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Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren
Dossier
„… Die Bilder an der griechisch-mazedonischen Grenze glichen einem Schreckensszenario: Am vergangenen Montag (29.2.) wurde der Grenzzaun in Idomeni von Flüchtlingen teilweise niedergerissen. Grenzpolizisten setzten Tränengas gegen hunderte Protestierender ein – unter den Verletzten waren Dutzende Kinder. Viele hatten Atemprobleme. Momentan harren mehr als 8.000 Flüchtlinge an der Grenze zu Mazedonien aus. Nur wenige schaffen es, die Grenze zu passieren und weiter zu reisen. (…) Laut aktuellen Schätzungen sitzen mehr als 27.000 Schutzsuchende an über 18 Orten Griechenlands fest. Die Regierung in Athen rechnet damit, dass wegen der Schließung seiner Grenze zu Mazedonien in den kommenden Tagen mehr als 100.000 Migranten in Griechenland festsitzen könnten…“ Beitrag von und bei Pro Asyl vom 1. März 2016 . Siehe dazu den Live Ticker Idomeni von und bei bordermonitoring.eu e.V. (englisch), einen Spendenaufruf und unser Dossier: Griechische Migrationspolitik (mit Syriza und Nachfolgern). Hier dazu:
- Griechenland: „Ein dystopischer Albtraum“, finanziert von der EU. Unrechtmäßige Inhaftierung auf Samos darf nicht zur Blaupause für den EU-Migrationspakt werden
„Griechenland muss dringend die gesetzlichen Regelungen aufheben, die dazu führen, dass Asylsuchende in dem von der EU finanzierten „Closed Controlled Access Centre“ auf der Insel Samos systematisch und rechtswidrig ihrer Freiheit beraubt werden, so Amnesty International in einem heute veröffentlichten Bericht. Die Organisation forderte die EU außerdem auf, Griechenland für die Menschenrechtsverletzungen in dem Zentrum zur Rechenschaft zu ziehen und sicherzustellen, dass dieses Modell nicht als Blaupause für den kürzlich verabschiedeten Migrations- und Asylpakt dient.
Der Bericht, Samos: „We Feel in Prison on the Island“ (Wir fühlen uns auf der Insel wie im Gefängnis) deckt die unrechtmäßige Inhaftierung und die minderwertigen Bedingungen in einem von der EU finanzierten Flüchtlingszentrum auf und enthüllt die wahllose Anwendung von Anordnungen zur „Einschränkung der Freiheit“, die die Bewohner einer unrechtmäßigen und willkürlichen Inhaftierung aussetzen.
„Unter dem Vorwand, die Menschen zu registrieren und zu identifizieren, halten die griechischen Behörden de facto alle Einwohner bei ihrer Ankunft fest, auch Menschen in prekären Situationen, und verletzen damit deren Rechte. All dies geschieht in einer von der EU finanzierten Einrichtung, die den europäischen Standards entsprechen soll.
„Ein dystopischer Albtraum“, finanziert von der EU
Nachdem Brände das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos im Jahr 2020 verwüstet hatten, stellte die Europäische Kommission 276 Millionen Euro an EU-Mitteln für neue „Mehrzweck“-Zentren bereit und versprach „bessere Bedingungen“. Die Zentren sollten Aufnahme- und Vorabschiebehafteinrichtungen umfassen. Das Zentrum auf Samos war das erste, das 2021 eröffnet wurde. Infolge der zunehmenden Ankünfte kam es zwischen Juni 2023 und Januar 2024 zu einer Überbelegung des Zentrums, die im Oktober 2023 einen Höchststand von 4 850 Bewohnern erreichte. Dies führte dazu, dass die Menschen in Nicht-Wohnbereichen wie Küchen und Klassenzimmern sowie in Containern unter unzureichenden Bedingungen untergebracht wurden. Ursprünglich war die Kapazität der Einrichtung für 2 040 Personen vorgesehen, doch die Behörden änderten sie im September 2023 auf 3 650 Personen, ohne dass eine Erhöhung der Unterbringungskapazität erkennbar war.
Die zunehmende Zahl der Neuankömmlinge verschärfte die seit langem bestehenden Probleme bei der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, darunter Wassermangel und das Fehlen eines ständigen Arztes. Die Kontinuität der medizinischen Versorgung im Lager ist ebenfalls fraglich, da die Verträge der derzeit im Lager tätigen medizinischen Fachkräfte am 30. Juni ausliefen, die Umsetzung des neuen, von der EU finanzierten Projekts „Hippocrates“ für die Gesundheitsversorgung unter der Leitung der Internationalen Organisation für Migration jedoch noch aussteht. Die anhaltende Unsicherheit über die Bereitstellung einer angemessenen Gesundheitsversorgung im Lager gibt Anlass zu ernsten Bedenken, ob Griechenland in der Lage ist, Asylbewerbern einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsdiensten zu gewährleisten.
„Die EU versprach, dass diese Zentren ‚europäischen Standards‘ entsprechen würden. Stattdessen fanden wir einen dystopischen Alptraum vor: ein hochgesichertes Lager, dem es an der grundlegendsten Infrastruktur fehlt. Sicherheitskameras und Stacheldraht umzäunen das Zentrum und schaffen eine ‚gefängnisähnliche‘ Umgebung. Die Menschen hatten nicht genügend Wasser, keine angemessene medizinische Versorgung und in einigen Fällen nicht einmal ein Bett. Dabei konnten sie das Zentrum wochen-, manchmal monatelang nicht verlassen“, so Deprose Muchena.
Systematische, willkürliche und ungesetzliche Inhaftierung
Die Bewohner werden systematisch „Freiheitsbeschränkungen“ unterworfen, die sie für bis zu 25 Tage ab ihrer Einreise in der Einrichtung festhalten. Diese Einschränkungen gehen über die legitimen „Einschränkungen der Bewegungsfreiheit“ hinaus und stellen eine unrechtmäßige Inhaftierung dar. Sie werden überwiegend auf Neuankömmlinge angewandt, ohne die individuellen Umstände zu berücksichtigen, was gegen internationales Recht und Standards verstößt, die besagen, dass eine Inhaftierung ausschließlich zu Einwanderungszwecken nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig ist.
Amnesty International hat Beweise dafür gefunden, dass auch die Umsetzung dieser Maßnahmen mit großen Mängeln behaftet ist: Menschen werden über die zulässige Höchstdauer von 25 Tagen hinaus inhaftiert, oft ohne schriftliche Entscheidung oder auf der Grundlage einer zurückliegenden Entscheidung. Darüber hinaus waren die Bewohner insbesondere in Zeiten der Überbelegung des Zentrums mit unwürdigen Lebensbedingungen konfrontiert, die möglicherweise gegen das Verbot der Misshandlung verstoßen haben…“ engl. Pressemitteilung von Amnesty International vom 30. Juli 2024 (maschinenübersetzt) zum Bericht „Samos: „We Feel in Prison on the Island““ - Inside Moria: „Das Leiden der Menschen wird bewusst herbeigeführt“
„Das Geflüchtetenlager Moria ist zu einem traurigen Symbol für den Umgang der EU mit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ geworden. Die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk arbeitete für Ärzte ohne Grenzen zwischen 2015 und 2023 immer wieder als Helferin und dokumentierte das Leben der Menschen im Lager. Sie fasste deren Geschichten mit ihrer Co-Autorin, der norwegischen Journalistin Guro Kulset Merakerås, in einem Buch zusammen: „Inside Moria“.
Moria 1 auf der griechischen Insel Lesbos war das größte Flüchtlingslager in Europa. Es wurde 2013 errichtet, um den wachsenden Zustrom von Flüchtenden und Migrant*innen aufzunehmen. Ursprünglich für etwa 3.000 Menschen ausgelegt, lebten dort zeitweise über 20.000 Personen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Am 8. September 2020 zerstörte ein Großbrand das Lager vollständig, wodurch tausende Menschen obdachlos wurden. Moria 2, auch bekannt als „Kara Tepe 2“ oder „neues Moria“, entstand nach dem Brand. Es befindet sich etwa zwei Kilometer entfernt vom ursprünglichen Lager, in der Nähe der Küste.
Was bedeutet es, wenn Menschen lange Zeit ohne Beschäftigung und in Unsicherheit an einem Ort ausharren? Wie erleben traumatisierte Menschen eine solche Situation? Und wie geht es den Kindern? Wir sprachen mit Katrin Glatz Brubakk und Guro Kulset Merakerås über ihr Buch „Inside Moria“, das im März 2023 erstmals in Norwegen und 2024 auch in deutscher Übersetzung beim Westend Verlag erschien. Guro und Katrin leben beide in Norwegen. Wir führten das Gespräch per Videocall…“ Interview von Anne-Kathrin Heier vom 2.7.2024 in EDITION F - Erneut kentern 2 Flüchtlingsboote vor Samos und Lesbos aus Angst vor Pushbacks: 4 der 5 Toten waren Kinder – Gewerkschaft von Lesbos demonstriert in Trauer
- Griechenland: Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken – Vier von fünf waren Kinder
„Zwei Flüchtlingsboote kentern vor den Inseln Samos und Lesbos, fünf Menschen sterben, 54 werden gerettet. Nun stellt sich heraus: Vier der Toten waren Kinder, davon eines ein elf Monate alter Säugling. Bei zwei Schiffsunglücken vor den griechischen Inseln Samos und Lesbos sind am Montag fünf Geflüchtete ums Leben gekommen, darunter vier Kinder. 54 Personen konnten gerettet werden. Bei den Toten vor Lesbos handelte es sich um einen elf Monate alten Säugling, zwei Mädchen im Alter von acht und elf Jahren und einen achtjährigen Jungen, wie Schifffahrtsminister Miltiadis Varvitsiotis mitteilte. Außerdem sei bei dem Unglück vor Samos eine Frau ums Leben gekommen. Beide Boote hatten von der türkischen Küste aus abgelegt, wie es hieß. Das Unglück vor Samos ereignete sich in der Nacht. In von der Küstenwache veröffentlichten Videoaufzeichnungen der Rettungsaktionen sind im Dunkeln Schreie der Menschen zu hören, auch die erfolgreiche Wiederbelebung eines Kleinkindes durch die Beamten wird gezeigt. Bei dem Unglück vor Samos waren 37 Menschen an Bord des Schlauchboots. Das Unglück vor Lesbos ereignete sich laut Küstenwache am frühen Morgen. Dort konnten die Beamten 18 der 22 Menschen retten. (…) Beim Unglück vor der Insel Samos sollen die Passagiere ihr Schlauchboot laut Küstenwache selbst zerstört und zum Kentern gebracht haben. Ob die Täter Geflüchtete oder Schleuser waren, blieb zunächst unklar. Immer wieder werden zwischen der Türkei und Griechenland Flüchtlingsboote durch die Passagiere selbst zum Sinken gebracht, etwa durch Zerschneiden der Schläuche eines Schlauchboots. Auf diese Weise kann die griechische Küstenwache das Boot nicht zurück in türkische Gewässer drängen, sondern ist verpflichtet, die Menschen zu retten und auf griechische Inseln oder zum Festland zu bringen. Das Vorgehen ist sehr riskant, da viele Menschen nicht schwimmen können…“ Meldung vom 29.08.2023 im Migazin - „Vier Kinder und eine Frau, die aus ihrer Heimat flohen, um Armut und Krieg zu entkommen, aber einer anderen Barbata gegenüberstanden“
Die regionale Gewerkschaft von #Lesvos ruft heute zum Protest für das neue #shipwreck mit #refugees auf.“ engl. Tweet von PAME Greece International vom 29. Aug. 2023 mit Foto
- Griechenland: Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken – Vier von fünf waren Kinder
- Schiffs“unglück“ vor der Küste Griechenlands: PolitikerInnen „erschüttert“, doch es war ein kalkuliertes Verbrechen und über 500facher Mord!
- Kein Mitleid, keine Erlösung. Die Überlebenden des Bootsunglücks von Pylos sitzen weiterhin in Griechenland fest
„Eine der größten Schiffstragödien des Mittelmeers ist mittlerweile mehr als einen Monat her. Bisher sind 82 Tote bestätigt und Hunderte werden vermisst – bis zu 750 Geflüchtete waren an Bord. (…) Seitdem wird nach den Schuldigen der Tragödie gesucht. Praktisch keine Erwähnung findet das Schicksal der 104 Überlebenden: Im Hafen von Kalamata waren sie in einem inoffiziellen Zentrum für Geflüchtete untergebracht worden, mussten auf dem Boden schlafen. Es war ihnen nicht erlaubt, das Zentrum zu verlassen; Angehörige, die unter Schock aus anderen Ländern anreisten, durften sie nicht besuchen. Selbst den im Krankenhaus untergebrachten Personen wurde keine Gelegenheit gegeben, ihre Angehörigen zu treffen, da die Behörden behaupteten, sie seien in Haft. Ab dem 16. Juni wurden sie in das sogenannte Empfangs- und Identifizierungszentrum in Malakasa transferiert. Das Zentrum befindet sich in 35 Kilometer Luftlinie von der Innenstadt Athens und funktioniert seit September 2022. Minos Mouzourakis, Referent für Recht bei Refugee Support Aegean (RSA), einer Organisation, die Geflüchtete unterstützt, erklärte gegenüber dem »nd«, dass Griechenland gegen geltendes EU-Recht verstoße: »Das griechische Gesetz untersagt bis zur ersten Registrierung, die Einrichtung zu verlassen – eine Maßnahme, gegen die die EU am 26. Januar ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Sollte Griechenland dies nicht ändern, droht mittelfristig ein Verfahren vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg.« Nach der Identifizierung der Überlebenden fand schnell die Befragung zum Asylantrag statt. Diese Eile ist laut Mouzourakis unüblich und zeige, dass Griechenland mit der Geschichte schneller abschließen möchte als sonst – ob aus Imagegründen bleibt der Spekulation überlassen. Aber das bedeutet vor allem Nachteile für die Menschen, die unvorbereitet auf diese Befragung treffen. »Dies bedeutet de facto keine Zeit für rechtliche, geschweige denn psychologische Unterstützung«, betont Mouzourakis. Die Befragung findet unter erschwerten Bedingungen statt – per Internetanruf mittels Microsoft Teams über das Handy eines Sachbearbeiters – und die Verantwortlichen sitzen kilometerweit entfernt in Athen. Seit der Identifizierung ist es ihnen gestattet, das Camp zu verlassen. Sie bekommen aber keinerlei Fahrgeld oder Unterstützung, um in die Innenstadt zu fahren oder zum Arzt zu gehen. Falls die Überlebenden lieber auf eigene Faust außerhalb des Lagers leben wollten, würde der Anspruch auf staatliche Unterstützung erlöschen. (…) Derweil geht die Suche nach den Schuldigen der Katastrophe weiter. Direkt nach dem Unglück wurden neun Überlebende von den griechischen Behörden festgenommen. Eine neue Untersuchung lässt Zweifel an der Rolle aufkommen, die die griechischen Behörden den neun Ägyptern als Schleuser zuschreiben; ihnen wird Gründung und Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Verursachung eines Schiffbruchs und fahrlässige Tötung vorgeworfen. Reporters United, Lighthouse Reports, Der Spiegel, SIRAJ und El Pais enthülltenn jedoch die Verbindung zwischen den wahren Drahtziehern des Schiffbruchs und dem libyschen General Khalifa Haftar, zu dem die griechische Regierung enge Beziehungen aufgebaut hat. Die Europäische Union kooperiert mit Libyen bei ihrer Anti-Einwanderungspolitik und ihrem Versuch, die Schuld von sich zu weisen. (…) Alle Angehörigen behaupten, dass die angeblichen Menschenhändler ausschließlich Passagiere des Schiffes waren…“ Artikel von John Malamatinas vom 23. Juli 2023 in Neues Deutschland online - Frontex und Athen wussten 15 Stunden vor Bootsdrama von toten Kindern an Bord
„Mitte Juni starben vor der griechischen Küste 600 Migranten, als ihr Boot kenterte. Über die Verantwortung für die schlimmste Katastrophe seit Jahren im Mittelmeer wird seitdem gestritten. Nun kommt heraus: Eine wichtige Information zu den wahren Abläufen wird nach Informationen von WELT AM SONNTAG bewusst zurückgehalten. (…) Frontex hatte in einer Stellungnahme mitgeteilt, als Erstes habe ein agentureigenes Flugzeug das völlig überladene Boot um 9.47 Uhr (UTC) entdeckt. Allerdings soll das Boot – so geht es aus einem internen Frontex-Dokument hervor – bereits um 6.51 Uhr erstmals gesichtet worden sein – und zwar durch italienische Behörden. Um 8.01 Uhr alarmierte die Seenotrettungstelle Rom demnach sowohl Frontex als auch die Leitstelle in Piräus, von wo aus Rettungseinsätze der griechischen Küstenwache gesteuert werden. Noch brisanter: Bestandteil dieses Alarms war die Information, dass an Bord des Bootes bereits zwei Kinder verstorben seien. Wie Italien an seine Informationen zu der Existenz des Bootes und den toten Kindern gelangte, ist unklar. (…) Der neu ernannte griechische Migrationsminister Dimitris Kairidis sagte in Brüssel, er habe die Frontex-Notiz nicht gesehen; weder bestätigte noch dementierte er, dass Athen diese Information aus Rom erhalten hat. Er erklärte, dass „eine unabhängige gerichtliche Untersuchung“ stattfinde. Sofern jemand für schuldig befunden werde, „wird es definitiv Konsequenzen geben…“ Artikel von Lennart Pfahler und Tim Röhn vom 14.07.2023 in der Welt online - Pylos drei Wochen nach der Katastrophe: Weitere Beweise, dass die Küstenwache das Boot versenkte, »Die meisten Leichname werden nicht identifiziert«
- Pylos: Drei Wochen nach der Katastrophe
„Am 14. Juni sind vor der griechischen Küste über 500 Menschen ertrunken – vor den Augen der griechischen Küstenwache. Sie waren in einem überfüllten Boot auf dem Weg von Libyen nach Italien. PRO ASYL & RSA stehen den Überlebenden und Angehörigen bei und fordern Aufklärung. Wochen nach der vermutlich tödlichsten Schiffskatastrophe in Europa in diesem Jahrtausend verdichten sich die Hinweise, dass die griechische Küstenwache die Menschen nicht nur durch Nichtstun hat Sterbenlassen, sondern möglicherweise auch durch versuchte Abschleppaktionen mitverantwortlich für das Kentern des überfüllten Bootes war. Derlei Aktionen sind nicht neu, immer wieder versuchen Grenzschutzbehörden, Flüchtlingsboote aus ihren Gewässern zu schleppen. Das ist zwar illegal, aber offenbar der neue Stil Europas. (…) Die juristische Unterstützung ist besonders wichtig, denn: Die Betroffenen werden nach den traumatischen Erlebnissen nicht etwa vernünftig betreut, es wird auch nichts dafür getan, dass sie schnell in sichere Verhältnisse oder zu ihren Familien gelangen. Im Gegenteil üben die griechischen Behörden großen Druck aus. Die Verfahren wurden extrem verkürzt, Asylanhörungen fanden schon kurz nach dem Unglück statt, sie wurden vor allem digital durchgeführt und es gab auffallend häufig Fragen nach Verbindungen zu möglichen Schleppern – und nicht nach Fluchtgründen. Die Überlebenden appellieren an dieser Stelle, sie nicht zu vergessen – öffentliche Aufmerksamkeit für ihr Schicksal ist die einzige Möglichkeit, ihnen einen minimalen Schutz zu gewähren.(…) Und viele Überlebende haben daher große Angst vor den griechischen Behörden. Etliche sind überzeugt davon, dass die griechische Küstenwache letztlich ursächlich für das Kentern ihres Schiffes war. Gegenüber einem Recherchekollektiv, u.a. unter Beteiligung von SPIEGEL und Monitor, äußerten einige Überlebende auch, dass ihre Aussagen nach dem Unglück fehlerhaft protokolliert wurden. Möglicherweise um eine direkte Beteiligung der griechischen Küstenwache an der Katastrophe zu verschleiern. Erste Verhöre in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kalamata wurden offenbar sogar von der griechischen Küstenwache selbst durchgeführt. Diese Erzählungen machen wenig Hoffnung darauf, dass die Ermittlungen in Griechenland zu einem raschen und wahrheitsgemäßen Ergebnis führen. Zu befürchten ist, dass ein ähnlich langer Weg bevorsteht, wie nach dem Unglück vor Farmakonisi 2014, als es acht lange Jahre gedauert hat, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 7. Juli 2022 die Schuld Griechenlands festgestellt und die Behörden wegen Verletzung des Rechts auf Leben zu Entschädigungszahlungen verurteilt hat (Safi and others v Greece). Nur wenige Tage vor dem Schiffsunglück von Pylos erklärte Griechenland übrigens dem Europarat, dass dies ein Einzelfall war und Griechenland keine allgemeinen Maßnahmen ergreifen müsse, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Aktuell sind aber mehr als 30 Fälle beim EGMR wegen Misshandlungen von Geflüchteten durch die griechische Küstenwache und die griechische Polizei anhängig…“ Meldung von Pro Asyl vom 7. Juli 2023 - Unbeschreibbare Grausamkeit: Video über das Töten der 600 Geflüchteten
„600 Menschen ertrinken im Ozean – darunter auch Kinder. Es ist eine der schlimmsten Schiffskatastrophen im Mittelmeer seit Jahren. Dabei hatte die griechische Küstenwache den überladenen Fischkutter schon rund zwölf Stunden vor dem Unglück auf dem Schirm. Zusammen mit Journalistinnen und Journalisten des Guardian, der Recherche Agentur Forensis und von „We are Solomon“ haben wir die Ereignisse an dem Tag rekonstruiert, haben mit Überlebenden gesprochen und uns auf die Suche nach den Crewmitgliedern der Küstenwache gemacht. Hat die Küstenwache wirklich alles getan, um die Menschen zu retten? Oder ist sie sogar verantwortlich dafür, dass das Schiff gesunken ist?“ NDR-Video am 7.7.2023 in griechenlandsolidarität - Weitere Beweise: Die Küstenwache versenkte das Boot
„Schon die umfangreichen Recherchen von Der Spiegel, El País, Monitor, The Times, SIRAJ, Reporters United und Lighthouse Report haben gezeigt, dass die griechische Küstenwache das Boot versenkt hat. Jetzt kommen noch weitere Beweise hinzu, welche die Forschungsgruppe Forensis gemeinsam mit The Guardian, Solomon, STRG_F (ARD) und dem Greek Council for Refugees erarbeitet hat: The Pylos Shipwreck ← Forensis (counter-investigations.org)“ Video am 7. Juli 2023 in griechenlandsolidarität - »Die meisten Leichname werden nicht identifiziert«
Valentina Delli Gatti von Memoria Mediterranea im Gespräch mit Sophie Tiedemann in der Jungle World vom 5. Juli 2023 über die Suche nach auf dem Mittelmeer verschollenen Flüchtlingen: „… Die meisten Leichname werden nicht identifiziert. Wenn sie überhaupt aus dem Wasser geborgen werden, enden sie in anonymen Gräbern auf Sizilien oder in anderen Küstenregionen. Die Hinterbliebenen werden deshalb nie Gewissheit haben. Wenn sie sich auf die Suche nach einem auf der Überfahrt verschollenen Familienmitglied machen, stehen sie vor einer ganzen Reihe bürokratischer und juristischer Hürden. Oftmals können sie nicht nach Europa reisen. Und selbst wenn ihr vermisster Angehöriger gefunden wird, ist die Überführung des Leichnams kompliziert und kostspielig. (…) Nach dem verheerenden Schiffsunglück vor der Küste von Steccato di Cutro am 26. Februar, bei dem mindestens 67 Menschen starben, darunter zahlreiche Kinder, wandten wir uns auf Wunsch hinterbliebener Familien mit einer zentralen Forderung an die örtliche Staatsanwaltschaft: Behörden sollten standardmäßig DNA-Abgleiche vornehmen – von den verstorbenen Migrant:innen und den suchenden Familienangehörigen. Diese Proben können in einer zentralen Datenbank gesammelt und miteinander abgeglichen werden. Aufgrund des starken öffentlichen Drucks nach dem Schiffsunglück hatten wir tatsächlich Erfolg. Im März begannen Forensiker in Steccato di Cutro, DNA-Proben zu entnehmen und an überregionale Labore zu schicken. (…) Wir suchen nach persönlichen Daten der Vermissten in sozialen Medien und versuchen, besondere physische Merkmale festzustellen. Außerdem sammeln wir Informationen hinsichtlich der Kleidung, die der Betroffene am Tag seiner Überfahrt getragen hat. Und wir stehen in Kontakt mit suchenden Familien, die sich mit ihren Anfragen an uns wenden. Alle gesammelten Daten geben wir dann an die Forensiker:innen der örtlichen Polizei weiter. Außerdem suchen wir selbst nach spezifischen Personen, deren Daten wir haben: in Leichenschauhäusern, auf Begräbnissen und in Gefängnissen…“
- Pylos: Drei Wochen nach der Katastrophe
- Gemeinsame Recherche renommierter Medien aus vielen Ländern: Schiffbruch war vielhundertfacher Mord
„Der Spiegel, El País, Monitor, The Times, SIRAJ, Reporters United und Lighthouse Reports haben über den Schiffbruch vom 14.Juni gemeinsam recherchiert und analysiert. Offensichtlich hat die griechische Küstenwache unter den Augen von Frontex zunächst 15 Stunden nicht gerettet, obwohl sie es gemusst hätte, dann das Schiff willentlich versenkt und zuletzt lange gewartet, bevor sie überhaupt einige Schiffbrüchige gerettet hat. Dazu das Video von Monitor vom 30.6.2023, Bericht von Lighthouse Reports (auf englisch) , noch ausführlicherer Bericht von Reporters United (auf griechisch) “ Beitrag vom 30. Juni 2023 bei griechenlandsolidarität - Über 600 Menschen ertrunken: Welche Rolle spielte die griechische Küstenwache? Aufklärung unerwünscht, während Fischer Leichen in den Netzen finden
„Mehr als 600 Menschen könnten vor Pylos ertrunken sein. Welche Rolle spielte die griechische Küstenwache? Was Zweiflern vorgeworfen wird. (…) Die Überlebenden stammen aus Syrien, Pakistan und Ägypten. Aus Pakistan, wo mittlerweile 14 mutmaßliche Schlepper im Zusammenhang mit der Havarie verhaftet wurden, kommen behördliche Schätzungen, die von 800 Menschen ausgehen. Pakistan hatte am Montag eine Staatstrauer für die Opfer ausgerufen. Nur 104 Personen, darunter neun mutmaßliche Schleuser, konnten gerettet werden. Am Dienstag wurden, knapp eine Woche nach dem Unglück, weitere Leichen im Meer gefunden. Die genaue Zahl der Toten kann nur geschätzt werden. Mit 82 bestätigten Toten und etwa 564 Vermissten übertrifft die Havarie in der Opferzahl die Katastrophe vor Lampedusa im Jahr 2013. Dort waren am 3. Oktober 2013 insgesamt 355 Geflüchtete ums Leben gekommen.
Unglück im Schatten des Wahlkampfes
Früh kamen Zweifel an der Rolle der griechischen Küstenwache auf. Griechenland wählt am 25. Juni zum zweiten Mal in diesem Jahr ein neues Parlament. Aktuell ist eine Interimsregierung im Amt. Diese besteht aus Richtern, Technokraten und Uniformierten, wobei zum Teil auch Mitarbeiter der Regierung von Kyriakos Mitsotakis zum Zuge kamen. Mitsotakis verteidigt sowohl das Vorgehen der Küstenwache als auch das der Interimsregierung. Geschlossene, gesicherte Grenzen sind auch nach dem Unglück ein Wahlkampfversprechen der Nea Dimokratia. Die von der Opposition geäußerten Zweifel werden von Mitsotakis wie Landesverrat bewertet. (…) Die neun mutmaßlichen Schleuser wurden am Dienstag dem Staatsanwalt und dem Untersuchungsrichter in Kalamata vorgeführt. Nach einer dreizehnstündigen Verhandlung wurde Untersuchungshaft angeordnet. Bei der Identifikation der Ägypter verließen sich die Ermittler auf Zeugenaussagen der Überlebenden. Diese sagten aus, dass die mutmaßlichen Mitglieder des Schleuserrings an Bord Befehle erteilt hätten und die übrigen Passagiere eingeschüchtert hätte. Zudem rekrutiert sich die Besatzung ähnlicher Flüchtlingsboote meist aus Ägyptern, die selbst kein Geld für ihre Dienste erhalten, sondern vielmehr danach streben, nach drei bis vier erfolgreichen Überfahrten ihre eigene Passage kostenlos zu erhalten. Die neun Inhaftierten beteuerten allerdings, dass sie mit den Schleusern nichts zu tun hätten und für ihre Überfahrt bis zu 7.000 Euro bezahlt hätten. Sie hätten sich an Bord um die Sicherheit des Bootes gesorgt und aus Angst vor dem Kentern versucht, die Übrigen zu disziplinieren. (…) Während die Zeugenaussagen der Überlebenden gegen die Ägypter vor Gericht als glaubwürdig eingestuft wurden, scheint dies nicht für die Aussagen gegen die Küstenwache zu gelten. Der Vorwurf, dass das Kentern und Sinken des hoffnungslos überladenen Bootes maßgeblich durch einen verunglückten, nicht abgesicherten Schleppversuch der Küstenwache ausgelöst worden sei, wurde von mehreren unabhängig verhörten oder von Journalisten befragten Überlebenden geäußert…“ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 22. Juni 2023 in Telepolis („Bootsunglück mit vielen Toten: Aufklärung unerwünscht“), siehe – nur als Beispiel für viele Berichte:- Tunesischer Fischer findet Leichen in seinem Netz
„Mit der wachsenden Zahl von Migranten, die versuchen, Europa zu erreichen, steigt auch die Zahl der Todesfälle im Mittelmeer. Während sich die Beamten der Europäischen Union bemühen, den Exodus einzudämmen, hinterlässt die Not derjenigen, die vor Armut und Verfolgung fliehen, an den Küsten Tunesiens ihre tragischen Spuren.
Als die Sonne über den Horizont an der Ostküste des Landes klettert, beginnt der Fischer Oussama Dabbebi seine Netze einzuholen. Sein Blick ist besorgt auf den Inhalt gerichtet, denn manchmal findet er nicht nur Fische. „Statt Fischen finde ich manchmal auch Leichen. Beim ersten Mal hatte ich Angst, dann habe ich mich Schritt für Schritt daran gewöhnt. Nach einer Weile ist es wie ein Fisch, wenn ich eine Leiche aus meinem Netz hole.“ Der 30-jährige Fischer, der mit einem dunklen Sweatshirt mit Kapuze und kurzen Hosen bekleidet ist, sagt, er habe kürzlich innerhalb von drei Tagen die Leichen von 15 Migranten in seinen Netzen gefunden…“ engl. Artikel von Mike Thomson vom 21.6.2023 in BBC News („Migrant crisis: Tunisian fisherman finds dead bodies in his net“)
- Tunesischer Fischer findet Leichen in seinem Netz
- Offener Brief von über 180 Initiativen prangert an: Bis zu 600 Menschen ertrinken vor Pylos, Griechenland. Nur wenige Tage, nachdem sich EU-Innenminister:innen auf eine weitere Aushöhlung des Asylrechts einigen
„Heute, am Weltgeflüchtetentag, fordern wir gemeinsam eine vollständige und unabhängige Untersuchung der Ereignisse, klare Konsequenzen für die Verantwortlichen, ein Ende der systematischen Pushback-Praktiken an den europäischen Grenzen und Gerechtigkeit für die Opfer.
