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Mind. 55 Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan streiken auf der Autobahnraststätte bei Darmstadt für ihren Lohn von der polnischen Firmengruppe Mazur
Dossier
„… Der Georgier ist einer von gut 40 Fahrern, die am Donnerstag an der Autobahnraststätte Gräfenhausen-West bei Darmstadt streiken. Die meisten der Männer sind Landsleute von Arveladze oder kommen aus Usbekistan und machen ähnliche Forderungen geltend, im mittleren vierstelligen Euro-bereich. Die vielen blauen, dicht an dicht stehenden Lastwagen gehören zu der polnischen Firmengruppe Mazur und sollen sich so lange nicht bewegen, bis die Beschäftigten das ihnen zustehende Geld oder zumindest einen Großteil davon bekommen. Es ist nicht der einzige Arbeitskampf in dem Unternehmen: Auch in Niedersachsen, Südtirol und der Schweiz legten insgesamt mehr als 100 Osteuropäer die Arbeit nieder und erhoben ihre Stimme. (…) In Kooperation mit georgischen Kolleg:innen unterstützen Edwin Atema von der niederländischen Gewerkschaft FNV und Anna Weirich von der Beratungsstelle Faire Mobilität, die zum Deutschen Gewerkschaftsbund gehört, die Betroffenen…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 31.03.2023 in der FR online („Aufstand der Ausgebeuteten“), siehe weitere Informationen zum Streik gegen die polnische Firmengruppe Agmaz (Agniezka Mazur) und Lukmaz (Lukasz Mazur) auch in der 2. Runde:
- Ermittlungen gegen Transportunternehmer Mazur: Was droht dem Panzer-Paten von Gräfenhausen? Spoiler: Der systematische Betrug geht weiter
„Der legendäre Trucker-Streik von Gräfenhausen war ein voller Erfolg – zumindest für die Fahrer von damals (…)
„Es ist ein gutes Jahr her, seit der polnische Transportunternehmer Łukasz Mazur am Rastplatz Gräfenhausen in der Nähe von Darmstadt anrückte – und zwar in einem Panzerwagen und in Begleitung eines Schlägertrupps. Sein Ziel: seinen streikenden Truckern die Lastwagen wegnehmen! Doch die Fahrer wehrten sich, die Polizei schritt ein und verhinderte weitere gewalttätige Übergriffe (work berichtete). (…) Die Liste der Vorwürfe gegen Mazur und seine Handlanger ist lang. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt unter anderem wegen Landfriedensbruchs, versuchter Nötigung und Körperverletzung sowie Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Allein letzteres – die ungenehmigte Einfuhr von Kriegswaffen – kann dem LKW-Boss eine Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren einbringen. Die Darmstädter Staatsanwaltschaft habe ein Rechtshilfeersuchen an Polen gestellt, berichtet deren ihr Sprecher auf Nachfrage. Es solle festgestellt werden, ob es sich bei dem gepanzerten Fahrzeug der Marke «AMZ TUR VI» – es soll einst für den Afghanistan-Einsatz polnischer Streitkräfte entwickelt worden sein – um eine Kriegswaffe handelt. Die Ermittlungen gegen die Fahrer wegen angeblicher Nötigung wurden hingegen eingestellt – aus Mangel an öffentlichem Interesse. «Das Verfahren hatte gerade das gegenteilige Interesse der Öffentlichkeit an dem Schutz der unter schlechten Arbeitsbedingungen tätigen Beschuldigten der Öffentlichkeit bestätigt», erläuterte die Staatsanwaltschaft. (…) Gegen Mazur wird hingegen auch im bayerischen Memmingen ermittelt – wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Hausfriedensbruch. Hintergrund ist die Pfefferspray-Attacke auf einen usbekischen Fahrer, der im April dieses Jahres auf dem Rastplatz Burgauer See bei Günzburg seinen ausstehenden Lohn einforderte. (…) «Diese kriminellen Aktivitäten müssen verfolgt und hart bestraft werden», fordert Edwin Atema von der gewerkschaftlichen Stiftung Road Transport Due Dilligence (RTDD), die die Trucker unterstützt. «Wir haben jede Woche Mazur-Fahrer, deren Lohn zu spät oder nicht vollständig ausgezahlt wurde. Der systematische Betrug geht weiter.» Und das nun offenbar auch in neuem Gewand: Laut Atema hat Mazur eine neue Firma gegründet – die MLogistyka. Vor einem Jahr habe diese nur eine LKW-Lizenz gehabt, jetzt seien es 378 Lizenzen. «Das einzige, was sich geändert hat, ist der Name – die kriminellen Praktiken von Betrug und Einschüchterung sind dieselben», erklärt der Gewerkschafter. Er sieht die Endkunden in der Pflicht, deren Waren von Mazur transportiert werden. «Nur zu erklären, dass Mazur nicht mehr beauftragt werde, reicht nicht», betont Atema…“ Artikel von Daniel Behruzi vom 23. Juli 2024 bei der workzeitung.ch der Gewerkschaft Unia („Ermittlungen gegen Transportunternehmer Mazur: Was droht dem Panzer-Paten von Gräfenhausen?“) - Ein kritischer Rückblick auf Gräfenhausen: Die Zukunft des Arbeitskampfs. Arbeitgeberverband und Behördenvertreter im Streikkomitee
„Zwei Streiks migrantischer Trucker auf der Raststätte Gräfenhausen galten als die spannendsten Arbeitskämpfe 2023 in Deutschland. Hochrangige Politiker:innen besuchten die Streikenden und internationale Medien berichteten. Die Situation auf den Autobahnen hat sich für die Fahrer jedoch nicht geändert (…) Er [Mazur] bleibt seinem Ruf treu, behandelt neue Fahrer wie eh und je und mit den Beschäftigten in der Verwaltung seiner Unternehmen geht er ähnlich um. Er hat seinen Fuhrpark sogar erweitert. Das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass die Beschriftungen der blauen LKW entfernt worden sind. Sie fahren auch wieder Unternehmen an, die bei den vorherigen Streiks als Auftraggeber kritisiert wurden. Das Geschäftsmodell Mazur breitet sich weiter aus. Zu den überausgebeuteten Fahrern gesellen sich zunehmend indische Trucker. Sie befinden sich in einer noch schwierigeren Lage, sie haben noch größere Summen zahlen müssen, um diesen Job machen zu ›dürfen‹. Die Wünsche, es möge »kein weiteres Gräfenhausen« geben, haben sich erfüllt. Es hat sich unter den migrantischen Fahrern herumgesprochen, dass dort kein siegreicher Kampf mehr geführt werden kann. Es sind tausende Fahrer mit den gleichen Problemen auf den Autobahnen unterwegs, doch seit mehr als einem halben Jahr ist es zu keinem kollektiven Kampf mehr gekommen. Es finden wieder individuelle Auseinandersetzungen statt, die kaum eine Chance auf Erfolg haben…“ Artikel von Karsten Weber in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Ausgabe 7-8/2024 - Die Streiks von Gräfenhausen wirken nach: Immer noch laufen Ermittlungsverfahren, u.a. gegen Auftraggeber wg. Sorgfaltspflichten und gegen Mazur nach Angriff
„Die meisten Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit den Streiks von Gräfenhausen und ein Präventionsprojekt laufen. Es gibt noch viel zu tun gegen die Missstände in der Transportbranche. (…) Ein Jahr und zwei Monate nach dem ersten Streik dauert die Aufarbeitung der Streiks, ihrer Hintergründe und Folgen nach wie vor an. So prüft das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) weiterhin, ob Firmen aus Deutschland im Fall Gräfenhausen gegen ihre Sorgfaltspflichten beim Lieferkettengesetz verstoßen haben. Laut dem Gesetz müssen sie beispielsweise sicherstellen, dass Unternehmen in ihrer Lieferkette keine Verstöße gegen Menschenrechte begehen. Auf FR-Anfrage teilt das Bafa mit, es habe die involvierten deutschen Firmen dazu befragt, ab wann sie Kenntnis von den Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer hatten und was sie danach unternommen hätten. Die Stellungnahmen würden derzeit noch ausgewertet. Zudem erarbeite das Amt – in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften – eine Handreichung für die Transport- und Logistikbranche. Diese solle helfen, vor der Vergabe von Aufträgen zu erkennen, ob ein Transportunternehmen menschenrechtswürdige Bedingungen gewährleistet. (…)
Bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt laufen viele Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Straftaten nach dem Versammlungsgesetz und dem Kriegswaffenkontrollgesetz, versuchter Nötigung und Körperverletzung. Dies hängt vor allem mit Mazurs Versuch zusammen, die Lkw in Gräfenhausen mit Hilfe einer paramilitärischen Privatdetektei wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Die durch Anzeigen von Mazur ausgelösten Verfahren gegen zwei Fahrer wegen des Vorwurfs der Nötigung wurden eingestellt.
In Polen waren die für Transport zuständigen Behörden auf die Mazur-Gruppe aufmerksam geworden und prüften, allerdings ohne große Konsequenzen.
Im April dieses Jahres soll Mazur in Bayern einen Fahrer, der Lohn einforderte, bedroht und angegriffen haben, woraufhin der verletzte Usbeke sich gewehrt haben soll. Der Unternehmer wies auch hier die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft Memmingen teilte der FR jetzt mit, sie ermittle gegen die Beteiligten wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, gegen Mazur auch wegen des Verdachts der „Nötigung, Bedrohung und des Hausfriedensbruchs.“ Artikel von Gregor Haschnik vom 24.06.2024 in der FR online („Die Streiks von Gräfenhausen wirken nach“) - Usbekischer LKW-Fahrer mit Aldi-Ware streikt an bayerischer Raststätte für Lohnauszahlung und wird durch Masur brutal angegriffen – obwohl Mazur bessere Bedingungen versprach und Aldi ihn angeblich nicht mehr beauftragt…
- Lieferketten haben schwarze Löcher: Mazur (kein Einzelfall) schuldet dem verletzten Fahrer 10.000 Euro, ist auf Kaution auf freiem Fuss und behauptet, angegriffen worden zu sein – während sich Aldi Süd „tief betroffen“ zeigt…
- Aldi-Lieferant unter Beschuss: Mazur in erneutem Gewaltskandal
„… Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen ihn ein. Er sei gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung „im mittleren vierstelligen Bereich“ wieder freigelassen worden, teilte die Polizeiinspektion Schwaben Süd-West am Sonntag mit…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 16.04.2024 in der FR online - Transportunternehmer Mazur nach Streit mit Fahrer festgenommen
„… Die Polizei Günzburg hat laut Medienberichten am Samstag den polnischen Transportunternehmer Łukasz Mazur vorübergehend festgenommen. (…) Edwin Atema, Manager der europaweit agierenden Road Transport Due Diligence Foundation (RTDD), der die protestierenden Fahrer von Gräfenhausen in ihrer Auseinandersetzung mit der Unternehmensgruppe Mazur vertreten hatte, bestätigte den Vorfall gegenüber der DVZ. Die Polizei habe auch den usbekischen Fahrer zunächst in Gewahrsam genommen, weil dieser sich in Todesangst mit einem Messer selbst verteidigt hatte; er sei anschließend ohne Auflagen freigelassen worden. (…)
Fahrer wurde monatelang nicht bezahlt
Zu der Situation am Rastplatz Burgauer See im Landkreis Günzburg in Bayerisch-Schwaben sei es gekommen, weil der 31-Jährige wie schon die Fahrer von Gräfenhausen über Monate keine Zahlungen erhalten hatte. „Seit damals hat sich nichts geändert am Vorgehen des Unternehmens“, erklärt Atema. Der Fahrer habe sich in der vergangenen Woche an ihn gewandt, so der Gewerkschafter weiter, weil ihm die Transportfirma inzwischen Zahlungen von rund 10.000 Euro schulde; er könne so nicht mehr weiterarbeiten. In Abstimmung mit dem Gewerkschafter habe der Usbeke daraufhin seinen Vertrag gekündigt und Mazur dazu aufgefordert, mit Atema zu verhandeln; das habe der Firmenchef jedoch abgelehnt. „Anschließend hat sich der Fahrer an Aldi Süd gewandt, weil er Fracht für einen Aldi-Standort geladen hatte“, berichtet Atema weiter. Am darauffolgenden Morgen sei er dann im Schlaf davon überrascht worden, dass Mazur in das abgeschlossene und mit Spanngurten zusätzlich von innen gesicherte Fahrzeug eingedrungen sei und ihn sofort mehrfach mit dem Reizgas besprüht habe.
Der niederländische Gewerkschafter erzählt weiter, dass ihn der Fahrer noch in diesem Moment direkt angerufen habe und er so über Telefon Zeuge des Vorfalls geworden sei. Er habe den 31-Jährigen dann dazu aufgefordert, die Kamera des Mobiltelefons zu aktivieren und das Bild an ihn zu übertragen, um die Geschehnisse zu dokumentieren; er habe das Kamerabild aufgezeichnet und anschließend über seinen Account auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) veröffentlicht. Im Gespräch mit der DVZ berichtet Atema, dass er die Todesangst des Fahrers verstehen könne – aufgrund der Worte, die er mithören konnte. Mazur sei in Begleitung eines Ersatzfahrers die mehr als 1.000 Kilometer weite Strecke aus Polen angereist, um den Usbeken aus der Fahrerkabine zu vertreiben und den Lkw mit einem Ersatzschlüssel wieder in Besitz zu nehmen. (…)
„Mazur ist kein Einzelfall, unsere Mitarbeiter erfahren regelmäßig von ähnlichen Situationen, in denen Fahrer monatelang kein Geld für ihre Arbeit bekommen“, betont er. Solche Transportfirmen seien noch in vielen Lieferketten zu finden, auch von Unternehmen, deren Ladungen bei beiden Streiks von Gräfenhausen gefunden wurden und die anschließend beteuert hatten, die Zusammenarbeit mit Mazur zu beenden. Aus seiner Sicht täten die Auftraggeber dafür nicht genug. (…)
Auch in Polen besteht Unverständnis über die Schilderungen der Ereignisse von Samstag. „Ich kenne nicht alle Umstände dieses speziellen Vorfalls und fühle mich daher nicht qualifiziert, dazu Stellung zu nehmen“, sagt Jan Buczeck, Präsident der Vereinigung internationaler Straßentransporteure (ZMPD) auf Anfrage der DVZ und fügt hinzu: „Sollte jedoch Gewalt angewendet worden sein, so ist dies absolut verwerflich und kann unter keinen Umständen toleriert werden.““ Artikel von Tobias Loew vom 16. April 2024 in dvz.de (Deutsche Verkehrs-Zeitung) - Verletzter Fernfahrer: „Kriminelle Praxis“ in der Logistik?
„Pfefferspray, Todesdrohungen und Lohndumping: Es geht um eine tätliche Auseinandersetzung auf einem schwäbischen Rastplatz – laut Gewerkschaft in der Branche kein Einzelfall. Der Speditionschef bestreitet alles. Was die Gewerkschaft fordert. (…)
Nach der tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem usbekischen Lkw-Fahrer und seinem polnischen Speditionschef auf einem Rastplatz im Landkreis Günzburg (Burgauer See) bestreitet das Transportunternehmen nun auf BR-Anfrage sämtliche Vorwürfe – im Namen des Geschäftsführers. Der Fahrer habe den Speditionschef mit einem Messer angegriffen – und nicht andersherum. Zudem hätten der Fahrer und Edwin Atema eine „absurde“ Summe von 10.000 Euro gefordert, im Gegenzug für die Fahrzeugschlüssel. Zum Vorwurf der zurückgehaltenen Löhne ließ das Unternehmen mitteilen, dass alle Gehälter rechtzeitig und gemäß den Vertragsbedingungen ausgezahlt worden seien. Die zuständige Polizei in Günzburg hält demgegenüber die Schilderungen des Fahrers nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen für glaubwürdig.
So werden zurückgehaltene Löhne begründet
Als Begründung für zurückgehaltene Löhne werde laut Edwin Atema oft angeführt, dass die Fahrer geblitzt worden seien oder die Unternehmen andere Bußgelder für sie bezahlen müssen – und sich dadurch der Lohn verringere. Belege für die vermeintlichen Vergehen würden den Fahrern aber keine gezeigt, kritisiert Atema. (…)
Die Fahrer des polnischen Spediteurs sind laut Gewerkschaft für verschiedenste deutsche Unternehmen unterwegs: Eines davon ist die Discounterkette „Aldi Süd“. Von dort hieß es am Montag auf BR-Anfrage, dass die Vergabe von Transportaufträgen entsprechend überprüft werde. Laut eigenen Angabe habe die Unternehmensgruppe zu keinem Zeitpunkt „direkte Vertragsbeziehungen“ zu zwei der Unternehmen, LUK MAZ und AGMAZ, des umstrittenen Spediteurs gehabt. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, würden sämtliche Transportaufträge verboten, die an Firmen der Mazur-Gruppe gingen, so Aldi Süd. Man sei tief betroffen und prüfe rechtliche Schritte.
Lücken im Lieferkettengesetz
Verstöße gegen das Lieferkettengesetz können laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) weiter bestehen, da sogenannte Transportbörsen Aufträge zwischen Unternehmen und Speditionen über eine Kombination verschiedener Subunternehmer vermitteln – darunter laut DGB nach wie vor die Mazur-Gruppe, trotz der bekannten Vorfälle. Der DGB fordert deshalb eine gesetzliche Einschränkung dieser Subunternehmerketten – für mehr Transparenz und gegen ausbeuterische Geschäftsmodelle.“ Beitrag von Andreas Herz und Anna Klein vom 15.04.2024 in BR24 mit Video
- Aldi-Lieferant unter Beschuss: Mazur in erneutem Gewaltskandal
- Aldi-Lieferant unter Beschuss: Mazur in erneutem Gewaltskandal
„Lukasz Mazur, polnischer Transportunternehmer, steht erneut im Fokus der Ermittlungen. Diesmal geht es um einen gewalttätigen Vorfall an einer bayerischen Raststätte. Der polnische Transportunternehmer Lukasz Mazur ist offenbar erneut gewalttätig gegen einen Fahrer vorgegangen, der auf Lohnzahlungen bestand. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen ihn ein. Er sei gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung „im mittleren vierstelligen Bereich“ wieder freigelassen worden, teilte die Polizeiinspektion Schwaben Süd-West am Sonntag mit. (…) Im aktuellen Fall hatte ein 31-jähriger usbekischer Fahrer sich an der bayerischen Autobahn-Raststätte Burgauer See geweigert weiterzufahren. „Da er keine Gehaltszahlungen mehr empfangen hatte, rief er seinen Chef an und reichte telefonisch seine Kündigung ein“, berichtete die Polizei. Am frühen Samstagmorgen sei der 41-jährige Unternehmenschef „zusammen mit einem Ersatzfahrer und einem weiteren Mitarbeiter“ an der Rastanlage eingetroffen, „um die Weiterfahrt des Lkw zu gewährleisten“. Hierbei habe es „eine körperliche Auseinandersetzung“ gegeben.
Doch Lieferungen an Aldi Süd?
Nach Angaben des niederländischen Gewerkschafters Edwin Atema, der sich europaweit für Lkw-Fahrende einsetzt, habe Mazur den Wagen aufgebrochen und den Fahrer mit Pfefferspray angegriffen. „Der Fahrer dachte wirklich, dass er sterben sollte“, berichtete Atema, nachdem er zu dem Opfer gefahren war. Der attackierte Usbeke soll sich mit einem Messer gewehrt haben. Auch gegen ihn wird laut Polizei ermittelt.
Der Lastwagen hatte nach Informationen der FR in Italien Pastasaucen geladen und sollte sie zu einem Logistikzentrum in Baden-Württemberg bringen – für Aldi Süd. Das ist bemerkenswert, denn der Discounter hatte vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass seine Lieferanten wegen der schwelenden Vorwürfe keine Aufträge an Mazurs Firmen Lukmaz und Agmaz vergeben dürften. Gewerkschafter Atema sagte der FR, bei ihm gingen jede Woche Beschwerden von Fahrenden ein, die mit Mazur-Lkw für Aldi Süd unterwegs seien. Allein in der vergangenen Woche habe es drei solche Fälle gegeben. Aldi Süd hat betont, dass es „zu keinem Zeitpunkt direkte Vertragsbeziehung zu den beiden Transportunternehmen“ von Mazur unterhalten habe…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 14.04.2024 in der FR online - Eskalation zwischen Lkw-Fahrer und Chef – Fall mit Vorgeschichte
„Ein Streit eines Lkw-Fahrers mit einem polnischen Logistikunternehmen hat einen Polizeieinsatz ausgelöst. Auf einem Rastplatz an der A8 in Schwaben beendeten Einsatzkräfte die handgreifliche Auseinandersetzung. Der Spediteur ist kein Unbekannter.
Eine körperliche Auseinandersetzung zwischen einem Lkw-Fahrer und seinem Chef hat am Samstagmorgen für einen Polizeieinsatz auf einem Rastplatz an der A8 bei Jettingen-Scheppach gesorgt. Laut Polizei hatte ein 31-jähriger usbekischer Kraftfahrer seinen Sattelzug auf der Rastanlage Burgauer See geparkt. Telefonisch reichte er seine Kündigung bei seinem Arbeitgeber ein, da er keine Gehaltszahlungen mehr empfangen hatte.
Klappmesser und Pfefferspray
Am frühen Samstagmorgen traf der 41-jährige Unternehmenschef der polnischen Logistikfirma zusammen mit einem Ersatzfahrer und einem weiteren Mitarbeiter an der Rastanlage ein, um für die Weiterfahrt des Lasters zu sorgen. Hierbei kam es zu einem handgreiflichen Streit zwischen dem ehemaligen Angestellten und dem Unternehmenschef. Ein Klappmesser und ein Reizstoffsprühgerät kamen zwischen den Streitenden zum Einsatz. Beide wurden festgenommen und anschließend in einem Krankenhaus medizinisch versorgt. Gegen beide Männer wird nun wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt. Der Unternehmensleiter musste eine Sicherheitsleistung im mittleren vierstelligen Bereich entrichten…“ Beitrag von Susanne Hofmann vom 14.04.2024 in BR24 - „Transport-„Chef“ Lukasz Mazur (Lukmaz-Agmaz-Mlogistyka) griff gestern auf einem deutschen Parkplatz einen usbekischen LKW-Fahrer mit Pfefferspray an. Der Fahrer fürchtete zu sterben, weil Mazur drohte, ihn zu töten…“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 14. Apr. 2024 mit Video
- „Der kriminelle Logistikunternehmer Mazur greift persönlich auf einen Rastplatz in Bayern einen LKW-Fahrer aus Usbekistan an. Er will den LKW kapern wie in #Gräfenhausen. Geladen ist Fracht von #Aldi. Mazur muss endlich die Transportlizenz entzogen werden…“ Tweet von Stefan Körzell vom 14.4.24 zum Video von Edwin Atema – und kurz zuvor:
- Menschenrechtsverstöße: Aldi Süd bricht mit polnischen Transportfirmen [Jetzt erst???]
„Aldi Süd zeigt zwei polnischen Transportfirmen die Rote Karte. Der Discounter fordert seine Lieferanten auf, keine Aufträge mehr an die Mazur-Unternehmen zu vergeben.
Die Discounterkette Aldi Süd zeigt zwei polnischen Transportfirmen der Mazur-Gruppe die Rote Karte. In einem Schreiben forderte Aldi seine Lieferanten dazu auf, keine Transportaufträge mehr an die Mazur-Unternehmen Lukmaz und Agmaz zu vergeben. Der Discounter erwarte „auch von seinen Geschäftspartner:innen sowie deren Partner:innen die Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten“, teilte eine Sprecherin von Aldi Süd der Frankfurter Rundschau auf Anfrage mit. Die beiden Firmen des polnischen Speditionsunternehmers Lukasz Mazur aber hätten „potenzielle Verstöße bisher nicht vollumfänglich aufgeklärt“. Die Sprecherin betonte, Aldi Süd habe „dabei zu keinem Zeitpunkt direkte Vertragsbeziehung zu den beiden Transportunternehmen unterhalten“. Ob es ein ähnliches Vorgehen auch mit Blick auf andere Unternehmen gebe, wollte Aldi nicht sagen…“Artikel von Pitt von Bebenburg vom 10.04.2024 in der FR online
- Lieferketten haben schwarze Löcher: Mazur (kein Einzelfall) schuldet dem verletzten Fahrer 10.000 Euro, ist auf Kaution auf freiem Fuss und behauptet, angegriffen worden zu sein – während sich Aldi Süd „tief betroffen“ zeigt…
- Drei Monate nach dem Streik: Lastwagenfahrer, die seit Mai von Mazur kein Gehalt bekommen haben, versammeln sich erneut an der Raststätte Gräfenhausen
- Der angebliche Erfolg des wilden Streiks in Gräfenhausen hat bitteren Beigeschmack – wie hätten Gewerkschaften den Streik besser unterstützen können/sollen?
- [„Dutzende deutsche Großunternehmen hatten Waren auf den Lastern des Mazur-Konzerns.“] Ausbeutung in der Transportbranche: Gräfenhausen soll sich nicht wiederholen
„Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle will die Lage in der Transportbranche verbessern und ein „weiteres Gräfenhausen“ verhindern. Bei einer Kontrolle der Frachtpapiere der Fahrer gab es eine negative Überraschung. Dutzende deutsche Großunternehmen hatten Waren auf den Lastern des Mazur-Konzerns. Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), betont, die Mehrzahl der deutschen Unternehmen verhalte sich beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorbildhaft. Die Firmen bemühten sich darum, dass Menschenrechte und andere Standards in ihrer Lieferkette eingehalten werden. Doch in einem viel beachteten Fall wurde Safarik, dessen Behörde über die Einhaltung des Gesetzes wachen soll, „negativ überrascht“: als er und seine Mitarbeitenden die Frachtpapiere sahen, die ihnen die in Gräfenhausen streikenden Lkw-Fahrer kürzlich zur Verfügung stellten. (…) In rund 1000 ausgewerteten Dokumenten tauchten nach Bafa-Angaben 58 und somit fünf Prozent aller Firmen in Deutschland auf, die wegen ihrer Größe das LkSG einhalten müssen. Mazur war offenbar ein Teil ihrer Lieferkette. 284 Nennungen wurden gezählt; die häufigsten Unternehmensnamen kamen gut 40-mal vor. Und das, obwohl bereits der erste Streik in Gräfenhausen im Frühjahr breite Aufmerksamkeit bekommen und ein grelles Schlaglicht auf die Bedingungen beim Konzern aus Polen geworfen hatte. In Frachtunterlagen, die der FR vorliegen, tauchen Baumärkte wiederholt auf. (…)
Safarik und seine Fachleute wollen in Erfahrung bringen, wie Mazur trotz des ersten Streiks noch so oft beauftragt werden konnte, und wichtige Schlüsse daraus ziehen. Im Sommer 2024 will das Bafa, das sich auch als Partner der Wirtschaft sehe, eine „Handreichung“ für Unternehmen veröffentlichen. Sie solle etwa zu einer besseren Risikoanalyse beitragen – und unter anderem die beim Transport weit verbreitete Untervergabe von Aufträgen an Dritte in den Blick nehmen sowie den Spotmarkt. Auf diesem sogenannten Heute-und-jetzt-Markt treffen Angebot und Nachfrage aufeinander, wobei Transporte in der Regel schnell vergeben werden und der Günstigste den Zuschlag erhält. Beide Prinzipien führen mitunter dazu, dass Firmen, die Standards missachten, zum Zuge kommen und der Überblick über die Lieferkette – wenn er angestrebt wird – fehlt. Safarik nahm die Großunternehmen auch in die Pflicht. Wenn sich Risiken andeuteten, brauche es eine detaillierte, tiefer gehende Analyse. Das Bundesamt prüft derzeit, ob Firmen aus Deutschland im Fall Gräfenhausen gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen haben. Ergebnisse, etwa zu möglichen Bußgeldern und anderen Sanktionen, lägen noch nicht vor, die Verfahren befänden sich noch am Anfang. Alle Genannten seien um Stellungnahme gebeten worden. (…)
Positiv bewertete er, dass Unternehmen aus der Kette – unabhängig von einer eventuellen rechtlichen Verantwortung – den Streikenden aus „humanitären Gründen“ Geld gegeben hätten: „Der Hungerstreik musste so schnell wie möglich beendet werden.“ Die betroffenen Trucker seien in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand gewesen…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 17.10.2023 in der FR online - Lohndumping in Logistik-Branche: Wie Gewerkschaften Streiks besser unterstützen
„Die wilden Streiks der LKW-Fahrer in Gräfenhausen waren erfolgreich. Aber an Lohndumping und Intransparenz durch Speditionsunternehmen haben sie nichts geändert. Gewerkschaften könnten künftige Arbeitskämpfe nachhaltiger unterstützen (…) Man muss jedoch kein Hellseher sein, um vorauszusehen, dass ein ähnlicher Streik jedezeit wieder vorkommen kann. Die Fahrer sind in der Logistikbranche beschäftigt, dem größten europäischen Wirtschaftssektor nach Industrie und Handel. Die Arbeitsverhältnisse sind geprägt durch Sub-Unternehmertum und Lohndumping, von dem auch deutsche Unternehmen profitieren. Auch das neue Lieferkettengesetz greift hier nicht.
In der Vergangenheit wurden wilde Streiks von den DGB-Gewerkschaften oft ignoriert, mitunter auch bekämpft. Das war in Gräfenhausen anders. (…) Aber die wichtige Frage, gerade für Gewerkschaften, ist jetzt: Wie können diejenigen unterstützt werden, die der Lohndrückerei schutzlos ausgeliefert sind? Bei wilden Streiks entstehen unübersichtliche, spontane Situationen. Da gilt es, unter schnell sich ändernden Bedingungen Unterstützung zu organisieren. Auch langfristige gewerkschaftliche Anbindung dürfte ob der Beschäftigungsverhältnisse kompliziert sein – aber warum keine solidarische Streikkasse für solche Fälle bereitstellen?
Woher kam das Geld, das den Streik beendet hat?
Streikkassen sind die gut gehüteten Geheimnisse der Gewerkschaften, die den Fortgang eines Streiks erst möglich machen. Vielleicht hätte Streikgeld, das die spontan streikendenFahrer nach Hause hätten schicken können, den Streik in Gräfenhausen zu einem wirklichen Erfolg machen können. Denn dieser hier hat einen bitteren Beigeschmack: Es war nicht der Spediteur Mazur, der die ausstehenden Löhne der Fahrer bezahlt hat. (…) Wäre es nicht besser gewesen, Geld zum nachhaltig erfolgreichen Fortgang des Streiks einzusetzen, als mit Summen aus unklaren Kanälen zur kurzfristigen Befriedung beizutragen? Am Kräfteverhältnis zwischen den Fahrern und ihrem Spediteur dürfte sich so jedenfalls kaum etwas geändert haben.“ Artikel von Nina Scholz vom 13.10.2023 im Freitag online - Wo ist unser Transparent geblieben?
„Der zweite Streik in Gräfenhausen unterschied sich stark von dem ersten. Beim ersten gab es einen Enthusiasmus, bei einem geschichtsträchtigen Arbeitskampf mit Lebensmittelspenden und Anwesenheit „dabei“ zu sein. Mazur hat mit seiner bekloppten Idee, mit dem Panzerwagen und der Rutkowski Schlägertruppe aufzutauchen, sogar die Weltpresse begeistern können. Wer gut und wer böse ist, war klar zu erkennen und jeder wollte dazu beitragen, daß die Guten gewinnen. (…) Fahrer aus einem halben Dutzend Staaten haben aufgehört in dem System brutaler Ausbeutung auf Europas Straßen mitzuspielen und ihre Arbeit verweigert. Sie haben die Spielregeln gebrochen und einen Ansatz geliefert, gegen die Extremausbeutung vorzugehen, die tausende Fahrer betrifft. Sie sind echte Working Class Heroes. Sie sind nicht nur stehengeblieben, sie haben die Fahrzeuge samt Ladungen beschlagnahmt und rütteln dem mafiös organisierten Transportsystem. Sie wurden von den Gewerkschaften nicht als Vorhut eines Kampfes für bessere Arbeitsbedingungen gesehen, sondern als arme, um die Lohn geprelle Menschen aus fremden Ländern. Man wollte sich auf ordentlich deutsche Weise darum kümmern, daß die Ärmsten zu ihrem Recht kommen und redete mit Behörden, Unternehmern, Politikern und Medien. Die Fahrer waren nicht mehr handelnde oder gar kämpfende Menschen, ihre Rolle war, hilfsbedürftig zu sein. (…) Der Kern des Wilden Streiks ist doch, daß Arbeiter verschiedenster Nationalität gemeinsam einen Kampf begonnen haben, der mit Unterstützung weiterer Arbeiter geführt wurde. Die Streikenden erfuhren praktische Solidarität von Truckern unterschiedlicher Nationalität und die Lebensmittelspenden kamen großteils von einfachen Menschen aus der Region. Das ist keine Mildtätigkeit, das ist Klassenkampf! Wir wollten das auch so deutlich machen und brachten den Streikenden ein Transparent mit den Worten: INTERNATIONAL WORKERS SOLIDARITY! Sie waren sofort angetan von dem Transparent. (…) Doch bevor die sozialdemokratische Europaabgeordnete Gaby Bischoff im Streikcamp eintraf, wurde das Transparent abgehängt. Wir würden gern eine Erklärung dazu von den Verantwortlichen hören! Sind euch die Grundlagen der Arbeiter:innenbewegung peinlich? Wollt ihr von Arbeitern und Internationaler Solidarität nichts wissen? Es scheint fast so…“ Bilanz von Kuddel vom 11.Oktober 2023 in chefduzen.de - „A never ending Story
Mazur hat eine seiner Speditionen verkauft. Er brauchte wohl Cash, doch er denkt nicht ans Aufhören. Aus Polen war zu hören, daß er es nun auch in einem anderen Bereich versucht: Kleintransporter in der Sprinterklasse.
Genau dieser Bereich gilt als noch berüchtigter als der Transport per LKW. Die Lieferwagen bewegen sich weitgehend unter dem Radar. Es gibt keine Pflicht zu einem Fahrtenschreiber. Das Nichteinhalten der Lenk-und Ruhezeiten ist normal. Viele Fahrer übernachten in den Fahrzeugen. Sie haben aber nicht den LKW Luxus eines Betts in der Kabine. Sie müssen eine Matratze zwischen den Waren auslegen.
Unterm Strich bedeutet es, daß Mazur sich derart gut vernetzt in Politik und Justiz sieht, daß es für ihn keinen Grund aufzuhören gibt.
Gräfenhausen 3.0?
Aber auch in Deutschland sieht es nicht nach einer Lösung, sondern nach einem Dauerkonflikt aus. Der Branchenverband BLV spricht von einem „faulen Kompromiß“ (…) Von Fahrerseite gibt es zu hören, daß sie bei der Bezahlung nicht gleich behandelt würden. Einem Fahrer würden 2500€ fehlen, er hat also nur 73% bekommen.“ Beitrag von Kuddel vom 6.10.2023 in chefduzen.de - „Die Bezahlung der Fahrer scheint zu klappen.
Es gibt weiterhin eine Unzufriedenheit über die Geheimniskrämerei zur juristischen Situation der Fahrer. Es gibt widersprüchliche Meldungen über die Einstellung aller juristischen Verfahren gegen die Streikenden. Das wäre über die Vorlage der entsprechenden schriftlichen Einigung mit Mazur zu klären, doch in dieser wichtigen Frage gibt es Aussagen, die nicht belegt wurden. Dieser Disput setzt sich fort. Man nimmt den Truckern übel, sich gewehrt zu haben. Es scheinen Schwarze Listen erstellt zu werden. Ein usbekischer Fahrer findet trotz Fahrermangels keinen neuen Job.“ Beitrag von Kuddel vom 5.10.2023 in chefduzen.de
- [„Dutzende deutsche Großunternehmen hatten Waren auf den Lastern des Mazur-Konzerns.“] Ausbeutung in der Transportbranche: Gräfenhausen soll sich nicht wiederholen
- Wiederholung wg Verwirrung in der Presse: Nicht Mazur, „eine Koalition von Verantwortungsträgern aus der Lieferkette“ erstattet 90% der Lkw-Hungerlöhne
- Truckerstreik in Gräfenhausen: Mazur-Konzern bestreitet Einigung
„Das Unternehmen habe die streikenden Lkw-Fahrer in Gräfenhausen weder bezahlt noch eine Vereinbarung unterschrieben, heißt es. Der FR liegt aber ein Vertrag über den Verzicht auf juristische Schritte gegen die Trucker vor. Eine Vertreterin des polnischen Mazur-Konzerns hat eine Einigung mit den Lkw-Fahrern, die bis vor kurzem in Gräfenhausen gestreikt haben, bestritten. Das Unternehmen hat demnach angeblich keine Vereinbarung mit den Truckern unterschrieben und auch nicht mit deren Verhandlungsführer, dem niederländischen Gewerkschafter Edwin Atema. Das teilte Finanzdirektorin Magdalena Kurek am Montag mit. (…) Der Frankfurter Rundschau liegt unter anderem ein Vertrag mit einem Stempel der Mazur-Firma Agmaz und einer Unterschrift vor. Darin heißt es sinngemäß, das Unternehmen bestätige, dass es alle Vorwürfe gegen den betreffenden Fahrer zurückziehe, keine neuen erheben und dies auch den zuständigen Behörden mitteilen werde. Dieser Aspekt war den Truckern sehr wichtig. (…) Nach zwei österreichischen beteiligten sich auch deutsche Firmen aus der Lieferkette an den Zahlungen. Der DGB sprach in dem Zusammenhang von „einer Koalition von Verantwortungsträgern“ und einer großen Zahl von „Spenden“. Keine näheren Angaben gab es zu der Frage, ob und welche Summen von Mazur flossen und welche von seinen Auftraggebern – die vorher durch die Politik und Prüfungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in die Pflicht genommen worden waren. Dem Vernehmen nach soll Mazur nach den ersten Zahlungen am Anfang tatsächlich kein Geld mehr überwiesen haben…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 03.10.2023 in der FR online und zuvor: - Nach Ende des Lkw-Fahrerstreiks: Unternehmen bestreitet Einigung
„… Die polnische Spedition hat eine Einigung im Konflikt mit den streikenden georgischen und usbekischen Lkw-Fahrern vehement abgestritten. Die Finanzchefin des Unternehmens, Magdalena Kurek, betonte am Montag (2. Oktober), dass es keine Unterzeichnung einer Vereinbarung mit den Streikenden oder ihrem Verhandlungsführer, dem niederländischen Gewerkschaftsführer Edwin Atema, gegeben habe. Sie fügte hinzu, dass das Unternehmen auch keine Zahlungen an die Fahrer getätigt habe. Kurek erklärte, dass die Spedition plant, „die Angelegenheit auf rechtlichem Weg“ zu regeln. Nachdem die Fahrer ihre Lkw am Wochenende an die Spedition zurückgegeben hatten, „zogen wir unsere Ansprüche im Zusammenhang mit der Unterschlagung der Autos zurück“, so Kurek. Die Spedition hatte zuvor bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt Anzeige wegen Erpressung gegen die Fahrer erstattet…“ Artikel von Anna Kirschner vom 02.10.2023 in der FR online und auch die FAZ: - Fahrer haben Geld aus unbekannter Quelle erhalten
„Die zweieinhalb Monate lang von Lkw-Fahrern in Gräfenhausen bestreikte Unternehmensgruppe hat offenbar keinen finanziellen Beitrag zur Beilegung des Konflikts geleistet. Die Fahrer hätten nach langen Diskussionen verstanden, dass die polnischen Transportunternehmen Agmaz und Lukmaz nicht zahlen würden, teilte Agmaz-Finanzchefin Magdalena Kurek am Dienstag auf Anfrage mit. Sie bestätigte damit einen Bericht der Nachrichtenagentur dpa. Die zuletzt rund 70 Fahrer hatten am Samstag den Streik beendet. Zuvor hatten sie nach Angaben ihres Verhandlungsführers, des niederländischen Gewerkschafters Edwin Atema, Geld erhalten. Wie viel oder woher, war allerdings unklar. Atema sagte auf Fragen dazu am Wochenende nur: „Nicht alles Geld kommt aus Polen.“ (…) Die Unternehmen der Mazur-Gruppe sicherten nach Darstellung Atemas aber schriftlich zu, Strafanzeigen gegen die Fahrer zurückzuziehen und auf weitere rechtliche Schritte zu verzichten. Als Beleg dafür schickte er der F.A.Z. ein Foto einer Din-A-4-Seite mit einem kurzen Text in drei Sprachen – Deutsch, Polnisch und Russisch. In der deutschen Fassung steht: „Mit diesem Schreiben bestätigt Agmaz/Lukmaz, dass Agmaz/Lukmaz alle Vorwürfe gegen Herrn … zurückzieht und in Zukunft keine neuen Vorwürfe zum Streik in Gräfenhausen, Deutschland, erheben wird. Agmaz/Lukmaz wird die zuständigen Behörden über dieses Schreiben informieren.“ Das abfotografierte Dokument trägt einen Agmaz-Stempel sowie eine Unterschrift, der Name des Unterzeichners ist nicht genau zu erkennen. Vor Rückgabe jedes Lastwagen hätten Unternehmensvertreter ein solches Dokument für den jeweiligen Fahrer unterzeichnet, sagte Atema. Auf dieselbe Weise sei man kurz zuvor bereits mit den rund 20 Lastwagen des Unternehmens Imperia verfahren, das zu Beginn des Streiks ebenfalls zur Mazur-Gruppe gehört habe, zwischenzeitlich aber den Besitzer gewechselt hat. Agmaz-Finanzchefin Kurek bestätigte am Dienstag, man habe die Lkw wieder. Ansonsten bestehe „keine Beziehung mehr zu den protestierenden Fahrern“. Von einer „Einigung“ mit Agmaz oder Lukmaz könne keine Rede sein…“ Artikel von Barbara Schäder vom 03.10.2023 in der FAZ online- Sofern die Fahrer wirklich das Geld erhalten haben (???) ist die Aufregung nicht nachzuvollziehen, denn es stand ja bereits am Freitag fest, dass das Geld nicht von Mazur kommt, dieser lediglich alle Anzeigen zurück zieht – siehe hier weiter unten die letzten Meldungen.
Siehe auch zu den Zusammenhängen mit dem LkSG:
- Sofern die Fahrer wirklich das Geld erhalten haben (???) ist die Aufregung nicht nachzuvollziehen, denn es stand ja bereits am Freitag fest, dass das Geld nicht von Mazur kommt, dieser lediglich alle Anzeigen zurück zieht – siehe hier weiter unten die letzten Meldungen.
