anklagerunde am OLG ist bald zu erwarten! Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung läuft noch mindestens eine Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit der Festnahme. Viel Kraft den Betroffenen! Allen Inhaftierten und Untergetauchten wünschen wir weiterhin viel Kraft und auch Glück. Lasst euch nicht entmutigen! Schulter an Schulter gegen Repression – Fickfinger für die Soko LinX!“ Meldung vom 8. November 2024 von und bei Soli-Antifa-Ost und dazu:- Verhaftungen von Antifas: Staatliche Verfolgungswut geht unvermindert weiter
„Mit immer neuen Verhaftungen gehen die Repressionsorgane gegen Antifaschist*innen vor, die in Thüringen und Sachsen gegen Nazis aktiv waren: Bereits am 22. Oktober 2024 war Thomas in Untersuchungshaft genommen worden, und am heutigen 8. November nahmen Einsatzkräfte Johann fest. Die Verhaftungen reihen sich ein in einen staatlichen Frontalangriff gegen die antifaschistische Bewegung. Beide Aktivisten werden im Antifa-Ost-Komplex beschuldigt, sich an körperlichen Auseinandersetzungen mit Nazis beteiligt zu haben. Während es im Kern um den Vorwurf mehrerer Körperverletzungen geht, nutzen die Behörden die militanten Aktionen zum Vorwand für eine Großoffensive gegen antifaschistische Strukturen…“ Pressemitteilung der Roten Hilfe vom 08.11.2024
- Verhaftungen von Antifas: Staatliche Verfolgungswut geht unvermindert weiter
- „Tag X“: Verfassungsschutz speichert Personendaten aller Eingekesselten
„Juni 2023: Mehrere tausend Menschen versammeln sich in der Leipziger Südvorstadt, um gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden gegen Lina E. und drei Männer wegen Bildung und Unterstützung einer linksextremen kriminellen Vereinigung zu demonstrieren. Darunter sind auch linksextreme und linksradikale Gruppen. Eine zuvor angemeldete Demonstration auf dem Alexis-Schumann-Platz wird von der Stadt Leipzig als Ersatzveranstaltung eines befürchteten „Tag X“ untersagt. Am Rande dieser untersagten Demonstration kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Autonome greifen die Polizei an. Diese kesselt im Gegenzug ab dem frühen Abend mehr als 1.300 Menschen jeglicher Couleur ein, um deren Personalien aufzunehmen und sie erkennungsdienstlich zu behandeln. Darunter Anwohner, Schaulustige, Jugendliche und Kinder. Es dauert bis in die frühen Morgenstunden des darauffolgenden Tages, bis die letzten Personen die Maßnahme verlassen haben. (…) Nun ist klar: Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) stuft alle Menschen, die am 3. Juni in der „Umschließung“ (Behördenbezeichnung der Maßnahme) gelandet waren und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Sachsen haben als „linksextrem“ ein. In einer Antwort des LfV an das Rechercheportal „FragDenStaat“, die der MDR einsehen konnte, heißt es dazu: „Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen hat zum Stichtag 20. September 2024 insgesamt 589 Personen mit einer personenbezogenen Eintragung im NADIS vermerkt.“ (…) Das LfV nennt in seiner Antwort an „FragDenStaat“ zwei maßgebliche Gründe für das Vorgehen. Zum einen hätten die betroffenen Personen durch ihre Anwesenheit in der Menschenmenge, die später umschlossen wurde, die autonome Szene unterstützt. (…) Für die Speicherung der Daten sei ebenfalls relevant, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen die Betroffenen im Zusammenhang mit dem Einsatz Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des besonders schweren Landfriedensbruches eingeleitet habe. „Die Tatsache, dass und wegen welchen Vorwurfes gegen die Betroffenen ermittelt wird, ist von der Staatsanwaltschaft an das LfV weitergeleitet worden“, heißt es in der Antwort des LfV an „FragDenStaat“ weiter. (…) Der verantwortliche Investigativ-Journalist Aiko Kempen erklärt dem MDR, dass es gut sei, dass das Oberverwaltungsgericht „dem Verfassungsschutz und seiner Geheimniskrämerei klare Grenzen aufgezeigt“ und ihn an die Bedeutung der Pressefreiheit erinnert habe. „An die Grundrechte muss sich auch der Geheimdienst halten“, ergänzt er. (…) Unterdessen hat Juliane Hundert, die Datenschutzbeauftragte des Freistaats Sachsen, eine Überprüfung der gespeicherten Datensätze angekündigt. (…) Dem MDR teilt sie mit, dass das „eine sehr hohe Zahl an Übermittlungen“ sei. „Wir werden uns an die Staatsanwaltschaft/Polizei und das LfV Sachsen wenden und nachfragen, auf welcher Rechtsgrundlage und welche Tatsachen gestützt die Datenverarbeitungen (Übermittlung, Speicherung) vorgenommen und welche Kriterien für die Prüfung der Erforderlichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit herangezogen wurden.“ Beitrag von Edgar Lopez vom 29. September 2024 beim MDR- Weitere Details zu diesem exekutiven Angriff auf das Versammlungsrecht enthält die Recherche von FragDenStaat von Aiko Kempen vom 27. September 2024
- Tag X in Leipzig: Gericht stoppt Anklage wegen versuchtem Mord im Fall »Benni«. Leipziger Staatsanwaltschaft hat gegen Beschluss Beschwerde eingelegt
„Wieder eine Überraschung im Fall »Benni«: Das Landgericht Leipzig hat die meisten Anklagepunkte gegen den 25-jährigen Aktivisten, der nach den »Tag X«-Protesten am 3. Juni 2023 ein halbes Jahr in Untersuchungshaft saß, fallen gelassen. Der einzige verbleibende Vorwurf lautet auf Landfriedensbruch wegen seiner angeblichen Beteiligung an einer gewalttätigen Demonstration. Die Staatsanwaltschaft wollte Benni auch wegen versuchten Mordes und 18-fach versuchter Körperverletzung anklagen, da er vermummt und dunkel gekleidet zwei Brandsätze auf Polizist*innen geworfen haben soll. (…) Der Beschluss zur Ablehnung der meisten Anklagepunkte gegen »Benni« wurde bereits im August gefasst, bekannt wurde er erst jetzt durch eine Mitteilung einer Unterstützungsgruppe. Die Kammer habe »nach Aktenlage keine ausreichend sichere Möglichkeit gesehen, dass der Angeschuldigte als die Person identifiziert werden könnte, die die Brandsätze geworfen haben soll«, bestätigte ein Sprecher des Landgerichts dem »nd«.
Das Hauptverfahren gegen »Benni« wegen Landfriedensbruchs soll nach aktuellem Stand nur vor dem Amtsgericht Leipzig stattfinden. Die Staatsanwaltschaft Leipzig legte gegen diese Entscheidung aber eine sofortige Beschwerde ein. Darüber muss nun das Oberlandesgericht Dresden entscheiden. Die Akte befindet sich laut Staatsanwaltschaft derzeit auf dem Weg dorthin. Die Unterstützungsgruppe hält die Ermittlungen und die Anklage für politisch motiviert. Die Beschwerde beim Oberlandesgericht sieht sie als Versuch, »Benni« weiter unter Druck zu setzen und die linke Szene zu verunsichern. Auch an den vorgelegten Beweisen gibt es Kritik…“ Artikel von Matthias Monroy vom 10.09.2024 in ND online - #FreeBenni: Aufhebung des Haftbefehls wegen versuchten Mordes
„Am Freitag, dem 21. Juni 2024, wurde Benni aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Haftbefehl gegen ihn wurde durch das Landgericht Leipzig aufgehoben. Zuvor wurde am 11. Juni 2024 durch die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage gegen Benni erhoben. Im vergangen Juni 2023 soll er im Kontext der Proteste zum Tag X um die Urteilsverkündung des Antifa Ost Prozesses zwei Brandsätze auf geschlossene Polizeieinheiten geworfen haben. Seit Januar diesen Jahres befand er sich deswegen in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem zweifachen versuchten Mord vor. Parallel zur Anklageerhebung wurden seine Haftbedingungen massiv verschärft.
Nach dieser 180 Grad Wende von den verschärften Haftbedingungen nach Paragraph 119 und der Anklage wegen eines Tötungsdeliktes hin zur Aufhebung des Haftbefehls befindet sich Benni nun in Freiheit. Nach fast sechs Monaten Haft konnte sein Umfeld ihn außerhalb des Gefängnisses in Empfang nehmen. Wir und zahlreiche andere sind voller Freude darüber, unseren Gefährten, Freund und Mitstreiter endlich wieder außerhalb der Knast- und Gerichtsmauern zu sehen, seine Stimme nicht nur am Telefon zu hören oder zeitversetzt seine Gedanken und Überlegungen in Briefen lesen zu können. Das Landgericht folgte mit der Aufhebung des Haftbefehls offensichtlich nicht der Linie der Staatsanwaltschaft. Eine Entscheidung über die Zulassung der Anklageschrift steht noch aus. Wir stehen weiterhin fest an der Seite unseres Gefährten und werden ihn bei dem anstehenden Prozess unterstützen. Für uns steht das massive staatliche Vorgehen gegen Benni bis zum Zeitpunkt der Anklageerhebung sinnbildlich für die Repressionswelle der letzten Jahre, welche sich gegen große Teile der Linken Bewegung in Leipzig und darüber hinaus richtet. Unsere Solidarität gilt auch den vielen weiteren Betroffenen staatlicher Verfolgung im Zusammenhang mit den Protesten, die nach der Urteilsverkündung im Antifa Ost Verfahren stattfanden…“ Meldung von ABC-Dresden vom 25.6.2024 - Neues zum „Tag X“ in Leipzig: Innenministerium räumt Fehler ein
„… Diese Bilder sind durch die gesamte Bundesrepublik gegangen: Hunderte Polizisten stehen Schulter an Schulter, kesseln eine Menschenmenge über Nacht ein. Es ist der 3. Juni 2023 in Leipzig. Jener Tag, der häufig als „Tag X“ beschrieben wird,z als eine linke Demonstration zwischenzeitlich eskalierte. Heute, fast ein Jahr später, läuft die Aufarbeitung immer noch – und es werden abermals neue Details bekannt. Das sächsische Innenministerium räumt jetzt unter anderem ein, dass die bisher angegebene Teilnehmerzahl von 1500 lediglich auf Schätzungen beruhte. „Eine im Juni 2023 im Zuge der Nachbereitung durchgeführte Bildauswertung der Polizeidirektion Leipzig führte zu einer Korrektur auf eine Teilnehmendenzahl von mindestens 2000“, heißt es in einer aktuellen Antwort auf Kleine Anfragen der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Linke) aus Leipzig. (…) „Wir bekommen nur häppchenweise weitere Informationen über die behördlichen Einsatzplanungen und die Durchführung. Das zeigt: Innenminister Schuster sperrt sich weiter einer kritischen Aufarbeitung“, sagt die Linke-Politikerin Nagel. So wachse der Eindruck, „dass Parteiinteressen über einem professionellen und grundrechtswahrenden Umgang mit dem Demonstrationsgeschehen standen und stehen sollten“. Es seien „noch längst nicht alle Ungereimtheiten und Widersprüche aufgeklärt“, meint die Landtagsabgeordnete. (…) Zu solchen Details gehört nun auch diese Richtigstellung: Demonstrierende hatten keine Teleskop-Schlagstöcke bei sich, wie auch noch Tage nach der Einkesselung angegeben wurde. Tatsächlich sei dies eine „Verwechslung“ gewesen, stellt das Innenministerium klar, es habe sich um ausziehbare Fahnenstangen gehandelt. Zuvor hatten sich bereits Anschläge auf Autos von Polizeibediensteten nicht nachweisen lassen. In den aktuell vorliegenden Ministeriumsantworten heißt es auch: „Ein Großteil der Versammlung schloss sich den gewalttätigen und zum Teil vermummten Teilnehmenden an.“ Berichte von Augenzeugen hatten dagegen einen anderen Eindruck widergespiegelt. Erwiesen ist mittlerweile, dass unter den Eingekesselten mindestens 104 Minderjährige gewesen sind. (…) War dieser große Kessel notwendig – insbesondere bis in die Morgenstunden? Schuster hatte im Nachgang der Demonstration gesagt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Einsatzführung die verhältnismäßigste Möglichkeit war, in Leipzig keine Scherbendemo zu haben.“ (…) An diesem Szenario hält das Ministerium fest. Dabei werden „Erfahrungswerte zu gleichartigen Großveranstaltungen der linksextremistischen Szene“ herangezogen, als Beispiel werden die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg 2017 angeführt. Darauf stützte sich letztlich die Gefahrenprognose der Polizeidirektion Leipzig – die allerdings bereits vom 30. März 2023 stammte. Damals hatten linke Gruppen aufgrund des gegen Lina E. erwarteten Urteils Aktionen mit Millionenschäden angekündigt. Danach sei „keine weitere gesonderte Gefahrenprognose erstellt“ worden, erklärt das Innenministerium auf die Nagel-Anfragen. „Zu diesem frühen Zeitpunkt war weder ein Urteil absehbar noch irgendeine Versammlung dazu in Leipzig angemeldet, deren Verlauf hätte prognostiziert werden können“, kritisiert die Landtagsabgeordnete. Sie bezeichnet das „von der Polizei erdachte Szenario“ von Ausschreitungen wie in Hamburg als „überzogen“, genau wie die Anforderung von 17 Wasserwerfern.“ Artikel von Andreas Debski vom 18. April 2024 in der Leipziger Volkszeitung online - Chaos und Widersprüche zum Leipziger Polizeikessel: Frag den Staat hat Einsatzprotokolle zu „Tag X” veröffentlicht und zieht gegen den Verfassungsschutz Sachsen vor Gericht
„Im Juni 2023 kesselte die Leipziger Polizei mehr als 1300 Menschen bis zu elf Stunden ein. Interne Unterlagen zeigen jetzt ein genaues Bild des umstrittenen Einsatzes. Für noch mehr Aufklärung zum Tag X ziehen wir gegen den Verfassungsschutz vor Gericht. (…) Interne Dokumente der Leipziger Polizei geben jetzt ein genaueres Bild des Einsatzes, zu dem die Polizei bereits einige Fehler eingeräumt hatte . Wir veröffentlichen den detaillierten Verlaufsbericht des Einsatzes sowie mehrere im Nachgang erstellte Protokolle. An vielen Stellen zeigt sich ein fehlender Überblick der Polizei über die Situation und stellenweise widerspricht es dem, was die Polizei öffentlich über den Tag berichtet hat. Die Dokumente waren ursprünglich als „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) eingestuft. Die Polizei Leipzig hat sie auf eine Anfrage nach dem neuen Sächsischen Transparenzgesetz herausgegeben . Die Dokumente haben wir vorab mit dem MDR geteilt und ausgewertet. (…) Das interne Protokoll der Polizei, das wir jetzt veröffentlichen, zeigt: Schon um 17:24 Uhr, also eine gute halbe Stunde vor Beginn des Polizeikessels, ordnet der zuständige Polizeiführer erstmals an, dass die Teilnehmer der Veranstaltung „nicht unkontrolliert ablaufen dürfen“. Zu dem Zeitpunkt gibt es laut der Unterlagen zwar bereits Meldungen über vermummte Personen, jedoch noch keine Beobachtungen, dass sich einzelne in der Demonstration auf eine Auseinandersetzung vorbereiten und etwa Steine sammeln. Dennoch lautet die offizielle Anweisung zu diesem Zeitpunkt laut Protokoll bereits: „Keine Personen […] weglassen“. Kurz darauf präzisiert der Polizeiführer, man solle nicht bei jeder Person eine Identitätsfeststellung durchführen, aber „jeder unkontrollierte Abgang“ von der Demo sei zu verhindern. (…)
Dass die Polizei offenkundig über lange Zeit keinen Überblick über die Situation im Kessel zu erlangen vermochte, überrascht auch, weil aus den Dokumenten hervorgeht, dass es dazu durchaus Möglichkeiten gab. Denn die Polizei war mit Kräften in Zivil selbst im Kessel. Dies zeigt das Protokoll der Befragung eines sogenannten „Tatbeobachters”, der sich „über einen längeren Zeitraum ebenfalls in der freiheitsentziehenden Maßnahme befand“. (…) Auch weitere Eintragungen in den Protokollen werfen Fragen auf. So bestellte die Polizei demnach zu Beginn des Kessels Wasser und Toilettenmöglichkeiten für 800 Personen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt offiziell von nicht einmal halb so vielen Eingeschlossenen ausging. Im Nachgang wies die Polizei mehrfach darauf hin, dass die Versorgung der Eingekesselten sichergestellt worden sei. „Kritisch ist anzumerken, dass keine Lautsprecherdurchsagen in Bezug auf Ver- und Entsorgung, an die Personengruppe gerichtet wurden”, heißt es hingegen im Protokoll, das wir jetzt veröffentlichen. (…)
Auskunft verweigert: Wir ziehen gegen den Verfassungsschutz vor Gericht
Gegen alle 1321 strafmündigen Personen, die in jener Nacht im Leipziger Kessel ausharren mussten, laufen seitdem Strafverfahren. Sie alle sind des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall beschuldigt. Lediglich die beiden Kinder, die inmitten der Gruppe von der Polizei festgehalten wurden, sind davon ausgenommen. Zudem gibt es Hinweise, wonach diese 1321 Personen zwischenzeitlich durch den Sächsischen Verfassungsschutz im gemeinsamen Informationsportal der Nachrichtendienste (NADIS) erfasst worden sein sollen – zugeordnet dem Phänomenbereich Linksextremismus. Auf wiederholte Presseanfragen dazu wollte sich der Sächsische Verfassungsschutz nicht äußern. Die Begründung: Es würde Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes ermöglichen, wenn der Geheimdienst eine Antwort gibt, ob die eingekesselten Personen deshalb nun auch im System der deutschen Verfassungsschutzbehörden erfasst sind. Diese Argumentation halten wir für wenig belastbar und wollen nun im Eilverfahren vor Gericht erreichen, dass der Nachrichtendienst unsere Fragen beantworten muss. Deshalb haben wir am Montag einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Sachsens Verfassungsschutz eingereicht…“ Beitrag von Aiko Kempen vom 13. Februar 2024 bei Frag den Staat („Einsatzprotokolle zu „Tag X”: Chaos und Widersprüche zum Leipziger Polizeikessel“) - Wie weit sind die Ermittlungen gegen die mehr als 1.300 Demonstranten vom Tag X?
„Am 3. Juni kam es bei einer linken Kundgebung in Leipzig zu Angriffen auf die Polizei. Die Beamten kesselten mehr als 1.300 Menschen über Stunden ein, gegen jede dieser Personen läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts auf schweren Landfriedensbruch. Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen?…“ Guter Überblick vom 4. November 2023 beim MDR auch als Video (42 Minuten) - Die Fascho-Jägerin?! – Der Fall Lina E. und seine Folgen
„Der Fall Lina E. hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Die junge Studentin stand als Staatsfeindin vor Gericht und wurde als Linksextremistin verurteilt. Für viele Linke ist sie dagegen eine Ikone, „Free Lina“ steht an zahllosen Häuserwänden in Leipzig und vielen anderen Städten. Es gab etliche Demonstrationen bundesweit, die sich mit ihr solidarisiert haben. Im Podcast suchen wir die Antworten auf folgende Fragen: Wer ist Lina E.? Warum hat sie sich radikalisiert? Haben wir es wirklich mit einer neuen Dimension linker Gewalt zu tun? Und wie weit darf Antifaschismus gehen? Wir zeichnen den Fall Lina E. nach, widmen uns ihrer Person und den Taten, die der Gruppe zugeschrieben werden. Auch dem Mammut-Gerichtsprozess sowie der politischen Diskussion, die der Fall ausgelöst hat. Und wir erklären, warum diese Geschichte bundesweit Bedeutung hat…“ Alle Episoden der MDR-Podcast-Reihe – Die Leipziger Journalisten Marc Zimmer und Anton Zirk haben monatelang recherchiert. Ihr Kollege Edgar Lopez hat nur einen der fast 100 Verhandlungstage in Dresden verpasst.“ Doku & Reportage in 6 Audio-Episoden in der ARD-Audiothek und darüber:- Fall der linksextremen Lina E. aus Kassel: Podcast auf den Spuren der „Fascho-Jägerin“
„Lina E. soll Kopf einer radikalen linken Gruppe sein, die Neonazis brutal verprügelte. Ein Podcast erzählt sie Geschichte hinter dem Fall.
Kassel – Am Anfang des MDR-Podcasts über die Kasselerin Lina E. steht ein Zitat einer Holocaust-Überlebenden. Gleich mehrmals wird in den sechs Folgen von „Die Fascho-Jägerin?! – Der Fall Lina E. und seine Folgen“ die deutsche Jüdin Esther Bejarano (1924-2021) zitiert, die wenige Jahre vor ihrem Tod sagte: „Wer gegen Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat nicht verlassen.“ Auch die Verteidiger von Lina E. führten im Prozess vor dem Oberlandesgericht Dresden den Satz an. Die Macher des Podcasts wollen die Gewalttaten, die Lina E. und den drei Mitangeklagten vorgeworfen werden, damit nicht rechtfertigen, aber sie wollen verstehen: „Wie kommt eine junge Frau, die vorher nie straffällig geworden ist, an den Punkt, ihre Zukunft für den Kampf gegen Neonazis aufs Spiel zu setzen?“…“ Artikel von Matthias Lohr vom 01.11.2023 in HNA online
- Fall der linksextremen Lina E. aus Kassel: Podcast auf den Spuren der „Fascho-Jägerin“
- [Petition] „Eltern gegen Polizeigewalt Leipzig“ fordern nach dem „Leipziger Kessel“: Polizeigewalt Stoppen!
„Immer häufiger erleben wir in Deutschland massive und teils willkürliche Gewaltanwendung durch Polizeibeamte. Trauriger Höhepunkt in Sachsen bildete die Demonstration „Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig!“ am 03. Juni 23, welcher mit dem „Leipziger Kessel“ und über 1300 Anzeigen wegen schweren Landfriedensbruchs – auch gegen Minderjährige – endete. In dem Kessel erfuhren die Teilnehmenden willkürliche Gewalt, Entzug von Schlaf, Nahrung, Wasser und das Verbot auf eine Toilette gehen zu dürfen. (…) Die beschriebenen Zustände sind nur die Spitze des Eisberges, denn die Studien [1] und [2] zeigen, dass 86 % der Straffälle durch Beamte strafrechtlich nicht verfolgt wurden. Interessant ist die Tatsache, dass sowohl Polizeibeamt*innen als auch Betroffene die Gewaltanwendungen als durchaus problematisch ansehen. Es gibt demnach auf polizeilicher Seite – zumindest teilweise – ein Problembewusstsein. Es zeigen sich jedoch enorme Hürden, Gewaltanwendungen durch Kolleg*innen zu kritisieren oder zur Anzeige zu bringen. Deshalb fordern wir – die „Eltern gegen Polizeigewalt Leipzig“ – den Freistaat Sachsen, vertreten durch den Sächsischen Innenminister Herrn Armin Schuster dazu auf, Strukturen zu schaffen, die der massiven Zunahme der polizeilichen Übergriffe Einhalt gebieten. Konkret fordern wir…“ Petition an Sächsischen Innenminister Armin Schuster bei Campact - BKA fahndet öffentlich nach untergetauchtem Leipziger Linksautonomen Johann G. – Nazis loben ein zusätzliches »Kopfgeld« von 5000 Euro aus
„Die Plakate hängen bundesweit an Bahnhöfen, teils flimmert das Konterfei des Gesuchten überlebensgroß über digitale Bildschirme: Seit Montag suchen das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt Sachsen in einer öffentlichen Fahndung nach dem Leipziger Linksautonomen Johann G. Dieser sei »dringend verdächtig, sich als Mitglied einer kriminellen Vereinigung an mehreren politisch motivierten körperlichen Übergriffen beteiligt zu haben«, heißt es in der entsprechenden Ausschreibung, in der auch eine Belohnung von 10 000 Euro ausgelobt wird. Dass die Attacken gegen Nazis gerichtet waren, wird nicht erwähnt. Neben einem Porträtfoto des Gesuchten wurde auch ein Bild seiner Fingerknöchel veröffentlicht, auf die der Spruch »Hate Cops« tätowiert ist. (…) Unter anderem geht es um Angriffe auf den Eisenacher Neonazi Leon R. und dessen Kneipe im September und Dezember 2019. Bei diesen und weiteren Taten soll der, wie es im Prozess stets hieß, »gesondert verfolgte G.« neben E. eine führende Rolle gespielt haben; an einem Tatort fand sich eine DNA-Spur von ihm. Allerdings saß G. in Dresden nicht mit auf der Anklagebank – weil er untergetaucht ist. Der einstige Theologiestudent war 2018 zu einer Haftstrafe verurteilt worden; es ging um Angriffe auf Legida-Demonstranten und Steinwürfe auf ein Gerichtsgebäude in Leipzig. Im Herbst 2019 kam er frei, Anfang 2020 soll er abgetaucht sein. (…) Enthusiastisch geteilt wird der Fahndungsaufruf in der rechtsextremen Szene. Die Freien Sachsen frohlockten, »endlich« werde G. gesucht, und lobten ein zusätzliches »Kopfgeld« von 5000 Euro aus. In Kommentarspalten wird hämisch gefragt: »Tot oder lebendig?« Die Thüringer Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss merkte an, bekannte Neonazis wie Thorsten Heise, der Rechtsrocker Lunikoff oder das Szenelabel PC Records aus Chemnitz beteiligten sich; zudem werde der Aufruf von vielen Ex-Mitgliedern des Thüringer Heimatschutzes geteilt, aus dem das NSU-Terrortrio hervorging. »Gibt es irgendeinen Fascho, der das BKA und LKA Sachsen noch nicht bei ihrer Fahndung unterstützt?«, fragte König-Preuss sarkastisch im Kurznachrichtendienst X. (…) Die groß angelegte Fahndung nach Johann G. sorgt für scharfe Kritik. Martina Renner, Thüringer Bundestagsabgeordnete der Linken, sagte dem »nd«, sie kenne Vergleichbares weder aus Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu rechtem Terror noch vom Bundeskriminalamt bei der Suche nach untergetauchten Neonazis. »Hier wird ein Staatsfeind Nr. 1 kreiert«, sagte Renner. Die extreme Rechte nehme »die Vorlage auf, legt symbolisch Geld drauf und ruft zur Lynchjustiz auf«. All das »war absehbar und offenbar im Preis inbegriffen«, so Renner.“ Artikel von Hendrik Lasch vom 26.09.2023 in ND online („Nazis helfen Staat bei Fahndung: Bundeskriminalamt sucht öffentlich nach untergetauchtem Leipziger Linksautonomen“), siehe dazu:- Öffentlichkeitsfahndung im Antifa Ost Verfahren: Schluss mit der Hetzjagd auf Antifaschist*innen!