10 Jahre nach den beiden Schiffbrüchen vor Lampedusa, Italien, bei denen rund 600 Menschen ums Leben kamen und die einen riesigen öffentlichen Aufschrei auslösten, sind vor Pylos, Griechenland, bis zu 600 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Am 14. Juni 2023 tötete das europäische Grenzregime erneut Menschen, die von ihrem Recht auf Schutz Gebrauch machten. Wir sind erschüttert! Und wir stehen in Solidarität mit allen Überlebenden und mit den Familien und Freund:innen der Verstorbenen. Wir drücken unser tiefes Beileid und unsere Trauer aus.
Bis heute bleiben unzählige Fragen unbeantwortet. Nach Aussagen der Überlebenden schleppte die griechische Küstenwache das Boot ab und brachte es zum Kentern. Warum wurde dieses gefährliche Manöver überhaupt versucht? Hat die griechische Küstenwache das Boot in Richtung Italien geschleppt, um die Menschen in die italienische oder maltesische Verantwortung abzuschieben? Warum haben weder die griechische Küstenwache noch die italienischen oder maltesischen Behörden früher eingegriffen, obwohl sie mindestens 12 Stunden zuvor alarmiert worden waren? Welche Rolle hat die europäische Grenz- und Küstenwache Frontex gespielt? In all dieser Ungewissheit ist eines unübersehbar: Dieser Schiffbruch – wie auch unzählige andere zuvor – ist die unmittelbare Folge politischer Entscheidungen, die Menschen daran hindern sollen, in Europa anzukommen. (…)
Bislang haben die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten keinerlei Absicht gezeigt, aus den vergangenen Jahren zu lernen und das Sterbenlassen im Mittelmeer zu beenden. Stattdessen verschärfen sie ihre tödliche Politik der Abschottung. Erst letzte Woche, am 8. Juni, einigte sich der Rat der Europäischen Union auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), was zu einer massiven Beraubung von Grundrechten wie dem Recht auf Asyl oder dem Recht, sich frei zu bewegen, führen wird. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Schiffbruch passiert, und es wird wieder passieren, während sich die Bedingungen in den Herkunfts-, Transit- und Ausreiseländern verschlechtern und Grenzpraktiken Menschen dazu zwingen, immer gefährlichere Routen zu wählen. Seit Lampedusa im Jahr 2013 haben wir mindestens 27.047 Tote im Mittelmeer zu beklagen. Einer von ihnen war Alan Kurdi. Seine Tante, Tima Kurdi, äußert sich lautstark zu dem tödlichen Schiffbruch: Dieser Schiffbruch bringt meinen Schmerz zurück, unseren Schmerz. Mein Herz ist gebrochen. Ich bin untröstlich über all die unschuldigen Seelen, die wir verloren haben und die nicht nur eine Zahl auf dieser Welt sind. „Nie wieder“ haben wir 2015 gehört, ich habe es unzählige Male gehört. Und was hat sich geändert? Wie viele unschuldige Seelen sind seither auf See verloren gegangen? Ich möchte euch an den 2. September 2015 zurückerinnern, als ihr alle das Bild meines Neffen, des 2-jährigen Babys, am türkischen Strand gesehen habt. Was habt ihr gefühlt, als ihr das Bild gesehen habt? Was habt ihr gesagt, was habt ihr gemacht?…“ Offener Brief vom 20. Juni 2023 bei sea-watch.org von über 180 Menschenrechtsorganisationen und Initiativen zusammen mit Tima Kurdi, Tante von Alan Kurdi - „Wir haben die einzige Küstenwache der Welt, die Schiffbrüche verursacht, anstatt Schiffbrüchige zu retten“ – immer mehr Belege für Push-Backs als Ursache
- Möglicherweise waren Push-Backs der Küstenwache Schuld am Bootsunglück in Griechenland
„… WDR-Journalist Bamdad Esmaili ist in Griechenland und hat mit seinem Team mit Überlebenden sprechen können. (…) Bamdad Esmaili: Es geht darum, dass es Vorwürfe gibt, dass die griechische Küstenwache dieses Boot in die Richtung von italienischem Gewässer gezogen hat – dass sie es sozusagen gepushbackt hat. Diesen Vorwurf hatten wir bislang nur gehört, gestern Abend gelang es meinem Kollegen, der arabisch spricht, dann mit ungefähr zehn überlebenden Geflüchteten zu sprechen. Sie haben unabhängig voneinander berichtet, dass dieses Boot tatsächlich gezogen wurde – nicht nur einmal, nicht nur zweimal, sondern insgesamt dreimal. Und dabei ist das Schiff dann ins Wanken gekommen und ist gesunken. (…) Man muss sich das so vorstellen: Ein Schiff, das 30 Meter lang ist, war völlig überfüllt. Die Überlebenden erzählen uns, dass sie von den Schleppern gehört haben, dass 747 Personen auf diesem Schiff waren. Deswegen ist auch immer von knapp 750 Personen die Rede und die waren überall: Unten, oben auf dem Deck, seit Tagen unterwegs, ohne Nahrung, ohne Wasser. Da kann man sich vorstellen, wie die Stimmung auf dem Schiff war. WDR: Das heißt, man muss davon ausgehen, dass das Unglück zu hunderten Toten geführt hat. Was geschieht jetzt mit den Menschen, die gerettet wurden – auch mit denen, mit denen Sie gesprochen haben? Esmaili: Wir sind jetzt in Malakasa in der Nähe von Athen und dort sind 71 Personen untergebracht, die kommen ganz normal ins Asylverfahren. Knapp 30 Personen sind noch in Kalamata im Krankenhaus, die werden behandelt und dann kommen sie vermutlich auch ins ganz normale Asylverfahren. WDR: Ganz normale Asylverfahren nach dem, was sie erlebt haben, das ist sicherlich auch eine schwierige Situation. Wurde die Suche nach Überlebenden denn inzwischen eingestellt? Esmaili: Das kann ich so nicht bestätigen. Wir haben gestern Abend noch gehört, dass noch weiter gesucht wird, aber natürlich kann man nach so vielen Tagen und bei so vielen Menschen davon ausgehen, dass man kaum noch Überlebende aus dem Meer retten kann. Rund 100 Kinder sollen auch mit an Bord gewesen sein.“ WDR-Beitrag mit Interview von Judith Schulte-Loh vom 17. Juni 2023 - BBC widerlegt die unsägliche Lüge der Küstenwache
„Ein zentrales Argument der Küstenwache, warum sie das Boot mit den Geflüchteten nicht retteten, ist dass es während der vielen Stunden, die sie es beobachteten, es sich kontinuierlich in Richtung Italien vorwärts bewegt habe. Der BBC hat nachgewiesen, das das eine unglaubliche Lüge ist. Das Schiff bewegte sich in der ganzen Zeit so gut wie überhaupt nicht vom Ort. Das Video im Artikel beweist es. Der Redakteur des BBC erklärt im Video die Analyse der Schiffsbewegungen (auf englisch).“ Beitrag vom 18. Juni 2023 in griechenlandsolidarität zum engl. BBC-Video - „Wir haben die einzige Küstenwache der Welt, die Schiffbrüche verursacht, anstatt Schiffbrüchige zu retten“
„„Iasonas Apostolopoulos, Seenotretter: „Wenn Griechen an Bord wären, aufgestapelt wie Sardinen, mit Babys an Bord, unfähig, sich zu bewegen, unfähig, ihr Geschäft zu verrichten, würde man ihnen erlauben, weitere 500 Kilometer zu fahren? Der Einsatz eines Seils ist kein Stabilisierungsversuch und schon gar kein Rettungsversuch, sondern ein Versuch, sie zurückzudrängen.“
Der Seenotretter Iasonas Apostolopoulos, mit viel Erfahrung auf Rettungsschiffen von Organisationen im zentralen Mittelmeer und ein vehementer Verteidiger der Rechte von Geflüchteten in unserem Land, spricht mit „Ef.Syn.“ über das tödliche Schiffsunglück in Pylos, eines der tödlichsten im Mittelmeer seit Jahren, benennt Widersprüche und Unwahrheiten in den Erklärungen, die die Küstenwache und die Regierung zu geben versuchen, spricht über die kriminelle „Logik der Nichtrettung“, die eine gängige Praxis der griechischen Behörden für die überladenen Schiffe mit Geflüchteten auf dem Weg nach Italien ist, und spricht von einem vorhersehbaren und erwarteten Verbrechen, das nicht vertuscht werden sollte. (…) Es ist interessant, dass wir in Griechenland viel über die Flüchtlingsströme der Türkei zu uns sprechen und sie verurteilen, aber wir sprechen nie über unsere Flüchtlingsströme nach Italien. Griechenland, das sich angeblich für den Schutz der Grenzen einsetzt und die bösen Schlepper bekämpft, sollte diese Boote stoppen, Flüchtlinge retten und die Schlepper verhaften. Er tut es nicht. Es ist ein Mythos, dass die griechische Küstenwache rettet. Sie rettet, wenn es Schiffbrüche gibt, fast nie in anderen Fällen von Gefahr, bevor die Boote sinken…“ dt. Übersetzung am 18. Juni 2023 in griechenlandsolidarität aus dem gr. Interview von Iasonas Apostolopoulos am 17.6.2023 in efsyn mit Dimitris Angelidis zum Schiffsunglück von Pylos - „Orchestrierte Sterbebegleitung“: UN kritisert EU: Strategie im Mittelmeer als gescheitert
„Nach dem verheerenden Bootsunglück vor Griechenland mit Hunderten Toten sehen UN- und Menschenrechtsorganisationen die EU-Strategie im Mittelmeer als gescheitert. Derweil wird der Schuldige für das Unglück gesucht. Überlebende belasten die griechische Küstenwache… Beitrag vom 18.06.2023 im Migazin - „„Wir fordern die griechische Behörde auf, diese Überlebenden sofort und ordnungsgemäß unterzubringen, anstatt sie wegen welcher Einwanderungspolitik auch immer einzusperren.“ Die Einheit der hellenistischen Küstenwache, die das vollgestopfte Schiff abgeschleppt hat, was zu dessen Untergang führte, muss zur Verantwortung gezogen werden.“ engl. Tweet vom World Without Prisons vom 17. Juni 2023 zum engl. Tweet von Refugees In Libya 17. Juni 2023 mit Foto: „Sie fragen sich vielleicht, was wir Ihnen auf diesem Bild zeigen wollen, aber hören Sie zu: Der Junge im weißen Hemd ist ein syrischer Minderjähriger, der einen tragischen Schiffbruch überlebt hat, bei dem vermutlich über 600 Menschen ums Leben kommen, während der andere junge Mann im blauen Hemd der ältere Bruder des armen Jungen ist, den er den ganzen Weg von den Niederlanden aus aufspürte nachdem die Nachricht vom Schiffbruch die Runde gemacht hatte. Es ist unklar, wer von den beiden hinter Gittern sitzt, da sie sich beide zu umarmen scheinen und einer weint, während der andere seine Seele ausbluten lässt. Es wird jedoch angenommen, dass der junge syrische Überlebende in einem Lagerhaus in #Kalamata , Griechenland, eingesperrt wird, wo die meisten Überlebenden in Panikattacken und Misstrauen gegenüber der Menschlichkeit ertrinken. Wir fordern die griechische Behörde auf, diese Überlebenden sofort und ordnungsgemäß unterzubringen, anstatt sie wegen irgendeiner Einwanderungspolitik einzusperren. Die Einheit der hellenistischen Küstenwache, die das vollgestopfte Schiff abgeschleppt hat, was zu dessen Untergang führte, muss zur Verantwortung gezogen werden.“
- „Es ist jetzt klar, dass der Schiffbruch vor Pylos, Griechenland, eine der größten Seetragödien in Europa der Neuzeit ist. Hunderte Menschen waren im Rumpf des Fischereifahrzeugs eingeschlossen, als es kenterte und unterging, wobei möglicherweise über 600 Menschen ums Leben kamen Menschen. Informationen von griechischen Behörden, Organisationen und Journalisten werden immer weiter verbreitet, einige sind weniger genau als andere. Es ist schwierig, sich ein klares Bild davon zu machen, was in den fatalen Stunden, die zu dieser Tragödie führten, wirklich passiert ist. Eines scheint hingegen ganz klar zu sein: Wenn man die Informationen der Küstenwache, der griechischen Behörden, von Organisationen und Überlebenden vergleicht, stimmt das nicht, jemand lügt absichtlich, um die Wahrheit zu vertuschen.
Es kam ans Licht, dass mehrere Überlebende behaupteten, die griechische Küstenwache habe das Boot abgeschleppt, bevor es kenterte. Dies wurde von der Küstenwache kategorisch bestritten. Die Frage ist: Wenn das Fischereifahrzeug tatsächlich abgeschleppt wurde, in welche Richtung und zu welchem Zweck, Rettung oder Zurückdrängung?
Die Maßnahmen bzw. das Unterlassen der griechischen Küstenwache, Menschen in Seenot Hilfe zu leisten, liegen in diesem Fall auf der Hand. Die Küstenwache behauptet in ihrer Stellungnahme, dass die Menschen an Bord die Rettung verweigerten und weiter Richtung Italien fahren wollten. Von AlarmPhone veröffentlichte Informationen, die in direktem Kontakt mit Menschen an Bord des Bootes standen, erzählen eine andere Geschichte: Menschen bettelten um Rettung, ihr Hilferuf wurde ignoriert, was schließlich zu ihrem Tod führte.
Die Untätigkeit der griechischen Behörden wurde noch deutlicher, als Überwachungsbilder von Frontex veröffentlicht wurden. Sie zeigten ein stark überladenes Boot, draußen Menschen, die als Sardinen verpackt waren und ihre Hände in Richtung des Überwachungsflugzeugs hoben und winkten, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, obwohl sie nicht so aussehen Sie wollen keine Hilfe, ganz im Gegenteil.
Ein ehemaliger hochrangiger Offizier der griechischen Küstenwache sagte, dass „wertvolle Zeit verloren gegangen sei“ und bestätigte, dass die Verweigerung der Hilfe nur im Fall eines legalen, dokumentierten, seetüchtigen und unter der Flagge fahrenden Schiffes sinnvoll sei. Er sagte: „Das war die Definition eines Schiffes in Seenot.“
Die Entscheidung der griechischen Behörden, dass dieses Boot nicht in Seenot war und sich nicht in einem Zustand befand, der eine sofortige Rettung erforderte, ist umwerfend. Auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde, können wir nur spekulieren. War dies mit Sicherheit eine falsche Entscheidung? Man könnte sich fragen, ob diese Entscheidung aus Inkompetenz oder im Namen der griechischen Grenzschutz- und Flüchtlingspolitik getroffen wurde.
Die griechischen Behörden verfügten über die Zeit und die Ressourcen, um dieses Boot zu retten, das bis zu 750 Menschen an Bord beförderte. Die Rettungsaktion war nicht geplant, bevor das Boot gekentert war, was zur Folge hatte, dass bis zu 650 Menschen ums Leben kamen. Sollte es Konsequenzen geben, auf jeden Fall, die Frage ist, ob es überhaupt welche geben wird?
Wenn es sich um ein Kreuzfahrtschiff in Seenot gehandelt hätte und Hunderte von reichen Menschen aufgrund fehlender Rettungsbemühungen ertrunken wären, wäre jede Sekunde, jede Entscheidung und jede Bewegung auf den Prüfstand gestellt worden, jeder Stein wäre umgedreht worden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Hätte es auch nur das geringste Anzeichen von Fehlverhalten gegeben, wären die Köpfe gerollt. In diesem Fall befürchten wir, dass niemand zur Rechenschaft gezogen wird, es als Linie in der immer größer werdenden Statistik der Toten an den Grenzen Europas in der Nacht verschwindet, in Vergessenheit geraten wird.
Es ist wichtig, einen Blick auf die systematischen Pushback-Taktiken zu werfen, die die griechischen Behörden in den letzten drei Jahren umgesetzt haben, um ihre Denkweise zu verstehen. Hunderttausende Menschen wurden von ihrer Küstenwache illegal zurückgedrängt und mit allen notwendigen Mitteln daran gehindert, Menschen einzureisen, auch wenn dies bedeutet, dass dabei Menschen getötet werden.
In der Vergangenheit wurden Segelboote und Frachtschiffe voller Menschen Hunderte von Meilen geschleppt, bevor sie von der griechischen Küstenwache hilflos treibend zurückgelassen wurden. Es ist nicht unähnlich, dass dies auch in dieser verhängnisvollen Nacht der Plan war, nur dass es dieses Mal furchtbar schiefging, und jetzt versuchen sie ihr Bestes, es zu vertuschen, indem sie die Schuld anderen als sich selbst zuschieben.
In der Vergangenheit wurden Segelboote und Frachtschiffe voller Menschen Hunderte von Meilen geschleppt, bevor sie von der griechischen Küstenwache hilflos treibend zurückgelassen wurden. Es ist nicht unähnlich, dass dies auch in dieser verhängnisvollen Nacht der Plan war, nur dass es dieses Mal furchtbar schiefging, und jetzt versuchen sie ihr Bestes, es zu vertuschen, indem sie die Schuld anderen als sich selbst zuschieben.
Sind wir zuversichtlich, dass eine zu dieser Katastrophe eingeleitete nationale Untersuchung die Wahrheit ans Licht bringen wird? Leider nicht. Nationale Ermittlungen zu potenziellen Verbrechen griechischer Behörden führen immer und ausnahmslos zum gleichen Ergebnis, auch wenn es eine überwältigende Menge an Beweisen gibt und sie mit heruntergelassenen Hosen und unschuldig ertappt werden, dass dies dieses Mal die Schlussfolgerung sein wird. wir sind zuversichtlich.
Sogar der Chef von Frontex, Exekutivdirektor Hans Leijtens, der in Kalamata ankam, um sich von der griechischen Küstenwache über die Situation informieren zu lassen, erklärte sofort und ohne jegliche Untersuchung, dass die griechische Küstenwache ihr Möglichstes getan habe, um Leben zu retten. Er konnte unmöglich wissen, dass das wahr war. Warum sollte er das also der internationalen Presse sagen? Ging es um Schadensbegrenzung?
Es kursieren viele verwirrende Informationen, Spekulationen darüber, was wirklich passiert ist, und es scheint, dass niemand es genau weiß. Die Überlebenden wurden ohne Zugang zur Außenwelt eingesperrt und durften nicht einmal ihre Familien kontaktieren, um ihnen mitzuteilen, dass sie am Leben sind. Warum sind die griechischen Behörden also so vorsichtig? Überlebende sollten das Recht haben, mit jedem zu sprechen, auch mit Journalisten, um über das Geschehene zu berichten.
Ist es möglich, dass die griechischen Behörden Angst davor haben, was die Überlebenden sagen würden, wenn sie mit internationalen Journalisten sprechen dürften? Jetzt wurden sie unter Bewachung in die geschlossene Aufnahmeeinrichtung in Malakasa verschifft, wo sie hinter doppelten Zäunen, Stacheldraht und elektronischer Überwachung eingesperrt bleiben, wiederum ohne Zugang zur Außenwelt.
Ich war erstaunt, als ich heute las, dass Premierminister Ioannis Sarmas eine Kabinettssitzung abhielt, um über die Rechte der Überlebenden zu diskutieren, ob sie das Recht haben sollten, zu telefonieren oder das Internet zu nutzen. Über 100 Überlebende der schlimmsten Schiffskatastrophe in Europa seit Jahrzehnten, und sie müssen darüber diskutieren, ob sie jemanden anrufen oder die Nachrichten lesen dürfen, das ist beschämend und absolut schockierend!
Hunderte und höchstwahrscheinlich Tausende von Familienmitgliedern suchen nach Lebenszeichen ihrer Lieben und hoffen, sie unter den Überlebenden zu finden. Den Überlebenden ist der Zugang zu Telefonen nicht gestattet. Die Überlebenden sind keine Kriminellen, werden aber als solche behandelt, weil die griechischen Behörden Angst davor haben, was sie der Außenwelt erzählen könnten.
Basierend auf den verfügbaren Informationen und früheren ähnlichen Fällen, bei denen Flüchtlinge in Booten in der Gegend auf die griechische Küstenwache gestoßen sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine „Business-as-usual“-Operation handelte, die darauf abzielte, das Boot aus griechischen Gewässern zu steuern/zu zwingen. In diesem Fall ging der Rückschlag furchtbar schief. Die griechischen Behörden tun jetzt alles in ihrer Macht stehende, um ihn zu vertuschen. Schadensbegrenzung und die Leugnung jeglicher Verantwortung scheinen die Strategie zu sein. Das hat in der Vergangenheit perfekt funktioniert, also warum es nicht noch einmal versuchen?
Überlebende, Opfer und ihre Familien fordern gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft Antworten, nicht nur von den griechischen Behörden, sondern auch von Frontex und der Europäischen Kommission, und die Verantwortlichen werden zur Rechenschaft gezogen.“ engl. Thread von Aegean Boat Report vom 16. Juni 2023 mit Fotos - #7 fakten und 1 frage zu cutro und pylos
Beitrag vom 18. Juni 2023 in bernhard jenny bloggt
- Möglicherweise waren Push-Backs der Küstenwache Schuld am Bootsunglück in Griechenland
- „Die Zahl der Menschen, die gestern vor der Küste Griechenlands ihr Leben verloren haben, ist mittlerweile auf 500 gestiegen. Von einem Schiffs“unglück“ kann keine Rede sein. Die Toten im Mittelmeer sind Kalkulation…“ Thread von Sea-Watch vom 15.6.
- „Vor der Küste von #Pylos ist ein Schiff mit möglicherweise über 500 Geflüchteten an Bord gesunken. Rund hundert Menschen konnten gerettet werden, 79 Tote sind bis jetzt bestätigt. Diese Zahl wird noch dramatisch steigen. (…) Frontex und die griechische Küstenwache waren nicht nur informiert. Sie waren vor Ort, machten Aufnahmen aus der Luft, waren auch auf See in der Nähe – sozusagen eine »orchestrierte Sterbebegleitung«. (…) Das Schiff, das nun vor Griechenland gekentert ist, war auf dem Weg von Tobruk in #Libyen – nicht nach Griechenland, sondern nach Italien. Viele Schutzsuchende haben große Angst vor Pull-Backs nach Libyen, aber auch vor der menschenunwürdigen Situation in Griechenland. (…) Unsere Kolleg*innen von @rspaegean sind in #Griechenland natürlich wie immer vor Ort. Sie haben hier eine Einschätzung der Situation veröffentlicht…“ Thread von PRO ASYL vom 15. Juni 2023
- Siehe Fotos des mit Geflüchteten überfüllten Fischerbootes in griechischen Medien
- Admiral der Küstenwache: Die Küstenwache hätte helfen müssen und tat es nicht
„Die griechischen Hafenbehörden tragen die Verantwortung für das tödliche Schiffsunglück vor Pylos, so die Aussage des pensionierten Admirals der Küstenwache und internationalen Experten Nikos Spanos, der die Rolle der Küstenwache klarstellte. In einem Gespräch mit dem staatlichen griechischen Fernsehen (ERT) sagte Spanos, dass die Küstenwache in jedem Fall hätte eingreifen müssen, auch wenn die Insassen des „schwimmenden Friedhofs“ die Rettung abgelehnt hätten. Er erklärte auch, dass der Küstenwache die Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um dies sofort zu tun. Bezeichnenderweise betonte er: „Das Schiff war ein schwimmender Friedhof, ein sehr altes Boot ohne jegliche Zertifikate. Die Tragödie ist unaussprechlich. (…) Auf die Frage nach dem möglichen Vorgehen der Küstenwache in diesem speziellen Fall, in dem von einer Verweigerung der Rettung durch die Passagiere die Rede ist, antwortete er: „Wir fragen die Besatzung nicht, ob sie die Rettung ablehnt. Wir fragen die Besatzung eines in Seenot geratenen Schiffes nicht, ob sie Hilfe braucht. Sie brauchen Hilfe, und zwar mehr als das, denn das Boot treibt ab. Wir hätten das Richtige tun müssen. In Gythio gab es ein Boot, das helfen konnte, es ist ein Rettungsboot. Es könnte Menschen aufnehmen, es hat sogar ein Krankenhaus.“…“ Übersetzung vom 15. Juni 2023 bei Griechenlandsoli aus dem Artikel in Efsyn am 15.06.2023: „Internationaler Experte: Die Küstenwache hätte helfen müssen und tat es nicht“, siehe dazu:- „Hat die griechische Küstenwache das Boot abgeschleppt, bevor es kenterte? Ein Interview des ehemaligen Europaabgeordneten @karsenis das heute von @ThePressProject veröffentlicht wurde, enthüllt, dass die griechische Küstenwache das überfüllte Fischereifahrzeug möglicherweise abgeschleppt hat, bevor es kenterte.
Diese schockierende Nachricht kam, nachdem er in der Haftanstalt mit den Überlebenden im Hafen von Kalamata gesprochen hatte. Er sagte, sie hätten ihm gesagt, dass die griechische Küstenwache das Boot abschleppte, und dann kenterte es plötzlich. Die griechische Küstenwache hat mehrere Berichte über den Vorfall veröffentlicht, in denen jedoch nichts über das Abschleppen des Bootes erwähnt wurde. Warum also sollten diese wichtigen Informationen in den Berichten weggelassen werden, wenn sie wahr sind?…“ engl. Thread von Aegean Boat Report vom 15. Juni 2023 mit Video
- „Hat die griechische Küstenwache das Boot abgeschleppt, bevor es kenterte? Ein Interview des ehemaligen Europaabgeordneten @karsenis das heute von @ThePressProject veröffentlicht wurde, enthüllt, dass die griechische Küstenwache das überfüllte Fischereifahrzeug möglicherweise abgeschleppt hat, bevor es kenterte.
- Viele Tote bei Fluchtboot-Tragödie: Wären sie Ukrainer, würden sie noch leben
„Ein Boot kentert mit Hunderten Fliehenden an Bord. Wie viele überlebt haben, ist noch unklar. Währenddessen wird der Zugang zur EU weiter erschwert – jedoch nicht für alle. Warum Griechenland so entscheidend ist…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 15. Juni 2023 in Telepolis - „Tausende Menschen gingen in Athen, der Hauptstadt Griechenlands, auf die Straße und marschierten für die Flüchtlinge, die bei dem Schiffsunglück vor der Küste Griechenlands ihr Leben verloren.
#Greece #Πυλος #ναυαγιο #Pylos #shipwreck“ engl. Tweet von Vedat Yeler vom 15. Juni 2023 mit Video einer massenhaften Demo – und natürlich Polizeiangriffe: „Auseinandersetzungen in #Athen nachdem die Cops die Demo gegen die Ermordung von Migrant*innen angegriffen hat.“ Tweet von Riot Turtle vom 15. Juni 2023 mit Video
- Kein Mitleid, keine Erlösung. Die Überlebenden des Bootsunglücks von Pylos sitzen weiterhin in Griechenland fest
- Auf den Ägäis-Inseln ist seit Jahren real, was mit der EU-Asylrechtsverschärfung flächendeckend droht
„Auf den Ägäis-Inseln ist seit Jahren real, was mit der EU-Asylrechtsverschärfung flächendeckend droht: Haftlager, Schnellverfahren ohne Prüfung der Fluchtgründe und gewaltvolle Zurückweisungen. Ein Bericht unserer Partnerorganisation Refugee Support Aegean (RSA) zur Situation auf den Ägäis-Inseln verrät, auf was wir uns gefasst machen müssen. (…) Wie sieht es heute in den Flüchtlingslagern auf den Ägäis Inseln aus? Dieser Frage geht Refugee Support Aegean (RSA), die griechische Partnerorganisation von PRO ASYL, in der multimedialen Veröffentlichung »What is happening today in the refugee structures on the Aegean island« nach und liefert einen Überblick über die anhaltenden Probleme in den EU finanzierten Haftlagern auf den Ägäis-Inseln. Das Fazit: Auch über sieben Jahr nach dem Bau des ersten Lagers, nach dem Versprechen »No More Morias«, bleiben es schwarze Löcher für die Menschenrechte. Der Bericht basiert auf Recherchen von RSA und Erkenntnissen aus der Einzelfallarbeit. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die neuen Unterbringungsstrukturen und der Verfahren dort geliefert. Eine detaillierte Darstellung der Situation in Samos, Kos, Leros, Lesbos und Chios findet sich bei RSA .
Aus alt mach neu: Closed Controlled Access Centres (CCAC)
Seit 2015 finden sich auf den Ägäis-Inseln EU finanzierte Unterbringungslager. In diesen »Hotspots« sollten Schutzsuchende festgesetzt, registriert und einem Screening unterzogen werden. Die in Griechenland unter dem Namen »Reception and Identification Centres« (RIC) errichteten Strukturen entfalteten mit dem EU Türkei Deal ab März 2016 ihre volle Wirkung: Zehntausende Schutzsuchende wurden auf den Inseln festgesetzt, die Lager waren maßlos überbelegt, die Infrastruktur brach faktisch zusammen. Das Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos wurde zum Fanal einer gescheiterten EU-Asylpolitik. Immer wieder dokumentierten PRO ASYL und RSA die unhaltbaren Zustände, unter denen Schutzsuchende hier ihrem Verfahren unterzogen wurden.
Nach dem Brand von Moria im September 2020 sollte sich das ändern. Die EU Kommission gab das Versprechen »No More Morias« ab. Damit gemeint waren bessere Unterbringungsbedingungen und eine wirkliche Berücksichtigung der Bedürfnisse der Schutzsuchenden. In enger Kooperation zwischen EU und Griechenland wurden die Lager schrittweise umstrukturiert bzw. neu gebaut. Insgesamt sicherte die EU Kommission dafür 276 Millionen Euro zu, um sogenannte »Multi-Purpose Reception and Identification Centres (MPRIC)« zu errichten. In Griechenland entstanden daraus Closed Controlled Access Centres (CCAC) – »Geschlossene Zentren mit kontrolliertem Zugang«. Diese beinhalten unterschiedliche Bereiche, etwa zur Identifikation und Registrierung, zur Unterbringung, aber auch integrierte Abschiebungshaftbereiche. Während rechtliche Hindernisse und der Protest der Bevölkerung auf Lesbos und Chios die Neubaumaßnahmen verzögern, sind die neugebauten Haftlager auf Samos, Leros und Kos bereits Realität – zu 100% finanziert durch die EU. Die Zustände sind von Standort zu Standort unterschiedlich, dennoch lassen sich einige Punkte zusammenfassend feststellen.