- [ITF] Die Streikenden von Gräfenhausen zeigen, dass die Solidarität der Arbeitnehmer die Verantwortung in der Lieferkette stärken kann
„… Der Streik in Gräfenhausen hat erneut die Probleme im europäischen Straßenverkehr und insbesondere die Probleme der grenzüberschreitenden Fahrer in Europa, insbesondere von Drittstaatsangehörigen aus Ländern außerhalb der EU, ans Licht gebracht. Die extrem schlechten Arbeitsbedingungen von Drittstaatsangehörigen sind ein Beweis für die strukturellen Mängel des Straßentransportsektors und das nicht nachhaltige Geschäftsmodell, auf dem er aufgebaut ist. Die Kampagne für Gerechtigkeit für diese Fahrer hat auch die Verantwortung der multinationalen Straßentransportunternehmen für Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten aufgezeigt. Edwin Atema von der Stiftung für Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr, der in Gräfenhausen vor Ort war, sagte: „Der längste und internationalste Lkw-Fahrerstreik, den Europa je gesehen hat, ist beendet. Alle Forderungen und Anklagen, die gegen die Gräfenhausener Fahrer erhoben wurden, sind zurückgezogen worden und die Gelder wurden gezahlt.“ „Diese Fahrer waren in den Lieferketten des europäischen Straßentransports unsichtbar, aber jetzt haben sie den Weg für grundlegende Veränderungen bereitet. Sie sind nicht mehr unsichtbar, sondern unbesiegbar. Alle Fahrer in Europa und die verantwortlichen Unternehmen können sich bei den Gräfenhausener Fahrern für den Sieg bedanken, den sie errungen haben.“ (…) ETF-Generalsekretärin Livia Spera sagte: „Die Fahrer in Gräfenhausen haben gezeigt, dass die Rechte der Arbeitnehmer eher respektiert werden, wenn sie sich organisieren. Sie haben aber auch das Problem der Ausbeutung von Drittstaatsangehörigen im Straßentransportgewerbe beleuchtet und die Notwendigkeit einer strengen Überwachung ihrer Beschäftigungsbedingungen, ihres rechtlichen Status und der Einhaltung der Sozialvorschriften durch die Betreiber aufgezeigt, unabhängig von ihrer Position innerhalb der Lieferkette.“ Spera sagte, dass dieser Streik beispielgebend sei und die Notwendigkeit systematischer Inspektionen der in Europa tätigen Lieferketten unterstreiche. Auch wenn dies ein bedeutender Schritt nach vorn ist, geht der Kampf um Würde und Respekt für alle Fahrer weiter…“ engl. Stellungnahme vom 3.10.2023 des ITF (European Transport Workers‘ Federation)(„Gräfenhausen strikers demonstrate that supply chain accountability is possible through workers’ solidarity“, maschinenübersetzt) - “Powered by the Supply Chain”: Der Streik in Gräfenhausen und die Rechtskämpfe um das neue Lieferkettengesetz
„… Erst im zweiten Streik in Gräfenhausen wurden aber nun auch die Bezüge zum LkSG deutlich. Wie unser Forschungsteam vor Ort beobachten konnte, klebte an jeder LKW-Tür ein Din-A4 Plakat, auf dem jeweils prominent die Namen der Endkunden ihrer geladenen Waren standen. Außerdem waren auf den Zetteln die jeweiligen Summen der ausstehenden Löhne vermerkt. Zwar wurde in erster Linie Lukasz Mazur auf verschiedenen Illustrationen und Slogans als »Schuldner« angeprangert, doch die Streikenden hatten zusätzlich die Codes of Conduct und ethische Grundsätze von Unternehmen wie DHL und Dachser ausgedruckt und an der Rückwand eines LKWs befestigt, der als Streikzelt und Infopoint diente. Damit machten sie auf die Verantwortung der Endkunden in den Lieferketten aufmerksam und auf den Kontrast zwischen Anspruch und Realität ihrer ethischen Grundsätze. Stickers mit dem Slogan »Powered by the supply chain« zierten einige der blauen LKW-Planen. Am 19. August hatten die Fahrer beschlossen, die Endkunden ihrer Frachtpapiere öffentlich zu machen. Denn Mazur selbst ist mit seinen drei Sub-Unternehmen LUKMAZ, AGMAZ und Imperia, von denen letzteres kürzlich verkauft wurde, nur eines von vielen Gliedern in den Lieferketten von DHL, Kühne und Nagel, Porsche, Audi, VW, DB Schenker und anderen Unternehmen. Diese sahen sich teilweise durch die Veröffentlichung ihrer Firmennamen in Verbindung mit dem Streik und dem LkSG zum ersten Mal gezwungen, transparent zu machen, in welcher Verbindung sie zu einem Unternehmen stehen, das mitten in Europa Hungerlöhne zahlt – oder selbst diese verwehrt, wie die Streikenden gezeigt haben. (…)
Im Hinblick auf das LkSG geht es um die Prüfung verschiedener Verstöße der in Paragraf 2 des LkSG »geschützten Rechtspositionen«. Ein »menschenrechtliches Risiko«, wie es § 2 Abs. 2 LkSG beschreibt, kann hier in Bezug auf fehlende Maßnahmen gegen körperliche und geistige Ermüdung (§ 2 Abs. 2 Nr. 5c LkSG), etwa durch lange Arbeitszeiten und mangelnde Ruhepausen in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist auch das Vorenthalten eines angemessenen Lohnes (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG), das nach Art. 7 lit. a des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte als Menschenrecht konkretisiert ist, worauf das LkSG Bezug nimmt. Der Lohn muss dabei mindestens so hoch liegen wie der anwendbare Mindestlohn und richtet sich nach dem Beschäftigungsort. Die niedrigen Löhne sind allerdings nur ein Aspekt der Ausbeutung. Zusätzlich berichteten Fahrer immer wieder, dass sie zum Teil seit einem Jahr nicht mehr zu Hause gewesen seien, dass das Geld für eine Heimreise jedoch nicht ausreiche und sie unter Druck stünden, weiterzuarbeiten und oft bis zu 15 Stunden am Tag unterwegs seien. (…) Dieser Kampf einer globalisierten Arbeiter:innenklasse findet in dem LkSG einen rechtlichen Anknüpfungspunkt im Sinne einer institutionellen Machtressource. Der qualitative Sprung dieses zurecht als “Baustein eines transnationalen Arbeitsrechts”8) beschriebenen Gesetzes besteht darin, dass es eine rechtliche Bindung der Unternehmen an die ILO-Übereinkommen herbeiführt, sodass alleine die Drohung damit Wirkung zeigen kann. Das LkSG entspricht allerdings zugleich dem Interesse vor allem transnational agierender Unternehmen. Denn der Kern des Gesetzes, die »Sorgfaltspflicht«, verpflichtet die Unternehmen nicht unmittelbar dazu, Rechtsverletzungen in der Lieferkette zu verhindern, sondern zunächst lediglich zur Etablierung bestimmter Managementprozesse im Rahmen der zu erwartenden Sorgfalt. Dies versetzt sie prinzipiell in die Lage, sowohl die Menschenrechtskritik aufzunehmen als auch eine grundlegende Krise der Produktion abzuwenden.9) Die Auseinandersetzungen um die Anwendung und Auslegungen des Gesetzes werden daher in den nächsten Jahren weitergehen.“ Artikel vom 03 Oktober 2023 im Verfassungsblog von Sonja Buckel, Anne Engelhardt, Judith Kopp, Maximilian Pichl , Christian Scheper und Carolina A. Vestena - Siehe unser Dossier: Initiative Lieferkettengesetz
- Truckerstreik in Gräfenhausen: Mazur-Konzern bestreitet Einigung
- Lkw-Streik in Gräfenhausen (erfolgreich?) nach 9 Wochen (ohne Streikgeld) beendet: Nicht Mazur, „eine Koalition von Verantwortungsträgern aus der Lieferkette“ erstattet (nach Druck von Behörden?) nur 90% der Lohnforderungen…
- Einigung mit Spedition Lkw-Streik auf A5-Raststätte Gräfenhausen beendet – Fahrer werden ausbezahlt
„Mehr als zwei Monate hatten dutzende Lkw-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen für die Auszahlung ausstehender Löhne gestreikt. Zeitweise befanden sich einige von ihnen im Hungerstreik. Nun einigte man sich mit dem säumigen Speditionsunternehmen. Nach mehr als zwei Monaten ist der Lkw-Fahrer-Streik an der A5-Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) am Freitag beendet worden. Die Streikenden und ihre Unterhändler erzielten eine Einigung mit der polnischen Spedition, für welche die Streikenden tätig waren. Die Lkw-Fahrer sollen einen großen Teil ihres geforderten Geldes ausgezahlt kriegen. Ob das Geld allerdings von der bestreikten Spedition oder einer anderen Stelle ausgezahlt wird, blieb zunächst unklar.
Spedition zieht Anzeigen zurück
Letzter Knackpunkt bei den Verhandlungen war die Frage nach möglichen juristischen Konsequenzen aus dem Streik. Die Lkw-Fahrer und ihre Verhandlungsführer forderten eine Zusicherung, dass gegen die Streikenden nicht strafrechtlich vorgegangen wird. Der bestreikte polnische Speditionsunternehmer hatte Anfang August bei der Darmstädter Staatsanwaltschaft Anzeige unter anderem wegen Erpressung erstattet. Am Freitag nun einigte man sich darauf, dass die Anzeigen zurückgenommen werden. Viele Fahrer brachen in der spontan einberufenen Versammlung in Jubel aus…“ Meldung vom 30.09.23 bei hessenschau.de - „Alle Ansprüche und Anklagen gegen die Gräfenhausener Fahrer sind zurückgezogen, Geld gezahlt und der Streik beendet. Diese Treiber waren in den Lieferketten des europäischen Straßentransports unsichtbar, haben aber nun den Weg zu grundlegenden Veränderungen geebnet. Nicht mehr unsichtbar, aber unbesiegbar.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 30. Sep. 2023 mit dem Video der jubenlnden Fahrer
- „Endlich konnte der verzweifelte Protest der LKW-Fahrer an der Raststätte #Gräfenhausen beendet und eine Lösung gefunden werden. Durch eine große Anzahl von Spenden wird den Fahrern nun geholfen. Unser #DGB-Vorstand @skoerzell dankt allen, die dabei mitgeholfen haben.“ Tweet von @dgb_news vom 30. Sep. 2023 mit Foto
- Lkw-Streik beendet: Die rund 80 streikenden Fahrer auf einer hessischen Raststätte haben Geld bekommen. Ihr Arbeitgeber hat seine Anzeigen zurückgezogen
„„Ab jetzt fängt das Leben für die Fahrer wieder an“, sagt Edwin Atema. Am Freitagabend haben die streikenden Lkw-Fahrer auf der Raststätte Gräfenhausen in Hessen ihren Streik beendet. Ihr Arbeitgeber, der polnische Spediteur Lukasz Mazur, hat seine Anzeigen gegen die Fahrer zurückgezogen. Außerdem wurde ihnen ein Großteil ihres ausstehenden Lohnes ausgezahlt. Viele Trucker haben die Raststätte bereits verlassen, sagte am Samstagmorgen Edwin Atema der taz. (…) „Wir haben schriftliche Zusagen, dass alle Anzeigen zurückgezogen werden“, sagte Atema der taz. Voraussetzung dafür sei, dass die Lastwagen – teils leer, teils mit Ware – zurück in die Hände der Firmengruppe Mazur gegeben werde. Ein Großteil der Fahrzeuge und Papiere sei inspiziert und übergeben worden, sagte Atema. Einige Fahrer seien bereits auf dem Weg nach Hause. Zur Firmengruppe Mazur gehören die Speditionen Agmaz und Lukmaz. Die dritte Firma, Imperia, wurde vor ein paar Monaten offenbar an eine armenische Firma verkauft. Der Firmeninhaber war Anfang der Woche in Gräfenhausen und versprach den rund 20 Imperia-Fahrern, die Anzeigen zurückzunehmen.
Wie viel Geld die Fahrer bekommen haben und woher das Geld kam, wollte Atema am Samstagmorgen nicht sagen. „Die Fahrer hätten ihren Streik nicht beendet, wenn es keine substanzielle Summe gewesen wäre“, sagte er lediglich.
(…) Das Bafa will am 16. Oktober einen Krisengipfel ausrichten. Das Amt will mit Vertreter*innen von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften der Branche Lösungen diskutieren, um die Arbeitsbedingungen von Fahrern zu verbessern.“ Artikel von Johanna Treblin vom 30.9.2023 in der taz online - Fahrer-Streik in Gräfenhausen: Trucker erhalten Nachzahlungen und beenden Protest
„… Genauere Angaben – etwa zum Umfang der Zahlungen und dazu, welche Summe von Mazur und welche von seinen Auftraggebern gezahlt wurde – wurden nicht gemacht. Doch die Erleichterung und Freude der Fahrer am Freitagabend zeugte davon, dass es sich um einen für sie guten Kompromiss handelte. „Wir hatten das Vertrauen in Europa verloren. Jetzt haben wir es zurückgewonnen“, sagte ein Fahrer. Lkw-Streik in Gräfenhausen beendet Die Entwicklung ist auch auf Großunternehmen zurückzuführen, die als Auftraggeber in der Lieferkette des polnischen Transportmagnaten waren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte sie auf, ihrer Verantwortung nachzukommen, und kündigte an, gegen „schwarze Schafe“ mit dem Lieferkettengesetz vorzugehen. (…) Glücklicherweise habe „eine Koalition von Verantwortungsträgern aus der Lieferkette“ in den vergangenen Tagen eine Lösung herbeiführen können, um die Situation vor Ort zu entschärfen. Durch eine „große Anzahl von Spenden“ könne den Fahrern geholfen werden. Nun müssten endlich politische Konsequenzen gezogen werden, in Europa, im Bund und auf Landesebene. „Die polnischen Behörden müssen der Mazur-Gruppe das Handwerk legen und dem Unternehmen die Transportlizenz für immer entziehen.“…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 30.09.2023 in der FR online - LKW-Fahrer in Gräfenhausen beenden nach neun Wochen ihren Protest – Missstände in der Branche müssen jetzt konsequent unterbunden werden
„Die LKW-Fahrer in Gräfenhausen beenden heute ihren Protest. Grund dafür ist, dass Akteure Verantwortung gezeigt haben und so gemeinsam eine Lösung herbeiführen konnten, um die Situation vor Ort zu entschärfen. Durch geleistete Zahlungen kann den Fahrern geholfen werden. Für die Fahrer geht damit ein mutiger, langer und verzweifelter Kampf zu Ende, der einmal mehr ein erschreckendes Licht auf die Arbeitsbedingungen auf Europas Straßen geworfen hat. Sie haben in einer äußerst bedrohlichen und zugespitzten Situation verantwortungsbewusst und solidarisch gehandelt und allen Kriminalisierungsversuchen durch Mazur getrotzt. Dabei haben die Fahrer eine breite Solidarität und eine große Unterstützung vor allem durch gewerkschaftliche und kirchliche Akteure erfahren. Dies gilt insbesondere für das Beratungsnetzwerk Faire Mobilität, die Stiftung RTDD, die katholische Betriebsseelsorge des Bistums Mainz und die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) sowie für die umliegenden Kommunen, alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer und die unzähligen Lkw-fahrenden Kollegen, die täglich ihre Solidarität mit dem Kampf der Kollegen auf dem Parkplatz demonstriert haben. Die breite Unterstützung ist auch Ausdruck davon, wie essenziell die Arbeit von Berufskraftfahrenden für das Funktionieren dieser Gesellschaft ist und wie katastrophal und schockierend gleichzeitig deren Arbeitsbedingungen sind. Mit der in diesem Fall gefundenen Lösung sind die Missstände im internationalen Straßentransport keineswegs beseitigt. Eine Fortsetzung der Ausbeutung auf den Straßen Europas lässt sich nur verhindern, wenn die Einhaltung bestehender Regeln konsequent überprüft wird. Zudem zeigt sich, dass die Auftraggeber in den Lieferketten ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und für gute Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen verbindlich Verantwortung übernehmen müssen. Dabei können Akteure wie die Stiftung RTDD (Road Transport Due Diligence) eine wichtige Rolle einnehmen. Kriminellen Transportunternehmen, wie den Unternehmungen der Familie Mazur, muss von den zuständigen europäischen Behörden die Transportlizenz entzogen werden. Ebenfalls sind die polnischen Behörden in der Verantwortung, solchen Unternehmern das Handwerk zu legen.“ PM des DGB Hessen-Thüringen vom 29. September 2023 (noch nicht online) - „… Nach meinem Wissen kommt das Geld nicht von Mazur. Mazur blieb ganz der Alte. Bei den Bescheinigungen für den Verzicht auf rechtliche Schritte, schlichen sich immer wieder „Formfehler“ ein. Er mußte die Erklärungen bis zu 3x neu ausstellen. Das Geld soll angeblich von Auftraggebern kommen, die unter dem Druck von Torsten Safarik, Präsident des Bundesamts für Wirtschaft, standen. Mal sehen, ob näheres über diesen Deal bekannt wird. Die Rolle der professionellen Unterstützer bleibt zwiespältig. Sie haben praktische Hilfe geleistet und auch für die Öffentlichkeitsarbeit gute Aktionen gebracht. Es blieb eine paternalistische Haltung den Streikenden gegenüber. Professionelle Wohtätigkeitsarbeit für die armen, hilflosen, ausgebeuteten Migranten. Die Streikenden hatten kaum mitzureden. Es wurde von den Gewerkschaftern alles getan, daß der Arbeitskampf nicht überspringt auf andere Trucker oder Arbeitsmigranten in anderen Branchen. Man sollte nicht vergessen, daß die Helfer, die sich an die Spitze des Streiks gestellt haben, in einer befremdlichen Zusammenarbeit aus Gewerkschaften, gewerkschaftsnahen Stiftungen, Unternehmensverbänden und Politikern dieses Ergebnis erzielt haben. Ziel erreicht. Es herrscht wieder Ruhe an den deutschen Autobahnen.“ Kommentar von Kuddel am 30.9.2023 bei chefduzen.de und
- „… Das Ergebnis wird von den Fahrern als Sieg gefeiert. Das ist nicht selbstverständlich, denn als das Angebot bekannt wurde, daß ein Großteil der Lohnforderungen beglichen wird, doch nicht zu 100%, waren einige Fahrer unzufrieden und wollten weiterstreiken. Andere waren aber mit den Nerven am Ende und kurz davor, aufzugeben ohne Verhandlungsergebnis. Nicht alle haben 9 Wochen Streik durchgehalten, doch die Streikenden blieben bis zum Abschluß geeint. Respekt!
Was zur Zeit an informationen durch die Medien geistert, ist relativ ungenau und in Teilen falsch. Das liegt an der Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaften. In den Medien heißt es, das Ergebnis sei mit Mazur ausgehandelt worden, doch das ist nur teilweise richtig. Man hat Mazur dazu bewegen können, alle juristischen Maßnahmen gegen die Streikenden einzustellen und keine weiteren einzuleiten. Das hat er schriftlich bestätigt. Das Geld kommt jedoch nicht von Mazur. Er hat eine seiner Speditionen verkauft und die ist zahlungswillig. Weiterhin bewegte sich etwas bei den Auftraggebern unter dem Druck von Behörden und der Öffentlichkeit. Man befürchtete eine Rufschädigung durch die Zusammenarbeit mit Mazur. Sie verlangen Stillschweigen und wollen ihren Namen nicht in der Öffentlichkeit sehen. Es wurden bei den Zahlungsangeboten die Fahrer unterschiedlich behandelt, je nach Spedition der ursprünglichen Mazur-Gruppe. Einige sollten 100% bekommen, andere nur 80%. Die Fahrer einigten sich auf eine Lösung, bei der alle gleich behandelt werden. Rund 90% für jeden.
Eine Aufarbeitung des Streiks, der Unterstützung durch Gewerkschaften und die viel zu wenig beachtete Solidaritätsarbeit unterschiedlichster Akteure, sollten nun Thema werden. Gewerkschaften und Transportwirtschaft wollen gemeinsam ihre Lehren aus diesem Arbeitskampf ziehen.
Der DGB, Faire Mobilität und die Friedrich-Ebert-Stiftung laden zu der Konferenz ,,Gräfenhausen ist kein Einzelfall! – Für faire grenzüberschreitende Arbeit in Europa!“ am 12. Oktober 2023. Anmerkung: Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist keine gewerkschaftsnahe Stiftung, sondern eine der SPD. Ausgerechnet die Partei, die für die Ausweitung des Niedriglohnsektors (u.a. Agenda 2010) verantwortlich ist.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) will am 16. Oktober einen Krisengipfel ausrichten. Das Amt will mit Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften der Branche Lösungen diskutieren. Hier wird man sich darüber Gedanken machen, wie man Arbeitskämpfe in Zukunft verhindert, ohne den brutalen Transportsektor mit entsprechenden Arbeitsbedingungen wesentlich zu verändern.
Es steht eine klassenkämpferische Analyse an. Der erste und der zweite Wilde Streik haben Zeichen gesetzt und den Fahrern diverser Nationalitäten Hoffnung gemacht: Es ist möglich, sich gegen die schrecklichen Bedingungen zu wehren. LKW Fahrer haben eine enorme Macht. Wenn kollektive Kämpfe erst die Lieferketten reißen lassen, wird ein neues Kapitel der Arbeitskämpfe geschrieben. Wenn die Fließbänder der Automobilindustrie stehen bleiben, herrscht Grioßalarm. Darüber sollten wir uns Gedanken machen. Wir sollten sehen, wie wir solche Entwicklungen vorantreiben und unterstützend dabei sein können.“ Beitrag von Kuddel vom 1.10.2023 bei chefduzen.de - Es wird darüber zu debatieren sein, auch über die Rolle der Gewerkschaften und der linken Menschen darin – Zuschriften willkommen!
- Einigung mit Spedition Lkw-Streik auf A5-Raststätte Gräfenhausen beendet – Fahrer werden ausbezahlt
- „Imperia“ aus dem Firmenkonsortium von Mazur offenbar verkauft – neuer Besitzer will verhandeln, die Fahrer lehnen mehrheitlich die Bedingungen ab
„Während die streikenden Lkw-Fahrer in Gräfenhausen noch auf eine Lösung warten, hat ihr Verhandlungspartner schon eine Erfolgsmeldung verschickt. Am Mittwochmorgen bekommt Edwin Atema, der niederländische Gewerkschafter, der sich für die Forderungen der Fahrer einsetzt, einen Anruf von einer österreichischen Spedition: Man habe gehört, die Streikenden hätten Geld erhalten – warum denn die Fahrzeuge noch immer auf dem Rastplatz an der A 5 stünden, wollten die Österreicher laut Atema wissen.
Tatsächlich schienen Zahlungen zumindest an 20 der rund 80 Fahrer am Dienstagabend schon zum Greifen nahe. Der neue Eigentümer eines der bestreikten polnischen Transportunternehmen hatte stundenlang mit Mitarbeitern Atemas und mehreren Fahrern um einen Picknicktisch gesessen und verhandelt. Als Zeichen seines guten Willens besorgte er Hamburger für alle, um 19 Uhr verkündete er dann eine Einigung: Die Fahrer sollten Geld bekommen und dafür die Lkw des von ihm erworbenen Unternehmens, Imperia, herausgeben. In der von dem Unternehmer vorbereiteten schriftlichen Vereinbarung stand laut Gewerkschafter Atema aber, dass die Fahrer die Lastwagen zum Unternehmenssitz in Polen bringen müssten. „Da könnte er dann am Ende behaupten, es wären Schäden an den Fahrzeugen, und uns dafür Geld abnehmen“, sagt am Mittwoch einer der Fahrer, Mirschod, zur Begründung der Ablehnung der Streikenden. Schließlich hätten die Unternehmen der polnischen Mazur-Gruppe den Fahrern schon vor dem Streik immer wieder ohne überzeugende Erklärung Geld von der ursprünglich versprochenen Vergütung abgezogen. Auch dem neuen Eigentümer von Imperia, einem Armenier, traut Mirschod nicht so recht über den Weg.
Streit unter den Streikenden
Doch einige seiner Kollegen hätten die Vereinbarung wohl gern angenommen. Als Atema am Dienstagabend seine Bedenken gegen das Dokument vorbrachte, entspann sich unter den überwiegend aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrern eine heftige Diskussion. Einige redeten wild gestikulierend auf Atema ein, dessen russischsprachige Kollegin mit dem Übersetzen kaum hinterherkam. Nicht allen Männern leuchtete offenbar ein, dass sie nach zehn Wochen auf dem Rastplatz die Chance vergeben sollten, zumindest einen Teil ihrer Zahlungsforderungen erfüllt zu bekommen. Atema gelang es schließlich, zu beschwichtigen: „Wir haben noch einen anderen Weg, an Geld zu kommen.“ Mehr könne er in Anwesenheit von Medienvertretern nicht sagen. Der Niederländer hatte allerdings schon in den Wochen davor zahlreiche Appelle an Unternehmen gerichtet, deren Namen sich in den Frachtpapieren der Fahrer fanden…“ Artikel von Barbara Schäder vom 27.09.2023 in der FAZ online („Zähe Verhandlungen mit polnischem Transportunternehmen“) – mehr dazu ist momentan nicht zu erfahren - Lkw-Fahrer in Gräfenhausen beenden Hungerstreik, Mazur soll ein Viertel der Strafanzeigen zurückgezogen haben, Bafa hat Ermittlungen begonnen und der Spendenfluss versiegt – wird nun der Streik „ausgehungert“?
- Lkw-Fahrer an Raststätte Gräfenhausen beenden Hungerstreik
„Im Ringen um ausstehende Löhne haben rund 30 streikende Lkw-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen ihren Hungerstreik beendet. Auf ihr Geld warten sie weiterhin. Jetzt keimt neue Hoffnung auf: Eine Bundesbehörde hat sich eingeschaltet. (…)
Hochrangiger Besuch schürt neue Hoffnung
Jetzt haben die Trucker eingelenkt und ihren Hungerstreik beendet. Zum einen hatten Notfallmediziner am Wochenende Alarm geschlagen und auf die gesundheitlichen Risiken hingewiesen. Edwin Atema, der gemeinsame Vertreter und Sprecher aller 80 streikenden Lkw-Fahrer vor Ort, hatte die Situation als „sehr ernst“ für die Fahrer bezeichnet, nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch.
Zum anderen hatten die Fahrer hochrangigen Besuch, der ihre Stimmung wieder deutlich spürbar angehoben hat. Torsten Safarik, Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), traf am Nachmittag ein, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Die Behörde ist in Deutschland unter anderem für die Einhaltung des sogenannten Lieferkettengesetzes zuständig.
Haben deutsche Firmen gegen Lieferkettengesetz verstoßen?
Safarik konstatierte, dass die Fahrer Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden seien. „Diese hat ganz klar der polnische Spediteur begangen“, betonte der Behördenchef. Gewerkschafter Atema nannte in diesem Zusammenhang Zugang zu transparenten Arbeitsbedingungen, Streikrecht und Löhne, von denen man leben könne.
Nichtsdestotrotz werde geprüft, ob deutsche Firmen gegen das Lieferkettengesetz verstoßen haben, erklärte Safarik. Das seit 2023 gültige Gesetz verpflichtet Firmen dazu, menschenrechtliche Standards in ihren Lieferketten einzuhalten – bei Lkw-Fahrern etwa ausreichend Pausen und ausreichende Bezahlung. „Wir sind heute hierher gekommen, um uns die Frachtbriefe anzuschauen, mit dem Einverständnis der Fahrer“, sagte Safarik. Sollten Waren deutscher Firmen, die dem Lieferkettengesetz unterliegen, auf den Lastern sein, werde man zunächst mit diesen Firmen Kontakt aufnehmen und sie um Stellungnahmen bitten. (…) Safarik und Atema kündigten an, dass im Hintergrund weiter verhandelt werde. Im Raum steht, dass deutsche Unternehmen Teile der Forderungen übernehmen könnten. Zudem will das Bafa Vertreter der Transportbranche und der Gewerkschaften am 16. Oktober in Borna (Sachsen) zu einem Krisengipfel laden, um die Zustände langfristig zu ändern. „So eine Situation wie in Gräfenhausen soll sich nicht wiederholen“, sagte Safarik. Die Einladungen zu dem Treffen sollen im Laufe der Woche verschickt werden…“ Beitrag von Uwe Gerritz vom 25.09.23 in hessenschau.de - „… Etwa ein Viertel der Strafanzeigen zurückgezogen
„Dennoch gebe es auch ein neues Hoffnungssignal, sagt Verhandlungsführer Edwin Atema zu HIT RADIO FFH: Bei 19 Fahrern der polnischen Speditionsgruppe habe die Firma jetzt ihre Strafanzeigen zurückgezogen. Das Unternehmen hatte schon vor Wochen alle 80 Streikenden angezeigt – wegen Erpressung. Alle 19 Fahrer seien bei einer der insgesamt drei Speditionen der Gruppe beschäftigt…“ Aus der Meldung „LKW-Fahrer beenden Hungerstreik an A5“ vom 25.9.23 bei Radio FFH - Gräfenhausen: Hungern auf der Ladefläche
„Seit mehr als zehn Wochen streiken Lastwagenfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen. Einige von ihnen haben tagelang gehungert. Sie wollen endlich Lohn für ihre Arbeit. (…)
Die Auftraggeber sollen die Streikenden angezeigt haben
Vor ein paar Wochen seien es noch mehr als 100 Lastwagen gewesen, erzählt Atema, jetzt noch 84. „Einige Fahrer mussten aufgeben, auch wenn es ihnen schwerfiel.“ Zuvor seien die Fahrer von ihren Auftraggebern wegen Erpressung angezeigt worden. Sie hätten dann angeboten, die Anzeigen zurückzuziehen und jedem, der aufhöre zu streiken, 1.000 Euro zu zahlen. „Für uns klingt das nach einem schlechten Deal, doch die Männer stehen unter massivem Druck“, sagt Atema. Bleiben sie hier, verdienen sie kein Geld – und einige haben nicht mal die Mittel, um nach Hause zu fliegen: „Das Geld, das sie bekommen haben, schicken sie direkt an ihre Familien zu Hause.“ (…) Wer die Ware vermisst, die die Fahrer eigentlich hätten transportieren sollen, weiß Atema nicht. Er habe nur von einer der Firmen, deren Produkte in den blauen Wagen liegen, gehört. Ihre Ladung könne darunter sein, das sei aber nicht sicher. Die anderen Unternehmen wüssten sicher auch von dem Streik, sagt Atema – nach der Ware erkundigt hätten sie sich bei ihm aber nicht. Und erst recht nicht nach den Fahrern.“ Reportage von Karolina Kaltschnee vom 26. September 2023 in der Zeit online - Hungerstreik abgebrochen: Ausfahrt Arbeitskampf
„Lkw-Fahrer aus Osteuropa blockieren die Autobahn-Raststätte Gräfenhausen. Sie wollen mehr Lohn. Aber ihren Hungerstreik haben sie beendet. (…) Die Mazur-Sprecherin wies auch darauf hin, dass die polnische Arbeitsaufsichtsbehörde das Unternehmen im Juli inspiziert und bezüglich der Bezahlung der Fahrer keine Unstimmigkeiten habe feststellen können. Das stimmt einerseits. Andererseits aber auch nicht. Laut Medienberichten war die Höhe der Bezahlung für die aufgeführten Arbeitsstunden zwar korrekt. Doch sollen die Trucker den Aufzeichnungen des Unternehmens zufolge nur ein paar Dutzend Stunden pro Monat gearbeitet haben. Das machte die Behörde stutzig. Sie forderte die digitalen Dateien der Fahrtenschreiber und der Fahrerkarten ein. Und musste feststellen, dass die Daten beschädigt waren. Dem Bericht zufolge laufen daher aktuell Verwaltungsverfahren gegen die Unternehmensgruppe, es droht ein Bußgeld. Die Mazur-Sprecherin wollte das nicht kommentieren. Eine Anfrage der taz dazu beantwortete die polnische Arbeitsaufsichtsbehörde bis Redaktionsschluss nicht. (…) Dann erzählt Atema noch, dass er von den Fahrern in Gräfenhausen die Tachodaten abgelesen habe. Daraus habe er berechnet, dass sie durchschnittlich de facto einen Stundenlohn von 1,45 Euro erhielten. Eigentlich stehen ihnen gemäß Mindestlohngesetz und Entsenderichtlinie die Mindestlöhne der jeweiligen Einsatzländer zu. Damit würden sie rund 2.400 Euro pro Monat verdienen. Doch die Spediteure wissen das meist zu umgehen. (…) Auch bei Speditionen gibt es lange Subunternehmerketten. „Nicht so lang wie in der Baubranche“, sagt Atema. Drei bis fünf Unternehmen lägen in der Regel zwischen dem Verkäufer und dem Käufer einer Lkw-Ladung. „Wenn zum Beispiel Obi Ware von Knauf bestellt, wird eine Spedition beauftragt.“ Die habe mal eigene Fahrer, mal nicht. In letzterem Fall, oder wenn die eigenen Fahrer schon anderweitig eingesetzt sind, vergibt die Spedition den Auftrag weiter – und so kann es noch ein-, zwei-, dreimal weitergehen. „Am Ende der Kette sitzt zum Beispiel Mazur. Dann holt ein blauer Lkw die Ware von Knauf ab und bringt sie bis auf den Werkshof von Obi“, erklärt Atema. Es könne also gar nicht sein, dass Obi nicht wisse, dass Mazur an der Lieferkette beteiligt sei. Und doch ist es das, was Obi, Bauhaus und andere Firmen zur Causa Mazur sagen...“ Artikel von Johanna Treblin vom 25.9.2023 in der taz online - „Ein Update.
Gestern war der Vorsitzende des Kleinspediteursverbands CamionPro im Streikcamp und bot seine Unterstützung an. Edwin Atema schlug das Angebot aus, man brauche keine Unterstützung und habe alles im Griff. Für’n Arsch! Man hat nichts im Griff und man hat keinen Plan. Es herrscht Stillstand an der Streikfront. Es gibt wohl vereinzelt Ärger mit durchgeknallten Unternehmern, die die in den bestreikten LKW schmorende Ware, auf eigene Faust rausholen wollen. Erinnert mich an die Autofahrer, die die Klimakleber von der Straße prügeln wollen. Es ist unglaublich, daß die führenden Unterstützer (FNV, DGB, Verdi,Faire Mobilität) keine Strategie mehr haben. Sie warten nur noch auf ein Ende des Arbeitskampfes auf die eine oder andere Weise. Die Streikenden sind lästig geworden…“ Beitrag von Kuddel vom 25.September 2023 bei chefduzen.de und: - „Liebe Leute, die Situation ist wirklich ernst. Egal woran es jetzt liegen mag, ob an dem stark zurückgegangenen Spendenfluß oder an schlechtem Management vor Ort: Es kommen zur Zeit noch nicht mehr ausreichend Lebensmittel an. (Es befinden sich nicht alle im Hungerstreik.) Es wäre ein absolutes Armutszeugnis, wenn wir nicht einmal einen Minimallevel an solidarischer Unterstützung hinbekommen.“ Beitrag von Kuddel vom 25.September 2023 bei chefduzen.de sowie
- „Es gibt noch einiges zu diskutieren. Die streikenden Fahrer wollen ihr Recht und die Auszahlung ihrer Gehälter. Aber sie wollen es nicht nur für sich, sondern auch für die Kollegen, die unter ähnlichen Bedingungen leiden. Sie haben ausdrücklich Interesse daran, daß weitere ausgebeutete Migranten beginnen zu kämpfen.
Es hat sich jedoch eine sozialdemokratisch-gewerkschaftliche Unterstützerszene in eine Position gebracht, in der sie weitgehend die Art der Führung des Streiks bestimmt über den Kopf der Migranten hinweg. Sie tut alles, um eine Ausweitung des Streiks zu verhindern. Statt uns mit diesen nicht unbedingt neuen Erkenntnissen weiter auf eine unfähige und unwillige Gewerkschaftspolitik einzuschießen, sollten wir uns überlegen, wie denn eine Alternative, ein Ausweg aussehen könnte.
Der Streik in Gräfenhausen erhielt auch Unterstützung von Basisgewerkschaften und aus der linken/linksradikalen Bewegung. Diese Unterstützung war jedoch begrenzt und nicht ausreichend, um die Streikenden über Wochen durchzufüttern. Wir können nicht einfach sagen, wir brauchen die Gewerkschaftsheinis nicht, so lange wir nicht für eine solide Basis für einen solchen Kampf selbst sorgen können. Es wurde vielleicht zu wenig auf die solidarische Unterstütung von Menschen aus der Nachbarschaft geachtet. Hier gab es einen beachtlichen Strom an kleinen Spenden von selbstgebackenem Kuchen, Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten und Einkäufen aus dem Supermarkt. Es waren stinknormale Leute, nicht politisch organisiert, aber mit einem Klasseninstinkt oder zumindest einer menschlichen Hilfsbereitschaft denen gegenüber, die einfach ihr Recht wollen. Solche Menschen gibt es mehr als man denkt. Es wäre also sinnvoll Infoveranstaltungen in Weiterstadt, Darmstadt und Frankfurt zu organisieren, die nicht Linke ansprechen sollen, sondern Otto Normalverbraucher. Dieses Klientel hat man bisher ignoriert, doch es wäre einen Versuch wert. Es geht nicht allein um Spenden. Es müssen Menschen sich selbst engagieren und einbringen können. (…) Spannender ist die Verbindung mit anderen aktuellen Kämpfen. Es gibt Streiks im Einzelhandel. Hier gibt es eine ganze Reihe an Mazur Auftraggebern. Neben Ikea und REWE gibt es weitere involvierte Handelsketten und Baumärkte. Es wäre passend, auf Transparenten und Flugblättern und in Reden auf den Zusammenhang der Unternehmen und Kämpfe hinzuweisen. Besonders interessant, bzw. am wichtigsten, wäre es, auf eine Ausweitung des Kampfes hinzuarbeiten. Man sollte auf die Unzufriedenheit deutscher Berufskraftfahrer eingehehen. Unter deutschen Fahrern ist die Stimmung gemischt. Einige sind einfach solidarisch und verstehen den Zusammenhang, andere sind genervt, ärgern sich darüber, daß bei der allgemeinen Parkplatznot dann noch der Rastplatz Gräfenhausen von der Polizei als Parkplatz gesperrt worden ist. Da fallen dann Sprüche wie, „sollen die doch bei sich zuhause streiken!“
Die Streikenden stehen im Fokus des Interesses bei Tausenden migrantischen Fahrern, die selbst unter ähnlichen unmenschlichen Arbeitsbedingungen leiden. Sie wollen wissen, ob sie auch den Kampf wagen können. Hier sind wir gefordert. Wir müssen uns um mehrsprachige Fluglätter kümmern. Wir müssen auf Parkplätze, Rasthöfe, Häfen und andere Aufenthaltsorte von Truckern begeben, möglichst gemeinsam mit Menschen, die osteuropäische Sprachen sprechen. Es gilt nicht allein andere Trucker zu mobilisieren. Wir sollten die Arbeitsmigranten in den Schlachthöfen, in der Landwirtschaft, auf dem Bau, im Gesundheitswesen und der Altenpflege nicht vergessen. Die kommenden Arbeitskämpfe werden migrantisch geprägt sein…“ Beitrag von Kuddel vom 26.September 2023 bei chefduzen.de
- Lkw-Fahrer an Raststätte Gräfenhausen beenden Hungerstreik
- Seit 1 Woche sind 30 der 84 verbliebenen Lkw-Fahrer in Gräfenhausen im nun lebensbedrohlichen Hungerstreik – „Wir können nicht länger warten“ gilt wohl nun für höchste politische Ebenen, die Streikgeld-Aufrufe blieben ungehört…
- Lkw-Fahrer im Hungerstreik: „Das ist lebensbedrohlich“
„Seit Dienstag sind rund 30 Lkw-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen im Hungerstreik. Damit setzten die Fahrer ihr Leben aufs Spiel, betonte ein Ärzte-Team bei einem Check-Up. Aus medizinischer Sicht sollten sie sofort aufhören. Sie sitzen oder liegen auf Matratzen, die auf den Ladeflächen ihrer Lastwagen ausgebreitet sind, neben ihnen stehen Pakete mit Flaschen. Mehr als Wasser nehmen rund 30 der insgesamt 80 dort ausharrenden Lkw-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) derzeit nicht zu sich. Die Lkw-Fahrer sind den fünften Tag im Hungerstreik (…) Am Samstagvormittag ließen sich einige von ihnen von einem ehrenamtlichen Ärzte-Team untersuchen, das wegen des Hungerstreiks zur A5-Raststätte gefahren war. „Manche haben niedrigen Blutdruck und wir haben auch diagnostiziert, dass es mehr Infekte gibt“, sagte Notfallmediziner Gerhard Trabert. „Die Immunabwehr ist reduziert durch diesen Hungerstreik.“ Trabert hatte den Protest der Fahrer mit dem Arztmobil vom Mainzer Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ bereits im Frühjahr medizinisch betreut. „Wir geben jetzt Antibiotika und verschiedene andere Medikamente. Das wird toleriert, das nehmen sie auch ein“, sagte Trabert.
„Der Gesundheitsstatus ist schlechter“
Die Möglichkeiten, den Gesundheitszustand der hungernden Fahrer vor Ort zu erheben, seien jedoch eingeschränkt, betonte Trabert. Zum Beispiel könnten weder wichtige Werte im Blut noch die Elektrolyt-Zusammensetzung kontrolliert werden. Er sehe jedoch beim Check-up deutlich: „Der Hungerstreik hat Auswirkungen, der Gesundheitsstatus ist schlechter. Aber wir haben jetzt zum Glück noch niemanden vorgefunden, wo wir gesagt hätten: Jetzt sofort ins Krankenhaus.“
Ärzte raten zum Hungerstreik-Stopp
Als Mediziner habe er den Fahrern im Hungerstreik dazu geraten, damit aufzuhören, sagte Trabert. „In dieser Situation ist alles möglich: Es besteht die Gefahr einer Herzrhythmusstörung, von Nierenversagen, einer Dehydrierung und zu niedrigem Blutdruck und der Blutzuckerspiegel kann in den Keller rasen. Das sind alles lebensbedrohliche Situationen.“ Die Situtation sei hochdramatisch. „Wir sind mit sehr vielen ambivalenten Gefühlen dabei“, betonte Trabert vor Ort. „Es ist als Mediziner unheimlich schwierig mitanzusehen, dass Menschen sich bewusst in eine so gesundheitsgefährdende Situation begeben. Auf der anderen Seite kann man nachvollziehen, dass sie mit dem Rücken an der Wand stehen – und hier ist die Politik gefragt.“ (…) Atema hofft auf die Kunden der Spedition, vor allem, nachdem zwei Unternehmen im Alleingang Fahrer bezahlt und dessen Ladung übernommen hatten. Ein jüngstes Gespräch mit einem weiteren Kunden habe sich verlaufen, es käme keine Rückmeldung mehr. Atema hofft weiter auf Zahlungen für die Fahrer: „Wenn es keine Perspektive mehr geben würde, würde ich das den Fahrern sagen.““ Meldung und Video vom 23.09.23 in hessenschau.de - Protest von Lkw-Fahrern in Hessen: Im Hungerstreik an der Autobahn
„… Weil sich die Lkw-Fahrer immer noch nicht gehört fühlen, griffen sie diese Woche zu einem drastischen Mittel. Seit Dienstag verweigern 30 der 84 verbliebenen Fahrer die Nahrungsaufnahme. So wie ein 53-Jähriger, dem nach eigenen Angaben mehr als 5300 Euro zustehen: „Ich bleibe so lange im Hungerstreik, bis Mazur zahlt.“ Entschlossen ist auch Shukhrat, ein Usbeke, er hat vier Kinder in der Heimat. „Ich hoffe, dass ich den Hungerstreik durchstehe. Und dass am Ende alles gut wird“, sagte er dem hr. Seiner Familie will er lieber nicht sagen, dass er beim Hungerstreik mitmacht. Erfahrung mit Hungerstreiks hat hier keiner. Auch nicht Vladimir aus Georgien. Der 49-Jährige sorgt sich um seine Angehörigen, vor allem die vierjährige Tochter. „Meine Familie in Georgien hungert seit Monaten und wartet auf das Geld, das mir zusteht. Deswegen gehe auch ich in den Hungerstreik.“ (…) Die meisten Männer schlafen auf Matratzen in den Anhängern, die inzwischen teilweise leergeräumt sind. Gewerkschafter Atema hätte den Hungerstreik zwar gerne verhindert. „Hungerstreik ist auch neu für mich. Und das ist für mich total bekloppt“, sagt der Niederländer. Aber wer könne den Fahrern eine Perspektive bieten? (…) Verhandlungsführer Atema sieht die Kunden der polnischen Spedition in der Pflicht. Große deutsche Logistikunternehmen, Handelsketten und Automobilkonzerne – für sie transportieren die Fernfahrer Waren quer durch Europa. Sie sollten den ausstehenden Lohn direkt an die Männer aus Osteuropa und Zentralasien zahlen, sagt Atema. Dass der Spediteur zahlt, glaubt er nicht. Verhandlungen gibt es derzeit keine, auch auf Medienanfragen hat das Unternehmen seit Wochen nicht reagiert…“ Beitrag von Christoph Scheld, hr, vom 22.09.2023 in tagesschau.de - Hungerstreik in Gräfenhausen: „Wir können nicht länger warten“
„… Die Männer haben ihre Matratzen dicht nebeneinandergelegt, um diese Zeit gemeinsam durchzustehen, in einem leer geräumten Lkw-Anhänger. Außer Kissen, Decken, Wasserflaschen und Handys ist so gut wie nichts drin. (…) „Es ist hart. Ich spüre den Hunger, trinke nur Wasser, nicht mal Kaffee“, sagt Kaladze. „Aber ich denke an meine Familie, meine drei Kinder, die ich ernähre. Das motiviert mich weiterzumachen.“ Gleichzeitig sollen sie und seine Frau nicht erfahren, zu welchem Schritt er sich entschlossen hat: „Sie dürfen keine Angst bekommen.“ Gestern, an einem religiösen Feiertag in Georgien, hat er wieder mit ihnen telefoniert, per Video. Als seine Tochter genauer hinsah und ihn fragte, wieso er nicht in seinem Wagen sei, musste er sich eine Ausrede einfallen lassen. (…) Wo das alles enden werde, wisse er nicht. Doch für ihn steht fest, „ich werde so lange weitermachen, bis ich mein Geld bekomme“. Mehr als 6000 Euro schulde Mazur ihm. Seit drei Monaten habe er keinen Lohn mehr an seine Familie überweisen können, berichtet er. Es tue ihm weh. „Alles hängt von mir und meinem Gehalt ab. Wir können nicht länger warten“, sagt er mit Entschlossenheit. Warum er sich entschieden habe zu hungern? Es scheine keinen anderen Ausweg zu geben, ihr zweimonatiger Kampf habe nicht zu einer Lösung geführt. „Ich habe die Hoffnung, dass unser Hungerstreik hilft, dass wir endlich bezahlt werden, von Mazur oder seinen Auftraggebern.“ (…) Die Fahrer hätten bereits zuvor einen Hungerstreik erwogen, so Atema, aber damit gewartet, nachdem zwei österreichische Kunden von Mazur einen Teil der Löhne gezahlt, im Gegenzug ihre Ladung bekommen und weitere Kunden signalisiert hätten, sich zu beteiligen. Doch daraus ist noch nichts geworden, sie werden vertröstet, hingehalten, teils ignoriert. Lediglich eine deutsche Spedition habe in Aussicht gestellt, etwa sieben Fahrer auszuzahlen. (…) Der Großteil der Firmen bestreitet, eine Geschäftsbeziehung zu der polnischen Gruppe zu haben, obwohl es dafür Belege gibt. Sie haben offenbar keinen Überblick über ihre Lieferkette oder wollen keinen haben. Manchmal, sagt der krisenerprobte Atema, frage er sich: „Was sollen wir noch machen, nach zwei Monaten Streik?“ Zahlreiche Politiker, von Land, Bund und EU, waren vor Ort, haben ihre Solidarität erklärt und zum Teil parlamentarische Initiativen gestartet. (…) Die Lkw-Fahrer in Gräfenhausen stehen allerdings nach wie vor mit leeren Händen da. Kürzlich hat einer aufgegeben, obwohl ihm ebenfalls um die 6000 Euro fehlten. Er hofft, vielleicht vergeblich, durch die Abreise wenigstens 1000 oder 2000 Euro von Mazur zu kriegen. Auch seine Familie könne nicht warten.
„Was passiert, wenn nach diesem Wochenende immer noch keine Bewegung reingekommen ist?“, fragt Edwin Atema und will sich das gar nicht vorstellen. Die Fahrer seien stark, doch auch mental sei das eine enorme Belastung für sie. „Abends sitzen sie in den Lkw und rufen ihre Familien an. Sie hören, welche Probleme es zu Hause gibt und wie ihre Kinder weinen.“ Atema appelliert erneut in erster Linie an die Kunden in der Lieferkette: „Sie müssen ihrer Verantwortung gerecht werden.“ Und zwar umfangreich, „wenn ein Haus brennt, kann man es nicht mit einem Liter Wasser löschen“.