„… „Die Öffentlichkeitsfahndung stellt den Genossen an den Pranger und ruft die Bevölkerung zur Denunziation auf. Damit ist die gesamte antifaschistische Bewegung gemeint. Ähnliches kennen wir bereits aus den Fahndungen rund um die Proteste gegen den G20-Gipfel. Die Grundrechte des Beschuldigten werden damit massiv verletzt, es findet eine Vorverurteilung mit Ansage statt. Denn die Bundesanwaltschaft hatte im Antifa Ost Verfahren bereits zur Urteilsbegründung angekündigt, viele weitere Verfahren eröffnen zu wollen. Die Art und Weise der Fahndung zeigt den unbedingten Verfolgungswillen der Repressionsbehörden gegen alle Personen und Gruppen, die sich in Leipzig und der Region gegen den Nazi-Terror wehren. Nach all den Skandalen betreffend der Ermittlungsbehörden ist es vermutlich die Flucht nach vorne, um den Kampf gegen rechts zu kriminalisieren und die Verstrickungen von Beamt*innen in den Neonazi-Sumpf zu verschleiern. Antifaschist*innen sollen dämonisiert und als sog. Kriminelle abgestempelt werden. Dem stellt sich die Rote Hilfe entgegen. Wir fordern die sofortige Einstellung der Öffentlichkeitsfahndung und der Verfolgung von Antifaschist*innen. Wir sind solidarisch mit allen Betroffenen und rufen alle linken und Grundrechtsorganisationen auf, dieser staatlichen Kampagne öffentlich zu widersprechen.““ Bundesvorstand von Rote Hilfe e.V. am 26.09.23 - „Tagesschau“-Bericht: Untergetauchte Linksextremisten: Aktenzeichen NDR/WDR ungelöst
„Es ist ein Satz, der schreit, dass er wichtig ist, und gleichzeitig nüchtern klingen soll: „Nach Informationen von NDR und WDR soll in Kürze eine Öffentlichkeitsfahndung nach Johann G. gestartet werden“. Das berichtete am vergangenen Sonntag tagesschau.de, ganz „exklusiv“. Nur einen Tag später, am Montag veröffentlichten der Generalbundesanwalt und das Landeskriminalamt Sachsen die Fahndung nach Johann G.. Seitdem prangt dessen Gesicht auf Plakaten und Infodisplays und ganz oben auf der Fahndungsseite des Bundeskriminalamts. Johann G. ist oder war der Partner von Lina E., die im Juni in Dresden wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt wurde. Lina E. und andere sollen organisiert und gezielt gewalttätige Übergriffe auf Menschen begangen haben, die sie für Neonazis hielten. Glaubt man den sächsischen Sicherheitsbehörden, soll Johann G. eine zentrale Person in der Gruppe gewesen sein – deswegen auch die Öffentlichkeitsfahndung. Die Ankündigung der Fahndung ist neben der Nachricht, es gebe 20 untergetauchte Linksextremisten in Deutschland, die exklusive Neuigkeit im Beitrag der Autoren Manuel Bewarder, Florian Flade und Sebastian Pittelkow. Doch der Beitrag des Investigativ-Teams von NDR und WDR besteht zu großen Teilen aus dem, was Sicherheitsbehörden sagen. Für den Text gab es viel Kritik in Sozialen Netzwerken. Der Tenor: Warum berichtet man über 20 untergetauchte Linke, wenn gleichzeitig 600 Rechtsextremisten per Haftbefehl gesucht werden und flüchtig sind? So einfach, wie die Kritiker*innen es sich damit machten, ist es freilich nicht (…) Sachsens Innenminister Armin Schuster schlussfolgert gegenüber tagesschau.de: „Wer abtaucht, der radikalisiert sich auch weiter und deswegen ist das eine sehr besorgniserregende Entwicklung.“ Eine absolute Behauptung, bei der eine kritische Einordnung helfen könnte. Aber auch die fehlt im Beitrag. (…) Der Beitrag bedient praktisch ausschließlich das Narrativ der Sicherheitsbehörden, die ihre Öffentlichkeitsfahndung lancieren wollen und dafür angebliche Erkenntnisse „exklusiv“ an Journalisten durchstechen. Und die helfen dann mit im Vorfeld der Fahndung dabei, diese mit einer angeblich großen, drohenden Gefahr zu legitimieren. Dass sich ein Rechercheverbund, der sich investigativen Journalismus auf die Fahnen schreibt, für diese recht durchschaubare Sicherheitsbehörden-PR einspannen lässt, ist ein fragwürdiges Tauschgeschäft.“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 29. September 2023 bei Übermedien
- Öffentlichkeitsfahndung im Antifa Ost Verfahren: Schluss mit der Hetzjagd auf Antifaschist*innen!
- Verdeckte Videoüberwachung eines Wohngebäudes durch die Polizei in Leipzig?
„Diese Vermutung liegt nahe, wenn der am 23.08.2023 auf Indymedia veröffentlichte Bericht den Sachverhalt korrekt wiedergibt. Die Polizei in Leipzig habe in den vergangenen Monaten Fahrzeuge eingesetzt, die mit verdeckten Kameras präpariert waren und im Antifa-Szene-Stadtteil Connewitz filmten. Entdeckt worden sei am 23.08.2023 ein PKW mit zivilem Leipziger Kennzeichen, in dem getarnt zwei Kameraobjektive und weitere Gerätschaften entdeckt worden seien. Fotos des Fahrzeugs und seiner „Innenausstattung“ sollen die Behauptungen belegen. Auf die Stellungnahme der Leipziger Polizei darf man gespannt sein…“ Meldung vom 25.8. bei dieDatenschützer Rhein Main - Die Soko »Linx« bekommt Verstärkung: 10 weitere Beamt:innen, um 14 Linksradikale zu suchen (rund 600 Rechtsextreme sind untergetaucht…)
„… Bei der Suche nach 14 untergetauchten Linksextremisten erhöhen die sächsischen Ermittlungsbehörden nach SPIEGEL-Informationen den Fahndungsdruck. Das Landeskriminalamt hat zehn weitere Beamte zur Fahndung in der Soko »Linx« abgestellt. Zuvor hatten sich die Sachsen erfolglos mit der Bitte um Amtshilfe an das Bundeskriminalamt (BKA) gewandt. In drei Ermittlungsverfahren mit den Bezeichnungen »Peluca«, »Lumen« und »Ungarn« versuchen die Ermittler mehr als ein Dutzend Haftbefehle zu vollstrecken. Gesucht werden Extremisten aus dem Umfeld der unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilten Lina E. – darunter deren seit 2020 untergetauchter Verlobter Johann Guntermann. Das BKA hat Guntermann in einer Gefährdungsbewertung als besonders brutal und skrupellos eingestuft, er gilt als Teil der sogenannten Hammerbande, die gezielt Jagd auf Rechtsextreme macht. Die Fahnder konnten die Aufenthaltsorte der Flüchtigen bisher nicht ermitteln, vermuten aber Bezüge nach Thüringen, Bayern, Hamburg und Berlin. Zudem seien die Gesuchten international vernetzt. Die Sachsen baten das BKA, die Fahndung zentral zu planen, koordinieren und durchzuführen oder mindestens zwei Zielfahnder abzustellen. Das BKA lehnt das ohne nähere Begründung ab.“ Meldung aus Der Spiegel 34/2023 bei Spiegel online am 18. August 2023 („Sachsen erhöht Fahndungsdruck bei Suche nach untergetauchten Linksextremisten“), siehe dazu:- „In #Deutschland sind rund 600 Rechtsextreme untergetaucht. In #Sachsen erhält die Soko »Linx« nun 10 weitere Beamt:innen, um 14 Linksradikale zu suchen. Wann also 429 zusätzlich Polizist:innen, um nach den Rechten zu fahnden?“ Tweet von Daniel Mullis vom 18.8.23
- [Zum Mitzeichnen] Solidaritätserklärung für Versammlungsfreiheit und Antifaschismus: Versammlungsfreiheit verteidigen! Antifaschismus ist kein Verbrechen!
„Es weht ein neuer, rauer Wind für alle, die sich gegen rassistische und faschistische Kräfte zur Wehr setzen: In Dresden wurden Lina E. und drei weitere Antifaschisten zu langen Haftstrafen verurteilt. (…) Nicht nur dieses zweifelhafte Urteil in Dresden ist ein Skandal. In Leipzig wurden alle Demonstrationen verboten, die das Urteil kritisieren und sich mit den Antifaschist:innen solidarisieren wollten. Das ist eine neue, autoritäre Entwicklung: Der Staat selbst bestimmt, für welche Handlung er sich kritisieren lässt und für welche nicht. Doch damit nicht genug: Selbst eine Demonstration für Versammlungsfreiheit wurde am 3. Juni 2023 in Leipzig von der Polizei verhindert. (…) Durch diese polizeiliche Machtdemonstration, wurde die Solidarität mit den verurteilten Antifaschist:innen auf unterschiedlichen Ebenen de facto kriminalisiert. (…) Antifaschismus ist kein Verbrechen! Unsere Solidarität gilt den von Polizeiwillkür Betroffenen und wir stehen gemeinsam ein für die Freiheit aller inhaftierten Antifaschist:innen!“ Erklärung zum Mitzeichnen – LabourNet Germany gehört zu den ErstunterzeichnerInnen - Hearing zum Leipziger Kessel
„Zu einem Hearing des Projekt- und Abgeordnetenbüros linXXnet nahmen am Freitag über 350 Personen teil. Die Diskussion drehte sich um staatliche Repressionen und Grundrechtseinschränkungen in Verbindung mit dem sogenannten Tag X und dem Leipziger Kessel. Das Hearing fand in Kooperation mit dem Grundrechtekomitee und dem Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein statt. Zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft waren ebenfalls im Werk2 versammelt. Es wurde auch ein Bezug zu den Entwicklungen rund um den sogenannten Antifa Ost-Prozess hergestellt…“ Umfangreicher Bericht vom 9. Juli 2023 in la-presse.org - Vermummter Staatsanwalt: Eine Solidaritätsdemo in Leipzig für Lina E. durfte wegen Vermummung nicht laufen – dabei war auch ein maskierter Staatsanwalt
„Das Foto warf schon am Tag der verhinderten „Tag X“-Demonstration vor zwei Wochen in Leipzig einige Fragen auf. Zwei vermummte Personen sind darauf zu sehen, mit Klemmbrett und im intensiven Austausch mit Polizeibeamten. Waren es Zivilpolizisten? Ausgerechnet auf einer Demonstration, die wegen vermummter Teilnehmenden aufgelöst wurde? Nun gibt es die Auflösung. Denn Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten am Mittwoch der taz, dass die beiden Vermummten mit den Klemmbrettern ein Leipziger Staatsanwalt und eine ihn unterstützende Kriminalbeamtin waren. Diese seien vor Ort gewesen, um über Maßnahmen für festgesetzte Demonstrierende zu entschieden, sagte ein Polizeisprecher der taz. Die Vermummung sei dabei zum Eigenschutz gewählt worden – als „persönliche Entscheidung“. Auch ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig bestätigte den Vorgang – und begründete das ebenso mit dem Eigenschutz der beiden Beamten. (…) Das sächsische Innenministerium hatte zuvor bereits in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag bestätigt, dass sich auf der Demonstration auch verdeckte Zivilbeamte befanden. Deren genaue Zahl wollte die Polizei auch am Mittwoch auf taz-Nachfrage nicht nennen. Dass nun aber auch ein Staatsanwalt unter den Vermummten war, ist angesichts der just wegen Vermummung untersagten Demonstration pikant. (…) Die Linke Jule Nagel verweist zudem auf eine Hausdurchsuchung im Januar dieses Jahres in Leipzig, bei welcher derselbe Staatsanwalt ebenfalls über mehrere Stunden vermummt auftrat. Auch hier rechtfertigte das sächsische Innenministerium den Vorgang im Nachhinein mit der Eigensicherung des Beamten. Es sei mit „gefährdungsrelevanten Aktionen“ zu rechnen gewesen und die Vermummung damit „geeignet, erforderlich und geboten“, um etwa Fotos von dem Staatsanwalt zu erschweren. Auch gebe es keine Norm, die eine Gesichtsverhüllung verbiete, antwortete das Innenministerium auf eine Linken-Anfrage. Nach der aufgelösten Leipzig-Demonstration wird weiterhin gegen die gut 1.000 Eingekesselten wegen schweren Landfriedensbruchs und Angriffen auf Vollstreckungsbeamte ermittelt. Ein Vorwurf lautet auch auf versuchten Mord – wegen eines Brandsatzwurfes, der neben Polizeibeamten landete. Die Täter sind hier weiter unbekannt, teilte die Staatsanwaltschaft Leipzig am Mittwoch mit. Nach dem Protestwochenende gab es zunächst auch zehn Haftbefehle. Inzwischen sind, bis auf einen, alle außer Vollzug. Die letzte Haftprüfung sollte am Mittwoch stattfinden.“ Artikel von Konrad Litschko vom 21. Juni 2023 in der taz online - Minderjährige im Kessel: Jugendamt prüft [was gibt es da zu prüfen?], ob Polizei bei Ausschreitungen am 3. Juni gegen Jugendschutz verstoßen hat
„… »Polizistinnen hauten mit Schlagstöcken auf jeden ein.« Mit drastischen Schilderungen geben Menschen ihre Erlebnisse mit dem Leipziger Kessel wieder. Sie haben sich an den kreuzer gewandt, um diese öffentlich zu machen. Zum Beispiel Thomas P. (Name geändert): »Ich bekam einen Schlag ins Gesicht, ging zu Boden und war kurz bewusstlos.« »Meine 15-jährige Tochter wurde bis 23 Uhr festgehalten«, berichtet eine Mutter. »Sie wurde immer wieder abgetastet. Ich habe über Stunden nichts von ihr gehört. Zum Urinieren oder Tamponwechseln wurden sie in die Büsche geschickt.« Ein Mittzwanziger sagt: »Die haben immer wieder in den Kessel gepfeffert. Unser Wohlergehen war ihnen egal.« »Meinem Sohn wurde in den Slip geschaut«, beklagt die Mutter eines 14-Jährigen. Ein weiterer Gekesselter: »Es stank nach Kot und Pisse, Menschen standen und saßen darin.« Am Samstag, den 3. Juni, setzte die Polizei auf der behördlich genehmigten Kundgebung für Versammlungsfreiheit mehrere hundert Personen – später sprach die Polizei von 1.000 – in einem Kessel fest. Darin befanden sich nach Polizeiangaben zwischen 60 und 80 Minderjährige, darunter zwei Kinder. Die Berichte der Menschen decken sich mit den veröffentlichten Aussagen anderer Demonstrierender. In seiner Größe, Dauer und Unverhältnismäßigkeit steht der Kessel von Leipzig in einer Reihe mit dem Hamburger und Frankfurter Kesseln aus den Jahren 1986 beziehungsweise 2013. Sie bitte um Verständnis, dass das Amt noch keine Aussage zum Kessel machen kann, erklärt die Sprecherin des Leipziger Jugendamts auf kreuzer-Anfrage. Man müsse die Fälle erst untersuchen, um die Maßnahmen insgesamt beurteilen zu können. Aus dem Amt ist zu hören, dass die Amtsleitung empört über das Agieren der Polizei sei. Während abzuwarten ist, wie sich das Jugendamt öffentlich äußern wird, häuft sich die Kritik insbesondere am Umgang mit den Minderjährigen im Kessel. So hat der sächsische Landesverband im Bundesverband Soziale Arbeit ein Statement veröffentlicht. Darin widerspricht er der Polizeiaussage, dass Minderjährige im Kessel bevorzugt behandelt wurden. Auch wurden Eltern nicht informiert, dass ihre Kinder sich in der Maßnahme befanden oder zu ihren Kindern gelassen. Das bestätigen auch Zeugen, die mit dem kreuzer sprachen. (…) In der Frage, ob der Kessel zur Identitätsfeststellung diente oder ob er selbst bereits eine zwischenzeitliche Gefangennahme darstellte, sieht auch Sozialarbeiter Tobias Burdukat einen kritischen Punkt. Burdukat, der auch im Vorstand des Kinder- und Jugendrings im Landkreis Leipzig sitzt, erklärt dem kreuzer: »Wenn es eine intendierte Gewahrsamsnahme war, dann hätten sie sie sofort rauslassen müssen. Die Polizei darf nicht ohne Information der Eltern oder einen Beistand einen Gewahrsam durchführen. Wenn das der Fall war, dann stellt das eine Entziehung Minderjähriger mit Freiheitsentzug dar. Dann hätte die Polizei in die rechtlich verbriefte Elternhoheit eingegriffen.« (…) Und weiter: »Hier überschreitet die Polizei ihren Zuständigkeitsbereich und greift fundamental in die Rechte anderer ein. Das kann als Willkür bezeichnet werden und ist äußerst gefährlich in Bezug auf die weitere biografische Entwicklung der Kinder.«…“ Beitrag von Tobias Prüwer vom 21. Juni 2023 im kreuzer Leipzig - Neue Kritikpunkte am Polizeikessel in Leipzig, unter vielen Aspekten, von RAV und ai
- Der RAV kritisiert massive Behinderung anwaltlicher Tätigkeit durch Polizei beim „Leipziger Kessel“.
„Unterbindung und Einschränkung anwaltlicher Tätigkeiten bei dem Versammlungsgeschehen am Wochenende in Leipzig nach den Urteilen im „Antifa-Ost“-Prozess
Im Rahmen der Proteste gegen die Verurteilung von Antifaschist*innen vorletzte Woche und gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit in Leipzig kam es als Reaktion hierauf verschiedentlich zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch die Sächsische Polizei. Insbesondere setzte die Polizei am Samstag, den 03.06.2023 etwa 1.000 ehemalige Teilnehmer*innen einer Versammlung in einem sogenannten „Leipziger Kessel“ am Alexis-Schumann-Platz fest. »Der RAV verurteilt das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste. Rechtswidrig wurde den Betroffenen der Zugang zu vor Ort anwesenden Anwält*innen verweigert. Dass der sächsische Innenminister das fehlerhafte Vorgehen der Polizei beim „Leipziger Kessel“ deckt und Aufklärung verweigert, ist Ausdruck eines völlig verschobenen Diskurses, der autoritäre und rechte Strömungen weiter befeuert.«, so Rechtsanwalt Dr. Peer Stolle, Vorsitzender des RAV…“ Pressemitteilung des RAV vom 15.06.2023 - ai-Stellungnahme zum sogenannten Polizeikessel in Leipzig
„Amnesty International ist besorgt angesichts der zahlreichen Vorwürfe gegenüber der Polizei im Zusammenhang mit einem sogenannten Polizeikessel in Leipzig am 04.06.2023. Auch eine solche Maßnahme, die aus polizeirechtlicher Sicht eine Ingewahrsamnahme nach den jeweiligen Polizeigesetzen darstellt, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, der Ausfluss aus dem Rechtsstaatsprinzip ist. Angesichts der Dauer von etwa elf Stunden bestehen aus Sicht von Amnesty International daran erhebliche Zweifel. Zahlreiche Medienberichte legen nahe, dass von der großen Anzahl eingekesselter Personen, teilweise wird von bis zu tausend Menschen ausgegangen, lediglich ein kleiner Bruchteil tatsächlich an Straftaten beteiligt war. (…) Besorgniserregend sind auch die zahlreichen Berichte über eine unzureichende Versorgung mit sanitären Anlagen, die die von der Maßnahme betroffenen Menschen dazu zwang, ihre Notdurft in Gebüschen zu verrichten. Zuletzt hatte der VGH Baden-Württemberg mit seiner Entscheidung vom 20.01.2022 (1 S 1724/20) daran erinnert, dass den Staat während einer solchen Maßnahme spezifische Schutzpflichten treffen. Hierzu zählt auch eine ausreichende Versorgung mit sanitären Einrichtungen. Ein Verstoß würde hier eine Missachtung der Menschenwürde aus Art. 1 Abs 1 GG, sowie eine Verletzung des Verbots der Folter, der unmenschlichen und erniedrigen Behandlung aus Art. 3 EMRK darstellen. Es muss in diesem Zusammenhang betont werden, dass der Zugang zu sanitären Einrichtungen nicht von einer Kooperation bei der Identitätsfeststellung abhängig gemacht werden darf. (…) Besonders problematisch erscheint aus Sicht von Amnesty International die Behandlung von miteingeschlossenen Minderjährigen, die, laut Zeug_innenaussagen in verschiedenen Medien, entgegen der Behauptung der Polizei nicht vorrangig bearbeitet worden sind (…) Der Einsatz von Polizeibeamt_innen, die, so ein Pressebericht, vermummt auf einer Versammlung zum Einsatz kamen, die vorgeblich wegen angelegter Vermummung der Teilnehmer_innen nicht starten durfte, wirft zusätzliche Fragen auf...“ Stellungnahme vom 13.6.2023 von Amnesty International
- Der RAV kritisiert massive Behinderung anwaltlicher Tätigkeit durch Polizei beim „Leipziger Kessel“.