Samos, Leros, Kos – Haftlager finanziert durch die EU
Die bis zu 15 km von den urbanen Zentren der Inseln entfernten CCACs muten an wie Hochsicherheitsgefängnisse: Sie sind umgeben von gleich zwei mit Stacheldraht gesäumten Sicherheitszäunen und werden rund um die Uhr überwacht. Erst nach Ausstellung eines Registrierungsdokuments für Asylsuchende ist es theoretisch möglich, das Lager zu verlassen. Bis dahin vergehen oftmals mehrere Wochen, in denen die Asylsuchenden faktisch inhaftiert sind. (…) Die Versorgung der Schutzsuchenden in den Lagern ist katastrophal. Viele NGOs, die in der Vergangenheit staatliche Versorgungsaufgaben übernommen hatten, haben die Inseln mittlerweile verlassen, u.a. weil die griechische Regierung ihre Arbeit massiv behindert und durch strenge Auflagen faktisch unmöglich macht. Gleichzeitig hat der griechische Staat eigenes Personal abgebaut. Die Folgen sind verheerend…“ Bericht von Pro Asyl vom 07.06.2023 („Griechische Verhältnisse – bald überall in Europa?“) – siehe zum aktuellen Hintergrund unser Dossier: Migrationspakt etc.: Neuer Anlauf in der EU-Flüchtlingspolitik (???) - Lager Kara Tepe / Lesbos / Griechenland: Kein Essen mehr für Flüchtlinge – Organisationen intervenieren
„Michalis Aivaliotis von der Selbstorganisation der Flüchtlinge „Stand by me Lesvos“ aus dem Lager Kara Tepe auf Lesbos / Griechenland berichtet über ein gemeinsames Treffen von dreizehn Organisationen zur derzeitigen Verteilung von Lebensmitteln an die Flüchtlinge des Lagers Kara Tepe. Alle betonten die Notwendigkeit der Koordination und Zusammenarbeit, die nötig sind, um die Flüchtlinge bei der Verteilung von Nahrungsmitteln zu unterstützen. Die Anstrengungen müssen gebündelt werden und es muss effektiver mit der Notlage umgegangen werden, die entstanden ist, nachdem die Lagerleitung die Essensausgabe an Flüchtlinge, die einen Asylstatus erhalten haben oder der Asylantrag zum zweiten Mal abgelehnt wurde, eingestellt hat…“ Beitrag von Iordanis Georgiou vom 06.06.2023 in den Rote-Fahne-News - Nichts ist gut an Europas Außengrenzen! Der Arzt Dr. med Arndt Dohmen zieht Bilanz seiner sieben Wochen im Flüchtlingscamp Mavrovouni auf der Insel Lesbos
„… Wieder bin ich nach der Ankunft gleich ins Camp zur ersten Sprechstunde gefahren. Für mich war dieser erste Tag geprägt vom Wiedersehen mit einigen Leuten, die ich vom letzten Jahr schon kannte. Einer dieser Bekannten war unser afghanischer Dolmetscher, der am 69. Geburtstag unseres ehemaligen Innenministers Seehofer nach mehreren Jahren, in denen er in Deutschland zur Schule gegangen war, im Abschiebeflieger nach Afghanistan gesessen hatte. Damals hieß es, nur straffällige Menschen seien abgeschoben worden. Sein Vergehen: Er war 18 Jahre geworden und hatte nun als Erwachsener kein Anrecht mehr, bei seiner Familie in Deutschland zu bleiben. Er war nicht einmal in Afghanistan geboren, denn seine Familie war schon während der ersten Talibanherrschaft in den Iran geflohen. Nichts verband ihn also mit diesem Land, und so machte er sich schon bald wieder auf den Weg zur zweiten Flucht über die Türkei, wo er elf Anläufe brauchte, um unbemerkt von der griechischen Grenzwache wieder europäischen Boden zu erreichen. Es war beschämend, als Deutscher von ihm überaus herzlich begrüßt zu werden, und es wird mir in Erinnerung bleiben, mit welcher Fröhlichkeit er auch jetzt wieder unser Team durch seine Übersetzungen unterstützte, obwohl seine Lebensperspektive weiterhin hoffnungslos ist, denn zweimal war sein Asylantrag inzwischen wieder abgelehnt worden. Erst die aktuelle Talibanherrschaft macht seine persönlichen Aussichten auf eine positive Asylentscheidung deutlich wahrscheinlicher. Solange lebt er aber illegal in Griechenland, und jede Polizeikontrolle kann erneut dramatische Konsequenzen haben. (…) Während wir in Europa innerhalb weniger Tage gemeinsam unbürokratisch alle Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen und ihnen ohne ein aufwändiges Asylverfahren jede Art der Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben gewähren, verschließen wir weiterhin die Augen vor den eklatanten Verbrechen gegen die Menschlichkeit an unseren südlichen Außengrenzen. Unverändert tragen wir durch ungerechte Wirtschaftsverträge mit den Ländern des globalen Südens zur ökonomischen Existenzvernichtung der Menschen in ihren Heimatländern bei. Warum zählt das Leid eines Flüchtlings aus Afghanistan, Syrien, dem Jemen oder aus durch Terror bedrohten afrikanischen Ländern nicht genauso wie das der Menschen, die jetzt aus der Ukraine zu uns kommen? (…) Am meisten beeindruckt hat mich der Besuch im Englischunterricht der selbstverwalteten »Star School« mitten im Camp. Alle hatten als Hausaufgabe einen kurzen Vortrag zu einem selbst gewählten Thema vorbereitet. Ein 17-Jähriger aus Afghanistan sprach über das Thema Migration und fasste seine Gedanken so zusammen: »Niemand verlässt sein Heimatland aus freien Stücken. Wir wollen uns in Europa nicht bereichern, wir sind hier, weil unser Leben im eigenen Land bedroht ist. Wenn ich mal für kurze Zeit einer der politischen Führer in Europa sein könnte, würde ich als erstes denen, die in solcher Not hierher kommen, menschenwürdige Lebensbedingungen und Chancen für ein ganz normales Leben gewähren und sie nicht wie Verbrecher in gefängnisähnlichen Lagern unterbringen.« Besser kann ich nicht in Worte fassen, was mich am Ende meines zweiten Einsatzes auf der Insel Lesbos bewegt und bedrückt.“ Erlebnisbericht von Dr. med. Arndt Dohmen vom 8. Juni 2022 bei Pro Asyl - Grenzrisse und Gleichzeitigkeiten: Während Millionen Menschen aus der Ukraine fliehen, wird die Rechtsstaatlichkeit an anderen Aussengrenzen der EU weiter ausgehebelt.
„Irina Kowalenko zeigt ihre hellblauen Nägel, auf denen weisse Wolken schweben: «Die habe ich einen Tag vor Kriegsausbruch machen lassen.» Im Gegensatz zu den bunten Nägeln wirkt ihr Gesicht wie Transparentpapier, das – wie ihre knetenden Hände – erahnen lässt, was sie in den letzten Tagen durchgemacht hat. (…) Seit Kriegsbeginn sind 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Es ist die grösste Fluchtbewegung in Europa seit Jahrzehnten. Millionen erleben einen Riss durch die eigene Existenz. Eine Zäsur, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und von der geflüchtete Menschen in Lagern wie Moria auf Lesbos oder in jenen von Bangladesch noch Jahre später erzählen, um sich zu erinnern, wer sie einmal waren. (…) Donnerstagmorgen, der 17. März, auf Lesbos. In diesem Jahr kamen bisher nur etwas mehr als 200 Personen an jenem Ort an, der in den letzten Jahren zu einem Drehkreuz der Flucht nach Europa wurde. Trotzdem wagen weiterhin Menschen, die meisten von ihnen aus Afghanistan und Somalia, die Überfahrt auf die Ägäischen Inseln – die nicht nur wegen der hohen Wellen, sondern auch wegen der immer brutaleren Zurückweisungen durch die Grenzschützer:innen gefährlicher wurde. Auf dem Boden des Friedhofs neben dem Dorf Kato Tritos liegt eine zertretene Plastikrose. Eine Gruppe Männer trägt zwei Körper in einem weissen Leintuch zum Erdhügel am hinteren Ende des aufgeweichten Feldes. Sechs von sieben Geflüchteten, die in den ersten beiden Märztagen an der Südküste von Lesbos angespült wurden, werden an diesem Tag im engen Kreis beerdigt. Bei den Menschen wurden keine Dokumente gefunden. Keine Telefone. Nichts, was sie ausgewiesen hätte. (…) Steht man vor dem Gerichtssaal auf Lesbos oder am Friedhof der Namenlosen, werden die Folgen dieser politischen Entscheidungen deutlich. Der «harte Grenzschutz», wie es auf Pressekonferenzen in Griechenland heisst, bedeutet für die Geflüchteten und ihre Angehörigen einen irreparablen Riss. Kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine haben sich die 27 EU-Staaten und die Schweiz auf einen besonderen Schutzstatus für Flüchtende geeinigt. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sprach von einer «historischen Entscheidung». Während Europa in diesen Tagen beweist, dass es möglich ist, Flüchtenden nach demokratischen Werten und internationalem Recht in Europa Schutz zu gewähren, zeigen die ersten Wochen der offenen Grenzen zur Ukraine auch eines: wie weit sich die Situation für Geflüchtete aus Afghanistan, Somalia oder dem Irak an anderen europäischen Grenzen entmenschlicht hat. Am Tag nach der Beerdigung der sechs Geflüchteten in Kato Tritos verlässt Anwalt Alexandros Georgoulis ohne richterliche Entscheidung den Gerichtssaal: Das Berufungsverfahren von Zahiri und Razuli wurde erneut vertagt, nun soll es in der ersten Aprilwoche stattfinden. Eine Stunde später wird der norwegische Fotograf Knut Bry* in den Gerichtssaal geführt. Der 75-Jährige wurde verhaftet, weil er am Hafen von Mytilini Bilder von einem Schiff der Küstenwache gemacht haben soll. Die Anklage lautet auf Spionage. So beginnt ein neuer Tag auf Lesbos.“ Bericht aus Lesbos, Przemysl und Zahony von Franziska Grillmeier aus der WOZ Nr. 12/2022 vom 24. März 2022 - Entrechtet und angefeindet. Griechenland: Auf Lesbos protestieren Bewohner mit Gewalt gegen Bau von Flüchtlingslager
„Anfang der Woche haben Bewohner der griechischen Insel Lesbos wieder gegen den Bau neuer, befestigter Flüchtlingslager auf ihrem Ackerland protestiert. Im 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Mytilini gelegenen Vastria, wo die EU derzeit für knapp 90 Millionen Euro ein Camp für bis zu 5.000 Menschen aus dem Boden stampft, zerstörten sie am Montag Bulldozer und setzten Lastwagen in Brand. Die seit Jahren auf Lesbos stationierten Spezialeinheiten (MAT) der Polizei nahmen nach Angaben des Innenministeriums vier Demonstranten fest.
Vor zwei Jahren hatte die Inselverwaltung bereits mit schweren Unruhen zu kämpfen, als sich Bevölkerung und Hunderte Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten im Mittleren Osten gegenüberstanden. Das nun im Bau befindliche »geschlossene, kontrollierte Camp« soll letztlich das berüchtigte Lager Moria ersetzen, das im September 2020 vollständig abgebrannt war.
Griechenlands Bevölkerung durchlebt in diesen Tagen einen der härtesten Winter seit Jahren. Gleichzeitig explodierende Preise für die Grundversorgung etwa mit Lebensmitteln, Benzin und Heizöl sowie die von der Regierung im Rahmen der Covidseuche verhängten Einschränkungen haben auf Inseln wie Lesbos, Samos oder Leros die gesellschaftlichen Spannungen erheblich verschärft. Lokale Proteste gegen den Bau neuer Lager werden von aus Athen angereisten faschistischen Gruppen, aber auch von einem nicht unerheblichen Teil der bürgerlichen Rechten zusätzlich politisch angeheizt. Gefährlich leben inzwischen auch die Freiwilligen der mehr als 40 nationalen und internationalen Hilfsorganisationen, deren Arbeit kaum noch Anerkennung findet. (…) Von der Menschlichkeit, die die Inselbewohner auf Lesbos vor Jahren auszeichnete, als sie Hunderte Ankömmlinge täglich mit selbst zubereiteten Mahlzeiten versorgten und in ihrer Stadt Mytilini willkommen hießen, ist nicht mehr viel übriggeblieben. Nicht nur den Baustopp für das neue Camp verlangten die Demonstranten am Montag abend, als sie Baumaschinen zerstörten, sondern »die Schließung aller Lager«. Die Unterkünfte, in denen Menschen wie Gefangene auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten, sind auf Samos, Kos und Leros bereits bezogen. Auf Lesbos sollen die Bauarbeiten im nächsten September abgeschlossen werden. Den bitter kalten Winter müssen die 1.700 Flüchtlinge in einem Übergangslager überleben, einer den harten Nordwinden ausgesetzten Zeltstadt am Strand von Kara Tepe. Verlassen dürfen die ständiger Kontrolle durch Sicherheitskräfte ausgesetzten Menschen ihr Camp nur zu festgesetzten Uhrzeiten. Was nicht ungefährlich ist, weil draußen bisweilen schon rechte Schläger oder auch einfach missgelaunte Polizisten warten.“ Artikel von Hansgeorg Hermann, Chania, in der jungen Welt vom 11.02.2022 - Hilfsorganisation: Griechische Regierung lässt ein Drittel der Flüchtlinge hungern [von aktueller Kältewelle ganz zu schweigen] „Die Flüchtlingssituation in Griechenland ist weiterhin katastrophal. Eine Hilfsorganisation beschuldigt nun die Regierung für eine drohende Hungersnot in den Lagern – knapp einem Drittel der Menschen werde die Essensausgabe verweigert. Noch immer sitzen tausende geflüchtete Menschen in Auffanglagern in Griechenland fest. Neben den katastrophalen hygienischen und infrastrukturellen Umständen kommt nun eine weitere Bedrohung für die Migranten hinzu: der Hunger. Wie die Hilfsorganisation „International Rescue Committee“ (IRC) berichtet, ist knapp ein Drittel der 16.559 Migranten, die derzeit in Auffanglager auf den griechischen Inseln sitzen, von einer Hungersnot bedroht. Das IRC macht für diese humanitäre Katastrophe die griechische Regierung verantwortlich. Diese hätte im vergangenen Herbst beschlossen, die Essensausgabe an alle Menschen, die nicht Teil eines Asylverfahrens sind, einzustellen. Diejenigen, deren Asylantrag bewilligt oder abgelehnt werde, könnten bis auf Weiteres in den Lagern bleiben, würden aber kein Essen mehr bekommen…“ Artikel von Phil Göbel vom 24.01.2022 im Stern online
- Nach Bootsuntergängen: Leiche eines Kleinkindes am Strand von Naxos geborgen
„… Kurz vor Weihnachten waren bei Bootsunglücken in der Ägäis mehr als zwei Dutzend Geflüchtete ums Leben gekommen. Fast zwei Wochen später haben die Behörden in Griechenland nun mehrere Leichen in der Ägäis entdeckt, teilte ein Sprecher der griechischen Küstenwache laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag im Staatsrundfunk mit. Am Samstag war die Leiche eines etwa drei Jahre alten Kindes an einem Strand der Insel Naxos entdeckt worden. (…) In den vergangenen Tagen waren vier weitere Leichen gefunden worden. Die griechische Polizei geht davon aus, dass es sich bei den Opfern um Geflüchtete handelt, die seit dem Kentern der Boote Ende Dezember vermisst werden. Nach den Unglücken waren vor der Ferieninsel Paros 16 Leichen geborgen worden. Elf Menschen waren nördlich von Kreta ums Leben gekommen. Drei Geflüchtete waren nahe der Insel Folegandros ertrunken. Die Behörden nehmen an, dass die Zahl der Todesopfer noch viel höher sein könnte. Dutzende Menschen würden noch immer vermisst, sagte der Sprecher der Küstenwache. Die Geflüchteten, zumeist stammen sie aus Syrien, hätten versucht, direkt aus der Türkei durch die Ägäis nach Kalabrien zu gelangen. Schätzungen zufolge erreichten auf diesem langen und gefährlichen Seeweg in den vergangenen Monaten rund 11.000 Menschen Italien. Laut Hilfsorganisation starben zwischen Januar und November 2020 rund 2500 Menschen bei der Überfahrt…“ Meldung vom 9. Januar 2022 im Spiegel online - Flüchtlingskinder hungern in Griechenland
„Kein Essen, keine Medikamente, keine warme Kleidung: Tausende Schutzsuchende in Griechenland bekommen seit Wochen kein Geld mehr vom Staat und leiden unter Hunger. Der Grund: Die griechische Regierung verzögert die Auszahlung von EU-Hilfsgeldern. »Jetzt gibt es Nächte, in denen unsere Kinder mit leeren Mägen und Tränen in den Augen schlafen gehen. Alles, was wir tun können, ist, ihnen zu sagen: Das ist nicht schlimm. Es geht vorbei.« Das berichtet eine Mutter, die mit ihrer Familie, darunter einem Baby, im Lager im Lager Malakasa in der Nähe von Athen lebt. Zunächst hätten sie von dem wenigen gesparten Geld leben können, erzählt sie weiter in einem Bericht von Refugee Support Aegean (RSA), der griechischen Partnerorganisation von PRO ASYL. Doch nun hätten sie nicht mal Geld, um nach Athen zu fahren, um dort bei Hilfsorganisationen nach Lebensmitteln zu fragen…“ Pro-Asyl-Meldung vom 23.12.2021 - Auch in diesem Winter in Zelten
„Auf Lesbos und Chios werden die Menschen weiter in provisorischen Behausungen leben müssen. Der Bau fester Wohneinheiten hat noch nicht einmal begonnen. Geflüchtete auf den griechischen Inseln Lesbos und Chios können nicht wie geplant bis zum Winter in neue Flüchtlingslager ziehen. Rund 2550 Menschen werden dort weiterhin in Zelten und Containern wohnen. Der Bau der Unterkünfte hat noch nicht einmal begonnen, wie aus einer Antwort der EU-Kommission auf Fragen der Deutschen Presse-Agentur hervorgeht. Schwierig ist die Lage im nahenden Winter vor allem auf Lesbos, wo weiterhin rund 2200 Migranten im Übergangs-Camp Kara Tepe leben. Das Lager war vor gut einem Jahr in Windeseile errichtet worden, nachdem ein Großbrand das berüchtigte Auffanglager Moria fast vollständig zerstört hatte. Zwar kündigte der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis im Frühjahr an, dass bis zum Winter ein neues Lager fertiggestellt würde, aber dieses existiert – genau wie auf Chios – weiterhin nur auf dem Papier. (…) Hilfsorganisationen bemängeln immer wieder, das Übergangslager auf Lesbos sei noch schlimmer als Moria. Athen bestreitet das und verweist darauf, dass letztes Jahr in Moria 20.000 Menschen unter schlechten Umständen ihr Dasein gefristet hätten, während das jetzige Lager mit einer Kapazität von 8000 Plätzen nur noch 2200 Menschen beherberge. Hintergrund dafür ist, dass die Regierung viele Kinder, Schwangere und Kranke aufs Festland geholt hat.“ Beitrag vom 27. 11. 2021 in der taz online - Zwei neue Lager für Geflüchtete: Nach Samos jezt Leros und Kos
„Griechenland hat zwei weitere „geschlossene“ Flüchtlingslager eröffnet. „Eine neue Ära beginnt“, sagte Migrationsminister Notis Mitarachi am Samstag anlässlich der Eröffnung der Einrichtungen auf den Inseln Leros und Kos. Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen sehen die neuen Asyllager kritisch, weil sie sehr abgelegen liegen und die Bewegungsfreiheit der Bewohner eingeschränkt wird. „Wir befreien unsere Inseln von dem Migrationsproblem und seinen Konsequenzen“, sagte der griechische Minister. „Die Bilder, die wir von 2015 bis 2019 in Erinnerung haben, gehören nun der Vergangenheit an.“ Die neuen Asyllager sind mit Stacheldrahtzaun umgeben, mit Überwachungskameras und Röntgengeräten für Sicherheitskontrollen ausgestattet sowie mit magnetischen Türen und Toren, die nachts geschlossen bleiben. Im Gegensatz zu den früheren Flüchtlingslagern sind sie aber auch mit fließend Wasser, Toiletten und mehr Schutzvorkehrungen für die Bewohner ausgestattet. Ein erstes Lager dieser Art war im September eingeweiht worden, zwei weitere sollen auf den Inseln Lesbos und Chios eröffnet werden. Die Europäische Union hat 276 Millionen Euro für den Bau der neuen Asyllager beigesteuert…“ Beitrag vom 28. November 2021 bei Epoch Times , siehe dazu auch:- Prisons in paradise: Refugees detentions in Greece raise alarm
„Greece appears to be testing the limits of international laws by holding asylum seekers for lengthy periods and in poor conditions, Al Jazeera investigation finds…“ (engl.) Reportage vom 22.10.21 bei Al Jazeera
- Prisons in paradise: Refugees detentions in Greece raise alarm
- Vier Schutzsuchende ertrinken vor griechischer Küste
„Vier Schutzsuchende, drei von ihnen Kinder, sind am Dienstag vor der griechischen Küste ertrunken. Sie waren mit 23 anderen Schutzsuchenden auf dem Weg von der Türkei nach Griechenland, als ihr Boot sank. Vor der Küste der griechischen Insel Chios sank am Dienstag ein mit 27 Schutzsuchenden besetztes Boot. Während 22 Schutzsuchenden von der griechischen Küstenwache gerettet werden konnten, kam für vier von ihnen die Hilfe zu spät. Vier von ihnen, eine Frau und drei Kinder, ertranken, eine weitere Person wird noch vermisst. „Das betreffende Schiff war von der türkischen Küste aus aufgebrochen und mit einer großen Anzahl von Passagieren beladen. Diese Tatsache, in Kombination mit den widrigen Wetterbedingungen, führte zum Ablösen des Rumpfes“, so die Küstenwache. Nach Angaben der Küstenwache hatten die Insass:innen des Bootes keine Rettungswesten erhalten. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) haben in diesem Jahr mehr als 2.500 Menschen die Ägäis aus der benachbarten Türkei überquert, im Jahr 2020 waren es mehr als 9.700…“ Meldung vom 27.10.2021 bei ANF News - [„Das neue Moria“] Flüchtende hinter Stacheldraht: Wie die EU den Bau von Lagern unterstützt
„Nach dem Brand des Lagers in Moria werden Flüchtende auf den griechischen Inseln in neue Lager gebracht, die Gefängnissen ähneln. Von uns veröffentlichte Dokumente zeigen: Die EU-Grundrechteagentur warnte lange vor den Lagern. Und Deutschland hilft beim Aufbau. (…) Dabei hatte die EU eigentlich eine eigene Task Force eingerichtet, die für die Einhaltung der Standards Sorge tragen sollte. Über mehrere Monate hinweg haben wir gemeinsam mit den freien Journalist:innen Katy Fallon, Elisa Perrigueur und Franziska Grillmeier sowie dem ZDF Magazin Royale, Ippen Investigativ und Mediapart zur Konzeption und dem Bau der Lager recherchiert. Über Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz hatten wir Zugriff auf u.a. die Protokolle der Sitzungen zwischen der Task Force, des griechischen Ministeriums sowie anderen EU-Agenturen, vor allem aber auf einen Bericht der EU-Grundrechteagentur (FRA). Er zeigt: Die EU hat mit den Lagern das umgesetzt, wovor die Grundrechtsagentur eigentlich warnte. (…) 276 Millionen Euro gab die EU der griechischen Regierung für die Konzeption und den Bau von fünf neuen Auffanglagern auf den Inseln Leros, Kos, Lesbos, Chios und Samos. Mitte September 2020 wurde das erste auf Samos eröffnet und 300 Menschen dorthin transferiert. Die Lager seien Pilotprojekte und markieren ein „neues Kapitel des Migrationsmanagement“, wie die Vorsitzende der EU-Task Force Beate Gminder bei der Eröffnung verkündete. Tag und Nacht patrouillieren Polizist:innen in und um das Gelände. Drohnen überwachen aus der Luft das Gelände, das mit einer doppelten Reihe Maschendrahtzaun und NATO-Stacheldraht mit Widerhaken umzäunt ist. Verlassen werden kann das Lager nur mit einer Chipkarte zwischen 8:00 Uhr und 20:00 Uhr. Die nächste Stadt liegt über eine Stunde Fußweg entfernt. Unzählige Kameras übertragen in Echtzeit den Alltag der Menschen in eine dafür eigens eingerichtete Kommandozentrale im griechischen Migrationsministerium. Wie ein Tweet des griechischen Migrationsministers zeigt, sogar die Betten (…) Deutschland spielte unterdessen bei der Planung der Lager eine wichtige Rolle. Interne Vermerke, die wir veröffentlichen, zeigen, dass Deutschland Griechenland beim Bau der Lager mit Expertise unterstützte, unter anderem durch die Vorstellung des Konzepts der Ankerzentren. (…) Eine Unterstützung beim Bau der neuen Lager kommt Deutschland und auch der EU soweit zugute, dass die Menschen auf den Inseln mittels Stacheldraht und Überwachungstechnologien festgehalten werden…“ Exklusiv-Bericht von Vera Deleja-Hotko vom 22. Oktober 2021 bei FragDenStaat zur Recherche von Katy Fallon, Elisa Perrigueur, Franziska Grillmeier und Vera Deleja-Hotko „Das neue Moria“ zum gleichnamigen ZDF-Beitrag vom Magazin Royale vom 22. Oktober 2021 - [Bericht] Geflüchtete auf Lesbos in Zeiten von Covid-19: Über die Lebensbedingungen in einem Flüchtlingslager
„Im August/September bin ich für dreieinhalb Wochen auf Lesbos gewesen. Mich hat die aktuelle Situation der Geflüchteten dort interessiert. An einem Tag bin ich von Mytilini mit dem Bus zum Dorf Moria gefahren, dann zu Fuß weiter zum nahegelegenen Camp Moria, bzw. dem, was davon übriggeblieben ist. (…) Erst bei einem Gespräch mit einer Volunteerin in Mytilini wurde es mir klar: Ich war (unbewusst) just am 8. September dort, also dem Jahrestag des Brands vom Camp Moria. Die Polizisten waren dort, weil im Internet eine Demonstration angekündigt worden war. Aber das hat sich wohl nicht realisiert. Ansonsten hat man in Mytilini und Umgebung von diesem traurigen Jahrestag wenig mitbekommen. Einzige rühmliche Ausnahme: „Leave No One Behind“ (lnob.net) hat vom 9. bis 11. September im „LNOB Warehouse“ an der Küstenstraße von Mytilini nach Panagiouda, also ganz in der Nähe vom neuen Camp, anlässlich des Jahrestages des Brands vom Camp Moria eine Ausstellung gemacht: „#REMEMBERMORIA, One Year After the Fire – Carving the Ashes“. Gezeigt wurden in dem alten Gebäude überwiegend Gemälde und Fotos vom Brand vom Camp Moria, bzw. dadurch inspiriert. In einem schwarz-abgedunkelten Kabuff wurde der zirka fünf Minuten lange Film „Now You See Me Moria“ in Endlosschleife gezeigt: Amateurhafte Filmaufnahmen während der Brandnacht. (…) Am kleinen Nordhafen von Mytilini steht eine Bronzestatue: eine Mutter mit ihren drei Kindern, eines davon auf ihrem Arm. Dieses Mahnmal von 1984 ist gezeichnet mit: „An die kleinasiatische Mutter“. Es erinnert also an die kleinasiatische Katastrophe von 1922 (von der ja auch Lesbos stark betroffen war) – Mütter mit ihren Kindern auf der Flucht. In der nahen Ferne sieht man an ein Fabrikgebäude hingesprüht: „Close Moria!“ und „Stop Deportation“ (auf der Rückseite steht: „No Borders“). Das ist die neue kleinasiatische Katastrophe, ziemlich genau 100 Jahre nach der ersten! (…) Unterhalb des Kastros von Mytilini, ganz in der Nähe des Fähranlegers steht eine (kleine) Freiheitsstatue. Sie steht aber nur für die Freiheit der Einheimischen oder der Touristen. Und nicht für die Freiheit der Geflüchteten, denn das würde ja „No Borders“ bedeuten!…“ Erlebnisbericht von Peter Oehler vom 14. Oktober 2021 bei Telepolis - Vergessenes Elend: Ein Jahr nach dem Brand in Moria – Wir fordern ein: Kein weiteres Moria!