Anna Weirich vom DGB-Beratungsnetzwerk Faire Mobilität war wie Atema bereits während des ersten Streiks als Unterstützerin dabei. In diesen Tagen macht sie sich große Sorgen um die Fahrer. „Es gibt viele medizinische Probleme. Der Hungerstreik erhöht das Risiko.“ Es könnte zu dramatischen Situationen kommen. Der Arzt Gerhard Trabert vom Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ kümmert sich regelmäßig in seinem Mobil um die nicht krankenversicherten Männer, die beispielsweise an Rückenerkrankungen und Bluthochdruck leiden. In den vergangenen Monaten musste mehrfach auch notärztliche Hilfe geholt werden…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 22.09.2023 in der FR online mit einigen Fotos - „… Man muß die Situation, die als „dramatisch“ beschrieben wird, auch in einem größeren Zusammenhang sehen. Zwei Monate lang hat man die Streikenden entmündigt und ihnen keine Möglichkeit gegeben, selbst aktiv zu handeln oder sich mit anderen Ausgebeuteten zusammenzuschließen. Alle Aktivitäten gingen von Politiprofis aus, von Gewerkschaftsfunktionären, Politikern und Leuten gewerkschaftsnaher Stiftungen. In die Planung der Aktionen waren die Fahrer zumeist nicht eingebunden. Selbst darüber, was mit dem Geld, das für die Streikenden gesammelt worden ist, passieren soll, hatten die Betroffenen nicht zu entscheiden. Bis zuletzt wurde ihnen gesagt, sie sollten abwarten und Geduld haben, man würde sich gerade auf höchster politischer Ebene um die Lösung ihrer Probleme kümmern. Diesen Bullshit haben bereits die Streikenden vom 1.Streik zu hören gekriegt. Der 1.Streik wurde gewonnen, weil der wirtschaftliche Druck, den die durch die Verteidigung geladener Waren erzeugt haben, ausreichend stark war, um den Ausbeuter in die Knie zu zwingen. Diejenigen, die das Problem auf höchster Ebene lösen sollen, sind auch diejenigen, die für das Problem verantwortlich sind. In Berlin und Brüssel wurden die Entscheidungen zur Liberalisierung des Straßentransports getroffen, was nichts weiter war, als Ausbeutern wie Mazur den Roten Teppich auszurollen. Es hat sich Extremausbeutung gewaltigen Ausmaßes entwickelt, wobei Mazur nur ein kleines Licht ist. Das ist in Berlin und Brüssel bekannt und nicht erst seit den Protesten in Gräfenhausen. Die Folgen dieser Zustände in der europäischen Transportwirtschaft sind dramatisch. Und darum geht der Streik und der momentane Hungerstreik.
Die Hungerstreikenden haben ernstere Probleme als die triste Situation auf dem Rastplatz. Sie können seit 2 Monaten ihre Familien nicht mehr unterstützen, die ihre laufenden Kosten nicht mehr begleichen können, Arztrechnungen bleiben offen und dringend notwendige Operationen können nicht durchgeführt werden. Inzwischen wird sogar die Ernährung zu einem Problem…“ Kommentar von Kuddel am 24.9.23 bei chefduzen.de - „Die Teilnehmer der Kundgebung – weit über 1200 – senden Solidarität an die Trucker in #Gräfenhausen , die zur Verteidigung ihrer Rechte in einen Hungerstreik treten. @ETF_Europe @FaireMobilitaet @AtemaEdwin“ Tweet von @ITFglobalunion vom 23.9.2023 mit Video
- Lkw-Fahrer im Hungerstreik: „Das ist lebensbedrohlich“
- Die Zahl von inzwischen 40 hungerstreikenden LKW-Fahrern in Gräfenhausen stützt die scharfe Kritik an der gewerkschaftlichen Streik-Unterstützung (oder gar Führung?)
- „Ein kurzes Update aus Gräfenhausen. Die Zahl der Hungerstreikenden beträgt inzwischen 40. Es macht das Gerücht die Runde, daß Mazur zahlungsunfähig ist. Gesundheitliche Probleme sind bei diesem 2. Streik sowieso ein größeres Thema als beim 1.Streik. Der Hungerstreik bei teilweise schwüler Wärme tagsüber ist eine schwere Belastung der Gesundheit. Es wird ein Arzt gesucht, der regelmäßig vorbeischauen kann…“ Meldung von Kuddel vom 20.9.2023 bei chefduzen.de
- Gräfenhausen: ver.di fordert sofortiges Eingreifen der Kontrollbehörden
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert ein sofortiges Eingreifen der Kontrollbehörden, um die unhaltbare Situation der protestierenden, zum Teil hungerstreikenden Lkw-Fahrer auf der Autobahnraststätte im hessischen Gräfenhausen zu lösen. „Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) muss im Fall Gräfenhausen endlich tätig werden und alle beteiligten Unternehmen in die Verantwortung nehmen, damit die LKW-Fahrer das ihnen zustehende Geld auch endlich bekommen“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. „Unternehmen, die im Rahmen dieser Lieferkette Geld verdienen, müssen für die ausstehenden finanziellen Ansprüche aufkommen.“ Gräfenhausen zeige wie unter einem Brennglas, dass das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nicht beachtet oder sogar missachtet werde (…) Es sei ein absolut unerträglich und nicht akzeptabel, dass die Fahrer mittlerweile von Beteiligten aus der Lieferkette bedroht würden und deshalb unter Polizeischutz stehen.“ Pressemitteilung vom 20.09.2023 - Lkw-Fahrer-Streik in Gräfenhausen: „Wir bleiben, bis wir sterben“
„In der hessischen Stadt [sic!] harren immer noch rund 30 Lkw-Fahrer aus – inzwischen im Hungerstreik. Nun bekommen sie Unterstützung aus der Politik.
Die rund 30 Lkw-Fahrer im hessischen Gräfenhausen, die am Dienstagnachmittag in den Hungerstreik getreten sind, hielten ihren Protest auch am Mittwoch weiter aufrecht. Das sagte Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der für die Fahrer vermittelt, der taz. Sie fordern den ihnen zustehenden Lohn ein. (…) „Ein Fahrer hat hier gerade gesagt, sie bleiben, bis sie sterben“, sagte Atema am Mittwochvormittag. „Sie sind verzweifelt und wissen sich nicht anders zu helfen.“ Im Hessischen Rundfunk sagte ein Fahrer aus Georgien, seine Familie hungere seit Monaten und warte auf das Geld, das ihm zustehe. Deswegen gehe auch er jetzt in den Hungerstreik. (…)
Arbeitsminister will tätig werden
Nachmittags äußerte sich auf dem Kongress auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dazu. Er sprach von einer „beschissenen Situation“ und erklärte: „Wir werden da nicht tatenlos zusehen.“ Er habe am Mittwoch mit der polnischen Arbeitsministerin Kontakt aufgenommen, damit auch sie sich des Themas annimmt. Heil sieht aber auch die deutschen Großunternehmen in der Pflicht, die Kunden von Mazur sind. „Die Frage von Menschenrechten ist keine Frage von Freiwilligkeit.“ (…) DB Schenker erklärte allerdings am Mittwoch, nach einer internen Überprüfung „haben wir festgestellt, dass drei Sendungen ohne unser Wissen und ohne die vertraglich vorgeschriebene Zustimmung durch DB Schenker an Unternehmen der Mazur-Gruppe weitervergeben wurden“. Drei Transportunternehmen wurden daher von Aufträgen durch DB Schenker ausgeschlossen. (…) Die Europa-Abgeordnete der Grünen, Gaby Bischoff, sagte der taz: „Der Hungerstreik ist ein klarer Ausdruck der Verzweiflung der Streikenden.“ Europaabgeordnete aus vier Fraktionen hätten einen dringenden Appell an die Kommissarin für Transport, Adina Vălean, gerichtet und sie aufgefordert, alle Akteur*innen an einen Runden Tisch zu bekommen, damit die betroffenen Fahrer endlich ihr Geld erhalten. „Leider hat die Kommission bisher nicht reagiert.“ Atema hofft, dass die Auftraggeber sich nun bewegen. „Wenn die Fahrer eine Perspektive erhalten, dann wird der Hungerstreik sicher bald enden.“ Der Gewerkschafter schien von der Situation selbst etwas überfordert. „Ich mache diese Arbeit schon sehr lange, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.““ Artikel von Johanna Treblin vom 20.9.2023 in der taz online - Bewertung des Streiks in Gräfenhausen bei ChefDuzen (Teil 3 & 4)
- Der Umgang mit Migranten
„… Der 1. Streik funktionierte als Medienspektakel. Die Bilder von dem Einsatz des Securityunternehmens Rutkowski Patrol als Streikbrecherkommando mit gepanzertem Fahrzeug und Schlägertruppe im paramilitärischen Look, gingen rund um den Erdball. Es drängten sich daraufhin gewerkschaftliche Unterstützer diverser Einzelgewerkschaften auf dem Parkplatz Gräfenhausen mit Gulaschkanone, Grill und vielen Leckereien. Der 2. Streik hat von gewerkschaftlicher Seite nie diese Würdigung erfahren. Der DGB, der stets seine volle Solidarität bekundete, hätte zumindest ein menschenwürdiges Umfeld für die mutigen Streikenden organisieren können. Der Aufwand wäre überschaubar und läge warscheinlich unter dem, was man für 1. Mai-Events organisiert mit Hüpfburgen, Bühne mit Soundanlage, Ständen für das leibliche Wohl. Erst nach Kritik und einiger Zeit wurden auf dem Rastplatz ein paar schlecht gewartete Dixi-Klos aufgestellt und ein Shuttle Service 2x die Woche zu den Duschen einer Schule in Darmstadt eingerichtet. Ein solches Umfeld wäre für die Teilnehmer:innen von Gewerkschaftskongressen nicht denkbar. Hier handelt es sich um migrantische Malocher und denen, meint man scheinbar, kann man solche Bedingungen zumuten. Es kommt jedoch noch schlimmer. Bei der Versorgung der Streikenden wurde diskutiert, was denn auf den Einkaufszettel kommen darf. Es gab Stimmen gegen den Einkauf von Tabak und gegen alles, was über die Grundversorgung hinaus geht. Wasser und Brot für Wanderarbeiter? Ebenso hielten einige es nicht für nötig, für die großteils muslimischen Fahrer Halal-Fleisch zu kaufen, sie sollten sich an die Gegebenheiten hier gewöhnen. Die Fahrer haben kein Geld und keine Krankenversicherung. Sie mußten bei mörderischer Hitze in ihren Kabinen schlafen. Möglichkeiten der Körperpflege und Verpflegung bewegen sich niedrigem Niveau, Zerstreuung und Ruhe sind auf dem Rastplatz kaum möglich. (…)
Der Umgang mit den migrantischen Arbeitern zeugt auch nicht von Respekt ihnen gegenüber. Den Fahrern steht der Deutsche Mindestlohn zu für die Zeit, in denen sie hierzulande gearbeitet haben. Das Thema wurde von den Gewerkschaften nicht öffentlich thematisiert, obwohl es zu einem 2-3 fachen Lohn für die Fahrer führen würde. Das gilt nicht nur für die Streikenden, sondern auch für Hunderttausende andere. Nach Aussage des schwedischen Gewerkschafters Pelle Sunvisson gibt es einen Beschluß, nachdem die Streikenden nur mit Lebensmitteln und Möglichkeiten zur Körperhygiene versorgt werden sollen, nicht aber durch Geld. Das bedeutet, das selbst im Fall eines „Sieges“, in dem die Lohnforderungen der Streikenden völlständig erfüllt werden, sie draufzahlen. Ihre Familien mußten sich bereits 2 Monate von Bankkrediten und privat geborgten Geld ernähren, Miete, Schulgeld und anderen Alltagsbedarf bestreiten. Dieser Beschluß soll nicht nur für deutschen Kreis der professionellen Unterstützer gelten, sondern man stellte sich quer, als die schwedische Gewerkschaft Solidariska Byggare einen Fonds für eine finanzielle Unterstützung einrichtete, also für ein Streikgeld. Als die schwedische Gewerkschaft sich diese Initiative nicht untersagen lassen wollte, habe man die Fahrer selbst unter Druck gesetzt, so Pelle Sunvisson…“ Bewertung des Streiks in Gräfenhausen Teil 3 vom 19.September 2023 von Kuddel in chefduzen.de - Feindliche Übernahme?
„Es sei nochmal darauf hingewiesen, daß es mir keineswegs um Unionbashing geht.
Es geht um den Streik, um die Fahrer und ihre Forderungen. Es geht auch um mehr, auch um das liberalisierte europäische System des Straßentransports, das menschenunwürdige Arbeitsbedingungen nicht allein bei den Mazur-Spditionen ermöglicht hat. Dieser Arbeitskampf in Gräfenhausen betritt Neuland. Es haben sich Arbeiter unterschiedlicher Nationalität zusammengefunden, ihre Arbeit niedergelegt und das Arbeitsgerät nebst Ladungen als Faustpfand einbehalten. Sie hatten darüber hinaus nichts als Solidarität. Solidarität untereinander und Solidarität von Unterstützern, die zu den Streikenden kamen, sie mit Lebensmitteln versorgten und ihnen in vielerlei Beziehung halfen, u.a. mit Pressekontakten.
Die Bekundung der Solidarität durch den DGB mag eine wichtige symbolische Unterstützung gewesen sein, doch das Auftauchen von Anna Weirich von Faire Mobilität und Edwin Atema bedeuteten einen praktischen Sprung nach vorn. Die Fahrer sprachen weder Deutsch noch kannten sie die politischen und juristischen Verhältnisse hierzulande. Anna war nicht nur Übersetzerin, sie spielte eine wichtige Rolle bei der Entstehung des gemeinsamen Kampfes. Und Edwin war nicht nur Gewerkschaftsfunktionär der holländischen FNV, er hatte selbst 10 Jahre als LKW Fahrer gearbeitet und kennt sich aus in der Branche. Er hat einige wichtige Fähigkeiten, die wichtig für die beiden Streiks in Gräfenhausen waren. Er kann mitreißend auftreten, er hat Fahrer motiviert und zusammengebracht, als sie sich beim zweiten Streik mit individuellen Verhandlungen verrant haben. Edwin hat auch ein Händchen für die Medien und weiß kämpferisch aufzutreten. All das und weitere unterstützende Organisationen, wie auch unorganisierte solidarische Menschen, waren wichtig für diese beiden Kämpfe.
Auch schon beim 1. Arbeitskampf gab es im Hintergrund Anzeichen für politisches Gerangel bei den professionellen Unterstützern, doch beim 2. Streik wurde es ein Problem mit schweren Auswirkungen. (…)
Der schwedische Gewerkschafter Pelle Sunvisson war noch einige Tage länger unter den Streikenden als wir, diskutierte mit ihnen und lernte ihre Wünsche, Ängste und Probleme kennen. Der langwierige Streik zermürbt die Fahrer nicht nur auf dem Parkplatz, ein weitaus bedrückenderes Problem ist für sie die Situation ihrer Familien. Sie haben den harten Truckerjob und die Fahrten quer durch Europa nur deshalb angenommen, um sie zu unterstützen. Pelle hat vorgeschlagen, Spendengelder nicht allein für die Verpflegung der Streikenden einzusetzen, sondern ihnen auch ein Streikgeld zu zahlen, damit sie zumindest etwas ihren Familien überweisen können. Edwin hat sich strikt dagegen gewehrt, den Streikenden Geld zukommen zu lassen und wollte der schwedischen Gewerkschaft Solidariska Byggare Zahlungen aus ihrem Solidaritätsfonds verbieten. Als die Unterstützer in Schweden sich dem nicht beugen wollten, wurde den Fahrern die Zusammenarbeit mit der schwedischen Gewerkschaft untersagt. Es habe die Drohung gegeben, Edwin Atema und Faire Moblilität würden sich von den Streikenden zurückziehen, wenn mit unerwünchten Unterstützern zusammenarbeitet werde, so Pelle Sunvission. Vielleicht gehören wir selbst inzwischen zu den unerwünschten Unterstützern. Das Transparent, das wir den Streikenden mitgebracht haben und das von den Fahrern sofort begeistert an einem LKW aufgehängt worden ist, ist nach ein paar Tagen verschwunden. Die Aktionen, die folgten, waren Öffentlichkeitsarbeit mit fragwürdigen Politikern, und die Fahrer sind nicht in die Entscheidung oder Vorbereitung eingebunden worden. Fahrer haben erkärt, sie seien verunsichert und ängstlich, in dieser Situation selbst etwas zu machen. Es scheint, sie sind entmündigt worden und die Regie ist nun in Händen des Selbsternannten Streikführers Edwin Atema. (…) Den Fahrern geht es um Existenzielles. Einíge haben vor Wochen erklärt, sie würden bis zum Tod ausharren. Aus purer Verzweiflung haben sie nun versucht, aus ihrer Rolle als Statisten auszubrechen und mit einem Hungerstreik als selbst entscheidende und handelnde Menschen diesen Kampf fortzusetzen…“ Bewertung des Streiks in Gräfenhausen Teil 4 vom 20.September 2023 von Kuddel in chefduzen.de
- Der Umgang mit Migranten
- Gräfenhausen: Manche Trucker haben bereits aufgegeben, ca 20 sind doch in den Hungerstreik getreten (und ein Selbstmordversuch) – ein Akt der Verzweiflung und Zeichen des Scheiterns nicht nur der Politik, sondern auch der Solidarität?
- LKW-Protest an A5 in Südhessen: Trucker treten in Hungerstreik
„Der Protest osteuropäischer und zentralasiatischer LKW-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen eskaliert: Rund 20 bis 30 Trucker sind mittlerweile offenbar in den Hungerstreik getreten. Das bestätigte Fahrer-Sprecher Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft HIT RADIO FFH.
Demnach befinden sich aktuell noch insgesamt 80 LKW-Fahrer an der Raststätte und warten auf ihr Geld – ein Teil von ihnen greift nun also zu dieser radikalen Maßnahme. Der Ausstand dauert mittlerweile schon seit über zwei Monaten an.
LKW-Fahrer gehen mit Hungerstreik „bis zum Äußersten“
Laut dem niederländischen Vermittler und Fahrer-Sprecher Edwin Atema hätten die Männer Banner angefertigt, auf denen sie ihren Hungerstreik für alle sichtbar machen wollen. Er sei traurig, dass die Fahrer nun bis zum Äußersten gehen müssten, sagte er unserem Reporter betroffen.
Trucker fordern ausstehende Gehälter von Spediteur
Die Männer seien unzufrieden, dass sich seit Wochen nichts bewege. Auch Besuche von Politikerinnen und Politikern oder von verschiedenen Firmen hätten nichts gebracht. Der Hungerstreik soll laut Atema nun so kurz wie möglich dauern. Sie fordern ausstehende Gehälter von ihrem polnischen Spediteur. (…)
Zahl der Trucker in Gräfenhausen hat sich reduziert
Laut Atema habe sich die Zahl der Fahrer an der Rastanlage mittlerweile reduziert. Wie unser Reporter vor Ort erfahren hatte, hätten manche Trucker zwischenzeitlich bereits aufgegeben. Ihr Arbeitgeber, der polnische Spediteur, habe sie unter Druck gesetzt und mit Konsequenzen gedroht. Außerdem befänden sich einige Fahrer aktuell im Krankenhaus. Vermittler Atema hatte sich immer wieder Sorgen um die Gesundheit der Männer gemacht. Der Notarzt habe bereits mehrfach kommen müssen…“ Artikel von Florian Stendebach vom 19.9.2023 in RADIO FFH - Wilder Streik in Gräfenhausen: Lkw-Fahrer treten in Hungerstreik
„Sie fordern seit über sieben Wochen auf einer hessischen Raststätte ihren Lohn ein. Jetzt sind 30 LKW-Fahrer in den Hungerstreik getreten.
Rund 30 streikende Lkw-Fahrer im hessischen Gräfenhausen sind in Hungerstreik getreten. Das bestätigte am Dienstagnachmittag Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der von den Fahrern als Vermittler beauftragt wurde. Der Hungerstreik habe offiziell um 16 Uhr begonnen. Die Fahrer hätten sich gemeinsam in mehrere Lkw-Anhänger zurückgezogen. (…) Einige Fahrer hatten bereits Anfang August und dann noch einmal in der vergangenen Woche mit Hungerstreik gedroht. „Sie sind verzweifelt und wissen sich nicht anders zu helfen“, sagte Atema der taz. „Ich mache diese Arbeit schon sehr lange, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Er sei auch kein „Experte für Hungerstreik“ und wisse nicht, wie es nun weitergehe. Er habe die Polizei informiert. Am Abend wolle er sich mit anderen Unterstützern zusammensetzen und das weitere Vorgehen beraten. Die Hungerstreikenden nannten laut Atema keine Frist für ihre Aktion. Sie hätten Atema lediglich gebeten, die an der Lieferkette beteiligten Firmen über ihre Aktion zu unterrichten. Damit habe er begonnen, bisher aber noch keine Reaktion erhalten. (…) In den vergangenen Wochen hatten zwei an der Lieferkette beteiligte Logistiker aus Österreich zusammen 40.000 Euro als Lohnanzahlung an die Fahrer ausgezahlt. Die teilten das Geld unter sich auf. In der vergangenen Woche war laut Atema der Vertreter eines „deutschen Großlogisters“ nach Gräfenhausen gekommen, der erst nach über sechs Wochen festgestellt habe, dass seine Ware auf dem hessischen Rastplatz lagert. „Das ist die Situation in den Lieferketten“, sagte Atema. Gehandelt habe der Logistiker bis jetzt nicht, Atema hofft aber, dass er sich demnächst mit einem Angebot an ihn wendet…“ Artikel von Johanna Treblin vom 19.9.2023 in der taz online - „2 Monate Wilder Streik in #Gräfenhausen. Nachdem die Streikenden von Gewerkschaftsprofis als Wahlkampfhelfer f. d. SPD mißbraucht wurden, wollen sie das Heft wieder in die Hand nehmen & traten in einen Hungerstreik. Ein Akt der Verzweiflung, ihre Familien verschuldeten sich tief“ Tweet von ChefDuzen vom 19.9.2023 mit Foto
- „Foto von einem vergangenen Protest deutscher Trucker. Statt Mitleid für die zentralsasiatischen Fahrer in #Gräfenhausen sollte die Unzufriedenheit in der Fahrerwelt zu einem gemeinstamen Kampf zusammengeführt werden.“ Tweet von ChefDuzen vom 19.9.2023 mit Foto
- Solidaritätsadresse für unsere Kollegen in #Gräfenhausen
Der verdi-Bundeskongress fordert in einer Resolution zu Gräfenhausen, dass die Unternehmen in der Lieferkette für die ausstehenden finanziellen Ansprüche der Fahrer aufkommen müssen. Das BAFA wird aufgefordert endlich aktiv zu werden:
„Zum zweiten Mal in diesem Jahr schon stehen LKW-Fahrer, überwiegend aus Osteuropa, auf einer Autobahnraststätte in Deutschland und streiken, weil ihr polnischer Auftraggeber ihnen schon teils seit Monaten keinen Lohn mehr bezahlt hat. Von den 160 Fahrern, die derzeit seit neun Wochen auf ihr Geld warten, sind inzwischen zehn in den Hungerstreik getreten. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis, die unter anderem für die Logistik-Branche zuständig, musste mit den Tränen kämpfen, als sie berichtete, dass einer der Fahrer versucht habe, sich das Leben zu nehmen vor lauter Verzweiflung. Er konnte zum Glück gerettet werden. „Das kollektive Wegschauen der Kunden, der Fuhrunternehmen, das schamlose Ausnutzen und Brechen von EU-Regeln durch die Unternehmen sowie das hilflose Handeln der Unternehmensverbände muss endlich ein Ende haben“, forderte sie. Es ist die Kernforderung der Resolution.“ ver.di-Meldung zur Solidaritätsadresse und die „Solidaritätsadresse für unsere Kollegen in #Gräfenhausen“
- LKW-Protest an A5 in Südhessen: Trucker treten in Hungerstreik
- Streik der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen: Bundesarbeitsminister Heil kündigt Sonderprüfung nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bei Mazur-Kunden an – und „Trucker Blues“ wirbt für die Streikkasse
„Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagt ausbeuterischen Speditionen den Kampf an und hat nach Informationen der Frankfurter Rundschau auf Sonderprüfungen bei Unternehmen hingewirkt, die als Auftraggeber mit der polnischen Mazur-Gruppe in Verbindung gebracht werden. (…) „Lkw-Fahrer halten unser Land und unsere Wirtschaft am Laufen. Sie um ihren hart verdienten Lohn zu betrügen, dulden wir nicht“, sagte Heil der FR. Die verzweifelten Fahrer in Gräfenhausen bräuchten unsere Unterstützung. Sie hätten ein Recht auf ihren Lohn; ausbeuterische Speditionen müssten von unseren Straßen verschwinden. Der Minister forderte die deutschen Großunternehmen auf, „bei der Auswahl ihrer Speditionen ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Und gegen schwarze Schafe gehen wir mit dem Lieferkettengesetz vor“, so Heil. Bei den Prüfungen nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sollen alle verfügbaren Informationen verwendet werden, beispielsweise Hinweise aus veröffentlichten Frachtpapieren zu möglichen Auftraggebern. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hat den Angaben zufolge sein Monitoring bei Zulieferern der Transportbranche verstärkt, um Verstößen gegen das Gesetz und Beschwerden gegen Unternehmen konsequent nachzugehen.
Lieferkettengesetz gilt für große Unternehmen: Mazur war Teil der Lieferkette der DHL
Bei Mazur wird es offenbar vor allem um mehrere Punkte aus Paragraf 2 des LkSG gehen. Diese ahnden etwa fehlende Maßnahmen gegen körperliche und geistiger Ermüdung, etwa durch lange Arbeitszeiten und mangelnde Ruhepausen sowie das Vorenthalten eines angemessenen Lohnes. Dieser muss mindestens so hoch liegen wie der anwendbare Mindestlohn und richtet sich nach dem Beschäftigungsort. Es ist nicht einfach, direkt gegen solche Unternehmen vorzugehen: Das Lieferkettengesetz gilt nämlich nur für Firmen mit Sitz in Deutschland oder ausländische Unternehmen mit einer Zweigniederlassung hier, wenn sie aktuell mindestens 3000 oder ab 2024 mindestens 1000 Mitarbeitende im Inland beschäftigen. Allerdings gibt es Ansatzpunkte, wenn ein Unternehmen in Deutschland, dessen Zulieferer Mazur ist, unter das Gesetz fällt… Artikel von Gregor Haschnik vom 15.09.2023 in der FR online („Streik der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen: Sonderprüfung bei Kunden des polnischen Spediteurs“), siehe dazu:- Protest an der A5: DGB begrüßt Sonderprüfung zu Lkw-Streik
„… Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hofft auf Bewegung im Streit zwischen den an der A5 streikenden Lastwagenfahrern und ihrem polnischen Auftraggeber. Der Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, wies am Freitag darauf hin, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf Sonderprüfungen bei Unternehmen hingewirkt habe, die mit der polnischen Mazur-Gruppe zusammenarbeiten sollen. (…) „Die Überprüfung nach dem Lieferkettengesetz ist ein konsequenter Schritt“, sagte der Vorsitzende des DGB-Bezirkes Hessen-Thüringen, Michael Rudolph. „Die Auftraggeber sind jetzt gefordert, ihrer Verantwortung unverzüglich nachzukommen und die offenen Beträge an die Fahrer auszuzahlen, so wie einige das schon getan haben.“…“ Artikel von Barbara Schäder vom 15.09.2023 in der FAZ online - „Eilmeldung vom Schlachtfeld Grafenhausen: Der deutsche Arbeitsminister „eröffnet den Krieg gegen die großen Fische der deutschen Industrie“. DHL-Deutsche Post, Deutsche Bahn, Einzelhandel und Automobilindustrie wollten keine Abhilfe.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 15. Sep. 2023
- „Die Auftraggeber sind jetzt gefordert, ihrer Verantwortung unverzüglich nachzukommen und die offenen Beträge an die Fahrer auszuzahlen, so wie einige das schon getan haben“, sagt d. Vorsitzende des @DGBHeTh @M_Rudolph_KS #Gräfenhausen #Lieferketten“ Tweet von Faire Mobilität vom 15. Sep. 2023
- „Gestern trafen sich Lkw-Fahrer a. #Gräfenhausen u. Kollegen v. #RTDD u. @DGBHeTh mit EU-Kommissar @NicolasSchmitEU. Es braucht grundlegende Lösungen, um die miserablen Arbeitsbedingungen im internat. Straßentransport zu verbessern. Auftraggeber müssen Verantwortung übernehmen!“ Tweet von Faire Mobilität vom 16. Sep. 2023
- Trucker Blues – ein Video von DerKilometerfresser bei youtube wirbt für die Streikkasse! (S.u.)
- Hilfe für streikende Lkw-Fahrer
„Gerhard Trabert fährt mit seinem Arztmobil zu Menschen, die sich eine Behandlung aus den unterschiedlichsten Gründen nicht leisten können. Nun hilft er auch den seit neun Wochen streikenden Lkw-Fahrern auf der Raststätte Gräfenhausen.“ Video vom 15.09.23 in hessenschau
- Protest an der A5: DGB begrüßt Sonderprüfung zu Lkw-Streik
- Streik in Gräfenhausen in der 9. Woche und festgefahren: Die Fahrer haben zwar den angedrohten Hungerstreik abgesagt, brauchen aber dringend Streikgeld!
- Vorerst kein Hungerstreik bei Fernfahrern in Gräfenhausen
„Anfang der Woche hatten die streikenden Lkw-Fahrer auf der A5-Raststätte Gräfenhausen in Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) mit einem Hungerstreik gedroht. Dieser ist nun vorerst abgewendet: Es gibt weitere Verhandlungen mit Spediteuren, die bereit sind, nicht mehr den polnischen Unternehmer zu bezahlen, sondern stattdessen die Fahrer direkt. Aber auch das ist schwierig und langwierig. Mittlerweile läuft der Streik schon in der neunten Woche und ein Ende ist nicht absehbar.“ Kurzmeldung vom 15.9.2023 in hessenschau.de - Wir erinnern daher an den schwedischen Streikfonds hier weiter unten!
- Fahrer in Weiterstadt drohen mit Hungerstreik
„Die an der Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) streikenden Lkw-Fahrer haben mit Hungerstreik gedroht, wenn die Forderung nach Zahlung ihrer ausstehenden Löhne nicht erfüllt werden. Die mehr als 100 Fahrer eines polnischen Spediteurs harren seit Wochen dort aus…“ Kurzmeldung vom 12.09.23 bei hessenschau.de , siehe dazu:- „… Ich vermute, der Vorschlag, einen Hungerstreik durchzuführen, kommt von den Fahrern selbst, die wenig Lust haben, stets als Hintergrund inszenierter Auftritte von Politikern und Gewerkschaftern zu dienen. Sie wollen als handelnde Subjekte wahrgenommen werden.“ Kommentar von Kuddel vom 13.September 2023 bei chefduzen.de , siehe auch seine grundlegenden Überlegungen:
- Überlegungen zum Streik und Streiktaktik
„Ich war in den letzten Tagen damit beschäftigt, weitere Informationen über den Streik zusammenzutragen und mit Leuten zu reden, die sich auch mit der Thematik auseinandersetzen. Aktuelle Nachrichten aus dem Streiklager: Man freut sich über Besuch und der Tabak wird knapp.
Der Streik in Gräfenhausen hat eine Bedeutung, die weit über das Begleichen offener Lohnforderungen hinausgeht. Dieser Arbeitskampf bewegt sich im rechtlichen Niemandsland, weshalb DGB und Faire Mobilität versuchten, das Wort „Streik“ zu vermeiden. Dieser Streik ist der längste im europäischen Straßentransport und er gilt nicht nur den Interessen der aktiv Streikenden, sondern er greift die Verhältnisse im Europäischen Straßentransport insgesamt an. Das ist den hier aktiven Gewerkschaften eine Nummer zu groß. Sie wollen den unter härtesten Bedingungen kämpfenden Migranten mit wohltätigen Lebensmittelspenden unter die Arme greifen, aber keine Ausweitung des Streiks, keine weiteren Arbeitsmigranten auf den Barrikaden und auch keine Deutschen, die sich Protesten und Arbeitsniederlegungen anschließen. Der Standort Deutschland soll konkurrenzfähing bleiben und die Lieferketten dürfen nicht reißen.
Ja, man muß diesen Streik gründlich abklopfen nach seinen Möglichkeiten und Grenzen. Der Streik befindet sich gerade in einer Krise. Das hat zu tun mit seinen Unterstützern und mit Einflußnahmen. Es gibt Vorwürfe wegen intransparenter Strukturen und undemokratischer Entscheidungen. Es geht nicht darum, den Schwarzen Peter an jemanden zu vergeben, der für die Probleme verantwortlich ist. Man sollte versuchen, die schwierige Gemengelage, wie die momentane Krise, zu verstehen…“ Beitrag von Kuddel vom 12.September 2023 bei chefduzen.de und die Fortsetzung: - „An diesem Streik gibt es viel zu lernen. Unsere Unterstützung und unsere Kritik sollten praxisnah sein.
Der Streik im Frühjahr und der aktuelle Streik wären wohl nicht möglich, ohne die praktische Unterstützung durch Gewerkschaften und gewerkschaftsnaher Stiftungen. Es geht um weit mehr, als um die Verpflegung der Streikenden. Der Ex-Trucker Edwin Atema hat besondere Qualitäten, die wichtig für einen solchen Kampf sind. Er konnte Fahrer mitreißen und hat Talent im Umgang mit den Medien und beherrscht die Kunst der kämpferischen Rede. Auch Anna von Faire Mobilität ist für die Streikenden weit mehr als nur die Übersetzerin. Sie wuselt unter den Streikenden herum, kümmert sich und ist aktiv bei der Pressearbeit. Egal wie wir zu den sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften stehen mögen, sollten wir anerkennen, daß sie eine wichtige Rolle für die Streikenden spielen, die ohne diese Unterstützung wohl so lange Streiks hätten durchhalten können. Dazu muß man den Gewerkschaftern und ihrem Umfeld Respekt zollen.
Und wir müssen zugeben, daß es den deutschen Basisgewerkschaften und der Linksradikalen Szene nicht gelungen ist, eine entsprechende praktische Unterstützung zu organisieren, bei der rund hundert Trucker (zeitweise waren es mehr) durchgefüttert werden können.
Ich finde im Moment die Quellen nicht, habe aber im Kopf, daß aus der Ecke deutscher Basisgewerkschaften rund 4500€ gesammelt worden sind und von „Privatleuten“ nochmal 20.000€ zusammengekommen sein sollen. Es gibt unter den Streikenden eine Unzufriedenheit darüber, daß man ihnen nur Naturalien, aber kein Bargeld zukommen läßt. Das ist ein Thema, daß in linksradikalen Kreisen diskutiert werden sollte. Ich verstehe auch die Symbolik und Wirkung, wenn man im Streikcamp mit einer Fuhre gespendeten Lebensmitteln ankommt. Ich weiß auch die Wirkung zu schätzen und finde, es sind viel zu wenig Bilder davon genutzt worden. Solche Bilder sprechen eine deutliche Sprache und die sollte man für Solidaritätsarbeit nutzen.
Ich bin vielleicht zu ungeduldig. Ich bin stets genervt, wie weit der Anspruch und die politische Praxis linksradikaler auseinander klafft. Es gibt so wenig direkte Verbindungen zwischen den Politniks und den Streikenden. Mal sehen, ob man lernt, die geschlossene Politszene zu verlassen, um sich mit den kämpfenden Menschen auszutauschen und gemeinsam zu kämpfen.“ Beitrag von Kuddel vom 13.September 2023 bei chefduzen.de - Sehr lesenswert dazu auch das Interview mit dem schwedischen Gewerkschafter Pelle dokumentiert bei chefduzen
- „Liebe DB Schenker, Mercedes, Deutsche Post AG, BMW, Obi, Red Bull und viele andere: hier sind die ausgebeuteten Fahrer, die eure Ladung ausgeliefert haben. Nach dem ersten Streik in Grafenhausen ist Lukmaz-Agmaz-Imperia immer noch in Eurer Lieferkette.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 12. Sep. 2023 mit Fotos, siehe dazu:
- „Gräfenhausen ist weit weg. Audi, BMW und RedBull gefühlt auch. Aber Aldi edit: REWE und Lidl sind Massenmärkte mit großer Infrastruktur. Z.B. Lidl hat deutschlandweit 39 Logistikzentren. Auch im meiner und deiner Nähe. Selbst ich Trottel konnte das in fünf Minuten Internetrecherche rausfinden. Warum rücken wir nicht Mazurs Auftraggebern auf die Pelle?“ Beitrag von krapotke vom 12.September 2023 bei chefduzen.de
- Vorerst kein Hungerstreik bei Fernfahrern in Gräfenhausen
- Ein weiterer Auftraggeber von Mazur bezahlt die Fahrer in Gräfenhausen direkt, der erhoffte Dominoeffekt ist es nicht – der Spendenaufruf daher weiterhin aktuell
- Wilder Trucker-Streik in Gräfenhausen: Hoffen auf Geld und Dominoeffekt
„Rund 100 streikende Lkw-Fahrer harren in Gräfenhausen aus und warten auf ihren Lohn. Die Spedition ist nicht verhandlungsbereit. Die Solidarität hoch. (…) Eine Woche später dann der zweite Erfolg: Am Donnerstag, 7. September, zahlt ein österreichisches Transportunternehmen erneut 20.000 Euro in bar aus und erhält dafür seine in Gräfenhausen gestrandete Ware. „Damit ist ein weiteres Unternehmen seiner Pflicht nachgekommen, die Verantwortung für Arbeitsbedingungen und Zahlungen zu übernehmen, wo Subunternehmer das versäumen“, sagt Weirich der taz. Am 19. August hatten die Fahrer*innen Namen von Firmen und Marken öffentlich gemacht, deren Waren sie geladen haben oder die als Logistikunternehmen an der Lieferkette beteiligt sind. Darunter sind Porsche, Audi, VW, DHL, der Möbelhändler Poco, der Energydrinkhersteller Redbull und die Baumärkte Obi und Bauhaus. Auch Ikea wurde in dem Zusammenhang genannt.
Nach dem deutschen Lieferkettengesetz müssen hiesige Firmen seit Januar für den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in den Lieferketten sorgen – und zwar vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Verstöße können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gemeldet werden. Das Bafa teilte der taz auf Anfrage mit, dass von Januar bis Anfang August 14 Beschwerden eingegangen seien. Gegen welche Unternehmen, das wollte das Bafa nicht sagen. Die beschuldigten Unternehmen wiesen gegenüber der taz eine Zusammenarbeit mit der Gruppe Mazur zurück. Ikea erklärte, sein Zulieferer habe Anfang 2023 die Zusammenarbeit mit Mazur beendet. Auch Porsche will weder in einem „Vertragsverhältnis“ mit Mazur stehen, noch gebe es „indirekte Beauftragung durch unsere Partnerunternehmen“. Ähnlich äußert sich Volkswagen auch für VW und Audi. Obi und Bauhaus erklären, seinen Logistikdienstleistern verboten zu haben, Unteraufträge an die Mazur-Gruppe weiterzugeben. Bauhaus teilt zudem mit, es habe sein „Lieferketten-Risikomanagement überprüft und geltende Transportrichtlinien verschärft“ und wolle seine Lieferkette nun „über den Kreis unserer unmittelbaren Zulieferer hinaus überprüfen“. Weirich überzeugen die Beteuerungen nicht. „Das sagen die Auftraggeber immer“, sagt sie der taz. Möglicherweise hätten große Unternehmen tatsächlich die Übersicht über ihre Lieferkette verloren und würden von den eigenen Vertragspartnern im Unklaren über Weitervergaben gelassen. „Spätestens mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist aber sehr klar geregelt, dass Unwissenheit nicht vor Verantwortung schützt.“…“ Artikel von Johanna Treblin vom 11.9.2023 in der taz online - „Lukmaz-Agmaz-Imperia Gräfenhausen 2.0: Nach 7 Wochen Streik zahlte ein anderes Unternehmen der Lieferkette 20.000 € direkt an die Fahrer. Die Fahrer aus Usbekistan, Georgien, Kasachstan, Tadschikistan, der Ukraine und der Türkei sind immer noch aktiv.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 8. Sep. 2023 mit Video und Foto
- Wir erinnern an den Spendenaufruf hier weiter unten!
- Gräfenhausen weitergeleitet werden.
Markieren Sie die Zahlung mit ”Joe Hill”
IBAN: SE4750000000052671153651
BIC: ESSESESS
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- Gräfenhausen weitergeleitet werden.
- Kiel 8.9. LKW Konzert, Streiksoli für den Streik in Gräfenhausen
„Es war ein Festival auf dem Wagenplatz „Schlagloch“. Wir wollten damit nicht einfach Geld abgreifen für die Solikasse der Streikenden, sondern auch einen Zusammenhang herstellen, den Kampf bekannt machen und zur Solidarität aufrufen…“ Bericht mit Fotos von Kuddel vom 10.9.23 bei chefduzen.de
- Wilder Trucker-Streik in Gräfenhausen: Hoffen auf Geld und Dominoeffekt
- Der erste Auftraggeber von Mazur zahlt – direkt an den streikenden LKW-Fahrer! Geld wird verteilt – folgen weitere aus der Lieferkette bis nach Gräfenhausen!?
- Erste Zahlung an streikende Lkw-Fahrer in Gräfenhausen
„Nach sechs Wochen Streik haben die streikenden Fahrer an der Raststation Gräfenhausen erstmals einen Teil ihres ausstehenden Lohn erhalten – allerdings nicht von der bestreikten Spedition. Der Verhandlungsführer hofft nun auf einen „Domino-Effekt“ (…) Ein österreichischer Spediteur, der ebenfalls Teil der Lieferkette war, habe sich entschieden, die für den entsprechenden Transport anfallende Summe in Höhe von 20.000 Euro einen Fahrer direkt zu übergeben, sagte der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, der von den Fahrern mit der Verhandlungsführung beauftragt wurde. „Wir hoffen, dass das einen Dominoeffekt auslöst“, sagte Atema bei einer Streikversammlung in Gräfenhausen. Er hoffe, damit einen Stein ins Rollen zu bringen, sagte der mittelständische österreichische Unternehmer, der anonym bleiben wollte. Für seinen Kunden sei es höchste Eile, an die durch den Streik blockierten Waren zu kommen. „Da geht es leicht auch um Arbeitsplätze und die Zukunft eines Unternehmens.“ Der Unternehmer händigte das Geld an den Trucker aus, der den Lastwagen mit der entsprechenden Ladung gefahren hatte. Dieser soll die ihm zustehenden 4.000 Euro erhalten, der Rest des Geldes soll zu gleichen Teilen unter den Fahrern verteilt werden. Die Waren wurden auf einen Lastwagen beladen, um nun an den Kunden geliefert werden zu können. Verständnis hatte der österreichische Spediteur aber auch für den Kampf der Trucker. „Man sollte von seiner Arbeit nicht nur überleben können, sondern seinen Familien auch ein gutes, normales Leben ermöglichen können“, sagte er. Angesichts von mehr als 500.000 Euro, die die Fahrer fordern, sei die Summe von 20.000 Euro vielleicht ein kleiner Schritt, „aber strategisch ein wichtiger Schritt“, sagte Atema. Er hoffe, dass andere Kunden des Speditionsunternehmens dem Beispiel folgen…“ Meldung vom 31.08.23 in hessenschau.de , siehe auch:- „Und das erste Geld floss aus der Grafenhausen-Menschenrechtsverletzungen-Lieferkette zu den Fahrern. Das ist mittlerweile eine Tatsache. Jetzt ist es an der Zeit, dass die großen Fische der Branche diesem Beispiel folgen und zeigen, dass ihre Menschenrechtspolitik mehr als ein Stück Papier ist: „Shag za shagom“.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 31. Aug. 2023 mit Video
- Entlohnt wie ein Häftling. Gräfenhausen: Ausbeutung extrem
„Seit sechs Wochen streiken Lkw-Fahrer in Gräfenhausen, die für den umstrittenen polnischen Spediteur Mazur unterwegs sind. Dieser Fall ist besonders drastisch.
Seit sechs Wochen streiken die im Auftrag der polnischen Mazur-Gruppe tätigen Fahrer an den Parkplätzen Gräfenhausen an der A5. Ihr Chef hat sie in eine extreme Abhängigkeit getrieben, aus der es schwer einen Ausweg gibt. Edwin Atema spricht im Gespräch mit eurotransport.de von Zwangsarbeit. Die Fahrer haben ihn zu ihrem Verhandlungsführer gewählt. Diese Rolle hatte er bereits beim vorangegangenen Fahrerstreik im April. Der Gewerkschafter aus den Niederlanden prangert menschenunwürdige Zustände sowie eine fehlende Kontrolle und Ahndung durch die Behörden an. Der Fall eines Fahrers, über den er berichtet, ist besonders drastisch. Der für Gräfenhausen zuständige Bezirk Hessen/Thüringen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hat ihn minutiös aufgearbeitet. Der DGB nennt den Fahrer – um ihn zu schützen – Y. Fahrer Y kommt aus einem Drittland und stößt dort auf ein Jobangebot für Polen, bei dem er angeblich 2.400 Euro im Monat verdienen kann. Das Kleingedruckte: Zunächst muss er 1.000 Euro bezahlen, um seinem künftigen Arbeitgeber vorgestellt zu werden. Die Vermittlung erfolgt an die Spedition Imperia in Polen, die neben Akmaz und Lukmaz zum Firmengeflecht des umstrittenen Unternehmers Lukasz Mazur gehört…“ Artikel von Matthias Rathmann vom 30.08.2023 in eurotransport.de (FERNFAHRER Magazin) - Streik in Gräfenhausen: Staatsanwaltschaft involviert – Lieferkette betrifft auch DHL
„Die streikenden Lastwagenfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen wollen die Staatsanwaltschaft über ihre prekäre Situation aufklären. (…) Wichtiger als die Symbole ist der Inhalt eines Lastwagens, den der niederländische Gewerkschafter und Verhandlungsführer Edwin Atema an diesem Montag aufdecken lässt: Viele Waschmaschinen – sowie Lieferscheine und Übergabeprotokolle mit Namen von Firmen aus der Lieferkette, darunter Poco, Vestel, die Mazur-Firma Imperia, TST b2b und DHL. Atema betont, es reiche nicht, wenn die Tochter der Deutschen Post AG nach einer solchen Enthüllung sage, sie habe wegen zwischengeschalteter Firmen nichts gewusst und werde die Zusammenarbeit kündigen. Sie müsse, wie andere große Auftraggeber – die sich bislang zu wenig oder gar nicht für die an der Lieferung Beteiligten interessierten und von Ausbeutung profitierten – „Verantwortung übernehmen“. Nur wenn sie Druck auf den Konzern machten, könnten der Streik in Gräfenhausen und die Notlage der Fahrer beendet werden, so Atema. Denn Mazur verweigere Verhandlungen. Ähnlich äußert sich Renate Sternatz, Vizevorsitzende der DGB Hessen-Thüringen: „Wir fordern alle Unternehmen und Geschäftspartner auf, sich für eine Lösung in Gräfenhausen einzusetzen.“…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 29.08.2023 in der FR online
- Erste Zahlung an streikende Lkw-Fahrer in Gräfenhausen
- Zum Gedenken an Joe Hill: Migrantische syndikalistische Gewerkschaft „Solidariska Byggare“ in Schweden richtet internationale Streikkasse für Streikgeld für die LKW-Fahrer in Gräfenhausen ein – bitte spenden
- Solidariska Byggare: Internationale Streikkasse zum Gedenken an Joe Hill
„Momentan streiken 98 LKW-Fahrer in Gräfenhausen in Deutschland. Sie wurden von ihrem Arbeitgeber um ihre Löhne betrogen, manche um 2.500 Euro, manche um 13.000 Euro – alle zusammen um mehr als 500.000 Euro. Die Fahrer kommen, wie die meisten von uns, aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Wir teilen nicht nur unsere Herkunft, sondern auch die Erfahrung, migrantische Arbeitskräfte im heutigen Europa zu sein. Diese Erfahrung beschränkt sich nicht nur darauf, niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen als andere Arbeitskräfte zu haben. Immer wieder werden wir dazu gezwungen, für grundlegende Sachen zu kämpfen, zum Beispiel, dass unsere Löhne überhaupt ausbezahlt werden. Diesen Kampf kann man auf viele Weisen führen, aber am erfolgreichsten sind wir, wenn wir gemeinsam agieren.