- Immer noch neue schockierende Erfahrungsberichte aus dem Leipziger Kessel und skandalöse Lebensgefährung durch Anstaltsärztin in der JVA Leipzig
- Sächsische Justiz gefährdet den gesundheitlichen Zustand unseres inhaftierten Freundes und Genossen
„Am Freitagabend den 02.06.23 wurde unser Freund und Genosse festgenommen und kam in Polizeigewahrsam. Zusammen mit weiteren Genossen wurde er am nächsten Tag, Samstag den 03.06.23, einem Haftrichter vorgeführt. Dieser ordnete für alle Untersuchungshaft an. Bereits bei der Vorführung vor den Haftrichter am 03.06.23, wies die Anwältin auf eine anerkannte Schwerbehinderung und weitere Erkrankungen hin. Am Montag den 05.06.23 hätte unser Genosse einen wichtigen Arzttermin bei einem Facharzt für Neurologie gehabt, um seine bisherige Medikation mittels funktionsdiagnostischer Untersuchungen kontrollieren zu lassen. Die Anwältin beantragte, einen Facharzt hinzuzuziehen, um die dringend erforderliche ärztliche wie medikamentöse Versorgung sicherzustellen sowie ein EEG durchführen zu lassen. Ebenso informierte sie genau darüber, welche Medikation, also die Art, Dosis und Kombination der Medikamente, notwendig ist. Sowohl die vorliegenden Informationen über seine Medikation, als auch die Notwendigkeit des dringend erforderlichen Facharzttermins wurden von der Staatsanwaltschaft sowie der JVA offensichtlich nicht berücksichtig. Den Anträgen wurde nicht stattgegeben. Im Gegenteil, in der JVA Leipzig änderte die dort zuständige Ärztin eigenmächtig die Medikation, völlig grundlos und ohne Kenntnis über seinen Krankheitsverlauf, was prompt zu einem schweren Anfall am Montagabend führte. Der Genosse wurde daraufhin nach Borna, eine Kreisstadt 30km südlich von Leipzig, in ein Krankenhaus gebracht. Dort musste er aufgrund seines kritischen Zustands schutzintubiert werden. Zudem wurde ein intraossärer Zugang gelegt, das bedeutet ihm wurde ein Loch ins Bein gebohrt, da es anders nicht möglich war einen Zugang zu legen. Trotz dieser kurz zuvor stattgefundenen lebenserhaltenden Maßnahmen wurde unser Genosse bereits nach weniger als 24h wieder in die Haftanstalt zurückgebracht. Woraufhin von der Anstaltsärztin erneut die Medikation geändert wurde, wieder entgegen der fachärztlichen Anordnung. Das wiederholte Experimentieren mit dem Medikationsplan führte am Mittwoch den 07.06.23 zu einer weiteren Anfallsserie. Unser Genosse wurde daraufhin auf die Krankenstation der JVA Leinestraße verlegt, wo sein Lieblings-T-Shirt zerschnitten wurde. Nachdem im Haftkrankenhaus der JVA Leipzig keine sachgrechte Behandlung der Serie an Anfällen gegeben war, wurder er von dort ins Uniklinikum Leipzig gebracht und, wie schon in Borna, über den Schockraum in der Zentralen Notaufnahme als Notfall aufgenommen und zur intensivmedizinischen Betreuung der Intensivstation zugeführt. Die Ärzte erkannten, dass er die geänderten Medikamente nicht verträgt, was er selbst auch bestätigen konnte. Auch beim zweiten Anfall innerhalb von 3 Tagen war eine Schutzintubation notwendig. Auf der Intensivstation konnte er vorerst stabilisiert und wieder extubiert werden. Woraufhin er dann nach erneut weniger als 24h nach Eintreten des 2. Krampfanfalls zurück in die Untersuchungshaft überführt wurde…“ Meldung von Solikreis Leipzig Kassel am 11.6. bei freexantifas.org - Communiqué der Gefangenen
„Im folgenden ein Communiqué unserer am Wochenende rund um Tag X inhaftierten Genossen, die diesen Text in der JVA Leipzig Leinestraße gemeinsam verfasst haben (…) Wir waren nicht auf dieser Demo, auch wenn wir es gerne gewesen wären. Wir, das sind die politischen Gefangenen aus der JVA Leipzig nach dem Wochenende. Wir alle sind an diesem ersten Juniwochenende in Leipzig an unterschiedlichen Orten, mit unterschiedlichen Vorwürfen verhaftet und eingeknastet worden. Wollte man es etwas anders ausdrücken, könnte man sagen, wir sollen das i-Tüpfelchen der polizeilichen Strategie sein. Das harte Durchgreifen. Die Bestätigung der medialen Hetze im Vorfeld. Wir sind das aber nicht, wir werden das auch nicht sein! Wir sind politische Menschen, solidarisch denkende & handelnde Genossen. Wir kommen aus unterschiedlichen Ecken der Republik und aus unterschiedlichen Spektren der außerparlamentarischen Linken. Uns eint die Solidarität mit Lina und Co., sowie das Streben nach einem selbstbestimmten Antifaschismus. Uns eint auch unsere aktuelle Lage als politische Häftlinge der JVA. Deswegen haben wir uns zusammengeschlossen, um uns nach Kräften zu unterstützen und auch hier drinnen Solidarität praktisch werden zu lassen. (…) Aktuell werden wir zum Teil voneinander isoliert und auf unterschiedliche Pisten verlegt. Wir arbeiten an der Zusammenlegung, zumindest in kleinen Gruppen. Gemeinsam gegen die Vereinzelung. Einem Genossen hat die JVA die notwendigen Medikamente gegen seine Epilepsie vorenthalten. Der Haftrichter hat einen wichtigen Arzttermin ignoriert. Die Folge: Ein Notarzteinsatz bereits am Montagabend in der JVA und der Transport per RTW nach Borna. (Von wegen Haftkrankenhaus Leipzig…) Nur durch Glück weilt der Genosse noch unter uns. Nichtsdestotrotz geben wir die Hoffnung nicht auf. Auch und gerade wegen der Solidarität von außen. Danke!…“ Communiqué am 10.6.2023 bei freexantifas.org - Erfahrungs Protokoll Leipziger Kessel #le0306
„Zu aller erst möchten wir an dieser Stelle eine Triggerwarnung aussprechen. Wir sprechen über Polizeigewalt und Übergrifflichkeiten. Wir sind 2 minderjährige die vom #LeipzigerKessel betroffen sind und unsere erfahrungen teilen möchten. Auf dem Alexis-Schuhmann-Platz formierte sich eine friedliche Demonstration. Die Polizei machte dann Durchsagen, die akustisch unter keinen Umständen zu verstehen waren. Gegen 18 Uhr eskalierte die Polizei gegenüber der friedlichen Demonstration. Völlig zurecht wurde sich daraufhin von Seiten der Demonstrant*innen mit verschiedenen Mittel gegen die Polizeigewalt gewehrt. Die Polizei begann nun auf die Demonstration einzuschlagen. Es wurden hierbei Personen verletzt, es kam Panik auf, alle versuchten nur noch aus der Situation wegzukommen. Menschen rannten aus Panik weg und wären in dieser Situation Personen hingefallen, wären sie mit Sicherheit totgetrampelt wurden. Es hätte aufgrund der Polizeitaktik zu Toten kommen können…“
Beitrag von 2 Minderjährige betroffene am 10.06.2023 bei indymedia - Aus dem Leipziger Kessel – Aufarbeitung einer vermeidbaren Niederlage
„Inhaltswarnung: Es wird von (Polizei-) Gewalt und Gefühlen der Entmenschlichung/Ohnmacht berichtet. Dieser Text wurde von Menschen geschrieben, die am 3. Juni im Zuge der Demonstration “Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig” auf der Karl-Liebknecht-Straße in der Leipziger Südvorstadt knapp 11 Stunden von der Polizei eingekesselt wurden, sowie von solidarischen Genoss*innen. Zu Beginn wird der Text einen Einblick in die Geschehnisse und Wahrnehmungen bieten, daran anschließend wird (Selbst-)Kritik formuliert und schließlich werden Anstöße für eine politische Einordnung und strategische Konsequenzen geliefert. Wir sind in westdeutschen linksradikalen Kontexten organisiert und empfinden die Proteste um den Tag X, vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen und trotz einiger erfolgreicher Aktionen, überwiegend als politische Niederlage. Für uns besteht daher eine Notwendigkeit das Geschehene nicht unkommentiert zurück zulassen, sondern Lehren zu ziehen und einen kollektiven Umgang mit dem Geschehenen zu finden…“ Beitrag von anonym am 10.06.2023 bei indymedia - Der Polizeikessel von Leipzig: Alles verhältnismäßig?
„Eingekesselt von der Polizei – bis zu elf Stunden lang, ohne die Möglichkeit, auf Toiletten zu gehen, ohne ausreichende Versorgung mit Wasser, auch von Polizeigewalt wird berichtet. Ein Monitor-Team begleitete die Demonstrationen in Leipzig und ging den Vorwürfen nach…“ Beitrag von Lara Straatmann und Julia Regis, WDR, vom 09.06.2023 bei tagesschau.de - Bericht aus dem „TagX-„Polizeikessel: 17-Jährige: „Sie zogen den Kessel so eng, wir standen Haut an Haut aneinandergepresst“
„Martha Helbig* (17) saß am „Tag X“ zehn Stunden im Polizeikessel am Alexis-Schumann-Platz in Leipzig fest. Ihren richtigen Namen will sie nicht nennen, er liegt der Redaktion vor. Mit anderen Minderjährigen wurde Martha unter schwierigen Umständen festgehalten. Für MDR Sachsen schilderte die Leipzigerin, wie sie den Kessel erlebt hat. (…) Nachdem die Versammlung aufgelöst wurde, ist es schnell eskaliert. Die Polizisten prügelten sofort los. Wir haben dann einfach nur versucht, schnell von dort wegzukommen und liefen durch den Park. Überall standen und liefen sehr viele Menschen, es war enorm unübersichtlich. Dann kam die Polizei von allen Seiten und trieb die Menschen zusammen. Wir konnten nicht mehr weg. (…) Mit uns hat niemand gesprochen. Sie zogen den Kessel am Anfang so eng, dass alle Haut an Haut aneinandergepresst standen. Das war wirklich richtig krass. Manche Leute haben richtig schlecht Luft bekommen, so eng wie das war. Es hat sich erst entspannt, als einige angefangen haben ihre Sachen im Kessel zu verbrennen. Dann musste eben Platz gemacht werden. (…) Eine Person ist ohnmächtig geworden, doch auch die durfte den Kessel nicht verlassen. Die Polizisten haben gar nichts gemacht, nur die Sanis haben sich gekümmert. Die waren wirklich sehr gestresst, weil es die ganze Zeit viel zu tun gab. Die Sanis kümmerten sich auch um die ganze Versorgung mit Essen und Wasser. Den Polizisten war das alles komplett egal, sie haben überhaupt nichts getan und waren irgendwie sehr herablassend zu allen anderen. (…) Die Polizei hatte zwar eine Toilette aufgebaut, auf die wir hätten gehen können. Zumindest sagten sie das. Doch die Leute, die auf der Toilette waren, kamen nicht wieder. Deshalb wollte da keiner mehr draufgehen. (…) Irgendwann haben ein paar Leute geschlafen, auf dem Boden mit den Rettungsdecken – bis die Polizei den Kessel wieder verkleinerte und alle wieder stehen mussten. Sie haben dann wieder angefangen, Leute rauszuziehen – auf eine brutale Art und Weise. Teilweise haben sie wirklich brutal an den Haaren gezogen, die Leute haben die ganze Zeit immer wieder geschrien…“ Interview von Erik Hoffmann vom 09. Juni 2023 bei MDR SACHSEN - Nach Demo-Einsatz verlangt Elterngruppe Rücktritt von Leipzigs Polizeichef
„Nach dem Polizeieinsatz und den Ausschreitungen im Zuge des „Tag X“ in Leipzig am vergangenen Wochenende werden Rücktrittsforderungen gegen den Polizeipräsidenten René Demmler laut. Wie aus einem offenen Brief der Initiative „Eltern gegen Polizeigewalt“ hervorgeht, soll es während des elfstündigen Polizeikessels mehrere Übergriffe, Demütigungen und sexualisierte Gewalt gegen Demonstrierende gegeben haben. Einige Betroffene sollen minderjährig gewesen sein. Die Initiative wirft der Polizei vor, eingekesselte Personen „an sehr intimen Stellen massiv berührt und sogar mit Taschenlampen in deren Unterwäsche geleuchtet“ zu haben. Frauen und Mädchen sei bei den Durchsuchungen teilweise nur an Brüste und Po gefasst worden. „Das ist an Demütigung bis hin zur Perversität nicht mehr zu überbieten“, heißt es in dem Brief…“ Meldung vom 09. Juni 2023 von MDR SACHSEN - Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung
„Sehr geehrter Herr Jung, wir blicken auf eine verstörende Woche zurück. Eine Woche, in der Grundrechte in der Stadt, in der wir leben und politisch wirken, suspendiert wurden. (…) Der Tiefpunkt war sicherlich die behördliche Verhinderung der Demonstration am Alexis-Schumann-Platz. Die Untersagung einer Demonstration, die sich laut Motto einfach nur für die Versammlungsfreiheit einsetzt, in der selbsternannten Stadt der Friedlichen Revolution: Das ist nicht nur symbolisch eine Bankrotterklärung – sondern eine Schande, die am Ende von 1.000 Personen in einem fast elfstündigen Kessel ausgebadet werden musste. Die Wahrung und Sicherung der Grundrechte wurde schlichtweg ausgesetzt, was einem wesentlichen Merkmal einer funktionierenden Demokratie innerhalb eines Rechtsstaates widerspricht. Wir sind empört, dass die Stadtspitze dies tat, ohne dabei irgendwelche Zweifel oder Skrupel zu zeigen. Sie ignorierte damit den offensichtlichen Wunsch vieler Tausender (vor allem Leipziger*innen), sich öffentlich zu antifaschistischer Politik und zu dem am 31.5.2023 in Dresden gesprochenen Urteil gegen vier Antifaschist*innen zu äußern. Wir sind wütend darüber, dass über 1000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen – ohne WC, Verpflegung und Kälteschutz – elf Stunden und über Nacht in einem Polizeikessel auf engstem Raum zusammengepfercht wurden. Unter den Betroffenen waren auch zahlreiche Minderjährige, von denen mindestens einige nicht mal ihre Eltern sehen durften. Die Menschen im Kessel und drum herum wurden von Polizist*innen beleidigt und teilweise tätlich angegriffen, psychische und physische Folgen nahm die Polizei bewusst in Kauf. Wie zum Hohn forderte die Polizei per Lautsprecherwagen alle Anwesenden auf, politische Meinungsäußerungen zu unterlassen. In was für einem Land und in welcher Stadt leben wir mittlerweile, dass die Meinungsäußerung verboten und mit Repression beantwortet wird? (…) Wir appellieren an die Stadtspitze, das Vorgehen am letzten Wochenende kritisch zu reflektieren, uns als gleichwertigen Teil dieser Stadt wahr- und ernstzunehmen und auf Pauschalisierungen und Kriminalisierung des so wichtigen antifaschistischen Engagements zu verzichten!“ Offener Brief am 9. Juni 2023 bei linxxnet.de von Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz, Kritische Jurist*innen Leipzig, Omas gegen. Rechts, Eltern gegen Polizeigewalt etc. (Mag Wompel hat unterschrieben)
- Sächsische Justiz gefährdet den gesundheitlichen Zustand unseres inhaftierten Freundes und Genossen
- Immer mehr eschreckende Erfahrungsberichte (von Minderjährigen) vom Kessel und der GeSa am 03.06 in Leipzig: Eltern wird zur Klage geraten
- Demonstration am Tag X in Leipzig: Experte zu Einkesselung: Eltern sollten eine Klage erwägen.
„… Das stundenlange Festhalten von mehr als 1.000 Menschen und zum Teil Minderjährigen könnte rechtswidrig gewesen sein. Darauf weist der Experte für Polizei- und Versammlungsrecht, Clemens Arzt, hin. „Eine solche Maßnahme gegen Hunderte von Menschen für eine so lange Dauer, die scheint mir rechtlich nicht zulässig gewesen zu sein“, sagt der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin gegenüber MDR Investigativ. (…) „Es stellt sich schon die Frage, wann unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine erkennungsdienstliche Maßnahme hier rechtmäßig gewesen sein soll“, sagt Experte Arzt. „Das sehe ich derzeit nicht. Vor allem nicht, wenn es erkennbar minderjährige Personen sind, die auch noch kooperiert haben.“ Hinzu komme, dass die Polizei auch eine Fürsorgepflicht habe, so der Staatsrechts-Professor weiter. Dieser sei mit der stundenlangen Einkesselung zu wider gehandelt worden. Insbesondere die Dauer sei nicht zulässig. (…) Zweifel hat Arzt an der Aussage der Polizei, alle Eingekesselten seien des schweren Landfriedensbruchs und damit einer Straftat verdächtig. „Das lässt sich gegenüber tausend Menschen eigentlich plausibel nicht begründen. Ich müsste genau wissen, dass diese tausend Menschen oder diese vielen hundert Menschen individuell jeweils Straftaten begangen haben. Das ist sehr schwer möglich.“ Aus diesem Grund rät der Experte für Polizei- und Versammlungsrecht Betroffenen und auch den Eltern der betroffenen Minderjährigen: „Sich zu überlegen und sich mit anderen zu beraten, ob sie nicht den Rechtsweg beschreiten. Natürlich geht man ein gewisses Prozesskostenrisiko dabei ein. Aber so etwas kann man auch ein Stück weit kollektiv absichern.“ Arzt erklärt, dass man nur hoffen könne, dass es eine Reihe von Klagen gebe, um diese Vorgänge aufzuklären.“ Meldung vom 7. Juni 2023 im MDR Investigativ , siehe auch: - »Irgendwann holte mich ein Krankenwagen ab«. Tag X: Der minderjährige Thomas P. wurde im Polizeikessel bewusstlos geschlagen und lag zwei Tage im Krankenhaus
Beitrag von Tobias Prüwer vom 08.06.2023 im kreuzer online - Erfahrungsbericht vom Kessel und der GeSa am 03.06.: “Als ich anfing zu weinen, durfte ich mich wieder anziehen”
Beitrag vom 7. Juni 2023 beim Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ – muss gänzlich gelesen werden (weitere Erfahrungsberichte gibt es hier weiter unten) - Was soll das? Die größte Bedrohung für den Rechtsstaat ging am vergangenen Wochenende von der Polizei und der Stadt Leipzig aus
„Es ist Samstagnacht, kurz vor 1 Uhr am 4. Juni 2023. An der Kochstraße wird ein Mädchen in kurzen Hosen und T-Shirt, augenscheinlich minderjährig, vielleicht gerade volljährig, von der Polizei aus dem Kessel am Heinrich-Schütz-Platz entlassen. Sie wirkt verstört und verängstigt, weint. Ihr wurde das Handy abgenommen, erzählt sie, und ein Platzverweis für Connewitz erteilt. Es ist der Stadtteil, in dem sie wohnt, und der Polizist habe ihr gesagt, sie dürfe bis 8 Uhr früh nicht nach Hause. Ohne Handy kann sie niemanden anrufen und nach Hause traut sie sich nicht, aus Angst, doch noch in Gewahrsam genommen zu werden. Noch Stunden später sitzt sie ein paar Straßen weiter in einem dunklen Hauseingang. Je mehr Erfahrungsberichte aus dem Leipziger Kessel bekannt werden, desto mehr offenbart sich ein System der Willkür, der Schikane und auch der Entmenschlichung. Diese polizeiliche Maßnahme gegen mehrere hundert (mittlerweile spricht die Polizei von 1000) Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer angemeldeten Demonstration war der Tiefpunkt des Ausnahmezustandes, den die Stadt zusammen mit der Polizeiführung ein ganzes Wochenende über Leipzig verhängt hatte…“ Artikel von Thorsten Mense vom 08.06.2023 im kreuzer online
- Demonstration am Tag X in Leipzig: Experte zu Einkesselung: Eltern sollten eine Klage erwägen.