„Am 8. September 2020 brannte das Elendslager Moria auf Lesbos ab. Aber anstatt die Menschen endlich vernünftig unterzubringen, wurde in Windeseile Moria 2.0 aufgebaut und die Abschottung intensiviert. Leider erfolgreich: Heute spricht kaum mehr jemand vom Schicksal der Geflüchteten, die in Griechenland festsitzen. Eine Chronik des Vergessens. (…) Wir fordern ein: Kein weiteres Moria! Moria wurde zum Synonym der Abgründe europäischer Flüchtlingspolitik, für elende langwierige Verfahren, desolate Unterbringung und rechtswidrige Abschiebungen. Das Feuer symbolisierte nicht zuletzt das Scheitern des Ansatzes der Hotspot-Lager auf den Inseln. Von der angekündigten Kehrtwende fehlt jedoch jede Spur: Statt das Scheitern anzuerkennen, wird genau dieser Ansatz verschärft, vertieft und mit dem angesprochenen »New Pact« in Gesetze gegossen. Und während ganz aktuell etliche Politiker*innen Mitgefühl für die verzweifelten Afghan*innen aussprechen, sorgen der Pakt und die EU-Abschottungspolitik dafür, dass Menschen, die schon bei der Evakuierung im Stich gelassen wurden, auch bei der Flucht auf eigene Faust vor Europas Toren abgewehrt werden. Und dass jene, die bereits in Europa sind, weiter in Elendslagern ohne Hoffnung festsitzen.“ Beitrag vom 07.09.2021 von und bei Pro Asyl - [Aufnahmeprogramme beendet] Appell an die Regierung: Weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland gefordert
„… Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen haben die Bundesregierung aufgefordert, mehr Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen. Noch immer seien besonders schutzbedürftige Menschen wie Kinder in Lagern auf den griechischen Inseln untergebracht, „denen Deutschland helfen kann und muss“, erklärten die Initiativen am Dienstag in Berlin vor der Sitzung der EU- Justiz- und Innenminister am Dienstag. „Trotz erheblicher Geldzahlungen und Hilfslieferungen sind die Lebensumstände für Geflüchtete in den Hotspots auf den griechischen Inseln weiterhin katastrophal.“ Es fehle vor allem an angemessenen Unterkünften und medizinischer Versorgung. Dies und die Asylpolitik der griechischen Regierung machten eine menschenwürdige Aufnahme vor Ort nicht möglich, betonten die Organisationen, darunter Amnesty International, Diakonie Deutschland, „Ärzte ohne Grenzen“, Caritas, Pro Asyl und Save the Children. Sie fordern von der Bundesregierung, die Aufnahmeprogramme nach Deutschland fortzusetzen, sich für eine langfristige gemeinsame europäische Lösung einzusetzen und den Verzicht auf die geplanten Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen, wie sie von der EU-Kommission und Griechenland als „Pilotprojekt“ vereinbart worden seien. (…) Mit dem bisher letzten Flug im April und der Aufnahme von insgesamt rund 2.700 Menschen seien die offiziellen Programme der Bundesregierung beendet worden. „Für Tausende weitere Geflüchtete hat sich an der Perspektiv- und Rechtlosigkeit auf den griechischen Inseln bisher nichts verändert“, kritisierte die Asylexpertin von Amnesty International, Franziska Vilmar…“ Meldung vom 8. Juni 2021 von und bei MiGAZIN zum Appell , siehe auch:- PRO ASYL zum heutigen EU-Rat: Keine Grenzverfahren – Aufnahme aus Griechenland fortsetzen
„Anlässlich der Sitzung des EU-Rats der Justiz- und Innenminister*innen am 8. Juni appelliert PRO ASYL gemeinsam mit 13 weiteren NGOs an die Bundesregierung und die Innenminister*innen Europas, weitere Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen. Zudem muss das Hotspot-Experiment auf griechischen Inseln beendet werden – also die de facto Festsetzung von schutzsuchenden Männern, Frauen und Kindern unter menschenunwürdigen Bedingungen…“ Pressemitteilung vom 08.06.2021
- PRO ASYL zum heutigen EU-Rat: Keine Grenzverfahren – Aufnahme aus Griechenland fortsetzen
- Lesbos: Stacheldraht statt Therapie
„Das lokal verwaltete Familienlager Kara Tepe bot eine menschenwürdige Alternative zum berüchtigten Moria. Nun haben die Behörden es geschlossen, und die besonders schutzbedürftigen Menschen landen in einem von der EU finanzierten Hochsicherheitslager. (…) Bis zu 1300 besonders schutzbedürftige Familien konnten in den letzten Jahren in dem von der Stadt Mytilini verwalteten Lager auf der ägäischen Insel Lesbos eine menschenwürdige Unterkunft finden. «Dass du mir nicht aufhörst zu üben», sagt Velasquez. Sie droht lachend mit dem Zeigefinger. «Immer, Boss», sagt Alafat. Seit 2019 hat die Chilenin in Kara Tepe mit Überlebenden von Folter und schweren Traumata in einer ganzheitlichen Physiotherapie zusammengearbeitet. Für Velasquez und ihren Patienten Khaled Alafat ist dieser Vormittag im April eine der letzten Trainingseinheiten. Über zwei Stunden am Tag trainiert der 33-Jährige, fast sein ganzer Körper ist spastisch beeinträchtigt. Dabei helfen ihm auch seine beiden Cousins, die den gleichen Weg aus Syrien genommen haben wie er. Einer von ihnen liegt mittlerweile selbst auf dem Behandlungstisch im Nachbarcontainer vor Velasquez. An der Innenseite seines rechten Oberarms hat sich ein tennisballgrosser Furunkel gebildet. Es sei die zweite Entzündung binnen drei Wochen. Der Stress, sagt Velasquez, mache die Menschen krank. (…) Bis zum Jahresende sollen auf Lesbos alle kleineren Hilfsinitiativen geschlossen und die Menschen in das grosse Lager Mavrovouni überführt werden, das seine BewohnerInnen auch «Moria 2» nennen. Mavrovouni liegt nur zwei Kilometer von Kara Tepe entfernt. Acht Monate nach dem Feuer, das Moria zerstört hat, leben hier über 6000 geflüchtete Menschen auf einem ehemaligen Übungsplatz des griechischen Militärs. Bis zu 300 PolizistInnen, die rund um die Uhr im Einsatz sind, sowie doppelter Stacheldrahtzaun sichern das Lager. Die CampbewohnerInnen dürfen das Gelände nur einmal wöchentlich zum Einkaufen oder um Sport zu treiben, verlassen. (…) Knapp eine Woche nach der Räumung stehen zwei RednerInnenpulte hinter der Einfahrt von Kara Tepe. Davor etwa zwölf Sicherheitsmänner, ein paar JournalistInnen, eine Fernsehkamera, drei Mikrofone. Es ist die offizielle Übergabe des verlassenen Campgeländes an den Bürgermeister von Mytilini. «Es gibt nur Statements. Keine Fragen», sagt der Pressevertreter des Migrationsministeriums zur Begrüssung. Notis Mitarakis, der griechische Migrationsminister, steigt aus einem blauen Auto hinter einem UNHCR-Zelt, vor dem eine Schaukel im Wind schwingt. Ein paar Meter weiter wartet Bürgermeister Stratis Kytelis im schwarzen Anzug in der Mittagssonne. Eine Viertelstunde später werden die beiden Staatsmänner wieder in der Autokolonne verschwinden. Was bleibt, ist bloss eine Aussage: «Die Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Migrationsströme und die Bürde der Inselbevölkerung zu reduzieren.» Zu welchem Preis, wird nicht erwähnt…“ Bericht von Franziska Grillmeier (Text) und Elias Marcou (Foto) aus der WOZ Nr. 22/2021 vom 3. Mai 2021 - Offener Brief: This is not Disneyland – Flüchtlinge aus Moria richten sich angesichts steigender Corona-Zahlen im Lager erneut an die europäische Öffentlichkeit
„… Wir möchten mit diesem Brief darauf aufmerksam, dass die bedrohliche Covid-19- Situation im Lager nicht vorbei ist, sondern im Gegenteil eskaliert: Alles, wovor wir vor einem Jahr gewarnt haben, scheint nun Realität zu werden! Die Menschen sind sehr verängstigt deswegen. Das letzte Mal, als wir viele Fälle von Covid-19 im Lager hatten, brannte das Lager bald darauf ab. Alles, was in der Nacht des Brandes und in den Wochen danach passierte, brachte uns in eine noch schlimmere Situation. Während Griechenland nun seine Grenzen für die beginnende Urlaubssaison öffnet und Restaurants und Geschäfte Touristinnen und Touristen willkommen heißen, verschlechtert sich unsere Situation im Lager zusehends. Immer mehr Menschen werden positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Mehr als hundert sind in Quarantäne. Covid-19 geht mit vielen negativen Begleiterscheinungen einher. Nicht nur, dass Menschen krank werden und möglicherweise daran sterben, oder dass es zu wenige Krankenhausbetten, Personal und Ausstattung für die Behandlung gibt: Im Dezember letzten Jahres wurde ein Bericht veröffentlicht, der besagt, dass jede:r dritte Geflüchtete auf Lesbos Selbstmordgedanken hat und jede:r fünfte schon einmal versucht hat, sich umzubringen. Auch das ist eine Folge von Covid-19. Wegen Covid-19 dürfen wir seit letztem Jahr nur noch an bestimmten Tagen aus dem Lager raus. Deshalb können wir keine Angebote von Hilfsorganisation wahrnehmen und auch nicht einfach in einen Laden gehen, um Lebensmittel oder etwas anderes zu kaufen. (…) In den letzten Wochen haben viele Menschen gegen die Zustände demonstriert. Die Menschen sind völlig erschöpft und hoffnungslos. Das Versprechen, das uns von griechischen Politikerinnen und Politikern und von der EU gegeben wurde, war: Nie wieder Moria. Mit diesem Brief wollen wir Sie an dieses Versprechen erinnern. Denn wir, die Geflüchteten, sind immer noch hier auf Lesbos und unsere Situation droht, wieder sehr schlimm zu werden…“ Offener Brief des Moria Corona Awareness Teams und Moria White Helmets am 17. Mai 2021 veröffentlicht bei medico international - Petition gegen Mauern und Stacheldraht um die Geflüchtetencamps in Griechenland
„… Vor ein paar Tagen wachte ich auf und bemerkte einige Bulldozer und viele Arbeiter, die am hinteren Tor arbeiteten und etwas aufbauten. Sie hatten bereits einige lange, rote Metallstangen niedergelegt. Als ich sie danach fragte, sagten sie mir, dass sie eine Mauer rund um das Lager bauen würden. Sie sagten mir auch, dass die Mauer 3 Meter hoch sein würde und dass das Projekt in einem Monat fertig sein würde. Heute, wie jedes Mal, wenn wir Ihre Solidarität brauchen, um eine weitere ungerechte Entscheidung und Aktion der Regierung zu stoppen, können Sie sich mit Ihrer Unterschrift und Ihrer Mitarbeit an dieser Petition gegen echte Mauern und Barrieren stellen…“ Petition von Parwana Amiri, Ritsona Camp, Griechenland, bei avaaz.org - Kämpferische Mai-Grüße aus Kara Tepe Lesbos / Griecheland
„Michalis Aivaliotis, Leiter der Selbstorganisation der Flüchtlinge im Lager Kara Tepe, Stand-by me Lesbos, schreibt: Liebe Freunde und Mitkämpfer. Ich sende euch herzliche und kämpferische Grüße zum 1. Mai dem Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse. Diese Grüße senden wir euch aus Kara Tepe, dem größten Flüchtlingslager in Europa. Danke für die Solidarität, die wir von euch bekommen haben. Dieses Lager, mit aktuell 6500 Flüchtlingen, ist eine Schande für die EU. Es ist auf einem alten Militärübungsgebiet gebaut worden, ohne Infrastruktur und mit der ständigen Gefahr, dass alle – vor allem die über 3000 Kinder durch Blei vergiftet werden. Über 6500 Menschen wird ein Leben ohne fließendes warmes Wasser, ohne Strom und Heizung, in Kälte und ständiger Nässe in Sommerzelten zugemutet. Es ist ein Hundeleben. Die Verantwortlichen in der EU und in der griechischen Regierung finden diese Lebensbedingungen respektabel. Welche Schande. Hier werden Menschen, die wegen Krieg, Umweltzerstörung, faschistischer und religiöser Gewalt aus ihren Heimatländern fliehen mussten und Schutz suchen, durch unsere Politiker und unser System erneut Gewalt ausgesetzt. Einer psychischen, seelischen ja sogar körperlichen Gewalt durch die Frontex. Die Flüchtlinge haben sich in Selbstorganisationen organisiert und versuchen beispielhaft, die Bildung – nicht nur der Kinder – durch Schulunterricht voranzutreiben. Die Sauberkeit wird durch ein Recyclingsystem erhalten und ein Elektrizitätssystem wird aufgebaut. All das ist aber nur die Bekämpfung der schlimmsten Auswüchse. Das ist allerdings nur durch eure Spenden möglich gewesen. Eure Spenden brauchen wir weiter…“ Gruss dokumentiert am 01.05.2021 bei den Rote-Fahne-News - PRO ASYL zum Ende der Aufnahmeaktion aus Griechenland: „Verzweifelte bleiben zurück, griechische Inseln werden zu Zonen der Perspektivlosigkeit“
„Heute landet nach dem Willen des Bundesinnenministeriums der letzte Flieger mit aus Griechenland evakuierten Schutzsuchenden vermutlich in Hannover. Zum Ende der deutschen Aufnahmeaktion von Flüchtlingen aus Griechenland nach dem Brand des Lagers in Moria fordert PRO ASYL ein neues Programm. Die Aktion hat auf den Inseln zunächst für Hoffnung und dann zu großen Enttäuschungen geführt. „Diesen Prozess zu beenden, ist verantwortungslos gegenüber allen, die auf den Inseln zurückgelassen werden, ohne Perspektive auf Schutz und Sicherheit“, sagte PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt. „Weder das Dauerfesthalten auf griechischen Inseln noch Abschiebungen zurück in die Türkei sind eine menschenrechtskonforme Lösung. Die griechischen Inseln werden zu Zonen der Perspektivlosigkeit. Weitere Aufnahmeaktionen von Bund und Ländern, aber auch von anderen EU-Staaten, müssen folgen.“ PRO ASYL fordert, dass die Bundesregierung die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland verstärkt fortsetzt: Das Programm muss erweitert werden und sollte nicht nur die anerkannten Flüchtlinge, sondern alle Angekommenen umfassen – vor allem die auf den griechischen Inseln im rechtlichen Limbo Festsitzenden. Einige tausend Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen überwiegend aus Afghanistan und Syrien sind in Griechenland gestrandet. Sie sollen nach dem EU-Türkei-Deal in die Türkei abgeschoben werden, ohne inhaltliche Prüfung der Schutzbedürftigkeit. Die Türkei ist aber nicht sicher. Die Türkei bietet Schutzsuchenden kein Asyl. Insbesondere afghanische Männer stehen in der Türkei vor dem Nichts . Sie sind in die Illegalität gedrängt und von Abschiebungen bedroht. Afghanische Flüchtlinge sind auch eine der größten Flüchtlingsgruppen in Griechenland, die von Zurückweisungen in die Türkei bedroht ist. Zunehmend macht sich Verzweiflung breit. Die Corona-Pandemie hat ihre Situation völlig in den Hintergrund gedrängt…“ Pressemitteilung vom 22.04.2021 - [Buch] Denk ich an Moria
„Helge-Ulrike Hyams hat in Moria ein Winter mit Geflüchteten gelebt. In Ihrem Buch zeichnet sie das Porträt eines Ortes und seiner Menschen – ein Blick in das Innenleben. MiGAZIN veröffentlicht aus dem Buch exklusiv das Kapitel „Müll“. (…) Die zwanzigtausend Menschen produzierten eine enorme Menge Müll, auch ohne intakten Hausstand. Sämtliche tägliche Mahlzeiten kamen in Plastikhüllen, manchmal sah ich morgens am Hafen die Lastwagen mit riesigen Essensladungen, begleitet von gigantisch anmutenden Paletten von Plastikflaschen. Alles Essbare für die große Menschenmenge in Moria wurde eingeschweißt, und da so gut wie alles Essbare Müll „Wir haben beschlossen, uns um die Strände von Lesbos zu kümmern und den dort liegenden Müll zu entsorgen. Um die natürliche Schönheit dieser Insel wiederherzustellen, die uns allen am Herzen liegt.“ One Happy Family Nichts war in Moria so allgegenwärtig wie der Müll. Er lag überall, er wirbelte herum, stank und versperrte den Weg. Wenn irgendetwas die Misere des Lagers versinnbildlichte, dann waren es die Abfallberge. Moria glich einer Müllhalde. Man meinte, der Unrat würde nie abtransportiert, was natürlich nicht ganz stimmte, aber die Mytilini-Müllabfuhr war anscheinend hoffnungslos überfordert mit den ständig anwachsenden Mengen von Abfällen. Die zwanzigtausend Menschen produzierten eine enorme Menge Müll, auch ohne intakten Hausstand. Sämtliche tägliche Mahlzeiten kamen in Plastikhüllen, manchmal sah ich morgens am Hafen die Lastwagen mit riesigen Essensladungen, begleitet von gigantisch anmutenden Paletten von Plastikflaschen…“ Buchauszug am 23.04.2021 im Migazin zum Buch im Berenberg-Verlag - Arzt über das Lager Kara Tepe auf Lesbos: „Es ist ein Gefangenenlager“
„Der Arzt Martin Binder hat ehrenamtlich in Flüchtlingslagern auf Lesbos gearbeitet.“ Martin Binder berichtet im Interview von Charlotte Köhler vom 16. April 2021 bei taz online von Verzweiflung und Machtlosigkeit : „… Die meisten unserer Patienten sind schwer traumatisiert und in der Hinsicht kann ich ihnen wenig helfen. Ich kann ihnen weder eine Gesprächstherapie anbieten noch die Aussicht auf eine Erleichterung der Lage. Ich kann ihnen keine Hoffnung machen, was ihren Asylfall oder das Ende ihrer Odyssee angeht. Der größte Mangel liegt im Bereich der psychologischen Betreuung. Der psychologisch-psychiatrische Dienst der griechischen Behörden handelt erst, wenn sie den Menschen vom Baum schneiden oder aus dem Wasser fischen. Hilfe folgt erst dann, wenn der Suizidversuch schon erfolgt ist. Selbstverletzung und das Äußern von Suizidgedanken gehören zur Tagesordnung. (…) Die Suizidversuche werden als Versuche abgetan, Aufmerksamkeit zu erregen und so die Evakuierung aus dem Lager zu erreichen. Das ist absurd. Es handelt sich um überzeugte Versuche, das eigene Leben zu beenden. Die Menschen versuchen, sich an Bäumen zu erhängen, gehen ins Meer, um sich zu ertränken, oder versuchen, sich durch Selbstverletzungen und Überdosen zu suizidieren. Diesen Menschen wurde systematisch über Jahre die Chance genommen, ein menschenwürdiges Leben zu führen. In diesem Kontext einen Suizidversuch nicht ernst zu nehmen, kann man nur als menschenverachtend bezeichnen. (…) 2.400 Menschen in Kara Tepe haben einen positiven Asylbescheid. Trotzdem müssen sie im Lager bleiben. Es gibt einfach keine Möglichkeit, wo sie hin könnten. Theoretisch dürften sie, wenn Sie das Geld und eine Arbeit hätten, eine Unterkunft mieten. Aber ohne Unterkunft bekommen sie keine Arbeit. Es ist eine aussichtslose Situation. Mit ihrer Anerkennung verlieren sie auch das Recht auf materielle Unterstützung, die 70 Euro pro Monat fallen damit weg. Alles, was sie bekommen, ist eine Grundverpflegung. Ein minderwertiges Essen pro Tag, ansonsten vegetieren sie dahin. Leben von der Hand in den Mund. 1.000 Menschen im Lager haben nun endgültig den Ablehnungsbescheid ihres Asylantrags erhalten. Sobald der Lockdown fällt und die Türkei die Aussetzung der Übernahmevereinbarung mit der EU beendet, werden sie in die Türkei abgeschoben. Sie leben in ständiger Angst. Immer wieder versuchen einige von ihnen, als blinde Passagiere auf die Fähre zu kommen und so das Festland zu erreichen…“ - Erschütternde Hoffnungslosigkeit. Bericht über die medizinische Versorgung Geflüchteter auf der Insel Lesbos
„Heute vor fünf Jahren, am 18. März 2016, hatte die EU auf Druck Deutschlands jenen schmutzigen Deal abgeschlossen, der als sog. EU-Türkei-Abkommen u.a. beinhaltet, dass für jeden ›illegal‹ nach Griechenland eingereisten und von dort in die Türkei zurückgeschobenen Flüchtling ein in der Türkei lebender syrischer Flüchtling in die EU überstellt werden könne. Dafür wurde schnell noch eine pro-Forma-Anpassung des türkischen Asylrechts an die Genfer Flüchtlingskommission über die Bühne gebracht, 3 Mrd. Euro für die Versorgung Geflüchteter in der Türkei zur Verfügung sowie Visa-Erleichterungen für türkische Bürger:innen und die Wiederaufnahme von Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt. Die Begrenzung »illegaler Zuwanderung« über das Mittelmeer trägt zwar u.a. aufgrund der mit EU-Recht nicht vereinbaren Pushbacks durch Frontex und deren Hilfstruppen zu einer leichten Senkung der Einreise nach Griechenland bei, doch Griechenland trägt nun die Last, den Asylsuchenden ihr Menschenrecht auf individuelle Prüfung zu ermöglichen, und weigert sich, abgelehnte Bewerber:innen in die Türkei abzuschieben – weil diese kein sicheres Drittland sei. Das Resultat des EU-Türkei-Deals ist vor allem auf den griechischen Inseln zu besichtigen – wenn man denn hinschaut…“ Bericht von Arndt Dohmen , erschienen in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 3-4/2021 - [Sachverständigenrat und wissenschaftlicher Stab] Die Hotspots auf den griechischen Inseln: Was die EU aus ihren strukturellen Problemen für die gemeinsame Asylpolitik lernen sollte
„… Zum heute veröffentlichten SVR-Policy Brief „‚No more Morias‘? Die Hotspots auf den griechischen Inseln: Entstehung, Herausforderungen und Perspektiven“ des wissenschaftlichen Stabs des SVR erläutert Dr. Jan Schneider, Leiter des Bereichs Forschung beim SVR: „Für die Hotspots auf den Inseln gilt seit der EU-Türkei-Erklärung, dass Schutzsuchende dort nicht nur in der Phase ihrer Aufnahme bleiben müssen, sondern für die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens und gegebenenfalls bis zu ihrer Rückführung. Infolgedessen sind die Hotspots chronisch überbelegt, zwischenzeitlich lebten dort rund 38.000 Menschen. Die Infrastruktur ist aber völlig ungeeignet und die Ressourcen reichen bei Weitem nicht aus, um so viele Menschen für längere Zeit angemessen unterzubringen. Das System der Hotspots ist dysfunktional, und die COVID-19-Pandemie ist hier eine besondere Bedrohung.“ Die Autorin des SVR-Policy Briefs, Karoline Popp, hat neben der EU-Türkei-Erklärung und ihren direkten und indirekten Auswirkungen auf die Asylverfahren in Griechenland zwei weitere Faktoren bestimmt, welche die Situation in den Hotspots verursacht haben bzw. verursachen: „Das sind zum einen systemische Herausforderungen der griechischen Politik und Verwaltung und zum anderen Defizite des europäischen Asylsystems, besonders die mangelnde Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas.“ Die Europäische Kommission hat am 23. September 2020 ein EU-Migrations- und Asylpaket vorgeschlagen. Darin spielen auch Grenzverfahren eine wichtige Rolle. „Bevor weitere, Hotspot-ähnliche Einrichtungen an den EU-Außengrenzen entstehen, muss die EU aus den strukturellen Problemen in Griechenland lernen: Nationale und europäische Behörden müssen die Kapazitäten für die Erstaufnahme und die Durchführung von Asylverfahren ausbauen sowie Mechanismen schaffen, die die Hotspots verlässlich entlasten“, so Schneider. „Beispielsweise müssen sie für anerkannte Flüchtlinge Integrationsperspektiven auf dem griechischen Festland entwickeln und systematisch Schutzsuchende und Flüchtlinge in andere EU-Länder umsiedeln. Zuallererst sind jedoch humanitäre Maßnahmen dringend erforderlich.“…“ Presseinformation vom 16. März 2021 beim Sachverständigenrat für Integration und Migration - Das stille Drama von Lesbos: «Sie schlagen ihren Kopf gegen die Wand»
„Die Situation im neuen Lager auf der griechischen Insel Lesbos sei noch schlimmer als im ersten, berichtet Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk. Das psychische Leid der Kinder sei enorm, die Evakuierung dringend. (…) Sie leiden unter allem, worunter Kinder psychisch leiden können: Albträume, Konzentrationsschwierigkeiten, niedrige Frustrationstoleranz, Aggressivität sowie Panikattacken. Manche Kinder ziehen sich fast vollständig von der Welt zurück. Sie spielen nicht mehr, manche haben seit acht Monaten kaum ein Wort gesprochen. Andere sind so apathisch, dass sie nicht mehr selber essen und gefüttert werden müssen. Sie sind so antriebslos, dass sie nicht einmal mehr selber zur Toilette gehen. Neunjährige Kinder müssen teilweise selbst tagsüber wieder Windeln tragen. (…) Nachts laufen sie durchs Lager und schreien: «Hilfe! Es brennt! Ich sterbe!» Da das neue Lager direkt am Wasser liegt, binden mittlerweile manche Eltern ihre Kinder nachts fest, damit sie nicht ins Meer laufen und ertrinken. Körper und Psyche brauchen erholsamen Schlaf, um nicht krank zu werden. Aber die Kinder in den Flüchtlingslagern von Lesbos haben keinen guten Schlaf. Manche Kinder leiden auch deshalb unter schwersten Depressionen. Sie verletzen sich, indem sie sich selbst beissen, sich die Haare ausreissen oder ihren Kopf gegen die Wand oder auf den Fussboden schlagen, bis sie bluten. (…) Ärzte ohne Grenzen hat im Jahr 2020 fünfzig Kinder wegen schwerer Selbsttötungsgedanken oder Suizidversuchen behandelt. Das jüngste Mädchen war acht Jahre alt. In diesem Jahr haben wir schon drei Kinder nach Suizidversuchen behandelt. Unter ihnen ist ein dreizehnjähriger Junge aus Afghanistan, der schon sehr viele Selbstmordversuche hinter sich hat. (…) Viele, die vorher noch nicht psychisch krank waren, werden es hier. Die meisten Kinder sind aber bereits von dem traumatisiert, was sie in ihrer Heimat oder auf der Flucht erlebt haben. (…) Zwar wurden vor kurzem ein paar Paletten unter die Zelte gelegt, sodass sie nicht ständig überflutet sind. Auch hat man mittlerweile Plastikplanen über die Zelte gezogen, damit es nicht immer hineinregnet. Und es gibt jetzt ein paar Duschen im Lager, damit man sich zumindest einmal in der Woche waschen kann. Früher war das hier gar nicht möglich. Aber es gibt immer noch viel zu wenig Toiletten. Und die sind so dreckig, dass viele Menschen möglichst wenig essen und trinken, damit sie nicht so oft aufs Klo müssen. Das Essen, für das sie lange Schlange stehen müssen, ist oftmals zu wenig, und manchmal ist es zudem vergammelt. (…) Fast achtzig Prozent der Menschen, die jetzt in den Lagern auf Lesbos leben, sind seit mindestens fünfzehn Monaten hier. Sie sind zermürbt. Mittlerweile geben viele die Hoffnung auf, dass das Leben jemals besser wird. Bei vielen Menschen sind die Reserven aufgebraucht. Sie brechen einfach zusammen. (…) Europa guckt zu, wie diese Menschen langsam zugrunde gehen. Es ist eine politische Wahl, Menschen so zu behandeln. Nach dem Feuer sagte die EU: Nie wieder Moria! Jetzt haben wir ein zweites Moria.“ Interview von Philipp Hedemann am vom 18.03.2021 in der WoZ online mit der Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk - Unicef: Unzumutbare Bedingungen für Flüchtlingskinder auf Lesbos
„… Ein halbes Jahr nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria zeichnet sich laut Unicef kein Ende der Not für die geflüchteten Kinder auf Lesbos ab. Die Bedingungen im Ausweichlager Kara Tepe seien keine, die Kinder zuzumuten seien, betonte das UN-Hilfswerk am Montag in Köln. Auch seien die Kinder dort kaum vor Gewalt und Übergriffen geschützt, zudem hätten sie nach wie vor nur sehr beschränkte Möglichkeiten zu spielen und zu lernen. „Das hat massive Auswirkungen auf ihre Gesundheit, Entwicklung und ihren Schutz und wird sie womöglich für ihr ganzes weiters Leben prägen“, warnte Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland. Auch im Winter hätten die Geflüchteten in Kara Tepe ohne Heizung und ohne warmes Wasser in einfachen Zelten ausharren müssen, immer wieder seien Wohnzelte überflutet worden. „Orte wie Kara Tepe sind keine Orte für Kinder“, betonte Schneider. Auch auf Samos, Chios und auf dem griechischen Festland lebten mitten in Europa Tausende Mädchen und Jungen „unter Umständen, die wir keinem Kind auch nur einen Tag zumuten sollten“. Europa müsse dafür sorgen, dass das Warten in solchen Lagern kein Dauerzustand bleibe. Unicef fordert die EU-Länder auf, Kinderrechte, „die lange genug verletzt worden sind“, ernst zu nehmen und weiter nach oben auf die Tagesordnung zu setzen: „Wir dürfen kein einziges Kind zurücklassen“, sagte Schneider. Die unzumutbaren Bedingungen in den Lagern zeigten, wie wichtig ein humanes EU-Migrations- und Asylpaket sei, das das Recht eines jeden Kindes auf Schutz und Hilfe garantierte. Nach dem Feuer in Moria Anfang September wurde in Kara Tepe ein neues Übergangslager errichtet. Dort leben den Angaben zufolge aktuell etwa 7.000 Menschen, darunter 2.200 Kinder.“ Beitrag vom 9. März 2021 von und bei MiGAZIN - Schwangere zündet sich in griechischem Flüchtlingslager selbst an: 26-jährige Afghanin überlebt die Selbstanzündung auf der Insel Lesbos
„… Den Ärzten im Krankenhaus zufolge litt die im achten Monat Schwangere an psychischen Problemen, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Antrag auf Ausreise nach Deutschland abgewiesen worden war. Nach Angaben aus Ministeriumskreisen handelte es sich dabei jedoch um ein »Missverständnis«. Demnach hatten die Behörden sie gebeten, nur bis zur Geburt ihres Kindes in Griechenland zu bleiben. Die Frau habe dies jedoch nicht verstanden [???]. Am Sonntag brachte sie dann nach Polizeiangaben ihre beiden Kinder nach draußen und zündete ihr Zelt und sich selbst an. Die Flammen wurden durch andere Bewohner des Lagers, die Polizei und die Feuerwehr gelöscht. Weil sie in dem Zelt Feuer gelegt hat, muss die 26-Jährige nun nach Polizeiangaben vor der Staatsanwaltschaft erscheinen. Weil sie in dem Zelt Feuer gelegt hat, muss die 26-Jährige nun nach Polizeiangaben vor der Staatsanwaltschaft erscheinen. (…) Camp-Bewohner und Aktivisten kritisieren die schlechten Bedingungen in dem Lager insbesondere angesichts der winterlichen Temperaturen.“ Meldung vom 25. Februar 2021 von und bei neues Deutschland online und neu dazu:- Schwangere zündete sich an: Griechische Staatsanwaltschaft will Geflüchtete wegen Brandstiftung belangen
„… Die Staatsanwaltschaft auf der griechischen Insel Lesbos geht strafrechtlich gegen eine hochschwangere Geflüchtete vor, die sich aus Verzweiflung in Brand gesteckt hatte. Das geht aus einem Schreiben der örtlichen Behörden hervor, das dem SPIEGEL vorliegt. Die 27-jährige Afghanin zündete sich am Sonntagmorgen in ihrem Zelt im Flüchtlingslager auf Lesbos selbst an, nachdem sie ihre Familie in Sicherheit gebracht hatte. (…) Die Afghanin lebt seit 14 Monaten mit ihren drei kleinen Kindern und ihrem Mann im Lager Kara Tepe. (…) Der Staatsanwaltschaft sagte die Afghanin nach SPIEGEL-Informationen, sie wolle lieber sterben, als noch ein Kind ins Camp zu bringen. Die hygienischen Bedingungen seien zu schlecht, überall liege Müll herum, es sei zu kalt. Aus Ministeriumskreisen hieß es diese Woche, die Frau habe etwas missverstanden. Demnach sei die Afghanin möglicherweise davon ausgegangen, Griechenland überhaupt nicht verlassen zu dürfen – auch nicht nach der Geburt des Kindes. (…) Der Fall der schwangeren Afghanin zeige erneut, dass die griechische Regierung entschlossen sei, ihre Abschreckungspolitik fortzusetzen, kritisiert die Anwältin der Frau, Tereza Volakaki vom Lesvos Legal Centre. Nach einer ersten Anhörung weigerte sich die Staatsanwaltschaft, den Vorwurf der vorsätzlichen Brandstiftung fallen zu lassen. Es gebe ernsthafte Hinweise auf die Schuld der Angeklagten, heißt es im Gerichtsdokument, das dem SPIEGEL vorliegt. Man müsse eine Botschaft senden, sagte ein Polizeisprecher. »Es geht bei dem Fall nicht um Brandstiftung«, sagte dagegen Anwältin Volakaki dem SPIEGEL. Selbstverletzung sei nach griechischem Recht nicht strafbar, dasselbe gelte auch für unabsichtliche Sachbeschädigung. Sie fordert den Freispruch ihrer Mandantin. Die Afghanin darf nun bis zur endgültigen Entscheidung über eine mögliche Anklage das Land nicht verlassen, sie kann somit auch nicht nach Deutschland ausgeflogen werden. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft.“ Artikel von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 26. Februar 2021 beim Spiegel online – siehe die Anmerkung dazu von Armin Kammrad vom 27. Februar 2021: - „Doch gab es diese behauptete Ankündigung einer Ausreise nach Geburt, welche die betroffene Afghanin angeblich falsch verstanden haben soll, überhaupt? Laut Spiegel stammt diese Aussage aus Ministeriumskreisen NACH dem Suizidversuch. Das muss man im Zusammenhang mit der zitierten Aussage gegenüber der Staatsanwaltschaft sehen, nämlich dass die Frau nicht noch ein weiteres Kind „ins Camp (…) bringen“ wollte. Das doch wohl nur deshalb, weil sie nicht von einer Ausreise nach Geburt ausging. Doch hat es diese, bereits logisch nicht nachvollziehbare, Zusage überhaupt gegeben? Obwohl es dazu ja mehr als Gerüchte gegeben haben muss, nämlich irgendetwas Schriftliches, weiß offensichtlich die Anwälten nichts davon. Die Afghanin hat also offensichtlich gar nichts missverstanden, sondern sich angezündete, weil sie trotz Geburt eines weiteren Kindes in diesen menschenverachtenden und rassistisch motivierten Zuständen keine Aussicht auf Lösung sah.“
- Schwangere zündete sich an: Griechische Staatsanwaltschaft will Geflüchtete wegen Brandstiftung belangen
- Psychologin: Flüchtlingskinder auf Lesbos leiden mehr denn je