Wir gehören der Minderheit migrantischer Arbeitskräfte an, die das Glück hatten, eine Gewerkschaft zu finden, in der wir unmittelbar als gleichberechtigte Mitglieder aufgenommen wurden. Daher sind wir stark, wenn es zu Konflikten und Streiks kommt. Die meisten migrantischen Arbeitskräfte haben dieses Glück nicht gehabt. Durch das Gründen einer Internationalen Streikkasse zum Gedenken an Joe Hill wollen wir unsere kollektive Kraft ausdehnen und Kollegen miteinbeziehen, deren Situation eine andere ist. Alle können in die Streikkasse einzahlen, ausbezahlt werden Gelder aus ihr jedoch nur an streikende migrantische Arbeitskräfte in Europa. Unser Ziel ist, dass alle streikenden migrantischen Arbeitskräfte mithilfe der Streikkasse zumindest die Hälfte des Lohnes bekommen, den sie aufgrund ihres Streiks verlieren. Als Teilziel streben wir nun an, genug Gelder zu sammeln, um allen Streikenden in Gräfenhausen 1.000 Euro zukommen zu lassen für den knappen Monat, in dem sie sich bisher in Streik befinden. Wir haben uns also vorgenommen, in sehr kurzer Zeit 98.000 Euro zusammenzubekommen. (…) In die Internationale Streikkasse zum Gedenken an Joe Hill kann auf das folgende Konto eingezahlt werden. Wir stellen sicher, dass die Gelder direkt an die LKW-Fahrer in Gräfenhausen weitergeleitet werden.
Markieren Sie die Zahlung mit ”Joe Hill”
IBAN: SE4750000000052671153651
BIC: ESSESESS
SEB 106 40 Stockholm…“ Internationaler und mehrsprachiger Spendenaufruf für Streikgeld der migrantischen syndikalistische Gewerkschaft „Solidariska byggare“ (Solidariska byggare ist eine Gewerkschaft innerhalb der syndikalistischen Gewerkschaftsföderation SAC in Schweden. Solidariska Byggare wurde vor zwei Jahren gegründet und organisiert seither fast ausschliesslich migrantische Arbeitskräfte) - „“Unser Ziel ist, dass alle streikenden migrantischen Arbeitskräfte mithilfe der Streikkasse zumindest die Hälfte des Lohnes bekommen, den sie aufgrund ihres Streiks verlieren.“ #solidariskabyggare #gräfenhausen“ Tweet von Pelle Sunvisson vom 29. Aug. 2023 und
- „Jetzt verbreiten wir den Mist daraus! Teilen, liken, verbreiten Sie es an Freunde und Kollegen in Europa! Seit fünf Wochen streiken 98 Lkw-Fahrer aus Zentralasien, Georgien und der Ukraine. Es mangelt ihnen völlig an Streikgeldern. #gräfenhausen“ schwedischer Tweet von Pelle Sunvisson vom 29. Aug. 2023
- Der Spendenaufruf wurde durch Pelle Sunvisson (Journalist, Schriftsteller und Gewerkschaftsaktivist bei der SAC) initiiert. Er besuchte Gräfenhausen zusammen mit chefduzen.de (siehe die Berichte hier unten) und kritisiert in einem Artikel bei Arbetaren die Streikleiung durch Edwin Atema scharf. In der teilweisen Maschinenübersetzung des Artikels bei chefduzen.de („Bedingte Solidarität mit streikenden Wanderarbeitern“) heißt es u.a.:
- „… Am verblüffendsten ist die Entscheidung, keinen Streikfonds einzurichten, sondern ihn sogar zu verbieten. Die Begründung muss sein, dass man anderen Wanderarbeitern keine Hoffnungen machen will, dass sie während eines Streiks eine Entschädigung erhalten können, um zu vermeiden, dass es so aussieht, als würde die Gewerkschaft versuchen, den Konflikt in die Länge ziehen zu wollen, und dass die Wanderarbeitnehmer aus den „richtigen Gründen“ streiken. Die Tausenden von Euro, die beim ersten Streik aus Solidarität mit den Fahrern gesammelt wurden, sind daher, ohne dass die Fahrer darum gebeten hätten, zu einer Art Lebensmittelfonds geworden. Gleichzeitig geben die Fahrer an, dass der wichtigste Faktor für ihr Durchhaltevermögen die Möglichkeit ist, zumindest etwas Kleines nach Hause zu den Familien zu schicken, die seit Monaten auf Geld warten und oft große Kredite aufgenommen haben…“
- Es gibt aber auch Kritik an den Forderungen: „… Auch von anderer Seite erntete der Streik Kritik. Die gestellte Forderung ist das Ergebnis, zu dem die Fahrer gekommen sind, nachdem sie das, was ihnen versprochen wurde, mit dem, was ihnen ausgezahlt wurde, verglichen haben. Der Gesamtbetrag von fast sechs Millionen Kronen mag hoch erscheinen, berücksichtigt aber nicht, was ihnen das Gesetz eigentlich garantieren soll. Fahrer sollten nach dem Land bezahlt werden, in dem sie arbeiten, und nicht nach dem Land, in dem sie beschäftigt sind. Von den streikenden Fahrern hatte keiner einen echten Einsatz in Polen. Sie haben ihren Arbeitsplatz in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich und sind dort schon lange tätig. Viele haben auf der Straße gelebt, sind sechs Tage die Woche gefahren und haben nachts und an Ruhetagen sechs Monate am Stück im Fahrerhaus geschlafen. Einige sind zwei Jahre lang gefahren, ohne jemals außerhalb des Führerhauses zu leben. Was ihnen tatsächlich zusteht, wird also zwei- bis dreimal so hoch sein wie das, was Sie jetzt verlangen…“
- Solidariska Byggare: Internationale Streikkasse zum Gedenken an Joe Hill
- Streik in Gräfenhausen: Appell an die Staatsanwaltschaft
„Die streikenden Lastwagenfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen klären die Justiz über ihre prekäre Situation auf – und nehmen angesichts der unterbrochenen Verhandlungen erneut die Auftraggeber der polnischen Mazur-Gruppe in die Pflicht.
Sechs Wochen dauert der Streik der Lastwagenfahrer in Gräfenhausen schon. Die Kampfbereitschaft ist nach wie vor hoch und gut sichtbar: Auf der Plane eines Wagens wird der Chef der polnischen Logistik-Gruppe Mazur in riesigen Buchstaben als Schuldner benannt, auf einem anderen Truck wirbt ein Transparent für „Solidarische Perspektiven statt Krisen und Vereinzelung“. Drinnen hängt eine große Tabelle – mit den Namen aller Fahrer und den ausstehenden Löhnen, die sie von Mazur fordern. Ein Streikender trägt ein T-Shirt mit einer Karikatur: Eine große Hand von Mazur kommt von oben, quetscht Kabine und Fahrer zusammen, so dass unten viel Geld rauskommt. Wichtiger als die Symbole ist der Inhalt eines Lastwagens, den der niederländische Gewerkschafter und Verhandlungsführer Edwin Atema an diesem Montag aufdecken lässt: Viele Waschmaschinen – sowie Lieferscheine und Übergabeprotokolle mit Namen von Firmen aus der Lieferkette, darunter Poco, Vestel, die Mazur-Firma Imperia, TST b2b und DHL.
Atema betont, es reiche nicht, wenn die Tochter der Deutschen Post AG nach einer solchen Enthüllung sage, sie habe wegen zwischengeschalteter Firmen nichts gewusst und werde die Zusammenarbeit kündigen. Sie müsse, wie andere große Auftraggeber – die sich bislang zu wenig oder gar nicht für die an der Lieferung Beteiligten interessierten und von Ausbeutung profitierten – „Verantwortung übernehmen“. Nur wenn sie Druck auf den Konzern machten, könnten der Streik in Gräfenhausen und die Notlage der Fahrer beendet werden, so Atema. Denn Mazur verweigere Verhandlungen. Ähnlich äußert sich Renate Sternatz, Vizevorsitzende der DGB Hessen-Thüringen: „Wir fordern alle Unternehmen und Geschäftspartner auf, sich für eine Lösung in Gräfenhausen einzusetzen.“ (…)
Der Logistikexperte [Edwin Atema] sagt, dass er am Freitag einen Brief an die Staatsanwaltschaft Darmstadt geschickt habe, die in Zusammenhang mit dem Streik mehrere Ermittlungsverfahren führt (siehe „Fragen und Antworten“). Ziel sei es, die Behörde, die sonst nicht im internationalen Transportwesen ermittle, über die dort herrschenden Bedingungen aufzuklären, sowohl im Allgemeinen als auch im konkreten Fall. Und an sie zu appellieren, genau hinzuschauen. Das Schreiben liegt der Frankfurter Rundschau vor. Darin heißt es beispielsweise, das Firmengeflecht habe nicht die Absicht, die zum Schutz der Fahrer erlassenen Vorschriften einzuhalten. Bisher habe das Unternehmen keine Bereitschaft zu einem Dialog erkennen lassen und nicht einmal auf die „berechtigte Forderung der Fahrer nach Weitergabe der Unterlagen reagiert“. Stattdessen habe es Kündigungsschreiben und Aufhebungsverträge verschickt, die den Betroffenen auf der Suche nach einer neuen Arbeit Schwierigkeiten bereiten könnten…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 28.08.2023 in der FR online , siehe auch:- Mickriger Lohn für Trucker. Sechs Wochen Streik an der Raststätte in Gräfenhausen. DGB beschreibt Entgeltsystem in Logistkbranche
„… Am Montag rechnete der DGB anhand eines Beispiels für die Presse vor, wie in der internationalen Logistikbranche Profite erwirtschaftet werden: »Der Fahrer Y. kommt aus einem EU-Drittstaat und spricht nur seine Landessprache. Auf der Suche nach einer Arbeitsstelle wurde ihm eine Position in Polen angeboten, bei der er ein Monatsgehalt von 2.400 Euro verdienen könnte.« Nach Begleichen einer Gebühr von 1.000 Euro sei er an Imperia, einem zu Mazur gehörenden Transportunternehmen in Polen, vermittelt worden. Nach der Einreise »teilte ihm Imperia mit, dass er 5.500 PLN (1.231,67 Euro) zahlen müsse, weil sie seine Dokumente organisiert hätten«. Seit August 2022 ist Y. ununterbrochen auf der Straße und lebt in seinem Fahrzeug. Dafür habe er nach Angaben des DGB im vergangenen Jahr zwischen 120 und 286 Euro pro Monat erhalten. Für das Jahr 2023 sei der Stundenlohn anhand der Fahrtenschreiberkarte und seines Bankkontos berechnet worden. Er betrug demnach zwischen 1,45 und 3,59 Euro.
Im Frühjahr dieses Jahres wurde der Fahrer bei einer Straßenkontrolle durch das Bundesamt für Logistik und Mobilität kontrolliert, erklärte der DGB Hessen-Thüringen. Demnach besaß Y. keine Fahrerbescheinigung und keinen Nachweis über die Fahrerqualifikation. Das Unternehmen wurde mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro belegt. Imperia beglich das Bußgeld und informierte den Fahrer darüber, dass dieser Betrag von seinen Zahlungen abgezogen werden würde.
Auch polnische Kontrollen bestätigten die Geschäftspraktiken. So habe die dortige Aufsichtsbehörde festgestellt, dass Mazur die Fahrer zwar entlohne, aber nur für eine sehr begrenzte Stundenzahl, heißt es in der Erklärung des DGB. Die Aufforderung der Behörden, die Fahrtenschreiber als Beleg für geleistete Arbeitsstunden vorzulegen, habe Mazur nicht liefern können, weil die Daten beschädigt waren.
Der DGB fordert all die großen Konzerne auf, deren Waren aufgrund des Streiks noch in Gräfenhausen stehen, für eine Lösung zu sorgen. Kürzlich kam heraus, dass unter anderem Konzerne wie DHL, Porsche und Redbull dazugehören. Einigen Unternehmen habe die polnische Spedition »nachweislich« geschrieben, dass nur die Polizei für eine Lösung sorgen könne, so der DGB…“ Artikel von Susanne Knütter in der jungen Welt vom 29.08.2023 (noch im Abo)
- Mickriger Lohn für Trucker. Sechs Wochen Streik an der Raststätte in Gräfenhausen. DGB beschreibt Entgeltsystem in Logistkbranche
- „Last Exit Gräfenhausen“ – chefduzen.de besucht die streikenden LKW-Kollegen und wirft die Frage auf: Brauchen sie nicht auch finanzielle Unterstützung für ihre Familien?
Der Bericht auf chefduzen.de ist ein mehrteiliger mit sehr sehr vielen Fotos und findet sich insgesamt unter „Gräfenhausen reloaded“ , siehe daraus:- Erste Fotos des Besuchs von Kuddel am 22.8.23 auf chefduzen und „Ach, es ist wirklich nicht einfach, einen brauchbaren Bericht über unsere Eindrücke von dem Streik zu formulieren. Es mischen sich da sehr berührenden Momente und politisch Aufregendes jenseits üblicher linker Politik. Es haben sich Menschen zusammengefunden, die nicht nur für ihr Recht und ihre Würde eintreten, sondern einen Kampf gegen ein brutales Ausbeutungssystem führen, das sich in Europa etabliert hat. Sie kämpfen nicht nur für sich. Es sind einfache Menschen, hinter deren Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ein kaum vorstellbarer Druck steht. Sie haben durch die Lebensmittelspenden genug zu essen, doch ihre Familien können sie nicht versorgen. Sie haben bereits vier Wochen Kampf hinter sich.“ Kurzbericht und Fotos des Besuchs von Kuddel am 23.8.23 auf chefduzen
- sowie umfangreicher mit noch mehr Fotos am 24.8. : „… Die Auseinandersetzung am Rande der Autobahn machte uns neugierig. Wir wollten wissen, wie wir helfen und was wir lernen können. Vier Leute aus Hamburg und Kiel machten sich auf den Weg nach Gräfenhausen. Pelle Sunvisson, der schwedische Günther Wallraff, hat sich uns angeschlossen. (…) Pelle spricht fließend russisch und dolmetschte für uns, als wir mit den Streikenden diskutieren wollten. Wir konnten die Fragen stellen, die uns schon lange auf der Leber lagen.“
- Und aus dem update am 24.8. mit weiteren Fotos : „… Wir waren neugierig, wie es mit der Unterstützung von außen und mit dem Alltag in dem tristen Steikcamp aussah. Das Ankommen mal von Lieferwagen, mal PKW, die Verpflegung mitbrachen, war eine angenehme Überraschung. Diese Unterstützer tauchten, so unser Eindruck, ohne Absprache dort auf.“
- Es folgt ein weiterer Bericht von Kuddel vom 24.8. auf chefduzen mit weiteren Fotos – guckt selbst! Kuddel selbst sagt am Abend des 24.8. zu seinem Bericht: „… Der Bericht ist noch nicht fertig. Bisher hat es was von einem Aufsatz über einen schönen Schulausflug. Bei allem Berührtsein von den menschlich schönen Momenten, die es mit den Streikenden gab, hat der Bericht keineswegs den Ernst dieser Situation beschreiben können. Es ist der Kampf von Leuten, die aus prekären Bedingungen kamen (5€ Stundenlohn) und selbst um diesen Hungerlohn betrogen worden sind. Jetzt stehen sie am Abgrund. Sie stehen auf einem hessischen Rastplatz und leben von dem, was wohlmeinende Spender ihnen geben. Das Leben ihrer Familien in irgendwelchen ex-Sowjetrepubliken geht weiter, die Miete muß gezahlt werden, ihre Kinder müssen zur Schule.
Der Kampf, den sie aufgenommen haben, führen sie nicht nur für sich. Sie sind an einem riesigen Thema, das bisher weder von Gewerkschaften noch linken Parteien angekratzt worden ist. Die Zustände im europäischen Transportgewerbe sind seit Jahren unterirdisch, und es hat nichts genutzt, daß Medien diese Branche als menschenverachtend und mit Sklaverei vergleichbar beschrieben haben, wieder und wieder.
Wir haben sie als unglaublich gastfreundliche Menschen kennengelernt, die ihren letzten Bissen Brot miteinander und ihren Unterstützern teilen. Wir haben dabei keine Ahnung von den Kämpfen, die sie mit sich und ihrem Leben jenseits der Raststätte Gräfenhausen zu führen haben.
Sie haben über ihre Fehler in dem Streik nachgedacht und sie haben die Tristesse des Lebens auf einer Raststätte mit ein paar überlaufenden Dixiklos vier Wochen ausgehalten. Einige Fahrer haben Fahrräder, mit denen sie sich in der Gegend umschauen können, doch wenn sie sie einen Supermarkt erreichen, können sie sich dort nichts leisten. Von den Unterstützern bekommen sie nur Sachspenden und keine Kohle…“
- Kontrollen beim polnischen Unternehmer Mazur abgeschlossen. Aufschlussreiche Ergebnisse
„… Wir haben uns bei der Arbeitsaufsichtsbehörde erkundigt, ob in den Unternehmen Inspektionen durchgeführt worden sind. Es stellte sich heraus, dass diese Aktivitäten Ende Juli abgeschlossen waren. Zuständig dafür war die Regionale Arbeitsinspektion in Krakau, die der trans.iNFO-Redaktion die Ergebnisse vorlegte. Sowohl bei LUK MAZ Łukasz Mazur, AGMAZ Agnieszka Mazur als auch bei IMPERIA LOGISTYKA überprüften die Kontrollbeamten die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und die Zahlungsbestätigungen über die Vergütung. Die Analyse dieser Dokumente ergab, dass die ausländischen Fahrer, die auf der Grundlage von Auftragsverträgen arbeiteten, ,,die Fahrer wurden gemäß dem geltenden Mindeststundensatz für die von der kontrollierten Stelle vorgelegte Anzahl von Arbeitsstunden entlohnt“. Allerdings zeigten die betreffenden Unterlagen, dass diese Arbeitnehmer nur ein paar Dutzend Stunden pro Monat arbeiteten. Die Inspektoren hatten jedoch Zweifel daran, ob dies tatsächlich der Fall war. Daher forderten sie den Arbeitgeber auf, die digitalen Dateien der Fahrtenschreiber und der Fahrerkarten vorzulegen. Und hier ergab sich das Problem. Die vom Arbeitgeber vorgelegten Dateien waren beschädigt und konnten daher nicht durch das Programm gelesen werden“, berichtet Anna Majerek, Sprecherin der regionalen Arbeitsaufsichtsbehörde in Krakau. Außerdem gab der Arbeitgeber an, dass es keine weiteren Unterlagen gab…“ Beitrag von Dorota Ziemkowska vom 23.08.2023 bei trans.iNFO - Gräfenhausen in der Dauerschleife? Eine deutsche Autobahnraststätte als „symbolischer Ort“ für die ansonsten „Unsichtbaren“ auf unseren Straßen
Beitrag vom 23. August 2023 von und bei Stefan Sell - „Mazur’s race to the bottom“: Die streikenden LKW-Fahrer warten auf Löhne in Höhe von über 500.000 Euro – ihr Pfand gegenüber Mazur: Waren von Audi, Porsche, Ikea, Obi, Bauhaus, Red Bull sowie DHL, Dachser und Intercargo auf den LKWs
- Hilferuf von LKW-Streik an A5 Trucker warten auf über 500.000 Euro
„Mehr als eine halbe Million Euro an ausstehenden Gehältern: Es ist ein verzweifelter Hilferuf der streikenden LKW-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen West in Südhessen. Seit Wochen warten die über 100 Trucker aus Osteuropa auf die Zahlung ihrer Löhne – sie fordern es von einem polnischen Spediteur. Doch getan hat sich offenbar nichts.
Erstmals haben die Fahrer jetzt gesagt, um wie viel Geld es insgesamt geht. „Um rund 543.000 Euro“, so Vermittler Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft zu HIT RADIO FFH. Er verhandelt im Namen der LKW-Fahrer mit dem polnischen Spediteur.
Waren von Audi, Porsche und Red Bull auf den LKW
Unser Reporter hat die Fahrer an der Raststätte bei Weiterstadt noch einmal besucht. Dort haben die Fahrer erzählt, welche Waren welcher Firmen sie überhaupt transportieren. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund handelt es sich dabei um Produkte von Audi, Porsche und Red Bull. Die Unternehmen würden ihren Teil dazu beitragen, dass die LKW-Fahrer in dieser schlechten Situation seien, so der DGB. Denn sie würden den Transport ihrer Waren immer noch über den in Verruf geratenen polnischen Spediteur abwickeln lassen…“ Meldung vom 18.08.2023 bei Radio FFH - Siehe das Video der Pressekonferenz im Tweet von Faire Mobilität am 18. Aug. 2023: „Heutige Pressekonferenz in #Gräfenhausen zur Situation der Lkw-Fahrer – #Mazur, seine Methoden und die Auftraggeber. Wer übernimmt die Verantwortung?„
- „…bitte beim Einkauf bedenken…diese Firmen unterstützen die neue „Sklaverei“ in Deutschland,diese Firmen halten sich nicht an Gesetze,weder an Europäischen, Polnische, geschweige Deutsche
#Redbull , #IKEA, #Audi, #DACHSER, #Porsche, #OBI, #DHL, #Spedition #Rosner, #BAUHAUS…“ Tweet von Kraftfahrerkreise 18.8.23 mit Foto der Firmennamen - „… Die Gruppe der Streikenden hat aufgelistet, wer zu ihren Auftraggebern zählt – darunter Red Bull, Audi, Porsche und Ikea. Schon während einer ersten Streikwelle im April hatte die FR etliche dieser Firmen angefragt. Sie beteuerten, sie seien keine Auftraggeber der Mazur-Firmen. So teilte Ikea damals mit, die Gruppe führe „keine Transporte für uns beziehungsweise Ikea Supply Chain Operations“ durch. Bei DHL lautete die Auskunft: „Nach aktuellem Kenntnisstand hat die Deutsche Post DHL Group keine vertraglichen Beziehungen zu den betreffenden Unternehmen.“
Am Wochenende bekräftigte ein DHL-Sprecher: „Nach wie vor besteht keine direkte vertragliche Beziehung zur Mazur-Gruppe und wir haben das Unternehmen im April nach Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend konzernweit auf eine Sperrliste gesetzt, um auch zukünftig eine Beauftragung auszuschließen.“ Der DHL-Sprecher konnte aber nachvollziehen, warum die Fahrer die Firma erneut anprangern. Ein beauftragtes Transportunternehmen habe „entgegen unseres Supplier Code of Conducts und entgegen vertraglich gesicherter Vereinbarungen“ Ware mehrerer Spediteure zusammengefasst. Dieses Transportunternehmen sei „umgehend für weitere Transportaufträge gesperrt“ worden. Der Vorgang werde gründlich intern untersucht und aufgearbeitet.“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 20.08.2023 in der FR online („Ausgebeutet auf der Autobahn“) - Streikende Lkw-Fahrer nehmen Red Bull in die Pflicht – Vergleiche mit Max Verstappen
„… Sie enthüllten Schilder, auf denen die Konzerne benannt wurden, die ihre Waren von Mazurs Lastwagen fahren lassen. Darauf befanden sich die Namen von Red Bull, DHL, Ikea, Audi, Porsche, Obi, Bauhaus, Dachser und Intercargo.
20000 Dosen Energydrinks
Der Verhandlungsführer der Trucker, der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, sagte, einer der Lastwagen habe mehr als 20 000 Dosen Energy-drink von Red Bull geladen. Manche Auftraggeber drängen darauf, dass die Ware von den Fahrern herausgegeben werde. Diese wollten aber so lange bleiben, bis auch allen Kollegen die Löhne ausgezahlt worden seien. Insgesamt geht es laut Atema um 543 000 Euro an ausstehenden Zahlungen. Mazur selbst weigere sich zu verhandeln.
Beim ersten Streik von Mazur-Fahrern in Gräfenhausen im April hätten manche Auftraggeber sich damit herausgeredet, sie hätten gar nicht gewusst, dass Mazur-Firmen an ihrer Lieferkette beteiligt seien, berichtete Atema. Heute könne sich niemand mehr dahinter verstecken. „Das ist totaler Quatsch“, befand der Gewerkschafter.
Atema machte darauf aufmerksam, dass der „bestbezahlte Autofahrer der Welt“, der für Red Bull fahrende Formel-1-Weltmeister Max Verstappen, 60 Millionen Euro im Jahr verdiene. „Die Fahrer wissen schon, wie viel Geld unterwegs ist“, fügte der Gewerkschafter hinzu. (…)
Derzeit harren sie in der Hitze aus – auch nachts wird es in ihren Führerkabinen nicht kühler. Mehrere Fahrer sind erkrankt, zuletzt mussten drei von ihnen als Notfälle ins Krankenhaus gebracht werden. Das Arztmobil des Mainzer Armenarztes Gerhard Trabert kommt gelegentlich für Untersuchungen vor Ort…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 18.08.2023 in der FR online - [DGB] Jetzt reden die Fahrer
„In den letzten Wochen mussten sich die LKW-Fahrer aus Georgien, Usbekistan, Tadschikistan, der Ukraine und der Türkei gegen die Kriminalisierung durch den polnischen Transportchef Mazur wehren. Anstatt den Dialog zu eröffnen, hat der polnische Transportchef Strafanzeige gegen seine Fahrer erstattet, die ihr Geld einfordern. Ab heute machen die Fahrer öffentlich, welche großen Unternehmen an ihrer Ausbeutung beteiligt sind.
Im Moment stehen auf dem Parkplatz an der Raststätte Gräfenhausen LKWs, die für Firmen wie Audi, Porsche und Red Bull Energy Drink beladen sind. Zwischen dem polnischen Transportunternehmen und diesen Namen können sich nocheinige andere Transport- und Logistikunternehmen befinden. Derzeit stehen mehrere LKW beladen, bei denen DHL und Intercargo aus Österreich Teil der Liefer- und Vertragskette sind.
Im April dieses Jahres haben die Fahrer des ersten Gräfenhausener Protests Petitionen an DHL und Intercargo geschickt, um ihre ausbeuterische Situation zu schildern und um Hilfe von diesen Unternehmen zu bitten. Trotz dieser Petitionenund auch nach der Verhaftung des Firmeninhabers Mazur im April 2023 sind diese Unternehmen weiterhin an der Vermittlung von Transportkontakten zu Mazur beteiligt.
Für alle wird damit deutlich, dass diese Unternehmen Gesetzesbrüche in Kauf nehmen und die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG) verletzen. Große Logistikunternehmen der Industrie und die multinationalen Unternehmen handeln noch immer nicht gesetzeskonform, das geht zu Lasten der Fahrer und deren berechtigten Forderungen.
Während der heutigen Pressekonferenz bringen die Fahrer zum Ausdruck, worin der Unterschied in der Behandlung eines Formel-1-Fahrers und ihnen besteht. Red Bull und DHL sind große Namen und geben viel Geld für das Sponsoring von Formel-1-Rennfahrern aus. Die Rennfahrer verdienen viele Millionen im Jahr, bekommen keine Abzüge, wenn sie einen Unfall verursachen und werden wie Prominente behandelt. Die Gräfenhausener Fahrer verdienen so wenig, dass sie nicht einmal ihre Familien ernähren können, kein Geld haben, um einen Euro für einen Toilettengang auf einem deutschen Parkplatz auszugeben, sich wie Sklaven behandelt fühlen und für alle unternehmerischen und wirtschaftlichen Risiken bei Mazur Lohnabzüge erhalten. Die Gesamtsumme der Forderungen wird in der heutigen Pressekonferenz bekanntgegeben…“ Pressemitteilung vom 18.08.2023 beim DGB-Bezirk Hessen-Thüringen
- Hilferuf von LKW-Streik an A5 Trucker warten auf über 500.000 Euro
- Polizei führt in Gräfenhausen Identitätsfeststellungen durch – Lkw-Fahrer brauchen „Busladungen voller Anwälte“ und machen am Nachmittag des 18.8. die Auftraggeber ihrer Ladungen bekannt
- „***Pressekonferenz*** in #Gräfenhausen heute um 15.00 Uhr. Lkw-Fahrer machen öffentlich welche Unternehmen in der #Lieferkette an ihrer Ausbeutung beteiligt sind. Ebenfalls vor Ort: @RSternatz, Stellvertretende Vorsitzende @DGBHeTh; @AtemaEdwin #RTDD“ Tweet von Faire Mobilität vom 18.8.23 – guter und spannender Schritt in die Offensive
- Lkw-Streik in Gräfenhausen: Polizei stellt Personalien der Lkw-Fahrer fest – Anhörungen geplant
„Der Streik der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen nimmt kein Ende: Die Fahrer fordern Lohn und harren aus. Der Spediteur greift zu skurrilen Gegenmaßnahmen. Update vom Mittwoch, 16. August, 16:30: Der polnische Unternehmer hatte bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt Anzeige gegen die Lkw-Fahrer in Gräfenhausen wegen räuberischer Erpressung erstattet (siehe Erstmeldung). Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin die Polizei mit den weiteren Ermittlungen beauftragt, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch (16. August) mit. In einem ersten Schritt habe die Polizei am Mittwoch zunächst die Personalien der auf dem Rastplatz befindlichen Lkw-Fahrer festgestellt und sie über ihre Rechte belehrt. „Während der gesamten Einsatzmaßnahmen setzte die Polizei auf Kommunikation“, hieß es. In einem zweiten Schritt sollen die Lkw-Fahrer in den nächsten Tagen angehört werden, um dann im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu prüfen, ob und inwieweit Straftatbestände erfüllt sein könnten…“ Meldung vom 16.08.2023 in der FR online - Dazu die gemeinsame Pressemeldung der Staatsanwaltschaft Darmstadt und des Polizeipräsidiums Südhessen vom 16.08.2023 im Presseportal: „… Nach bisherigen Erkenntnissen handelt es sich aktuell um Fahrer, die unter anderem aus Georgien, Usbekistan, Tadschikistan, Kasachstan, Kirgisien und weiteren Ländern stammen und für eine Spedition in Polen tätig sind. Mittlerweile hat der polnische Unternehmer bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt Anzeige gegen die Lastwagenfahrer erstattet und erhebt hierbei den Vorwurf der Erpressung. Die Würdigung, ob überhaupt und möglicherweise welche strafrechtliche Belange berührt sein könnten, obliegt der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Sachverhalts sind weitere Ermittlungen und strafprozessuale Maßnahmen notwendig. Die Staatsanwaltschaft hat daher die Polizei mit den weiteren Ermittlungen beauftragt. In einem ersten Schritt erhob die Polizei am Mittwoch (16.08.2023) zunächst die Personalien der auf der Raststätte befindlichen Fahrer und erläuterte ihnen ihre Rechte. Zur besseren Verständigung waren auch Dolmetscher anwesend. Während der gesamten Einsatzmaßnahmen setzte die Polizei auf Kommunikation. Auch wurde konsularischen Vertretungen der Länder, aus denen die Fahrer stammen, und auch den Vertretern der Berufsvertretungen, die sich für die Belange der Fahrer einsetzen, die Möglichkeit geboten, die Personalienfeststellung zu begleiten. In einem zweiten Schritt soll den Lastwagenfahrern in den nächsten Tagen rechtliches Gehör gewährt werden, um anschließend im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu prüfen, ob und inwiefern Straftatbestände erfüllt sein könnten. Die Fahrer haben im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen die Möglichkeit ihre Forderungen an das Speditionsunternehmen plausibel darzulegen, die Berechtigung ihrer Forderungen zu untermauern sowie entlastende Beweise für sich geltend zu machen…“ und der DGB Hessen:
- DGB und Edwin Atema zur aktuellen Situation an der Raststätte Gräfenhausen
„Letztes Wochenende beauftragten die LKW-Fahrer der Raststätte Gräfenhausen Edwin Atema von der Stiftung Road Transport Due Diligence (RTDD), für sie als Sprecher und Verhandlungsführer tätig zu werden Die Fahrer wollen über diesen Weg einen Dialog eröffnen und teilten dies den drei von Lukasz Mazur geführten Unternehmen mit. Bisher gab es keine Reaktion der Unternehmen, das Angebot auf Dialog wurde schlicht ignoriert. Heute ist die Polizei vor Ort, um alle Fahrer, die sich vor Ort befinden zu identifizieren und ihnen anzubieten, eine Aussage im Strafverfahren gegen sie zu machen. Bisher haben die Fahrer von der gegen sie gerichteten Strafanzeige nur aus den Medien erfahren und kennen die genauen Anschuldigungen nicht.
Edwin Atema kommentiert: „Da die Fahrer die genauen Vorwürfe nicht kennen und sie es mit einem Unternehmen zu tun haben, das selbst wie Banditen mit fragwürdigen Methoden agiert, haben wir den Fahrern zum jetzigen Zeitpunkt geraten, Aussagen gegenüber der Polizei nur dann zu machen, wenn sie einen Rechtsanwalt konsultiert und beauftragt haben. Rechtlich ist es in einem solchen Verfahren nicht möglich, dass alle Fahrer vom gleichen Anwalt vertreten werden, vielmehr muss jeder Fahrer von einem eigenen, individuellen Anwalt vertreten werden. Diese Regeln existieren, um Interessenskonflikte in einem Strafverfahren zu verhindern, in dem mehreren Menschen der gleiche Verstoß vorgeworfen wird. Die einzelnen Fahrer sind gerne bereit, ihre Geschichten mit den Behörden zu teilen, sie müssen nun aber zunächst einen Anwalt beauftragen. Dafür könnten zwei Busladungen voller Anwälte nötig sein, um die Fahrer gegen die versuchte Kriminalisierung zu unterstützen. Dieser Prozess kann Wochen oder Monate dauern und wird nicht zur Lösung der aktuellen Situation beitragen.“
Renate Sternatz, stellvertretende Vorsitzende des DGB-Hessen-Thüringen betont: „Mazur ist nun gefordert, das Vermittlungsangebot anzunehmen und Lösungen zu schaffen. Es ist eine Unverschämtheit, die Fahrer zu kriminalisieren. (…) Sternatz weiter: „Es wäre gut, wenn die Behörden den neuesten Stand ihrer strafrechtlichen Ermittlungen gegen Firmeninhaber Mazur und seine Handlanger mitteilen. Auch beim aktuellen Protest in Gräfenhausen befürchten die LKW-Fahrer erneute Übergriffe des Unternehmens, wie in der Vergangenheit. Obwohl diese Fahrer nach Europa kamen, um hier zu arbeiten und Geld zu verdienen, um ihre Familien zu ernähren, werden sie letztendlich von ihrem Unternehmen ausgebeutet und kriminalisiert.““ Pressemitteilung vom 16.08.2023 beim DGB-Bezirk Hessen-Thüringen - Faire Mobilität twittert am Nachmittag des 16. Aug. 2023 : „#Mazur verweigert den Dialog mit den Fahrern in #Gräfenhausen u. zeigt sie stattdessen an wg. Erpressung. Die Polizei führt heute Identitätsfeststellungen durch. Die Fahrer wollen sich zu den Anschuldigungen ohne anwaltliche Vertretung nicht äußern. @DGBHeTh @AtemaEdwin“ mit Fotos der Polizei in Gräfenhausen
- Vortrag über den Wilden Streik in Gräfenhausen in Kiel – der Bericht
„… Der improvisierte Kurzvertrag fand ein interessiertes Publikum. Die oftmals von Armut Betroffenen, die sich teilweise ihre Gesundheit bei fieser Maloche verloren haben, wußten was mit dem Kampf der Wütenden LKW Fahrer, die um ihren Lohn betrogen wurden, anzufangen. Man ging bei den Berichten förmlich mit, es ging ein Aufatmen durch die Gruppe, als sie hörten, wie die Fahrer sich entschieden, nach der Devise „einer für alle – alle für einen“ zusammenzustehen und die Fahrer, deren Forderungen erfüllt worden sind, so lange bleiben würde, bis die letzte Forderung erfüllt ist. Am Ende des Vortrags gab es Applaus…“ Bericht von Kuddel vom 17.8.23 bei chefduzen mit schönen Fotos der Soli-Transparente
- Streikende Lkw-Fahrer beauftragen erneut Edwin Atema (FNV) als Vermittler – dieser prangert als erstes gefälschte Kündigungsschreiben an
- Streikende Lkw-Fahrer beauftragen Vermittler – und duschen in Darmstadt
„Nach vier Wochen Streik wegen ausstehender Löhne haben die in Gräfenhausen wartenden Lkw-Fahrer einen Vermittler der europäischen Transportarbeitergewerkschaft eingeschaltet. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den Transportunternehmer. (…) aktuell befinden sich rund 110 Lkw vor Ort. Damit die Streikenden sich waschen können, gibt es nun einen Pendelservice, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gemeinsam mit dem Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) organisiert hat. Denn die Duschen auf dem Rastplatz sind kaputt. Zweimal pro Woche fahren Busse die Fahrer zu einer Sporthalle in Darmstadt, wo sie während der Sommerferien die Duschen nutzen können. Beim Waschen der Wäsche sind nach Angaben des DGB ehrenamtliche „Waschpaten“ im Einsatz. Sie sammeln die Wäsche der Fahrer ein und bringen sie gewaschen wieder zurück. (…) Nach Angaben von Atema haben alle Streikenden Kündigungsschreiben erhalten, auf denen auch ihre Unterschriften ständen. „Das ist gefälscht“, insistierte Atema. Die Anschuldigungen gegen die Fahrer entbehrten jeglicher Grundlage. So seien Vertreter des Unternehmens am Wochenende nicht daran gehindert worden, zwei leere Lastwagen zu übernehmen…“ Meldung und Video vom 15.08.23 in der Hessenschau - Erneut Streik an der Raststätte. Gespräch mit der Hochschulgewerkschaft unter_bau zur Lage der streikenden Lkw-Fahrer in Gräfenhausen
„… Die Situation in Gräfenhausen ist schwierig. Dort haben sich mindestens 150 Fahrer versammelt, die teils seit Monaten keinen Lohn erhalten haben. Die größten Probleme sind die Versorgungslage und die Hygiene: Niemand weiß, wie lange der Streik noch dauern wird. Die Fahrer haben keine Duschen, sie sind auf Essensspenden angewiesen. Deshalb haben einige Leute, die in verschiedenen Gruppen organisiert sind, – neben unter_bau vor allem Aurora Räteaufbau – vor zwei Wochen in Frankfurt eine Essensammelstelle organisiert. Die ada_kantine hat dabei viel Essen beigesteuert, aber auch viele Einzelpersonen haben Essen oder Geld dazugegeben. Das haben wir dann nach Gräfenhausen gebracht. Seitdem wiederholen wir das wöchentlich. (…)
Seit über zwei Wochen verweigert Mazur weitere Gespräche, vor einigen Tagen hat der Unternehmer nun sogar die Lkw-Fahrer verklagt – wegen angeblicher Erpressung. Hier wird versucht, Opfer von Profitgier und Misswirtschaft zu Tätern, zu Verbrechern zu machen – das ist völlig pervers. Ein baldiges Ende der Situation ist deshalb aktuell leider nicht in Aussicht…“ Interview vom 15.08.2023 in diskus – Frankfurter Student_innenzeitschrift der Studentenschaft der J. W. Goethe-Universität AStA - Eine Frage bleibt offen: „Es fehlt ein Druckmittel. Die Fahrer können wohl kaum die LKWs verkaufen (oder?). Da die Auftraggeber offenbar keine dringende Ware vermissen, frage ich mal andersherum: Wieviel Geld verliert Mazur täglich durch den Ausfall von ca 150 LKWs? Wie lange kann er wohl durchhalten?“ Tweet von @labournet_de vom 15. Aug. 2023
- Streikende Lkw-Fahrer beauftragen Vermittler – und duschen in Darmstadt
- Das hatten wir schon im April: PolitikerInnen geben sich die solidarische Klinke in Gräfenhausen, Mazur residiert ungestört in Polen und die Auftraggeber werden vom Lieferkettengesetz nicht tangiert – braucht es den EU-weiten Streik?
- Streik an Raststätte Gräfenhausen: Forderung nach mehr Aufmerksamkeit für Arbeitsverhältnisse im grenzüberschreitenden Güterverkehr bekräftigt
„Angesichts des anhaltenden Streiks ausländischer Fernfahrer in Deutschland hat die Berliner Sozial-Staatssekretärin Klapp die Forderung nach mehr Aufmerksamkeit für die Arbeitsverhältnisse im grenzüberschreitenden Güterverkehr bekräftigt. Die SPD-Politikerin verwies dazu auf die jüngste Beschlussfassung der Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Die Bundesregierung müsse mit den Ländern Lösungsansätze entwickeln, wie die Arbeitsbedingungen und Kontrollen auf nationaler und europäischer Ebene verbessert werden könnten. Der CDU-Europa-Politiker Radtke erklärte, das europäische Recht sei mit dem Mobilitätspaket „auf der Höhe“. Es brauche endlich eine Durchsetzung des Rechts.
Zuvor hatte der Berliner Erzbischof Koch eine faire Bezahlung der Fernfahrer als eine Frage der Moral und der Menschenwürde bezeichnet…“ Meldung vom 13.08.2023 im Deutschlandfunk - Solidarität mit streikenden Lkw-Fahrern: SPD-Politiker und ein Bischof fordern besseren Schutz von Osteuropäern
„Udo Bullmann, SPD-Europaabgeordneter, war am Freitag zum zweiten Mal zu Besuch bei den streikenden Lkw-Fahrern an der Autobahnraststätte Gräfenhausen im Süden Hessens. Vor Ort tauschten der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Europaparlaments und Gewerkschaftsvertreter sich mit den rund 150 Streikenden über ihre Situation aus. (…) Bullmann findet, es sei »höchste Zeit, dass auf europäischer wie auf nationaler Ebene Gesetze geschärft und entschiedener umgesetzt werden, um faire Arbeitsbedingungen im Transportgewerbe zu gewährleisten. Das EP habe am 1. Juni eine «klare Verhandlungsposition für ein starkes und durchschlagskräftiges Europäisches Lieferkettengesetz beschlossen». Der Vorschlag enthalte «wichtige Ziele, die auch im Falle der hier betroffenen Lkw-Fahrer für konkrete Verbesserungen sorgen würden». Unternehmen müssten demnach Sorgfaltspflichten in ihre Geschäftsprozesse einbeziehen und präventive Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten auszuschließen.
Der Richtlinienentwurf sieht Maßnahmen vor, die von Strafzahlungen in Höhe von bis zu fünf Prozent des globalen Umsatzes bis zum Ausschluss der Unternehmen aus dem EU-Markt reichen. Bullmann erwartet, dass die Vorschläge vom Europarat und der EU-Kommission unterstützt werden.
Die bestehenden Richtlinien müssten von den Mitgliedsstaaten konsequent umgesetzt und deren Einhaltung überwacht werden, fordert Bullmann. Dazu gehörten «engmaschige Kontrollen von Lenk- und Ruhezeiten» und die «Sicherstellung menschenwürdiger Mindestlöhne»…“ Artikel von Jana Frielinghaus vom 13.08.2023 in ND online - Siehe dazu den Kommentar von Kuddel vom 12.August 2023 auf chefduzen.de : „… Hier sieht man, daß alles, was Politiker und Wirtschaftsvertreter der Öffentlichkeit sagen, heiße Luft ist.
Die Abgründe in der europäischen Transportwirschaft, deren Arbeitsbedingungen weitgehend mörderisch, illegal, entwürdigend, menschenrechtsverletzend und an Sklaverei grenzend sind, sind seit Jahren bekannt. Doch sie sind das Ergebnis ausgerechnet derjenigen, die hier so schockiert tun und sofortige Besserung einfordern. Das hatten wir bereits beim Wilden Streik im April, da wollte man aktiv werden und Abhilfe schaffen. Und nichts ist passiert. Diese menschenverachtenden Bedingungen im Straßentransport sind durch die Deregulierung entstanden, die von den Politikern und Wirtschaftsvertretern durchgesetzt wurden, die den brutalen und ruinösen Dumpingwettbewerb erst ermöglicht haben.
Zuvor gab es feste Frachtraten im Transport, heute gibt es online-Frachtbörsen, bei denen man sich den billigsten Anbieter heraussuchen kann.