- Inhaftierung in Leipzig: Kritik an Justizministerin und Polizei wegen Beweislastumkehr
„Die Inhaftierung eines unschuldigen Aktivisten unter dem Vorwurf des Landfriedensbruchs löst landesweit Empörung und Besorgnis aus. Die GG/BO ist entsetzt über die Verletzung der Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit und die offensichtliche Beweislastumkehr, die zu dieser ungerechten Verhaftung geführt hat. Im Haftbefehl wird lediglich seine Anwesenheit im Kessel benannt. Dadurch habe er die gewalttätigen Personen bestärkt und ihnen Rückzugsort geboten. Tim H. war dort mit Hungerstreikenden aus Berlin und weder vermummt noch sonst irgendwie militant. Der Aktivist, Tim H., hat sich jahrelang für soziale Gerechtigkeit und Rechte von Gefangenen eingesetzt. Er ist eine angesehene Stimme in der Gemeinschaft und hat friedliche Mittel genutzt, um auf Missstände hinzuweisen und positive Veränderungen herbeizuführen. Seine Festnahme und Inhaftierung aufgrund von Landfriedensbruchvorwürfen sind nicht nur ein schwerer Schlag für seine persönliche Freiheit, sondern auch eine Bedrohung für die demokratischen Grundwerte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Besonders besorgniserregend ist die offensichtliche Beweislastumkehr, die in diesem Fall stattgefunden hat…“ Meldung der GG/BO vom 6. Juni 2023 - Leipzig, statt der Bürgerrechte: Nach dem Tag X in Leipzig wird das Vorgehen der Behörden scharf kritisiert
„Am Wochenende herrschte in Leipzig der polizeiliche Ausnahmezustand. Aufgrund einer Gefahrenprognose wurden vorsichtshalber alle Demonstrationen verboten, die einen Bezug zur Verhandlung um die Leipziger Antifaschistin Lina E. hatten. Sie und drei weitere Mittäter waren vergangene Woche für Angriffe auf Neonazis zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. In der Stadt kam es am Wochenende zu teils gewalttätigen Protesten. Kritikerinnen werfen der Polizei unverhältnismäßiges Vorgehen vor…“ Artikel von Felix Sassmannshausen vom 05.06.2023 in kreuzer online - Kritik an Polizeieinsatz in Leipzig: „Wir kamen uns vor wie Tiere“
„Protest und Polizeieinsatz zum „Tag X“ in Leipzig werden im Landtag aufgearbeitet. Ein Betroffener berichtet von den Verhältnissen im Polizeikessel. (…) „Man kam sich vor wie Tiere, die im Stall eingepfercht waren“, erzählt einer der Betroffenen aus dem Kessel der taz. Zunächst habe es keine Möglichkeit gegeben, zur Toilette zu gehen, aufgesucht werden musste das Gebüsch. „Leute mussten aufs Klo, Groß und Klein.“ Das habe später auch eklig gerochen. Wer sich für einen Toilettengang bei der Polizei meldete, sei erkennungsdienstlich behandelt worden. Auch Getränke hätten nicht von Anfang an ausreichend zur Verfügung gestanden. Bis zum Schluss habe es an Essen und ausreichend Decken gefehlt, die bei den nächtlich niedrigen Temperaturen geholfen hätten. Zu den Eingekesselten hätten auch Unbeteiligte gehört, so der Betroffene. Er selber habe sich zurückgezogen, als es zu Gewalt kam – sei aber von der Polizei an die Stelle des Parks gedrängt worden, die später gekesselt wurde. Wie die Staatsanwaltschaft Leipzig am Montag der taz mitteilte, wurde gegen drei Männer aus dem Kessel auch U-Haft verhängt, einen 24-, einen 25- und einen 34-Jährigen. Zudem seien für Samstag zwei weitere Haftbefehle gegen einen 33- und einen 36-Jährigen für Flaschen- und Steinwürfe in Connewitz verhängt worden. Zwei weitere Haftbefehle seien erlassen, aber außer Vollzug gesetzt…“ Artikel von Adefunmi Olanigan und Konrad Litschko vom 5.6.2023 ind er taz online - „Mein Papa hat mich sogar gesehen“: Betroffene der Kessel-Nacht erzählen
„… Anfangs sei die Stimmung im Kessel noch halbwegs gut gewesen, erzählen die beiden. Um Wasser und Essen hätte sich die Polizei nicht gekümmert. Auch, dass es anscheinend eine Toilette gegeben habe, hätten nicht alle im Kessel mitbekommen. Außerdem hätten nicht viele das genutzt, weil Menschen dann sofort in die erkennungsdienstliche Behandlung kamen. Also musste man sich selbst helfen, erzählt Nico. „So nach drei oder vier Stunden wurde dann das ‘Klo’ etabliert. Also ein Gebüsch, das noch ganz gut abgeschottet war.“ Caspar fügt hinzu: „Das war aber echt eklig.“ Man habe versucht, gemeinsam gut klarzukommen. „Die Stimmung hielt sich relativ gut“, so Nico. „Leute haben Parolen gerufen, zusammen gesungen, Spiele gespielt. Aber es war trotzdem ein Scheiß-Gefühl. Vor allem, weil wir alle nicht wussten, was passiert.“ Als es dunkel wurde, ließ die Polizei Scheinwerfer aufstellen, um das Areal auszuleuchten. Schlafen sei dann kaum noch möglich gewesen. „Da haben die Leute dann kapiert, dass wir hier nicht so schnell raus kommen“, so Caspar. „Da gab es auch die ersten Nervenzusammenbrüche.“ „Die Bullen haben uns schikaniert.“, sagt Nico. Caspar erzählt: „Da war so ein Typ, der wollte nur pissen. Auf einmal leuchten die Bullen rein, sehen, dass der pisst und machen trotzdem das Licht nicht aus. Die konnten den beobachten und wir ja auch alle. Das war so demütigend und eklig.” Auch Rettungsdecken hätten die Sanitäter*innen nicht mehr bringen dürfen, damit sich die Gekesselten etwas wärmen können. „Wir haben die Sanitäter angesprochen, ob wir noch mehr Rettungsdecken haben können“, beschreibt Caspar. „Die meinten zu uns: Die Polizei hat uns gesagt, dass wir euch das nicht mehr geben können, weil ihr es nicht verdient habt. Die Decken waren halt zerknittert oder zerrissen, weil Leute versucht haben, sich die zu teilen.“ (…) „Sie haben meinen Rucksack durchsucht und meine Pullis konfisziert. Meine Handys haben sie mitgenommen“, erzählt Nico. Gegen 3:30 Uhr morgens war das. Einer „seiner Leute“, männlich, 19 Jahre alt, sei im Schritt abgetastet und angeleuchtet worden. Eine 16-jährige Person, die in der Dimitroff-Wache in Gewahrsam genommen wurde, habe später erzählt, sie hätte sich bis auf die Unterwäsche ausziehen müssen und sei abgetastet worden. Wo genau, habe sie nicht erzählt. Von diesen Schilderungen kursieren auch einige auf Twitter. “ Artikel von Yaro Allisat vom 6. Juni 2023 in der Leipziger Zeitung online – insgesamt lesenswert- Nazis wittern Morgenluft und rufen nach Selbstjustiz
„Das Urteil gegen Lina E. und der Tag X werden in der extremen Rechten unterschiedlich bewertet
Die Beschäftigung der extremen Rechten mit dem Prozess gegen Lina E. und weitere Antifaschist*innen grenzt an eine Obsession. Seit Beginn des Verfahrens befassen sich verschiedene Akteure immer wieder damit. Das Magazin »Compact« konnte sogar Interna aus den Ermittlungsakten veröffentlichen. Zugleich wird in Chats über weitere Mitglieder der »Hammerbande« spekuliert, wie die Angeklagten von Rechten genannt werden. Fotos von vermeintlichen Mitgliedern werden veröffentlicht und linke Räume als Treffpunkte markiert. Da ist es kaum verwunderlich, dass das Urteil vor einer Woche mit großer Spannung erwartet wurde. Es führte erst einmal zu Ernüchterung. Die neurechte Bürgerinitiative Ein Prozent veröffentlichte am Tag nach der Urteilsverkündung eine Analyse, welche Schlüsse das »patriotische Lager« aus dem Urteil ziehen sollte. Das Urteil gegen Lina E. und Co. wird grundsätzlich als zu milde bewertet. (…) Es sei nicht zu erwarten, dass außerhalb der »patriotischen Opposition« ein »Dagegenhalten« stattfinden werde. Wie dieses Dagegenhalten aussehen soll? »In der Neonazi-Szene wurde zu Gewalt und Selbstjustiz aufgerufen. Man solle die Dinge nun selbst in die Hand nehmen, auch mit brutaler Gewalt, da der Staat die Szene nicht schütze«, erklärt der freie Fachjournalist Felix M. Steiner, der sich seit Jahren mit der Neonazi-Szene befasst. (…) Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach davon, »linksextremistische Chaoten« in den Fokus zu nehmen. Von AfD-Politiker*innen und in ihrem neurechten Umfeld wurden diese Äußerungen als Chance wahrgenommen: Mit Anfragen in Parlamenten solle man versuchen, mehr über linke Strukturen herauszufinden. Auch sei es förderlich, linke Gewalt zu skandalisieren…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 06.06.2023 in ND online
- Nazis wittern Morgenluft und rufen nach Selbstjustiz
- Tag X: Nicht nur in Leipzig ein Wochenende als Großübung gegen Versammlungs- und Pressefreiheit
- „#FreeLina Demos Pressefreiheit Bilanz
Wir ziehen eine negative Bilanz hinsichtlich der Pressefreiheit auf den bundesweiten #FreeLina Demos vom 31.5.-3.6.23. Insgesamt wurden 8 Journalist*innen in Hamburg, Köln, Berlin, Dresden und Leipzig vor allem von der Polizei körperlich angegriffen. Es kam dabei zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Körperliche Angriffe:
6x Journalisten durch Polizei
2x Journalisten durch Teilnehmer
#Pressefreiheit“ Thread von Jörg Reichel (dju Berlin-Brandenburg) vom 4. Juni 2023 , Einzelberichte auf seinem Account - Polizeieinsatz in Connewitz: Jenseits aller Verhältnismäßigkeit
„In Leipzig-Connewitz erwartete die Polizei am „Tag X“ mit einem absurd teuren Großaufgebot den ganz großen Krawall. Und der kam – wie auf Bestellung…“ Kommentar von Konstantin Nowotny vom 4. 6. 2023 in der taz online - „10 Std und 42 min – Mit dem „Leipziger Kessel“ offenbarte die Polizei letzte Nacht in #Leipzig bei #le0306 ein rechtsstaatsunwürdiges Verhalten, eine zutiefst entmenschl. Auffassung sowie kommunikative Irreführungen. Versuch einer ersten chronologischen Einordnung (Thread 1/17)...“ Thread von Moritz Schlenk 4. Juni 2023
- „… Polizei: Sie haben sich mehrfach politisch geäußert und damit die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Sie stehen nicht unter dem Schutz des Versammlundrechts, verlassen sie den Alexis Schuhmann Platz. #le0306 #tagx…“ Thread von JugendInfo vom 4.6.23 vom Kessel mit Fotos und Videos, siehe auch Bericht und Fotos von PM Cheung bei flickr
- „Tag-X“-Demonstration in Leipzig: Am Ende bleibt nur ein Kessel
„In Leipzig protestieren Autonome trotz Verbots gegen das Lina-E.-Urteil. Die Polizei verhindert eine Demo. Grüne, Linke und Jusos kritisieren dieses Vorgehen…“ Artikel von Adefunmi Olanigan und Konrad Litschko vom 3.6.2023 in der taz online - Schaffner sollten Dreadlocks melden. Nach dem Urteil gegen Lina E. wollte die Bundespolizei Infos über linke Fahrgäste. Nordwestbahn entschuldigt sich für Liste mit Erkennungsmerkmalen.
„Ein Aufruf der Bundespolizei an Zugpersonal in Norddeutschland, Informationen über vermeintlich linke Fahrgäste zu liefern, sorgt für harsche Kritik. MitarbeiterInnen der Nordwestbahn sollten unter anderem auf „Dreadlocks“ und „alternatives Aussehen“ achten. Der Republikanische Anwaltsverein hält eine solche Aufforderung für rechtswidrig und spricht von diskriminierendem Profiling und Grundrechtseinschränkungen. Die Nordwestbahn bestätigte der taz ein Hilfeersuchen der Bundespolizei, das am Mittwoch vor Demonstrationen anlässlich des Urteils gegen die Antifaschistin Lina E. verbreitet wurde. Das Eisenbahnunternehmen entschuldigt sich für problematische Formulierungen. Die Bundespolizei antwortet bis Redaktionsschluss nicht. Bekannt gemacht hatte die Aufforderung die Bremer „Basisgruppe Antifaschismus“, die über Twitter eine interne Mitteilung der Nordwestbahn veröffentlichte. Das Eisenbahnunternehmen fährt unter anderem auf Strecken zwischen Osnabrück und Bremen sowie zwischen Oldenburg und Bremen. In der internen Anweisung an das Zugpersonal heißt es wörtlich: „Laut Bundespolizei sind linke Personen an folgenden Merkmalen bzw. Aussehen zu erkennen: Alternatives Auftreten bzw. Aussehen, evtl. mit Dreadlocks, links orientiert, besonders häufig auch Studenten, Personen, die der ‚Öko-Szene‘, ‚Grünen-Szene‘ oder Generation-Z zuzuordnen sind.“ Das Zugpersonal sollte demnach Personen an die Betriebsleitzentrale melden, auf die diese Beschreibung passt und die in Richtung Bremen unterwegs waren. (…) Der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam aus dem erweiterten Vorstand des Republikanischen Anwaltsvereins nennt die Aufzählung der Merkmale „absurd“, „gefährlich“ und „diskriminierend“. Er hält bereits die Frage der Bundespolizei an die Nordwestbahn für empörend und sieht gleich mehrere Grundrechte beschnitten, etwa den Gleichheitsgrundsatz und die Versammlungsfreiheit. (…) „Zugbegleiter*innen haben keine hoheitlichen Aufgaben und das ist auch gut und richtig so“, sagte Adam der taz. Ein Sprecher der Nordwestbahn bestätigte der taz das Hilfeersuchen der Bundespolizei und entschuldigte sich gleichzeitig für die getätigten Äußerungen in der internen Mitteilung. (…) Bundesweit war es am Mittwochabend zu Demonstrationen der linken Szene gekommen, nachdem gegen die AntifaschistInnen Lina E. sowie drei Mitangeklagte in Leipzig mehrjährige Haftstrafen verhängt worden waren. In Bremen war es bei Protesten zu Würfen mit Steinen und Glasflaschen auf PolizistInnen gekommen, laut Polizei seien acht Einsatzkräfte leicht verletzt worden. 70 Menschen seien festgenommen worden, mittlerweile aber wieder frei. Für Samstag hat die Linke Szene zu Protesten und einer bundesweiten Demonstration in Leipzig aufgerufen. Die Polizei dort rüstet sich für einen Großeinsatz, die Stadt verhängte ein Demonstrationsverbot. Die Anmelder legten noch in der Nacht zu Freitag Rechtsmittel dagegen ein.“ Artikel von Jean-Philipp Baeck vom 2. Juni 2023 in der taz online - Kollektive Unfriedlichkeit: Zur versammlungsrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig anlässlich der Solidaritätskundgebungen für Lina E. am Wochenende
„Seit mehreren Wochen haben linke Gruppierungen für den Tag der Urteilsverkündung im Strafverfahren gegen Lina E. und drei andere Angeklagte vor dem OLG Dresden und das darauffolgende Wochenende Protestveranstaltungen angekündigt. Die Stadt Leipzig hat daraufhin für das Wochenende Versammlungen zum Thema im Stadtgebiet verboten. Neben der rechtlich angreifbaren Pauschalität wird das Verbot auch faktisch seinen Zweck verfehlen. Das Bedürfnis nach öffentlicher Auseinandersetzung mit dem Urteil lässt sich bestenfalls nur lenken. Ein Verbot hingegen dürfte eskalationssteigernd wirken. (…) Prozessrechtlich führt der Einsatz von Allgemeinverfügungen indes zu einem Ungleichgewicht: Entgegen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses des Art. 8 Absatz 1 GG, dass Versammlungen im Grundsatz zulässig sind, muss sich nun die von der versammlungsrechtlichen Allgemeinverfügung erfasste Personengruppe im Einzelfall um eine Ausnahmegenehmigung bemühen (deren Voraussetzungen nach der Allgemeinverfügung völlig unbestimmt sind) oder gegen die Allgemeinverfügung gerichtlich vorgehen, um sie für die konkrete Versammlung – im Eilverfahren – außer Vollzug zu setzen. (…) Die Versammlungsbehörde verschiebt die von Art. 8 GG vorgesehene Begründungslast vom Staat auf den Bürger: Dieser – und nicht der Staat – muss nun aktiv begründen, warum eine Versammlung stattfinden darf. Damit drückt der Staat sein Misstrauen gegenüber seinen Bürger:innen aus. Selbst wenn dies in den hier zu erwartenden Fällen linksextremistischer Gewaltausbrüche gerechtfertigt sein sollte, bringt der Staat durch pauschale Verbote auch die Teile der Bevölkerung gegen sich auf, die sich inhaltlich kritisch mit dem (teilweise als zu hart empfundenen) Urteil auseinandersetzen wollen, ohne die Rechtsordnung abzulehnen. (…) So verfehlen Allgemeinverfügungen – unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit – den mit ihnen verfolgten Zweck, den Schutz der Rechtsordnung, wenn sie aus Sicht vieler Bürger:innen selbst gegen diese Rechtsordnung verstoßen und ihnen ihr Recht auf friedliche Ausübung ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit verwehren. Ein Staat, der aufhört zu differenzieren und damit die Gefahr von Rechtsverstößen in Kauf nimmt, verliert seine so wichtige Autorität und treibt damit auch seine Verbündeten in die Arme der ihn ablehnenden Gruppen. Der Weg, den die Stadt Leipzig mit der Allgemeinverfügung eingeschlagen hat, ist nur auf den ersten Blick deeskalierend. Das Bedürfnis, sich in zeitlicher Nähe mit dem Urteil öffentlich auseinanderzusetzen, kann – im Gegensatz zu den Versammlungen selbst – durch rechtliche Regelungen nicht verboten werden. Besser wäre es deshalb dieses Bedürfnis anzuerkennen und z.B. durch Austausch mit gesellschaftlichen Gruppen aktiv nach Wegen zu suchen, wie dieses Bedürfnis friedlich befriedigt werden kann. Stattdessen wird das Bedürfnis durch die Allgemeinverfügung negiert und keine Abflussmöglichkeit aufgezeigt. Die Erfahrungen in Hamburg zeigen, dass damit die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation keineswegs sinkt. Hoffen wir, dass es am Wochenende in Leipzig anders sein wird. Die Allgemeinverfügung wird dazu nichts beitragen können – im Gegenteil.“ Bewertung von Jonathan Schramm vom 2. Juni 2023 beim Verfassungsblog- Siehe auch den Twitter-Account von Soli Zum Urteil
- „#FreeLina Demos Pressefreiheit Bilanz
- Lina E. vorläufig (!) frei und die Stadt Leipzig verbietet alle Soli-Demos am Samstag, 3.6., Eilantrag eingelegt: Kein Tag mit X oder #Massencornern?
- Kein Tag mit X: Nach dem Urteil gegen Lina E. verbietet die Stadt Soli-Demos – Leipzig wird Kontrollbereich
„… Diese Demonstration wird wahrscheinlich so nicht stattfinden. Denn in einer Allgemeinverfügung vom Dienstag untersagte die Stadt Leipzig alle entsprechenden Demos, die nicht bis zum Mittwochabend (31. Mai) angezeigt wurden. Es werden also auch keine Spontanversammlungen möglich sein. Ob eine bereits angezeigte Kundgebung noch untersagt wird, bleibt abzuwarten. Ein entsprechendes Schreiben will das Ordnungsamt erst im Laufe des Donnerstags verschicken. Die Stadt begründet das Verbot mit einem hohen Aufkommen an Veranstaltungen in Leipzig – Stadtfest, Herbert-Grönemeyer-Konzert, Fußball-Sachsenpokal im Bruno-Plache-Stadion, Public-Viewing des DFB-Pokalfinales – und im Netz kursierenden vermeintlich linksautonomen Militanz-Aufrufen. Das ist dürftig und vage, zumal die Allgemeinverfügung es in puncto Grundrechtseinschnitt wirklich in sich hat. Für Samstag und Sonntag sind alle öffentlichen Versammlungen untersagt, »welche sich inhaltlich auf den Antifa-Ost-Prozess bzw. dessen Angeklagte beziehen«, so die Verfügung. Das ist derart allgemein formuliert, dass jeder ins Visier der Polizei geraten kann…“ Beitrag von Tobias Prüwer vom 01.06.2023 im kreuzer online und dazu: - „Wir haben gegen das Verbot der #TagX Demonstration am Samstag Eilantrag beim Verw. Gericht Leipzig eingelegt. In Kombination mit den anderen polizeistaatlichen Maßnahmen in Leipzig stellt das Versammlungsverbot eine faktische Aushebelung des Rechts auf Versammlungsfreiheit dar.“ Tweet von akj hu berlin vom 2. Juni 2023 – auf diesem Twitter-ACC vom arbeitskreis kritischer jurist*innen an der humboldt uni berlin und unter #TagX wird es aktuelle Meldungen geben
- Siehe auch deren Kurz-Statement zum Antifa-Ost-Verfahren vom 2.6.23
- Urteile im Linksextremismus-Prozess: Lina E. wieder frei – vorerst
„Der Prozess gegen Antifa-Mitglieder endet mit harten Urteilen gegen Linksradikale. Die Hauptangeklagte kommt dennoch erstmal frei…“ Artikel von Konrad Litschko vom 31.5.2023 in der taz online
- Kein Tag mit X: Nach dem Urteil gegen Lina E. verbietet die Stadt Soli-Demos – Leipzig wird Kontrollbereich
- Über 5 Jahre für Lina E. „wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“, mehrjährige Freiheitsstrafen auch für die Mitangeklagten – #WirSindAlle129
Es ist unmöglich, eine schon in der Überschrift neutrale Pressemeldung zu finden, siehe stattdessen:- „>5 Jahre Haft für #LinaE, zwischen 2J 5M & 3J 3M für die Mitangeklagten. Vor & im Gerichtssaal dutzende Unterstützer*innen, bewacht von deutlich mehr Polizei – Heli, Straßenkontrollen usw. inkl. Gefahrenprognose muss wohl irgendwo Richtung Gefangenenbefreiung liegen. #dd3105…“ Thread von vue.critique vom 31.5. mit Fotos
- [Rote Hilfe] Mehrjährige Haftstrafen im Antifa Ost Verfahren
„Am heutigen Mittwoch wurden die Antifaschist*innen Lina E. und drei weitere Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Zeitraum von 2018 – 2021 mehrfach Neonazis angegriffen zu haben. Sie sollen zudem einer „kriminellen Vereinigung“ nach Paragraf 129 StGB angehören. Lina E. wurde zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, die weiteren Angeklagten erhielten Haftstrafen von zweieinhalb Jahren, drei Jahren sowie drei Jahren und drei Monaten.
Mit dem heutigen Urteil endet ein politisch motivierter Prozess, der von vornherein zum Ziel hatte, die Angeklagten stellvertretend für die antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren und einzusperren. So ist die Beweislage gegen die vier Betroffenen trotz 98 Prozesstagen als absolut dünn zu bezeichnen, was noch nicht einmal die Generalbundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer zum Ende des Prozesses bestreiten konnte. (…)
Bewusst wurden die Angeklagten in die Nähe eines angeblichen „Terrorismus“ gerückt und eine Bedrohung der Öffentlichkeit herbeigeredet und –geschrieben, um das heute gefallene Urteil bereits im Vorfeld zu legitimieren.
„Das heutige Urteil im Antifa Ost Verfahren war zu erwarten und ist dennoch ein politischer Skandal. Wäre das Verfahren nicht eindeutig politisch motiviert und von einem unbedingten Verurteilungswillen geprägt gewesen, hätte es nichts anderes als Freisprüche für die vier Angeklagten geben können.“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. „Mit diesem Urteil werden alle Antifaschist*innen kriminalisiert, es stellt eine klare Verschärfung der politischen Justiz dar. Daher rufen wir alle Menschen und Initiativen, die sich auf unterschiedlichsten Wegen gegen den Rechtruck in der Gesellschaft und den Nazi-Terror auf der Straße engagieren dazu auf, sich mit den heute Verurteilten zu solidarisieren und gegen die gesamte Prozessführung und die Urteile zu protestieren. Wir versichern ihnen unsere Solidarität und fordern ihre sofortige Freilassung.““ Bundesvorstand von Rote Hilfe eV am 31.05.23 - „Das Urteil im #AntifaOst-Prozess wird heute erwartet. Hohe Haftstrafen für Antifaschist*innen werden gefordert, U.a. Aussagen militanter #Neonazis sind dafür Grundlage. In Vergessenheit gerät, welche Zustände in Eisenach bestanden, dass Sicherheitsbehörden Nazis agieren ließen. Über Jahre konnten #Neonazis machen was sie wollten. Egal, welcher Innenminister, egal was passierte: keiner der Zuständigen setzte Nazis konsequent Grenzen. Stadt war übersät mit #Neonazi-Graffiti, Bekenntnissen zum Nationalsozialismus, Gewaltaufrufen gegen Antifaschist*innen. (…) Eine über Jahre andauernde Gewalt, die sich nicht nur in Körperverletzungen äußerte sondern dauerhaft u.a. durch „Kiezpatrouillen“ spürbar war (und wieder ist) für diejenigen,die von #Nazis als Feinde markiert werden,von Rassismus betroffen sind, sich antifaschistisch engagieren. (…) Nazis führten „Kiezpatrouillen“ durch. Das zuständige Innenministerium: „Entsprechende Aktivitäten oder organisierte Patrouillen in Thüringen sind der Landesregierung bisher nicht bekannt geworden. Auch zu „Kiezpatrouillen“ in #Eisenach liegen bislang keine Informationen vor.“ (…) Heute wird das Urteil im #AntifaOst Verfahren gesprochen. Es ist mit mehrjährigen Haftstrafen zu rechnen. Das gesellschaftliche und staatliche Versagen im Kampf gegen Rechts in Eisenach und anderen rechten Hegemonie-Orten wird in der Strafzumessung keine Rolle spielen…“ wichtiger und umfangreicher Thread von Katharina König-Preuss vom 31. Mai 2023 (vor dem Urteil)
- [Rote Hilfe] Politischer Mammutprozess gegen Antifas: Urteilsverkündung im Antifa Ost Verfahren am 31. Mai
„Am Mittwoch, 31. Mai 2023 wird das Oberlandesgericht Dresden das Urteil im Prozess gegen die Antifaschistin Lina und drei weiteren Genossen verkünden. Die Bundesanwaltschaft hat Haftstrafen von bis zu acht Jahren gefordert, obwohl sich in den jahrelangen ausufernden Ermittlungen nach § 129 („kriminelle Vereinigung“) keine klaren Beweise finden ließen. Angesichts des extremen Verfolgungseifers und der Vorverurteilungen, die das Gericht bereits im Verlauf des Prozesses zeigte, ist mit hohen Strafen zu rechnen. Mit der kommenden Urteilsverkündung endet ein politischer Mammutprozess, der sich seit seiner Eröffnung am 9. September 2021 mit 98 Verhandlungstagen hinzog, ohne dass die Ermittlungsbehörden mehr als eine dünne Beweislage hätten zimmern können. Stattdessen beruht die Anklage weiterhin auf Indizien, Mutmaßungen und Konstruktionen der Repressionsorgane. Während fragwürdige Anhaltspunkte durchgehend zuungunsten der vier angeklagten Antifaschist*innen interpretiert wurden, wurde entlastendes Material systematisch ignoriert. Dass den teils offensichtlichen Lügen und nachweislich widersprüchlichen Angaben des eigens bemühten Kronzeugen eine zentrale Rolle in der Beweisführung zukommt, zeigt, wie wenig reales Beweismaterial das Oberlandesgericht als Basis für das politisch gewollte Urteil in der Hand hat. Mit dem Verfahren nach § 129 bemühten die Ermittler*innen eine politische Allzweckwaffe gegen linke Strukturen, die in erster Linie ganze Bewegungen und ihre Strukturen durchleuchten und einschüchtern soll, indem die Behörden extreme Ermittlungsbefugnisse erhalten. Zudem dient die Verfolgung der Betroffenen als „kriminelle Vereinigung“ dazu, ihre politischen Ziele zu delegitimieren und zu diffamieren…“ Stellungnahme des Bundesvorstands von Rote Hilfe e.V. vom 30.05.23 - umsGanze!: Zur Tag-X Demonstration am 3. Juni nach Leipzig!
„… Dass Nazis etwas entgegen gesetzt wird, ist politisch richtig. Wenn Nazis Angst haben müssen auf die Straße zu gehen, wenn sie unsere Straßen meiden, dann ist das ein politischer Erfolg. Solche Erfolge bewerten wir nicht anhand des Strafgesetzbuches, sondern anhand der Frage, ob die Praxis das Leben besser macht. Wenn Nazis poltisch weniger aktiv sind, weniger Hetze verbreiten und Leuten schaden können, ist das richtig. Im Antifa-Ost-Verfahren wird genau das, stellvertretend für eine politische Bewegung, aktuell verhandelt. Dort wo Antifaschist*innen auf Nazis treffen und ihnen konsequent entgegengetreten, dort kommen sie früher oder später auch dem Staat in die Quere. Das ist kein Zufall. Der Staat und sein Gewaltmonopol ist nicht einfach eine neutrale Einrichtung zum Wohle aller. Die gesellschaftliche Ordnung, die der Staat mit seiner Gewalt durchsetzt, ist eine Ordnung die fortlaufend Ausschlüsse produziert. Diese Gesellschaft und ihre gewalttätige Eigentumsordnung, ihr Staat und sein Gewaltmonopol, sind daher nicht unsere Verbündeten, sondern unsere Gegner*innen.