„Im griechischen Flüchtlingslager Kara Tepe leben derzeit rund 2.000 Kinder. Sie leiden nach Einschätzung der Psychologin Glatz-Brubakk mehr denn je, werden mehr und mehr depressiv. Ihr Alltag sei geprägt von Angst – vor Kidnapping, Gewalt und Vergewaltigungen. Angst und Alpträume haben fast alle, aber auch völlige Apathie oder Suizidversuche sind verbreitet: Die Flüchtlingskinder auf Lesbos leiden nach Einschätzung der Psychologin Katrin Glatz-Brubakk nach dem Brand im alten Camp Moria und dem Umzug ins neue Lager Kara Tepe mehr denn je. „Es hieß: ‚Nie wieder Moria!‘, und alle hatten die Hoffnung, dass es etwas besser wird“, sagte die Expertin von „Ärzte ohne Grenzen“ im Gespräch mit dem „Evangelischen Pressedienst“. „Und jetzt sieht man, dass es das nicht ist, eher im Gegenteil. Da verlieren Menschen die Hoffnung – und wenn wir keine Hoffnung mehr haben, dann verlieren wir auch die Lebenskraft.“ Die Kinder würden mehr und mehr depressiv, erklärte die Norwegerin, die derzeit zum neunten Mal für „Ärzte ohne Grenzen“ auf Lesbos im Einsatz ist. „Wir sehen leider sehr viele Fälle von Selbstschädigung und auch Suizidversuche, Panikattacken oder die totale Apathie“, sagte Glatz-Brubakk. Ein 13-Jähriger aus Afghanistan habe in dieser Woche schon zum fünften Mal versucht, sich das Leben zu nehmen. „Und wir haben Kinder, die seit Monaten nicht mehr reden, also kein Wort sagen.“ (…) In Kara Tepe leben derzeit rund 7.000 Flüchtlinge, davon etwa 2.000 Kinder. „Ärzte ohne Grenzen“ bietet nach eigenen Angaben das einzige psychologische Betreuungsangebot für die Kleinen vor Ort. Im vergangenen Jahr seien etwa 250 Kinder behandelt worden, sagte Glatz-Brubakk. „Der Bedarf ist viel, viel größer.“ Beitrag von Silvia Vogt vom 3. Februar 2021 bei MiGAZIN - Die „schrecklichen Bilder von Moria“ – Eine humanitäre Katastrophe und ihre politmoralischen Lehren
„Im September stürzt ein Großbrand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos die ca. 15 000 Insassen in noch größere Not und stört für ein paar Tage die zynische Routine, in der Europas Staaten seit Jahren an ihrer Südost-Ecke unter reger öffentlicher Anteilnahme und in kompletter Ignoranz allfälliger Proteste von Hilfsorganisationen ihre Flüchtlingsfrage samt den alltäglichen Opfern abwickeln. Insofern hoffen Pro Asyl, Ärzte ohne Grenzen usw. auf die Macht der schrecklichen Bilder von Moria als günstiges Momentum dafür, dass den Lagerinsassen diesmal sofort und umfänglich mit Evakuierung geholfen wird und sich in Sachen europäischer Asyl- und Migrationspolitik generell endlich mal etwas zum Besseren wendet: Die Katastrophenbilder müssten in ihrer Eindringlichkeit doch endlich einmal bei der Politik Eindruck machen und das moralische Gewissen der Verantwortlichen aufrühren, dass es so nicht weitergeht, sondern die Menschen in Not an Europas Küsten auf eine Art behandelt werden müssen, wie es unsere europäischen Werte und humanitäre Pflicht verlangen. – Und tatsächlich: Für einen Moment scheint die Politik der Moral zu folgen; die Katastrophenbilder nehmen zwei, drei deutsche Ministerpräsidenten zum Anlass, mit der Aufnahme von ein paar hundert Opfern ‚unbürokratisch‘ zu helfen. (…) Am Ende zeigt sich auch noch die EU-Kommission von der außerplanmäßigen Lager-Katastrophe betroffen und nährt in Gestalt ihrer mitfühlenden Präsidentin die Illusion eines politischen Veränderungswillens, der an den Moria-Opfern Anteil nimmt: Sie setzt das uralte Projekt eines europäischen Pakts für Asyl und Migration mit besonderer Dringlichkeit neu auf die Tagesordnung und fordert Solidarität – unter Europas Staaten. Die europäische Lehre aus den Zuständen auf Lesbos ist die Erkenntnis, dass man in der Frage einer Unterordnung aller europäischen Souveräne unter ein verbindliches Asyl- und Migrationsregime nur vorankommt, wenn man den widerwilligen Kurz, Orbán & Co in drastischer Weise recht gibt: In Europa gibt es längst viel zu viele um Asyl bittende Fremde, weshalb mitfühlendes zwischenstaatliches Handeln darin besteht, den schwächsten Gliedern in der europäischen Staatenfamilie mit Abschiebepatenschaften dabei zu helfen, möglichst schnell und viel von der unerträglichen menschlichen Last loszuwerden – damit sich solche humanitären Katastrophen wie in Moria nicht mehr wiederholen.“ Artikel aus der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt 4-20 - In der Hölle auf Lesbos in Schnee und Eis – Berichte verboten
„“Auf #Lesbos hat es Schneeregen, für die Nacht sind Minusgrade vorhergesagt. Es ist saukalt, die Leute frieren und haben nichts zu heizen.1/3…“ Das Foto ist ein Screenshot eines kurzen Videos, das medico international gestern, am 17.1.2021, gepostet hat . Die Zeitung efsyn berichtete am selben Tag über das Leiden in Schnee und Eis (auf griechisch). Dieses Video oben zeigt ausführlich, dass die Hölle des Lagers Moria nur durch die Hölle des Lagers Karatepe ersetzt wurde – und warum. (3) Der im Video befürchtete Schnee ist jetzt gekommen. In der Gemeinde Mytilene, in der auch das Lager Karatepe liegt, wurden die Schulen wegen starken Schneefalls geschlossen. (4) Die Bewohner des Lagers müssen ohne Heizung versuchen, zu überleben. In den vergangen Wintern sind bereits Menschen in Moria erfroren.“ Meldung vom 18. Januar 2021 bei der Griechenlandsolidarität – siehe dazu:- „Noch mal zum Mitschreiben: Es ist den Bewohnern des Lagers #KaraTepe #Lesbos verboten, Bilder zu drehen, Fotos zu machen oder sonstige Berichte nach draußen zu schicken. Die Sicherheitskräfte sagen ihnen, dass das verboten ist.“ Meldung von Isabel Schayani am 15.1.2021 auf Twitter
- Sturm und Kälteeinbruch auf Lesbos. Verantwortliche für Zustände in Flüchtlingslager müssen zur Rechenschaft gezogen werden
„Die Zustände im neuen Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos sind auch vier Monate nach dem Brand in Moria desaströs. In der letzten Nacht hat ein Sturm erneut für katastrophale Zustände im Camp gesorgt, Teile des Lagers sind überschwemmt, Zelte sind durchnässt und waren zeitweise eingestürzt, Toiletten sind umgestürzt und nicht benutzbar. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Kälteeinbruchs in der östlichen Ägäis warnt die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international vor einer massiven Gefahr für die 7.300 Flüchtlinge im Lager. „Was im Moria-Nachfolgelager bei Kara Tepe geschieht, ist keine Naturkatastrophe, sondern ein gewolltes Verbrechen. Die unhaltbaren Zustände sind seit Monaten Thema in der internationalen Öffentlichkeit, aber geändert hat sich nichts. Die dünnen Zelte stehen immer wieder unter Wasser, die Duschvorrichtungen sind vollkommen unzureichend, das Essen ist schlecht, es gibt keine Heizmöglichkeit und die Menschen erhalten kaum medizinische Versorgung“, so Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration bei medico international. In einem offenen Brief an Europa fragten die Flüchtlinge kurz vor Weihnachten: „Wie kommt es, dass wir nach so vielen Millionen von Regierungsspenden und von NGOs gesammelten Geldern immer noch an einem Ort ohne fließendes Wasser, heiße Duschen und ohne ein funktionierendes Abwassersystem sitzen? Warum können unsere Kinder immer noch nicht in einen Unterricht gehen und warum sind wir auf den guten Willen einiger Organisationen angewiesen, die gebrauchte Kleidung und Schuhe an uns verteilen?“ „Es ist Zeit, die Missstände in den griechischen Hotspots nicht länger nur zu beanstanden, sondern den Fragen der Flüchtlinge nachzugehen. Alle, die verantwortlich für das Elend in Moria und im Nachfolgelager sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Es muss endlich Schluss damit sein, dass Europa und die verantwortlichen Organisationen vor den Augen der Weltöffentlichkeit mit der Gesundheit und dem Leben der Flüchtlinge spielen, ohne dass dies Konsequenzen hat“, so Lenz.“ Pressemitteilung vom 13.01.2020 von und bei medico international - Das härteste Weihnachten der Nachkriegszeit
„„Das härteste Weihnachten der Nachkriegszeit“ – vom Leid auf Lesbos, Abschiebungen, illegalen Pushbacks und vor Europas Küsten ertrinkenden Menschen…“ Umfangreicher Bericht vom 26.12.2020 bei Schwarzlicht , Newsticker für Veranstaltungen & Mobilisierungen im Raum Würzburg - Offener Brief: Weihnachtsgruß aus Moria II. Selbstorganisierte Flüchtlingsgruppen aus dem neuen Moria wenden sich zu Weihnachten an Europa
„Liebe Europäerinnen und Europäer, sehr geehrte Frau von der Leyen, wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest aus dem neuen Flüchtlingslager auf Lesbos. Wir hoffen, dass Sie trotz der Schwierigkeiten, die wir alle aufgrund der Corona-Pandemie haben, schöne Feiertage haben werden. Wir sind vor drei Monaten, nachdem das alte Camp in Moria niedergebrannt ist, in ein neues Lager umgezogen und leben hier mit 7000 Flüchtlingen. Im September wurden uns bessere Bedingungen im neuen Lager versprochen und wir haben diese Versprechen gerne gehört und darauf gewartet, dass sie erfüllt werden. Leider ist seitdem nicht wirklich etwas passiert. Noch immer warten wir auf genügend warme Duschen. Wenn es regnet, wird das Lager überflutet und Zelte werden nass. Wir haben keine Heizungen, die uns und unsere Kinder warm halten, keine Schulen oder Kindergärten. Wenn wir krank werden, warten wir stundenlang auf medizinische Behandlung und das Essen, das wir bekommen, ist zwar ausreichend, aber nicht gesund. Auch wurde uns versprochen, dass unsere Asylverfahren endlich beschleunigt würden, aber immer noch warten zu viele von uns, einige seit mehr als einem Jahr auf ihre Interviews. Stattdessen sitzen wir hier in der Vorhölle und haben nichts anderes zu tun als zu warten. Die Situation ist teilweise noch schlimmer als vor dem großen Brand. Nur die Sicherheit ist besser geworden, aber trotzdem gibt es nachts kein Licht im Lager. Im alten Moria konnten wir uns selbst organisieren, wir hatten kleine Schulen, Läden und viele andere Aktivitäten betrieben. Im neuen Lager ist das nicht möglich. (…) Haben wir keine Rechte als Menschen und Flüchtlinge in Europa, die eine Grundversorgung für jeden beinhalten? Oft lesen und hören wir, dass wir in diesen Lagern wie Tiere leben müssen, aber wir denken, dass das nicht stimmt. Wir haben die Gesetze zum Schutz der Tiere in Europa studiert und wir haben herausgefunden, dass sogar sie mehr Rechte haben als wir. (…) Genießen wir hier im neuen Camp diese Rechte? Sorry: Nein. Vielleicht haben wir keinen Hunger, aber wir leben in keiner „angemessenen Umgebung“, wir haben keine Freiheit von Schmerz und Not. Keiner von uns ist in der Lage, normales Verhalten zu zeigen, weil wir den ganzen Tag darum kämpfen müssen, etwas Wasser zum Reinigen und Essen zu organisieren und um ein warmes Plätzchen zu bekommen. Wir alle leben in Angst und Not. Eine neue Studie besagt, dass Flüchtlinge auf griechischen Inseln so deprimiert sind, dass jeder Dritte an Selbstmord denkt. Deshalb fragen wir Sie ganz ehrlich: Würden wir auch so behandelt werden, wenn wir Tiere wären? Also haben wir beschlossen, Sie zu bitten, uns die einfachen Rechte zu gewähren, die Tiere haben. Wir würden uns freuen, wenn wir diese erhalten und versprechen Ihnen, dass Sie keine Klagen mehr von uns hören werden. Wir wollen nicht mehr hören, dass unsere Situation nicht so schlimm ist. Wir laden alle, die so denken, ein, nur für eine Nacht in unserem Camp zu bleiben. Nach einem schrecklichen Jahr, in dem wir hier leben mussten, ist dies unser Wunsch für Weihnachten. Er ist einfach und wir denken, dass es nicht länger als drei oder vier Wochen dauert, ihn zu erfüllen. Wir bitten nicht um weitere Spenden oder Geld für die Instandsetzung der Infrastruktur. Wir haben in den Zeitungen gelesen, wie viele Millionen bereits ausgegeben wurden und viele von uns sind Ingenieure, Elektriker, Ärzte und wir wissen, dass es nicht sehr viel Geld braucht, um ein solches Lager in Stand zu setzen. Wenn Sie uns helfen wollen, fragen Sie stattdessen bitte: Wo ist das ganze Geld geblieben? Warum hat es uns nicht erreicht? (…) Wir sehen viele Spendenaufrufe und Versprechungen und wir sehen unsere Realität und das macht uns frustriert und wütend. Lassen Sie uns ganz klar sagen: Wir alle können die Vorstellung nicht ertragen, dass ein neues Jahr für uns und die Flüchtlinge in den anderen Lagern wie auf Samos und Chios so beginnt. Wir bitten Sie, das nicht geschehen zu lassen. Wir bitten Sie um einige sehr einfache und leichte Schritte (…) Wir bitten Sie, uns zu helfen, dies zu ermöglichen. Im Frühjahr war noch von Evakuierung die Rede, aber zu Weihnachten bitten wir Sie nur darum, dieses provisorische Lager zu reparieren und uns nicht den Rest des Winters an diesem Ort weiter leiden zu lassen…“ Offener Brief am 23. Dezember 2020 bei medico veröffentlicht , es ist ein Brief der medico-Partnerorganisationen und wird von vielen Flüchtlingen unterstützt- Siehe auch bei tagesschau.de: Brief an EU-Kommission „Selbst Tiere haben mehr Rechte“ , darin heißt es zum Hintergrund des Briefes: „… Hinter dem Brief stehen fast 5000 der mehr als 7000 im Übergangslager Kara Tepe lebenden Flüchtlinge. Initiiert haben den Aufruf der 45-jährige syrische Ingenieur Raed al-Obeed und der 30-jährige Apotheker Omid Deen Mohammed aus Afghanistan. Die beiden Männer hatten bereits gemeinsam mit vielen anderen Flüchtlingen im abgebrannten Camp Moria dafür gesorgt, dass die Kinder Unterricht bekamen, dass die Müllabfuhr funktionierte und Flüchtlinge über das Coronavirus aufgeklärt wurden. „Im neuen Lager ist das nicht mehr möglich, dabei haben wir doch in der Vergangenheit bewiesen, dass wir das können“, steht dazu in dem Brief…“
- Darin aber auch: „… Auf Anfrage des SWR hat die EU-Kommission angekündigt, noch in dieser Woche für Heizungen in den Zelten zu sorgen und warme Duschen in Betrieb zu nehmen. Darüber hinaus hat die EU bereits winterfeste Zelte aufgestellt und der Aufbau der Schutzmaßnahmen gegen Überflutungen steht kurz vor dem Abschluss. Die Lebensbedingungen im Übergangslager seien in der Tat immer noch schwierig, sagt eine Sprecherin der EU-Kommission. Bis Herbst 2021 will die EU gemeinsam mit griechischen Behörden ein neues Lager auf Lesbos errichten. Dazu wurde Anfang Dezember eine Absichtserklärung zwischen der EU, Griechenland und der europäischen Migrationsbehörden unterschrieben. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen versprach für anständige Bedingungen zu sorgen, aber auch die Gemeinden auf der griechischen Insel zu unterstützen. Die Flüchtlingsorganisationen sorgen sich um die Stimmung im Lager. „Die Menschen sehen, dass Versprechen nicht gehalten werden und sind sehr verzweifelt. Das kann depressiv machen, aber auch aggressiv“, sagt Thomas von der Osten-Sacken von dem lokalen griechischen Hilfswerk „Stand by me Lesbos“. Im Winter sei die Hälfte des Lagers dauerhaft krank, viele wollten nur noch sterben. Unmut und Frustration würden wachsen – und dadurch könnten auch bedrohliche Situationen entstehen, warnt der Migrationsexperte.“
- „Die Geflüchteten sollen zu Geistern werden“ – Im Lager Kara Tepe auf Lesbos macht der Winter den Geflüchteten das Leben zur Hölle
Die Journalistin Franziska Grillmeier im Interview mit Sophie Aschenbrenner bei jetzt.de am 21. Dezember 2020 „über traumatisierte Kinder, verzweifelte Eltern – und die Pläne der EU: (…) Es ist zermürbend zu sehen, dass dieses Lager tatsächlich über den Winter existieren soll und die Menschen bis heute nicht auf sichere Unterkünfte auf dem Festland oder dem Rest der Insel transferiert wurden. Als das Lager auf einen Militärübungsplatz auf einem Sandboden gebaut wurde, haben die Inselbewohner die Hände über den Köpfen zusammengeschlagen und sich gefragt, wie das im Winter funktionieren soll. (…) Viele Kinder und Jugendliche sind schwer traumatisiert. Eltern berichten, dass sie nachts nicht mehr schlafen können, weil die Kinder schreiend aufwachen, bettnässen oder auch schlafwandelnd das Zelt verlassen, was sehr gefährlich sein kann. (…) [M]an darf nicht vergessen, dass diese Zustände schon seit vier Jahren in den Lagern aufrecht erhalten werden, obwohl man genug Geld oder auch Personal hätte, um die Situation zu verändern. Es ist kein politisches Versagen, das wir hier sehen, es ist eine bewusste politische Entscheidung, Abschreckungsmechanismen gegenüber fliehenden Menschen an den Europäischen Außengrenzen aufrecht zu erhalten. (…) Das neue Lager ist ein sehr kalter und steriler Ort, man hat dort keine Schulen, keine Möglichkeit der Ablenkung. In Moria gab es zumindest etwas Infrastruktur, zum Beispiel Gemüsestände oder mal einen Zigarettenstand. Das wird in Kara Tepe alles im Ansatz unterbunden. Außerdem ist Kara Tepe ein hochmilitarisierter Ort. Rund um die Uhr sind 300 Polizisten im Einsatz, man sieht ständig Polizeiautos mit Blaulicht zwischen den Zelten durchfahren. (…) Das permanente Lager soll keine Schnittstellen der Begegnung mehr zulassen zwischen den Geflüchteten und den Bewohnerinnen und Bewohnern der Insel. Es ist nicht gewünscht, dass die Schutzbedürftigen das Camp verlassen, sie sollen dort komplett versorgt werden. Die Geflüchteten sollen zu Geistern werden. (…) Wir wurden in den vergangenen Monaten immer wieder an freier Berichterstattung gehindert, auch nach dem Feuer. Diese Lager sind immer vom Militär kontrollierte Räume, für die man eine Ausnahmegenehmigung braucht, um reinzukommen. (…)Ich kenne keine Journalistinnen und Journalisten, die nach dem Feuer wirklich offiziellen Zugang zu Kara Tepe hatten. (…) Die Menschen bekommen nicht mehr die Möglichkeit, in Würde von sich selbst zu erzählen, Gastgeber zu sein, einfach ein handelnder Mensch sein zu können.“ (Die Journalistin Franziska Grillmeier, 1991 geboren, lebt seit 2018 auf Lesbos, um über die Situation der Geflüchteten zu berichten. Manche der Camp-Bewohner*innen kennt sie schon seit Jahren.) - Auswärtiges Amt bestätigt intern: Untragbare Zustände in Flüchtlingslagern auf Lesbos
„Wir veröffentlichen interne Lageberichte des Auswärtigen Amts zum Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. Sie zeigen: Schon seit dem Frühjahr beklagen die Diplomat:innen „untragbare Zustände“. Die Bundesregierung handelt trotzdem nicht. „Die Inseln sind weiterhin völlig überfüllt bei untragbaren Zuständen.“ Das schreibt die deutsche Botschaft in Athen am 1. April 2020 an das Auswärtige Amt. Mit Berichten aus erster Hand informiert sie die deutsche Regierung seit einigen Jahren in der „Lageübersicht ,Flucht und Migration’“ über den Zustand der griechischen Flüchtlingslager, damit sie aufgrund dieser Einschätzung handeln kann. Nach einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitgesetz veröffentlichen wir die internen Berichte seit Juli 2019. Sie zeigen, dass Informationen über die katastrophale Lage in den Flüchtlingslagern nicht fehlen. Seit vielen Monaten kritisieren auch Nichtregierungsorganisationen, dass ein würdevolles Leben in den Lagern nicht möglich ist. Das Problem ist vielmehr: Die alarmierenden Berichte haben keinerlei Konsequenzen. (…) Der Umzug ins neue Lager Kara Tepe, einem ehemaligen Schießplatz, auf dem immer noch Munition zu finden ist, führte zu einer weiteren Verschlechterung der Lage. Die Proteste der Geflüchteten beantwortete die griechische Regierung, wie ebenfalls die Botschaft berichtet, mit Wasserwerfern und Tränengas. Seit Jahren sind die Zustände untragbar, nun steht noch ein großer Teil des neuen Lagers unter Wasser, und kalter Wind und Sturm drohen, die Zelte wegzufegen. Dass Kinder jede Nacht im Schlaf von Ratten gebissen werden, gehört mittlerweile zur Normalität. Es mag in den Berichten noch weitere Details zu den Zuständen in den Lagern geben, aber die sind als Verschlusssache eingestuft. (…) Es fehlt aber ohnehin nicht an relevanten Informationen. Ärzte ohne Grenzen hatte das Lager als das schlimmste Flüchtlingslager auf Erden beschrieben, Jean Ziegler hatte es für das UN Human Rights Council eine Neuauflage eines Konzentrationslagers auf europäischem Boden genannt. Auch das Auswärtige Amt hört jede Woche von der eigenen Botschaft: Die Lage ist untragbar. Die Bundesregierung trägt sie mit.“ Bericht von Martin Modlinger vom 16. Dezember 2020 bei ‚FragDenStaat‘ - Aufruf der Griechischen Freiheitlich Syndikalistischen Union, alle Lager und sogenannten Aufnahmezentren zu schließen
„Wir rufen alle anarcho-syndikalistischen Organisationen in Europa und in der Welt dazu auf, sich dem Kampf für die Schließung der Lager und ähnlicher Aufnahmeeinrichtungen von Geflüchteten und Migrant:innen anzuschließen (…) Wir müssen die Dinge beim Namen nennen: Die Aufnahmezentren für Geflüchtete und Migrant:innen in Griechenland sind Orte der Elends und der Barbarei: Hier werden Menschen unter widrigsten Bedingungen zusammengepfercht; das Essen ist ungenießbar; Sauberkeit und Hygiene sind unmöglich; es fehlt an Ärzt:innen und Medikamenten; jeden Tag werden Menschen von der Polizei schikaniert, geschlagen und gefoltert und das teilweise bis zum Tod. Die Hölle von Moria, die für einen kurzen Moment von den Flammen, die das Lager verschlangen, erleuchtet wurde, ist nur einer dieser vielen Elendsorte, die über das gesamte Territorium des griechischen Staats verstreut sind und in denen der Wert des Lebens ausgelöscht wird. Egal, ob sie als Migrant:innen oder als Kriegsflüchltinge nach Griechenland gekommen sind – die Menschen, die sich zwischen den Lagern und anderen Aufnahmeeinrichtungen und der Gesellschaft hin- und herbewegen, sind dieselben, die unversichert für ein paar Brotkrumen auf den Feldern und im Bau, als Reinigungskräfte und in anderen ähnlichen Berufen arbeiten. Sie sind Teil der weltweiten multiethnischen Arbeiterklasse, die unter dauerhaften Angriffen zu leiden hat. Es ist die Pflicht der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung Europas die Schließung all dieser Elendsorte zur Priorität zu machen. Der Kapitalismus und die Staaten entfesseln mit dem Ziel immer größerer Profite für die Bosse Kriege, schränken mithilfe von Gesetzen die Bewegungsfreiheit der Menschen ein und kriminalisieren damit die zuvor noch legale Migration. Sie beuten dauerhaft die papierlosen Migrant:innen und Geflüchteten, die es doch bis in die westlichen Länder geschafft haben, als billige und entrechtete Arbeitskraft aus und sperren sie in elende Lager und Camps ein. Diese Elendsorte unserer Tage werden von der Europäischen Union finanziert, die gleichzeitig den rechtlichen Rahmen dafür schafft, dass die Geflüchteten Griechenland nicht verlassen dürfen. (…) Wir rufen alle anarcho-syndikalistischen Organisationen in Europa und in der Welt dazu auf, sich dem Kampf für die Schließung der Lager und ähnlicher Aufnahmeeinrichtungen von Geflüchteten und Migrant:innen anzuschließen. Lasst uns in unseren Ländern alle Arbeiter:innen über dieses Menschenrechtsverbrechen unserer Tage aufklären und Veranstaltungen und Demonstrationen organisieren. Lasst uns über die Koordination eines weltweiten Aktionstags gegen die Lager ins Gespräch kommen. Kämpfen wir gegen die Kriege und den Rassimsus und bis zur Schließung aller dieser Elendsorte. Für eine Welt der Freiheit, Gleichheit, Brüder- und Schwesterlichkeit! Das Boot ist nicht voll! Gegen alle Lager! Papiere für die Migrant:innen, Asyl für die Flüchtlinge!“ Erklärung und Aufruf „Auf den Trümmern der Hölle des 21. Jahrhundert werden wir das schönste Fest feiern!“ der anarchosyndialistischen ESE am 16. Dezember 2020 bei der ICL-CIT dokumentiert, in verschiedenen Sprachen veröffentlicht - [Ein europäisches Totalversagen und das Leben zwischen Schlamm und Ratten] Lager auf den griechischen Inseln müssen dringend evakuiert werden
„Die Situation in den Geflüchtetenlagern auf den griechischen Inseln ist nach wie vor katastrophal. Allein auf der Insel Samos leben fast 3.700 Menschen in einem Lager, das eigentlich für knapp 650 ausgerichtet ist. Ähnlich wie in Kara Tepe, dem Camp, das nach dem Brand in Moria auf der Insel Lesbos errichtet wurde, sind die Bedingungen dort alarmierend: Unsere Teams vor Ort mussten hier sogar eine Tetanus-Impfkampagne durchführen, da immer mehr Kinder von Ratten gebissen wurden. Angesichts des herannahenden Winters muss die Evakuierung der besonders Schutzbedürftigen das Gebot der Stunde sein. „Seit Jahren weist Ärzte ohne Grenzen auf die katastrophale Situation auf den griechischen Inseln hin. Moria war die Hölle für die dort festgehaltenen Menschen. Das neue Lager Kara Tepe ist um nichts besser, im Gegenteil. Auch im Lager Vathy auf der Insel Samos herrschen die gleichen unmenschlichen Zustände“, betont Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich. „Ich war vor einiger Zeit selbst vor Ort auf Samos und schockiert von dem, was ich gesehen habe. Es ist selbst für mich unglaublich, dass sich die Situation weiter verschlechtert hat. Auf Samos haben unsere Teams jetzt eine Tetanus-Impfkampagne durchführen müssen. Das war eine direkte Reaktion nachdem unsere Teams hier Babys nach Rattenbissen versorgen mussten.“ Die Impfkampagne hat fünf Tage gedauert, allein am ersten Tag wurden 690 Menschen gegen Tetanus geimpft. (…) Die Teams von Ärzte ohne Grenzen beobachten nicht nur, wie sich die Lebensbedingungen mit den fallenden Temperaturen weiter verschlechtern sondern auch, dass sich die psychische Gesundheit der Menschen in den Lagern auf beiden Inseln zunehmend verschlechtert und es bei vielen Patientinnen und Patienten, auch Kindern, zu einer Re-Traumatisierung kommt. (…) Der Winter im Freien wird für viele Menschen weitere schwere gesundheitliche und psychische Folgen haben, warnt Ärzte ohne Grenzen. Es ist dringend notwendig, dass die politisch Verantwortlichen nicht länger zusehen, sondern eingreifen und sicherstellen, dass die Grundrechte der Betroffenen gewahrt werden…“ Pressemitteilung vom 14.12.2020 von und bei Ärzte ohne Grenzen Österreich , siehe zu der Situation:- Flüchtlinge in Griechenland: Minister gegen Hilfsorganisationen […] Lockdown: Rund 7300 Menschen sitzen nun in überschwemmten Zelten
„Die Probleme rund um die humane Behandlung von Asylbewerbern beschäftigen Griechenland auch während der Pandemie. (…) Dass es selbst für anerkannte Asylanten keine Arbeit in Griechenland gibt, musste Immigrationsminister Notis Mitarachis nach einer parlamentarischen Anfrage des sozialdemokratischen Abgeordneten der KinAl, Giorgos Kaminis, eingestehen. Mitarachis betonte jedoch, dass er nicht wolle, dass Griechenland mit besseren wirtschaftlichen Anreizen zum Anziehungspunkt für Einwanderer werde. (…) Das Lager Kara Tepe auf Lesbos steht wegen heftiger Regenfälle unter Wasser. Das direkt ans Meer gebaute Lager erwies sich, wie es Kassandren bereits zu Beginn vorhergesagt hatten, als vollkommen unzureichend. Als Kassandren bezeichnen griechische Regierungspolitiker gern ihre Kritiker. In ihrer metaphorischen Deutung der Anspielung auf die Seherin Kassandra, möchten sie ausdrücken, dass die Kritiker Lügen gestraft werden. (…)Im Fall von Kara Tepe, dem Lager, das nach dem Brand des Lagers Moria von der Regierung erbaut wurde, benötigte es keinerlei prophetischer Fähigkeiten, um vorauszusehen, was alles schiefgehen würde. Inselbewohner mit Ortskenntnis erklärten bereits im September, dass das neue Lager in einer Windschneise liegen würde. Direkt am Meer und bei Regen, so wurde prophezeit, würde es ein Chaos geben. Dies genau trat ein. Rund 7300 Menschen sitzen nun in überschwemmten Zelten. Sie müssen durch Wasser und Schlamm waten, um zu den chemischen Bautoiletten zu kommen. Es gibt kein warmes Wasser, geschweige denn eine Duschmöglichkeit. Dazu kommt, dass auf dem früheren Exerziergelände, auf dem das Lager errichtet wurde, Munitionsreste liegen, die nun durch die Regenfluten an die Oberfläche kommen. Die Lagerinsassen der Flüchtlingscamps in Griechenland leben seit März mit Lockdown-Regeln. Sie können die Lager nur aus besonders triftigen Gründen verlassen. Es gibt seit März keinerlei Freizeitmöglichkeiten oder gar Schulausbildung mehr. Arztbesuche müssen bis spätestens einen Tag vorher angemeldet werden. Ein Krankenwagen kann nur von den Polizisten des Lagers gerufen werden. Ein neues Lager ist nun in Planung, es soll in der Nähe der Abfalldeponie der Insel entstehen, und gemeinsam vom griechischen Staat und der EU-Kommission verwaltet werden. (…) Am vergangenen Freitag lief solch eine Kontrolle von Insassen von Kara Tepe vollkommen aus dem Ruder. Die Beamten legten den Asylbewerbern Handschellen an und schlugen und traten auf sie ein. Der Vorfall wurde auf Video festgehalten und sickerte an die Presse durch. (…) Indes versucht Mitarachis die journalistische Aufklärungsarbeit im Rahmen der Flüchtlingskrise weiter einzuschränken. Der Zugang zu den Lagern ist für Journalisten kaum mehr möglich. Sie sind auf Tipps seitens der Lagerinsassen, der Hilfsorganisationen oder sonstiger Lagermitarbeiter angewiesen. Diese werden mit einem frischen Ministererlass von Mitarachis nun untersagt. Der am 30.11.2020 im Staatsanzeiger veröffentlichte Erlass, verbietet es den Menschen, die Zugang zu den Lagern haben, über die dortigen Vorkommnisse zu reden. Es ist dann kaum mehr möglich, dass die Öffentlichkeit wie jetzt von den Ärzten ohne Grenzen erfährt, dass vor allem Kinder in den Lagern von Ratten angefressen werden. (…) Mitarachis sind die Hilfsorganisationen per se ein Dorn im Auge. Er wirft ihnen, darunter auch der norwegischen NGO Aegean Boat Report (…), Schleusertätigkeit und Arbeiten im Auftrag des Erzfeindes Türkei vor. Mitarachis behauptete am vergangenen Dienstag bei einer Pressekonferenz für Auslandskorrepondenten, dass die überwiegende Mehrheit der Neuankömmlinge „Wirtschaftsimmigranten“ seien. Die amtlichen Statistiken können dies nicht belegen…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 15. Dezember 2020 bei Telepolis
- Flüchtlinge in Griechenland: Minister gegen Hilfsorganisationen […] Lockdown: Rund 7300 Menschen sitzen nun in überschwemmten Zelten
- Neues Flüchtlingscamp auf Lesbos: Yasers Angst vor der Nacht
„In dem neuen Flüchtlingslager auf Lesbos berichten Eltern von einer Sorge, die sie nachts wachhält: Ihre Kinder schlafwandeln, erleben Panikattacken oder schreien, ohne aufzuwachen – ein Junge lief sogar ins Meer. (…) Seitdem vor drei Monaten ein Feuer weite Teile des vorherigen Lagers Moria zerstört hat, leben die 7200 Menschen hier im neuen Camp noch immer auf einer Baustelle. »Tagsüber höre ich das Quietschen der Maschinen«, sagt Yaser, »und nachts den Wind.« Manchmal würde er sich die Ohren zuhalten. Doch abstellen könne er die Geräusche nicht. Und jeder Tag fühle sich an, als würde die Zeit eine Schleife drehen. »Für andere Kinder geht es immer vorwärts, für mich nur mehr rückwärts.« (…) Seit dem Feuer, seit dem Umzug in das neue Lager, habe sich die psychische Situation vieler Kinder dramatisch verschlechtert, sagen medizinische Organisationen. Laut Ärzte ohne Grenzen leiden immer mehr Kinder unter Schlafwandel, Panikattacken, Bettnässen oder der Angst, allein im Zelt zu bleiben. Die NGO kommt mit der Behandlung nicht mehr hinterher. »In einem solchen Ausmaß wie jetzt haben wir psychische Probleme noch nicht einmal in Moria erlebt«, sagt Thanos Chirvatidis von Ärzte ohne Grenzen…“ Reportage von Franziska Grillmeier und Julian Busch (Fotos) vom 12.12.2020 beim Spiegel online - Humanität und Solidarität geht anders: Schluss mit Abschiebungen zurück ins griechische Elend! PRO ASYL und die Flüchtlingsräte fordern weitere Flüchtlingsaufnahmen aus Griechenland
„Während die Bundesregierung Asylsuchende und bereits anerkannte Flüchtlinge aus Griechenland ausfliegt, halten deutsche Behörden an Abschiebungen ins dortige Elend fest. PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern, mehr Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen und Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen. »Es ist ein Gebot der Menschenwürde und des Flüchtlingsschutzes, international Schutzberechtigte, die aufgrund der elenden Verhältnisse in Griechenland nach Deutschland weiterfliehen, genauso zu behandeln wie diejenigen Menschen, die organisiert aus Griechenland aufgenommen werden. Tausende anerkannte Flüchtlinge leben hier in einer unerträglichen Limbo-Situation. Ihnen muss ebenfalls ein sicheres Aufenthaltsrecht gewährt werden. Für Schutzsuchende im Dublin-Verfahren muss das BAMF ohne Wenn und Aber die Zuständigkeit für das Asylverfahren übernehmen«, sagt Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung von PRO ASYL. Angesichts der dramatischen Situation von Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln sah sich die Bundesregierung in den letzten Monaten gezwungen, der Aufnahme von rund 2.750 Schutzsuchenden aus Griechenland zuzustimmen. Neben 150 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sowie 243 behandlungsbedürftigen Kindern mit ihren engsten Familienangehörigen sollen insgesamt 408 Familien (1.553 Personen) aus Griechenland aufgenommen werden, die dort bereits internationalen Schutz erhalten haben. Auch wenn diese Aufnahmezusagen beschämend gering sind, sind sie dennoch ein implizites Eingeständnis der Bundesregierung, dass die Lebensbedingungen für Schutzsuchende und anerkannte Flüchtlinge in Griechenland menschenunwürdig und unzumutbar sind… Pressemitteilung vom 10.12.2020 bei Pro Asyl - [Online Demo am 9.12.20] Wärme für Alle! Kein weiterer Winter in den Lagern!