Das Speditionsgewerbe bleibt ein Wilder Westen mit Hauen und Stechen zwischen den Spediteuren, die den Kostendruck auf ihr Personal abwälzen. In der Branche sind nicht nur die Fahrer schelcht organisiert, die Spediteure sind es auch. Ein Fahrer beschrieb den BGL so: „immerhin ist er nur einer von einer Handvoll Arbeitgeberverbände aus der Transportwirtschaft. Die sind genauso schlecht organisiert und genauso uneinig wie die Fahrerschaft. Schlipstragende Wichtigtuer und politische Leichtgewichte.“ Der gleiche Fahrer kam zu folgender Einschätzung der Rolle der Gewerkschaften: „Ich glaube übrigens auch nicht, dass der DGB hinter diesem Streik steht. Das sind nur eine Handvoll Individuen von der Aktion Faire Mobilität. Die sind richtig gut drauf, aber die völlige Ausnahme in diesem Haufen. Ich glaube, der DGB ist vor allem genauso bräsig wie die Gegenseite und wenn es hart auf hart kommt, eher ein Gegner als ein Verbündeter.“
Und wo wir schon bei subjektiven Einschätzungen sind, hier meine zur Entwicklung des Streiks und dessen Folgen: Der 2. Streik wurde größer und chaotischer als der erste, doch nach und nach nahmen Medieninteresse und solidarische Unterstützung zu. Selbst einige Rechte haben positiv berichtet. In dieser Situation kann ich mir kaum vorstellen, daß Justiz und Behörden gegen die Streikenden vorgehen. All die vollmundigen Versprechen, „dass auf Europas Straßen Recht und Gesetz gelten“ werden, werden Schall und Rauch bleiben. Wahrscheinlich wird nicht einmal die Erhöhung der Kontrollen umgesetzt. Als einzelne EU Staaten eigenständig die Kontrolldichte erhöhten, wurden sie von der EU zurückgepfiffen. Selbst wenn alle Forderungen der Fahrer auf den Raststätten Gräfenhausen erfüllt werden, wird das nichts an der Gesamtsituation im europäischen Straßentransport ändern. Das wird erst passieren, wenn weitere Streiks den Transportsektor durcheinanderbringen und die Wirtschaft, die durch die Just in Time Produktion angreifbar ist, anfängt Panik zu schieben.“ – Wir schließen uns vollumfänglich an!
- Streik an Raststätte Gräfenhausen: Forderung nach mehr Aufmerksamkeit für Arbeitsverhältnisse im grenzüberschreitenden Güterverkehr bekräftigt
- Mazur lehnt immer noch die Zahlung von „Schutzgeldern“ ab, nun ist die Zeit praktischer Solidarität – wer nicht nach Gräfenhausen kann: Bitte spenden!
- Fahrerstreik in Gräfenhausen: Betroffene Spedition spricht von „Erpressung“
„Der seit zweieinhalb Wochen andauernde Arbeitskampf von Lastwagenfahrern aus Georgien und Zentralasien in Gräfenhausen ist aus Sicht des betroffenen Unternehmens kein Streik. Eine Vertreterin der Spedition betonte, die Fahrer seien keine Arbeitnehmer, sondern Auftragnehmer, die die Zusammenarbeit bereits aufgekündigt hätten. Aus Sicht des Unternehmens erpressten die Fahrer „Lösegeld“ für die Lastwagen. (…)
Spedition lehnt Zahlung von „Schutzgeldern“ ab
„Derzeit stimmen wir der Zahlung weiterer Schutzgelder für die Rückgabe der Autos nicht zu und alle Aktivitäten in diesem Fall werden der Polizei und der Staatsanwaltschaft laufend gemeldet“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Unser weiteres Vorgehen wird sich nun also nur noch aus den Vorgaben der Gerichte und der Staatsanwaltschaft ergeben.“…“ Beitrag von Christine Harttmann vom 08.08.2023 in transport-online.de - Solidarität mit dem Trucker-Streik in Gräfenhausen
„… Damit der Streik erfolgreich endet, sind die Fahrer auf solidarische Unterstützung angewiesen. Die FAU Frankfurt hat deshalb in einer ad-hoc Aktion in den eigenen Reihen Spenden eingesammelt. Gemeinsam mit dem durch die FAU Aschaffenburg im Rahmen eines Cocktailabends eigenommenen Geld, konnten insgesamt 733 € in Lebensmittel, Getränke und Hygieneartikel investiert werden. Die Wagenladung wurden am vergangenen Samstag durch Mitglieder der FAU Frankfurt übergeben. Die Freude bei den Fahrern war groß und es wurde sich überschwänglich bedankt. Betont wurde, dass man niemandem zur Last fallen wolle und dass man nicht für sich, sondern für die betroffenen Familien streike. Die ins Russische und Polnische übersetzte Solierklärung von uns konnte von einigen Fahren gelesen werden und die mitgebrachte FAU Fahne wurde eilends aufgehängt. Da ein Ende des Streiks derzeit nicht absehbar ist, müssen die Fahrer auch in den nächsten Wochen versorgt werden. Die FAU Frankfurt hat sich deshalb entschieden, weiter Spenden zu sammeln und in ca. 2 Wochen einen weiteren Transport mit benötigten Gütern zu organisieren. Spenden können an das Konto der FAU Frankfurt unter dem Stichwort „Truckerstreik“ überwiesen werden.
FAU Frankfurt a.M.
IBAN: DE24 5005 0201 0107 9966 96
Frankfurter Sparkasse…“ Meldung der FAU Frankfurt vom 8 August 2023 – hier weiter unten gibt es weitere Spendenkontos - „Habe eben stilles Wasser und Reisewaschmittel in Gräfenhausen Ost abgeliefert. Aktuell werden dort noch 6 Brote à 500g gebraucht. Falls zufällig dort heute noch vorbeikommt…“ Tweet von tim glitch vom 10.8. – wir erinnern an die Soli-Ideen von Kuddel hier weiter unten
- „… Was wir brauchen, sind faire Löhne für alle und eine konsequente #Verkehrswende. Es muss Schluss sein mit dem Lohndumping und der Fokussierung auf den LKW Verkehr. Güter gehören für weite Strecken auf die Schienen…“ Aus dem Thread von Fridays for Future Frankfurt am Main vom 8.8.2023
- Lkw-Fahrer protestieren in Gräfenhausen: Faire Integration vor Ort
„… Einige der Fahrer sind nach Polen zurückgekehrt um sich um Visaverlängerungen zu bemühen und haben ihre Lkws vor Ort zurückgelassen. Unterdessen reagiert die Firma der Fahrer nicht mehr auf Verhandlungsanfragen. Jens Liedtke, der Regionsgeschäftsführer der DGB Region Südhessen verhandelte für die Fahrer mit der Firma. Diese hat nun den Kontakt abgebrochen und die Fahrer angezeigt. Der Vorwurf lautet auf „Erpressung“, da die Firma behauptet, dass sie den Fahrern nichts schulde. Drei der Fahrer hatten sich freiwillig für eine staatsanwaltliche Vernehmung gemeldet und wurden von dem Rest der Fahrer als Vertretung bestätigt. Die Berater*innen von Faire Mobilität und Faire Integration konnten gemeinsam mit Jens Liedtke, Dolmetschern und Vertreter*innen des georgischen Konsulats die Fahrer auf die Vernehmung vorbereiten. Ein DGB Rechtsanwalt wurde den Fahrern bei den Vernehmungen zur Seite gestellt. Von der niederländischen Gewerkschafts-Stiftung RTDD (Road Transport Due Diligence) sind außerdem Kolleg*innen vor Ort, die die Dokumente der Fahrer prüfen. Sie sammeln alle Informationen, sollte es zu keiner Einigung kommen und der Rechtsweg die letzte Möglichkeit für die Fahrer werden, ihre Forderungen zu erhalten.
Verpflegung der Fahrer ist sichergestellt
Die Verpflegung der Fahrer mit Lebensmittel und Hygiene-Artikeln ist sichergestellt. Jens Liedtke koordinierte die Lebensmittelspenden. Während des Besuchs durch Faire Integration vor Ort, wurden die Raststätten außerdem von Kolleg*innen des DGB-Rheinland-Pfalz beliefert.“ Bericht vom 07.08.2023 von und bei Faire Integration
- Fahrerstreik in Gräfenhausen: Betroffene Spedition spricht von „Erpressung“
- Fahrer-Streik in Gräfenhausen zwischen Erschöpfung und Frustration: Ja, ein Streik ist nicht nur Ponyhof, braucht oft langen Atem, aber immer maximale Druckmittel und Soli
- Zwischen Erschöpfung und Frustration Fahrer-Streik in Gräfenhausen: „Das ist doch kein Leben“
„Seit zweieinhalb Wochen streiken inzwischen rund 150 Lkw-Fahrer aus Osteuropa und Zentralasien an einer Autobahn-Raststätte im südhessischen Gräfenhausen. Noch immer warten sie auf ihr Geld. Der Spediteur spricht von Erpressung. Regen klatscht auf die Plane des Lastwagens, die Ladetüren sind zum Schutz gegen die Flut vom Himmel halb geschlossen. Wasser tropft von der georgischen Flagge, die Zura gerade wieder zurechtgerückt hat. Er ist einer der seit mehr als zwei Wochen streikenden Fahrer einer polnischen Speditionsfirma. Die Flagge ist für ihn und die anderen Streikenden ein Stück Erinnerung an die Heimat, an die Menschen, für die sie ein besseres Leben wollen und daher weit weg von zu Hause einen harten Job erledigen. An der südhessischen Raststätte Gräfenhausen an der A5 stehen sie nun schon seit mehr als zwei Wochen. Die Stimmung unter den Truckern ist verhalten. Das liegt einerseits am trostlosen Wetter, andererseits am Stillstand im andauernden Streik. Seit bald zwei Wochen gibt es keine direkten Gespräche mehr. Vorwürfe, das Gespräch werde verweigert, gibt es in beide Richtungen – sowohl das Speditionsunternehmen als auch die Fahrer weisen dem jeweils anderen die Verantwortung für die Stagnation zu…“ Reportage vom 05.08.23 in Hessenschau - „Insgesamt scheint der Kampf gerade eine Hängephase zu haben. Das Wetter ist oft scheiße und die Stimmung ist nicht großartig.
Die Streikenden sind ein gemischterer Haufen als beim 1. Streik. Dort hat man vieles gemeinsam ausdiskutiert, während beim 2. vieles individuell entschieden wurde.
Die Entscheidung, mal 20 LKW zum Abtransport nach Polen freizugeben, halte ich auch für einen Fehler. Das müssen die Fahrer selbst lernen. Das Argument, man wolle damit „Verhandlungsbereitschaft“ zeigen, ist doch Quatsch. Es gibt nichts zu verhandeln. Es stehen Löhne aus und die müssen den Fahrern bezahlt werden. Die Forderung muß erfüllt werden und damit wäre der Konflikt gelöst und der Streik beendet.
Die Diskussion, ob es sich überhaupt um einen Streik handelt, halte ich für unwürdig. Auch wenn es juristisch nicht der Fall sein sollte, wären es im wirklichen Leben Transportarbeiter, die ihre Arbeit eingestellt haben, weil ihre Bezahlung ausgeblieben ist. Klare Sache: Das ist ein Streik.
Ob sich die Staatsanwaltschaft in diesen Konflikt einmischen wird, halte ich für unwahrscheinlich, wenn auch nicht völlig ausgeschlossen.
Der Streik läuft auch, weil der DGB sich wieder solidarisch erklärt hat und die Fahrer mit Lebensmitteln versorgt. Eine besondere Rolle spielt wieder Faire Mobilität, wobei Anne Weirich wesentlich mehr leistet als reine Übersetzungsarbeit. Es wird von schlechten hygienischen Verhältnissen berichtet. Da frage ich mich schon, warum der DGB es nicht hinbekommt ein paar Dixi-Klos aufzustellen? Es funktionert schon seit Monaten keine Fernfahrerdusche. Auch ohne Streik zeigt das uns die Normalität der Lebensbedungen von Berufskraftfahrern.
Das Angebot des Bürgermeisters von Weiterstadt, die Fahrer bei Bedarf mit Essen oder Kleidung zu unterstützen, ist eine unerwartet gute Sache.
Die Fahrer sind frustriert, daß sich nichts bewegt. Einzelne haben einen Hungerstreik vorgeschlagen, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren.
Ich halte das Umfeld und solidarische Unterstützung für wichtiger.
Wenn ich so vor mich hinträume, dann stelle ich mir immer wieder ankommende Fahrzeuge mit Verpflegung vor, von selbstorganisierten Initiativen. Nicht wegen der Notwendig keit, sondern wegen der Geste. Ich stelle mir Öffentlichkeitsarbeit vor, wo in Stadtteilläden, Cafes oder Kulturzentren Infoveranstaltungen gemacht werden (und eine Spendendose herumgegeben wird). Solitransparente an Autobahnbrücken und Häfen. Es sollten die Streikcamps von Gräfenhausen aufgesucht werden, um Kontakt zu den Fahrern zu suchen. Musiker könnten dort aufspielen, eine alte Tradition, um den Kampfgeist zu stärken. Man könnte sehen, ob man mit ihnen Transparente machen kann oder ein Flugblatt auf Deutsch, das sie an der Rastsätte für Autofahrer verteilen können. Und man sollte andere migrantische Arbeiter nicht vergessen. Auch die werden oft um ihren Lohn betrogen. Man braucht möglichst Kontakte und übersetzer, um sich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Polnische, Rumänische, Bulgarische Flugblätter, die davon sprechen, daß migrantische Trucker einen Wilden Streik in Deutschland gewonnen haben und nun ein nächster Wilder Streik läuft. Die sollten an Schlachtöfen, Baustellen oder in der Landwirtschaft verteilt werden. In diese Richtung sollten wir denken und handeln, wenn wir an Klassenkämpfen hierzulande interessiert sind.“ Beitrag von Kuddel am 5.August 2023 bei chefduzen mit interessanten/guten Soli-Vorschlägen
- Zwischen Erschöpfung und Frustration Fahrer-Streik in Gräfenhausen: „Das ist doch kein Leben“
- An Bord in Gräfenhausen u.a. Maschinen: Wann meldet sich endlich die viel beschworene Lieferkette, um als Auftraggeber erneut Mazur unter Druck zu setzen? Bisweilen: Ein Spendenaufruf!
- „Spendenaufruf für LKW-Fahrer in Gräfenhausen
Komm Morgen von 13-19 Uhr zum Cafe Koz am in Bockenheim oder unterstütze über Paypal an josh@seger.online.eu / Direktüberweisung DE29 5019 0000 7800 0194 80 mit Betreff „Gräfenhausen„. #unterbau#ada#DGB#für#gräfenhausen“ Tweet von unter_bau 3. Aug. 2023 mit dem Spendenaufruf als Grafik - DGB und Faire Mobilität zur Strafanzeige gegen die LKW-Fahrer auf der Raststätte Gräfenhausen seitens des polnischen Spediteurs Lukasz Mazur
„Der Protest der LKW Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die Eigentümer der polnischen Speditionsfirma haben Strafanzeige wegen Erpressung bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen die Fahrer erstattet. Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen: „Das ist eine bodenlose Frechheit. Das ist der Versuch, die Opfer zu Tätern zu machen. Wenn sich jemand etwas zu Schulden kommen lässt, dann ist es Mazur selbst. Er soll den Fahrern endlich das ihnen zustehende Geld zahlen. Das ist der Weg“.
Dominique John, Leiter des Beratungsnetzwerks Faire Mobilität fordert: „Gewerkschaften, Kirchen und Beratungsstellen unterstützen die Fahrer, soweit das möglich ist. Auf der anderen Seite stehen ein zutiefst unseriöser Arbeitgeber und verschiedene Auftraggeber in einer Lieferkette, die sich weigern Verantwortung zu übernehmen. Dieses Geschäftsmodell basiert auf Ausbeutung und muss beendet werden.“
Anna Weirich von der Fairen Mobilität betont: “Wir sprechen seit Jahren mit Fahrern unterschiedlicher Herkunft, die uns berichten, wie sie in Abhängigkeitsverhältnisse gedrängt werden. Die schlimmsten Ausbeutungsfälle beobachten wir bei Fahrern aus Drittstaaten, denn ihr Aufenthalt hängt am Arbeitsverhältnis. Wir sprechen hier von einer doppelten Abhängigkeit.“
Statt sich mit den Problemen in seinem Geschäftsmodell zu beschäftigen und die Fahrer für ihre Arbeit angemessen zu bezahlen, versuche Mazur die Fahrer in Gräfenhausen nun zu kriminalisieren, ihnen die Lkw und damit ihre Unterkunftsmöglichkeiten wegzunehmen und sie loszuwerden, erklärt Michael Rudolph abschließend.“ PM vom 02.08.2023 beim DGB-Bezirk Hessen-Thüringen - „»Die schlimmsten Ausbeutungsfälle beobachten wir bei Fahrern aus Drittstaaten, denn ihr Aufenthalt hängt am Arbeitsverhältnis. Wir sprechen hier von einer doppelten Abhängigkeit«, so Anna Weirich von @FaireMobilitaet. #Gräfenhausen“ Tweet von Faire Mobilität vom 2. Aug. 2023
- „… Wie es mit dem Behalten der LKW samt Ladung aussieht, ist eine andere Sache. Im Moment verweigern sie nur die Arbeit und nutzen die LKW als Schlafplatz, Kochstelle und Aufenthaltsraum. Die Fahrer und Fahrzeuge auf dem Rastplatz Pfungstadt wurden von Mazur dort platziert und die Fahrer dort stehen nach meiner Kenntnis auf der Seite ihres Bosses. Es gehört wohl zu einem Plan zur Übernahme der LKW, zumindest aber der Ladungen. Beim 1. Streik wurden andere Fahrer herangekarrt, die nicht wußten, was ihr Job sein sollte. Sie verweigerten Tätigkeiten als Streikbrecher. Als Mazur die Rutkowski Patrol Schlägertruppe schickte, verteidigten die Fahrer die Fahrzeuge und warfen sich bei dem Versuch der Erstürmung der Kabinen dazwischen. Die beladenen LKW wurden so zugeparkt, daß es nicht einfach wäre, sie schnell mal verschwinden zu lassen. Bisher (bei Streik #2) waren noch keine Verteidigungsmaßnahmen nötig. (…) Der Streik wäre ohne Fahrzeuge (und Ladung) zum Scheitern verurteilt. Mazur könnte die Fahrer streiken lassen bis sie Schwarz werden. Er hat ein großes Reservoir an Arbetiskräften in Zentralasien. Der DGB spricht zwar nur von „Unterkunftsmöglichkeiten“, der praktische Wert für die Fahrer ist auch ein weiterer: Auch hier sind Vertragsstrafen von den Auftraggebern gegen Mazur wahrscheinlich, wenn die Ware nicht im vereinbarten Zeitrahmen ihr Ziel erreicht. Man sollte die Truppe in Pfungstadt im Auge behalten.“ Meldung von Kuddel am 01.August 2023 bei chefduzen
- Lkw-Fahrer kämpfen um Geld: Ganz hinten in der Lieferkette
„Auf einer Raststätte im hessischen Gräfenhausen streiken erneut Lkw-Fahrer um ihren Lohn. Ihr polnischer Arbeitgeber scheint auf Eskalation zu setzen…“ Reportage von Alina Leimbach und Johanna Treblin vom 2. 8. 2023 in der taz online - Ob das wohl anders verliefe, wenn an Bord der LKWs Waffen wären?…
- „Spendenaufruf für LKW-Fahrer in Gräfenhausen
- Auch Mazur ist ein stinknormaler „Arbeitgeber“: Polnischer Spediteur zeigt in Gräfenhausen streikende Lkw-Fahrer an – wegen Erpressung – statt sie endlich zu bezahlen
- A5-Raststätte Gräfenhausen: Spediteur zeigt streikende Lkw-Fahrer an – wegen Erpressung – „Eine bodenlose Frechheit“, findet der Deutsche Gewerkschaftsbund
„Der Streit zwischen den streikenden Lkw-Fahrern an der A5 bei Gräfenhausen und ihrem polnischen Spediteur eskaliert. Nun hat der Arbeitgeber Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in Darmstadt erstattet. „Eine bodenlose Frechheit“, findet der Deutsche Gewerkschaftsbund.
Im Streik osteuropäischer Fernfahrer wegen offener Lohnforderungen hat der polnische Spediteur Anzeige erstattet. „Im Rahmen der Anzeige wird neben anderen Delikten auch der Vorwurf der Erpressung erhoben“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt. „Ob und inwieweit die erhobenen Vorwürfe zutreffen und wie der Sachverhalt rechtlich zu bewerten sein wird, ist Gegenstand der Ermittlungen.“
DGB: Opfer werden zu Tätern gemacht
Ein Firmensprecher sagte, der Unternehmer sei in der vergangenen Woche bei der Staatsanwaltschaft in Darmstadt gewesen. Gespräche mit den Fahrern, die seit rund zwei Wochen an der A5-Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) streiken, habe es nicht gegeben.
Michael Rudolph, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Hessen-Thüringen, bezeichnete das Vorgehen des Unternehmers als „bodenlose Frechheit“. Das sei der Versuch, Opfer zu Tätern zu machen. Der Spediteur solle den Fahrern endlich das ihnen zustehende Geld zahlen. (…) Bei der geplanten Zerschlagung des ersten Streiks hatte der Spediteur im wahrsten Sinne des Wortes schwere Geschütze aufgefahren. Er beauftragte den in Polen prominenten Detektiv Krzysztof Rutkowski. Dieser fuhr mit einer Privatmiliz und einem panzerähnlichen Fahrzeug auf dem Rastplatz vor, um die Fahrer unter Druck zu setzen. Ein Großaufgebot der Polizei verhinderte damals eine gewalttätige Eskalation. Wie kürzlich bekannt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt in diesem Zusammenhang gegen den Fahrzeugführer und den Veranlasser der Fahrt: Der gepanzerte Geländewagen der Marke AMZ TUR VI könnte nämlich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Eine Genehmigung für die Einfuhr bestand offenkundig nicht.“ Meldung vom 01.08.23 bei Hessenschau.de - Tweet von Michael Rudolph vom 1. Aug. 2023 (DGB-Bezirk Hessen-Thüringen): „Das ist eine bodenlose Frechheit. Hier sollen die Opfer zu Tätern gemacht werden. Mazur, bezahl die Fahrer. Das ist der Weg!„
- „#Mazur gründet neue Firma: Im polnischen Handelsregister wurde am 19.5.2023 unter dem Namen Agnieszka #Mazur die Firma „MLOGISTYKA SPÓŁKA Z OGRANICZONĄ ODPOWIEDZIALNOŚCIĄ“ zugelassen. Seit 10. Juli ist Łukasz #Mazur mit 50% Anteilseigner u. Vorstandsmitglied. #Gräfenhausen“ Tweet von Faire Mobilität vom 1.8.23 – mehr ist noch nicht bekannt und über den Zweck und Sinn darf spekuliert werden – gut für die Fahrer wird es nicht sein
- A5-Raststätte Gräfenhausen: Spediteur zeigt streikende Lkw-Fahrer an – wegen Erpressung – „Eine bodenlose Frechheit“, findet der Deutsche Gewerkschaftsbund
- 150 bis 200 streikende Lkw-Fahrer in Gräfenhausen wollen „bleiben, bis auch der letzte sein Geld erhalten hat“, doch seit einer Woche keine Überweisungen mehr – die Soli darf nicht bröckeln!
- „Freitag standen ca. 150 Fahrer in #Gräfenhausen Ost und West. Es kommen inzw. vermehrt Fahrer hinzu, die sich anfänglich nicht dem Protest anzuschließen wollten. Auch sie geben an, seit Wochen keine Bezahlung und nun auch keine Aufträge mehr zu erhalten…“ Tweet von Faire Mobilität vom 30. Juli 2023 mit Fotos
- Lkw-Fahrer-Streik Gräfenhausen: „Wir wollen doch nur das, was uns zusteht“
„Fast 200 Kraftfahrer streiken an der Raststätte Gräfenhausen in Hessen. Sie warten auf ausstehenden Lohn von der polnischen Spedition – und kämpfen auch für Respekt.
Zunächst standen die Zeichen im zweiten Fahrerstreik innerhalb weniger Monate auf der Raststätte auf schnelle Einigung. Doch jetzt gibt es weder Gespräche noch Geld. (…)
„Bleiben, bis auch der letzte sein Geld erhalten hat“: „Wir sind hier Georgier, Kasachen, Usbeken, Tadschiken“, sagt Shukhrat Rarimov, der selbst aus dem zentralasiatischen Usbekistan stammt. Der Mann im dunkelgrauen Poloshirt presst beide Handflächen aneinander. „Aber wir sind hier so eng, so einig. Wir lassen nicht zu, dass uns jemand zu teilen versucht.“ Deswegen wollen sie so lange bleiben, bis auch der letzte sein Geld erhalten hat. Vladimer Pilauris, ein Georgier, nickt zustimmend. „Selbst wenn sie mich bezahlen, bleibe ich hier bis zum Ende.“ Rarimov legt einen Arm um die Schulter des Kollegen. „Einer für alle, alle für einen. So machen wir es.“
Einige Fahrer tauschten Gehalt gegen Fahrzeug und Ladung
Noch vor einer Woche hatte es so ausgesehen, als ob „Gräfenhausen 2“, der zweite Streik osteuropäischer Fernfahrer derselben Spedition innerhalb von drei Monaten, sehr schnell vorbei sein könnte. Die ersten Fahrer, die am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche in Gräfenhausen halt gemacht und in den Streik getreten waren, hatten sich sehr schnell in individuellen Verhandlungen mit dem Unternehmen geeinigt, ihr Geld erhalten und daraufhin Fahrzeuge und Ladung Firmenvertretern übergeben. Auf einen Verbleib im Unternehmen legten sie keinen Wert mehr – so viel Vertrauen hatten sie nicht. Doch nach dem ersten knappen Dutzend Fahrer waren immer mehr hinzugekommen. Fast 200 Streikende gebe es mittlerweile laut den Fahrern. (…)
„Seit Montag gab es keine Geldüberweisungen mehr“, stellt Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk „faire Mobilität“ fest. Übereinstimmend berichten die Fahrer, dass es derzeit keine Verhandlungen gebe, auch nicht, nachdem sie als Zeichen des guten Willens mehrere Wagen an Vertreter der Spedition übergeben hätten. (…)
„Uns wurde gesagt, wir sollen nach Polen kommen, dort bekommen wir unser Geld“, berichtet Shukhrat Rarimov. Das käme aber für sie nicht infrage. „Da bekommen wir doch höchstens einen Fußtritt.“ Die Bilder der martialischen Sicherheitstruppe, mit der der Spediteur am Karfreitag nach Gräfenhausen gekommen war, um seine Lastwagen wieder zu bekommen, sind auch ihm und seinen Kollegen bekannt. Auf eine schnelle Lösung wagt derzeit kaum einer zu hoffen…“ Reportage von Eva Krafczyk und Andreas Arnold, dpa, am 30.07.2023 beim ZDF (mit Fotos und Videos) - Streikende Lkw-Fahrer in Gräfenhausen: „Wir bleiben. Und wenn es bis zum Tod ist“
„Noch immer streiken Lkw-Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen, weil sie keinen Lohn erhalten. Bei einem Besuch drücken Politiker und Gewerkschaftler ihre Solidarität mit ihnen aus. Eine Lösung des Konflikts ist aber weiter nicht in Sicht. (…) Am Sonntag erhielten die Fahrer Besuch von Gewerkschaftlern und Politikern. „Wenn Menschen um ihre Arbeitsbedingungen kämpfen, dann ist das ein Moment, der uns nicht kalt lässt“, erkläre Matthias Körner vom Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen sein Kommen. Ähnlich äußerte sich der rheinland-pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD)...“ Beitrag vom 30.07.23 in der hessenschau.de - Lässt die Unterstützung der DGB-Gewerkschaften nach?
„… Und bei den Gewerkschaften gibt es scheinbar das große Muffensausen. Man wünscht sich zwar, daß Ausbeuter wie Mazur hinter Schloß und Riegel landen, ihnen zumindest die Lizenz entzogen wird. Aber das soll dann doch bitte „die Politik“regeln. Verdi hat es unverblümt ausgesprochen: (Zitat) „Dass immer wieder Fahrer aus Europa nach Deutschland kommen, um für ihr gutes Recht zu demonstrieren, darf nicht zur Regel werden“
Dass ausländische Fahrer für enorme Pofite deutscher Auftraggeber sorgen, ist für Verdi scheinbar ok, daß diese Fahrer aber ausgerechnet in Deutschland für ihre Rechte kämpfen, „darf nicht zur Regel werden“. So wie es aussieht, haben unsere Gewerkschaften Angst vor kämpferischen Arbeitern. Die Unterstützung scheint nicht mehr zu laufen, wie beim 1.Streik. Es wirkt eher halbherzig. Es fehlt an Duschen und scheinbar auch an Toiletten. 1. Ist Verdi nicht einmal in der Lage, ausreichend santitäre Anlagen für Berufskraftfahrer (im Normalfall ganz ohne Streik) einzufordern, bzw. durchzusetzen? 2. Fahrbare Duscheinheiten und Toilettenwagen werden bei Festivals aufgestellt. Kann der DGB die nicht mal für das Streikcamp anmieten? Für eine Organisation mit 3,7 Millionen Mitgliedern sollte das keine Hürde sein.
Zurecht wurden die Auftraggeber in dem Zusammenhang mit einer Mitverantwortung für die Arbeitsbedingugen bei Mazur genannt. Aber auch hier reagiert man nicht mit Methoden der Arbeiterbewegung und den Mitteln einer Gewerkschaft. Man hofft wieder auf ein Einschreiten „der Politik“. Es ist in Gräfenhausen kein Kampf der Gewerkschaften, es ist ein Kampf der Fahrer. Die Gewerkschaften sind da irgendwie mit hineingerutscht und jetzt wünscht man sich wohl wieder einen Weg heraus. Man spricht wohl bereits davon, daß es gar kein „Streik“ sei, sondern nur ein Protest. Es wird wohl nicht so leicht sein, sich davon zu stehlen.“ Aus dem Kommentar von Kuddel vom 28.Juli 2023 in chefduzen.de , siehe auch: - WAS TUN? Kritische Fragen an die Radikale Linke.
„Linksradikale haben zum DGB Haltungen meist in Richtung, „sozialparterschaftlich“, „unbrauchbar“, „zum Klassenkampf nicht fähig“. Hier scheint sich genau das zu bestätigen. Aber wenn der DGB und seine Einzelgewerkschaften so wenig taugen, welche Alternative gäbe es? Allein die Verpflegung von 200 Leuten. Die Wuppen die Gewerkschaften, ein Umfeld wie „Faire Mobilität“ und selbst die katholische Kirche.
Ich habe von Lebensmittelspenden aus der Nachbarschaft und von anderen Truckern gehört, aber daß linksradikale Lebensmittelieferungen organisiert hätten, habe ich bei Streik Nr.2 nicht erfahren. Keine Solikonzerte für die Trucker. Keine dezentralen Solidaritätsaktionen. Gäbe es eine bessere Möglichkeit für Linksradikale oder Basisgewerkschaften, als hier einzusteigen und zu beweisen, daß es besser geht, als das was der DGB macht? Ein multinationaler Kampf migrantischer Arbeitskräfte in ihren eigenen Händen. Haben wir nicht immer von so etwas geträumt? Es wurde viel geredet von den „neuen Klassenkämpfen“ in der Radikalen Linken. Nach den vielen kämpferischen Reden, wo bleibt die klassenkämpferische Praxis? Der DGB sprach von den Lieferketten und den Auftraggebern, die in die Pflicht genommen werden müßten. Laut Medien gehören Ikea, Volkswagen, Daimler, DHL und General Electric zu Mazurs Auftraggebern. Wären das nicht geeignete Ziele für Protestaktionen oder gar Blockaden?“ Beitrag von Kuddel vom 28.Juli 2023 in chefduzen.de - „unter_bau sagt DANKE an alle Spender*innen für 70 kg Lebensmittel! Doch die über 100 streikenden LKW-Fahrer in #Gräfenhausen brauchen weiterhin Support. Wir arbeiten an einem nächsten Termin für die Abgabe von Sachspenden (Essen, Trinken, Hygieneprodukte, etc.). Stay Tuned!“ Tweet von unter_bau vom 28.7.23 mit Fotos
- Solidarität mit dem LKW-Fahrer Streik in Gräfenhausen
„… Beschäftigte streiken nie aus reinem Spaß an der Freude, sondern stets aus einer zwingenden Notwendigkeit heraus. Deshalb sind Streiks so anstrengend – umso mehr, wenn das Ergebnis des Kampfes unklar und das eigene Wohlergehen gefährdet ist. Aus diesem Grund liegt es nun an uns allen, die Streikenden so gut es geht zu unterstützen! Gerade mit unserer Präsenz vor Ort zeigen wir den protestierenden LKW-Fahrern, dass wir die ihnen widerfahrene Ungerechtigkeit nicht nur sehen, sondern dass wir sie solidarisch mit ihrem Kampf in jeglicher Form unterstützen. Darum haben wir am Donnerstag, den 27. Juli 2023 in Frankfurt mit anderen Strukturen diverse Spenden gesammelt, um die Streikenden zu unterstützen. Diese kleine Geste der Solidarität ermutigt und bedeutet in der konkreten Auseinandersetzung viel, da sie überhaupt die Möglichkeit schafft, den Kampf auch langfristig führen zu können. Beteiligt euch an der Solidaritätsarbeit und zeigt vor Ort eure Unterstützung! Helft mit Essens- und Sachspenden! Organisiert Solidaritätsaktionen in euren Städten!…“ Meldung vom 28. Juli 2023 in gegenmacht.info
- Ca. 120 Lkw-Fahrer und einige ehemalige Fahrer für Masur warten auf ihre Löhne und suchen ein Ausweichquartier zu Gräfenhausen mit funktionierenden Sanitäranlagen
- „… Dank der Unterstützung der #Betriebsseelsorge u. der Gewerkschaften wurden erneut Spenden an Essen und Getränken gebracht. Anders als in einigen Medien kolportiert, beteiligen sich die Fahrer in Pfungstadt n. u. K. nicht an der Aktion. (…) Die Fahrer haben am Dienstag u. Mittwoch etwa 20 Lkw an die Firma übergeben, um ihre Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Die Firma hat einige Lkw abgeholt, aber keine weiteren Zahlungen getätigt…“ Aus dem Thread von Faire Mobilität vom 27. Juli 2023 mit Fotos
- Zieht LKW-Streik an A5 bald um? DGB in Gesprächen mit Stadt Darmstadt
„Zieht der LKW-Streik an der A5 in Südhessen möglicherweise bald um? Weil der Platz an den beiden Raststätten Gräfenhausen eng wird, sucht der Deutsche Gewerkschaftsbund nun ein Ausweichquartier. Gesprochen wird auch mit der Stadt Darmstadt. Das bestätige ein Sprecher der Stadt Darmstadt gegenüber HIT RADIO FFH. Der DGB habe Kontakt aufgenommen. Um welche Flächen es konkret geht, ist noch unklar. DGB sucht Ausweichquartier in der Nachbarschaft: Der DGB sei in Gesprächen mit Anrainer-Kommunen in Südhessen, um einen alternativen Ort zu finden, so Hessens DGB-Chef Michael Rudolph. Es gehe um größere Parkplätze oder Plätze vor Messehallen. Der DGB appelliere an die umliegenden Kommunen, kurzfristig Unterkünfte und Sanitäranlagen für die betroffenen LKW-Fahrer bereitzustellen, da die Angebote an den Raststätten überlaufen sind. Fahrer sollen so bald wie möglich umziehen: Das Ziel sei, dass die Fahrer so bald wie möglich umziehen. Es ist laut DGB aber unklar, ob das noch eine Frage von Tagen oder gar Wochen sei…“ Meldung vom 27.07.2023 im RADIO FFH - Spendenaufruf der IGM Jugend Darmstadt im Thread von Darth_Robin vom 27. Juli 2023 : „Aufruf der IGM Jugend Darmstadt: Wieder streiken die Kollegen, wieder ist es die gleiche mafiöse Firma! Seit Monaten gab es keinen Lohn für die LKW-Fahrer. Mittlerweile sind ca. 120 Kollegen in #Gräfenhausen auf beiden Rastplätzen und streiken für ihren Lohn…“ mit dem paypal-Konto in der Grafik
- Raststätte Gräfenhausen: Protestierende Lkw-Fahrer suchen neuen Platz
„Auf zwei Rastplätzen bei Gräfenhausen an der A5 in Hessen haben sich mittlerweile 120 Lkw-Fahrer versammelt. Der DGB sucht für sie ein „Ausweichquartier“ mit funktionierenden Toiletten und Duschen.
Nach einer Woche Lkw-Streik an der Raststätte Gräfenhausen-West sucht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nach einem „Ausweichquartier“ für die Lastwagen und ihre Fahrer. „Wir haben hier eine Situation, die wir nicht mehr halten können“, sagte der DGB-Vorsitzende für Hessen und Thüringen, Michael Rudolph, am Mittwoch in einem Pressegespräch auf dem Rastplatz. In Gräfenhausen-West und auf dem gegenüberliegenden Rastplatz Gräfenhausen-Ost stünden inzwischen 120 Lastwagen. Die Zahl der Streikenden sei sogar noch größer, weil sich dem Protest mittlerweile auch Fahrer angeschlossen hätten, die gar nicht mehr für das bestreikte polnische Unternehmen arbeiteten. Sie seien aber bei der Trennung von der Unternehmensgruppe Mazur nicht voll ausgezahlt worden und forderten nun Geld nach. Rudolph sagte, er hoffe, den Protest auf einen großen Parkplatz in der Umgebung verlagern zu können. Man sei deswegen bereits mit mehreren südhessischen Kommunen im Gespräch. Die Situation sei auch mit Blick auf die sanitären Einrichtungen schwierig. Zwar habe der Raststättenbetreiber den Fahrern erlaubt, unentgeltlich die Toiletten zu benutzen. Die Dusche in der Raststätte sei aber – wie bereits während des ersten Lkw-Streiks im Frühjahr – defekt…“ Artikel von Barbara Schäder vom 26.07.2023 in der FAZ online - DGB Hessen zum Protest der LKW-Fahrer in Gräfenhausen und Pfungstadt: Auftraggeber in der Verantwortung für menschenwürdige Arbeit entlang der Lieferkette
„An den Raststätten in Gräfenhausen protestieren seit mehreren Tagen zahlreiche LKW-Fahrer aus Georgien, Usbekistan und anderen Ländern und fordern von ihrem Arbeitgeber die Zahlung ausstehender Gelder. Die Forderungen richten sich an Unternehmen der polnischen Mazurgruppe. Schon im April hatte es ähnliche Auseinandersetzungen mit Speditionen dieser Gruppe gegeben. Hierzu erklärt Michael Rudolph: „Im europäischen Transportwesen dominiert eine organisierte Verantwortungslosigkeit. Ausbeutung ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Wir sehen vor allem die deutschen Auftraggeber in der Verantwortung, für menschenwürdige Einkommens- und Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Lieferkette zu sorgen. Zudem müssen die zuständigen deutschen Behörden die Einhaltung der Regelungen zum Schutz der Beschäftigten kontrollieren und Speditionen, die gegen diese verstoßen, sanktionieren. Speditionen wie die der Mazur-Gruppe, die sich wiederholt weigern, ihren LKW-Fahrern die ausstehenden Gelder zu zahlen, sollte die Transportlizenz entzogen werden.“
Der DGB appelliert zudem an die umliegenden Kommunen, kurzfristig Unterkünfte und Sanitäranlagen für die betroffenen LKW-Fahrer bereitzustellen, da die Angebote an den Raststätten überlaufen sind. (…) Wir brauchen mehr Verantwortung in der Lieferkette. Die LKWs sind überwiegend in Westeuropa und in Deutschland im Auftrag dort ansässiger Kunden unterwegs. Diese tragen Verantwortung für die Arbeitsbedingungen im europäischen Straßentransport und müssen diese endlich annehmen.“ PM vom 26.07.2023 beim DGB Hessen - Erneuter Protest von Lkw-Fahrern in Gräfenhausen: Auftraggeber, Transportwirtschaft und Politik verschließen die Augen vor Missständen
„… „Dass immer wieder Fahrer aus Europa nach Deutschland kommen, um für ihr gutes Recht zu demonstrieren, darf nicht zur Regel werden“, sagte Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende. „Vielmehr müssen alle Beteiligten der Lieferkette ihre Verantwortung wahr und ernst nehmen, um Sozial-Dumping und Ausbeutung im Vorfeld zu verhindern.“ (…) „Die Unternehmen, die den Gütertransport beauftragen, haben eine Verantwortung für alle Beteiligten der Lieferkette. Politik und Kontrollbehörden haben diese ebenfalls, nehmen sie aber nicht ausreichend wahr, indem mangels schützender Gesetze und viel zu geringen Kontrolldichten hingenommen wird, dass der Straßengütertransport in Deutschland tausendfach pro Tag illegal abläuft“, so Kocsis. Der Straßengütertransport in Deutschland und Europa muss so organisiert werden, dass Menschen nicht ausgebeutet werden und Verantwortung vom Auftraggeber übernommen wird. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sieht dies bislang nur für Unternehmen ab 3.000 Beschäftigten vor. Eine Ausweitung, auch auf kleinere Unternehmen, muss schnell folgen, da ohne gesetzliche Regelung offenbar kein Einsehen in der Wirtschaft besteht. ver.di, der DGB und Faire Mobilität helfen und unterstützen die Fahrer vor Ort.“ ver.di-Pressemitteilung vom 26.07.2023
- Inzwischen etwa 120 LKW-Fahrer auf beiden Seiten der Raststätte Gräfenhausen bei stockenden Verhandlungen/Überweisungen – Raststätte Pfungstadt-West an der A67 offenbar doch nur Parkplatz (von Mazur?)
- Zu viele LKW-Fahrer in Gräfenhausen: Polizei leitet um
„Der Lkw-Fahrer-Streik auf der Raststätte Gräfenhausen an der A5 spitzt sich zu: Auf dem Lkw-Parkplatz im Kreis Darmstadt-Dieburg stehen auf beiden Seiten der Autobahn rund 120 Fahrer mit ihren Lastern, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Südhessen am Mittwochmorgen (26.7.) sagte – alle von einer polnischen Speditionsgruppe. Die Fahrer beklagen weiter fehlendes Gehalt. Die blauen Sattelzüge sind inzwischen sowohl auf dem West- als auch auf dem Ost-Teil der Rastanlage geparkt. Nach Angaben der Polizei von Mittwochfrüh würde erneut mit einer Zunahme der streikenden Lkw-Fahrer gerechnet. (…) Mittendrin diskutieren Lkw-Fahrer aus Usbekistan, Georgien oder Tadschikistan, telefonieren mit ihren Handys. Die Fahrer warten laut eigener Aussage weiter teils auf mehrere tausend Euro Lohn, sind teilweise seit Monaten am Stück unterwegs. Nach unseren Informationen hat sich der Chef des polnischen Unternehmens anfangs kooperativ gezeigt, doch nun sind die Verhandlungen offenbar zunehmend ins Stocken geraten. (…) Dazu sei die sanitäre Situation vor Ort laut DGB-Gewerkschafterin Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk ‚Faire Mobilität‘ „katastrophal“: Die einzige Rasthof-Dusche funktioniere nicht. Für eine Toilettenbenutzung würde auf der Raststätte eine Gebühr von je einem Euro fällig. (…) Auch rund 15 Kilometer weiter auf der Raststätte Pfungstadt-West an der A67 standen am Dienstagmittag (25.7.) weitere neun blaue Lastwagen der Spedition. Hier waren aber keine streikenden Fahrer zu sehen, die Fahrzeuge wurden hier offenbar nur geparkt. Möglicherweise sollen sie von anderen, nicht streikenden Fahrern der Spedition von hier aus übernommen werden, heißt es…“ Beitrag vom 26.07.2023 beim Radio FFH - WICHTIG: „Ich habe eine Mail von einer Unterstützerin bekommen, die sich im Streikcamp Gräfenhausen befindet. Sie sagt, eine Erklärung der Polizei und eines Lokalmediums seien fehlinterpretiert worden, was zu dem Gerücht geführt hat, daß es in Pfungstadt ein 2. Streikcamp gäbe. Das ganze sei zu einem Selbstläufer geworden und dann hätten andere (auch größere) Medien das übernommen und weiterverbreitet. Wir müssen vorschichtig mit dem umgehen, was wir verbreiten. Das 2.Streikcamp ist eine Ente. In der Gräfenhausensache orientieren sich Aktivisten und teilweise auch Journalisten bei den Meldungen bei Chefduzen. Wir sollten verantwortungvoll mit der Situation und unserer Öffenlichkeitsarbeit umgehen. Ich werde mich später nochmal melden mit frischen Infos und Einschätzungen.“ Meldung von Kudel vom 26.7. bei chefduzen.de
- „Seit Dienstagabend stehen in #Gräfenhausen 110 Lkw. Zudem treffen ehemalige #Mazur-Fahrer ohne Lkw ein; sie schließen sich dem Protest an u. fordern Geld, dass die Firma ihnen noch schuldet…“ Tweet von Faire Mobilität vom 26. Juli 2023
- Immer mehr Lkw-Fahrer in Gräfenhausen
„Der Lkw-Fahrer-Streik auf der Raststätte Gräfenhausen an der A5 wird immer größer: Auf dem Lkw-Parkplatz im Kreis Darmstadt-Dieburg stehen nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftbundes DGB inzwischen etwa 120 blaue Lastwagen – alle von einer polnischen Speditionsgruppe. Die blauen Sattelzüge sind nun sowohl auf dem West- als auch auf dem Ost-Teil der Rastanlage abgestellt. Die Fahrer beklagen weiter fehlendes Gehalt. Dabei stellt sich die Situation auf der Raststätte sprichwörtlich verfahren dar: Die blauen Lkw stehen dicht an dicht gequetscht bis ganz ran an die Beton-Absperrung zur Autobahn, teilweise parallel in mehreren Reihen. Wegen der zunehmenden Enge auf dem Rasthof Gräfenhausen-West hat die Polizei am Dienstagnachmittag (25.) nach ihren Angaben damit begonnen, parkende Lastwagen auf die gegenüberliegende Raststätte Gräfenhausen-Ost umzuleiten, damit die Durchfahrtswege auf dem West-Teil frei und sicher zu befahren blieben.