Nach einigen rechtswidrigen Hausdurchsuchungen und vermeintlichen Ermittlungserfolgen, welche später nie in Verurteilungen mündeten, musste ein Erfolg medienwirksam in Szene gesetzt werden. So sitzt Lina seit nun mehr 2,5 Jahren in Untersuchungshaft und ist mit 3 weiteren Angeklagten im Antifa-Ost Verfahren einem Schauprozess der Justiz ausgesetzt. Über 50 weitere Personen sind im Ermittlungsverfahren der Behörden im Visier. Im Zuge des Verfahrens kam es zu weiteren Hausdurchsuchungen und dem Versuch die bundesweite linke Szene zu durchleuchten. Es ist eines der größten Ermittlungsverfahren der jüngeren Geschichte gegen linke und antifaschistische Strukturen geworden, welches medial durch Diffamierungen und diskriminierende Zuschreibungen inszeniert wurde. Gerade zeigt sich jedoch, dass Antifaschismus notwendig bleibt und immer wichtiger wird. (…) Auf internationaler wie auch auf lokaler Ebene verschärft sich der Rechtsruck immer weiter, Neonazis sind über Ländergrenzen hinweg vernetzt und mit der AfD bis in die Parlamente vorgedrungen. Dabei stellen Sachsen und andere ostdeutsche Bundesländer kein rückständiges Phänomen dar, sondern sind wohl eher ein dystopisches Bild der Zukunft.
Militanz gegen Neonazis ist zwar beiweiten nicht das Einzige was wir als radikale Linke in unserem Werkzeugkoffer liegen haben, aber in bestimmten Fällen ist es das effektivste Mittel. Doch dabei dürfen wir nicht stehen bleiben: Antifaschistische Arbeit ist vielschichtig und facettenreichreich – vom Outing bis zur Aufklärungsarbeit an Schulen. Der Staat versucht mit diesem Prozess alle Formen unserer Arbeit zu delegitimieren, während Nazis weiter auf den Straßen und in den Parlamenten Menschenleben gefährden. Doch lassen wir uns davon nicht beeindrucken, für uns gilt weiter: Die Rechten zu Boden, den antifaschistischen Selbstschutz aufbauen!…“ Aufruf vom 29. Mai 2023 von und bei …umsGanze! - Wir sind alle LinX: Statement vor Urteilsverkündung
Statement vom 30.05.2023 auf indymedia der Kampagne Wir sind alle LinX – Kampagne gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus im Vorfeld der Urteilsverkündung im Antifa-Ost-Verfahren. Die Kampagne schildert u.a. ihre Eindrücke zum Verlauf des Prozesses, zur Generalbundesanwaltschaft, Soko LinX, Gesinnungsjustiz, dem Umgang der Medien usw. - Siehe weitere Solidaritätsbekundungen beim Solidaritätsbündnis Antifa Ost
- Am 3. Juni zur Tag-X-Demonstration nach Leipzig – 17 Uhr auf der Wolfgang-Heinze-Straße in Connewitz!
- Aktuelle Infos auch zu den bundesweiten Deoms am 31.5. unter: https://tagxantifaost.noblogs.org und #dd3105 und #LinaE, @tagXantifaost_2 sowie @WirsindalleLinx
- Das Urteil im Antifa-Ost Verfahren wird am 31.05, 10 Uhr, verkündet – Tag X am 3.06 – Lina E.: „Mein letztes Wort soll Danke sein“
- „Vom Gericht können wir wenig erwarten – aber gegen sein Urteil stehen wir zusammen! Zum Urteil (31.05.) in Dresden, Bremen, Hamburg, Hannover, Köln, Weimar, Leipzig und Stuttgart. Und am Tag X (03.06.) alle nach Leipzig – bei einem verbot erst recht!…“ Thread von Solidaritätsbündnis Antifa Ost vom 25.5. , siehe auch deren Termine-Seite mit bereits sehr vielen Demos bundesweit
- Mutmaßliche Linksextremistin Lina E.: „Mein letztes Wort soll Danke sein“
„Der Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. in Dresden neigt sich dem Ende entgegen. Ein Urteil soll am 31. Mai gesprochen werden. Die als mutmaßliche Linksextremistin angeklagte Studentin Lina E. hat sich am Mittwoch am Oberlandesgericht Dresden für die Unterstützung durch Familie und Freunde bedankt. Sie wolle nichts zu dem Verfahren und den Vorwürfen sagen, erklärte die 28-Jährige und schloss in den Dank ihre Eltern, ihre „Omis“, die vielen Freunde und alle Verteidigerinnen und Verteidiger ein. Sie danke auch für die vielen Besucher in der Justizvollzugsanstalt, die trotz der weiten Anreise gekommen wären. „Mein letztes Wort in diesem Prozess soll Danke sein.“ Die anderen Beschuldigten äußerten sich nicht mehr. Das Urteil wird am 31. Mai gesprochen.
Verteidigung kritisiert GBA scharf
Zuvor hatte die Verteidigung auch im letzten Plädoyer scharfe Kritik an der Generalbundesanwaltschaft (GBA) und dem Gericht geübt. Einar Aufurth, Verteidiger eines Angeklagten aus Berlin, warf der GBA vor, den gesellschaftlichen Kontext der angeklagten Taten überhaupt nicht beachtet zu haben. Sie beurteile die Taten ohne jeglichen Bezug zur gesellschaftlichen Realität. Der Anwalt verwies in diesem Zusammenhang auf rechten Terror, die Verbrechen des NSU und die vielen Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990. Es gebe eine lange Geschichte rechter Gewalt und ein Versagen des Staates im Umgang mit dieser Gewalt…“ dpa-Meldung vom 24.05.2023 bei t-online - Prozess gegen Lina E.: Linke Szene zwischen Wut und Lähmung. Unterstützer und Polizei bereiten sich auf Urteil im Prozess gegen angebliche Gruppe um Lina E. vor
„Der Countdown läuft. An diesem Freitag steht die Uhr wahrscheinlich bei X+15. Als »Tag X« gilt in der linksautonomen Szene der Samstag nach dem Urteil im Dresdner Prozess gegen Lina E. und drei weitere Antifaschisten. Für diesen Tag wird bundesweit und darüber hinaus zu einer Demonstration nach Leipzig mobilisiert. Man wolle »Solidarität mit allen verfolgten Antifaschisten« beweisen und Staat, Justiz sowie Polizei zeigen, »dass wir auch angesichts von Repression stark sind«, heißt es in einem Aufruf. Die Institutionen des Staates, so der Vorwurf, seien »Beschützer, Unterstützer und Verteidiger der Faschisten«. Der Aufruf ist illustriert mit einem Polizisten in Schutzmontur, der über eine Straße voller Pflastersteine rennt. Derzeit deutet alles darauf hin, dass Tag X auf das erste Juniwochenende fällt. Am vergangenen Mittwoch, dem immerhin schon 97. Verhandlungstag, wurde in dem seit September 2021 laufenden Prozess am Oberlandesgericht (OLG) Dresden zum zweiten Mal die Beweisaufnahme geschlossen. (…) Nach der Aussage des Meininger Zeugen wurden die Plädoyers der Verteidiger fortgesetzt und dabei erneut schwere Vorwürfe gegen Bundesanwaltschaft und Gericht erhoben. Die Anklage habe ein »reines Hypothesenpapier« als Anklage vorgelegt, sagte der Dresdner Rechtsanwalt Oliver Nießing, die Kammer mit mit ihrer Prozessführung die Verteidiger zum bloßen »Feigenblatt« degradiert. Die Plädoyers dürften am Montag abgeschlossen werden. Danach braucht der Senat einige Tage Zeit, um das Urteil zu beraten und zu formulieren. Mit dessen Verkündung wäre also nach Pfingsten zu rechnen. Gespannt wird erwartet, wie die Szene, in der Lina E. zur Symbolfigur geworden ist, auf den Richterspruch reagiert. Am Tag des Urteils wird das Gerichtsgebäude noch mehr als bisher einer Festung gleichen. Für den Tag X in Leipzig rüstet sich die Polizei zum Großeinsatz. (…) Während freilich Behörden das Bild eines neuen linken Terrorismus zeichnen, ergibt sich aus Stellungnahmen der Szene selbst ein ganz anderes Stimmungsbild. »Die Repression wirkt«, heißt es etwa in einem mehrseitigen Papier von »Kappa«, einer kommunistischen Gruppe in Leipzig. Darin wird nicht nur auf den Dresdner Prozess verwiesen, sondern auch auf zahllose Hausdurchsuchungen, gehäufte Observationen, das Abhören von Telefonen und Strukturermittlungen nach Paragraf 129, die das ermöglichen. All das sei in Leipzig »Normalität geworden«. Die Folge seien Wut, Lähmung, Ohnmacht, Passivität und Angst. Viele Aktivisten hätten sich aus Furcht vor Repressalien aus der politischen Arbeit zurückgezogen. Wörtlich ist von »unserer beschissenen Lage« die Rede. Als Konsequenz wird eine stärkere Solidarisierung verlangt, aber auch ein Nachdenken über Aktionsformen, konkret die »Sinnhaftigkeit mancher militanten Praxis«, wenn diese im Zweifel nur stärkere Repression bewirke…“ Artikel von Hendrik Lasch vom 22.05.2023 in ND online - Siehe auch #le0306 #Leipzig
- Fall Lina E.: »Das Verfahren ist eine Art Versuchsballon«
„»Antifa Ost«: Anklagebehörde testet Grenzen des verschärften Paragraphen 129 aus. Ein Gespräch mit Einar Aufurth (Strafverteidiger im »Antifa-Ost«-Verfahren) (…) Für die BAW ist das Verfahren eine Art Versuchsballon. Der Paragraph 129 wurde 2017 verschärft, und unser Verfahren in Dresden dürfte das erste vergleichbare politische 129er-Verfahren seitdem sein. Schon in der Anklage ist deutlich geworden, dass es nach Meinung der BAW für den Vorwurf »kriminelle Vereinigung« im Grunde ausreicht, wenn es mehrere Taten gibt, bei denen ein gewisses Maß an Planung angenommen wird und bei denen es Überschneidungen in der personellen Zusammensetzung der Beteiligten geben soll, die wiederum bei ihren Taten – hier: Angriffe auf Nazis oder vermeintliche Nazis – eine gemeinsame politische Überzeugung teilen. Die Gefahr ist groß, dass der eh schon sehr weite Tatbestand des Paragraphen 129 bei Anwendung der neuen Fassung jetzt noch entgrenzter wird. Und wenn das Oberlandesgericht Dresden das genauso sieht wie die BAW, dann könnte das als Einladung für die Strafverfolgungsbehörden verstanden werden, den Paragraphen 129 noch mehr als Instrument gegen unliebsame politische Zusammenhänge einzusetzen.“ Interview von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 05.05.2023 - Lina E.: »Infame Gleichstellung von links und rechts«. Verteidigung spricht in Verfahren gegen Lina E. von »politischer Justiz« und hält Anklage als kriminelle Vereinigung für verfehlt
Kürzlich hat die Mobile Beratung in Thüringen, die Opfern rechter Gewalt zur Seite steht, ihre Bilanz für 2022 vorgelegt. In dem Bundesland gab es demnach 180 Übergriffe durch Nazis, von denen 374 Menschen betroffen waren, ein Zuwachs um 45 Prozent. Wer als Ausländer identifiziert wird, als Obdachloser oder politisch Andersdenkender, kann sich an manchen Orten und zu bestimmten Zeiten kaum auf die Straße trauen. Der Staat setzt dem wenig entgegen. Er habe, sagte Ulrich von Klinggräff, »komplett dabei versagt, national befreite Zonen zu verhindern«. Von Klinggräff ist Verteidiger in einem Verfahren, in dem der Staat große Härte zeigt – gegen Menschen, die sich Nazis entgegengestellt haben. (…) Angetrieben habe die Täter eine »militante antifaschistische Ideologie«, hatte Bundesanwältin Franziska Geilhorn in ihrem Plädoyer formuliert. In diesem hatte sie gefordert, die von ihr als Rädelsführerin angesehene Lina E. zu acht Jahren Haft zu verurteilen. Für die Mitangeklagten verlangte sie Haftstrafen zwischen 33 und 45 Monaten. Die Verteidigung hält das für völlig überzogen. Von Klinggräff, der an diesem Mittwoch als erster der acht Anwälte plädierte, sprach von »maßlosen Strafanträgen«. Er erinnerte daran, dass der Thüringer Neonazi Ralf Wohlleben im NSU-Prozess wegen der Beihilfe zu neun Morden zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Bei den Taten, die der vermeintlichen Gruppe um Lina E. vorgeworfen werden, gab es mehrere teils schwer Verletzte, aber keine Toten. Linke Gewalt bestrafe die Bundesanwaltschaft offenkundig mit einem »Politmalus«, sagte von Klinggräff. Er regte das Gegenteil an: »Man könnte es ja auch als strafmildernd erkennen, wenn der faschistischen Gefahr begegnet wird.« Daran habe die Bundesanwaltschaft kein Interesse…“ Artikel von Hendrik Lasch vom 20.04.2023 in ND online - Antifa Ost Prozess am Ende: Die Bundesanwaltschaft fordert Haftstrafen, ein Urteil wird Anfang Mai erwartet
- [Klassenjustiz] Lange Haft für Antifaschistin gefordert: »Antifa Ost«-Verfahren: Anklage beantragt acht Jahre Gefängnis für Lina E.
„Am 93. Verhandlungstag im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren vor dem Dresdner Oberlandesgericht hat die Bundesanwaltschaft am Mittwoch zum Teil lange Haftstrafen gegen die vier angeklagten Antifaschisten gefordert. Die Anklagebehörde sieht den Vorwurf der Bildung einer »kriminellen Vereinigung« im besonders schweren Fall nach dem Strafrechtsparagraphen 129 als erwiesen an. Diese soll zwischen 2018 und 2020 Angriffe auf Neonazis sowie ein faschistisches Szenelokal in Leipzig, Wurzen und Eisenach geplant und ausgeführt haben, bei denen mehrere Personen verletzt wurden. Alle Angeklagten teilten eine »militante linksextremistische Ideologie«, wie die Vertreterin der Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer erklärte. Für die vermeintliche »Rädelsführerin«, die 28jährige Lina E. aus Leipzig, beantragte die Staatsanwaltschaft eine langjährige Haftstrafe von acht Jahren. Für die drei mitangeklagten Männer wurden Strafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten Gefängnis gefordert. E. und ihre Mitangeklagten seien zudem der gefährlichen Körperverletzung schuldig, erklärte Staatsanwältin Alexandra Geilhorn. Bei E. kämen Landfriedensbruch, gemeinschaftliche Sachbeschädigung sowie räuberischer Diebstahl dazu. Aufgrund von »Fluchtgefahr« beantragte die Anklage die Fortdauer der seit zweieinhalb Jahren andauernden Untersuchungshaft gegen die frühere Studentin. Hauptbelastungszeuge in dem Verfahren ist der früher selbst in antifaschistischen Zusammenhängen aktive Johannes Domhöver. Nach Vorwürfen der sexualisierten Gewalt gegen Bezugspersonen hatte Domhöver sich bereit erklärt, mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt Sachsen zu kooperieren. Der Verräter, der sich im Zeugenschutzprogramm befindet, war bereits zu einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. An den nächsten Prozesstagen werden die Verteidiger der vier Angeklagten ihre Plädoyers halte. Ein Urteil wird im Mai erwartet.“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 6. April 2023 - Unerschütterliche Anklage. Seit 2021 wurde gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Angriffen auf Neonazis verhandelt. Die Bundesanwaltschaft fordert Haftstrafen.
„… Dabei ist für die Ankläger in ihrem Plädoyer klar: Der Prozess habe erwiesen, dass Lina E. Rädelsführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen sei, die „massive Gewalt“ gegen Rechtsextreme verübt habe. Damit ist die Schlussphase des größten Prozesses eingeläutet, der seit Langem gegen die linksradikale Szene geführt wird. Seit zweieinhalb Jahren sitzt Lina E. bereits in Haft, seit September 2021 wird gegen sie und drei Mitangeklagte aus Leipzig und Berlin in Dresden verhandelt, inzwischen 92 Prozesstage lang. (…) Tatsächlich hatte der Prozess über Monate um Indizien gerungen, ob die Angeklagten an den Taten beteiligt waren. Eine Tüte mit einer DNA-Mischspur, die zu Lina E. passen könnte. Ein Video aus einer Regionalbahn. Oder Fotos von einem Tatort auf einer Kamera, die bei Lina E. gefunden wurde. Indizien, welche die Verteidigung bis heute in Zweifel zieht. Ein Mitangeklagter, Philipp M., konnte für eine Tat gar ein Alibi präsentieren: Er war damals in Berlin in einer Kneipe, wie seine Handydaten belegten. Dieses Alibi von Philipp M. lässt die Oberstaatsanwältin Geilhorn gelten – sonst bleibt sie bei ihrer Anklage: „Es gibt nicht den einen Beweis. Es gibt keine Smoking Gun.“ In der Zusammenschau aller Indizien sei Lina E. bei allen Taten überführt. (…) Im Publikum löst das immer wieder Unruhe und Kopfschütteln aus. „Bullshit“, zischt eine Frau. Auch die Verteidigung kritisierte die Bundesanwaltschaft scharf. Dass diese trotz „der vielen Zweifel“ in der Beweisaufnahme unbeirrt an der Anklage festhalte, sei „abenteuerlich“, sagt Ulrich von Klinggräff, Anwalt von Lina E., der taz. „Das offenbart eine ungeheure Einseitigkeit und erhebliche Verdrängungsleistung.“ Sich auf eine Gesamtschau der Indizien zu berufen, sei ein „Totschlagargument“. Die Bundesanwaltschaft könne nicht als objektive Behörde gesehen werden. (…) Ihre geforderte Strafhöhe für die Angeklagten wird sie kommenden Mittwoch kundtun. Die Verteidigung soll dann im April plädieren, ein Urteil wird Anfang Mai erwartet. Dass auch das Gericht zumindest an Lina E.s zentrale Rolle glaubt, zeigt sich daran, dass sie nach zweieinhalb Jahren in U-Haft belassen wird – und damit eine noch weit längere Haftstrafe zu erwarten hat.“ Artikel von Konrad Litschko vom 30.3.2023 in der taz online - Antifa Ost Prozess am Ende: Erster Teil.
„Nach über 90 Verhandlungstagen wird das sogenannte Antifa Ost Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden voraussichtlich Ende April oder Anfang Mai zu Ende gehen. Voraussichtlich wird das Urteil am 3. Mai 2023 gesprochen werden. Addn wird die letzten Gerichtstermine ausführlich begleiten. Dafür sollen in diesem Artikel noch einmal die verschiedenen Vorwürfe und der Verfahrensstand aufgearbeitet werden…“ Redaktioneller Beitrag vom 30. März 2023 in Alternative Dresden News und Zweiter Teil am 31. März 2023
- [Klassenjustiz] Lange Haft für Antifaschistin gefordert: »Antifa Ost«-Verfahren: Anklage beantragt acht Jahre Gefängnis für Lina E.
- Der Fall Lina E.: Unter den Hemden blitzen Pistolen hervor – ein Zwischenstand aus dem Gericht vor der Sommerpause bis September „Lange Zeit stockte das Verfahren gegen vier Antifaschist:innen in Dresden. Doch nun entschied sich ein ehemaliger Mitstreiter zur Zusammenarbeit mit den Behörden. Ein Zwischenstand aus dem Gericht. (…)Johannes D. erzählt, er sei über die Jahre etliche Male von Lina E.s Verlobtem Johann G. als «Scout» angefragt worden. Meist ging es darum, Neonazis in Sachsen oder Sachsen-Anhalt auf ihrem Rückweg von Veranstaltungen oder Demonstrationen an Bahnhöfen anzugreifen und zu verprügeln. Auch Lina E. belastet D. mit seinen Aussagen schwer. Sie soll beim Planen und Ausführen der Aktionen eine ebenso wichtige Rolle eingenommen haben. Diesbezüglich habe er das Paar «immer oder häufig zusammen angetroffen». Beim Angriff in Eisenach soll sie etwa als «Übersichtsperson» die Situation im Blick behalten und koordiniert haben. Die Verteidigung der Angeklagten hat den Zeugen zwar mehrmals ermahnt, nicht zu spekulieren, aber bisher davon abgesehen, ihn eingehend kritisch zu befragen. Sie will abwarten, bis das Gericht nach der Sommerpause im September wieder tagt. Dann soll es darum gehen, wie sich Johannes D.s Zusammenarbeit mit Verfassungsschutz und LKA anbahnte. So bleiben bis auf Weiteres viele Fragen offen.“ Artikel von Edgar Lopez, Dresden, in der WoZ vom 11.08.2022
- „Kronzeuge“ belastet Lina E.