„Seit fast 5 Jahren herrschen katastrophale Zustände in den Lagern an den EU-Außengrenzen. Die Brände in Moria und auf Samos, Stürme, bei denen die Zelte der Geflüchteten einfach weggespült wurden, und Erdbeben im Herbst haben erneut dramatisch gezeigt: Die Lager bieten keinen Schutz und müssen dringend evakuiert werden. Der Winter bringt Sturm, Regen, Wind und Kälte in die ohnehin gefährlichen Lager. Mehr denn je heißt es jetzt: Leave No One Behind! Wir bleiben laut, bis alle Lager evakuiert sind! Mittwoch 9.12. um 18 Uhr: Start der Online-Demo! Was könnt ihr tun?- Schließt euch der Demo an
- Hängt Banner, Bilder und Plakate an eure Fenster und Balkone, um die Menschen auf der Straße auf die menschenunwürdige Situation aufmerksam zu machen!
“Wärme für Alle! Evakuiert die Lager!” - Schreibt eine Postkarte ans BMI um den Druck gegen Seehofers Blockade zu erhöhen!
Winter is coming. Und mit ihm kommen Stürme, Kälte und Regen in die Lager auf den griechischen Inseln. Mehr denn je heißt es jetzt: Leave No One Behind! Sei Teil unserer Online-Demo am Mittwoch, den 09.12. um 18 Uhr auf YouTube ! Mit Musik, Redebeiträgen und Mitmachaktionen können wir zeigen: Wir bleiben laut, bis alle Lager evakuiert sind!…“ Aufruf bei Seebrücke, weitere Termine sind 3. Advent, 13.12. Bundesweiter Aktionstag und 4. Advent, 20.12…“ Kampagne der Aktion Seebrücke
- Die alltägliche Katastrophe. Der Journalist Jan Theurich über die Flüchtlingslager auf Lesbos und die Einschränkung der Pressefreiheit
„[Sie berichten für das Dunya Collective über die Situation auf Lesbos. Aktuell kritisieren Sie die Behinderung Ihrer Arbeit. Was ist der Hintergrund?] Mitte November wollten wir eine Anlandung von Menschen aus Somalia dokumentieren, die von der Türkei aus im Norden der griechischen Insel Lesbos anlanden sollten. Angesichts der letzten Pushbacks hat die Berichterstattung für mich auch eine Schutzfunktion für die betroffenen Menschen. (…) Obwohl wir uns als Pressevertreter ausgewiesen haben, hat man uns alle Papiere abgenommen und wir wurden genötigt, in zivile Polizeiautos zu steigen. Auch die Beamten vor Ort waren alle in Zivil, niemand hat sich ausgewiesen oder uns die Rechtsgrundlage erklärt. Einer der Beamten sagte nur: »Ihr seid nicht in Gewahrsam genommen.« Dennoch wurde auf der Wache versucht, mich zu verhören und man hat uns von allen Seiten fotografiert. Auch dazu gab es keine Rechtsgrundlage und wir hatten keine Möglichkeit zu widersprechen. (…) Die repressive Schraube zieht sich immer weiter zu: Erstens haben wir einen Angriff auf die NGOs, zweitens das Vorgehen gegen die Presse, Filmverbote in gewissen Regionen der Insel, und drittens die Schließung alternativer Strukturen. (…) Die Berichterstattung ist generell sehr beschränkt. Das Camp in Kara Tepe kann von der Presse nur mit Sondergenehmigung betreten werden – ich habe die noch nie bekommen. Und auch dann nur mit Begleitung der Polizei oder Angestellten aus dem Lager. (…) Natürlich habe ich immer schon von den Begriffen »Festung Europa« und »Abschottungspolitik« gehört. Aber nach den neun Monaten hier habe ich auch emotional verstanden, was das bedeutet. Also wie die Menschen kaputtgehen an dieser Migrations- und Asylpolitik der Europäischen Union. Sie werden über die Zeit zermürbt. Und dieser Faktor spielt auch bei der Presse hinein: die Zeit…“ Interview von Ulrike Wagener vom 06.12.2020 im ND online - Termin: September 2021: EU plant neues Flüchtlingslager auf Lesbos
„EU plant ein neues Flüchtlingslager für 5.000 Personen auf der Insel Lesbos. Dort sollen auch Asylverfahren stattfinden. Kritik kommt von den Grünen. Sie fordern unverzügliche Umverteilung und rechtsstaatliche Asylverfahren. Derweil kamen 99 weitere Flüchtlinge in Deutschland an. Nach der Zerstörung des Flüchtlingslagers Moria soll auf der griechischen Insel Lesbos bis September 2021 ein neues, europäischen Standards entsprechendes Lager entstehen. „Wir werden den ankommenden Migranten und Flüchtlingen menschenwürdige Bedingungen bringen“, erklärte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel, nachdem die Kommission und weitere EU-Behörden mit Griechenland eine entsprechende Vereinbarung getroffen hatten. Der Ort des neuen Zentrums ist noch unklar. Das neue Lager soll der Vereinbarung zufolge bis zu 5.000 Menschen beherbergen können und alles Nötige aufweisen, etwa kaltes und warmes Wasser, Entwässerung, medizinische Versorgung und spezielle Angebote für Behinderte und Familien mit Kindern. Dort sollen auch die Asylverfahren stattfinden. Eine Hafteinrichtung ist ebenfalls geplant. Wie schon bisher sollen griechische und EU-Behörden wie Frontex im dem neuen Lager tätig sein und Griechenland dabei die Hauptverantwortung behalten. Neu ist nach Darstellung der Kommission, dass die beiden Seiten entsprechend der gemeinsamen detaillierten Vereinbarung zusammenwirken wollen…“ Beitrag vom 04.12.2020 beim Migazin - Drohnenüberwachung, kein fließendes Wasser und medizinische Unterversorgung: Das Flüchtlingslager Moria 2
„Von Zeit zu Zeit schaffen es die menschenunwürdigen Zustände in griechischen Lagern für Geflüchtete in eine breitere Medienöffentlichkeit. Doch allen Beschwörungen diverser Politiker:innen ändert sich nichts. Unser Autor Jan Theurich ist zusammen mit dem unabhängigen Medienkollektiv DunyaCollecive permanent auf Lesbos und arbeitet dort mit Geflüchteten und lokalen Aktivist:innen. Die aktuelle Situation rund um die Lager haben die Genoss:innen für euch zusammengefasst, der Künstler Ricaletto illustrierte den Text mit Grafiken…“ Gastbeitrag vom 3. Dezember 2020 beim Lower Class Magazine - Logbuch des Schreckens: Was Kinder im Flüchtlingslager Moria erleiden mussten
„Ein Notizbuch aus dem abgebrannten Camp dokumentiert unmenschliche Zustände, unter denen dort Minderjährige lebten. (…) Es ist ein kalter Novembermorgen im Jahr 2018, an dem der Sozialarbeiter Fanis * eine abscheuliche Entdeckung in der „Safe Zone“ des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos macht. Er will für die Kinder im Camp Mandarinen aus dem Wachraum holen. Zwischen den Früchten findet er eine tote Ratte. Es ist nicht das erste Mal. „Ernsthafte Probleme mit den Ratten, und Gefahr der Übertragung von Krankheiten auf die Bewohner und das Personal“, wird Fanis später am Ende seiner Schicht in sein Logbuch notieren. Und die Ratte ist nicht seine einzige Sorge an diesem Morgen. In der Nacht zuvor hatte es stark geregnet. Der Wachraum ist überflutet, schreibt Fanis*. In dem Raum befinden sich die Heizung und der Kühlschrank der „Safe Zone“. Und auch in den „Container Nr. 5“ ist Wasser gesickert. Dort sind einige der unbegleiteten Minderjährigen untergebracht. Ohne Isolierung und Schutz, warnt Fanis*, bleibe die Situation lebensgefährlich. „Gefahr durch tödliche Stromschläge“, schreibt der Sozialarbeiter, bevor er den Stift zur Seite legt und das Notizbuch zuklappt. (…) Die handschriftlichen Notizen entpuppen sich als Logbuch von mindestens elf Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die zu den Vereinten Nationen gehört. Die IOM ist in Moria in dieser Zeit für die sogenannte „Safe Zone“ zuständig, in der vor allem unbegleitete Minderjährige leben. Die Moria-Mitarbeiter sind laut der Organisation „Kinderschutzarbeiter, Psychologen, Anwälte, Betreuer, Krankenschwestern und Dolmetscher“, die „den Kindern helfen und alle ihre Bedürfnisse decken“ sollen. Das Buch aber zeigt, wie hilflos und alleingelassen sie sich bei dieser Aufgabe fühlten. Vielmehr zeugen ihre Einträge von den psychischen Problemen der Minderjährigen und die lebensgefährlichen Zustände, in denen sie leben mussten – nicht nur außerhalb sondern auch in der „Safe Zone“. So war die Möglichkeit, durch einen Stromschlag schwer verletzt oder gar getötet zu werden, längst nicht die einzige Gefahr im Alltag der Minderjährigen. (…) Inzwischen gibt es das Lager Moria nicht mehr. Es ist samt der „Safe Zone“ niedergebrannt. Hat sich die Situation für die Minderjährigen dadurch verbessert? (…)Die griechische Regierung hat ein neues Lager auf einem ehemaligen Schießplatz der griechischen Armee errichtet, das Flüchtlinge und NGOs „Moria 2.0“ nennen. Denn die Bedingungen unter denen die Menschen im neuen Lager „Kara Tepe“ leben, sind weiterhin unmenschlich (…) Für die schwächsten unter den Schwachen an Europas Grenzen, die unbegleiteten Minderjährigen, gibt es hier nicht einmal mehr eine „Safe Zone“.“ Reportage von Investigate Europe Stavros Malichudis und Iliana Papangeli beim Tagesspiegel online am 12. November 2020 - Nach Moria ist vor Moria: Wie die EU ihre Versprechen bricht
“ »No more Morias« hatte die Europäische Union als Resultat auf den Brand im Elendslager versprochen. Schon jetzt lässt sich sagen: Sie hat dieses Versprechen einmal mehr nicht gehalten – und menschenwürdige Alternativen zum Lager Moria 2 werden auf Lesbos sogar dicht gemacht. In Person von EU-Kommissarin Ylva Johansson wurde im September verkündet, in der Europäischen Union solle es keine Elendslager wie Moria mehr geben. Wohlklingende Worte, die von der Realität leider allzu schnell überholt wurden. Die Berichte aus dem rasch auf einem ehemaligen Militärstützpunkt in der Nähe von Kara Tepe auf Lesbos aus dem Boden gestampften Lager Moria 2 klingen nicht besser als die aus Moria: Die medizinische Versorgung ist ebenso wie die Versorgung mit Lebensmitteln mangelhaft, bei Regenfällen werden regelmäßig viele der Zelte auf dem schlammigen Boden überschwemmt . Auf Beschwerden reagiert die Lagerleitung trotzig: Die Geflüchteten sollen doch Gräben ausheben . Sanitäre Anlagen sind Mangelware, noch immer gibt es beispielsweise keine vernünftigen Duschen. »Manchmal können wir tagelang nicht duschen. Dann gehen wir ins Meer und baden dort, aber das Wasser ist sehr kalt«, berichtet Naser* , Folteropfer aus Syrien. Abstands- und Hygieneregeln lassen sich in dem Lager nicht befolgen. Für jede Kleinigkeit muss man in langen Warteschlangen anstehen. Moria 2 zermürbt seine Bewohner*innen ähnlich wie Moria zuvor psychisch und physisch. Nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie resümieren Helfer*innen vor Ort: »Das Lager macht krank.« Auf die über 7.000 Menschen kommt ein harter Winter im Corona-Lockdown zu, denn in Griechenland gilt seit kurzem erneut eine strikte Ausgangssperre . Fehlen wird den Geflüchteten dabei auch die selbstgeschaffene Infrastruktur, die es trotz allen Elends im alten Moria gab: Kleine Läden, behelfsmäßige Bäckereien, Friseureinrichtungen und vieles mehr hatten die Geflüchteten sich dort nach und nach erbaut. Im neuen Lager ist ihnen sogar das Kochen untersagt, die Menschen sind voll auf das wenige angewiesen, was die Behörden zur Verfügung stellen…“ Bericht vom 10.11.2020 bei Pro Asyl - [Petition] #BayernNimmtAuf: Menschlichkeit jetzt! Schutz für Geflüchtete aus den griechischen Lagern
„Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, ihren unerbittlichen Kurs gegenüber den Geflüchteten in den griechischen Lagern zu ändern. Sie muss ein bayerisches Programm zur Aufnahme von Geflüchteten von den griechischen Inseln einrichten. Die Lebensbedingungen im Hauptlager Moria auf Lesbos waren bereits vor den Bränden menschenunwürdig. Die Situation in den anderen Hotspot-Lagern ist nicht besser. Mehrere Zehntausend Geflüchtete leben seit Jahren zusammengepfercht in einfachen Zelten, fast ohne medizinische Versorgung und unter unerträglichen hygienischen Bedingungen – unter ihnen auch viele besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Kinder, alleinreisende Frauen und Menschen mit Behinderung. Die Ankündigung der Bundesregierung, deutschlandweit insgesamt 1553 Personen aufzunehmen und auf die Bundesländer aufzuteilen, ist völlig unzureichend. Der Wunsch zu helfen ist in der Bevölkerung viel größer: 16 Kommunen allein in Bayern haben bereits ihre Aufnahmebereitschaft erklärt. Die Zivilgesellschaft will helfen und einen größeren Beitrag leisten – die bayerische Staatsregierung muss das mit einem Aufnahmeprogramm endlich zulassen.“ Petition vom 05.11.2020 bei openpetition an Bayerische Staatsregierung, Petitionsausschuss des bayerischen Landtags. Erstunterzeichnende: Münchner Flüchtlingsrat | Bayerischer Flüchtlingsrat | Bellevue di Monaco | BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bayern | Sea-Eye | Ev. Migrationszentrum im Griechischen Haus | Refugio München | UnserVeto-Bayern | Sea-Watch | Save Me München | Seebrücke Altdorf | Seebrücke Deutschland | Seebrücke Nürnberg | Seebrücke München (Wir freuen uns auch über die Unterstützung durch weitere Organisationen! Werdet Teil unseres Bündnisses – schreibt an BayernNimmtAuf@web.de) - Moria 2.0: Die Kälte ist angekommen
„Die Kälte ist gekommen. Der Winter fängt an, sich auf der Insel niederzulassen, und mit dem neuen Lager hat er das Potenzial, zu einem der schlimmsten zu werden. Es wurden neue Lockdown Maßnahmen angekündigt, und das Lager wird ein geschlossenes Lager werden. Dabei ist der Quarantänebereich für Covid-19 ein Witz, und es gibt keinen 24-stündigen medizinischen Dienst im Lager. Es ist eine Wiederholung des Aprils, in dem wir viele Worte über die grausame Situation geschrieben haben, in einem Lager eine bekanntermaßen unmenschliche Katastrophe zu verursachen, ein Lager das sich nicht für die von den Regierungen weltweit geforderten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eignete. Aber jetzt ist November, und das Lager ist verschwunden. Das neue wurde mitten in der Pandemie gebaut, und es wäre daher vernünftig gewesen, zu erwarten, dass dieser Ort irgendwie in diesem Sinne gebaut worden wäre. Sie müssen wissen, dass Menschen unter solchen Bedingungen einem höheren Risiko ausgesetzt sind, an Covid-19 zu sterben. Aber, wie viele andere Dinge auch, ist ihnen das egal. Die Kombination aus starkem Wind, Kälte und Regen wird für die Bewohner von Moria 2.0 verheerend sein. Aber es scheint nichts dagegen unternommen zu werden…“ Bericht vom 5.11.2020 bei Enough 14 , ursprünglich veröffentlicht von No Border Kitchen Lesvos Facebookseite und übersetzt von Enough 14. - #Lesbos, #Mytilini: Bürgermeister #Kyteli will #Moria2 in ein geschlossenes Lager verwandeln
„Früh am Morgen stehen die Menschen vor dem Tor Schlange in der Hoffnung, das mit Stacheldraht eingezäunte Areal verlassen zu können. Meist ist das Limit um 11 Uhr morgens erreicht, die restlichen Leute müssen bleiben. NGOs betreiben psychiatrische Kliniken, Schulen und Rechtshilfezentren außerhalb des Geländes. Viele Menschen schaffen es nun aufgrund der Einschränkungen nicht mehr zu wichtigen Terminen. Da die Coronainfektionen in Griechenland und auf Lesbos zunehmen, hat der Bürgermeister Kyteli von Militini gestern das Ministerium für Migration und Asyl gebeten, das Lager vollständig zu schließen. Infolgedessen dürfen die Bewohner unter keinen Umständen mehr ein- und ausziehen, außer bei dringendem medizinischen Bedarf. Covid darf nicht als Instrument zur Diskriminierung von Schutzsuchenden eingesetzt werden. Bereits jetzt ist das Lager sonntags vollständig geschlossen. Niemand kommt rein oder raus. Menschenrechtsaktivisten stehen hinter verschlossenen Türen. „Wenn sie das Lager ganz schließen, werden wir verrückt“, erklärt uns einer der Bewohner, der im neuen Moria zwischen Sand, Salzwasser und Zelten festsitzt. Verständlich. Ginge uns genauso.“ Bericht mit Videos am 4.11.2020 bei Enough 14 , ursprünglich veröffentlicht von Leave No One Behind Telegram Kanal. - Lesbos. Griechenland: Smash Fortress Europe!