Verhandlungen offenbar ins Stocken geraten
Mittendrin diskutieren Lkw-Fahrer aus Usbekistan, Georgien oder Tadschikistan, telefonieren mit ihren Handys. Die Fahrer warten laut eigener Aussage weiter teils auf mehrere tausend Euro Lohn, sind teilweise seit Monaten am Stück unterwegs. Nach unseren Informationen hat sich der Chef des polnischen Unternehmens anfangs kooperativ gezeigt, doch nun sind die Verhandlungen offenbar zunehmend ins Stocken geraten. Dem Vernehmen nach ist seit dem Wochenende kein ausstehendes Gehalt mehr an die Fahrer geflossen (…) Auch rund 15 Kilometer weiter auf der Raststätte Pfungstadt-West an der A67 standen am Dienstagmittag (25.7.) weitere neun blaue Lastwagen der Spedition. Hier waren aber keine streikenden Fahrer zu sehen, die Fahrzeuge wurden hier offenbar nur geparkt. Möglicherweise sollen sie von anderen, nicht streikenden Fahrern der Spedition von hier aus übernommen werden, heißt es…“ Beitrag vom 25.07.2023 beim Radio FFH - „#Gräfenhausen: Inzw. haben sich rd. 80 Fahrer mit 70 Lkw dem Protest angeschlossen. Sie kommen aus Georgien, Usbekistan, Tadschikistan, Kasachstan, Kirgisien, Ukraine u. v. d. Philippinen. Anders als letzte Woche konnte heute keiner der Fahrer einen Zahlungseingang vermelden.“ Tweet von Faire Mobilität vom 24. Juli 2023 mit Fotos
- Brummistreik ausgeweitet. Lkw-Fahrer von polnischer Spedition parken auch beim hessischen Pfungstadt. Unternehmen kann sich den laufenden Ausstand nicht erklären
„… Bei Mazur kann man sich den nun zweiten Streik der Fahrer nicht erklären, heißt es aus dem Büro von Agmaz am Montag gegenüber dieser Zeitung. »Wir haben alles bezahlt und nach zwei Monaten die gleiche Geschichte.« Warum die Fahrer sich wieder im Ausstand befänden, sei eine »gute Frage«, sagte ein Bürobeschäftigter im Telefonat mit jW. Die Trucker hätten den Streik offenbar als Mittel für sich entdeckt, »mehr Geld zu verdienen, als auf unseren Rechnungen steht«. Um was für Beträge es sich handelt, konnte oder wollte man nicht mitteilen: »2.000, 3.000, 700, wir zahlen einfach mehr, damit es aufhört.« Eine detailliertere Anfrage an das Unternehmen blieb bis jW-Redaktionsschluss am Montag unbeantwortet.
Im Gespräch mit dieser Zeitung kann Gewerkschafter Michael Wahl am Montag zusätzliche Lkw an der Raststätte Pfungstadt West bestätigen. Am Sonntag abend hätten sich dort zwölf Lkw befunden, während an der Raststätte Gräfenhausen 67 Lkw der Mazur-Firmen mit Fahrern aus Georgien, Usbekistan und Tadschikistan parkten, erklärte der Berater vom Netzwerk »Faire Mobilität« des DGB. Die Fahrer in Pfungstadt hätten beim Netzwerk keine unterstützende Beratung angefragt, die Gründe für ihren Stopp am rund 15 Kilometer entfernten Rasthof seien für »Faire Mobilität« daher bislang nicht nachvollziehbar.
Die streikenden Fahrer berichteten in den vergangenen Tagen gegenüber verschiedenen Medien von einer Vielzahl von Bedrohungen durch das Unternehmen Mazur…“ Artikel von David Maiwald in der jungen Welt vom 25.07.2023 - „Praktische Solidarität“ bei wildem LKW-Streik in Gräfenhausen
„Ausstehende Löhne, Morddrohungen, dauerhafte Übernachtung im LKW – in Gräfenhausen bei Frankfurt streiken LKW-Fahrer der polnischen Spedition LUK MAZ. Eine Delegation der „Föderation Klassenkämpferischer Organisationen“ (FKO) war vor Ort um ihre Solidarität zu zeigen. – Wir haben sie über ihren Besuch bei den Arbeitern interviewt…“ Bericht und Interview vom 24.07.2023 von Perspektive Online – und darin u.a.: „Viele weitere Kollegen möchten nachkommen, können dies aber nicht aufgrund der Sperrung der On-Board-Unit durch die Zentrale. Ohne diese kommen sie nicht über die Grenze.“ - Bei chefduzen.de gibt es unter Gräfenhausen reloaded u.a. Fotos aus dem Streikcamp und ein Filmchen von Betriebskampf und dem Solidaritätsnetzwerk Frankfurt aus dem fratzebuch gerettet
- Gräfenhausen: LKW-Fahrer Streik auf zweiter Raststätte. Das sei erst der Anfang, denn es sollen Fahrer aus ganz Europa kommen
„… Der Streik der LKW-Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen dauert auch am 24. Juli weiter an. Nach Angaben der Polizei Südhessen vom Sonntag, stünden auf der Autobahnraststätte mittlerweile 73 LKW. Zudem versammelten sich gestern LKW-Fahrer auf einer zweiten Raststätte – Pfungstadt-West an der A67, die rund 15 Kilometer weiter von Gräfenhausen-West entfernt liegt. Nach Angaben vom Freitagabend des Beratungsnetzwerks Faire Mobilität, führen die Fahrer weiterhin individuelle Verhandlungen über ausstehende Lohnzahlungen. Vor Ort ist auch Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft…“ Beitrag von Sabina Koll vom 24.07.2023 bei Trans.info mit Video
- Zu viele LKW-Fahrer in Gräfenhausen: Polizei leitet um
- Über 80 Lkw: Gräfenhausen ist voll – Lkw-Fahrer streiken jetzt auch in Pfungstadt und wollen bleiben, bis auch der letzte sein Geld bekommen hat
- Über 80 Lkw: Gräfenhausen ist voll – Lkw-Fahrer streiken jetzt auch in Pfungstadt
„Immer mehr Lkw-Fahrer schließen sich ihren in Gräfenhausen streikenden Kollegen an. Weil die dortige Raststätte mittlerweile überfüllt ist, versammeln sich die Fahrer nun auch in Pfungstadt. (…) Am Sonntagmittag standen nach Angaben der Polizei 73 Lkw in Gräfenhausen, in Pfungstadt waren es bereits zwölf. Die Situation sei auf beiden Raststätten entspannt. Die Beamten schauen regelmäßig mit einer Streife vorbei. Auch die Fahrer, die in Pfungstadt Quartier bezogen haben, fahren für die selbe polnische Spedition wie ihre Kollegen in Gräfenhausen. Hintergrund für den Streik sind Lohnforderungen der unter anderem aus Georgien, Usbekistan und Tadschikistan stammenden Fahrer. (…) „Es geht nicht schnell voran, aber es geht in eine gute Richtung“, sagte Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft am Freitag zu den Gesprächen mit der polnischen Spedition. Demnach führen die Fahrer individuelle Verhandlungen über ausstehende Lohnzahlungen und intransparente Abzüge. In einigen Fällen habe es laut Atema bereits eine Einigung gegeben, aber die Fahrer hätten beschlossen, so lange zu bleiben, bis auch der letzte sein Geld bekommen habe. „Gräfenhausen scheint für die Fahrer jetzt wie eine Art Bank zu sein, wo sie ihr Geld bekommen.““ Meldung vom 23.07.23 in der Hessenschau - „In #Gräfenhausen stehen am Freitag 45 Lkw mit Fahrern aus Georgien, Usbekistan, Tadschikistan u. d. Ukraine. #Mazur ist weiter gesprächsbereit. Auch heute ist Geld überwiesen worden, Fahrer sind z. Tl. abgereist u. neue sind hinzugekommen. @dgb_news @AtemaEdwin“ Tweet von Faire Mobilität vom 21. Juli 2023
- „Bei uns gut bekannt“: „Mythos“ Gräfenhausen: Warum die Lkw-Fahrer in Hessen streiken
„An der A5-Raststätte Gräfenhausen streiken wieder Lastwagenfahrer derselben polnischen Spedition wie vor einigen Wochen. Noch immer warten viele auf Lohn. Gräfenhausen ist zum Symbol ihres Arbeitskampfes geworden.
Der Lkw-Streik an der Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) um ausstehenden Lohn bei einer polnischen Speditionsfirma dauerte auch am Samstag an. Die Polizei sprach von 61 Streikenden, die Lage sei aber ruhig. Einige Fahrer hätten inzwischen Lohn erhalten, hatte Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft bereits am Freitag berichtet, „sie haben aber gesagt, alle bleiben in Gräfenhausen, bis auch der letzte Fall gelöst ist“. Im Laufe des Tages rollten immer wieder neue blaue Lkw der bestreikten Spedition auf die Raststätte – unter anderem aus Usbekistan und Tadschikistan. Ein Großteil der Fahrer sagte dem hr, sie hätten noch kein Geld bekommen. Ein Fahrer aus Usbekistan sprach von sechs fehlenden Monatslöhnen.
Gewerkschafter: „Lage eher unbeständig“
„Gräfenhausen scheint für die Fahrer jetzt wie eine Art Bank zu sein, wo sie ihr Geld bekommen“ sagte Atema. Derzeit verhandele jeder Fahrer individuell über ausstehenden Lohn und intransparente Abzüge. Am Mittwoch war nach Angaben der Gewerkschaft vereinbart worden, dass alle streikenden Fahrer ihre ausstehenden Löhne erhalten sollten – unter der Bedingung, dass fünf Lkw dringende Ladung ans Ziel bringen sollten. Einige Fahrer hatten am Mittwoch ihre Fahrzeuge wieder zurück zum weiteren Transport übergeben. „Die Firma sagt, sie habe aus der Vergangenheit gelernt“, sagte Atema zu der schnellen Bezahlung von Summen von jeweils 8.000 bis 11.000 Euro. Das Unternehmen sei um Schadensbegrenzung bemüht. Seit Mittwochvormittag stand daher ein Kleinbus mit einem Firmenmitarbeiter an der Raststätte, der nach individuellen Einigungen Fahrzeugschlüssel und Papiere entgegennahm und für Ersatzfahrer sorgte. „Was das letzte Mal drei Wochen gedauert hat, konnte jetzt in drei Stunden geregelt werden“, sagte Atema, der bereits am Montag den ersten Anruf erhalten hatte mit der Ankündigung: Wir fahren nach Gräfenhausen.“ (…) Nach Angaben der streikenden Fahrer mussten sie nicht lange überlegen, wo die Aktion zur Durchsetzung ihrer Lohnforderungen starten sollte. „Gräfenhausen ist bei uns gut bekannt“, sagte ein Fahrer. „Hier haben die Kollegen ihren Sieg errungen.“ Ein anderer Lkw-Fahrer erklärte dazu: „Sie sagten, sie haben sich geändert, aber sie machen genauso weiter wie vorher. Es gibt keine Erklärung, warum sie nicht zahlen.“ Für ihn steht fest: Er will auch nach Erhalt seines ausstehenden Lohns nicht länger für das polnische Unternehmen arbeiten…“ Beitrag vom 22.07.23 in der hessenschau - Darum streiken wieder Lkw-Fahrer an der A5
„Das Protestcamp osteuropäischer Fernfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen-West lockt immer wieder neue Fahrer an. Am frühen Freitagmorgen zählte die Polizei 39, mittags waren einige weggefahren, am Nachmittag waren nach Angaben der die Fahrer betreuenden Gewerkschafter wieder 40 auf dem Platz. „Inzwischen sind es auch nicht mehr nur Georgier, ich habe auch mit einem Ukrainer gesprochen, und usbekische Namen sind auch dabei.“ Das sagte Anna Weirich vom Netzwerk Faire Mobilität, das vom Bundesarbeitsministerium und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) finanziert wird, der F.A.Z. am Telefon. (…) Dass abermals Fahrer derselben Unternehmensgruppe über ausbleibende Zahlungen klagen, ist dennoch bemerkenswert. Hintergrund sind offenbar die Abrechnungsmodalitäten. So berichtete ein Fahrer diese Woche der F.A.Z., für die ersten Monate Beschäftigung bei Mazur habe er gar kein Geld bekommen. Begründet worden sei dies mit den Kosten, die dem Unternehmen für die zur Beschäftigung des Georgiers in der EU notwendigen Dokumente entstanden seien. Inzwischen bekomme er monatlich Geld, aber immer mit erheblicher Verzögerung, sagte der Mann…“ Artikel von Barbara Schäder aktualisiert am 22.07.2023 in der FAZ online
- Über 80 Lkw: Gräfenhausen ist voll – Lkw-Fahrer streiken jetzt auch in Pfungstadt
- #Gräfenhausen: Von den zuletzt 19 streikenden georgischen Lkw-Fahrern zogen bereits einige wieder ab, da ausstehende Löhne teilweise gezahlt – hat Mazur dazu gelernt? Der Politik hatten die Fotos im Mai genügt…
- Ausstehendes Gehalt teilweise gezahlt. Lkw-Fahrer streiken an A5-Raststätte Gräfenhausen
„An der Raststätte Gräfenhausen an der A5 streiken wieder Lastwagenfahrer. Sie sind bei derselben polnischen Spedition beschäftigt, bei der es vor einigen Wochen schon einen langen Streik gab. Diesmal könnte der Ausstand schneller enden. Rund drei Monate nach dem Streik um ausstehenden Lohn haben sich an der Raststätte Gräfenhausen an der A5 bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) erneut Lastwagenfahrer versammelt. 19 von ihnen streikten dort am Mittwochabend, wie die Polizei mitteilte. Am Donnerstagmorgen zogen einige von der Raststätte ab. Mit einer Hand voll Lkw-Fahrer war die Aktion am Dienstag gestartet. Die Situation sei weiterhin ruhig, dennoch kontrolliere die Polizei verstärkt. Demnach handelt es sich um Mitarbeiter derselben polnischen Spedition wie bei den ersten Streiks vor rund drei Monaten. (…) Mindestens einer der streikenden Fahrer hat seine Fahrt am Mittwoch fortgesetzt, nachdem er sein ausstehendes Gehalt ausgezahlt bekommen hatte. Zuvor hatten auch andere Fahrer laut Anna Weirich, Sprecherin des Beratungsnetzwerks „Faire Mobilität“, Teile ihres ausstehenden Gehalts erhalten. Weirich sagte, die Männer seien Georgier und als Fahrer bei den drei Firmen eines polnischen Speditionsunternehmers beschäftigt. Nach eigenen Angaben haben die Fahrer seit Mai keinen Lohn erhalten. Weirich sagte am Nachmittag: „Ein guter Teil wurde heute überwiesen. Die Fahrer warten auf den Rest.„…“ Aus der am 20.07.23 aktualisierten Meldung in hessenschau , siehe zum aktuellen Stand auch:- „Wieder Fahrer v. #Mazur in #Gräfenhausen. Die Arbeitsbedingungen sind unverändert aber Mazur scheint verstanden zu haben, dass eine lange Auseinandersetzung besser zu vermeiden ist: Ein Teil der Fahrer bekam am Mittwoch die von ihnen geforderten Zahlungen.“ Tweet von Faire Mobilität vom 20. Juli 2023 mit Fotos
- Solidarität mit den streikenden LKW-Fahrern in Gräfenhausen!
„Wieder einmal LKW-Fahrerstreik in Gräfenhausen bei Darmstadt. Wieder einmal ist es der gleiche polnische Spediteur Lukasz Mazur, der wie schon im April negativ durch Lohnprellerei auf sich aufmerksam macht. Über ein Dutzend georgische Fahrer, die seit Mai kein Gehalt mehr bekommen haben, wollen ihren ausstehenden Lohn mit einem Streik erkämpfen. Zum Teil schon mit Erfolg: Ein Teil der Rückstände wurden nach Aussage des niederländischen Gewerkschafters Edwin Atema bereits überwiesen, weil das Transportunternehmen keinen Ärger mit den Kund:innen haben will. (…) Es gibt viele Missstände bei den Arbeitsbedingungen von LKW-Fahrer:innen: Zeitdruck, Hungerlöhne, Parkplatzmangel, lange Arbeitszeiten, Schikane durch die Polizei und unverschämte Kund:innen, die Fahrer:innen behandeln wie Menschen dritter Klasse. Man könnte die Liste ewig weiter führen. Die Fahrer in Gräfenhausen haben die Antwort auf die Frage geliefert, wie man gegen all diese Missstände vorgehen kann: Selbstorganisiert für die gemeinsamen Interessen kämpfen!“ Soli-Erklärung vom 19 Juli 2023 der Gruppe Betriebskampf
- Neuer wilder Trucker-Streik in Gräfenhausen: An der A5-Raststätte haben wieder georgische Fahrer des Unternehmens Mazur ihre LKW abgestellt, um gegen Lohnprellerei zu protestieren
„… Wieder geht es um vorenthaltene Zahlungen und ungerechte Abzüge, wieder sind es georgische Fahrer, die in den Ausstand getreten sind, und wieder fahren sie für die polnische Unternehmensgruppe Mazur, die schon im Frühjahr in der Kritik stand. »Es sind die gleichen blauen LKW mit den gleichen Aufschriften, die wir schon im Frühjahr gesehen haben: Lukmaz, Agmaz, Imperia«, sagt Anna Weirich von der Beratungsstelle Faire Mobilität des Deutschen Gewerkschaftsbundes. »Der einzige Unterschied ist, dass auf manchen Planen die Logos abgeknibbelt sind, vielleicht, weil die Firma ein Imageproblem hat.« Anna Weirich war im Frühjahr wochenlang in Gräfenhausen und hatte, gemeinsam mit ihren Gewerkschaftskollegen Edwin Atema von der niederländischen FNV, die Fahrer bei den Verhandlungen mit dem Unternehmen unterstützt. Seit Mittwochfrüh ist sie nun wieder vor Ort. »Es fühlt sich sehr vertraut an. Die Probleme sind die gleichen, die Forderungen der Fahrer nach Begleichung von Zahlungen, die Mazur ihnen schuldet, und der Rücknahme von Strafabzügen ebenfalls.« Überschneidungen mit denen, die im Frühjahr gestreikt hatten, gibt es nicht, von ihnen arbeitet niemand mehr für die Firma. Aber Tipps haben sich die nun Streikenden von ihren Ex-Kollegen offenbar geholt, unter anderem den Kontakt zu Faire Mobilität und dem georgischen Gewerkschaftsverband. »Auch die Polizei hatten die Kollegen bereits verständigt«, so Weirich. Aktuell hätten zehn georgische Fahrer ihre Trucks am Rastplatz abgestellt, manche der Fahrzeuge mit Ladung. »Ob noch mehr kommen, weiß ich nicht; die Fahrer sagen, dass weitere Kollegen auf dem Weg nach Gräfenhausen seien. Das Problem betrifft jedenfalls mehr als die zehn Fahrer, die hier sind«, betont Weirich. Auch ein Vertreter des Unternehmens sei vor Ort, die Fahrer verhandelten schon telefonisch mit der Firma, einige sollen bereits Geld erhalten haben. Das wäre in der Tat eine Neuigkeit, eventuell ein Hinweis darauf, dass das Unternehmen versucht, weitere Negativschlagzeilen zu vermeiden. (…) Die schlechte Nachricht ist: Am Geschäftsmodell des Firmenkonsortiums hat sich nichts geändert. Die Unternehmensgruppe Mazur mit ihren über 1.000 Fahrzeugen gehört zu jenem Sub-Sub-Subunternehmersystem, bei dem Firmen aus Westeuropa westeuropäische Speditionen beauftragen, die den Warentransport wiederum über Fuhrunternehmen aus Osteuropa abwickeln, die ihrerseits – oft scheinselbstständige – Fahrer aus Nicht-EU-Ländern beschäftigen…“ Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel vom 19. Juli 2023 beim ak online - Mazur schachmatt! Eine wahre Geschichte, wie eine mutige Schar in einem wohlgeordneten Land trickreich einen mächtigen Mann in die Knie zwang – Rückblick auf den Truckerstreik in Gräfenhausen März/April ’23 + Einschätzung
„Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Situation im Straßentransport. Die britischen „Angry Workers“ baten mich um einen Rückblick und eine Einschätzung zum spektakulären Wilden Streik im Frühjahr dieses Jahres an der Raststätte Gräfenhausen an der A5. Die katastrophalen Arbeitsbedingungen sind im europäischen Straßentransport sind seit Jahren bekannt, sowohl dem EU Parlament, alsauch der Bundesregierung. Immer wenn die skandalösen Zustände auch der Öffentlichkeit bekannt werden, gibt es Sonntagsreden, ohne Interesse, die Ursachen zu beheben. Deshalb gehe ich seit einiger Zeit davon aus, daß ein Gegendruck der Betroffenen entstehen wird und wir es mit zunehmenden Kämpfen migrantischer Fahrer (aus Osteuropa und Asien) zu tun bekommen. Meine Prognose wurde von der Wirklichkeit eingeholt. Just in dem Moment, als ich an den letzten Zeilen dieses Berichts schrieb, sammelten sich wütende Fahrer zu einem weiteren selbsorganisierten Arbeitskampf an besagter Raststätte an der A5…“ Beitrag von Kuddel vom 19.7.2023 bei chefduzen.de und darin aus dem Epilog:
„… Der Rauch des Kampfes und der Grillstation am Autobahnparkplatz war kaum verzogen, da beglückwünschten Politiker und Gewerkschaftsfunktionäre die inzwischen auf der Rückreise befindlichen Trucker zu ihrem Erfolg und versprachen, den Kampf an ihren Positionen fortzusetzen und für bessere Bedingungen im europäischen Transport zu sorgen. Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand hat seine Verdienste, denn die Erklärung, der DGB zeige sich solidarisch, beruhigte die Polizei, und die Grundversorgung mit Lebensmitteln füllte die Mägen. Auch die Unterstützung diverser Einzelgewerkschaften war mehr als nur Showauftritte der Gewerkschaften. Die Gewerkschafter blühten förmlich auf, bei einem richtigen Arbeitskampf dabei zu sein, jenseits der ritualisierten deutschen Streiks. Es roch nach Klassenkampf und Abenteuer. Eine besondere lobende Erwähnung haben sich die Leute der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung verdient, die sich für die Fernsehkameras nicht interessierten, sondern dort helfend zur Hand waren, wo sie gebraucht wurden und sich per Smartphoneapp zu verständigen wußten. Aber die überschwenglichen Hoffnungen linker Publikationen in den DGB, der für Überraschungen gut sei und sogar einen Wilden Streik unterstützt habe, sollten mit Vorsicht genossen werden. Es war kein Streik des DGB und es war keine Tarifauseinandersetzung oder sonstiger Kampf gegen den Klassenfeind, jedenfalls nicht für den DGB. Man unterstützte die Interessen eines deutschen Spediteursverbands, der Probleme mit der osteuropäischen Konkurrenz hatte, die mit Ramboauftritten Unruhe in das eingespielte Ausbeutungssystem brachten.
Das angekündigte Aufräumen mit den kriminellen, ausbeuterischen Strukturen im europäischen Transportgewerbe, dürfte sich weitgehend als heiße Luft herausstellen. Bei der Bundesfachbereichskonferenz des verdi-Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik gab es noch eine Liveschaltung in das Streiklager an der Autobahn, doch hinterließ diese kämpferische Stimmung keine Umsetzung in der Gewerkschaftspraxis. Verdi machte es sich nicht zur Aufgabe, engagierte Gewerkschaftsmitglieder dieser Branche zu unterstützen und zu stärken. Fahrer hatten den Eindruck, ihr Engagement würde im Gewerkschaftstrott als störend empfunden. Auch in der Politik ist es ruhiger geworden, und im EU Parlament verschwinden viele wohlklingende Vorschläge in den Ausschüssen. Die realen Verbesserungen dürften überschaubar bleiben. Eine leichte Erhöhung der Kontrollen im Straßentransport ist als Geste des guten Willens zu erwarten. Ansonsten zielt der Druck der deutschen Transportwirtschaft schon längst auf einen besseren Zugriff auf migrantische Arbeitskräfte jenseits der EU. (…)
Wirklich in Bewegung gekommen ist etwas an anderer Stelle. Scheinbar rechtlose migrantische Arbeiter haben sich zusammengerottet und gegen einen Goliath gewonnen. Nicht nur der kriminelle Spediteur war bedrohlich, Deutschland und seine Gesetze dürfte bedrohlicher erschienen sein. Es war nicht legal, die LKW als Faustpfand zu nehmen und gar die Ladungen zu beschlagnahmen, doch sie sind damit durchgekommen, weil die Situation günstig war. Die Autobahnen sind voller wütender Fahrer, die ähnlich schlecht behandelt werden. Ein Flächenbrand im Transportsektor wäre eine ernste Bedrohung für die Wirtschaft. Die Nachricht darüber, daß selbst in Deutschland die Underdogs kämpfen und gewinnen können, fand Verbreitung nicht nur im Transportsektor. Es sind auch Leute von Stollipinovo in Europa zu den Streikenden gereist. Das ist eine Organisation bulgarischer Arbeitsmigranten, die an der Organisierung der seit Jahren größten Arbeitsmigrantenproteste in Deutschland beteiligt waren, nachdem der Leiharbeiter Refat Süleyman bei Thyssenkrupp Duisburg umgekommen ist. Bei den usbekischen und georgischen Fahrern haben sich unlängst Kollegen anderer Unternehmen gemeldet, die konkret wissen wollten, wie sie diesen Kampf geführt haben. Die Lunte für den nächsten Arbeitskampf brennt bereits.“
- Ausstehendes Gehalt teilweise gezahlt. Lkw-Fahrer streiken an A5-Raststätte Gräfenhausen
- A5 bei Gräfenhausen: Wieder LKW-Fahrer-Streik auf Raststätte
„Rund drei Monate nach dem Streik um ausstehende Löhne haben sich jetzt an der Raststätte Gräfenhausen-West an der A5 in Südhessen erneut Lastwagenfahrer versammelt. Das hat die Polizei HIT RADIO FFH bestätigt. Demnach handele es sich Mittwochfrüh um bislang etwa sieben Laster. Man erwarte aber weitere, so die Polizei. Einer der streikenden Lkw-Fahrer hat uns vor Ort gesagt, dass er noch mit bis zu dreißig weiteren Kollegen rechnet, die sich dem Streit anschließen wollten.
Offenbar seit Mai kein Gehalt bekommen
Die Fahrer gaben demnach an, seit drei Monaten kein Gehalt bekommen zu haben, so die Polizei zu FFH. Auch handele es sich um Fahrer desselben polnischen Unternehmens, das bereits im März/April seine Angestellten zunächst nicht bezahlte. Nach unseren Informationen wollen am Mittwoch (19.7.) Gewerkchaftsvertreter auf die Raststätte kommen, um sich ein Bild von der neuerlichen Lage zu machen…“ Meldung vom 19.07.2023 bei RADIO FFH und: - Lastwagenfahrer versammeln sich erneut an Raststätte Gräfenhausen
„Rund drei Monate nach dem Streik um ausstehenden Lohn haben sich an der Raststätte Gräfenhausen erneut Lastwagenfahrer versammelt. Seit Dienstagmittag seien die Fahrer vor Ort, am Abend seien es vier Lastwagen gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Nähere Angaben wurden zunächst nicht gemacht. Die Polizei stehe in engem Austausch mit der Versammlungsbehörde…“ dpa-Meldung vom 18.07.2023 in der Hessenschau - Wir warten noch auf weitere Infos von Faire Mobilität und Edwin Atema…
- Der angebliche Erfolg des wilden Streiks in Gräfenhausen hat bitteren Beigeschmack – wie hätten Gewerkschaften den Streik besser unterstützen können/sollen?
- Brummi-Plenum an der Raste. Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan haben etwas Seltenes geschafft: Einen wilden Streik bis zum Sieg geführt – wie war das möglich?
„Es hatte sich schon länger abgezeichnet, dass 2023 ein besonderes Streikjahr werden würde. Doch einen Ausstand wie den der 60 georgischen und usbekischen Lkw-Fahrer dürften die wenigsten auf dem Zettel gehabt haben. Mehr als einen Monat streikten die Fahrer des polnischen Fuhrunternehmens Agmaz, Lukmaz und Imperia wegen nicht gezahlter Löhne auf der Raststätte Gräfenhausen West bei Darmstadt – inklusive festgesetzter Brummis, teilweise noch mit wertvoller Fracht beladen. Wie wertvoll, das sollte sich erst am Ende dieses bemerkenswerten Arbeitskampfes herausstellen. Besonders war der Streik in mehrfacher Hinsicht. (…) Wir denken daher, dass es sich lohnt zusammenzutragen, welche Faktoren dazu beigetragen haben, dass in Gräfenhausen ein Sieg möglich war. (…) Zu Punkt eins: Die ausgebeutetsten und rechtlosesten Kollegen im Geflecht der Transportlogistik haben den Streik geführt. Der Arbeitskampf warf ein grelles Schlaglicht auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern, die häufig von osteuropäischen Fuhrunternehmen aus Drittstaaten als Scheinselbstständige angeheuert und dann monatelang auf die Straßen Westeuropas geschickt werden, um für große Speditionen und Konzerne Waren zu transportieren. Dabei wird systematisch Recht gebrochen: Von den Truckern in Gräfenhausen hatte keiner den bei Fahrten in Deutschland zustehenden gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Viele lebten monatelange ohne Unterbrechung im Lkw – obwohl das nach EU-Recht nicht zulässig ist und so weiter. Der Streik resultierte aus einer verzweifelten Situation, als die Trucker wochenlang gar nicht mehr bezahlt wurden. (…) Zu Punkt zwei: Sie haben gewonnen, ohne Abstriche. Das passiert in Deutschland wirklich äußerst selten. Wie ist es gelungen? Neben der Unterstützung, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, scheinen zwei Punkte bemerkenswert: Die Fahrer haben gemeinsam entschieden und sich nicht spalten lassen, obwohl es zahlreiche Versuche des Unternehmens gab, einen Teil durch Versprechungen aus der Streikfront herauszubrechen, und es in dem Unternehmen Tradition ist, nach Nationalität unterschiedlich zu bezahlen: Usbeken verdienten bei Mazur noch weniger als Georgier, erzählte ein Fahrer. Auch die Organisierung lief entlang nationaler Gruppen, aber die georgischen und usbekischen Fahrer hielten trotzdem bis zum Schluss zusammen. Auch, als die ersten zwei Drittel der ausstehenden Gelder, 200.000 Euro, bezahlt worden waren, blieben die Streikenden bei ihrer Ansage: Wir haben es gemeinsam begonnen, wir werden es gemeinsam beenden – und zwar erst, wenn alle alles erhalten haben. Ausschlaggebend, um am Ende auch die noch fehlenden 100.000 Euro zu bekommen, war indes der Druck eines jener Konzerne, deren Waren die festgesetzten (und sorgsam mit leeren Brummis zugeparkten) Lkw noch als Fracht geladen hatten: Der US-Konzern General Electric brauchte dringend ein in Gräfenhausen liegendes Teil für den Weiterbau einer Anlage in der Schweiz. (…) Zu Punkt drei: Erneut hat sich gezeigt, wie wichtig Solidarität für das Gelingen eines Streiks ist. (…) Damit wären wir bei Punkt vier: Die DGB-Gewerkschaften und der DGB selbst haben in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Gewerkschaften den Streik unterstützt. Und das, obwohl es sich um einen nicht-normierten Konflikt handelte. (…) Der Gräfenhausen-Streik ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie es laufen kann und sollte – ein Lehrstück für alle Lohnabhängigen, besonders für jene Hunderttausende, die unter ähnlichen Bedingungen ausgebeutet werden wie die Kollegen bei Mazur. Gerade deshalb ist es so wichtig genauer hinzuschauen, was diesen Erfolg ermöglicht hat und was für die Zukunft daraus mitzunehmen ist.“ Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel aus ak 693 vom 16. Mai 2023- Siehe für diskutierte Konsequenzen unser Dossier: Eng getaktete Lieferketten, 60-Stunden-Wochen, zuwenig Stellplätze: Widrige Arbeitsbedingungen führen zu mehr Unfällen und toten Lkw-Fahrern
- Die Räder des Streiks. Interview über den Kampf der Lkw-Fahrer zwischen Polen und Deutschland mit einem LKW-Fahrer mit Sitz in Poznan
„Wir veröffentlichen ein Interview mit Antek Wiesztort, Inicjatywa Pracownicza (Polen), internationaler LKW-Fahrer mit Sitz in Poznan. In diesem Interview berichtet Antek über den Streik usbekischer und georgischer Lkw-Fahrer, der in den letzten Wochen in Deutschland gegen ihren polnischen Arbeitgeber stattfand. Wie dieses Interview zeigt, ziehen die Unternehmen aus den Unterschieden bei den Arbeitsbedingungen, Löhnen und Vorschriften auf dem europäischen Markt große Gewinne. In der Tat ist der polnische Logistiksektor – der für die Versorgung anderer Länder der Westeuropäischen Union von entscheidender Bedeutung ist – in hohem Maße auf die Beschäftigung von Wanderarbeitern angewiesen, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von Visa oder Aufenthaltsgenehmigungen stärker der Ausbeutung ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang hat, wie Antek sagt, die Ankunft von Millionen ukrainischer Flüchtlinge nach Ausbruch des Krieges den polnischen Markt stark beeinträchtigt. Während die Regierung nicht in der Lage war, die Flüchtlinge zu unterstützen, begannen Millionen von ukrainischen Frauen in verschiedenen Sektoren zu arbeiten. Gleichzeitig drängen die Unternehmen die Regierung und die Europäische Union, ihr Problem des Arbeitskräftemangels durch die – oft illegale – Anwerbung von Migranten aus Asien zu lösen. Dieser Streik zeigt deutlich, wie komplex das Szenario ist, in dem wir gemeinsam kämpfen müssen, und dass daher eine transnationale Organisation notwendiger denn je ist, um die unterschiedlichen Bedingungen im europäischen Kontext zu verbinden. Trotz aller Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert waren, haben die streikenden Fahrer eines Lkw-Parkplatzes in Gräfenhausen (Deutschland) zwei Tage nach diesem Interview, am 26. April, endlich gewonnen. Gemäß der Vereinbarung zahlte ihr Chef die von ihnen geforderten 300 Tausend Euro und erklärte, alle Anklagen gegen sie fallen zu lassen. (…)
[Antek] Die Unternehmen, bei denen die Fahrer beschäftigt sind – Lukmaz, Agmaz und Imperia – sind polnisch, haben ihren Sitz in der Nähe von Krakau, Kraków, und gehören einer Familie Mazur. Sie sind Subunternehmer für große Fabriken und Lagerhäuser, darunter General Electric, Volkswagen und Ikea, sowie für kleinere Unternehmen, die ihr Budget durch Sozialdumping optimieren. Sie haben etwa tausend Lastwagen. Dieses Jahr hat Mercedes beschlossen, ihnen 375 Actros-Lkw zu leasen. Mazur ist nur ein Werkzeug für all diese internationalen Konzerne. (…)
Die Streikenden kommen hauptsächlich aus Georgien und Usbekistan. Das Unternehmen stellt aber auch Arbeiter aus den Philippinen und Nepal ein. Das Problem ist nun, dass seit Montag die Visa der meisten Arbeiter ablaufen und sie nach Polen zurückkehren müssen. Sie haben ein Arbeitsvisum für ein polnisches Unternehmen, ein polnisches Visum, das es ihnen erlaubt, als Delegierte des Unternehmens außerhalb des Landes zu arbeiten. Das Unternehmen verlangt ca. 400 Euro für die Ausstellung aller Dokumente, und die Arbeitnehmer sind auf die Dokumente des Unternehmens angewiesen, um im Land bleiben zu können. Dadurch wird ihre Abhängigkeit und Ausbeutung noch verschlimmert. Aus diesem Grund wurde in Deutschland eine Klage gegen Lukmaz – Agmaz eingereicht, in der sie des Menschenhandels beschuldigt werden, da sie nicht nur schlechte Arbeitgeber, sondern auch Menschenhändler sind. Außerdem sind die Arbeitszeiten unterschiedlich. Für uns polnische internationale Lkw-Fahrer ist das gängigste Arbeitssystem 2/1, 3/1, 4/1, was eine freie Woche bedeutet. Alternativ dazu wird uns angeboten, jedes Wochenende nach Hause zu fahren. Nach den EU-Vorschriften muss der Chef den Fahrern jedoch jedes Wochenende einen Aufenthalt außerhalb des Lkw garantieren, so dass es billiger ist, mich nach Hause zu schicken, um meine Arbeitskraft zu reproduzieren. Migranten haben keine Bleibe oder ein Zuhause, und dann ist es einfacher, sie mehrere Monate am Stück arbeiten zu lassen, ohne zur Basis zurückzukehren und im Lkw zu bleiben. In Deutschland darf man sonntags nicht mit dem Lkw fahren, und um das zu kompensieren, senken die Chefs die Löhne. Die Fahrer, die bei diesen Unternehmen angestellt sind, arbeiten und leben seit drei Monaten in einer Doppelbesatzung in der Kabine. Das Unternehmen macht damit riesige Gewinne, und die öffentlichen Einrichtungen kümmern sich nicht darum, denn es liegt im Interesse der westlichen Unternehmen, dass die Fahrer ständig hinter dem Steuer sitzen.
Darüber hinaus werden alle von diesen Unternehmen angeheuerten Fahrer nicht mit normalen Verträgen, sondern mit einer Art „Schrottvertrag“ eingestellt, der ihnen grundlegende Rechte wie bezahlten Urlaub und Krankheitsurlaub vorenthält. Das Ergebnis ist ganz ähnlich wie bei polnischen Fahrern, aber es wird mit anderen Mitteln verfolgt: Polnische Arbeitnehmer werden mit Verträgen eingestellt, aber der größte Teil des Lohns wird „unter der Hand“ gezahlt, und der offizielle Lohn ist der Mindestlohn. Wenn wir also in Urlaub fahren wollen oder krank sind, wird unser Lohn auf der Grundlage des offiziellen Mindestlohns gezahlt. Dies sind also verschiedene Strategien, um die Fahrer immer hinter den Rädern zu haben, was ein Grundpfeiler für das Funktionieren des internationalen Verkehrs in Europa ist. (…)
Den georgischen und usbekischen Fahrern ist es auch gelungen, das größte Hindernis im internationalen Verkehr zu überwinden, nämlich die Tatsache, dass sie die ganze Zeit über ganz Europa verstreut sind. Früher hatte man nur einen CB-Funk für kurze Strecken. Jetzt können wir neue Mittel der Gruppenkommunikation nutzen, die es uns ermöglichen, in Kontakt zu bleiben und uns zu organisieren, auch wenn wir an verschiedenen Orten sind. Nach fünf Wochen Streik sind die anderen Fahrer in Polen immer mehr interessiert, wir halten sie auf dem Laufenden. Der Chef hat in einem Fernsehinterview zugegeben, dass er unter starkem Druck von anderen Chefs in der Region steht, den Streik zu beenden, weil er ihre Fahrer dazu bringt, militant zu werden…“ engl. Interview am 3. Mai 2023 bei Transnational Social Strike Platform („The Wheels of the Strike. An Interview on the Truck Drivers’ Struggle between Poland and Germany“, maschinenübersetzt)- Siehe auch unser Dossier: [Mobilitätspaket] Fairer Straßengüterverkehr: In Brüssel sinken die Erwartungen
- Solidarität gewinnt! Mazur knickt ein und will alle ausstehenden Löhne zahlen sowie auf rechtliche Schritte gegen die Fahrer verzichten – das darf aber nicht reichen!
- „#Gräfenhausen – Aktuelle Info: Es gibt eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Die Details werden jetzt ausgearbeitet. Heute, um 17.00 Uhr laden beteiligte Organisationen zu einer #Pressekonferenz auf den Parkplatz ein…“ Tweet von Faire Mobilität vom 26. Apr. 2023 mit Fotos und
- „#Gräfenhausen – Die schriftliche Vereinbarung liegt vor, #Mazur hat sich verpflichtet alle Zahlungen auf die Konten der Fahrer zu überweisen. Er werden keine rechtlichen Schritte gegen die Fahrer unternommen. #Solidarität gewinnt!...“ Tweet von Faire Mobilität vom 26. Apr. 2023 mit Fotos und einem Video
- „Diese Fahrer wurden von dieser Firma wie Tiere oder leichte Beute behandelt – aber sie haben sich wie ein Löwenrudel gewehrt und diesen Streit gewonnen.“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 26. Apr. 2023 mit Foto
- Lkw-Fahrer-Streik in Gräfenhausen: „Gekämpft wie Löwen“
„Die streikenden Lkw-Fahrer von Gräfenhausen erringen einen Sieg. Der ausbeuterische Arbeitgeber gibt wohl wegen Druck von Kunden nach. (…) Entscheidend für das Nachgeben Mazurs war am Ende offenbar eine wertvolle Fracht: Ein spezielles Bauteil des Konzerns General Electric, das dieser in der Schweiz dringend für den Weiterbau einer größeren Anlage benötigt. Bereits vergangene Woche hatte sich eine Spedition über die Polizei angemeldet, die im Auftrag von General Electric die Fracht abholen sollte. Die beladenen Lkw aber sind auf dem Parkplatz eingekeilt von leeren Trucks und damit nicht ohne weiteres zugänglich. Über mehrere involvierte Unternehmen in der Lieferkette sei dann Druck auf Mazur ausgeübt und mit Vertragsstrafe gedroht worden, damit General Electric an die Ladung kommt.
Edwin Atema kritisierte gegenüber der taz, dass der Hinweis auf die eklatante Missachtung von Menschenrechten offenbar kein ausreichendes Argument gewesen sei, aber für die Fracht alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt wurden: Die Streikenden hatten sich schon vor Ostern mit einem Offenen Brief an die Kunden Mazurs gewandt, mit der Bitte, sich für sie einzusetzen. Die Lieferkette, so Atema, sei „krank“. (…)
Die Fahrer ihrerseits werden ihr Lkw-Lager in Gräfenhausen räumen, wenn die letzten noch ausstehenden Zahlungen eingetroffen sind. Viele, so Atema am Mittwochabend, würden einfach nur nach Hause wollen, sie haben ihre Familien zum Teil seit Monaten nicht gesehen. Und sie suchen neue Jobs: Für Mazur wird keiner der Männer mehr arbeiten…“ Artikel von Nelli Tügel vom 27.4.2023 in der taz online - Einigung beim Lkw-Fahrer-Streik in Gräfenhausen
„Der mehrere Wochen andauernde Streik der usbekischen und georgischen Lkw-Fahrer auf der Raststätte Gräfenhausen war erfolgreich. Zwischen den Lkw-Fahrern und ihrem Arbeitgeber, dem polnischen Speditionsunternehmen Mazur, wurde heute eine Einigung erzielt. Alle Fahrer haben das geforderte Geld erhalten. Edwin Atema von der Niederländischen Gewerkschaft FNV, der als Unterhändler agierte zeigte sich kämpferisch: „Die Fahrer haben Deutschland und Europa aufgezeigt, was in der Branche vor sich geht. Sie wurden von ihrem Arbeitgeber wie Tiere behandelt und haben wie Löwen gekämpft und gewonnen. Menschen wie sie verändern die Branche.“ DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell forderte heute in Gräfenhausen politische Konsequenzen: „Mit ihrer Aktion haben die Fahrer auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche hingewiesen, die leider keine Einzelfälle sondern die Regel in der europäischen Logistikbranche sind. Umso höher ist zu bewerten, dass die Fahrer dem Druck standgehalten und nun ihre Ansprüche auf Entlohnung für ihre geleistete Arbeit durchgesetzt haben. Nicht nur die ungebrochene Solidarität unter den Fahrern sondern auch in der Region, in Deutschland aber auch international waren ein Garant für den Erfolg. Zusammenhalt zahlt sich aus, das hat sich hier erneut bestätigt. Unser Dank gilt allen Unterstützerinnen und Unterstützern in den letzten Wochen, besonders der Betriebsseelsorge des Bistums Mainz, Gerhard Trabert vom Verein Arbeit und Gesundheit und allen Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort im Einsatz waren…“ Pressemitteilung des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen vom 26.4.2023 - Spedition akzeptiert Bedingungen: Einigung im Lkw-Fahrer-Streik an der A5-Raststätte Gräfenhausen
„Im Lkw-Fahrer-Streik an der A5 nahe Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) ist am Mittwoch offenbar der Durchbruch gelungen. Das verkündete der Unterhändler der vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrer, Gewerkschafter Edwin Atema aus den Niederlanden.
Arbeitgeber will Klagen zurückziehen
Eckpunkte der Vereinbarungen sind den Angaben zufolge, dass alle Geldforderungen der Fahrer bezahlt werden und der Arbeitgeber alle womöglich eingereichten Klagen zurückzieht. Der Arbeitgeber habe eine schriftliche Vereinbarung unterschrieben, dass er alle Zahlungen zeitnah auf die Konten der Fahrer überweise, hieß es. Wann die Lkw nach Beendigung des Streiks an der Rastanlage abgeholt werden können, steht noch nicht fest. Einige der Fahrer haben bereits angekündigt, nicht mehr für ihren Auftraggeber weiterarbeiten zu wollen. Atema lobte noch einmal den Willen und das Durchhaltevermögen der Fahrer. „Die Fahrer haben Deutschland und Europa aufgezeigt, was in der Branche vor sich geht“, sagte er. Sie seien von ihrem Arbeitgeber wie Tiere behandelt worden „und haben wie Löwen gekämpft und gewonnen“. Menschen wie sie veränderten die Branche, betonte er...“ Meldung vom 26.04.23 bei Hessenschau - Jubel an der A5 in Gräfenhausen: Streikende Lkw-Fahrer bekommen ihr Geld
„Jubel bei den Truckern auf der A5-Raststätte Gräfenhausen: Nach fünf Wochen Streik gibt es nun eine Einigung mit dem polnischen Spediteur. Die Lkw-Fahrer sollen nun ihre ausstehenden Löhne überwiesen bekommen. Schon morgen wollen die Trucker dann ihren Streik beenden. Die Bedingungen der Fahrer seien in einer Erklärung des Speditionsunternehmers grundsätzlich akzeptiert worden, sagte in Gräfenhausen der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, der Unterhändler der vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrer. Demnach sollen die Fahrer in den nächsten Stunden ihr Geld erhalten. Die Fahrer, vor allem aus Usbekistan und Georgien, haben nach eigenen Angaben seit Monaten keine Gehälter erhalten von der polnischen Speditionsfirma.