„Die mutmaßlichen Linksextremisten um Lina E. werden von einem „Kronzeugen“ aus der linken Szene belastet. Am Donnerstag war er erstmals zur Vernehmung geladen. Seinen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit zog er zuvor zurück. (…) Er habe nicht vorgehabt, „jemanden an den Karren zu fahren“, aber ein normales und selbstbestimmtes Leben führen wollen, gab er unter anderem zu Protokoll. Später schilderte er seine Beteiligung an einem Überfall im Dezember 2019 in Eisenach. Der habe dem Wirt des rechten Szenelokals „Bull’s Eye“ gegolten, das ein paar Wochen zuvor schon einmal Ziel eines Angriffs war. Nach Angaben des 30-jährigen Zeugen übernahm er selbst die Rolle eines „Scouts“, um die Lage vor Ort auszuspähen und Informationen an jene weiterzuleiten, die den „Zugriff“ auf den Mann vor dessen Wohnhaus machen sollten. Er sei als „Scout“ für die Aktion angefragt worden, weil er wegen einer noch laufenden Bewährungsstrafe nicht in der ersten Reihe dabei sein sollte. Bereits ein paar Wochen vor dem Angriff habe man per verschlüsselter Nachrichten Absprachen getroffen, sagte der Zeuge. Dabei sei auch die Rede davon gewesen, Hammer als Tatwerkzeug zu verwenden. Man habe die Zielperson verletzen, aber nicht töten wollen. Mit dem Überfall sollte ein „nachhaltiger Schaden“ verursacht werden. Nach den Schilderungen des Zeugen war von den im Gerichtssaal anwesenden Angeklagten nur Lina E. bei diesem Angriff dabei. (…) Der Auftritt des „Kronzeugen“ war mit besonderer Spannung erwartet worden. Ob er die Bezeichnung zu Recht trägt, muss sich erst noch erweisen. Als „Scout“ war er nach eigenem Bekunden selbst nur an dem zweiten Überfall in Eisenach beteiligt und dort nicht einmal Zeuge des eigentlichen Tatgeschehens. Denn als der Angriff auf den Szene-Wirt stattfand, war er schon wieder auf der Fahrt nach Leipzig. Nachdem bekannt wurde, dass er sich später Sicherheitsbehörden anvertraut hatte, gilt der Mann in der linken Szene als Verräter. (…) Der „Kronzeuge“ war in der linken Szene schon vor seinem Überlaufen geächtet worden, weil er im Verdacht stand, seine frühere Lebensgefährtin vergewaltigt zu haben. Das war seinerzeit auf einer Internet-Plattform publik gemacht worden. Der 30-Jährige bestritt die Tat am Donnerstag und verwies auf die Einstellung eines entsprechenden Verfahrens. Vor dem Gerichtssaal demonstrierten etwa 35 Menschen gegen „politischen Verrat“. Redner vermuteten, dass der Kronzeuge sich mit seinen Aussagen an der linken Szene rächen will.“ Meldung vom 28. Juli 2022 von und bei Legal Tribune Online , siehe zuvor:- Prozess um Lina E. in Leipzig: Warten auf den Kronzeugen. Vermutlich kann er die Angeklagten weniger belasten als erwartet
„Es dürfte ein kleines Spektakel werden, das den Auftritt von Johannes D. am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Dresden begleiten wird, im Prozess gegen die linke Aktivistin Lina E. Antifas kündigen eine Kundgebung vor dem Gericht an, die Polizei wird mit einem Extraaufgebot anrücken, die Sicherheitskontrollen werden verschärft. Denn die Befragung von Johannes D. ist keine wie jede andere: Er ist der neue Kronzeuge, der den Prozess derzeit durcheinanderwirbelt. Im Juni war publik geworden, dass der 30-jährige Ex-Autonome bei der Polizei ausgepackt hatte. Für die Bundesanwaltschaft scheint es wie ein Lottogewinn, für Lina E. und die Mitangeklagten wie ein Albtraum. An gleich sechs Prozesstagen soll er nun aussagen. Aber die Erwartungen der Ankläger könnten enttäuscht werden. (…) Aus der linken Szene wurde Johannes D. schon vor Monaten verstoßen, weil ihm sexuelle Übergriffe und eine Vergewaltigung vorgeworfen werden. Nach seiner Kooperation mit der Polizei wird er nun auch als „Verräter“ geschmäht. Womöglich belasten seine Aussagen Lina E. aber weniger als erwartet. Denn Johannes S. soll nur bei einer der angeklagten Taten dabei gewesen sein: einem Überfall auf den Eisenacher Neonazi Leon Ringl im Dezember 2019. Zu den anderen fünf angeklagten Taten soll D. nach taz-Informationen kein eigenes Wissen gehabt und eher Mutmaßungen angestellt haben. Demnach soll er es zwar als wahrscheinlich erachtet haben, dass sich an den Taten auch Lina E. beteiligte – ohne dies aber genauer belegen zu können. (…) Die Verteidiger von Lina E. und den anderen Angeklagten wollen sich bisher nicht zu den Aussagen von Johannes D. bei der Polizei äußern. Auch dessen Anwalt tut es nicht. Er aber beantragte bereits für die Zeugenbefragung von D. einen Ausschluss der Öffentlichkeit – aus Sicherheitsgründen. Die Verteidiger:innen halten dagegen. „Wir werden alles in Bewegung setzen, um den Grundsatz der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten“, twitterte Erkan Zünbül, Anwalt von Lina E. Und auch die Richter:innen signalisierten nach taz-Informationen den Prozessbeteiligten, dass der Antrag nicht aussichtsreich sei. Die Verteidiger:innen kritisieren zudem, dass sie erst Wochen später und womöglich nicht vollständig über die Befragungen von Johannes D. informiert wurden. Die „Waffengleichheit“ mit der Bundesanwaltschaft sei so nicht gegeben, beklagten sie in einem Antrag. Auch werde damit erschwert, die Glaubwürdigkeit von D. einzuschätzen. Denn der habe auch zu anderen nichtangeklagten Straftaten ausgesagt, etwa in Dessau oder Dortmund, und womöglich auch beim Verfassungsschutz. Ob und wie er dabei die Gruppe um Lina E. belastete, bleibe unklar, monierten die Verteidiger:innen. Auch darüber dürfte am Donnerstag im Dresdner Gericht hitzig diskutiert werden.“ Artikel von Konrad Litschko vom 27. Juli 2022 in der taz online
- Prozess um Lina E. in Leipzig: Warten auf den Kronzeugen. Vermutlich kann er die Angeklagten weniger belasten als erwartet
- Ein Kronzeuge gegen Lina E. Solidaritätsbündnis spricht von »Verrat« / Prozess in Dresden steht vor Verlängerung „Nach dem Paukenschlag ist erst mal Pause: Der 55. Verhandlungstag im Prozess gegen die angebliche Gruppe um Lina E. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden an diesem Mittwoch wurde abgesagt. Tags zuvor war eine Entwicklung bekannt geworden, die dem Verfahren womöglich eine dramatische Wendung geben könnte. Demnach packt einer der Beschuldigten bei den Ermittlungsbehörden aus und soll als Kronzeuge auftreten. Mit seiner Vernehmung vor Gericht wird Anfang August gerechnet. Der Mann, der sich seit drei Wochen in einem Zeugenschutzprogramm befindet, soll früher in der linken Szene aktiv gewesen sein. Das Solidaritätsbündnis Antifa Ost, das den Prozess begleitet, spricht von »verabscheuungswürdigem Verrat«. (…) Nun allerdings kooperiert einer der Beschuldigten, die nicht in Dresden auf der Anklagebank sitzen, mit den Ermittlern. Nach Angaben des Solidaritätsbündnisses handelt es sich um den 30-jährigen Johannes D. Er soll am Überfall auf eine Nazi-Kneipe in Eisenach Ende 2019 beteiligt gewesen sein. Seine Aussagen zum Komplex Lina E. und zu anderen Personen, Strukturen und Verfahren bundesweit sollen Hunderte Seiten füllen. Eine Folge daraus war offenbar am Dienstag eine Polizeirazzia im Leipziger Stadtteil Connewitz. Unterstützer von Lina E. fürchten nun einen »apokalyptischen Prozessausgang«. Das Gericht erklärt, die Verhandlung werde sich um Monate verlängern. Das Solidaritätsbündnis attestiert D. eine »neue, egoistische Verteidigungslinie«, über die man wütend, aber nicht überrascht sei. Grund: D. gilt in der linken Szene als geächtet. Im Oktober 2021 veröffentlichte seine ehemalige Partnerin einen »Outcall«, in dem sie ihn schwerer psychischer und sexueller Gewalt bis hin zur Vergewaltigung bezichtigte…“ Artikel von Hendrik Lasch vom 16.06.2022 im ND online – siehe auch den angesprochenen Thread von Solidaritätsbündnis Antifa Ost
- Braune Bekanntschaften. Dresden: Zeugenaussagen im »Antifa Ost«-Prozess legen Beziehungen von Beamten und Neonazis offen
„Die Skandale und Ungereimtheiten im »Antifa Ost«-Verfahren gegen Lina E. und weitere Beschuldigte reißen nicht ab. Zuletzt wurden während eines Prozesstermins vor dem Oberlandesgericht Dresden zusätzliche Verstrickungen der polizeilichen Ermittlungsbehörden in rechte Netzwerke bekannt. Mario Würzbach, Kommandoführer des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), machte in seiner Befragung als Zeuge am Mittwoch vergangener Woche vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er begründete seine Entscheidung damit, dass gegen ihn im Zusammenhang mit dem Munitionsskandal im Jahr 2018 ermittelt werde. Vor bald vier Jahren tauschten Beamtinnen und Beamte vom sächsischen MEK eine noch immer unbekannte Menge an Munition gegen ein inoffizielles Schießtraining beim Betreiber eines Schießplatzes, Frank Thiel, ein. Thiel zählt zum Kreis des rechtsterroristischen Netzwerkes »Nordkreuz«. In den vergangenen Jahren waren laut Informationen des Antifaschistischen Infoblattes immer wieder zentrale Personen des »Nordkreuz«-Netzwerkes auf besagtem Schießstand von Thiels Firma »Baltic Shooters«. (…) »Es ist eine absurde Vorstellung, dass die Angeklagten sehr wahrscheinlich vom gleichen MEK observiert wurden, das gemeinsam mit rechten Preppern anscheinend für den ›Tag X‹ trainiert hat«, kommentierte Marta Zionek, Sprecherin des »Solidaritätsbündnisses Antifa Ost«, diese neue Enthüllung in einer Mitteilung vom Donnerstag. Würzbach ist bereits der zweite Landeskriminalbeamte im »Antifa Ost«-Verfahren, gegen den wegen Verbindungen zu Rechten ermittelt wird. Damit gerät die ständige Behauptung, es handele sich bei derartigen Bekanntschaften zwischen organisierten Rechten und Polizeibeamten um Einzelfälle, noch stärker ins Wanken. Inzwischen vergeht auch jenseits dieses Prozesses kaum eine Woche, ohne dass weitere Fälle bekannt werden…“ Artikel von Henning von Stoltzenberg in der Jungen Welt vom 13. April 2022 - [Zwei Inhaftierte sind Hauptbelastungszeugen] Welche Folgen hat Rechtsextremisten-Razzia für Lina E.?
„Eine bundesweite Razzia gegen die rechtsextreme Szene hat auch zwei Hauptbelastungszeugen gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. betroffen. Ob das auch Auswirkungen auf das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Dresden hat, bleibt abzuwarten. Heute und morgen sind die nächsten Verhandlungstage. (…) Mindestens fünf Mitglieder dieser Organisation waren nach Informationen des MDR von den Durchsuchungen betroffen. Vier von ihnen wurden festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Ihnen wird mit Bezug zu „Knockout 51“ die Bildung einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Zu ihren Zielen sollen laut Bundesanwalt Peter Frank auch die „Schaffung eines Nazi-Kiezes in Eisenach und die körperliche Auseinandersetzung mit linken politischen und Vertretern der Polizei und staatlicher Behörden“ sein, wie er am Tag der Durchsuchungen bekannt gab. Zwei der Inhaftierten sind Leon R., dem die Rädelsführerschaft von „Knockout 51“ vorgeworfen wird, und Maximilian A. Die beiden Eisenacher sind erst im Januar und März als Hauptbelastungszeugen im Prozess gegen Lina E. aufgetreten. (…) Die prozessführende Bundesanwältin Alexandra Geilhorn sah damals keine Notwendigkeit darin, R.s oder A.s Aussagen kritisch zu hinterfragen. Auch generelle Nachfragen zu „Knockout 51“ wurden von ihr weder an die beiden, noch an anderen Zeugen aus der Gruppe gestellt. Und dass, obwohl mehrere der Thüringer zwar ihre frühere Zugehörigkeit zur Gruppe ebenso erklärten, ihr „Freizeitsport“-Projekt würde nicht mehr bestehen. Tatsächlich hat die Bundesanwaltschaft mit ihrem Zugriff auf R. und A. offenbar noch gewartet, bis in Dresden alle Zeugen ausgesagt haben, die einen direkten Bezug zu „Knockout 51“ haben oder gehabt haben sollen. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie ihren Hauptbelastungszeugen nur wenige Wochen nach seiner Aussage selbst in Untersuchungshaft stecken ließ. Wie sehr der Staatsschutzsenat Leons R.s Aussagen und denen seines Umfelds Glauben schenken wird, bleibt abzuwarten. Das Thema wurde durch die Verteidigung erst einen Tag später in der Verhandlung vom 7. April angesprochen. Der Vorsitzende des Senats, Hans Schlüter-Staats, erklärte da zwar, er habe selbst bereits über eine Anzeige gegen R. wegen Falschaussage nachgedacht. Er ließ aber auch durchblicken, dass es trotz offensichtlicher Lügen zur eigenen politischen Aktivität keinen Grund gäbe, die Aussagen von R. zum Tatgeschehen generell in Zweifel zu ziehen…“ Beitrag von Edgar Lopez vom 13. April 2022 beim MDR - Neue Vorwürfe, altes Konzept: Razzia der Soko LinX in Leipzig-Connewitz
„Die erneuten Hausdurchsuchungen am Mittwoch, den 26.01.2022, haben mal wieder deutlich gemacht: Bundesweit, aber vor allem in Leipzig, sehen wir uns mit einer seit Langem nicht da gewesenen Repressionswelle konfrontiert. Dieser Angriff auf unsere Freund:innen, Genoss:innen und letztendlich auf unsere Strukturen lässt uns wie so oft betroffen und wütend zurück. So verschaffte sich die Polizei an jenem Morgen mit der Begründung der Strafvereitelung und anderen konstruierten Vorwürfen zu mehreren Objekten Zugang und vollstreckte u.a. eine DNA-Entnahme – aufgrund eines Straftatbestandes, welcher wohl nicht einmal eine Geldstrafe nach sich ziehen könnte. In mindestens einem Objekt wurden dabei auch die Zimmer aller Mitbewohner des Beschuldigten durchsucht und deren technische Geräte und anderes beschlagnahmt. Als Solidaritätsbündnis Antifa Ost erklären wir uns auch mit den anderen Betroffenen solidarisch, deren Wohnungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Leipzig durchsucht wurden. (…) Es überrascht kaum, dass sich die Soko LinX jeden noch so kleinen Vorwand zu Nutzen macht, um uns anzugreifen. Gerade Connewitz ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt, weil dort ein breiter und vielfältiger Widerstand seit Jahrzehnten entstanden ist und dem bürgerlichen Staat auch zu schaffen macht. Ob Antifaschismus, der Kampf gegen Gentrifizierung oder eben der gegen die polizeiliche Belagerung des Viertels. Je stärker eine Bewegung, desto stärker wird die Repression sein. (…) Um so mehr erfüllt der spontane Support und die gezeigte Solidarität unsere Herzen mit Freude. Es ist stärkend zu sehen, wie viele Nachbar:innen die polizeilichen Maßnahmen kritisch begleiteten und auch direkt die Betroffenen der Repression unterstützten. Das zeigt, dass viele sich getroffen fühlen, nicht nur die, bei denen die Bullen wieder einmarschiert sind. So können wir nur alle bitten, weiterzumachen, den Widerstand zu verstärken. Repression wirkt, wenn wir den Kopf einziehen und vereinzeln. Wir dürfen das nicht geschehen lassen. Organisiert euch in den verschiedenen Kämpfen und lasst uns diese vereinigen. Es sind harte Zeiten, welche wir nur gemeinsam, solidarisch und kämpferisch durchstreiten können. Also lasst uns Seite an Seite stehen und unsere Wut ihrer Repression entgegensetzen.“ Beitrag vom 3. Februar 2022 vom und beim Solidaritätsbündnis Antifa Ost - Prozess gegen Lina E.: Es bleibt beim Verdacht
„Seit fünf Monaten wird in Dresden gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Angriffen auf Neonazis verhandelt. Die Beweise bleiben wackelig. (…) Alle Attackierten berichteten von Prellungen, Platzwunden oder Knochenbrüchen, in einem Fall mussten danach Metallplatten im Gesicht eingesetzt werden. Aber die Beweislage bleibt auch seit ihren Aussagen unklar. Waren die vier Angeklagten wirklich an den vorgeworfenen Übergriffen beteiligt? Waren sie wirklich eine feste Gruppe? Und war Lina E. ihre Anführerin?
Die Beschuldigten schweigen allesamt dazu. Deshalb wird nun kleinteilig Indiz um Indiz besprochen, jeder Zeuge penibel befragt. Diese Woche sollte Leon Ringl aussagen, der Eisenacher Kneipenbetreiber. Er ist der bisher einzige Zeuge, der in Polizeivernehmungen angab, bei den Angriffen in Eisenach Lina E. direkt erkannt zu haben – anhand der Stimme, der Statur, den Bewegungsabläufen. Kann das sein? Auch das bleibt vorerst ungeklärt: Ringl sagte kurzfristig ab – er habe einen Bandscheibenvorfall. So verzögert sich dieser Prozess erneut.
Lina E. lässt sich im Gerichtssaal dazu nichts anmerken, winkt zu Beginn weiter lächelnd ihrer Mutter und Freunden zu, die stets unter den Zuhörenden sind. Die bisherigen Zeugen müssen die 26-Jährige auch nicht beunruhigen. Der angegriffene Kanalarbeiter konnte die vermummten Angreifer nicht beschreiben. Ein Arbeitskollege auch nicht das „Mädchen“, das mit dabei gewesen sei. Auch die Wurzener Neonazigruppe, die gerade von einem Aufmarsch in Dresden zurückkehrte, konnte die Angreifer nicht identifizieren. (…) Und überhaupt: Wer sage denn, dass es immer Lina E. war, sobald eine Frau an einem Tatort gewesen sein soll? Tatsächlich fanden LKA-Ermittler etwa nach dem Angriff auf Cedric S. weibliche DNA auf dessen Kapuzenpullover. Laut seinen Aussagen kann die DNA nur von der Attacke stammen – sie passt aber nicht zu Lina E. Auch beim Angriff auf Enrico Böhm beschrieben zwei Zeuginnen zwar eine Frau, die aber passt nicht auf Lina E. Ebenso beim Bull’s Eye, wo laut Betreiber Ringl eine Frau das Lokal zuvor ausgespäht haben soll, die aber „kräftiger“ gewesen sei. „Die Bundesanwaltschaft geht einfach davon aus, dass es immer Lina E. war, die an den Angriffen beteiligt war“, kritisiert Ulrich von Klinggräff, Verteidiger von Lina E. „Aber das ist bisher nirgendwo bewiesen.“ Bisher ungeklärt im Prozess ist auch, wie genau die Gruppe um Lina E. ausgesehen haben soll. Gab es überhaupt eine feste Gruppe? (…)
Richter Hans Schlüter-Staats verlängerte wegen der zähen Beweisaufnahmen die Prozesstermine inzwischen bis Ende Juni. Dass Lina E. und die drei Mitangeklagten am Ende verurteilt werden, ist indes nicht ausgeschlossen. Bei der nicht vorbestraften 26-Jährigen ist dies zumindest für die gestohlenen Hämmer und den Eisenacher Angriff wahrscheinlich, bei dem sie im Fluchtauto gefasst wurde. Und womöglich auch für andere Taten – dann, wenn das Gericht nicht die Indizien im Einzelnen für stark genug hält, alle zusammengenommen aber schon. Die Richter ließen bisher nicht erkennen, dass sie die Anklage völlig in Zweifel ziehen. Verteidiger Ulrich von Klinggräff dagegen betont: „Aus meiner Sicht reicht bisher kein einziger Anklagepunkt für eine Verurteilung.“…“ Artikel von Konrad Litschko vom 29.1.2022 in der taz online - Prozess gegen Linke Lina E.: Schnell, brutal und unbekannt
„Die Polizei durchsucht am Mittwoch Wohnungen von Linken in Leipzig-Connewitz. Vor Gericht zieht sich die Beweisaufnahme gegen Lina E. hin.
Die Ermittlungen gegen die autonome Szene in Leipzig-Connewitz und das Umfeld der vermeintlichen Gruppe um Lina E. gehen weiter. Am Mittwoch durchsuchte die Polizei vier Objekte im Stadtteil. Den Betroffenen werden Brandstiftung, Sachbeschädigung oder Strafvereitelung vorgeworfen. Festgenommen wurde niemand. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft zwei der Beschuldigten, Paul M. und Henry A., vor, dem Lebensgefährten von Lina E., Johann G., beim Untertauchen geholfen zu haben – eine mögliche Strafvereitelung. Der 28-Jährige ist seit Sommer 2020 verschwunden und soll ebenfalls führendes Mitglied der Gruppe um Lina E. gewesen sein. Zwei weiteren Beschuldigten wird der Vorwurf gemacht, 2019 einen Bagger angezündet und 2021 ein Gebäude in Leipzig beschädigt zu haben. Auch diese Taten gelten als linksmotiviert, haben aber keine Verbindung zum Fall E. Hier ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig. (…) Im Prozess gegen Lina E., der am Mittwoch fortgesetzt wurde, sorgten die Durchsuchungen für Irritationen und Verzögerungen. Ihr Verteidiger Erkan Zünbül forderte die Ermittlungsakten zu den aktuellen Razzien für das Verfahren an. Für eine faire Verhandlung müsse man wissen, um welche Vorwürfe es gehe und ob sie das Verfahren gegen Lina E. beträfen…“ Artikel von Konrad Litschko vom 26.1.2022 in der taz online - »Antifa Ost«-Prozess in Dresden: Kein Ende in Sicht
„Dresden: Oberlandesgericht bestimmte weitere Termine im Prozess gegen Antifaschisten. Als Zeuge geladener Neonazi schaffte es nur bis zum Eingang
Es war der letzte Prozesstag in diesem Jahr. Das Verfahren gegen die Leipziger Antifaschistin Lina E. und weitere Mitangeklagte vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden wird erst 2022 fortgesetzt. Gegenstand des Verhandlungstages am Mittwoch vergangener Woche waren ein beschlagnahmter Brief sowie die Frage, ob dessen Beschlagnahme überhaupt zulässig ist. Des weiteren erläuterte ein medizinischer Gutachter Fakten über die vermeintlich schweren Verletzungen eines Geschädigten. Das Gericht kündigte zudem an, das Prozessende verschieben zu wollen. Es seien »jeweils mittwochs und donnerstags bis Ende Juni 2022 (mit Ausnahme der Woche nach Ostern) weitere Termine bestimmt worden«, heißt es in einer Mitteilung vom 22. Dezember. Zum Abschluss des Verfahrens könnten »derzeit noch keine Aussagen« getroffen werden, so das Gericht.
Der vermeintlich Geschädigte war ebenfalls als Zeuge geladen. Doch der Neonazi, der angegeben hatte, am 15. Februar 2020 am Wurzener Bahnhof verprügelt worden zu sein, habe beim verspäteten Eintreffen vor dem Eingang des OLG wieder kehrt gemacht, wie der Journalist Edgar Lopez am Verhandlungstag auf Twitter berichtete. »Er sagte, er war hier, und hier waren Leute«, die er der Antifa zuordnen würde, weshalb er sich »nicht mehr sicher fühlen« würde, zitierte Lopez den vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats. Gegen den Zeugen sei daraufhin ein Ordnungsgeld von 100 Euro, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft, verhängt worden…“ Artikel von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 29.12.2021 - Die »Gruppe Lina E.« bleibt ein Phantom. Im Prozess gegen vermeintliche linksextremistische kriminelle Vereinigung aus Leipzig ist kein Ende absehbar
„Es ist kein Ende absehbar im Prozess gegen Lina E. und drei Mitangeklagte vor dem Staatsschutzsenat des Dresdner Oberlandesgerichts (OLG). In dem Verfahren, das Anfang September begann, haben seither 21 Verhandlungstage stattgefunden. Ursprünglich waren Termine bis März angesetzt. Kurz vor Weihnachten teilte das Gericht mit, man habe nun bis Juni zwei Termine pro Woche reserviert. Zwar sei das zunächst nur »vorsorglich zur Verfahrenssicherung« geschehen; es könnten derzeit »noch keine Aussagen zum Abschluss des Verfahrens getroffen« werden. Theoretisch könnte es nun aber noch bis zu 50 Verhandlungstage geben. Nötig ist das womöglich, denn der Kernvorwurf gegen die 26-jährige Leipzigerin und ihre drei männlichen Mitangeklagten ist bisher nicht einmal ansatzweise bewiesen. (…) Überhaupt nicht zur Sprache kam bisher, wie die vermeintliche Vereinigung gearbeitet haben soll, wie sie sich gründete, wie Absprachen erfolgt und Überfälle geplant worden sein sollen. Ermittler der Soko Linx der sächsischen Polizei wurden bei ihren Zeugenaussagen von den Verteidigern mehrfach befragt, wie denn der »Modus Operandi« der Gruppe ausgesehen habe. Das führte immer wieder zu hitzigen Wortwechseln mit dem Vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats, aber nicht zu neuen Erkenntnissen.
Die Verteidigung wirft der Soko Linx vor, aus verschiedenen Körperverletzungsdelikten eine Vereinigung »konstruiert« zu haben. (…) Derweil sorgen weitere Begleitumstände des Verfahrens für anhaltenden Wirbel. Dazu gehört die Publikation von Ermittlungsdetails im rechtsextremen Magazin »Compact«. Die Aussageverweigerung eines Polizisten im Prozess stützte die Vermutung, die Informationen könnten aus Ermittlerkreisen durchgestochen worden sein. Ein entsprechendes Verfahren gegen einen Beamten hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz aber kürzlich eingestellt. Die Verteidiger mühen sich weiter herauszufinden, wie die Informationen und Fotos zu dem Magazin gelangten.