„… Nach dem Brand in Moria sind die Bedingungen für Geflüchtete auf Lesbos noch schlechter geworden. Die Menschen wurden gezwungen, in das neue Lager zu gehen, ohne Zugang zu fließendem Wasser, nur eine Mahlzeit pro Tag, unzureichende sanitäre Einrichtungen, es fehlt an allem. Darüber hinaus verboten die Behörden die Verteilung von Lebensmitteln und Wasser außerhalb des Lagers. Die Repression gegen Geflüchtete und Menschen, die sie unterstützen, wächst rapide. Die griechischen Behörden behaupten, gegen 33 Personen aus vier verschiedenen NGOs wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung und Spionage zu ermitteln. In Wirklichkeit wird gegen sie ermittelt, weil sie Geflüchtete unterstützen. Auf Lesbos sind die Bullen überall. Sie schikanieren Geflüchtete und Menschen, die sie unterstützen. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, was passiert, wenn Menschen versuchen, Lebensmittel oder Wasser an Geflüchtete zu verteilen, kann es passieren, dass man von Delta-Bullen auf Motorrädern gejagt wird. So entwickelte sich zum Beispiel mitunter eine wilde Verfolgungsjagd durch Mytilene wegen der Verteilung von Nahrungsmitteln oder Wasser an Menschen in Not. Willkommen in Europa 2020…“ Eine Erklärung vom 6.11.2020 von einigen aus dem Enough-Kollektiv , die sich zur Zeit auf Lesbos aufhalten - Seehofer-Deal mit Griechenland: PRO ASYL, Refugee Support Aegean und ECCHR intervenieren vor dem EGMR: Rechte Geflüchteter werden durch Seehofer-Deal bewusst umgangen
„Zurückschiebungen aus Deutschland im Rahmen des griechisch-deutschen Zurückweisungsabkommens, dem sogenannten Seehofer-Deal, verstoßen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) – das unterstreichen PRO ASYL, das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und Refugee Support Aegean (RSA) in ihrer Einreichung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vom 30. Oktober 2020. Die Drittintervention der Organisationen im Fall H.T. gegen Deutschland und Griechenland legt dar, dass Deutschland Geflüchtete nicht nach Griechenland zurückschieben darf, ohne zuvor das Risiko schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen zu prüfen. Die Rechte von Geflüchteten, die ihnen durch die Menschenrechtskonvention und die Dublin-III-Verordnung gewährt werden, werden durch das Abkommen bewusst umgangen. (…) In ihrer Einreichung betonen das ECCHR, PRO ASYL und RSA, dass Geflüchtete, die nach Deutschland kommen, nicht ohne Verfahren zurückgeschickt werden dürfen. Stattdessen müssen die Risiken in den Aufnahmeländern wie Griechenland vorab sorgfältig untersucht werden, um den menschenrechtlichen Vorgaben zu genügen. Unmenschliche Haftbedingungen, Mängel im Asylsystem und das Risiko einer Kettenabschiebung in die Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Deals dürfen dabei nicht einfach außer Acht gelassen werden. Die Dublin-Verordnung als geltender Rechtsrahmen für die Zuständigkeitsregelung ist anzuwenden…“ Pressemitteilung vom 02.11.2020 bei Pro Asyl - Erdbeben, Feuer, Corona: „Ärzte ohne Grenzen“ fordert Sicherheit für Flüchtlinge auf Samos
„… Das Erdbeben im östlichen Mittelmeer und ein Brand im Lager Vathy auf der griechischen Insel Samos unterstreichen nach Ansicht von „Ärzte ohne Grenzen“ die dringende Notwendigkeit einer Evakuierung der Flüchtlinge. „Es ist klar: Das Lager Vathy ist kein sicherer Ort“, erklärte die Hilfsorganisation am Montagmorgen. In der Nacht brach demnach ein Feuer am Rande des Camps aus, „Ärzte ohne Grenzen“ schickte ein Team zur Unterstützung der Menschen vor Ort. (…) Im Lager Vathy sind rund 4.500 Menschen untergebracht. (…) Die Räumung des Lagers fordert Linkspolitikerin Ulla Jelpke. Das Leid der Schutzsuchenden sei „seit Jahren Kalkül“. Und die EU setze mit ihren Vorschlägen zur Reform der Migrations- und Asylpolitik auf noch mehr Lager, mehr Inhaftierung und mehr Entrechtung von Geflüchteten. „Die Bundesregierung muss sich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft dafür einsetzen, Griechenland endlich zu entlasten und die Horrorlager an den Grenzen aufzulösen. Die Schutzsuchenden müssen sofort evakuiert werden – die Aufnahmebereitschaft von rund 200 Kommunen in Deutschland darf nicht länger blockiert werden“, so die Linkspolitikerin weiter. (…) Angaben von Jelpke zufolge gibt es inzwischen mehr als 100 positive Corona-Fälle unter den 4.300 Menschen im Lager Vathy. Wer sich infiziere, werde in Container eingesperrt und dort gemeinsam mit fremden Menschen auf engstem Raum für zwei Wochen isoliert. Die Kranken müssten zum Teil auf dem Boden schlafen, zwischen Ratten, Müll und Schimmel. „Wenn wir noch einen weiteren Beweis für das Scheitern des EU-Hotspot-Systems bräuchten, wäre das Samos“, erklärt Jelpke.“ Meldung vom 3. November 2020 von und bei MiGAZIN - Gewalt und tote Ratten: Diese Protokolle zeigen, wie grausam Moria für Jugendliche war
„… In der Asche von Moria wurde ein Notizbuch gefunden. In nüchterner Sprache zeigt es die Gräuel, die unbegleitete minderjährige Geflüchtete ertragen mussten, dokumentiert von den Menschen, die sie beschützen sollten. Das Buch, dessen Inhalt wir hier in Auszügen veröffentlichen, trägt auf dem Einband die Aufschrift „Safe Zone“. (…)Die Safe Zone ist vor allem ein Euphemismus. Sie soll in europäischen Flüchtlingscamps unbegleiteten Minderjährigen besonderen Schutz und Betreuung rund um die Uhr für Notfälle bieten. Tatsächlich werden die Kinder aber dort oft monatelang festgehalten. Auch wenn das in der EU eigentlich nicht erlaubt ist. Im berüchtigten Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos gab es ebenfalls eine Safe Zone für unbegleitete Minderjährige. Sie war durch einen hohen Zaun vom Rest des Zelt- und Barackenlagers abgetrennt. (…) Das gefundene Buch ist ein Schicht-Logbuch. Die griechischen Sozialarbeiter der International Organisation for Migration (IOM), die gerade Schicht in der Safe Zone haben, tragen dort für ihre Kolleginnen und Vorgesetzten Alltägliches ein – wie viele Bananen wurden beim Frühstück verteilt, wer kommt und geht. Doch sie berichten auch immer wieder nüchtern von Vorfällen, die davon zeugen, wie unhaltbar die Zustände in diesem letzten Außenposten Europas sind: Todesgefahr durch Stromschläge. Allgegenwärtige Gewalt, Zerstörung, psychische Probleme, Stromausfälle. Hilflose Bitten um die Grundversorgung der Kinder und Jugendlichen. Das Logbuch umfasst im Original 190 Seiten. Es endet im Frühjahr 2019. Nur wenige Monate später wurde ein 15-jähriger Junge in der Safe Zone in Moria erstochen. (…) Moria, die „Schande mitten in Europa“, wie Entwicklungsminister Gerd Müller das Camp mal nannte, existiert nicht mehr. Doch das Problem hat sich nicht gelöst, sondern nur verlagert: auf neue desaströse Camps auf griechischen Inseln, mit denen die EU versucht, Geflohene vom europäischen Festland fernzuhalten. Seit den Bränden auf Moria hat sich die Situation speziell für minderjährige Migranten auf Lesbos nur noch verschlimmert. Das Notizbuch ist deshalb ein Dokument der Zeitgeschichte. Es zeugt von Europas Versagen, die verletzlichste aller Flüchtlingsgruppen zu schützen…“ Kommentar und für Veröffentlichung verantwortlich Theresa Locker am 2. November 2020 bei Vice.com - Schockierende Bilder zeigen Isolierstation für Corona-Kranke in griechischem Flüchtlingslager
„Videos zeigen verdreckte Toiletten und zerbrochene Waschbecken, feuchte Matratzen und verdorbenes Essen, Ratten und Kakerlaken – und kranke Menschen, die auf dem Boden schlafen müssen. Im EU-Flüchtlingslager Vathy auf der griechischen Insel Samos werden Corona-Infizierte unter lebensbedrohlichen Bedingungen isoliert. Das geht aus Videos von Menschen hervor, die in der Isolierstation für Corona-Erkrankte untergebracht sind. Das Material wurde von der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ veröffentlicht. Es soll erst vor wenigen Tagen aufgenommen worden sein. Die Bilder zeigen verdreckte Toiletten, zerbrochene Waschbecken, Müll und Abfall. Kranke Menschen liegen auf dem Boden oder auf feuchten Matratzen. In den Unterkünften gibt es Kakerlaken und Ratten. An den Wänden der Wohncontainer ist Schimmel, das Essen ist verdorben. Zwischen den Containern und kranken Menschen spielen kleine Kinder. Kaum jemand trägt Schutzmasken…“ Reportage von Marcus Engert und Saba MBoundza vom 27. Okt. 2020 bei BuzzFeed Deutschland , siehe dazu auch:- Isolation von Geflüchteten mit Corona: Eingeschlossen im Container
„Rund 100 Coronafälle gibt es im Flüchtlingslager Vathy auf der griechischen Insel Samos. Betroffene werden auf engstem Raum eingepfercht…“ Artikel von Eva Oer vom 27.10.2020 in der taz online
- Isolation von Geflüchteten mit Corona: Eingeschlossen im Container
- Räumung vom selbstverwalteten Camp PIKPA auf Lesbos: Brutales Vorgehen des Migrationsministers Mitarakis auf dem Rücken schutzsuchender Menschen
„Notis Mitarakis, der griechische Migrationsminister, zieht mit aller Härte die Räumung des Leuchtturmsprojekts PIKPA, einer Oase der Menschlichkeit durch. Sicherheit, Gesundheit, Würde der Geflüchteten spielen keine Rolle. »Mitarakis will mit PIKPA das Symbol der Menschlichkeit zerstören – um jeden Preis«, kritisiert Karl Kopp, Leiter Abteilung Europa bei PRO ASYL. Mit einem riesigen Polizeiaufgebot wird das selbstorganisierte Camp seit heute Morgen geräumt. PIKPA ist komplett abgeriegelt, die Menschen völlig verängstigt und verzweifelt. Ihnen wird nicht einmal mitgeteilt, wohin sie verbracht werden. Die Befürchtung ist groß, dass sie nach Moria 2.0, das neue Katastrophenlager auf Lesvos, verbracht werden. Freiwillige und Helfer*Innen dürfen das Camp nicht betreten. Die Beteiligten sind geschockt. Im Camp sichern Polizeikräfte jedes einzelne Haus, jeden Wohncontainer. Die Räumung ist von höchster Stelle, von Minister Mitarakis angeordnet worden, nach der Devise: Keine Gnade für Camps, die Geflüchteten menschenwürdige Zuflucht und Unterbringung bieten. Das Plattmachen eines Schutzraums für Geflüchtete macht fassungslos. Das Neue und Erschreckende daran ist das erbarmungslose Vorgehen der Polizei auf dem Rücken von Frauen, Kindern, Vulnerablen, Traumatisierten und Folteropfern. Unser Anwält*innen-Team vor Ort hat keinen Zugang zu unseren Mandant*innen im Camp. Selbst nach griechischem Recht hätten die Betroffenen einen Bescheid bekommen müssen, dies ist nicht geschehen. PRO ASYL/RSA vertritt weiterhin unmittelbar betroffene Fälle (vorläufige Maßnahme nach Rule 39) aus PIKPA vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) – der Gerichtshof hat noch nicht geantwortet. Das Verfahren läuft noch, die Deadline ist am 2. November…“ PRO ASYL am 30.10.2020 - #Lesbos: Selbst-Organisiertes #Pikpa-Camp wird geräumt
„Pikpa bot in den letzten Jahren insgesamt über 30.000 Schutzbedürftigen, Alten und Kranken, sowie unbegleiteten Minderjährigen eine würdige Unterbringung und ein Umfeld, in dem sie sich wohl fühlten. Während einige Kilometer weiter in Kara Tepe ein neues unwürdiges Moria-Elendslager entstanden ist, werden die Menschen aus den würdigen Unterkünften vertrieben. Statt „No more Moria“ heißt es nun auf Lesbos „No more Pikpa“. EU-Regierungen behaupten, dass alles besser werden soll. Die Realität zeichnet ein anderes Bild: Die Geflüchteten, die im PIKPA leben, sollen in das alte Karatepe Camp gebracht werden, wo es gestern einen ersten positiven Coronafall gab. Zusätzlich droht den Betreiber:innen von Pikpa sogar eine Geldstrafe von 2,5 Millionen Euro. Momentan werden weder Sozialarbeiter:innen, noch medizinische NGOs oder Journalist:innen auf das Gelände gelassen. Wenn ihr die Idee einer würdigen Behandlung von Geflüchteten weiter unterstützen wollt, könnt ihr auf savepikpa.eu spenden…“ Bericht mit Bildern am 30. Oktober 2020 bei Enough14D , ursprünglich veröffentlicht von Leave No One Behind Telegram Kanal.- Siehe dazu auch: „dramatische Szenen im Camp #Pikpa“ Thread von MISSION LIFELINE vom 29.10.20 und #savePikpa
- Wenn Worte nichts bewirken – 3 Videos aus und zu Moria
- Anis
„Anis ist 17. Seit 14 Jahren ist sie auf der Flucht, seit 2 Jahren auf Lesbos. Nach 7 Monaten in Moria, war sie 1,5 Jahre in dem alten Camp Kara Tepe, das wie #Pikpa @Lesvosolidarity droht geschlossen zu werden, um die Menschen zurück in nasse Zelte in #Moria2 zu zwingen. Wir laden Euch ein, 12 min eurer Zeit zu opfern & #Anis zuzuhören, einem Mädchen, das niemals frei war. Von ihrem Leben als Flüchtling & dem Traum eines selbstbestimmten freien Lebens. Auf die Frage, was sie sich von den Menschen in Europa wünscht, sagt Anis: „Ein Lächeln.“ MISSION LIFELINE am 28.10.2020 zum Film bei youtube von Marc Bremmer, Nora Klemm und Danilo Campailla (Sprecher: Rolf Berg) - Mohamad Hussein – Dead Rabbits (prod. by Heartboy)
Ein afghanischer Rapper in Moria singt darüber – siehe Video bei youtube - Flüchtlings-Casting in Moria
Video des Beitrags (4 min) in der Sendung „Mann, Sieber!“ am 20.10.2020 beim ZDF
- Anis
- 101 von 1.500 Moria-Flüchtlingen in Deutschland angekommen – ein Termin für die restlichen rund 1.400 Schutzbedürftigen steht noch nicht
„Die ersten der rund 1.500 Flüchtlinge, deren Aufnahme die Bundesregierung nach dem Brand im griechischen Camp Moria zugesagt hatte, sind am Freitag in Deutschland angekommen. In Hannover landete ein Flugzeug mit 101 Menschen, darunter 61 Kinder, wie das Bundesinnenministerium im Anschluss in Berlin mitteilte. Demnach handelt es sich um insgesamt 26 Familien. Die Koalition aus CDU, CSU und SPD hatte am 15. September – nach dem verheerenden Brand des Flüchtlingscamps Moria in Lesbos – vereinbart, weitere Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufzunehmen. Das Kontingent umfasst 1.553 Flüchtlinge, deren Schutzbedürftigkeit bereits in Griechenland anerkannt wurde. (…) Ob die Aufnahmen noch vor dem Winter abgeschlossen sein werden, konnte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag nicht sagen. Man bemühe sich um schnellstmögliche Umsetzung, betonte er. Logistische Gründe oder ein Corona-Verdacht verzögerten Flüge aber auch immer wieder, so dass ein konkretes Datum nicht genannt werden könne.“ Meldung vom 19. Oktober 2020 von und bei MiGAZIN - Flüchtlingslager Moria 2: Vom Regen in die Traufe / Flüchtlingscamp nicht für Winter gerüstet
„Der erste Regen hat das Flüchtlingslager Kara Tepe überflutet. Das sogenannte Moria 2 soll das abgebrannte Camp Moria ersetzen. Geflüchtete, die auf ihr Asylverfahren warten, sitzen jetzt im Matsch. Die Pfützen sind riesig, die sich vor den Zelten des Flüchtlingslagers Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos gebildet haben. Kinder tapsen barfuß oder mit Plastikschlappen durch das Wasser. Eine Frau hat ein Neugeborenes in eine dicke rosafarbene Decke gehüllt, während sie die Kinder beobachtet. In den Zelten sieht die Lage nicht besser aus. Die Bewohner versuchen das braune Wasser mit Schaufeln herauszuschippen – oft vergeblich. Auch unter den Plastikplanen des Zeltbodens steht das Regenwasser und bläht die Abdeckungen auf. Diese Videos und Fotos, die bei Twitter und anderen Netzwerken im Internet zu sehen sind, lassen nur erahnen, wie hilflos sich die Menschen auf Lesbos nach den massiven Regengüssen in dieser Woche gefühlt haben müssen. (…) Das neue Lager Kara Tepe wird auch Moria 2 genannt. Kritiker hatten es schon vor dem heftigen Regen als „menschenunwürdig“ bezeichnet. Jetzt hat das Wasser rund 80 von 1100 Zelten zerstört. Die Behörden hätten „sofort“ begonnen, die Probleme zu beheben, heißt es aus dem griechischen Einwanderungsministerium. Es sei normal, dass eine „vorübergehende Unterkunft, die binnen weniger Tage errichtet wurde, Problemen gegenübersteht“. Zudem sei nur ein kleiner Teil des Lagers von den Überschwemmungen betroffen, einige Geflüchtete seien vorübergehend erneut verlegt worden. Derzeit leben nach Angaben der griechischen Regierung knapp 10.000 Menschen in Kara Tepe…“ Umfangreiche Reportage von Jennifer Wagner vom 11.10.2020 bei der Deutschen Welle mit vielen Fotos, siehe auch das Video:- Regen auf Lesbos – Flüchtlingscamp nicht für Winter gerüstet
„Nach dem Brand im Flüchtlingscamp Moria wurde auf Lesbos ein Übergangslager aufgebaut. Jetzt müssen rund 8.000 Geflüchtete in Regen und Schlamm ausharren. Nach dem Feuer – vor dem Winter: Auf Lesbos wurde für die Geflüchteten, die im abgebrannten Camp Moria gelebt haben ein neues Zeltlager errichtet. Schon der erste heftige Regen zeigt, dass das Camp nicht für den Winter gerüstet ist.“ Video vom 09.10.2020 beim ZDF
- Regen auf Lesbos – Flüchtlingscamp nicht für Winter gerüstet
- Gemeinsamer Appell: Hilfsorganisationen fordern Ende der Festsetzung von Schutzsuchenden auf griechischen Inseln
„Zahlreiche Hilfsorganisationen fordern in einem gemeinsamen Appell einen sofortigen politischen Kurswechsel im Umgang mit Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln. Auch einen Monat nach dem Großbrand im Geflüchtetenlager Moria sitzen mehr als 7.500 Menschen unter unmenschlichen Bedingungen in dem neu errichteten Lager auf der Insel Lesbos fest. Eine Tatsache, die in Widerspruch zu den Versprechungen der Kommissare der Europäischen Union steht, dass es ein „zweites Moria“ nicht geben werde. Tausende weitere Menschen, darunter 7.000 Kinder, leben darüber hinaus unter völlig unzureichenden Bedingungen in ähnlichen Lagern auf Inseln in der Ägäis. „Genug ist genug! Wir bekräftigen unsere Forderung danach, diese Menschen in sichere und menschenwürdige Unterkünfte zu bringen. Auch andere europäische Staaten müssen die Schutzsuchenden aufnehmen, um die Situation auf den griechischen Inseln zu entlasten. Wir appellieren an die führenden Politikerinnen und Politiker der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsländer, die Abschottungspolitik auf den griechischen Inseln zu beenden und die Pläne zu verwerfen, sich an den Außengrenzen noch weiter zu verschanzen“, heißt es in der Stellungnahme…“ Meldung vom 08. Oktober 2020 bei Ärzte ohne Grenzen e.V. – Diese Stellungnahme ist eine Initiative von Europe Must Act, Help Refugees, Legal Centre Lesvos, Lesvos Solidarity, Ärzte ohne Grenzen, Refugee Rights Europe und Still I Rise. Die gemeinsame Petition haben bislang 450 Organisationen, Netzwerke und Gruppen sowie165.000 weitere Personen unterzeichnet. Seit den Bränden, die das Lager Moria zerstört haben, sind mehrere Petitionen initiiert worden, die ähnliche Forderungen wiederholen (u.a. von SeeBrücke und Amnesty International). Zusammen haben sie Hunderttausende von Unterschriften gesammelt. - „Gefangene von Moria“ – Aufruf zur Zerschlagung der Festung Europa
„Smash Fortress Europe! Statement by some of the Enough collective“ am 06. Oktober 2020 bei Enough is Enough : Der Text – ein Aufruf zur Zerschlagung der Festung Europa – ist von Mitgliedern des Enough – Kollektivs, die sich (wieder einmal) auf dem Balkan befinden – „dort, wo man das Gesicht Europas am besten sehen kann“. Was mit den bisherigen „Gefangenen von Moria“ im Weiteren passiert ist Gegenstand der Ausführungen, wobei insbesondere die Polizeistaats-Wirklichkeit auf Lesbos im Mittelpunkt steht. Motorrad-Bullen in Mytelene jagen jene, die den Flüchtlingen Wasser und andere Grundversorgungs-Güter bringen wollen. Das ist die konsequente Fortsetzung eines politischen Systems, das sich in dem Schlagwort „Fluchtursache Kapitalismus“ zusammenfassen lässt, was über Freihandels-Verträge und Waffenexporte zur Kriegsführung und viele weitere bekannte Maßnahmen verwirklicht wird. Wer nicht gegen den Kapitalismus kämpft, wird nicht in der Lage sein, das europäische Grenzregime zu beseitigen. - Cars of Hope auf Lesbos: „Es ist ziemlich schockierend, dass Menschen für die Verteilung von Essen oder Wasser mit Repressionen zu kämpfen haben.“
„Ein Team von „Cars of Hope“-Aktivisten kehrte letzte Woche nach Lesbos (Griechenland) zurück. Zuvor waren sie in Athen und sahen die entsetzlichen Umstände, unter denen Flüchtlinge auf dem Victoria-Platz leben müssen. Obdachlos, von jeglicher Unterstützung ausgeschlossen und von der Polizei schikaniert. Auf Lesbos hat sich seit dem Brand im Moria-Lager vieles geändert. Das neue Lager, Moria 2.0, ist noch schlimmer als das alte. Es gibt kein fließendes Wasser, keine ausreichenden sanitären Einrichtungen und in den Zelten des neuen Lagers gibt es keine Elektrizität. Flüchtlinge erhalten in Moria 2.0 nur eine Mahlzeit pro Tag. Eintausend der etwa zehntausend Flüchtlinge können das Lager von 08:00 bis 20:00 Uhr verlassen. Aber nicht am Sonntag, am Sonntag ist das Lager komplett geschlossen. Im Grunde bedeutet dies, dass das neue Lager ein Gefängnis ist, aus dem die Menschen höchstens alle 10 Tage für 12 Stunden hinausgehen dürfen. Es mangelt an allem, aber die griechischen Behörden haben die Verteilung von Nahrungsmitteln und Wasser verboten. Cars of Hope Aktivist Mark Schwarz sagt: „Die Polizei ist überall auf Lesbos. Wir sehen ständig Polizisten, die Flüchtlinge kontrollieren. Flüchtlinge können sich hier nie entspannen, sie müssen immer mit der nächsten Kontrolle durch die Polizei rechnen. Leute, die versuchen, Flüchtlinge mit Lebensmitteln oder Wasser zu unterstützen, werden mit Geldstrafen belegt. Wir müssen uns vor Augen führen, dass hier Tagsüber immer noch Temperaturen von rund 30 Grad herrschen. Ich habe sogar von einem Fall gehört, in dem die Polizei ein Auto beschlagnahmte, das angeblich zur Verteilung von Lebensmitteln an Flüchtlinge benutzt wurde. Es ist ziemlich schockierend, dass Menschen für die Verteilung von Essen oder Wasser mit Repressionen zu kämpfen haben. Aber es ist keine Option, die Unterstützung von Menschen in Not einzustellen, also setzen wir unsere Arbeit hier fort.“ Nicht alle Flüchtlinge leben in dem neuen Lager. Nach dem Grauen, das die Menschen im alten Lager Moria vor dem Brand durchlebt haben, weigerten sich einige Menschen, in das neue Lager zu gehen. Sie sind nach dem Verbot durch die griechischen Behörden von jeglicher Unterstützung abgeschnitten. Aber es gibt immer noch Menschen, die versuchen, Unterstützung von unten zu organisieren. „Es ist unglaublich, von Polizisten auf Motorrädern gejagt zu werden, weil man jemandem etwas zu essen geben will. Willkommen in Europa 2020. Da Lesbos ein Hotspot der EU-Grenzagentur Frontex ist, sollten wir uns bewusst sein, dass deutsche und EU-Behörden über diese Praktiken Bescheid wissen. Das EU-Grenzsystem mit all seinen Zäunen, der Polizei und der Repression gegen Flüchtlinge und gegen Menschen, die sie an Land und auf See unterstützen, muss aufhören. Gegenwärtig ermitteln die griechischen Behörden gegen 33 Personen von 4 NGOs wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Spionage und vielem mehr. Aber in erster Linie, weil sie Flüchtlinge unterstützen. Wir rufen zur Solidarität mit den Flüchtlingen und diesen 33 Menschen auf. Dieser Wahnsinn muss aufhören,“ ergänzt Mark Schwarz. Mark Schwarz schließt ab mit: „Die griechische Regierung hat angekündigt, dass das selbstorganisierte Pipka-Camp und Kara Tepe, ein von den örtlichen Behörden unterstütztes Camp, geräumt werden sollen. Es ist die nächste Katastrophe, da dies die einzigen beiden Lager sind, in denen Menschen in Würde leben können. Die griechische Regierung scheint zu wollen, dass die Menschen im Elend leben. Es ist ein konzipiertes und geplantes Elend.“ Einige der „Cars of Hope“-Aktivisten werden für mindestens sechs weitere Wochen auf Lesbos bleiben, andere werden früher nach Wuppertal zurückkehren.“ Pressemitteilung von Cars of Hope vom 5. Oktober 2020 – zusammen mit einigen Bildern als pdf-Datei auf Dropbox einsehbar - Lesbos / Griechenland: „Faschisten einsperren – Solidarität mit den Flüchtlingen“
„„Faschisten einsperren – Solidarität mit den Flüchtlingen“, unter diesem Motto findet am 6. Oktober eine antifaschistische Kundgebung und Demonstration in Mytilene der Hafenstadt von Lesbos statt, denn „…die Insulaner haben ein riesengroßes Herz für die Flüchtlinge und haben es immer noch. Die Hauptseite ist die Solidarität und nicht der faschistische Mob, wie es von den Medien immer im Mittelpunkt gerückt wird“, so Michalis Aiwaliotis von der Organisation OXI…“ Meldung von Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in SI vom 05.10.2020 bei Rote-Fahne-News - Sind wir denn keine Menschen? Ein Flüchtling aus Moria berichtet
„… Nachdem Moria niedergebrannt ist, stecken wir hier fest und hoffen, dass wir bald verlegt werden. Wir müssen an einen sicheren Ort gebracht werden, an dem unsere Grundbedürfnisse als Menschen befriedigt werden. Im Augenblick geschieht dies nicht. Viele Menschen leiden. Heute fand eine Demonstration der Leute statt mit Transparenten, auf denen «Freiheit» stand. Um zu verstehen, warum wir das schreiben, müssen wir unsere Erfahrungen der vergangenen Tage erzählen. Wir sind insgesamt etwa 13000 Menschen. Frauen, Kinder, Behinderte, Familien, Säuglinge, alte Menschen und junge Männer. Nur unbegleitete Minderjährige sind an einen sicheren Ort gebracht worden. Wir haben auch gehört, dass alleinstehende afrikanische Frauen gestern an einen unbekannten Ort gebracht wurden. Wir sind nach Europa gekommen, weil wir dem Krieg und der Verfolgung in unseren eigenen Ländern entkommen sind. Man konnte dort kein normales Leben führen, aber jetzt erleben wir erneut, dass wir kein normales Leben führen können. Unser Ziel war Europa, ein Kontinent, von dem wir dachten, er würde uns die Chance auf ein Leben in Frieden bieten. Stattdessen wurden wir in Moria untergebracht, wo es an allem fehlt, und jetzt schlafen wir im Dreck oder auf der Straße unter freiem Himmel. (…) Wir bitten darum, mit allen Hilfsorganisationen auf der Insel zusammenzuarbeiten. Wir sehen auf Facebook, dass viele Menschen eine Menge Geld bekommen, aber wir sehen nicht das Ergebnis davon. Wir sind immer noch hungrig, wir leben immer noch auf der Straße, deshalb können wir nicht verstehen, wie mehr Geld in dieser Situation helfen kann, wenn so wichtige Dinge wie Unterkunft und Nahrung uns nicht erreichen. Wenn Geld für Lebensmittel, Unterkunft und Hilfe uns im Moment nicht erreichen kann, müssen neue Lösungen gefunden werden, denn wir leiden hier und wollen nicht Opfer von Gier werden. Wirklich, jeder hier leidet so sehr, deshalb demonstrieren wir. Im Moment sind unsere Körper und unsere Stimmen das einzige, was uns noch bleibt. Wie lange müssen wir das noch ertragen?? Sind wir keine Menschen?? Gerade jetzt warten wir hier darauf, wie wir sterben können, sei es durch Hunger, Selbstmord oder Krankheit. «Protestiert nicht gegen mich, ich bin ein Flüchtling. Ich protestiere gegen diejenigen, die mich zum Flüchtling gemacht haben. Vielen Dank an die griechische Regierung und die Europäische Union für das, was sie den Flüchtlingen angetan haben. Das Problem des Lagers in Moria ist nicht gelöst worden, und die Menschen auf der Straße haben jetzt nichts anderes als die Kälte der Nacht und die Hitze des Tages.»“ Bericht eines Flüchtlings aus Moria aus Soz Nr. 10/2020 - Drei Wochen nach dem Brand in Moria – immer noch: Wir haben Platz!
„drei Wochen sind nun vergangen seit dem verheerenden Brand im Lager Moria. Über 100.000 Menschen haben sich mittlerweile unserer Petition angeschlossen und in zahlreichen Aktionen unsere Forderungen in die Öffentlichkeit und an die Politik getragen. Dafür möchten wir Euch danken! Gestern sind die ersten 139 Geflüchteten aus griechischen Lagern in Hannover gelandet und weitere sollen folgen. Bis dato hat sich die Bundesregierung dazu bereit erklärt, weitere 1553 Familienangehörige von den griechischen Inseln aufzunehmen. Die Bundesregierung präsentiert dies als große humanitäre Geste, dabei hätte Deutschland allein Platz genug, um alle Menschen aus Moria sofort aufzunehmen. Mit dem vor Kurzem verabschiedeten EU-Migrationspakt und der menschenverachtenden Idee von “Abschiebepatenschaften” wurde ein grausames neues Level der Abschottung Europas erreicht. Während ein neues Moria gebaut wird, soll das Camp Pipka auf Lesbos im kommenden Monat geschlossen werden. Dort sind viele besonders schutzbedürftige Menschen untergebracht, deren Leben durch die Schließung des Lagers in Gefahr sind. Deshalb unser Appell an Euch: kämpft weiter, geht auf die Straße, mobilisiert Eure Freund*innen und Verwandten und lasst uns gemeinsam laut sein! Teilt die Petition mit dem Link: Change.org/WirhabenPlatz!…“ Meldung von Sonya von der SEEBRÜCKE vom 1. Okt. 2020 beim Eil-Appell: Menschen aus Moria – evakuieren, aufnehmen, Leben retten! - Mind.60 bestätigte Corona-Fälle im Lager Samos
„…Dunkelziffer vermutl.höher.Infizierte kommen in #UNHCR-Container,liegen auf Boden.Bereits jetzt schon doppelt belegt.Schutzmaßnahmen? Schlangen als gäbe es keinen Virus. Genau d hatte man befürchtet.Jetzt ist es eingetreten.“ Twitter-Meldung von Isabel Schayani am 29.9.20 - Erster Corona-Todesfall in griechischem Flüchtlingslager
„In einem Athener Krankenhaus ist ein 61-jähriger Afghane an Corona gestorben. Er war aus dem griechischen Flüchtlingslager Malakassa eingeliefert worden. Dort und in anderen Lagern hatte sich das Coronavirus zuletzt stark ausgebreitet. (…)In den griechischen Flüchtlingslagern hatte sich das Coronavirus zuletzt stark ausgebreitet. Allein in einem umstrittenen Übergangslager auf der Insel Lesbos wurden mehr als 240 Asylsuchende positiv auf den Erreger getestet…“ Agenturmeldung vom 28.09.2020 bei der Welt online - Von Lesbos aufs Festland: Asyl für mehr als 700 Flüchtlinge
„Vor knapp drei Wochen ist das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt. Nun können mehr als 700 Migranten die Insel verlassen.Sie sind anerkannte Flüchtlinge, die in Griechenland Asyl bekommen…“ RND-Meldung vom 28.09.2020 - Flüchtlingslager Kara Tepe „Alles leere Versprechungen“
„Im neuen Lager auf Lesbos sind Trinkwasser, Essen und Medikamente noch immer knapp. Tausende Männer, Frauen und Kinder sind größtenteils weiter auf sich allein gestellt…“ Von der Insel Lesbos berichtet Franziska Grillmeier am 29.09.2020 im Spiegel online - Moria: EU Gerichtshof für Menschenrechte lehnt Antrag auf Hilfe ab!
“ Mit fadenscheiniger formaljuristischer Begründung lehnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Antrag ab, die Bundesregierung zur sofortigen Aufnahme der Flüchtlinge aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos/Griechenland zu verpflichten. Diesen Antrag hatte Alassa Mfouapon gestützt auf seinen Rechtsanwalt Roland Meister gestellt. Alassa Mfouapon ist durch seinen außerordentlichen Mut und selbstlosen Einsatz im politischen gewaltfreien Widerstand und durch seinen Kampf für die Menschenrechte zum anerkannten Leader von Flüchtlingen und zum Sprecher des „Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in SI (Solidarität International)“ geworden. „Solidarität International“ ist durch einen Solidarpakt eng verbunden mit der Selbsthilfeorganisation „Stand by Lesvos“ aus Camp- und Insel-Bewohnern. Warum sollte er also nicht berufen sein, diesen Antrag zu stellen? Der Antrag war inhaltlich wohlbegründet: „angesichts der akuten humanitären Katastrophe… liegt (die Verantwortung) nicht nur bei der EU, sondern insbesondere auch der Bundesregierung… Deutschland hatte und hat die Kapazitäten zur Aufnahme der Flüchtlinge. Für die jetzige humanitäre Katastrophe tragen sie auch juristisch die volle Verantwortung.“ Ohne auf diese inhaltliche Begründung auch nur mit einem Wort einzugehen, wurde der Antrag abgeschmettert. Lapidar „entschied das Gericht, nicht an die deutsche Regierung wegen der vorläufigen Maßnahmen nach Artikel 39 Verfahrensordnung heranzutreten… Deshalb wird das Gericht keine vorläufigen Maßnahmen ergreifen.“ Weiter „… ist das Gericht der Ansicht, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie sie Artikel 34 und 35 der Konvention enthalten, nicht erfüllt sind.“…“ Meldung vom 28. Sep. 2020 bei change.org als Neuigkeit zur Petition „Corona: Flüchtlinge aus Hotspots retten – Abschiebung stoppen – SOFORT!“ (siehe weiter unten) - Das Elend auf Lesbos geht weiter – im neuen Gewand
„Was hat sich durch den Brand in Moria geändert? In den internationalen Medien werden Bilder vom neuen Hotspot-Gelände auf dem Militär-Schießplatz bei Mytilini/Kara Tepe gezeigt. Es ist schon jetzt trotz neuer Zelte ein Elendslager ohne Strom, ohne Grundversorgung wie Essen, fließendes Wasser und Toiletten, Tausende gehen ins Gebüsch. Die Regenzeit steht bevor, aber es gibt keine Fußböden in den Zelten, die Matratzen und Decken im Zelt liegen auf dem Sandboden, wie mir heute von Bewohnern des neuen Lagers auf meine Anfrage hin bestätigt wurde. Sie werden von Spezialeinheiten aus Athen bewacht, sie fühlen sich als Inhaftierte. Unter den bislang 9000 im neuen Lager untergebrachten Geflüchteten waren alle getestet und einige Covid19-Infizierte separat untergebracht worden, heißt es. Über die Zahl der Infizierten unter den sich außerhalb des neuen Lagers aufhaltenden ehemaligen Moria-Bewohnern fehlt es an genauen Angaben. Wäre Moria ohnehin geschlossen worden? Mit welchem Ziel? Das Ministerium für Einwanderung und Asyl in Athen propagiert gegenwärtig nach außen, dass alle Insassen des neuen Lagers innerhalb eines halben Jahres bis Ostern 2021 von der Insel aufs Festland gebracht würden. Dem widerspricht aber die bislang wenig bekannte inoffizielle Langfristplanung des Ministeriums für die kommenden 25 Jahre. Die Planung für das neue Lager soll im Hintergrund schon länger gelaufen sein, der ungewöhnlich schnelle Aufbau von Zelten für ca.10.000 Menschen innerhalb weniger Tage spricht für diese Vermutung. Die immensen Gelder für die Anmietung des neuen Geländes Kara Tepe waren bereits vor dem Brand eingeplant und abgesichert worden, so der frühere Bürgermeister der Inselhauptstadt Mytilini, Spyros Galinos aktuell in der Lokalpresse. Er kritisiert: „…dass das Ministerium für Einwanderung und Asyl für den Zeitraum von September 2020 bis 31. Dezember 2025 den astronomischen Betrag von 2,9 Millionen Euro nur für die Vermietung von trockenem und verlassenem Land in Kara Tepe zur Verfügung stellt, um ein neues permanentes KYT [Zentrum für die Erstaufnahme und Identifizierung] zu erstellen.“ (Quelle:https://www.stonisi.gr/post/11478/poios-foreas-symfwnhse-gia-ton-kara-tepe ) Mit einer Neuauflage von Moria werden sowohl die auf den Inseln noch länger festgesetzten Geflüchteten als auch die deshalb mit Recht aufgebrachten Inselbewohner von der Regierung in Athen hinters Licht geführt. Die Lager auf den Inseln werden aufrecht erhalten, nicht geräumt, auch nicht bis Ostern 2021. Die dezidierte Abschreckungspolitik geht weiter, den Interessen der EU-Staaten entsprechend. Der Brand in Moria hat daran offensichtlich nichts geändert. Was folgt diesem Elend?“ Artikel von Claus Kittsteiner vom 20.09.2020 – wir danken! Siehe zum Hintergrund seinen Blog - MY FLIP-FLOP WALK INTO THE HELL AND BACK.