Bus holt Fahrer ab, Lkw muss Spediteur holen
Wie unser Reporter vor Ort an der A5-Raststätte Gräfenhausen erfuhr, warten die Lkw-Fahrer nun ab, ob das Geld wirklich auf ihren Konten landet. Das Misstrauen ist groß nach dem gewaltsamen Einschüchterungsversuch der Spedition vor einigen Wochen. Fließt das Geld, dann wollen die Lkw-Fahrer voraussichtlich schon im Laufe des Donnerstags von einem Reisebus abgeholt werden. Die Lastwagen bleiben vorerst an der Raststätte stehen – sie gehören der polnischen Spedition und werden dann wohl auch von der Firma abgeholt werden…“ Artikel von Lukas Schäfer vom 26.4.2023 in FFH - Siehe viele viele Gratulatonen unter #Gräfenhausen
- Der Streik in Gräfenhausen dauert an (wie die internationale Soli) und treibt die Forderungen nach Haftung wie Kontrollen im Straßengütertransport an
- Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrenden auf Parkplätzen in Deutschland
„Für Lkw-Fahrende sind Autobahnen, Landstraßen und Gewerbegebiete Arbeitsplatz und Lebensmittelpunkt zugleich. Viele von ihnen sind gezwungen wochen- bis monatelang ihre Pausen und vor allem ihre Freizeit zwischen den Arbeitsschichten auf Parkplätzen zu verbringen. In den Debatten über den Mangel an Fachpersonal und den Mangel an sicheren Lkw-Parkplätzen, kommt dieser Tatsache zu wenig Aufmerksamkeit zu. Dieses Papier gibt einen Einblick in die aktuelle Situation von Berufskraftfahrenden auf Parkplätzen in Deutschland aus der Sicht von gewerkschaftlichen Beratungsstellen. Zudem werden Anregungen für kurz-, mittel- und langfristige politische Schritte formuliert, die zur Verbesserung beitragen können…“ Erfahrungen aus der Beratungspraxis von Faire Mobilität in ihrem Dossier vom 26.04.2023 von Michael Wahl und Anna Weirich - Straßengütertransport stärker kontrollieren – Haftung neu regeln!
Die Bundesfachbereichskonferenz Postdienste, Speditionen und Logistik hat in Anbetracht der Situation in Gräfenhausen eine Resolution zu den Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer*innen beschlossen mit umfangreichen Forderungen der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz (ohne Datum, wahrscheinlich vom 25.4.23), siehe dazu:- „Solidarische Grüße der @_verdi Bundesfachbereichskonferenz Postdienste, Speditionen und Logistik an die LKW Fahrer in #Gräfenhausen – Live Schalte mit Michael Wahl von @FaireMobilitaet“ Tweet von ver.di Postdienste, Speditionen und Logistik NRW vom 25. Apr. 2023 mit Foto
- „… @ikea konnte LUKMAZ-AGMAZ-IMPERIA nicht in ihrer Lieferkette finden. Weitere 97.585 € für Gerechtigkeit fehlen…“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 25.4.2023 mit Fotos
- „Nach wie vor fehlen den Fahrern in #Gräfenhausen knapp 100.000 Euro. Gestern meldeten sich Firmen aus der Lieferkette, denen #Mazur bestätigt haben soll, dass er die Fahrer entsprechend der gesetzlichen Regelungen bezahlt…“ Tweet von Faire Mobilität vom 25.4. mit Fotos
- „Unterstützungs- und Solidaritätsbotschaften auch von Arbeitern in Palästina und Tunesien – Transportarbeiter auf der ganzen Welt stehen den streikenden Truckern bei #Gräfenhausen @FaireMobilitaet@ETF_Europe“ engl. Tweet von International Transport Workers‘ Federation (ITF) vom 25.4. mit Fotos
- „Gewerkschaften auf der ganzen Welt solidarisieren sich weiterhin mit den Truckern in #Gräfenhausen…“ engl. Tweet von International Transport Workers‘ Federation (ITF) vom 25. Apr. 2023 mit Soli-Fotos
- Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrenden auf Parkplätzen in Deutschland
- Streik in Gräfenhausen: Mazur verweigert jede weitere Zahlung, General Electric will die Fracht abholen lassen und einige Lkw-Fahrer drohen mit Hungerstreik…
- Solidarische Grüße aus Italien an die Kollegen in Gräfenhausen
Pieno sostegno agli autisti Agmaz Luckmaz Imperia (Volle Unterstützung für Agmaz Luckmaz Imperia-Treiber) – it. Video auf youtube von Willy sicurezza e legalità (Willy Sicherheit und Legalität), eine italienische Trucker-Vereinigung (Dank für deren Info per e-mail) - Streik auf der Raststätte Gräfenhausen: Lkw-Fahrer fordern weiteren Lohn
„… Dem ZDF gegenüber sagte Mazur in einem Fernsehbeitrag, mehr Geld werde es nicht geben, er sei seinen vertraglichen Pflichten nachgekommen. Abrechnungsunterlagen, die das belegen können, wie von den Fahrern und Gewerkschaften seit Wochen gefordert, habe er nicht vorgelegt, so Weirich.
Die Situation ist damit erneut festgefahren. Auf kollektive E-Mails reagiere Mazur nicht, es fänden aber weiterhin einzelne Gespräche mit der Buchhaltung des Unternehmens statt. (…) Ein wichtiges Faustpfand in ihrem Arbeitskampf ist – neben den festgesetzten Lkws – die Fracht, die einige der Fahrzeuge noch geladen haben. Darunter auch Ware des US-Mischkonzerns General Electric. Dieser will nun offenbar die Fracht abholen lassen. Die Spedition LOG hatte sich vergangene Woche bei der Polizei gemeldet und eine Umladeaktion für Freitag, 14 Uhr angekündigt, wie die Autobahnpolizei Südhessen auf Nachfrage der taz bestätigt. Dazu aber kam es nicht, ob es einen späteren Versuch geben oder das Projekt ganz abgeblasen wird, ließ sich am Wochenende nicht klären. Einfach dürfte es jedenfalls nicht werden, an die Ladung zu kommen.
Am Freitagnachmittag präsentierten die Streikenden anwesenden Journalist*innen Frachtbriefe und die Ladung von General Electronic. Sie appellierten dort an die Verantwortung des Konzerns für die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette. (…) Darauf, dass diese durch den in Gräfenhausen bestreikten Mazur nicht gewahrt werden, gibt es neue Hinweise: Weirich aus dem Beratungsnetzwerk berichtet von einem 26-jährigen Fahrer, der neu am Versammlungsort aufgetaucht sei. Der Mann ist eigenen Angaben zufolge seit November auf der Straße unterwegs und hat bislang für den gesamten Zeitraum unter 1.000 Euro für seine Arbeit erhalten, wie sich anhand von Kontoeingängen nachvollziehen lässt. Atema sprach auf der Pressekonferenz am Freitag in diesem Zusammenhang von einem möglichen Fall von „Menschenhandel“.“ Artikel von Nelli Tügel vom 23.4.2023 in der taz online - A5-Raststätte Gräfenhausen: Lohnverhandlungen abgebrochen: Lkw-Fahrer drohen mit Hungerstreik
„Der Streik der Fernfahrer an der Autobahnraststätte Gräfenhausen zwischen Frankfurt und Darmstadt droht zu eskalieren. Die Streikenden haben die Lohnverhandlungen abgebrochen, nachdem ihr Auftraggeber ein Ultimatum verstreichen ließ. Einige drohen nun mit Hungerstreik. (…) Das Speditionsunternehmen hatte zuvor ein Ultimatum der Lkw-Fahrer verstreichen lassen, ohne zu reagieren. Nach Angaben der Fahrer sind Löhne in Höhe von rund 98.000 Euro immer noch nicht gezahlt worden, dazu weitere Tagessätze. (…) Ein niederländischer Gewerkschafter, der in den Verhandlungen eingebunden war, sprach am Freitag von Menschenhandel. Die Raststätte Gräfenhausen sei jetzt offiziell ein Tatort und die deutschen Behörden müssten nun handeln.
Ein mit Hungerstreik drohender Fahrer sagte dem hr: „Wenn wir unser Geld nicht kriegen, sterben wir zur Not auch auf dem Parkplatz. Wir fordern nur das, wofür wir gearbeitet haben.“ Ihm persönlich sei ein kompletter Monatslohn vorenthalten worden, dazu weitere 1.500 Euro. (…) Nach Angaben der „Faire Mobilität“-Beraterin Anna Weirich gibt es auch neue Vorwürfe gegen den Speditionsunternehmer. In Belgien hätten die Behörden einen Lastwagen des Unternehmens konfisziert, hieß es. Ein junger usbekischer Fahrer, der auf einem anderen Parkplatz gleich auf der anderen Seite der Autobahn ebenfalls die Arbeit niedergelegt habe, habe sich bedroht gefühlt. „Er hat die Polizei gerufen, als plötzlich nachts ein Minibus mit der Aufschrift des Unternehmens und vier Männern da stand“, sagte Weirich. Die Beamten hätten ihn zu seinen Kollegen in Gräfenhausen-West gelotst, wo die Sicherheit leichter zu gewährleisten sei: Seit der Unternehmenschef zusammen mit einem paramilitärisch wirkenden Sicherheitsunternehmen am Karfreitag versucht hatte, die Lastwagen wieder zu übernehmen, fährt die Polizei dort regelmäßig Streife…“ Meldung vom 21.04.23 in hessenschau.de - Streik von Lkw-Fahrern in Gräfenhausen: Spediteur ignoriert Ultimatum
„… Am Freitagnachmittag hat der polnische Spediteur, dessen Lkw-Fahrer auf der Raststätte Gräfenhausen-West streiken, ein Ultimatum nach Gewerkschaftsangaben verstreichen lassen. Wie Anna Weirich vom DGB-Projekt Faire Mobilität der FR sagte, hatten die Fahrer den Firmenchef aufgefordert, ihnen ein Angebot im Hinblick auf die ausstehenden Löhne zu machen und ihre Unterlagen auszuhändigen. Dazu zählten etwa Nachweise über Fortbildungen, die die Beschäftigten zum Fahren bräuchten. (…) Derweil habe ein Kunde – der Konzern General Electric, der den UN Global Compact für verantwortungsvolle Unternehmensführung unterzeichnet hat – angekündigt, seine Ladung mit einem anderen Spediteur in Weiterstadt zu holen. Bis Freitagabend kam es aber nicht dazu…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 21.04.2023 in der FR online - „Die Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen zeigen heute der Presse, dass sie u.a. Waren von @generalelectric transportieren. Der Konzern hat den @globalcompact unterzeichnet. Warum übernimmt er keine Verantwortung?…“ Tweet von Faire Mobilität vom 21.4. mit Fotos, siehe auch:
- „Liebe @generalelectric was ist mit @globalcompact und Menschenrechten. Ausgebeutete usbekische und georgische Lkw-Fahrer in Deutschland. Sie zeigen den Medien nun Frachtdokumente…“ engl. Tweet von Edwin Atema vom 21.4. mit Foto
- Solidarische Grüße aus Italien an die Kollegen in Gräfenhausen
- Zum Streikende in Gräfenhausen fehlen: 100.000 Euro – aber auch richtige Verträge und persönliche Dokumente der Fahrer. Nicht fehlt: Internationale Solidarität.
- „Solidarität von der globalen Führung der ITF und den Verkehrsgewerkschaften der Welt mit den streikenden Fahrern in Gräfenhausen in Deutschland. Sieg für die Fahrer! Sieg der Arbeiterklasse! #WeMoveTheWorld #Gräfenhausen #GräfenhausenStrike“ engl. Tweet von International Transport Workers‘ Federation (ITF) vom 20. Apr. 2023 mit Foto
- „Solidarität von Leiharbeiter *innen in Duisburg #StolipinovoinEuropa für LkW-Fahrer in #Gräfenhausen“ Tweet von Polina Manolova vom 20.4. zum Thread von Philipp Lottholz vom 20.4. mit Fotos: „War gestern beim LkW-Fahrerstreik in #Gräfenhausen & hab Unterstützung von unserem Verein „Stolipinovo in Europa“ ausgedrückt. Auszahlung erster Gehälter ist ein Erfolg, weitere stehen aber aus! Tolle Arbeit @FaireMobilitaet @dgb_news @globalcompact @AtemaEdwin @globalcompact
Unser Verein setzt sich für osteuropäische Arbeitsmigrant*innen in Deutschland ein, für die Mobilisierung und der Teil-Erfolg der in #Gräfenhausen ein wichtiges Signal ist…“ - Streik der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen: Anwalt des Spediteurs weist Kritik zurück
„Die streikenden Lastwagenfahrer hätten Einsparungen zugestimmt, teilt der Rechtsanwalt der polnischen Spedition mit. Die Löhne seien gut. Die Beschäftigten widersprechen.
Im Konflikt um Arbeitsbedingungen und ausstehende Löhne der in Gräfenhausen streikenden Lastwagenfahrer hat sich der Rechtsanwalt des polnischen Spediteurs Lukasz Mazur zu Wort gemeldet. In einer Stellungnahme, die auch der Frankfurter Rundschau vorliegt, wies er alle Vorwürfe und Kritik zurück. Der Protest an der Raststätte sei für das Unternehmen „völlig überraschend“ gekommen, ohne „Warnmaßnahmen“, teilte er mit. Die Löhne würden vertragsgemäß gezahlt und seien „sehr konkurrenzfähig“. Die Spedition habe sich stets bemüht, sie pünktlich zu überweisen. Angesichts einer schwierigen Marktsituation für Transportdienstleistungen im Januar und Februar 2023 – unter anderem wegen eines sinkenden Auftragsvolumens – habe die Firma nach Absprache und „mit ausdrücklicher Zustimmung“ der Fahrer Einsparungen vorgenommen, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern. (…) Von Fahrerseite wird der Darstellung des Anwalts widersprochen. Ein Fahrer sagte der FR, sie hätten Gehaltskürzungen nicht zugestimmt. Dies habe der Arbeitgeber einseitig entschieden und früher als angekündigt umgesetzt. Die Löhne, die in den Verträgen stünden, seien häufig sehr niedrig und stünden teils seit Monaten aus. (…) Der Satz liege bei etwa 80 Euro pro Tag, für oft 13 bis 15 Stunden Arbeit. Seine Kollegen und er würden weiter streiken – bis alle ihren gesamten Lohn hätten. Bis Mittwochnachmittag sollen etwa zwei Drittel der Gesamtsumme beglichen worden sein. In großen Buchstaben und Ziffern schrieben die Betroffenen ihre ausstehende Forderung auf eine Lastwagenplane: 97 585 Euro…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 19.04.2023 in der FR online , siehe dazu: - Streik auf Rastplatz Gräfenhausen Lkw-Fahrer sprechen von knapp 100.000 Euro Lohnrückstand
„Noch immer streiken osteuropäische Lkw-Fahrer am Rastplatz Gräfenhausen. Einen Teil ihres Lohns haben sie inzwischen erhalten. Doch noch immer schulde der polnische Spediteur ihnen rund 100.000 Euro, sagen sie. Der Spediteur weist die Forderungen zurück.
Immer wieder hupt es auf der A5 – ohrenbetäubended laut. Es sind Lkw-Hupen – sie dröhnen beim Vorbeifahren am Rastplatz Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg). Es ist ein Zeichen der Solidarität mit denjenigen, die dort streiken. Der Streik dauert an – seit nunmehr einem Monat. Schon längst ist ein Politikum daraus geworden (…) Edwin Atema widerspricht dieser Darstellung [des poln. Spediteurs]. Der Gewerkschafter der Europäischen Transportarbeitergewerkschaft vertritt die Lkw-Fahrer, die vor allem aus Georgien und Usbekistan kommen, in den Verhandlungen. Nicht nur seien die Gehälter noch nicht vollständig ausbezahlt. Auch habe der Spediteur gar keine richtigen Verträge aufgesetzt. Oft seien es mündliche Vereinbarungen gewesen, die ihm zufolge getroffen wurden. Auch habe der Spediteur persönliche Dokumente der Fahrer einbehalten, sogenannte Qualifikationsdokumente für ihren Job. Atema vermutet, dass der Spediteur damit verhindern wollte, dass sich die Fahrer einen anderen Arbeitgeber suchen. (…) Spätestens „wenn jemand einen Koffer mit 100.000 Euro hier abstellt“, dann wäre Schluss.“ Beitrag vom 20.04.23 in der Hessenschau - „In #Gräfenhausen wurden noch nicht alle Fahrer ausbezahlt und nicht alle haben die Summen erhalten, die sie fordern. Bisher flossen insgesamt 197.345 €. Es fehlen noch 97.585 €. Die 2. Verhandlungsrunde hat begonnen…“ Tweet von Faire Mobilität vom 19.4. mit Fotos
- [Niemand will es gewesen sein] Streik der Lkw-Fahrer: Für wen fährt Mazur?
„Während die Lkw-Fahrer in Gräfenhausen weiter streiken, bestreiten große Unternehmen Auftragsvergaben an den umstrittenen polnischen Spediteur. Viele multinationale Unternehmen bestreiten, dass sie Transporte von der Firmengruppe des polnischen Spediteurs Lukasz Mazur erledigen lassen – und widersprechen damit Angaben der polnischen Firma, ihrer Fahrer und der Gewerkschaften. (…) Die Fahrer berichten, dass sie mit ihren Lastwagen der Unternehmensgruppe von Mazur Waren etwa für VW, Mercedes oder Ikea ausführen, teilweise auch mit zwischengeschalteten Speditionen wie DHL. Ein Sprecher der Mazur-Gruppe bestätigte das auf Anfrage und fügte hinzu, dies beruhe auf gelegentlichen Aufträgen („ein oder zwei Mal in der Woche“) und nicht auf einem dauerhaften Vertrag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Auftraggeber aufgefordert, ihre Verantwortung wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass ausstehende Löhne gezahlt werden. Außerdem sollten sie keine Aufträge mehr an Mazurs Firmen vergeben. (…) Die von der Frankfurter Rundschau angefragten Unternehmen beteuerten jedoch, sie seien keine Auftraggeber der Mazur-Firmen. „Der Volkswagen Konzern unterhält keine Geschäftsbeziehung mit der besagten Spedition“, hieß es bei VW. Ikea teilte mit, die Gruppe führe „keine Transporte für uns beziehungsweise Ikea Supply Chain Operations“ durch. Bei DHL lautete die Auskunft: „Nach aktuellem Kenntnisstand hat die Deutsche Post DHL Group keine vertraglichen Beziehungen zu den betreffenden Unternehmen. Es gab in der jüngsten Vergangenheit keine Geschäftstransaktionen mit diesen Unternehmen.“ Eine Ikea-Sprecherin versicherte: „Wir unterstützen das Recht der Lkw-Fahrer auf faire Arbeitsbedingungen. Für uns ist es wichtig, dass alle Beschäftigten, die Ikea-Waren transportieren und umschlagen, gute und faire Arbeitsbedingungen haben.“ Alle Konzerne verwiesen zugleich auf ihre internen Verhaltensrichtlinien, deren Einhaltung auch von Auftragnehmern verlangt werde. (…) Das sind genau die Forderungen, die auch von den Gewerkschaften erhoben werden. Aus ihrer Sicht wird die Wirklichkeit dem aber nicht gerecht. Es sei „Teil des Problems, dass die Auftraggeber keinen Überblick über die Lieferkette haben“, sagte Anna Weirich vom DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“. Auch der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema vermutet: „Es kann sein, dass diese Firma in der Lieferkette versteckt ist.“…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 20.04.2023 in der FR online - Erste Erfolge der Streiks der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen: ver.di fordert bessere Regeln für den Straßengütertransport zum Schutz vor Ausbeutung
„… Um die Situation zu verbessern, fordert ver.di dringend die Umsetzung mehrerer Maßnahmen. Damit Auftraggeber in allen Gliedern der Lieferkette Verantwortung für die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer übernehmen, müsse eine Durchgriffshaftung eingeführt werden, wie sie etwa in Deutschland bei der Einhaltung des Mindestlohns gilt. Zudem brauche es Maßnahmen zur Transparenzpflicht hinsichtlich der Untervergabe von Aufträgen; gegebenenfalls müsse die Untervergabe von Aufträgen auch beschränkt werden. Darüber hinaus sei die konsequente Einführung von elektronischen Frachtbriefen erforderlich, um in der gesamten Lieferkette für Transparenz zu sorgen; Fahrerinnen und Fahrern sei das Recht einzuräumen, diese Frachtbriefe abzuspeichern und auf Nachfrage rückwirkend ausgehändigt zu bekommen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 21.4.2023 - LKW-Streik auf der A5: Hau den Lukasz
„Streik Auf einem Rastplatz bei Gräfenhausen streiken seit Wochen LKW-Fahrer aus Osteuropa für faire Löhne. Ihr Boss schickte ihnen Schläger vorbei – doch seine Skrupellosigkeit blieb ohne Erfolg (…) Erste Speditionen haben ihre Zusammenarbeit mit Mazur auf Eis gelegt – etwa Sennder und Lkw Walter. Nun will Mazur den ausstehenden Lohn begleichen, einige Fahrer haben bereits Geld bekommen. Aber noch nicht alle. Ein weiterer Versuch, die Streikenden zu spalten? „Er wird zahlen“, grinst Gima, ein Fahrer, der nur seinen Vornamen nennen möchte. „Wir haben ja seine Autos – und geben sie erst raus, wenn wir alle unser Geld haben. Ich glaube, er hat verstanden, dass wir bis zum Ende zusammenhalten werden.“ Bezahlung nach Nationalität
An der Organisierung der Branche beißen sich Gewerkschaften seit Jahren die Zähne aus. Das liegt auch an dem perfiden Sub-Sub-Subunternehmersystem, bei dem Firmen aus Westeuropa westeuropäische Speditionen beauftragen, die den Warentransport wiederum über Fuhrunternehmen aus Osteuropa abwickeln, die ihrerseits – oft scheinselbstständige – Fahrer aus Nicht-EU-Ländern beschäftigen. Bei der Firma Mazur fahren, wie bei vielen anderen Firmen auch, laut Aussagen der Fahrer überhaupt keine EU-Bürger mehr. Ihre Kollegen kämen aus den Philippinen, aus Nepal, der Türkei, Usbekistan und der Ukraine. Die Fahrer erzählen auch, dass die Löhne sich nach Nationalität unterscheiden. Die Usbeken etwa bekämen noch weniger als die Georgier. Von daher ist es bemerkenswert, dass sich neben den gut 50 georgischen auch zwölf usbekische Fahrer dem Protest angeschlossen haben…“ Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel im Freitag online 16/2023 vom 19.04.2023 mit Fotos von Jan Ole
- Jeder Fahrer verhandelt für sich allein, die polnische Behörde prüft die Spedition – und der Solidarität des EU-Parlaments/Bundestags glauben wir erst, wenn Taten folgen
- Streik in Gräfenhausen: EU-Parlament zeigt sich solidarisch mit Truckern
„Die Fahrer in Gräfenhausen erhalten politische Unterstützung aus Straßburg. Die Ampelkoalition in Deutschland will sich für bessere Kontrollen einsetzen. Der Streik der georgischen und usbekischen Lkw-Fahrer auf der hessischen Autobahnraststätte Gräfenhausen schlägt politisch immer höhere Wellen. Am Dienstag debattierte das Europaparlament in Straßburg den Fall und versicherte den Fahrern, die sich um ihren Lohn betrogen sehen, seine Solidarität. Im Deutschen Bundestag unternehmen die Ampelfraktionen von SPD, Grünen und FDP einen Vorstoß, um die Situation der Beschäftigten zu verbessern. (…) Im Europaparlament stellten sich die Rednerinnen und Redner von den Konservativen bis zur Linkspartei hinter die Fahrer. „Wir ertragen keine Sklavenarbeitsverhältnisse, wie das hier offensichtlich der Fall ist“, sagte die SPD-Europaabgeordnete Gabriele Bischoff. Das sei nicht nur im Transportsektor zu beobachten. „Es gibt Speditionen, die die Ausbeutung zu ihrem Geschäft gemacht haben“, fügte die Grünen-Politikerin Terry Reintke hinzu. „Dieser ruinöse Preiswettbewerb nach unten, der einzig und allein auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen wird, muss gestoppt werden“, forderte der Christdemokrat Dennis Radtke. (…) Die EU-Kommission stieß ins gleiche Horn. Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit sagte, das Gebaren des Unternehmers sei „absolut nicht hinzunehmen“. Er und andere Rednerinnen und Redner spielten den Ball an die nationalen Behörden. Sie seien dafür verantwortlich, die bestehenden Regeln zum Schutz der Beschäftigten durchzusetzen. „Wir brauchen in der Tat sehr viel engmaschigere Kontrollen“, betonte die Grüne Reintke. „Wo sind die deutschen Behörden, wenn wir so einen Fall haben wie hier in Gräfenhausen?“, fragte Christdemokrat Radtke. Sozialdemokratin Bischoff stellte fest: „Was hilft die beste Gesetzgebung, wenn sie nicht richtig implementiert wird auf nationaler Ebene?“ In Deutschland machen sich die Regierungsparteien diese Forderung zu eigen…“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 18.04.2023 in der FR online- Siehe auch unser Dossier: Moderne Sklaven im Führerhaus. Organisierte Kriminalität in Osteuropa – und wie deutsche Großspediteure davon profitieren
- und natürlich das Dossier: [Mobilitätspaket] Fairer Straßengüterverkehr: In Brüssel sinken die Erwartungen
- „Lkw-Fahrer aus Usbekistan, der nach Europa kam, weil er dachte, hier sei alles gut organisiert: „Sie nennen uns Schafe, die für 400 € im Monat arbeiten können“ engl. Tweet von Edwin Atema (FNV Road Transport) vom 18. Apr. 2023 mit Foto
- Protest von Lkw-Fahrern: Erste Konsequenzen – Behörde prüft Spedition
„… Am Dienstag sollte das EU-Parlament über den Streik und die Ursachen debattieren. Unterdessen nimmt die oberste polnische Kontrollbehörde für den Straßentransport die Firmengruppe offenbar in den Fokus, wie die Nachrichtenagentur PAP (Polska Agencja Prasowa) berichtete. Der zuständige Inspektor Alvin Gajadhur habe weitere Kontrollen angekündigt, sowohl auf der Straße als auch in den Geschäftsstellen. Nach Informationen der Agentur seien bereits bei früheren Prüfungen Verstöße, etwa gegen Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten, festgestellt und mit Geldstrafen geahndet worden…“ Artikel von Gregor Haschnik vom 18.04.2023 in der FR online - Jeder Fahrer verhandelt für sich allein
„… Als der usbekische Fernfahrer um elf Uhr vormittags ungelenk „3819,78 Euro“ auf ein DIN-A4-Blatt schreibt, ist das ein Durchbruch. Endlich hat sein Arbeitgeber ihm Lohn gezahlt – das erste Mal seit Monaten. Zwar fehlt noch etwas, wie er in der Spalte darunter vermerkt, aber es ist ein Anfang. Der Streik der Kraftfahrer an der Raststätte Gräfenhausen hat Erfolg. (…) Der Anwalt, der die drei polnischen Unternehmen vertritt, in deren Auftrag die Fahrer Güter durch Europa transportieren, teilt mit, dass die ausstehenden Zahlungen veranlasst worden seien. „Wir versuchen alles, um die Situation mit Verhandlungen zu lösen.“ Um den Überblick zu behalten, wer etwas bekommen hat, haben die internationalen Gewerkschafter, die die Fernfahrer bei ihrem Protest unterstützen, gemeinsam mit den Streikenden Zettel an die Innenplane eines Trucks geklebt. Darauf werden das jeweilige Nummernschild, die Lohnforderung und das erhaltene Geld eingetragen. Am Montagmittag sind noch viele Zettel leer. (…) Die Liste ihrer Forderungen ist einfach: „Sie wollen erstens Geld, zweitens Geld, drittens Geld“, sagt Edwin Atema. Der niederländische Gewerkschafter ist von den Streikenden zum Sprecher und Verhandler bestimmt worden. Doch Atema, der selbst zehn Jahre Kraftfahrer war, verhandelt nicht. Die Fahrer müssen einzeln mit ihrem Auftraggeber sprechen, nur darauf hat Mazur sich eingelassen. Unterstützt werden sie von Anna Weirich. Sie arbeitet für Faire Mobilität, ein Beratungsprojekt des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Am Mittag sagt sie zwischen zwei Verhandlungen: „Erste Fahrer haben Geld überwiesen bekommen, aber noch nicht alle und nicht alle alles.“ Die Fahrer wollen bleiben, bis alle den gesamten Lohn haben – ihnen ist klar, dass sie nur als Kollektiv Macht haben…“ Artikel von Theresa Weiß vom 17.04.2023 in der FAZ online
- Streik in Gräfenhausen: EU-Parlament zeigt sich solidarisch mit Truckern
- Der Streik in geht weiter bis ALLE ihr Geld bekommen haben – mit internationaler Solidarität und nun einem Spendenkonto für die Lkw-Fahrer in Gräfenhausen
- Spendenaufruf
„zur Unterstützung der osteuropäischen Lkw-Fahrer in Gräfenhausen, die sich aufgrund ausbeuterischer Arbeitsbedingungen in einem aktuellen Arbeitskonflikt mit einem polnischen Unternehmenskonsortium befinden. (…) Die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) des Bistum Trier hat unter dem Stichwort „Gräfenhausen“ ein Spendenkonto eingerichtet, das ab sofort genutzt werden kann. Die Spenden werden von der KAB weitergeleitet an die „Road Transport Due Diligence Foundation“ (RTDD), die ihren Sitz in Holland hat. Kolleg*innen der RTDD sind in Gräfenhausen im Einsatz und unterstützen die Fahrer, neben anderen Organisationen. Die RTDD arbeitet auf Non-Profit-Basis und ist bei der Handelskammer in den Niederlanden eingetragen. Ihr Hauptziel ist es, die Arbeitsbedingungen von Fahrer*innen im internationalen Straßentransport zu verbessern. Dabei kommt es regelmäßig vor, dass Fahrer*innen grundlegende Dinge zum Überleben benötigen, wie z. B. Lebensmittel, Zugang zu sanitären Einrichtungen oder medizinische Versorgung. In einer solchen Situation arbeitet das RTDD-Team als Notfallteam, das Fahrer*innen hilft, ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen. Die Spenden werden für die Unterstützung der Fahrer in der aktuellen Auseinandersetzung verwendet. Falls nicht alle Spenden genutzt werden, werden sie von der RTDD für zukünftige ähnliche Fälle verwendet, in denen die Fahrer*innen sofortige Unterstützung benötigen.
IBAN: DE30 3706 0193 3002 3590 05
Kontoinhaber: KAB Diözesanverband Trier, Weberbach 71, 54290 Trier
Pax Bank Trier…“ Aufruf vom 14.04.2023 von und bei Faire Mobilität - „Die orthodoxen Christen unter den Fahrern konnten heute auf Grundlage von Spenden eine Ostertafel herrichten. Morgen stehen wieder Verhandlungen mit #Mazur an, der endlich grundsätzliche Zahlungsbereitschaft zeigt. Dem müssen nun Taten folgen!…“ Tweet von Faire Mobilität vom 16.4. mit Foto
- „Die Lieferkette des europäischen Straßenverkehrs: 1. Fahrer Usbekistan 2. das Transportunternehmen AGMAZ Polen 3. LKW Walter Transport Österreich 4. IKEA Schweiz 5. Transportunternehmen Niederlande. Alle verdienen Geld wie verrückt. Aber der Fahrer aus Usbekistan?… “ engl. Tweet von Edwin Atema (FNV) vom 16.4. mit Foto
- „Der polnische Unternehmer Mazur hat einigen Lkw-Fahrern in #Gräfenhausen Geld überwiesen. Die Fahrer sind sich einig, sie werden ihre Aktion erst dann gemeinsam beenden, wenn alle ihr Geld bekommen haben…“ Tweet von Faire Mobilität vom 15. Apr. 2023 mit Foto
- „Von #Manila nach #Gräfenhausen! Solidarität|sgrüße an die #streik|enden Fahrer kommt von einer philippinischen Transportarbeiterorganisation“ Tweet von Join A Union vom 15.4. zum engl. Tweet samt Foto vom 15. Apr. 2023 von PISTON : „PISTON unterstützt den Streik in Gräfenhausen! Migrantische Lkw-Fahrer, die im Rahmen von Dienstleistungsverträgen mit dem polnischen Transportkonsortium Lukmaz, Agmaz und Imperia arbeiten, haben sich selbst organisiert und in Gräfenhausen in Deutschland einen Streik wegen nicht gezahlter Löhne und Missständen begonnen„
- »Bis sie bezahlt werden«. Protest der Lkw-Fahrer an der A 5 hält an. Auch in Polen, wo die Gruppe Mazur ihren Sitz hat, regt sich gewerkschaftlicher Widerstand
„… Der niederländische Gewerkschafter und Verhandlungsführer Edwin Atema erklärte am Freitag gegenüber jW: »Es geht um mehrere hunderttausend Euro.« Genauer ließe sich das nicht beziffern, da das Unternehmen die notwendigen Dokumente nicht bereitstelle. »Die Firma spricht zwar davon, dass sie bezahlen wolle, aber bisher hat sie alle Regeln seriöser Verhandlungen gebrochen«, so Atema. Am Donnerstag hatte Mazur die Streikenden wegen Unterschlagung der Fahrzeuge angezeigt. Atema bestätigte nun am Freitag, dass Mazur einen ersten Arbeiter bezahlt habe. Laut Tiny Hobbs, der für Verdi Frankfurt am Main an der Raststätte ist, wollte »die Vertretung der Fahrer ein Zeichen des guten Willens sehen: die Ausbezahlung eines Fahrers«. Inwiefern dieses erste Entgegenkommen in ein Gesamtangebot münde, müssten die nächsten Tage zeigen, so Atema. (…) Die European Transport Workers’ Federation (ETWF) wies in einer Stellungnahme vom Mittwoch darauf hin, dass von diesen prekären Verträgen große multinationale Konzerne profitieren. Namentlich nannte die ETWF Volkswagen, IKEA, Lkw Walter, C. H. Robinson und Sennder. Laut einem Bericht der FAZ haben Lkw Walter und Sennder zumindest vorübergehend die Zusammenarbeit eingestellt. Sprecher von Volkswagen und IKEA gaben auf Nachfrage von jW an, keine Geschäftsbeziehungen zu Lukmaz, Agmaz und Imperia zu unterhalten…“ Artikel von Christian Lelek in der jungen Welt vom 15.04.2023 - Bürgermeister: Keine Pläne für Auflösung von Streiklager
„Der Bürgermeister von Weiterstadt, Ralf Möller (SPD), ist von Plänen einer möglichen Auflösung der Versammlung streikender Lastwagenfahrer an der Raststätte Gräfenhausen abgerückt. «Es gab die Idee, wenn sich immer mehr Fahrer der Versammlung anschließen und es keinen Platz mehr für andere gibt, die ihre Ruhezeiten einhalten müssen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Gerade kurz vor Ostern war klar, dass wegen des Fahrverbots an den Feiertagen ein gewisser Parkdruck entsteht.» Nach einem Besuch am Donnerstag bei den vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrern, die mit ihrem Streik an der A5 ausstehenden Lohn von einem polnischen Speditionsunternehmen fordern, seien diese Überlegungen vom Tisch, sagte Möller. Gräfenhausen ist ein Ortsteil von Weiterstadt. «Es ist genügend Platz da, die Streikenden weisen Parkende ein, andere Fahrer zeigen bei der Fahrt auf die Autobahn eine solidarische Faust – das ist eine ganz tolle Stimmung», sagte der Bürgermeister über den seit nunmehr drei Wochen dauernden Protest, dem sich bereits mehr als 60 Fahrer angeschlossen haben. «Das finde ich gar nicht schlecht, dass die auch bessere Bedingungen an den Raststätten fordern», sagte er. In Gräfenhausen etwa gebe es 130 Stellplätze für Lastwagen, aber nur eine Dusche…“ dpa-Meldung vom 14. April 2023 in der Zeit online - Aktion für die Streikenden von Gräfenhausen vor der dt. Botschaft in Warschau
„… Wir rufen „Diebe“, „Schande“, „Nieder mit den Streikbrechern“, „Zahlt den Fahrern Löhne“, „Rutkowski, ihr Streikbrecher“, „Mazur, bezahlt eure Angestellten!“ (…) #Rutkowski wird über Rechtsstaatlichkeit sprechen, aber seine maskierten Leute müssen sich schämen, ihr Gesicht zu zeigen. Die geschätzte Summe der überfälligen Zahlungen liegt bei etwa 250.000 Euro, die günstigste Version des Lamborghini, die der Chef des Transportunternehmens fährt, bei 380.000 Euro „Diebe, Banditen, Streikbrecher“!“ poln. Thread OZZ Inicjatywa Pracownicza vom 14.4. mit Fotos zu einem Live-Stream auf Fratzebuch. Siehe dazu auch:- den Thread von @FAUGewerkschaft : „Das hat sich #Rutkowski, Söldner-Boss gegen den Streik der #Trucker von #Mazur in #Gräfenhausen anders vorgestellt. In #Warschau will er sich heute als Opfer deutscher Justiz inszenieren. Unsere Schwester-Gewerkschaft #IP @pracownicza versalzt ihm die Suppe! So geht Solidarität!„
- „Eine Reihe vor der Deutschen Botschaft. Zwei Proteste prallten aufeinander – von Detective Rutkowski und seinen Leuten und Vertretern der Arbeiterinitiative. Es geht um den Protest von Autofahrern in Deutschland“ poln. Tweet von Piotr Halicki vom 14.4. mit Video
- Rutkowski gerät vor der deutschen Botschaft mit Gewerkschaftern aneinander
„Krzysztof Rutkowski und seine Mitarbeiter haben heute eine Demonstration vor der deutschen Botschaft in Warschau organisiert. Sie protestieren damit gegen die nach Ansicht des prominenten Detektivs überzogenen Befugnisse der deutschen Polizei bei der Festnahme seiner Mitarbeiter. Auch Gewerkschafter der Arbeitnehmerinitiative traten mit einer Gegendemonstration vor der diplomatischen Vertretung auf. Es kam zu einer AUseinandersetzung. Krzysztof Rutkowski hat heute eine Petition bei der deutschen Botschaft eingereicht, in der er sich über die Behandlung seiner Mitarbeiter durch die deutsche Polizei beschwert. Es geht um einen Fall von vor ein paar Tagen, als Rutkowski Patrouille, die von einem polnischen Unternehmer, der ein Geschäft in unseren westlichen Nachbarländern betreibt, gerufen wurde, einen Lkw-Fahrerstreik beenden sollte. Die örtliche Polizei nahm 19 Personen fest. Auf der Seite der in Deutschland protestierenden Fahrer standen Gewerkschafter der Arbeitnehmerinitiative, die ebenfalls vor die Botschaft zogen. Sie riefen Rutkowski und seinen Männern u.a. „Ausbrecher“, „Mazur, Mazur, zahlt das Geld“, „Diebe, Banditen“ zu…“ poln. Artikel von Piotr Halicki vom 14.4..2023 in onet.pl mit Fotogalerie (maschinenübersetzt)
- Spendenaufruf
- Polnischer Spediteur Mazur zeigt Trucker wegen Unterschlagung an (und protestiert vor dt. Botschaft), erster Fahrer soll aber eine Überweisung erhalten haben – Streik und internationale Solidarität ungebrochen!
- Freitag Mittag mobilisiert OZZ Inicjatywa Pracownicza zur Gegendemonstration vor der deutschen Botschaft in Warszawa
„…Wir laden unsere Unterstützer in die Deutsche Botschaft ein, um die Konferenz von Agmaz und Rutkowski, Ul. Jazdów 12/2 Warschau. Streikbrecher und der Vorstand der Großeltern Agmaz/Lukmaz sollen sich heute über die Diskriminierung polnischer Unternehmer durch Deutschland beschweren! Heute um 12:00 Uhr sind wir in der Deutschen Botschaft in Warschau! Die Arbeiterinitiative unterstützt die streikenden Fahrer voll und ganz, bleibt in Kontakt mit der Besatzung und den sie unterstützenden Gewerkschaften in Deutschland.
Fahrerstreik bringt Ergebnisse! Seit fast 3 Wochen halten georgische und usbekische Mitarbeiter die Beschlagnahmung der Autos ihres Chefs wegen überfälliger Zahlungen aufrecht. Heute hat der erste Fahrer die Überweisung erhalten. Die anderen warten – bis die Gehälter verbucht sind, werden sie den Streik nicht stoppen…“ poln. Thread von OZZ Inicjatywa Pracownicza vom 14. Apr. 2023 mit Fotos - Arbeiten in Deutschland für polnischen Mindestlohn
„Der Streik osteuropäischer Fernfahrer auf einer Raststätte in Südhessen wirft auch ein Licht auf die Schattenseite der Transportbranche. Inzwischen sind sogar Diplomaten aus den Herkunftsländern alarmiert – auch im fernen Kaukasus gibt es Protest. (…) Der Fahrerstreik an der Autobahnraststätte hat eine internationale Dimension bekommen – nicht nur wegen des Solidaritätsvideos südkoreanischer Lastwagenfahrer, das über soziale Medien verbreitet wurde. „In Tbilisi (Tiflis) fand eine Kundgebung vor dem polnischen Generalkonsulat statt, an der auch Familien der Fahrer teilnahmen“, sagt Raisa Liparteliani, die Vizepräsidentin des Georgischen Gewerkschaftsverbands. „Wir haben auch einen Livestream hierher organisiert von dem Protest.“
Zusammen mit dem niederländischen Gewerkschafter Edwin Atema verhandelt Liparteliani im Auftrag der Fahrer mit dem polnischen Spediteur. Sie habe auch versucht, mit polnischen Gewerkschaften Kontakt aufzunehmen. „Aber bis jetzt haben wir noch keine Antwort bekommen.“ Für sie als Georgierin, die die Zukunft ihres Landes in Europa sehe, sei der Umgang mit den georgischen Fahrern enttäuschend. „Ich hoffe, diese Praxis hat keine Zukunft.“ (…) „Wir stehen hier, um das uns zustehende Geld für die Arbeit zu bekommen, die wir geleistet haben – keine Kopeke mehr“ betont Koba, ein anderer Georgier. Die Fahrer berichten, dass der polnische Spediteur inzwischen versucht, sie einzeln anzurufen, um jeweils persönlich zu einer Einigung zu kommen. „Wir kämpfen zusammen, wir lassen uns nicht auseinanderdividieren“, versichert etwa Lukhmari, ein stämmiger Fahrer mit Stirnglatze. Er reckt optimistisch den Daumen hoch und zeigt ein breites Grinsen. (…)
Dass die Stimmung dennoch gut ist, dazu trägt auch die Erfahrung von viel Solidarität bei. Wenn andere Fahrer, gerade solche mit osteuropäischen Kennzeichen, an den Streikenden vorbei auf die Autobahn fahren, wird gehupt und gewinkt. Ein Mann bringt spontan Tabak vorbei. Es gebe auch ganz pragmatische Angebote, erzählt Tiny Hobbs von der Gewerkschaft Verdi – etwa die Kleidung einzusammeln, damit die Fahrer nach drei Wochen wieder frischgewaschene Wäsche haben.
Auch das provisorische Streikcamp hat so etwas wie eine Struktur bekommen. Vor der Streikküche steht eine Mülltonne – Ordnung muss eben sein. Ein benachbarter Wagen wurde zum provisorischen Versammlungsort, wo Unterhändler und Fahrer über das weitere Vorgehen diskutieren…“ Beitrag von Eva Krafczyk vom 13.04.2023 im Migazin - Lkw-Streik auf A5-Rasthof: Spediteur zeigt Trucker an
„Der polnische Großunternehmer geht jetzt juristisch gegen seine Fahrer vor, die derzeit auf dem A5-Rasthof „Gräfenhausen-West” streiken. Er will seine Lastwagen zurück. (…) Jetzt geht Mazur juristisch gegen seine Fahrer vor: Wie die Staatsanwaltschaft Darmstadt diesem Portal am Donnerstagvormittag bestätigte, hat ein Anwalt im Auftrag des Spediteurs Anzeige gegen die Trucker erstattet. Gegenstand: der Vorwurf der Unterschlagung von 39 Lkw. Der Spediteur war bislang für Anfragen noch nicht zu erreichen. (…) Krzystof Rutkowski, Chef der polnischen Sicherheitsfirma, hat wiederum seinerseits den Einsatz der deutschen Polizei kritisiert. Der Spediteur habe versucht, an die Waren zu kommen und sei dabei von den Lkw-Fahrern angegriffen worden. Seine Sicherheitsleute hätten den Mann verteidigt, sagte Rutkowski. Für diesen Freitag kündigte er an, dass man gegen die Polizeiaktion vor der deutschen Botschaft in Warschau demonstrieren wolle…“ Artikel von Tobias Goldbrunner und Christian Matz vom 13.4.2023 im Wiesbadener Kurier online - Hessen: Weitere „Maßnahmen“ gegen Streik der Lkw-Fahrer angedroht
„Privatdetektiv Krzysztof Rutkowski weist alle Vorwürfe in Zusammenhang mit dem Einsatz der „Rutkowski Patrol“ zurück und geht in die Offensive. Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen seine Männer. Nach dem paramilitärischen Einsatz der „Rutkowski Patrol“ gegen die streikenden Lastwagenfahrer an der Raststätte Gräfenhausen-West am Karfreitag vergingen nur wenige Stunden, bis sich der umstrittene Privatdetektiv Krzysztof Rutkowski zu Wort meldete. Gegenüber einem polnischen Portal wies der Firmengründer, dem die Detektiv-Lizenz entzogen wurde, alle Vorwürfe zurück und erhob seinerseits welche: Der Polizeieinsatz, bei dem Mitglieder der Patrol vorläufig festgenommen wurden, sei unverhältnismäßig und skandalös gewesen. (…) Er werde Anzeige erstatten und sich auch bei der deutschen Botschaft beschweren, heißt es. (…) Die Lkw würden momentan noch blockiert. Doch weitere Maßnahmen gegen das Verhalten der aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrer würden den Streik beenden, so Rutkowski, ohne konkreter zu werden...“ Artikel von Gregor Haschnik vom 12.04.2023 in der FR online - „In der @hessenschau kündigt Rutkowski an, „weitere Maßnahmen von uns dazu führen werden, das die Aktion beendet wird.“ Es braucht ein Einreiseverbot für die Schlägertruppe. Ab Min. 6…“ Thread von Stefan Körzell vom 11.4. zum Video der hessenschau von 22:15 Uhr am 11.4.