Einige Wellen schlug zudem eine TV-Dokumentation des NDR, die Anfang November unter dem Titel »Links und gewaltbereit?« über die angebliche »Gruppe Lina E.« berichtete. Das Solibündnis »Antifa Ost« übte nach der Ausstrahlung Kritik. Nicht nur seien viele Hypothesen der Ermittler als »objektive Wahrheit« dargestellt und das Bild von E. als Rädelsführerin »unhinterfragt übernommen« worden. Zudem sei der Eisenacher Neonazi Leon R. als »gleichrangiger Interviewpartner« zu Wort gekommen. Das sei ein »absoluter Tabubruch«, so das Bündnis…“ Artikel von Hendrik Lasch vom 27.12.2021 im ND online - Antifaschistin seit einem Jahr Untersuchungshaft: „Eingesperrt ist Lina – gemeint sind wir alle“
„Am 5. November 2020 wurde die Leipziger Antifaschistin Lina frühmorgens festgenommen und ist seither in Untersuchungshaft – nunmehr genau ein Jahr lang. Vorgeworfen wird ihr, gemeinsam mit Genoss*innen engagiert gegen Nazis vorgegangen zu sein – was das sächsische Landeskriminalamt als „kriminelle Vereinigung“ verfolgt. Seit ihrer Festnahme ist Lina Mittelpunkt einer von den Behörden befeuerten medialen Hetzkampagne, die offen sexistische Züge trägt. Die überlange Untersuchungshaft gegen Lina wird dabei gezielt eingesetzt, um zum einen die Betroffene selbst zu zermürben, zum anderen aber auch die gesamte Bewegung einzuschüchtern und den Kampf gegen Nazis in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Seit dem 8. September 2021 läuft der Prozess gegen Lina und drei weitere Antifaschisten vor dem Oberlandesgericht Dresden. Seit vielen Jahren überziehen die sächsischen Repressionsorgane antifaschistische Strukturen mit unterschiedlichsten Überwachungs- und Verfolgungsmaßnahmen. Dabei greifen sie gern auf den berüchtigten Durchleuchtungsparagrafen 129 zurück, der die betroffenen Aktivist*innen und Gruppen zu „kriminellen Vereinigungen“ erklärt und den Ermittlungsorganen eine Fülle zusätzlicher Kompetenzen zugesteht. Der Paragraf dient dabei weniger der Verfolgung konkreter Straftaten oder der Verurteilung einzelner Betroffener, sondern in erster Linie der Ausforschung und Einschüchterung der ganzen Bewegung. (…) „Die inzwischen einjährige Untersuchungshaft gegen Lina ist ein weiterer Beweis für eine politische Justiz, die sich nicht der Verfolgung von Straftaten, sondern der Kriminalisierung von fortschrittlichen Bewegungen und antifaschistischen Gruppen widmet“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Eingesperrt ist Lina – gemeint sind wir alle. Wir als Rote Hilfe e. V. stehen solidarisch an der Seite von Lina und allen anderen in diesem Verfahren Beschuldigten. Wir fordern die sofortige Einstellung der grotesken Verfahren nach § 129 und die umgehende Freilassung der Antifaschist*innen Lina, Dy und Findus und aller anderen politischen Gefangenen!“ Pressemitteilung des Bundesverstands der Rote Hilfe e.V. vom 4. November 2021 - Interna im Fall Lina E. durchgestochen: Ermittlungen gegen die Ermittler
„… Die Soko Linx des LKA Sachsen ermittelt gegen linksextreme Straftäter:innen – nun aber wird auch gegen die Soko selbst ermittelt. (…) Im Fall Lina E. waren wiederholt interne Informationen aus den Ermittlungsakten im Compact-Magazin erschienen, das der Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall führt. Ihre Verteidiger hatten deshalb bereits vor Monaten Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der strafbaren Weitergabe von Ermittlungsakten durch die Ermittlungsbehörden gestellt. Auch zu Prozessbeginn beklagten sie die Durchstechereien. Das Verfahren gegen Lina E. solle offenbar „für rechte politische Interessen nutzbar gemacht werden“. Die öffentliche Diffamierung ihrer Mandantin sei „beispiellos“. Die Ermittlungen gegen die Soko Linx, die Ende 2019 gegründet wurde, reichen aber noch weiter. Nach taz-Informationen wird gegen die Ermittler schon länger auch wegen der Weitergabe von Interna im Fall des Leipzigers Henry A. ermittelt. Ihm wird vorgeworfen, im September 2019 an einem Angriff von linken Fußballfans auf Anhänger des FC Lokomotive Leipzig beteiligt gewesen zu sein. Schon kurz nachdem im April diesen Jahres dazu Durchsuchungen im Leipziger Stadtteil Connewitz erfolgten, berichtete das Compact-Magazin auch dazu Ermittlungsinterna. (…) Für Ulrich von Klinggräff, Verteidiger von Lina E., sind die Ermittlungen bezeichnend. „Wir haben schon lange konkrete Hinweise darauf, dass es von Mitarbeitern des Soko Linx zur gezielten Weitergabe von Aktenbestandteilen auch an rechtsradikale Medien gekommen ist“, sagte von Klinggräff am Freitag der taz. Dieser Verdacht werde durch die neuen Ermittlungen erhärtet. Diese seien auch bedeutsam, um die Beweisergebnisse der Soko Linx im Fall Lina E. zu bewerten. „Es erhärtet sich der Verdacht einseitiger und politisch orientierter Ermittlungen.“ Beitrag Artikel von Konrad Litschko vom 1. Oktober 2021 in der taz online , siehe auch:- »Die Bundesanwaltschaft bleibt viele Antworten schuldig«.
„Lina vs. Bundesanwaltschaft. Der Anwalt Ulrich von Klinggräff spricht über das Verfahren gegen die Antifaschistin Lina E. und drei Mitangeklagte...“ Interview von Clemens Böckmann in der JungleWorld vom 30.09.2021 mit Ulrich von Klinggräff über den Prozess gegen Lina E.
- »Die Bundesanwaltschaft bleibt viele Antworten schuldig«.
- Nebenkläger entlastet Lina E. Ein überfallener NPD-Mann schildert vor Gericht den Angriff in Leipzig im Jahr 2018
„Der Überfall ereignete sich am Tag vor Enrico Böhms 36. Geburtstag. Der langjährige Leipziger NPD-Politiker, der zeitweise Kreisvorsitzender der rechtsradikalen Partei war und für diese im Stadtrat saß, war am 2. Oktober 2018 gerade auf den Gehweg vor seinem Wohnhaus im Stadtteil Gohlis getreten, als er von vier Vermummten angegriffen wurde. Die Täter seien »sportlich, kräftig und trainiert« gewesen, erklärte Böhm am Dienstag in einer Zeugenaussage vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes (OLG) Dresden. Er fügte hinzu: »Ich habe sie als männlich empfunden.« Die Aussage ist von einiger Brisanz. Böhm ist Zeuge und als Geschädigter zudem Nebenkläger in dem Verfahren, das beim OLG unter der Bezeichnung »gegen Lina E. und andere« geführt wird – in dem also die Ermittler eine Frau im Mittelpunkt sehen. (…) Ob diese Vorwürfe Bestand haben können, ist nach der Zeugenaussage Böhms aber fraglich. Dieser schilderte die Täter als »kampfsporterfahren«. Sie hätten Tritte gezielt gegen die Kniescheibe sowie den Kopf geführt. Auf die Frage nach dem Geschlecht der Angreifer sagte Böhm aus, er habe »kein Gesicht und keine Merkmale« erkennen können. Allerdings hätten die Art der Kampfhandlungen und die Statur der Täter auf Männer hingedeutet. Er fügte hinzu: »Chauvinistisch gesprochen, habe ich es einer Frau nicht zugetraut.« Der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats resümierte nach der Befragung, Böhm habe »nichts andeutungsweise gesagt, was auf eine Frau hindeutet«. Ulrich von Klinggräff, einer der Verteidiger von Lina E., sagte, Böhms diesbezügliche Aussagen seien »von entscheidender Bedeutung«…“ Artikel von Hendrik Lasch vom 22.09.2021 im ND online - 6000 Demonstrierende bei „Wir sind alle Antifaschist:innen – Wir sind alle LinX“-Demonstration – Polizeigewalt gegen JournalistInnen
„In Leipzig waren heute 6000 AntifaschistInnen auf der Straße, um eine Woche vor den Bundestagswahlen der gesamtgesellschaftlichen Tendenz nach rechts breit aufgestellte Solidarität entgegen zu stellen. „Auf der Demonstration war ein breites Spektrum linker und antifaschistischer DemonstrantInnen vertreten. Die Demonstration heute hat klare Kante gegen die Verstrickungen von Neonazis mit der Polizei und in deutschen Sicherheitsbehörden gezeigt. Außerdem wurde die Kriminalisierung von Antifaschismus thematisiert.“, so Ada Hummel, Pressesprecherin des Bündnisses. „Die Einschüchterungsversuche der Polizei im Vorfeld haben nicht gewirkt. Es haben sich wahnsinnig viele Menschen der Demonstration angeschlossen. Wir haben uns sehr über den breiten Zuspruch der LeipzigerInnen heute gefreut.“, so die Sprecherin weiter. Auf der Demonstration wurde den hunderten Todesopfern rechter Gewalt gedacht. Außerdem gab es Grußworte von und an inhaftierte AntifaschistInnen. „Menschen, die nicht in ein rechtes Weltbild passen, sind automatisch rechter Gewalt ausgeliefert. AntifaschistInnen finden die Gewalt der Nazis vor und begegnen ihr, um sich selbst und Andere zu schützen.“, so Ada Hummel. Die Gleichsetzung von rechts und links sei eine Verhöhnung aller Opfer rechter Gewalt…“ Kampagnenbündnis mit Kommentar zum Demotag und vielen Fotos – siehe für Berichte, Videos und Fotos #le1809, #wirsindallelinx und #freelina; für die Gewalt gegen die JournalistInnen durch die Polizei Sachsen siehe auch diesmal die Berichterstattung von Jörg Reichel (dju in ver.di) auf Twitter - Zweifel an fairem Verfahren. Prozess gegen vermeintliche Gruppe um Lina E. in Dresden begonnen
„… In dem Prozess, in dem bis März zweimal wöchentlich verhandelt wird, sollen zunächst Zeugen zu diesen einzelnen Angriffen gehört werden. Wie unvoreingenommen die Beweisaufnahme erfolgt, ist nach Ansicht der Verteidiger offen. Lina E.s Anwalt Ulrich von Klinggräff verwies auf eine enorme Vorverurteilung seiner Mandantin etwa in Presseberichten, die sie teils selbst mit der NSU-Täterin Beate Zschäpe auf eine Stufe stellten. »Eine Verurteilung hat bereits stattgefunden«, fürchtet er. Dazu trug bei, dass immer wieder Details aus Ermittlungsakten durchgestochen wurden, zuletzt kurz vor Prozessbeginn an das rechte Magazin »Compact«. Auch darum, sagt von Klinggräff, »muss es in diesem Verfahren gehen«.“ Artikel von Hendrik Lasch vom 08.09.2021 im ND online - Gemeint sind nicht nur die vier
„Unter großem Getöse hat am Mittwoch der Prozess gegen vier Antifaschisten in Dresden begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, als »kriminelle Vereinigung« in den letzten Jahren in Sachsen und Thüringen Nazis schwer verprügelt zu haben. Eine von ihnen, Lina E., soll dabei als Anführerin aufgetreten sein. Seit November sitzt die 26-Jährige in Untersuchungshaft. Ganz unabhängig von dem Prozessverlauf haben einige bürgerliche Medien die Studentin schon längst als »Terroristin« abgestempelt. Obsessiv ergötzt man sich an RAF-Vergleichen oder zieht auf sexistische Art über ihr Aussehen her. Details aus Ermittlungen sind immer wieder in die Medien gelangt. Vermutlich wollten die Sicherheitsbehörden entsprechende Stimmung verbreiten. Überhaupt wirkt das Vorgehen von Polizei und Justiz arg politisch motiviert. So ist es auffällig, dass der Generalbundesanwalt den Fall an sich gezogen hat . Offenbar sieht er in ein paar vermöbelten Neonazis Staatsgefährdung und Terrorgefahr, kann diese aber etwa beim »NSU 2.0« nicht erkennen. Die vermeintlichen Beweise scheinen dazu laut den Verteidigern eher dünn zu sein, der Vorwurf der »kriminellen Vereinigung« konstruiert, die konkreten Vorwürfe vage. Es bleibt der Eindruck, dass an den vier Antifaschisten stellvertretend für eine – manchmal eben auch militante und unbequeme – Bewegung ein Exempel statuiert werden soll…“ Kommentar von Sebastian Bähr vom 09.09.2021 beim ND online- Gemeinsame Pressemitteilung der Verteidigung in dem Verfahren vor dem OLG #Dresden gegen Lina E. u.a. als Grafikdatei im Twitterkanal von RAV
- Bericht zum Prozessauftakt im Antifa Ost-Prozess von und bei Soli Antifa Ost
- Aufruf zur bundesweiten Demonstration in Leipzig am 18.09.2021
„Wir haben allen Grund zur Sorge: Seit Jahren lässt sich eine gesamtgesellschaftliche Tendenz nach rechts beobachten. Rassistische Hetze, rechter Hass und faschistische Ideologie sind in den Strukturen von staatlichen Behörden, besonders bei der Polizei und dem Verfassungsschutz, salonfähig. So wurde den bundesweiten Querdenken-Protesten gut sichtbar, dass antidemokratische Einstellungen auch in der sogenannten Mitte vorherrschen. In kürzester Zeit wurde eine braune Zivilgesellschaft aktiv, die auch mit Faschist:innen auf die Strasse geht. Neofaschistische Einstellungen machen darüber hinaus auch im Arbeitsalltag und vor betrieblichen Gremien, wie etwa in Großbetrieben in Sachsen und Baden-Württemberg nicht halt. Dies wird mitunter am Beispiel der rechten Betriebsratsliste Zentrum Automobil deutlich.
Halle, Hanau, Kassel und die zahlreichen pogromartigen Ausschreitungen, bspw. 2018 in Chemnitz zeigen darüber hinaus, dass die Rechten bewaffnet und gut vernetzt sind. Der Umgang der Ermittlungsbehörden mit rechten Netzwerken zeigt, dass die terroristische Gefahr nicht ernst genommen wird. Gleichzeitig haben Nazis in deutschen Behörden nicht nur Kontinuität, sondern Hochkonjunktur. Bundesweit werden ständig neue Fälle genau dieser rechten Netzwerken bei Polizei- und Militäreinheiten bekannt. So auch im Fall des Frankfurter SEKs, bei dem 13 der 19 SEKler, die neonazistische Inhalte in Chatgruppen teilten, in der Nacht des rechtsterroristischen Anschlags von Hanau am Tatort eingesetzt waren . Weiterhin von Ermittlungspannen und Einzelfällen zu sprechen ist nicht nur ein Hohn für die Betroffenen, sondern verschleiert die Kette behördlichen Versagens und verkennt die neue Qualität der Gefahr von rechts. (…) Es gibt also nicht nur in Sachsen, aber auch gerade hier, mehr als genügend Gründe auf die Straße zu gehen. Wir rufen alle Antifaschist:innen dazu auf, am 18.09.2021 zu einer bundesweiten Demonstration nach Leipzig zu kommen und die Verstrickungen von Faschist:innen im Staat und die Kriminalisierung von Antifaschismus endlich zu dem Skandal zu machen, der er schließlich ist! Wir fordern die Entnazifizierung der deutschen Sicherheitsbehörden, sowie Aufklärung und Konsequenzen für den rechten Terror in Deutschland…“ Aufruf bei Wir sind alle Linx - Grußwort von Linas Mutter zum Prozessauftakt am 08. September 2021 am OLG Dresden
„… Meine Tochter Lina sitzt seit 10 Monaten in Untersuchungshaft und heute beginnt der Prozess gegen sie und drei weitere Menschen hier am OLG. Das sächsische LKA hat Anfang 2020 ein Verfahren nach Paragraph 129 eingeleitet, in dem Lina und anderen die Gründung und Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Ziel soll die Planung und Durchführung von Aktionen gegen Neonazis gewesen sein. Weil es sich bei der Hauptbeschuldigten um eine Frau handelt, überschlägt sich die mediale Berichterstattung! Empörend finde ich die hetzerischen, sexistischen und menschenverachtenden Inhalte einiger Pressehäuser. So liest sich: Lina, die schöne schlanke Studentin mit den blonden Haaren, roten Fingernägeln und kurzem Minirock… Gleichzeitig liest sich: Lina, die Anführerin eines hochorganisierten linken Schlägerkommandos, einer Terrorzelle (…) Ich bin zornig und erschüttert über die Kriminalisierung meiner Tochter und wie sie zur Terroristin stilisiert wird. Die Vorverurteilung ist auffallend und die Unschuldsvermutung gilt für Lina von Anfang an nicht. Mit dem Verfahren gegen Lina und weitere Personen soll ein Präzedenzfall geschaffen und gleichzeitig ein Exempel statuiert werden: Wer sich in Deutschland gegen Nazis organisiert, wird mit aller Härte verfolgt und bestraft. Ich empfinde die Entwicklung als sehr gefährlich und es sollte unser aller Bestreben sein sich dem ausbreitenden Rassismus mit aller Kraft entgegenzustellen. Diesem Faschismus, der – wie die Morde in Kassel, Hanau und Halle zeigen – eine ungeheure Dimension der Gewalt erreicht hat. Um mit Esther Bejarano zu sprechen: „Ich sage immer, wehret den Anfängen ist nicht mehr. Wir sind mittendrin im Kampf gegen Rassismus und Faschismus.“ Ich wünsche Lina und den anderen Beschuldigten viel Kraft und Zuversicht für den langen Prozess. Euch danke ich für eure großartige Unterstützung, eure Verbundenheit und für das gemeinsame Aufstehen gegen Rassismus und Faschismus...“ Grußwort am 8. September 2021 bei Soli Antifa Ost , siehe auch:- „Morgen beginnt der Prozess gegen #freelina und 3 andere AntifaschistInnen. Ein Thread, warum der Prozess auf der strafprozessualen Ebene ein Skandal ist …“ Thread von RAin_Krawallschachtel
- Prozessauftakt gegen Lina am 9. September: Antifaschismus vor Gericht!
„Am 8. September 2021 beginnt vor dem Oberlandesgericht Dresden der Prozess gegen Lina und drei weitere Antifaschisten. Angeklagt sind die vier Aktivist*innen nach § 129 – das Engagement gegen Nazi-Umtriebe wird damit staatlicherseits zur „kriminellen Vereinigung“ erklärt und Antifaschismus pauschal diffamiert und kriminalisiert. (…) Mit diesem Gerichtsspektakel will der sächsische Repressionsapparat zudem seine früheren Schlappen übertünchen: In den vergangenen zehn Jahren versuchte das Landeskriminalamt mehrfach, linke Strukturen im Freistaat mit Ermittlungen nach § 129 nicht nur zu durchleuchten, sondern letztlich zu zerschlagen. (…)„Vor Gericht stehen nicht nur vier Antifaschist*innen – die Bundesanwaltschaft will die gesamte antifaschistischen Bewegung anklagen“, kommentierte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. den Prozessauftakt. „Es geht um eine medial inszenierte Abrechnung mit engagierter linker Politik. Umso wichtiger ist es, den Prozess kritisch zu beobachten und sich an den Solidaritätsaktionen zu beteiligen. Denn wir lassen die Angeklagten nicht allein: Betroffen sind einzelne, doch gemeint sind wir alle!““ rote-Hilfe-Bundesvorstand am 04.09.21 - Der Fall Lina E.: Wie man sich eine neue RAF bastelt
„Nächste Woche beginnt in Dresden der Prozess gegen eine angebliche «Linksterroristin». Ein Blick auf die Vorwürfe gegen Lina E. weckt grosse Zweifel am Vorgehen der Behörden. Will die Bundesanwaltschaft ein Exempel statuieren? (…) Ende Mai hat die Bundesanwaltschaft gegen E. und drei weitere Beschuldigte Anklage erhoben. Am kommenden Mittwoch beginnt vor der Staatsschutzkammer des Dresdner Oberlandesgerichts der Prozess – unter riesigem Sicherheitsaufgebot, weil der Verfassungsschutz Ausschreitungen befürchtet. Für Medien stehen im Gerichtssaal nur wenige Plätze zur Verfügung, aus dem Ausland zugelassen sind bloss «Russia Today» und das Deutschlandbüro der NZZ. Die Behörden werfen den vier Angeklagten die «Mitgliedschaft in einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung» sowie Delikte wie Körperverletzung, Landfriedensbruch oder Diebstahl vor. Der Anklage zugrunde liegt der Paragraf 129 über die «Bildung einer kriminellen Vereinigung», der sonst eher die Mafia oder Rockerbanden betrifft. Der Straftatbestand erlaubt den Behörden auch bei geringfügigem Anfangsverdacht weitreichende Überwachungsmassnahmen, weshalb er auch «Schnüffelparagraf» genannt wird. Seit ihrer medienwirksamen Verhaftung sitzt Lina E. in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz in Untersuchungshaft – als Einzige der Beschuldigten. In ihrer üppigen Anklageschrift zeichnet die Bundesanwaltschaft das Bild einer gefährlichen Straftäterin (…) Erkan Zünbül ist einer der beiden Verteidiger von Lina E. Zu den einzelnen Vorwürfen will er sich im Gespräch nicht konkret äussern. Im Mai hatten die Anwälte in einer Mitteilung geschrieben, die Anklageschrift sei «mit heisser Nadel gestrickt». Die Verteidigung stehe der Beweisführung kritisch gegenüber, konstatiert Zünbül nun gegenüber der WOZ. Das Bild, das ihr Umfeld von ihr zeichnet, ist nämlich alles andere als das einer brutalen Schlägerin. E. sei «ein lebensfroher Mensch, ein witziges Mädchen», erzählt eine Freundin der «Zeit», die den Fall akribisch aufgearbeitet hat. Typ «Antifaschistin by heart». Gegenüber der Demokratie sei sie nicht kritisch eingestellt, auch den Staat wolle sie nicht abschaffen. «Ihr Denken ist nicht radikal.» E., die ursprünglich aus Kassel stammt, studiert bis zu ihrer Verhaftung in Leipzig Erziehungswissenschaften, schliesst alle Kurse mit Bestnote ab und will in die Sozialarbeit, in der Freizeit geht sie gern klettern, Vorstrafen hat sie keine. Zwischen Bachelor und Master betreut sie Kinder in einer stationären Einrichtung. Für die Behörden ist dennoch klar: Bei den «intensiv vorbereiteten» Angriffen habe E. eine «herausgehobene Stellung» eingenommen. (…) Tatsächlich ist die Anklage gegen Lina E. und die anderen Beschuldigten nicht ohne einen breiteren politischen Kontext zu verstehen. Ende 2019 gründete die sächsische CDU-Regierung zur Bekämpfung von «Linksextremismus» die «Sonderkommission Linx». Allein im ersten Halbjahr 2020 eröffnete diese Polizeieinheit 335 Ermittlungsverfahren, wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervorgeht. Die meisten davon verliefen aus Mangel an Beweisen im Sand, in einigen Fällen wurde das Vorgehen später für rechtswidrig erklärt. (…) Das Solidaritätsbündnis Antifa Ost, das sich zur Prozessbeobachtung gegründet hat, formuliert es in einer Mitteilung von dieser Woche so: «Der gesamte Prozess sowie die Ermittlungen des LKA Sachsen sind unseres Erachtens klar politisch motiviert.» Dabei würden die Beschuldigten stellvertretend für die antifaschistische Bewegung belangt. Politikerin Nagel befürchtet ebenfalls die «Kriminalisierung linker Strukturen», weil der Prozess den Behörden nicht zuletzt auch dazu dienen würde, die Szene auszuleuchten. Die UnterstützerInnen jedenfalls sind gut auf die anstehende Verhandlung vorbereitet. Für die kommenden Wochen sind diverse Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen angekündigt.“ Artikel von Anna Jikhareva in der WoZ vom 02.09.2021 - Kundgebung zum Prozessauftakt am 8. September: Trotz alledem – Für einen konsequenten Antifaschismus
„Im September ist es soweit: Nach über eineinhalb Jahren der Ermittlungen in Sachsen und Thüringen wird vier Menschen durch die Bundesanwaltschaft vorgeworfen, nach Paragraph 129 Teil einer angeblich „kriminellen Vereinigung“ zu sein, die Neonazis angegriffen haben soll. Der Prozess wird in Dresden stattfinden. In den vergangenen Jahren gab es viele Verfahren nach Paragraph 129 im Freistaat gegen „links“, erinnert sei an das „Sportgruppen – Verfahren“, dem das „Handygate“ voraus gegangen war, ermittelt wurde dabei auch gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König als Teil dieser angeblichen „Sportgruppe“. Auch in Leipzig gab es Verfahren gegen angebliche „kriminelle Vereinigungen“ von Antifaschist:innen, die zu keinen Anklagen führten, aber zu erheblichen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, was sogar vom sächsischen Datenschutzbeauftragten gerügt wurde. Im nächsten Monat wird also erstmals nach Jahrzehnten seitens der Bundesanwaltschaft im Zuge der Ermittlungen des Landeskriminalamts eine Anklage gegen eine angebliche „kriminelle Vereinigung“ von Antifaschist:innen erhoben. (…) Gerade beim Prozessauftakt muss mit Aktionen der rechten Szene und ihrer Unterstützer:innen gerechnet werden. Organisierte Neonazis sind zum Teil Nebenkläger beim Prozess gegen die Beschuldigten und werden versuchen mit ihren Anwälten im Sinne ihrer Kampagne zu agieren. (…) Deshalb werden wir zu jedem Prozesstermin vor Ort sein, den antifaschistischen Selbstschutz organisieren und uns ausnahmslos mit den Antifaschist:innen im Gericht solidarisieren. Egal, was in diesem politischen Verfahren gegen die Angeklagten vorgebracht wird, wir werden uns nicht distanzieren. Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern ist und bleibt hier und andernorts eine Notwendigkeit. Wir fordern die Freilassung aller Antifaschist:innen! Zum Prozessauftakt am 08.09.2021 um 10 Uhr wird es daher vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden eine Kundgebung geben. Diese wird um 07:00 Uhr beginnen. Unterstützt die Betroffenen der staatlichen Repression. Wir sind alle Antifa!“ Aufruf vom 27. August 2021 von und bei Solidaritätsbündnis Antifa Ost – Für den 18. September ist zudem eine bundesweite Demonstration in Leipzig angekündigt. - Weitere Anklage gegen Antifaschistin: Bundesanwaltschaft wirft Leipzigerin Lina E. neuen gemeinschaftlich begangenen Angriff vor
„Die Bundesanwaltschaft hat eine weitere Anklage gegen die Leipziger Antifaschistin Lina E. erhoben. Neben der Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen kriminellen Vereinigung« werde ihr nun noch eine zusätzliche gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, teilte die Behörde am Montag in Karlsruhe mit. So soll Lina E. im Oktober 2018 im Leipziger Stadtteil Gohlis zusammen mit drei anderen Antifaschisten eine »der rechten Szene zuzuordnende Person« angegriffen und verletzt haben. (…) Für den 18. September ruft die Kampagne »Wir sind alle LinX!« alle Antifaschisten bundesweit zu einer Demonstration nach Leipzig auf . Die Teilnehmer sollen sich 14 Uhr auf dem Leipziger Johannisplatz treffen, weitere Pläne zur Route sind bisher noch nicht bekannt. Ziel der Demonstration sei es laut dem Aufruf, die »Verstrickungen von Faschisten im Staat und die Kriminalisierung von Antifaschismus« zum Skandal zu machen. Gefordert wird die »Entnazifizierung der deutschen Sicherheitsbehörden«, sowie »Aufklärung und Konsequenzen« für den rechten Terror in Deutschland. »Wir werden auch in Zukunft den antifaschistischen Selbstschutz organisieren und fordern die Freilassung aller Antifaschisten«, stellt die Kampagne klar…“ Artikel von Sebastian Bähr vom 10.08.2021 im ND online - Anklage im Fall Lina E.
„Die Studentin soll „Mitglied einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung“ sein. Auch drei weitere Personen müssen vor Gericht. Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, gemeinschaftliche Körperverletzung, besonders schwerer Landfriedensbruch, räuberischer Diebstahl und Urkundenfälschung – diese Taten werden der 26-jährigen Studentin Lina E. aus Leipzig vorgeworfen. Wie die Generalbundesanwaltschaft (GBA) am Freitag verkündete, wurde gegen Lina E. und drei weitere Personen bereits am 14. Mai vor dem Oberlandesgericht Dresden Anklage erhoben. (…) Auch die Soko Linx, die Sondereinheit des LKA Sachsen, die die Ermittlungen zunächst führte, steht in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, mit Lina E. ein Exempel statuieren zu wollen und die bislang ausbleibenden Ermittlungserfolge nun mit diesem Fall bringen zu wollen. Das Leipziger Magazin kreuzer deckte erst kürzlich auf, dass die Soko Linx unter anderem mit Material arbeitet, das ihr aus rechtsextremen Kreisen übergeben wurde…“ Artikel von Sarah Ulrich vom 28.5.2021 in der taz online - Bayerische AfD will antifaschistische Solidarität von Kerem Schamberger mit Lina kriminalisieren!
- Kerem Schamberger: Freiheit für Lina, wir sind alle Antifa!
„Für Kerem Schamberger sind Repression und Drohungen nichts Neues. Jetzt hat ein AfD-Abgeordneter das antifaschistische Engagement des Kommunikationswissenschaftlers mit einer Anfrage im bayerischen Landtag in den Fokus gerückt. Der rechtsextreme AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Maier hat am 1. April eine schriftliche Anfrage mit dem Titel „Solidarität mit Linksextremisten an der LMU“ gestellt. Er fragt darin die Staatsregierung und das Landesamt für Verfassungsschutz, wie sie die Solidaritätsbekundungen des Kommunikationswissenschaftlers Kerem Schamberger mit der Antifaschistin Lina E. auf Twitter bewerte, welche Verbindungen er in die „linksextreme Szene (auch ausländisch)“ habe und warum so einer wie er an der Ludwig-Maximilians-Universität arbeiten dürfe. Schamberger bezeichne sich als Kommunisten und habe erklärt, an der Seite der HDP und des kurdischen Studierendenverbands YXK zu stehen. (…) Hintergrund der Anfrage ist die breite Solidaritätswelle mit der Antifaschistin Lina E., die seit Anfang November 2020 in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr antifaschistische Aktionen gegen Neofaschisten und ihre Räume vor. Sie soll Gründerin einer „kriminellen Vereinigung“ sein, weil sie einen Neonazi verprügelt haben soll, der rechtsextreme Kampfsportevents in Thüringen organisiert. Die „Beweise“: Sie nutzt die Signal-App und hatte Perücken, Bargeld, Handys und Hämmer in ihrer Wohnung. „Es liegt in der Logik des Staates, der seit Jahren nicht konsequent gegen faschistische Organisierung vorgeht, der einen Verfassungsschutz am Leben hält, der diese sogar noch finanziert und personell unterstützt hat, jetzt diejenigen Menschen, die auf vielfältige Art und Weise gegen Nazis vorgehen, mit Repression zu überziehen, einzusperren und vor Gericht zu stellen“, erklärt Schamberger und fragt: „Wie viele rechte Soldaten, Polizisten und Reichsbürger, in deren Gärten und Garagen in den letzten Jahren Sprengstoff, Schusswaffen und Munition gefunden wurden, sitzen derzeit eigentlich ein?“…“ Beitrag der ANF-Redaktion vom 26. April 2021 - Solidarität statt Hetze – Stellungnahme von Kerem Schamberger zur Landtagsanfrage der bayerischen AfD gegen mein antifaschistisches Engagement
„… Klar ist, dass die AfD mit solchen Anfragen einen öffentlichen Skandal provozieren will. Gleichzeitig markiert sie damit politische GegnerInnen, die damit zur Zielscheibe von rechten Anschlägen werden können. Deshalb muss darüber gesprochen werden und deshalb veröffentliche ich diese Anfrage hier. (…) Neben ständiger Morddrohungen türkischer Faschisten in den letzten Wochen, melden sich nun also auch noch ihre deutschen Brüder im Geiste im bayerischen Landtag zu Wort. Ich hoffe die CSU/FW-Staatsregierung wird der AfD eine entsprechende Antwort geben. Sicher bin ich mir nicht. Christoph Maier gehört übrigens zum (angeblich aufgelösten) faschistischen „Flügel“ der AfD, demonstriert gemeinsam mit Nazis von der 3. Weg und singt dementsprechend auch gerne die erste Strophe des „Deutschlandliedes“ in der Öffentlichkeit. Dass er seine Landtagsanfrage mit einem Artikel der „Jungen Freiheit“, einer Zeitung der extremen Rechten, „belegt“, passt da nur ins Bild. Dass auch ihm antifaschistischer Widerstand – auf der Straße und im Parlament – entgegengebracht werden muss, versteht sich von selbst. Ich bleibe meiner antifaschistischen Überzeugung treu und sehe auch die Ludwig-Maximilians-Universität in einer antifaschistischen Tradition stehend. Die Gedenkstätte für die Widerstandsgruppe Weiße Rose im Hauptgebäude steht dafür ein: Wehret den Anfängen. Wobei diese schon längst begonnen haben. Deshalb gilt immer noch und jetzt erst recht: Freiheit für Lina E. – Wir sind alle Antifa!“ Stellungnahme von Kerem Schamberger vom 26. April 2021 auf seiner Homepage - Siehe auch unser Dossier von 2019: Prozess gegen Kerem Schamberger in München: Solche Staatsanwälte würden dem Erdogan Recep aber gar gut gefallen
- Kerem Schamberger: Freiheit für Lina, wir sind alle Antifa!
- Haftprüfung: Lina bleibt vorerst in Untersuchungshaft
„Heute (21.04.2021) Abend ist bekannt geworden, dass Lina vorerst in Untersuchungshaft bleibt. Folgende Überlegungen hatten wir als Ergänzung zu dem Aufruf der Kampagne „Wir sind alle LinX!“ angestellt; angesichts der schlechten Nachrichten wollen wir diese dringend mit euch teilen. Die Kernaussage: Solidarität mit Lina! Keine Distanzierungen! Militante f*Antifa in die Offensive! Im März startete die von Leipziger Initiativen getragene Kampagne „Wir sind alle LinX“ [Siehe unten]. Ziel der Kampagne ist es, auf die staatliche Kriminalisierung von Antifaschismus aufmerksam zu machen und auf die Notwendigkeit antifaschistischer Politik hinzuweisen. Wir als Rote Hilfe Leipzig unterstützen diese Kampagne und ihr Anliegen. Wir wollen hier den Aufruf um einige Punkte ergänzen bzw. Punkte, die bereits in dem Aufruf erwähnt werden, aus unserer Perspektive vertiefen: 1. Die Repression gegen linke Kämpfe ist ein politisches Mittel der Klassenjustiz und hat Tradition (…) 2. Der Staat uns seine Institutionen ermöglichen und decken rechte und faschistische Organisierung, statt diese aufzuklären (…) 3. Militante f*Antifa in die Offensive – bis die Scheiße aufhört!…“ Meldung und Stellungnahme vom 22.4.21 der Roten Hilfe Leipzig - [»Leipziger Erklärung«] Wir sind alle Antifaschisten. Kampagne wendet sich gegen Kriminalisierung von linkem Engagement und Gleichsetzung mit rechter Gewalt
„Egal, wohin man schaut – Solidaritätsbotschaften für die Antifaschistin Lina E. sind im Leipziger Stadtbild keine Seltenheit. Die Studentin sitzt seit November in Untersuchungshaft in der JVA Chemnitz. Die Polizei hatte sie damals im Rahmen einer umfangreichen Razzia festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, dass sie als Anführerin einer »kriminellen Vereinigung« nach dem Paragrafen 129 StGB Angriffe auf Neonazis organisiert und durchgeführt haben soll. Unterstützer von Lina E. beklagten von Anfang an eine massive Kriminalisierung durch das Vorgehen der Sicherheitsbehörden sowie eine Vorverurteilung der Beschuldigten durch die Medien. Mal wieder – so die Kritik – soll in Sachsen mit der Konstruktion eines linksextremen Phantoms die gesamte Szene bekämpft, eingeschüchtert und geschwächt werden. Um sich gegen solche Versuche zu wehren, hat nun unter dem Motto »Wir sind alle linX« eine Kampagne gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus begonnen. In einem als »Leipziger Erklärung« veröffentlichten Papier heißt es: »Als Reaktion auf die neuen rechten Bewegungen rund um Pegida und AfD kommt es auch in Deutschland zu einem Anstieg antifaschistischer Aktivitäten. Der Staat reagiert mit Kriminalisierung und Verfolgung.« Dabei habe insbesondere in Sachsen die »Verfolgung« von Antifaschisten Tradition: »Von Lothar König, den Ermittlungen gegen Dresden Nazifrei über die Verfolgung linker Fußballfans der BSG Chemie Leipzig bis hin zum aktuellen Verfahren gegen Lina und andere Antifaschisten – seit Jahrzehnten wird mit Hilfe der Konstruktion von § 129 StGB-Verfahren gegen links ermittelt.« Verantwortlich für das einseitige Vorgehen in Sachsen seien laut der Erklärung ein seit Jahren von der CDU geführtes Innenministerium, eine von rechten Akteuren durchsetzte Polizei sowie ein konservativer Justizapparat. »Gegen Linke schöpfen Behörden alle Rechtsmittel aus, während bei faschistischer Gewalt allzu oft gilt: meist wegsehen, dann kleinreden und entpolitisieren«, sagte Markus Hauk, einer der Sprecher der Initiative. Das sehe man nicht nur in der nachlässigen Verfolgung der Connewitz-Angriffe vom Januar 2016, sondern auch jüngst bei dem Urteil gegen den KSK-Soldaten Philipp S. in Leipzig. Mit der Gründung der Soko LinX durch das Landeskriminalamt Sachsen Ende 2019 habe sich die Verfolgung von Linken in Sachsen noch weiter zugespitzt. »Wer wie nach einem Hufeisenmodell links und rechts gleichsetzt, verteidigt aber nicht die Demokratie«, warnen die Verfasser der »Leipziger Erklärung«. »Stattdessen diffamiert und bekämpft man die, die für eine solidarische Gesellschaft eintreten, in der alle Menschen ohne Angst gemeinsam unterschiedlich sein können.« Man rufe daher alle dazu auf, sich gegen die »falsche und gefährliche Gleichsetzung von links und rechts« und die damit einhergehende Kriminalisierung von Antifaschismus zu stellen. (…) Unterschrieben wurde die Erklärung bisher von rund 35 Organisationen und Initiativen aus Sachsen, darunter von Chemnitz Nazifrei, der linksradikalen Gruppe Prisma IL-Leipzig, der VVN-BdA Sachsen, dem Rechtshilfekollektiv von Chemie Leipzig sowie den Linke-Abgeordnetenbüros Linxxnet und Interim…“ Artikel von Sebastian Bähr vom 22.03.2021 im ND online , siehe: - Leipziger Erklärung: Wir sind alle LinX! – Kampagne gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus
„… Mit der Gründung der Soko LinX Ende 2019 spitzt sich die Verfolgung von Linken in Sachsen nun zu. Die Verhaftung Linas durch vermummte Polizisten und der Helikopterflug nach Karlsruhe sollen bewusst Bilder der Bedrohung durch vermeintlich linken Terror erzeugen. Auch in der bundesweiten Berichterstattung werden die Verhaftung und das Verfahren aufgeblasen. Dafür ließen die Generalbundesanwaltschaft sowie das LKA Sachsen bisher gezielt Informationen an die rechts-konservative Boulevardpresse durchsickern. Wer wie nach einem Hufeisenmodell links und rechts gleichsetzt, verteidigt aber nicht die Demokratie. Stattdessen diffamiert und bekämpft man die, die für eine solidarische Gesellschaft eintreten, in der alle Menschen ohne Angst gemeinsam unterschiedlich sein können. Das führt auch dazu, dass von CDU und AfD großer Druck auf linke und kulturelle Einrichtungen ausgeübt wird. Besonders im ländlichen Raum stehen Projekte zurzeit wegen der Einstellung von Förderungen vor dem Aus. Linke Projekte werden so an den Rand der Gesellschaft gedrängt und rechte Gewalt relativiert. Damit muss Schluss sein. Wir rufen Alle dazu auf, sich gegen die falsche und gefährliche Gleichsetzung von links und rechts und die damit einhergehende Kriminalisierung von Antifaschismus zu stellen. In diesen Zeiten braucht es keine Verbote, sondern einen starken zivilgesellschaftlichen Antifaschismus. Keine Kriminalisierung und Verfolgung, sondern Förderung. Wir sind alle Antifa!...“ Aus dem Aufruf auf der Kampagnenseite - Plötzlich zur Terroristin gemacht
„Lina stammt aus Kassel, ist 25 Jahre alt, Studentin und sitzt seit mittlerweile vier Monaten in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt wirft ihr die Beteiligung an zwei Angriffen auf eine als Neonazi-Treffpunkt bekannte Kneipe in Eisenach sowie deren Betreiber vor. Außerdem soll sie Teil einer “krimiellen Vereinigung” sein, auf deren Konto weitere Angriffe auf Neonazis gehen. Wir haben uns den Fall genauer angeschaut und mit Linas Mutter darüber gesprochen, wie es ist, wenn die Tochter plötzlich “Deutschlands gefährlichste Linksextremistin” (HNA, 9.12. 2020) sein soll. (…) Im Sommer 2020 saß Lina schon mal für ein paar Tage in Untersuchungshaft. Der damals gegen sie vorliegende Haftbefehl wurde jedoch nach kurzer Zeit wieder außer Vollzug gesetzt. Die erteilten Meldeauflagen habe Lina ohne jede Beanstandung erfüllt, erklären die Leipziger Anwälte Elberling und Zünbül, durch deren Kanzlei Lina vertreten wird. Doch im November zog überraschend der Generalbundesanwalt das Verfahren an sich und Lina wurde schon am Folgetag per Helikopter nach Karlsruhe geflogen, um dort dem Bundesgerichtshof vorgeführt zu werden. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Noch überraschender als die erneute Untersuchungshaft war allerdings der anschließende Pressezirkus, erzählt ihre Mutter. Linas Mutter bedauert, dass Journalist*innen zwar mit allen Mitteln versucht hätten, im Lebenslauf ihrer Tochter etwas zu finden, woraus sich eine abenteuerliche Story über die vermeintliche Radikalisierung einer unauffälligen jungen Frau machen lässt. Was es mit den einzigen konkreten Vorwürfen gegen Lina auf sich habe, wurde öffentlich jedoch kaum thematisiert. (…) Die konkreten Vorwürfe gegen Lina beinhalten die Beteiligung an zwei Angriffen auf Neonazis in Eisenach. Da wäre zum Beispiel der Angriff auf Besucher und den Betreiber der Gaststätte “Bull’s Eye” im Oktober 2019. Beim “Bull’s Eye” handelt es sich um einen bekannten Treffpunkt von Neonazis in Eisenach. Dessen Betreiber, Leon Ringl, ist eine Führungsfigur der Eisenacher Neonaziszene und unterhält Kontakte zum internationalen Neonazi-Netzwerk “Atomwaffendivision”. Auf deren Konto gehen in den USA mehrere Terroranschläge. Neonazis terrorisieren in Eisenach schon seit Jahren vor allem nicht-rechte Jugendliche. (…) Wer sich also, wie offenbar viele Journalist*innen, die Frage stellt, wie es zu solchen Gewalttaten kommt, für die nun Lina verantwortlich gemacht wird, sollte womöglich statt in ihrer Biografie zu forschen, die politische Wirklichkeit in Deutschland in den Blick nehmen. In der stellen Neonazis nämlich für viele Menschen tatsächlich eine konkrete Bedrohung dar, mit der es irgendwie umzugehen gilt. Auch die Leipziger Soli-Gruppe “Freiheit für Lina” kritisiert, dass der politische Rahmen des ganzen Verfahrens in der Berichterstattung kaum eine Rolle spiele. Mit dem Verfahren gegen Lina und der reißerischen Pressekampagne versuche die Bundesanwaltschaft, ein Exempel zu statuieren (…) Dabei reiht sich Linas medienwirksame Inhaftierung nahtlos ein in die jüngste Geschichte politischer Strafverfolgung von Antifaschist*innen in Deutschland allgemein bzw. speziell in Leipzig. Der eigens zur Bekämpfung linker Strukturen in Sachsen gegründeten Soko Linx sei mit Linas Verhaftung ein großer Schlag gegen die Leipziger Autonomen gelungen, war nahezu einhellig in der Presse zu vernehmen. Dabei wurde vor allem unkritisch wiedergegeben, wie Sonderkomission und Bundesanwaltschaft selbst ihren vermeintlichen Ermittlungserfolg bewerteten. Und ein nennenswerter Erfolg scheint nötig (…) Auch Linas zweite Verhaftung und die seitdem andauernde Untersuchungshaft führen ihre Anwälte darauf zurück, dass die Bundesanwaltschaft ihr nun auch vorwirft, Teil einer “kriminellen Vereinigung” nach §129 zu sein. Wie in anderen 129er-Verfahren scheint auch in diesem Fall die Beweislast äußerst dünn zu sein, trotz umfangreicher Überwachungsmaßnahmen. (…) Ihre Verteidiger stellen sich darauf ein, dass sie unter diesen Bedingungen einen fairen Prozess für ihre Mandantin hart werden erkämpfen müssen. Besonders durch die Berichterstattung finde eine Vorverurteilung statt, findet auch ihre Mutter. Darin wird sich auch auf eigentlich nicht-öffentliche Ermittlungsinterna bezogen. Woher kommen diese Informationen? Ermittlungsinterna weitergegeben. Weil schon kurze Zeit nach Linas Verhaftung im November zahlreiche Ermittlungsinterna in der Presse auftauchten, sind ihre Anwälte davon überzeugt, dass durch die Behörden Informationen an die Presse weitergegeben wurden. Sie haben deshalb Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Bundesanwaltschaft wegen der Weitergabe von Ermittlungsakten gestellt. In ihrer Stellungnahme kritisieren sie zudem die Pressearbeit der Ermittlungsbehörden, die “weit über die Grenzen des Zulässigen hinaus” gehe. (…) Bemerkenswert findet Linas Mutter außerdem, dass der mehrfach vorbestrafte Eisenacher NPD-Politker Patrick Wieschke schon kurz nach dem Angriff auf Ringl die Namen der mutmaßlichen Täter gewusst und veröffentlicht habe. Auch dass es sich bei Lina um die vermeintliche Kommndoführerin der Aktion gehandelt habe, gehe auf eine Aussage Wieschkes zurück, erzählt sie. Wieder liegt also die Vermutung nahe, dass durch die ermittelnden Behörden Informationen weitergegeben wurden. In diesem Fall allerdings nicht an die Presse, sondern an lokale Neonazis. (…) Auch in Kassel werde außerdem darüber nachgedacht, eine Solidaritätsstruktur für Lina aufzubauen, um die Soli-Gruppe in Leipzig zu unterstützen. Das befinde sich allerdings noch ganz am Anfang, Ziel sei vor allem, Geld für das voraussichtlich sehr teure und langwierige Gerichtsverfahren zu sammeln. Nicht nur für Lina, sondern auch für die weiteren angeklagten Personen. Die würden bei dem Fokus auf Lina oft vergessen. Außerdem koste allein schon ihr Knastalltag während der Untersuchungshaft viel Geld...“ Artikel von Arthur Becker vom 22.02.2021 bei die-dezentrale.net - Ich komme mit Minirock in dein Fahndungsraster. Über eine brutale junge Frau, schwarz vermummte Antifa-Männer und andere archaische Fantasien
„Der Generalbundesanwalt hat vergangene Woche in Leipzig eine 25-jährige Studentin festnehmen lassen. Lina E. wird vorgeworfen, »eine herausgehobene Stellung« in einer kriminellen Vereinigung von »Linksextremisten«, bei deren Anschlägen gar »das Kommando« gehabt zu haben. Eine brutale junge Frau, die schwarz vermummten Antifa-Männern sagt, wo es langgeht? Nicht nur bei den Ermittlungsbehörden, sondern auch bei einigen Pressekolleg*innen scheint der Verdacht gegen E. geradezu archaische Fantasien durch die Synapsen gejagt zu haben. So schrieb das Nachrichtenportal »tag24«: »Für manche war sie die schöne, schlanke Studentin mit den dunkelblonden, langen Haaren. Für den Generalbundesanwalt ist sie die Anführerin eines hochorganisierten linken Schlägerkommandos.« Auch bei der »BILD« war man der Auffassung, unter dem Titel »Chef-Chaotin im Mini-Rock zum Richter« zunächst das Äußere der 25-jährigen beschreiben zu müssen: »Rote Fingernägel, schwarzer Mini-Rock, offenes Haar – so steigt Lina E. (25) aus dem Hubschrauber der Bundespolizei.« »Die WELT« titelte mit Lina E. als »Kommandoführerin«. Das Verfahren, das sich unter anderem um zwei Angriffe auf Neonazis in Eisenach dreht, richtet sich jedoch gegen über ein Dutzend teils bekannte Personen. Mit Lina E. ist nur eine einzige inhaftiert. Gleich mehrfach durchsuchte man ihre Wohnung. Und aus einer ersten Haft wurde die Frau im Juli nach nur sechs Tagen wieder entlassen. Bei vergangenen Ermittlungen gegen Leipziger Linke mussten immer wieder Beschuldigte mangels hinreichenden Verdachts aus der Haft entlassen werden. Hausdurchsuchungen wurden hinterher für rechtswidrig erklärt, »kriminelle Vereinigungen« schließlich doch nicht gefunden. Das lässt zumindest den Verdacht zu, dass die Behörden auch im Fall der verprügelten Eisenacher Nazis nicht viel mehr als frauenfeindliche Fantasien zu bieten haben. (…) Doch die Fantasie ist wirkmächtig: NS-Propagandisten machten aus Soldatinnen der Roten Armee bedrohliche »Flintenweiber«, die für die »Entartung« des natürlichen Geschlechterverhältnisses im jüdisch imaginierten Kommunismus standen. Sie mussten dazu nur auf ältere Fantasien über Juden und Frauen zurückgreifen, die in der Bevölkerung längst vorhanden waren, und sie mit dem Kommunismus verknüpfen…“ Artikel von Jeja Klein vom 13.11.2020 im ND online
Siehe dazu:
- die Soli-Gruppe “Freiheit für Lina”
- Siehe zur Soko LinX auch [Sachsens „SoKo LinX“] Droht nach linksunten das nächste Verbot? “Die linke Onlineplattform Indymedia im Fokus” des Polizeipräsidenten
- Und zu §129 unsere Rubrik „Terrorismus“bekämpfung und Grundrechte sowie bereits im LabourNet-Archiv (also vor 20212): § 129a