- ITF & ETF erklären sich solidarisch mit dem Streik und fordern die Verantwortung der Auftraggeber der Spedition ein
„Transportarbeiter in ganz Europa und auf der ganzen Welt haben sich von dem Mut und der Kampfbereitschaft der georgischen und usbekischen Lkw-Fahrer inspirieren lassen, die seit zwei Wochen gegen unmenschliche Bedingungen und die Nichtzahlung ihrer Löhne durch das polnische Transportkonsortium Lukmaz, Agmaz und Imperia streiken. Von Ihrer Streikpostenkette auf dem Parkplatz in Gräfenhausen bei Frankfurt am Main aus haben Sie trotz Drohungen und Einschüchterungen durch angeheuerte Schlägertrupps, die Ihren Streik brechen sollten, ausgeharrt und geschworen, ihr Lager aufzuschlagen, bis Ihre Forderungen erfüllt sind. Die Verkehrsbeschäftigten der Welt sind solidarisch mit Ihnen und unterstützen Ihre berechtigten Forderungen: gerechte Entlohnung für die Arbeit, die Sie leisten, um die europäischen Lieferketten in Gang zu halten, Achtung Ihrer gesetzlichen Rechte und Gewährung der Würde, des Respekts und des Schutzes, die Ihnen zustehen. Die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) und ihre fünf Millionen Mitglieder sowie die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) und ihre 18 Millionen Mitglieder sind stolz darauf, an Ihrer Seite zu stehen und Lukmas, Agmaz und Imperia aufzufordern, mit Ihnen in gutem Glauben zu verhandeln und allen Fahrern alles zu zahlen, was ihnen nach dem Gesetz zusteht. Wir sind uns bewusst, dass Sie alle, die Sie streiken, Waren für große multinationale Unternehmen befördert haben, darunter Speditionen und große Produktions- und Einzelhandelsunternehmen, die in der Lieferkette weiter oben stehen. Diese milliardenschweren Unternehmen sind nach deutschem Recht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Menschen- und Arbeitsrechte in ihrer gesamten Lieferkette geachtet werden. Unternehmen, die zu lange die Augen vor den kriminellen Handlungen von Unternehmen wie Lukmaz, Agmaz und Imperia und den im europäischen Straßentransport endemischen Arbeitsmissbräuchen verschlossen haben. Heute schließen wir uns Ihrer Stimme an und fordern alle Unternehmen, die Lukmaz, Agmaz und Imperia unter Vertrag haben oder Unteraufträge vergeben, auf, Verantwortung für ihre Lieferketten zu übernehmen. Diese Unternehmen müssen sich uns anschließen und von dem Konsortium ein dringendes Eingreifen fordern, um sicherzustellen, dass alle Fahrer eine transparente Dokumentation über die Löhne, die Bedingungen und die ihnen zustehenden Rechte erhalten und dass das Konsortium sinnvolle Verhandlungen mit seinen Fahrern und deren Vertretern aufnimmt. Dieser Streik hat eine Bedeutung, die weit über den Lohn, der jedem von Ihnen zusteht, und die Ausbeutung, der Sie ausgesetzt waren, hinausgeht. Ihre mutige kollektive Aktion hat die strukturellen Probleme im europäischen Straßentransport für alle sichtbar gemacht und gezeigt, dass die großen multinationalen Unternehmen in der Lieferkette zuhören und mit den Transportarbeitern zusammenarbeiten müssen, um diese Probleme zu lösen und zu beseitigen. ETF und ITF beglückwünschen Euch zu eurem Mut und versprechen euch unsere Solidarität, bis euer Kampf gewonnen ist.“ engl. Solidaritätserklärung vom 12.4.2023 („Solidarity statement for cross-border drivers striking at Gräfenhausen in Germany“, maschinenübersetzt), siehe auch:- „Eine Solidaritätsbotschaft von @ETF_Europe ’s @frankmoreelsETF an die Lkw-Fahrer in ganz Osteuropa, die diese Woche streiken…“ engl. Tweet von International Transport Workers‘ Federation (ITF) vom 13. Apr. 2023 mit Video
- „Symbol der #Solidarität: Die Warnweste am Außenspiegel. Es gibt drüben bei facebook einige #Kraftfahrer:innen, die ihre Sympathie für den #Streik der Kolleg:innen in #Gräfenhausen zeigen.“ Tweet von Join A Union vom 12. Apr. 2023 mit Fotos
- Lkw-Streik: „So ein Aufschrei war überfällig“
„Die Gewerkschafterin Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ hofft, dass der Streik an der Raststätte Gräfenhausen zum Wendepunkt in der Transportbranche wird
(…) Im Moment gibt es Aufmerksamkeit für das Thema, auch in der Politik. Ich hoffe sehr, dass diese hart arbeitenden Männer die ihnen zustehenden Zahlungen sehr bald bekommen. Aber ihr mutiger Protest steht für viel und für viele mehr. So ein Aufschrei war überfällig. Unsere Beratungsstelle von „Faire Mobilität“ und unsere gewerkschaftlichen Kolleg:innen weisen schon sehr lange auf die Probleme in der Branche hin, ohne dass sich an den Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrenden etwas zum Besseren ändern würde. Vielleicht können wir im Nachhinein sagen, dass das hier ein Wendepunkt war. Ich würde mir das sehr wünschen. (…)
Im internationalen Straßentransport müssen endlich vernünftige Löhne gezahlt werden in der Höhe der Länder, in denen gefahren wird. Die meisten Fahrer, die wir ansprechen, werden aber nach dem Spesenmodell bezahlt. Das heißt, sie haben sehr geringe sozialversicherungspflichtige Löhne. Die meisten Fahrer arbeiten 13 bis 15 Stunden am Tag. Aber dokumentiert werden nur die Lenkzeiten, nicht die übrigen Arbeitsstunden. Bei den Verträgen in Gräfenhausen sehen wir auch Scheinselbstständigkeitsverträge. Es gibt außerdem Probleme bei der Gesundheitsversorgung. Niemand von denen, die zum Arzt mussten, besaß eine europäische Krankenversicherungskarte. (…) Die Fahrer sind für multinationale Unternehmen wie VW, Mercedes oder Ikea unterwegs, mit DHL und anderen als zwischengeschalteten Speditionen. Diese Unternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen – und zwar nicht nur, indem sie die Zusammenarbeit mit den Firmen von Lukasz Mazur einstellen. Diese Firmen sollten auch dazu beitragen, dass die zustehenden Löhne gezahlt werden. Dann geht dieser Protest sicherlich schneller zu Ende.“ Interview von Pitt von Bebenburg vom 12.04.2023 in der FR online - Derzeit streiken etwa 85-90 Fahrer. Der Gesamtbetrag der Rückstände beträgt 250.000 €. Die DGB-Region Südhessen organisiert Spenden – siehe aktuellen Überblick beim DGB
- Freitag Mittag mobilisiert OZZ Inicjatywa Pracownicza zur Gegendemonstration vor der deutschen Botschaft in Warszawa
- Nach dem Angriff der Schlägertrupps des Arbeitgebers streiken die Lkw-Fahrer in Gräfenhausen – mit internationaler Solidarität – weiter, erste Auftraggeber sollen (endlich) die Zusammenarbeit eingestellt haben (VW, IKEA und Siemens fehlen noch)
- „Die Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen sind weiter entschlossen, stehen zu bleiben, bis sie ihr Geld bekommen, sei es von Lukasz Mazur oder seinen Auftraggebern. Neben vielen anderen, kamen gestern Vertreter*innen den georgischen Gewerkschaftsbundes auf Besuch…“ Tweet von Faire Mobilität vom 12. Apr. 2023 mit Fotos
- „Eine weitere der großen Speditionen, an die sich die Streikenden aus Gräfenhausen mit 1 Brief gewandt hatten, hat reagiert: LKW Walter hat mir soeben mitgeteilt, man habe „heute das gesamte Arbeitsverhältnis mit der Firma Mazur bis zur vollständigen Klärung (..) ruhend gestellt.“ Tweet von Nelli Tügel vom 11. Apr. 2023 – wichtig wäre ein Eingreifen der Kunden von Mazur, darunter Firmen wie VW, IKEA und Siemens…
- Streik der Lkw-Fahrer in Gräfenhausen zeigt Wirkung: „Endlich schaut Deutschland mal hin“
„… Update vom Montag, 10. April, 13.30 Uhr: Drei Tage nach der Rastplatz-Eskalation an der A5 bei Darmstadt harren die streikenden Lkw-Fahrer weiterhin aus. (…)
Mediator sieht erste Erfolge
Und auch außerhalb der Politik zeigt der Streik erste Erfolge. „Erste Unternehmen haben gesagt, dass sie die Zusammenarbeit eingestellt haben, als sie von den Arbeitsbedingungen erfuhren“, sagte Edwin Atemna von der Europäischen Transportarbeitergewerkschaft. Die Streikenden haben ihn als Mediator ernannt. Nun dürfe man aber nicht aufhören: Die Unternehmen müssen nun ihren Einfluss geltend machen und dadurch die angemessene Bezahlung der Fahrer durchsetzen, so die Hoffnung Atemnas.
Schon zuvor seien die Fahrer eingeschüchtert worden. „Es gab auch Proteste von kleinen Fahrergruppen auf anderen Rastplätzen in Deutschland, zum Beispiel in Garbsen bei Hannover“, erklärte Atemna. Dort habe man den Streik nach ähnlichen Einschüchterungen beendet. Einige seien anschließend nach Gräfenhausen gekommen. Ebenso seien Lkw-Fahrer aus Italien angereist. „Dort hat die Polizei nichts unternommen gegen die Schlägertrupps, anders als hier.“…“ Aus dem Artikel von Pitt v. Bebenburg, Niklas Hecht und Sebastian Richter vom 11.04.2023 in der FR online - Lkw-Fahrer im Streik: Soziale Rechte durchsetzen. Ausbeutung ist in der Transportbranche an der Tagesordnung. Damit muss Schluss sein
„Der Angriff gegen die streikenden Lastwagenfahrer in Gräfenhausen wirft ein grelles Schlaglicht auf eine Branche, in der Ausbeutung an der Tagesordnung ist. Die Aktion zeigt überdeutlich, mit welchen brutalen Methoden Unternehmen im europäischen Güterfernverkehr ihre Gewinninteressen durchsetzen wollen – ohne Rücksicht auf Verluste. Lohndrückerei und unerträgliche Arbeitszeiten sind Alltag. All dies ist seit langem bekannt. Doch ähnlich wie es nach dem Tönnies-Skandal endlich schärfere Gesetze für die Fleischbranche gab, müssen die Ereignisse von Gräfenhausen Konsequenzen für die Lastwagen-Branche haben. Schärfere Gesetze werden dabei nichts nützen, solange sie nicht konsequent durchgesetzt werden. Der Zoll ist nicht gut genug ausgestattet, um so viel zu kontrollieren, wie es nötig wäre. Es reicht nicht, wenn die Polizei die Fahrzeiten von Fahrern überprüft; auch ihre gerechte Entlohnung muss von den zuständigen Stellen gewährleistet werden. Dazu gehört, dass die Lastwagenfahrer überhaupt wissen, welche Rechte sie haben, und auch den Rechtsbeistand bekommen, um sie durchzusetzen. In der Schweiz und Italien haben Fahrer ihren Streik aufgegeben, weil sie nicht so gute Unterstützung erhalten haben, wie sie das DGB-Projekt „Faire Mobilität“ in Gräfenhausen bietet…“ Kommentar von Pitt v. Bebenburg vom 10.04.2023 in der FR online (aktualisiert am 11.04.2023) - Siehe auch den Thread dazu bei chefduzen.de und da insb. den Beitrag von Kuddel mit vielen Fotos
- Die internationale Solidarität weitet sich aus
- „Solidaritätsgruß der Independent Union of Service and Healthcare Workers in Georgia an die streikenden LKW-Fahrer in Gräfenhausen…“ engl. Tweet von @SolNetGeorgia vom 10.4.23 mit Fotos
- „“Unternehmen organisieren sich international: wir auch! Von einem LKW-Parkplatz in Frankfurt Deutschland zurück nach Seoul Südkorea.“ Edwin Atema (FNV Road Transport)“ Tweet von Edwin Atema (FNV Road Transport) vom 9. Apr. 2023 mit Foto (siehe die Grüße aus Südkorea hier weiter unten)
- Nach A5-Vorfall: Rutkowski setzt sich zur Wehr
„Wie geht es für die „Rutkowski Patrol“ nach dem Vorfall auf der A5-Raststätte „Gräfenhausen-West“ am Karfreitag weiter? Die Polizei hatte die 18 Mitarbeiter der polnischen Security-Firma am Abend wieder auf freien Fuß gesetzt. Ob die Angestellten, die mehrere der 63 streikenden Lkw-Fahrer bedrängt haben sollen, wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind oder sich noch in Deutschland aufhalten, ist nicht bekannt. Die Polizei hat am Freitag Anzeigen unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs, Bedrohung, Nötigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung erstattet. Die Ermittlungen dauern an. Unklar ist auch, wie sich der Panzerwagen, ohne Aufsehen zu erregen, mehrere Stunden durch Deutschland bewegen konnte.
Krzysztof Rutkowski, schillernder Chef und Namensgeber des Sicherheitsdiensts, selbst will den Vorfall vom Freitag nicht unkommentiert lassen. Rutkowski, der einst die bekannteste Detektei Polens gegründet hat und im nationalen sowie europäischen Parlament als Politiker aktiv war, mittlerweile zum Reality-Star avanciert ist, hat sich öffentlich zur Wehr gesetzt. Im polnischen Internetportal „Onet“ verteidigt der 63-Jährige, der sich bereits mehrfach vor Gericht verantworten musste, das Vorgehen seiner Mitarbeiter, kritisiert darüber hinaus die deutsche Polizei und die Berichterstattung. Bei seinen ausgesandten Angestellten handele sich nicht um eine „paramilitärische Milizgruppe“, sondern ein „legal agierendes polnisches Unternehmen (…) Rutkowski schildert den Fall bei „Onet“ folgendermaßen: Der polnische Speditionschef, dem aufgrund ausbleibender Lieferungen Bußgelder in Millionen-Höhe drohen würden, habe seine Firma um Unterstützung gebeten. Seine Mitarbeiter sollten Verhandlungen mit den Fahrern führen, „um den Transport freizugeben“. Schließlich handele es sich um „Privateigentum“. Man habe das „Problem“ einvernehmlich lösen wollen. Zudem hätte man die Polizei vorab benachrichtigt. Die streikenden Fahrer würden „die Ladungen blockieren“, sich dabei „illegal in Deutschland“ aufhalten. Die Festnahme seiner Mitarbeiter bezeichnet Rutkowski als „absoluten Skandal“. Der Speditionschef habe eines der Fahrzeuge besteigen wollen, „als er von protestierenden Autofahrern angegriffen wurde. Er wurde geschlagen“. Seine Mitarbeiter seien in diesem Moment dazugekommen, um ihn zu verteidigen. Mehrere Fahrer wiederum sagen aus, die Security-Mitarbeiter hätten sie attackiert…“ Artikel von Tobias Goldbrunner vom 10.4.23 in allgemeine-zeitung.de – siehe dazu:- Der polnische Detektiv und seine Miliz
„Ein selbsternannter Detektiv aus Polen schickte offenbar seine Privat-Miliz nach Hessen, um streikende Lkw-Fahrer unter Druck zu setzen. Der Mann hinter der „Rutkowski Patrol“ ist prominent, prollig – und zwielichtig. (…) Rutkowskis Miliz nennt sich „Rutkowski Patrol“. Auf den ersten Blick könnte es sich um eine Einheit des SEK handeln: Schwarze Westen, Sturmhauben, ein metallener Stern um den Hals als „Ausweis“, der aussieht als hätte sich Rutkowski von amerikanischen FBI-Agentenfilmen inspirieren lassen. Dazu passt, dass die Aktionen der „Patrol“ häufiger gleich auch gefilmt werden: Am Karfeitag auf der Raststätte war „Telewizja Patriot 24“ vor Ort, die noch am gleichen Tag Videos online stellten, die den martialischen Einsatz zeigen.
Der Vorfall in Hessen reiht sich in Rutkowskis sonstige Machenschaften ein. Sein Kerngeschäft scheinen Entführungen oder Rückführungen – je nach Sichtweise – von polnischen Staatsbürgern und gestohlenen Autos zu sein. Rutkowski lässt sich auch nicht dadurch aufhalten, dass er schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geriet und verurteilt wurde, unter anderem wegen rechtswidriger Detektivtätigkeit. Im Jahr 2012 berichtete die Berliner Tageszeitung BZ von einem Vorfall: Schwarz gekleidete Männer mit „Rutkowski Patrol“-Abzeichen sollen auf einer Straße in Berlin versucht haben, eine gebürtige Polin mit deutschem Pass gegen ihren Willen in eine Limousine zu zerren. Der mutmaßliche Entführer soll Privatdetektiv Rutkowski gewesen sein, laut BZ offenbar beauftragt vom Vater der jungen Frau. (…) In Norwegen soll die „Rutkowski Patrol“ ein 9-jähriges Mädchen aus einer Notunterkunft nach Polen entführt haben. In Tschechien soll er einen polnischen Mann, der einer Straftat verdächtigt wurde, eigenständig „verhaftet“ und nach Polen gebracht haben, berichtete die Onlineseite von Radio Prague International im Jahr 2002. Zu diesem Zeitpunkt war Rutkowski nicht nur selbsternannter Ermittler, sondern auch Abgeordneter des Parlaments Sejm in Polen, laut Radio Prague half ihm sein Diplomatenpass unbehelligt die Grenze zu überqueren. Zwischenzeitlich war Rutkowski auch von 2003 bis 2004 Abgeordneter im Europäischen Parlament…“ Beitrag von Sonja Süß vom 08.04.23 in Hessenschau - „… Ein polnisches Kamerateam war mit angereist, anscheinend sollte die Entschlossenheit des Unternehmers auch dem heimischen Publikum demonstriert werden. Deutsche Gewerkschafter, die den Vorfall beobachteten, sprachen von einem „paramilitärischen Schlägertrupp“. Krzysztof Rutkowski, der Chef der schwarz gekleideten Security-Truppe, gibt sich in einem Interview des polnischen Online-Portals „Wirtualna Polska“ harmlos und macht der deutschen Polizei Vorwürfe und behauptet, die Aktion am Karfreitag sei angemeldet gewesen, um mit den Streikenden „Verhandlungen“ zu führen. Die Fahrer hätten seine Leute angegriffen, behauptet Rutkowski, der in seiner Heimat eine schillernde Figur ist…“ aus dem Beitrag von Eva Krafczyk vom 10.04.2023 in ZDF.de („Lkw-Fahrer: „Lassen uns nicht einschüchtern““)
- siehe dazu den Thread von kapturak vom 8.4.23 : „In polnischen Medien übrigens lagerübergreifend recht einhellige Verurteilung von Rutkowskis Aktion in Gräfenhausen…“
- Der polnische Detektiv und seine Miliz
- Eskalation auf der Raststätte Gräfenhausen am Freitag, 8.4.: Paramilitärische, offenbar rechte Schlägertrupps des Arbeitgebers werden (samt ihm) festgenommen, statt den Streik der Lkw-Fahrer zu beenden
- „“Truck Drivers in Europe stay strong!“ (mit Untertiteln)
Solidarische Grüße aus Südkorea an die Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen. Wirklich großes Kino! Danke!!…“ Tweet von Faire Mobilität vom 9. Apr. 2023 zum Video aus Südkorea, siehe auch:- „Korean truck drivers standing in solidarity with Georgian and Uzbek drivers striking against #Lukmaz #Agmaz #Imperia ‘Lets win the strike thru international solidarity’…“ Tweet von Wol-san Liem vom 8.4. mit Video der Trucker-Soli-Demo
- „Video zu #Gräfenhausen aus dem Blick der Angreifer. Wir haben gesagt, dass es sich um „mutmaßliche Rechtsextremisten“ handelt. Das ist nicht der Fall, wie uns Kenner*innen der Szene schrieben. Es handelt sich nur um einen paramilitärischen Schlägertrupp.“ Tweet von Faire Mobilität vom 8. Apr. 2023 zum Video bei youtube von PATRIOT24.tv – dazu ChefDuzen auf Twitter : „Die Einschätzung, es handle ich beim Schlägertrupp um KEINE Rechtsextremisten, halte ich für wenig schlüssig. Der mitreisende Sender Patriot24 gehört zur Detektei Rutkowski und gilt als rechtes Medium.“
- Schlägertrupp gegen LKW-Protest in Gräfenhausen. Gewerkschaften unterstützen LKW-Fahrer vor Ort
„Seit mehrern Tagen protestieren LKW-Fahrer aus Georgien und Usbekistan auf der Raststätte Gräfenhausen bei Darmstadt. Der Grund: sie haben schon über 50 Tage lang keinen Lohn von ihrem polnischen Auftraggeber erhalten. An Karfreitag eskalierte die Situation: Der polnische Unternehmer Lukasz Mazur, Eigentümer der Speditionsgruppe, kam mit Schlägertrupp und einem gepanzerten Fahrzeug auf die Raststätte. Sein Ziel war es, den Fahrern die Lastwagen abzunehmen. Die Polizei griff ein und nahm 16 Personen fest. Unter den Festgenommenen seien der Besitzer und seine Mitarbeiter. Gewerkschafter*innen aus Deutschland und den Niederlanden unterstützen gemeinsam mit dem DGB-Beratungsnetzwerk Faire Mobilität die Lastwagenfahrer vor Ort. (…)
Das DGB-Vorstandsmitglied fordert konsequentes Vorgehen gegen die von der Polizei festgenommenen Personen. „Zu prüfen ist wegen der Uniformierung und des Auftretens der Straftatbestand der Amtsanmaßung. Auch muss aufgeklärt werden, ob die Personen bewaffnet gewesen sind. Zudem muss für die Festgenommenen die Ausweisung und Verhängung eines Einreiseverbots in die Bundesrepublik Deutschland geprüft werden, weil sie eine ernste Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen“, so Körzell am Samstag.
Körzell und der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema fordern außerdem große Unternehmen wie VW, Ikea und DHL auf, nicht länger Aufträge an die Firmengruppe zu vergeben. Deren LKW firmieren u.a. unter dem Namen „Lukmaz“ und bald wohl unter „Megatrans“.
Proteste gehen weiter
Die LKW-Fahrer setzen ihre Proteste aktuell fort. Körzell sichert ihnen weiterhin Unterstützung zu: „Wir Gewerkschaften stehen den Fahrern weiter in voller Solidarität zur Seite und prüfen in Kooperation mit polnischen Arbeitsrechtspezialisten die Dokumente der Fahrer, um die rechtliche Lage zu bewerten. Wir helfen außerdem mit Verpflegung und Versorgung dank des lokalen Unterstützernetzwerks, unter anderem den örtlichen Tafeln und der Betriebsseelsorge des Bistums Mainz.““ DGB-Meldung vom 08.04.2023 - „Der polnische Arbeitgeber hat Schlägertrupps angeheuert, um die Proteste der Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen zu beenden. Es handelt sich mutmaßlich um #Rechtsextremisten. Polizei, Gewerkschaften und Presse sind vor Ort…“ Tweet von Faire Mobilität vom 07.04.23 mit Fotos und
- „16 Festnahmen in #Gräfenhausen! Die Polizei hat heute den polnischen Unternehmer und seine Schlägertruppe festgenommen. Danke an alle, die vor Ort waren und sind. Die #Solidarität ist überwältigend. Der Protest der Lkw-Fahrer geht weiter…“ Tweet von Faire Mobilität vom 07.04.23 mit Fotos
- Eskalation auf Raststätte Gräfenhausen: „Paramilitärische Einheiten“ aus Polen bedrängen streikende Lkw-Fahrer
„Seit Tagen streiken dutzende Lkw-Fahrer an der A5 bei Weiterstadt, unter anderem weil sie kein Geld bekommen. Jetzt wollte die zuständige polnische Spedition den Streik offenbar mit Gewalt beenden. Die Polizei musste mit einem Großaufgebot einschreiten, es kam zu Festnahmen. (…) Am Karfreitag ist die Situation eskaliert. Gegen 11 Uhr kam es zu handfesten Auseinandersetzungen, als sich der polnische Firmeninhaber in Begleitung mehrerer Personen Zutritt zu den abgestellten Lkw verschaffen wollte. Die Delegation glich dabei eher einer paramilitärischen Einheit denn einer Abordnung einer Spedition. Teils mit panzerähnlichen Fahrzeugen fuhren die Männer auf der Raststätte vor, einige trugen sogar vermeintlich schusssichere Westen. Sie hatten offenbar den Auftrag, die Lkw-Fahrer einzuschüchtern und die Lastwagen zur Not mit Gewalt zu entwenden. (…) Die Polizei war mit großem Aufgebot und Hunden vor Ort, um die drohende Eskalation zu verhindern. Den Einsatzkräften gelang es nach Polizeiangaben, den Konflikt unter Androhung des Einsatzes von Pfefferspray und Schlagstöcken zu schlichten. Insgesamt 16 Personen wurden vorläufig festgenommen. Gegen die Tatbeteiligten werde nun unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, Bedrohung, Nötigung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Störung einer Versammlung ermittelt. (…)
Statt maximal zwei Wochen am Stück unterwegs zu sein, seien sie tatsächlich oft über Wochen und Monate in Europa auf den Fernstraßen und schliefen dann auch verbotenerweise nur in ihren Wagen. Hinzu komme: Laut ihren Verträgen seien die Fahrer wohl Scheinselbstständige.
Die geltenden Regeln müssten auch eingehalten und besser kontrolliert werden, so Rudolph. Der hessische DGB-Chef tritt noch für weitere Forderungen ein: „Wir wollen den Tarif des Landes, in dem entladen wird.“ Und noch etwas betont er: „Wir brauchen klare Regel dafür, dass Verstöße gegen das Mindestlohngesetz in Deutschland auch gegen die Arbeitgeber in Polen vollstreckt und durchgesetzt werden können.“…“
Beitrag von Julian Moering vom 07.04.23 in hessenschau.de - „… Der Niederländer [Gewerkschafter Edwin Atema, der für die Streikenden als Verhandlungsführer benannt wurde] und sein deutscher Kollege Körzell forderten große Unternehmen wie VW, Ikea und DHL auf, nicht länger Aufträge an die Firmengruppe zu vergeben. Ihre Lastwagen firmieren unter anderem unter dem Namen Lukmaz, sollen aber nach Gewerkschaftsangaben ab der nächsten Woche auch unter dem Namen Megatrans fahren…“ Aus dem Artikel von Pitt v. Bebenburg vom 07.04.2023 in der FR online : „Paramilitärische Einheit“ attackiert streikende Lkw-Fahrer – Polizei mit 100 Kräften vor Ort
- Und zuvor:
- „Offener Brief der Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen, der sich an die Auftraggeber ihres Arbeitgebers richtet. Darin fordern sie @sennderofficial, @lkw_walter und @CHRobinson auf, sich bei dem polnischen Firmenkonsortium für das sie arbeiten, für sie einzusetzen. @FNV
„…..Wir haben Transporte über LUKMAZ, AGMAZ und IMPERIA durchgeführt, die mit Ihrem Unternehmen zu tun haben und möchten Sie dringend bitten, sich mit den Unternehmen in Verbindung zu setzen und von ihnen zu verlangen, dass wir als Fahrer Zugang zu unserer eigenen Dokumentation erhalten. Als zweiten Schritt möchten wir Sie bitten, von den Unternehmen die Einhaltung der Gesetze zu fordern und uns nach diesen Standards zu bezahlen. Da wir Transporte über Ihr Unternehmen durchgeführt haben, sind Sie Teil dieser schlechten Situation, die von Ihren Vertragspartnern LUKMAZ, AGMAZ und IMPERIA geschaffen wurde.““ Thread von Faire Mobilität vom 6. Apr. 2023 mit Fotos - „Inzwischen stehen in #Gräfenhausen 62 blaue Lkws. Kolleg*innen vom @dgb_news und @IGMetall haben wieder Lebensmittel und für die muslimischen Fahrer auch halal-Fleisch mitgebracht. Das Warten auf ein seriöses Angebot des Unternehmers geht weiter. @FNV @_verdi“ Tweet von Faire Mobilität vom 5.4. mit Fotos
- „Offener Brief der Lkw-Fahrer in #Gräfenhausen, der sich an die Auftraggeber ihres Arbeitgebers richtet. Darin fordern sie @sennderofficial, @lkw_walter und @CHRobinson auf, sich bei dem polnischen Firmenkonsortium für das sie arbeiten, für sie einzusetzen. @FNV
- „“Truck Drivers in Europe stay strong!“ (mit Untertiteln)
- Immer noch stehen 55 Lkws in Gräfenhausen, rund 300 Fahrer der polnischen Gruppe Agmaz-Luk Maz protestieren in mehreren europäischen Ländern – als Streikbrecher geplante Ersatzfahrer schließen sich dem Streik an
- „Nach wie vor stehen 55 Lkws in #Gräfenhausen. Die Löhne sind noch nicht ausbezahlt. Immerhin scheint der Unternehmer inzwischen verstanden zu haben, dass es ganz ohne Zahlungen nicht gehen wird.
Letzte Woche waren „Ersatzfahrer“ in Minibussen nach #Gräfenhausen gebracht worden. Einige von ihnen sagten dem Unternehmer in unserem Beisein, dass sie nicht in die Lkws steigen würden, als sie verstanden hatten, dass es sich nicht um einen „normale“ Fahrertausch handelte.
„Ich werde hier keinen Fahrer ersetzen, solange er nicht sein Gehalt bekommen hat“, begründete einer der „Ersatzfahrer“ seine Weigerung. Am Freitag reisten die letzten „Ersatzfahrer“ gemeinsam mit dem Unternehmer wieder ab.“ Thread von Faire Mobilität vom 4.4. mit Fotos - Polnische Firmenfahrer protestieren in Europa. Zwei Monate lang ohne Lohn
„Die Fahrer, die hauptsächlich aus Georgien und Usbekistan stammen, sagen, dass sie seit zwei Monaten nicht bezahlt wurden. Besonders empört waren sie darüber, dass die Eigentümer des polnischen Transportunternehmens Agmaz-Luk Maz ihr verschwenderisches Leben in den sozialen Medien zur Schau stellen und zum Beispiel vor Lamborghini-Autos posieren. Einer der heißesten Protestorte ist der Rastplatz Grafehausen an der Autobahn A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt, wo sich achtzig Autofahrer versammelt haben. Die deutschen Behörden ermitteln in dieser Angelegenheit.
Rund dreihundert Fahrer der polnischen Gruppe Agmaz-Luk Maz protestieren seit Ende März in mehreren europäischen Ländern, darunter Italien, Belgien, die Niederlande und Deutschland.
In der Nähe der italienischen Stadt Sterzing, einige Kilometer vom Brenner entfernt, versammelten sich vor einer Woche etwa dreißig Chauffeure. Trotz des Eintreffens eines Unternehmensvertreters kam es zu keiner Einigung, aber die italienischen Behörden ordneten die Räumung des Geländes an, und die Situation normalisierte sich schnell wieder.
Monatelang ohne Lohn, keine Rückkehr zur Basis
In anderen Ländern ist die Lage jedoch angespannter. Achtzig Fahrer, meist Georgier und Usbeken, haben sich auf dem Rastplatz Grafehausen an der deutschen Autobahn A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt versammelt. Sie behaupten, dass sie ausgebeutet werden, dass ihnen grundlegende Rechte vorenthalten werden und dass sie betrogen wurden, als sie einen Vertrag mit dem Unternehmen unterzeichneten. Sie argumentieren, dass sie angeworben wurden und Arbeitsverträge unterschrieben haben, die den Arbeitgeber nicht dazu verpflichten, ihnen Urlaub und freie Tage zu gewähren, Krankengeld zu zahlen oder sie im Falle einer einseitigen Kündigung zu schützen.
Einige georgische Medien berichten, dass die Fahrer seit zwei Monaten nicht mehr bezahlt wurden. Einige von ihnen leben seit Monaten in Lastwagen und kehren – trotz der klaren EU-Richtlinien des Mobilitätspakets – nie zur Basis, geschweige denn zu ihren Familien zurück, berichtet das italienische Portal Trasporto Europa.
Die Fahrer berichten auch, dass sie für vom Unternehmen angebotene Lehrstellen und Schulungen aus eigener Tasche bezahlen mussten, dass sie für Schäden an ihren Fahrzeugen aufkommen mussten und dass sie keinen Zugang zu ihren Arbeits- oder Krankenversicherungsunterlagen haben. Diese Aussagen wurden wiederholt von mehreren Verbänden bestätigt, darunter die georgische und die niederländische Gewerkschaft Gtuc bzw. Fnv. (…)
In den letzten Tagen trafen Vertreter des Unternehmens vor Ort ein und versprachen, alle Zahlungsrückstände zu begleichen, sobald die Lastwagen zum Hauptsitz in Pobiednik Mały bei Krakau zurückgebracht worden seien. Die Situation hat sich jedoch nicht beruhigt, da einige der Beschäftigten trotz der Lieferung der Lastwagen keinen Cent ihres versprochenen Gehalts erhalten haben. Außerdem seien sie bedroht und sogar geschlagen worden, so dass die anderen erklärten, keine Lkw würden den Standort Grafehausen verlassen. Zusammen mit einer Delegation des Unternehmens, bei der auch einer der Eigentümer, Lukasz Mazur, anwesend war, trafen Berichten zufolge mehrere Ersatzfahrer vor Ort ein, um die Lkw zurück nach Polen zu bringen. Doch – wie die Frankfurter Rundschau berichtet – schlossen sich viele von ihnen in letzter Konsequenz dem Protest an…“ poln. Artikel von Grzegorz Lepak vom 4.4.2023 in Wydarzenia (maschinenübersetzt) - Klassenkampf auf der Raststätte: Auf der Raststätte Gräfenhausen verweigern LKW-Fahrer die Weiterfahrt
„… Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau hat sich mittlerweile auch der Unternehmer vor Ort blicken lassen. Er räumt ein, dass mangels Aufträgen und gleich einige Ersatzfahrer mitgebracht, ,die Sonntagsvergütung vorübergehend ausgesetzt sei. Die Arbeitsverträge aber seien legal und er ist sich keiner Schuld bewusst. Die Fahrer seien nicht fest angestellt, sondern selbständig, er verteile nur die Aufträge. Nach Anna Weirich von der Beratungsstelle „Faire Mobilität“ des DGB bezeichnet die Arbeitsverträge als ein typisches Beispiel von Scheinselbständigkeit und damit nach EU-Recht eigentlich unzulässig. Aber natürlich ist Menschen aus Georgien und Usbekistan europäisches Arbeitsrecht nicht bekannt. Er hat auch gleich Ersatzfahrer mitgebracht, die die LKWs an ihre Zielorte fahren sollten. Besonders die noch beladenen LKWs sind für ihn von Interesse, da er für die verspätete Lieferung wohl hohe Vertragsstrafen zu erwarten hat. Die zum Streikbruch mitgebrachten Fahrer erklärten sich jedoch solidarisch und verweigerten den Weitertransport der Ware. Außerdem haben die Streikenden die beladenen LKWs durch die Leeren so eingekeilt, dass eine Weiterfahrt nur schwer zu bewerkstelligen ist…“ Beitrag von Reinhard Raika vom 03.04.2023 in Politnetz Darmstadt - „“Mein Vater ist gestorben. Deswegen muss ich meine Mutter und meine Schwestern versorgen. Eine davon studiert, ich komme für die Gebühren auf“, erklärte uns heute einer der usbekischen Fahrer in #Gräfenhausen. Er konnte seit Wochen kein Geld mehr überweisen. Auch am heutigen Montag kamen wieder zahlreiche Unterstützer*innen von @_verdi, #Kraftfahrerkreisen und dem @dgb_news -Bensheim und versorgten die Fahrer mit Nahrungsmittel. Die Verhandlungen gehen weiter, an Aufgabe denkt niemand.“ Thread von Faire Mobilität vom 3. Apr. 2023 mit Fotos
- „Nach wie vor stehen 55 Lkws in #Gräfenhausen. Die Löhne sind noch nicht ausbezahlt. Immerhin scheint der Unternehmer inzwischen verstanden zu haben, dass es ganz ohne Zahlungen nicht gehen wird.
- „Auf der Raststätte #Gräfenhausen warten weiterhin über 50 uzbekische und georgische Fahrer darauf, ihren Lohn zu erhalten. Der Firmenbesitzer ist inzwischen nicht mehr persönlich auf der Raststätte und kommuniziert über seinen Anwalt. Dieser streitet die Ansprüche der Fahrer ab, weigert sich aber Unterlagen zu präsentieren. Zudem legt er keine seriösen Angebote vor. Das Wetter war heute schlecht, nicht aber die Stimmung. Es kamen zahlreiche Unterstützer*innen und bekundeten ihre Solidarität: #Kraftfahrerkreise Bergstraße und Rheinland-Pfalz, Kolleg*innen von @_verdi, @IGMetall, @IGBAU u. @dgb_news. Sie brachten reichlich Verpflegung und Nützliches für das Leben auf der Autobahn mit. Auch der @bgl_logistik war vor Ort und setzte sich dafür ein, dass die defekte Dusche repariert wird und kostenlos genutzt werden kann. Die Fahrer freuen sich über diese Zeichen der Solidarität.“ Thread von Faire Mobilität vom 1. Apr. 2023 mit Fotos
- „Wir waren heute zur Unterstützung der Streikenden LKW- Fahrer in #Gräfenhausen. Brachten Lebensmittel, Getränke, Tabak und Geld. Aber was ist eigentlich passiert? Ein Threat:
Seit knapp zwei Wochen haben LKW-Fahrer des polnischen Firmenkonsortiums Lukmaz, Agmaz und Imperija die Arbeit niedergelegt und parken mit ihren LKWs auf verschiedenen europäischen Rastplätzen. Einer dieser Orte ist die Raststätte Gräfenhausen. Hier befinden sich aktuell eine deutlich zweistellige Anzahl an Fahrern.
Sie werden von der Firma ausgenutzt und um ihre grundlegenden Rechte gebracht. Während ihrer Arbeitseinsätze leben Berufskraftfahrer*innen ausschließlich in ihren Fahrzeugen. Einige Fahrer, die derzeit in Gräfenhausen stehen, leben so schon seit mehr als einem Jahr. Kosten für die Bezahlung von Parkplätzen, Benutzung von Toiletten, Duschen oder Unterkunft auf Rastplätzen werden in diesem Bereich, in aller Regel von den Arbeitgebern nicht übernommen. Spesen stehen somit für den eigentlichen Zweck – Bezahlung von Verpflegung und Unterkunft während der Touren – nicht zur Verfügung.
Kolleg*innen aus der Branche berichten Immer wieder von Gewalt und Einschüchterungen durch die Arbeitgeber. Sie werden genötigt Arbeitsverträge in Sprachen zu unterschreiben, die sie nicht sprechen. Nicht selten werden die letzten Gehälter nach einer Kündigung nicht ausgezahlt.
Die Kolleg*innen die jetzt die Arbeit niedergelegt haben wehren sich gegen diese Zustände. Auch Ihnen wurde für die letzten 50 Tage kein Lohn mehr gezahlt. Es fehlt teilweise am nötigsten. Zur Zeit werden die Fahrer mit Essen und Tabak versorgt.
Großer Dank gilt hier vor allem den Gewerkschaften aber auch Faire Mobilität Frankfurt und der katholischen Kirche. Sie halten die Versorgung der Streikenden Kollegen am laufen, leisten Beistand und helfen bei der Übersetzung. Der zusammenhalt vor Ort ist beeindruckend. „Entweder fahren wir alle, oder keiner“. Den Kollegen weiterhin viel Kraft in diesem Kampf, der mehr als exemplarisch dafür steht unter welch teils katastrophalen Bedingungen die Menschen im Transportgewerbe zu kämpfen haben…“ Thread von Darth_Robin vom 1. Apr. 2023 mit Fotos - „Inzwischen stehen 55 Lkws in #Gräfenhausen. Nach wie vor keine Löhne. Die Polizei hat einen offiziellen Versammlungsraum abgesperrt. @_verdi-Kraftfahrerkreise waren heute vor Ort. Die #Betriebsseelsorge und der @dgb_news versorgen die Kollegen mit Lebensmitteln.“ Tweet von Faire Mobilität vom 31. März 2023 mit Fotos – siehe die laufende Berichterstattung von Faire Mobilität auf Twitter
- „Die Arbeiter sind völlig abhängig“: Der niederländische Experte Jan Cremers beschreibt den Missbrauch von grenzüberschreitenden Jobs in der Europäischen Union
„… Als wir Ende der 80er Jahre mit dem Binnenmarkt angefangen haben, haben viele gesagt: Diese Freizügigkeit wird keinen großen Effekt haben, außer vielleicht beim Bau. Deswegen wurde vernachlässigt, zu welchen Folgen das führen kann. Als die ersten Exzesse bekannt wurden, wurden die als Einzelfälle abgetan. Inzwischen wissen wir, dass das keine Exzesse sind, sondern ein wichtiger Teil der Suche von Arbeitgebern nach Billiglohn-Arbeitern. Es gibt Berater, die können genau erzählen, was am billigsten ist und wie man Regelungen umgehen kann. Sie nutzen die unterschiedlichen Regeln in den Ländern aus. (…) Wir sprechen von ungefähr 20 Millionen Menschen, allein die registrierten, die über die Freizügigkeit oder über Entsendung in einem anderen Land arbeiten. Teile davon sind völlig in Ordnung. Es ist ein wichtiges Recht, dass du von heute auf morgen sagen kannst: Ich möchte in Toulouse arbeiten. Aber wir sehen auch, dass Leute über Vermittler Angebote bekommen, die überhaupt keine Ahnung haben, welche Rechte sie haben, oder ihnen wird etwas vorgespiegelt, was nachher nicht eingehalten wird. (…)
[Derzeit streiken georgische und usbekische Lkw-Fahrer, weil sie ihren Lohn nicht erhalten haben. Wie sieht das Missbrauchsmodell im Straßentransport aus?]
Es handelt sich um Fälle, wo Vermittler Arbeitskräfte aus Drittstaaten anwerben, die eigentlich gemäß Migrationsrecht nicht zur Einreise in die EU berechtigt sind. Sie werden mit dem Argument „Fachkräftemangel für internationale Speditionen“ in einigen EU-Mitgliedsstaaten angeworben, was einer der Gründe ist, auf deren Grundlage solchen Arbeitnehmern die Einreise in die EU gestattet werden kann. Die betreffenden Fahrer werden unmittelbar nach ihrer Einreise an andere Unternehmen in Europa „vermietet“ oder „entsendet“. Oft haben die Fahrer keine Ahnung, welche ortsüblichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gelten. Sie befinden sich in einer totalen Abhängigkeit, ihre Bezahlung ist oft sehr niedrig und ihre Sozialversicherung nicht garantiert. (…) Es gibt keine wirkliche Vernetzung auf europäischer Ebene von Gewerkschaftsseite. Eine Zusammenarbeit gibt es zum Teil bilateral. Aber das sind Ansätze, die projektmäßig aufgebaut wurden. Wenn das Projekt vorbei ist, dann hört das auf – und dann geht auch das Wissen verloren. Es gibt jetzt die Hoffnung, dass das Projekt „Fair European Labour Mobility“ auf eine dauerhafte Grundlage gestellt wird. Da wollen Gewerkschafter vom Deutschen Gewerkschaftsbund mit Kollegen aus Rumänien, Polen, Ungarn, Slowenien über eine längere Zeit zusammenarbeiten, die Menschen informieren und beraten. Am wichtigsten ist, das Wissen festzuhalten, das in vielen kleinen Projekten entwickelt worden ist. Es braucht die Mittel und eine Vernetzung, um das langfristig aufrecht zu erhalten…“ Interview von Pitt v. Bebenburg vom 31.03.2023 in der FR online - Osteuropäische Trucker streiken auf Raststätte Gräfenhausen
„Lkw-Fahrer aus Usbekistan, die für ein polnisches Unternehmen fahren, wollen besser bezahlt werden und haben deshalb ihre Laster abgestellt. Was die Polizei unternimmt. Gräfenhausen. Seit Donnerstagmorgen sieht es auf der Raststätte Gräfenhausen West an der Autobahn fünf etwas anders aus als sonst: Viele blaue Lkw stehen dort, die die Firmenlogos „LUK MAZ” und „AG MAZ” tragen, polnische Firmen. Die Fahrer, die laut Polizeisprecher Bernd Hochstädter aus Usbekistan stammen, haben sie dort abgestellt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Laut Hochstädter geht es darum, dass sie nicht richtig bezahlt werden. Blockiert wird auf dem Rastplatz allerdings nichts, auch gibt es keine Demonstration mit Bannern oder ähnlichem. „Die Versammlungsbehörde hat das Ganze als Versammlung eingestuft, nicht als Demonstration”, erklärt Hochstädter. Dafür wurde auch extra die rechte Spur der hinteren Lkw-Parkplätze als Versammlungsfläche gesperrt. Dort stehen die Männer nun und harren der Dinge. Laut Hochstädter ist angeblich auch der Firmenchef bereits vor Ort gewesen, allerdings hat sich an der Lage noch nichts geändert. 35 Lkw hatte die Polizei am Donnerstag gezählt…“ Artikel von Thomas Bach vom 31.3.2023 in der Wormser Zeitung online - Osteuropäische Lkw-Fahrer streiken bei Darmstadt
„40 LKW-Fahrer aus Osteuropa harren zurzeit auf dem Rastplatz Gräfenhausen an der A5 bei Darmstadt aus. Eigentlich fahren sie für eine polnische Firma – aber jetzt streiken sie, weil sie nicht fair bezahlt werden.“ Beitrag vom 30.03.23 in der hessenschau samt Video
Siehe zum Hintergrund:
- unser Dossier: [Mobilitätspaket] Fairer Straßengüterverkehr: In Brüssel sinken die Erwartungen
- und das Dossier: EU: Debatte um Durchsetzungs-Richtlinie zur Entsendung
- Siehe auch vom Juli 2021: »Bei Straßenblockade Macht fühlen«. Billiglöhnerei für deutschen Markt. Lkw-Fahrer des polnischen Amazon-Subunternehmens Demotrans wollen Gewerkschaft gründen