„Ich bin heute genau 55 Jahre alt, ich bin erfahren, ich habe schon vieles gesehen und ich bin resilient – zu oft auf der Straße reanimiert, so viele Menschen in den Tod begleitet, Dinge erlebt, was kann ich noch sehen was mich erschüttert? Ein privater Segeltörn, schlanke 805 Seemeilen insgesamt, führte uns nach 7 Tagen nach Lesbos, das Einlaufen schon interessant, 2 Coast Guard Schiffe begleiten uns, ein Helikopter ist plötzlich da, ein Schiff begleitet uns, ungefragt. Man spürt eine militärische Präsenz. (…)Die Absperrung durch die Busse ist wie ein Vorhang, danach überschwemmt es mich, es nimmt einem kurz die Luft. Unermessliches Leid – selbst darüber zu schreiben schmerzt, nicht nur psychisch, es ist auch körperlich spürbar – nicht aus den Nachrichten, nicht aus den Bildern, persönlich erlebt ist es ein Irrsinn. Die Straße ist vermüllt, komplett, es gibt keine Möglichkeiten den Müll in Behältnissen zu entsorgen, mein erster Gedanke: Ein Schlachtfeld. Wo verrichten die Menschen ihre Notdurft, frage ich mich?…“ Ein Augenzeugenbericht von Lesbos vom 22.9.2020 bei Mission Lifeline - Negativer Moria-Beschluss des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR): ein Armutszeugnis und Kniefall vor EU und deutscher Regierung
„Am 9.9. 2020 stellten wir als Anwälte von Alassa M. – kamerunischer Flüchtlingsaktivist und Repräsentant des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität in SI e.V. – Eilantrag auf Erlaß sofortiger Maßnahmen zur Aufnahme der Moria-Flüchtlinge in Deutschland. Der Antrag wies nach, dass den Flüchtlingen des Flüchtlinglagers Moria auf der Insel Lesbos/Griechenland aufgrund der apokalyptischen Sitution ein nicht wiedergutzumachender Schaden für Leib. Leben und Gesundheit droht. Deutschland ist – auch aufgrund der detaillierten konkreten Zusagen vieler Gemeinden sowie breiter Zustimmung in der Bevölkerung – ohne weiteres in der Lage, die Aufnahme der Flüchtlinge unverzüglich zu bewerkstelligen. Die bisherige Weigerung der Bundesregierung verletzt u.a. Artikel 4 der EU-Grundrechtschata, der ein Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung beinhaltet. In der jetzt erhaltenen ablehenden Entscheidung des EGMR (Aktenzeichen 39644/20) heißt es u.a.: „Der Eingang ihres Antrags vom 09. 09. 2020, mit dem der EGMR aufgefordert wird, gem. Art. 39 der Verfahrensordnung Deutschland zu verpflichten, unverzüglich die Flüchtlinge des Lagers Moria in Griechenland zu evakuieren und in Deutschland aufzunehmen, wird bestätigt. … entschied das Gericht, nicht an die deutsche Regierung wegen der vorläufigen Maßnahmen nach Artikel 39 Verfahrensordnung heranzutreten, die von ihnen angestrebt werden. Deshalb wird das Gericht keine vorläufigen Maßnahmen ergreifen. … ist das Gericht der Ansicht, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie sie Artikel 34 und 35 der Konvention enthalten, nicht erfüllt sind.“ Der Behauptung des EGMR, der Antrag sei unzulässig, kann nicht gefolgt werden. Sofern der EGMR meint, Alassa M. sei als Sachwalter von Moria-Flüchtlingen nicht beschwerdebefugt und es hätte erst ein langwieriges Verfahren in Deutschland durchgeführt werden müssen, ignoriert er, dass für den gestellten Antrag ein Rechtsweg im nationalen Verfahren weder rechtlich noch faktisch gegeben ist und die Situation in Moria ein sofortiges Tätigwerden erfordert. Art. 35 Absatz 3 b) der Verfahrensordnung sieht sogar ausdrücklich vor, dass der EGMR eine Beschwerde nicht als unzulässig ablehnen kann, wenn „die Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention … anerkannt sind, eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde (erfordert).“ Die Entscheidung des EGMR reiht sich in die unwürdige menschenfeindliche Feilscherei und Heuchelei von EU-Kommission und nationalen Regierungen ein, die gegenwärtig angesichts der humanitären Katastrophe stattfinden…“ Presseinformation vom 21.09. 2020 der Rechtsanwälte Meister & Partner (per e-mail) – siehe zu Alassa M.unser Dossier: Nach Italien abgeschoben: Ein Mitorganisator der Proteste in Ellwangen berichtet – Petition für Rückkehr! - Ärzte ohne Grenzen“: Selbst Babys Opfer von Tränengas auf Lesbos
„Ärzte ohne Grenzen übt scharfe Kritik an den griechischen Behörden. Nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria würden Helfer an der Arbeit behindert. Der Gesundheitszustand vieler Menschen verschlechtere sich zunehmend. Das Vorgehen der griechischen Behörden nach dem Brand des Lagers Moria bringt die Flüchtlinge auf Lesbos laut „Ärzte ohne Grenzen“ in Gefahr. Helfer würden an ihrer Arbeit gehindert und die Menschen durch Tränengaseinsätze und mangelnde Versorgung gesundheitlich geschädigt, sagte die Migrationsexpertin der Hilfsorganisation, Marie von Manteuffel, in Berlin dem „Evangelischen Pressedienst“. So sei ein Neugeborenes nach einem Polizeieinsatz in die Klinik außerhalb des neuen Lagers von Kara Tepe gebracht worden. „Das kleine Menschlein hatte von seinen zehn Tagen fünf auf der Straße verbracht, Tränengas eingeatmet und sich dann nachts übergeben, was ja in dem Alter fatal sein kann.“…“ Artikel von Natalia Matter vom 21.09.2020 beim Migazin (ab da im Abo) - (K)ein neues Moria. Kara Tepe gilt als griechisches Vorzeigelager. Doch Flüchtlinge klagen bereits über katastrophale Verhältnisse
„… Seit das riesige Lager auf der griechischen Insel Lesbos am 9. September vollständig abbrannte, kam es landesweit zu Verhaftungen: Mittlerweile wurden sechs Verdächtige festgenommen. Es handelt sich um junge Afghanen, darunter zwei Minderjährige. Auf der Insel Samos sind 13 Männer afghanischer Herkunft wegen des Verdachts auf Brandstiftung im dortigen Lager festgenommen worden. Zehn von ihnen wurden inzwischen wieder entlassen. Als Beweismittel dient der Polizei die Kommunikation auf den Handys. Allerdings wurden laut der Zeitung »Efimerida ton Sintakton« bis Ende vergangener Woche keine belastenden Mitteilungen gefunden. 15 Brände wurden vergangene Woche in und in der Nähe von Flüchtlingslagern auf dem griechischen Festland gemeldet. Einige Feuer entstanden offenbar, weil sich Geflüchtete oder Viehzüchter nachts wärmen wollten. Vergangenen Freitag wurden auf Samos ein syrischer und ein gambischer Mann verhaftet, die die dortigen »Insassen« über den Onlinenachrichtendienst Whatsapp animiert haben sollen, Feuer im Lager zu legen. Der TV-Sender Star TV legte mit mutmaßlichen Flyern nach, in denen zur Revolte im Lager aufgerufen wird. Migranten könnten sich womöglich vernetzt haben – dieses »Schreckbild« zeichnen sowohl einige Medien als auch Regierung und Polizei. (…) Die Kriminalisierung der Migranten wurde erneut nach dem Brand in Moria deutlich. Regierungssprecher Stelios Petsas bezeichnete die Bewohner von Moria als »undankbare« Schuldige: »Einige respektieren das Land nicht, in dem sie leben. Sie nutzen jede Gelegenheit, um eine Lösung in Flammen aufgehen zu lassen«, sagte er. »Sie haben es getan, weil sie dachten, wenn sie Moria in Brand stecken würden, würden sie die Insel wahllos verlassen. Wir antworten ihnen, dass sie es nicht verstanden haben.« Die Opposition kritisierte den Fokus der Regierung auf die Straftat der Brandstiftung. (…) Im neuen Lager werden – wie einst in Moria – die Enge und der begrenzte Zugang zu Hygieneeinrichtungen beklagt, besonders im Quarantänebereich für Covid-19-Infizierte. Durch die Lage am Strand sind die Menschen unmittelbarer dem Wetter ausgesetzt, die Anlage ist im Vergleich zu Moria leichter zu überwachen. Fotos von NGO-Mitarbeitern auf Twitter zeigen gebrechliche Menschen, die auf dem Boden schlafen…“ Artikel von Elisabeth Heinze, Thessaloniki, vom 20.09.202 im ND online - Journalisten: Polizei behindert Berichterstattung aus Moria
„Auf Lesbos sehen sich Journalisten mit wechselnden Reaktionen der griechischen Polizei konfrontiert: Einige erhalten Zugang zum zerstörten Lager Moria oder zu den Flüchtlingen, anderen wird er verwehrt. Die Vorwürfe wiegen schwer…“ Meldung vom 21.09.2020 beim Migazin (im Abo) - Der Brand von Moria: Die Kalkulation mit dem Elend
„Als Akt der Humanität lässt sich die Politik in Deutschland angesichts der Aufnahme von etwas über 1500 Flüchtlingen aus Griechenland feiern. Journalisten versteigen sich sogar, dies als Ergebnis des Drucks der Zivilbevölkerung zu feiern (Constanze von Bullion: Moral verbindet, SZ 15.9.2020). Der Brand des Flüchtlingslagers auf Lesbos hat das Elend der Flüchtlinge in den Lagern auf den griechischen Inseln mal wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt und es ist gleichzeitig von einer Schande für die europäische Flüchtlingspolitik die Rede. Ganz so, als ob diese Zustände nicht zu dieser Politik dazu gehören würde. (…) Dass die Aufnahme von Flüchtlingen, die bereits als Asylberechtigte anerkannt und sich gar nicht mehr in den Lagern befinden, die Lage in den Lagern nicht verändert, tritt bei den Jubelmeldungen meist in den Hintergrund. Denn die Lager auf den griechischen Inseln sollen bleiben. Insofern entpuppt sich die als Akt christlicher Nächstenliebe deklarierte Entscheidung als reine Heuchelei und offenbar gehen die hochgelobten Werte wunderbar in eins mit den weiterhin katastrophalen Zuständen in den Lagern. Ganz ohne Kritik wurde die Entscheidung der Regierung nicht aufgenommen und als Alleingang kritisiert selbst aus Reihen der Regierungskoalition. Gefordert wurde eine europäische Lösung, die auch zuvor der Innenminister Horst Seehofer angemahnt hatte. Eine seltsame Forderung angesichts dessen, dass es seit Jahren eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage gibt, die unter dem Stichwort Dublin II firmiert. Darin hatte Deutschland es geschafft, dass kein Flüchtling rechtskonform deutschen Boden betreten kann. (…) Bei allem Jammern über das Fehlen einer europäischen Lösung sind die Regierungen der EU in Sachen Flüchtlingspolitik nicht untätig geblieben. Denn in vielen Punkten sind sie sich einig: So sollen Flüchtlinge Europa gar nicht erst erreichen können. Und da sind die Regierungen arbeitsteilig vorgegangen, um die Anrainerstaaten des Mittelmeeres dazu zu verpflichten, Flüchtlinge an der Überfahrt nach Europa zu hindern. (…) Sie gehen mit Recht davon aus, dass die Flüchtlinge per Handy in Verbindung zu ihren Angehörigen stehen und so auch diese davon erfahren und weiter verbreiten, dass sich eine Flucht nicht lohnt…“ Artikel von Suitbert Cechura vom 19. September 2020 bei telepolis - Bundesrat lehnt Vorstoß für Länder-Aufnahme von Asylbewerbern ab: Berlin und Thüringen sind mit ihrer Initiative zur eigenständigen Aufnahme gescheitert
„Berlin und Thüringen sind mit ihrer Bundesratsinitiative zur eigenständigen Aufnahme von Asylbewerbern durch die Länder im Bundesrat gescheitert. Bei der Abstimmung am Freitag erreichte ihr Vorschlag, der von der Bundesregierung abgelehnt wird, keine Mehrheit. Er sah vor, den Bundesländern zu gestatten, selbst über die Aufnahme von Asylbewerbern aus dem Ausland zu entscheiden. Die nach derzeitiger Rechtslage notwendige Zustimmung durch den Bundesinnenminister sollte abgeschafft werden. Die Berliner Innenverwaltung teilte nach der Entscheidung mit, sie bedauere diese sehr. »Eine Zustimmung hätte den Bundesländern mehr Gestaltungsspielraum und Verantwortung in solch einer wichtigen Frage gegeben.« Das Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium sei eine wesentliche Hürde, sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) vor den Länderchefs…“ Meldung vom 18.09.2020 beim ND online - Interniert und entrechtet. Geflüchtete aus abgebranntem griechischen Lager Moria erneut zwangseingewiesen. Hilfe und Informationen verwehrt, EU redet lieber
„Seit Donnerstag morgen läuft die Vertreibung Tausender Menschen, die sich an Straßenrändern und auf Parkplätzen der griechischen Insel Lesbos rund um das abgebrannte Lager Moria provisorisch eingerichtet hatten. Wie die in Dresden ansässige Hilfsorganisation »Mission Lifeline« auf Twitter von vor Ort berichtete, würden die Gefangennahmen, nicht anders ist die Internierung in einem mit Stacheldrahtzaun bewehrten Areal zu bezeichnen, schrittweise durchgeführt, »damit die Aufseher im Lager nicht überfordert werden«. Die Anwesenheit von Presse und NGO wurde unterbunden, und auch medizinischem Personal war zunächst der Zugang verweigert worden. Geflüchtete versteckten sich demnach vor der in schwerer Ausrüstung angerückten Polizei in Wäldern, um der Internierung zu entgehen. Neben der Angst vor einer erneut ausweglosen Situation schreckt die Betroffenen, dass sich das neue Camp neben dem ebenfalls überfüllten »Vorzeigelager« von Kara Tepe, wenige Kilometer nördlich der Inselhauptstadt Mytilini, auf einem früheren Militärschießplatz befindet. So kursierten in »sozialen Medien« bereits Bilder von Insassen, unter denen sich auch zahlreiche Kinder befinden, mit gefundenen Munitionsresten. Bekannt ist bisher nur, dass das noch nicht fertiggestellte Lager weit unter Standard ist und es z. B. keine Duschen gibt. Auch juristischer Beistand wird verwehrt…“ Artikel von Ina Sembdner in der jungen Welt vom 18.09.2020 – MISSION LIFELINE meldet am 18.9 bei Twitter : „Wir sind jetzt alle aus der Zone entfernt worden. Die Polizisten sprechen von einer anstehenden „Säuberungsaktion.“ #Moria“ – selbst Handies werden abgenommen! - Demo am 20.9. in Berlin: Lager auflösen – Evakuierung jetzt! Für eine solidarische und rechtskonforme Flüchtlingspolitik
„Das Lager in Moria auf der griechischen Insel Lesbos besteht nicht mehr. Ebenso wenig besteht ein menschenwürdiges europäisches Asylsystem mit rechtskonformen Aufenthalts- und Rückführungsregeln. Im Gegenteil: Die rechtswidrigen und unmenschlichen Bedingungen in den Lagern an den europäischen Außengrenzen sind politisch ebenso gewollt, wie die Rechtlosstellung der Flüchtenden. Die Botschaft der EU-Regierungen an flüchtende Menschen auf dem Weg nach Europa ist klar: »Sterbt woanders, oder ihr werdet dauerhaft interniert!« Das ist eine Schande. Rechtspolitisch bedeutet das: Selbst wenn die Insel-Lager evakuiert werden – und bereits gegen die Evakuierung aus Moria von Asylsuchenden und Personen, die unter die non-refoulement-Regel fallen, wehren sich die konservative griechische Regierung und sämtliche EU-Staaten –, soll das bisher geltende Recht keine Anwendung mehr finden und schon gar kein humanitäres Recht für Flüchtende entstehen. Dass Europa sich gleichzeitig herausnimmt, sich als Trägerin des Friedensnobelpreises und als Verfechterin der angeblich universellen Menschenrechte zu rühmen, kann nicht anders als zynisch bezeichnet werden…“ Aufruf beim RAV zur Teilnahme an der Demonstration am 20. September 2020 um 14 h, Wittenbergplatz, Berlin, von vielen juristischen und humanistischen Verbänden – siehe auch:- „Es reicht! Wir haben Platz!“ – In einem breiten Bündnis ruft PRO ASYL für Sonntag zu Demonstrationen in Berlin, Köln und München auf
„Über 60 Organisationen fordern sofortige Evakuierung aller griechischen Lager. Demonstration am Sonntag 20.09. in Berlin (14 Uhr, Wittenbergplatz), in München (14 Uhr, Goetheplatz), in Köln (15 Uhr, Neumarkt). Weitere Demos in Paris, Lissabon, Prag, Birmingham, Stockholm
Über 60 Initiativen und Organisationen haben sich dem Aufruf „Es reicht! Wir haben Platz!“ angeschlossen, darunter die Evangelische Kirche Deutschlands, PRO ASYL, Migrantifa, Brot für die Welt, die Diakonie, der Paritätische, Seebrücke, Women in Exile, Deutscher Kinderschutzbund und Fridays for Future, Seenotrettungsorganisationen und der RAV. Das Bündnis übt scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Europäischen Union…“ Aufruf vom 18.9.20 bei Pro Asyl
- „Es reicht! Wir haben Platz!“ – In einem breiten Bündnis ruft PRO ASYL für Sonntag zu Demonstrationen in Berlin, Köln und München auf
- Moria: Druck für eine europäische Lösung wächst
„In Deutschland ruft der politische Kompromiss zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Griechenland unterschiedliche Reaktionen hervor. Die einen sehen die Zahl von 1.550 Menschen als zu gering an. Die anderen wollen auf eine europäische Lösung setzen…“ Meldung vom 17.9.2020 beim Migazin - A Short Story Of Moria
15 Minuten live von Joko & Klaas vom 16.09.2020 bei youtube - Moria-Spendenaufruf: Selbstorganisation stärken
„Nach einem Aufstand von Geflüchteten gegen die menschenunwürdigen Lebensbedingungen sind große Teile des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos abgebrannt. Die letzten Nächte haben tausende Frauen, Männer und Kinder unter freiem Himmel verbracht, während Europa weiter uneinig über ihre Zukunft diskutiert. Die medico-Partner*innen vor Ort – die lokale griechische Organisation „Stand by me Lesvos“ sowie die Selbstorganisationen von Geflüchteten „Moria Corona Awareness Team“ (MCAT), „Moria White Helmets (MWH)“ und „Moria Academia“ – sind weiter aktiv, informieren und helfen, wo sie können. Damit diese selbstorganisierten Teams von Geflüchteten, die bei den Bränden alles verloren haben, ihre Arbeit fortsetzen können, versorgt „Stand by me Lesvos“ sie derzeit – unterstützt von medico – mit Nahrungsmitteln, Decken und Zelten. Unterstützen Sie mit uns die Geflüchteten, die einander jetzt zur Seite stehen!...“ Spendenaufruf bei medico international - Appell zur SOFORTIGEN EVAKUIERUNG VON MORIA
„In einer Zeit, in der 12.500 Flüchtlinge und Asylsuchende obdachlos auf den Straßen und Hügeln von Lesbos umherirren; wo die durch den Brand in Moria vergifteten und verletzten Personen von der Polizei daran gehindert werden, das Krankenhaus in Mytilene zu erreichen; wo Solidaritätsgruppe und NGOs, die die Geflüchteten mit dem Allernötigsten versorgen wollen, von Ordnungskräften blockiert oder von rechtsextremen Gruppen attackiert werden; wo die einzige Antwort der griechischen Regierung auf diesen Notstand, die Betonung der nationalen Sicherheit darstellt – in dieser Zeit können wir als europäische und Weltbürger*innen nicht länger schweigen…“ Den Appel auf deutsch, auf französisch (APPEL POUR L’EVACUATION IMMEDIATE DE MORIA), auf englisch (CALL FOR THE IMMEDIATE EVACUATION OF MORIA), auf griechisch (Άμεση ΕΚΚΕΝΩΣΗ της Μόριας!), auf italienisch (APPELLO PER L’EVACUAZIONE IMMEDIATA DI MORIA) und auf spanisch (EXIGENCIA POR LA EVACUACIÓN INMEDIATA DE MORIA) weiterlesen bzw. als Pdf herunterladen und auf change.org unterschreiben , siehe dazu:- Appell: Experten-Initiative fordert sofortige Räumung von Moria
„Ein Kollektiv von über 200 europäischen Wissenschaftler:innen und Intellektuellen fordern die sofortige Evakuierung von Moria: Diese Schande darf keinen weiteren Tag mehr andauern. In einer Zeit, in der 12.500 Geflüchtete und Asylsuchende obdachlos auf den Straßen und Hügeln von Lesbos umherirren; wo die durch den Brand in Moria vergifteten und verletzten Personen von der Polizei daran gehindert werden, das Krankenhaus in Mytilene zu erreichen; wo Solidaritätsgruppe und NGOs, die die Geflüchteten mit dem Allernötigsten versorgen wollen, von Ordnungskräften blockiert oder von rechtsextremen Gruppen attackiert werden; wo die einzige Antwort der griechischen Regierung auf diesen Notstand, die Betonung der nationalen Sicherheit darstellt – in dieser Zeit können wir als europäische Bürger:innen nicht länger schweigen…“ MiGAZIN dokumentiert am 14.09.2020 den Appell im Wortlaut (leider im Abo)
- Appell: Experten-Initiative fordert sofortige Räumung von Moria
- „Schande für Europa“: UNHCR drängt Europa zu umgehender Hilfe für Flüchtlinge aus Moria
„“Eine Schande für Europa“ sei das Lager Moria gewesen, beklagt das UN-Flüchtlingshilfswerk. Die Organisation sieht nach dem Brand auf Lesbos Europa in der Pflicht. Die SOS-Kinderdörfer warnen vor einer Eskalation auf der griechischen Insel. Angesichts der Lage auf der griechischen Insel Lesbos fordert das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) die europäischen Länder zu umgehender Hilfe für die Migranten auf. Die gegenwärtige Situation sei eine humanitäre Notlage, die ein „schnelles und unverzügliches Handeln“ der europäischen Staaten gemeinsam mit Griechenland erfordere, sagte der Vertreter der UN-Organisation in Deutschland, Frank Remus, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Die SOS-Kinderdörfer warnten vor einer Eskalation auf Lesbos…“ Meldung vom 16.09.2020 beim Migazin - Bundesregierung will 1.553 Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen
„Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria will die Bundesregierung insgesamt 1.553 Menschen von den griechischen Inseln nach Deutschland holen. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) gaben am Dienstagnachmittag als erste die Einigung bekannt. Damit solle auch ein Beitrag zur Entlastung von Moria geleistet werden, auch wenn nicht nur Flüchtlinge von dort geholt werden sollen, sagte Scholz in Berlin. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte, handelt es sich bei der Aufnahme um 408 Familien, die in Griechenland bereits als Schutzberechtigte anerkannt sind…“ Meldung vom 16.09.2020 beim Migazin , siehe dazu:- Die kleine deutsche Lösung und die griechische Abschreckungsstrategie
„Die deutsche Regierung hat sich entschlossen, doch mehr Flüchtlinge und Migranten aus Griechenland aufzunehmen, als ursprünglich beabsichtigt. Nach einer dpa-Meldung, die sich auf Informationen von Innenpolitikern in Berlin stützt , haben sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) „darauf verständigt, dass Deutschland zusätzlich 1.500 Migranten aus Griechenland aufnimmt“. (…) So heißt es in der dpa-Meldung, dass die 400 Familien mit Kindern, die Deutschland aufnehmen will, „nicht ausschließlich aus Lesbos, sondern aus ganz Griechenland kämen“. Betont wurde von den Quellen aus der Innenpolitik, dass dies der griechischen Regierung wichtig sei. Der deutsche Vorschlag sei bereits mit der griechischen Regierung besprochen. Es handle sich um Familien mit Kindern, die in Griechenland „bereits als schutzbedürftig anerkannt“ wurden (…) Bekannt ist, dass Migranten und Flüchtlinge, die als „schutzbedürftig“ anerkannt sind, die Lager auf den Inseln verlassen müssen. Da sie meist mittelos sind, bedeutet das nicht selten den Weg in die Obdachlosigkeit. Das Interesse der griechischen Regierung unter Kyriakos Mitsotakis (Neo Dimokratia) besteht in der Abschreckung. Es sollen nicht zu viele Flüchtlinge und Migranten von anderen EU-Ländern aufgenommen werden, weil Athen sonst eine Sogwirkung („Pull-Effekt“) befürchtet. Insofern dürfte die Aufnahme von 1.500 Migranten durch Deutschland politisch ins Konzept der griechischen Regierung passen…“ Artikel von Thomas Pany vom 15. September 2020 in telepolis
- Die kleine deutsche Lösung und die griechische Abschreckungsstrategie
- Endlich. Entkorkt die Champagnerflaschen, serviert erlesene Häppchen, feiert! Es gibt einen Gott, Moria brennt.
„Nein, ganz bestimmt folgt jetzt keine Einleitung mit «Entsetzen, Scham und Trauer». Kein klagendes Ich, das die europäische Flüchtlingspolitik in Zweifel zieht und sich in Betroffenheitsrhetorik zurücklehnt, «deprimierend, ekelerregend, desaströs» und so weiter. Denn ein politisches Stück, das sich dem Flüchtlingsthema aus der sicheren Distanz des teilnehmenden Beobachters nähert, handelt selten von der Sache selbst, sondern vor allem von der eigenen Befindlichkeit. Diese Meinungsäusserungen, angefangen von «Ich empfinde Mitleid» bis «Wir können nicht jede retten», sind schlicht nicht von Belang. Es ist nicht wichtig, wie es uns dabei geht, wenn wir über Flüchtlingslager lesen, hören oder – albernes Wort – etwas darüber «erfahren». Es geht nicht um unsere emotionale Unversehrtheit und unsere Empörung und Ohnmacht und diese ganze vor Selbstmitleid triefende Wehleidigkeitsprosa; es geht einzig um die physische und psychische Stabilität einer zweijährigen Lagerinsassin, die sich aus Mangelernährung und Mangelfürsorge die Haare ausreisst. Es darf keine Rolle mehr spielen, was Sie oder ich oder irgendeine Zeitungsleserin denkt und fühlt. Was gebraucht wird, sind endlich objektive und neutrale Massstäbe im Umgang mit Flüchtlingen. Messbare Kriterien wie Menschlichkeit, Humanität und Gnade…“ Kommetar von Mely Kiyak vom 15.09.2020 bei republik.ch – unbedingt lesen! - [IG Metall] Moria muss sofort evakuiert werden
„Am morgigen Mittwoch berät die Bundesregierung über die Aufnahme von Geflüchteten aus dem abgebrannten Lager Moria. Die IG Metall fordert die Politik auf, jetzt entschieden zu handeln. Nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria fordert die IG Metall schnelle Hilfen für die obdachlos gewordenen Geflüchteten. „Wir als IG Metall stehen für Humanität und Solidarität. Daher fordern wir Soforthilfen, sowie die sofortige Evakuierung Morias und die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und Europa“, sagt Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall und beim Vorstand zuständig unter anderem für die Themen Migration und Teilhabe…“ IG Metall-Meldung vom 16.9.2020 - Moria, eines Tages werden wir dafür bezahlen: Die qualvollen Schreie der Migrant:innen, die von Riot-Cops mit Tränengas angegriffen werden
„Lesbos. Griechenland. Als sie mit den Schrecken des Krieges und der Gewalt konfrontiert waren, haben wir sie im Stich gelassen, so dass sie gezwungen waren, die Orte, an denen sie lebten, zu verlassen. Als sie die Grenzen überquerten, um nach Europa zu fliehen, haben wir sie auf unbestimmte Zeit in überfüllten Lagern am Rande des Kontinents, wie auf der Insel Lesbos, eingepfercht und ihnen verboten, sich innerhalb Europas frei zu bewegen. Als die Pandemie kam, sperrten wir sie fast 5 Monate lang wie Gefangene in den Lagern ein. Als eines dieser überfüllten Lager in Moria (das für 3.000 Menschen gebaut wurde, während es 13.000 Menschen beherbergte) vollständig ausgebrannt war, schickten wir eine Armee von Bereitschaftspolizist:innen, um sicherzustellen, dass sie die Insel Lesbos nicht verlassen konnten. Als sie versuchten, nach Mytilene, der Hauptstadt der Insel, zu ziehen, um Nahrung und Wasser zu holen, versperrten wir ihnen den Weg mit Dutzenden von Bereitschaftspolizist:innen und örtlichen Rassist:innen. Als sie über den Mangel an Hilfe frustriert waren, protestierten sie, weil sie absichtlich ausgehungert wurden, um dann gezwungen zu sein, in ein Lager umzuziehen, wo sie als Gegenleistung für Nahrung und Wasser inhaftiert werden, wir haben ihre kleinen Kinder und ihre älteren Menschen mit Tränengas angegriffen, wir haben sie alle mit Tränengas angegriffen…“ Bericht am 15.9.2020 bei Enough 14 , ursprünglich veröffentlicht von Perseus999, übersetzt von Enough 14, mit 4 Videos, von Geflüchteten aufgenommen - PRO ASYL: Griechische Regierung degradiert Flüchtlinge zur politischen Verhandlungsmasse, will Haftlager durchsetzen und nur ausgewählten Anerkannten die Ausreise erlauben
„PRO ASYL bezeichnet die Haltung der griechischen Regierung als völlig inakzeptabel. Sie verabschiedet sich von Menschenwürde und Menschenrecht. Am 7. Tag nach der Katastrophe sind die Betroffen immer noch weitgehend schutzlos ohne ausreichende Versorgung. Die griechische Regierung degradiert Flüchtlinge zur politischen Verhandlungsmasse, will Haftlager durchsetzen und nur wenigen Anerkannten die Ausreise erlauben. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, sich dem entgegenzustellen und alle Schutzsuchende von den griechischen Inseln zu evakuieren. Die heute von Merkel und Seehofer angekündigte Aufnahme von 1500 Kindern und Familien ist nicht ausreichend, zumal dies auch noch teilweise Anerkannte sein sollen. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte gestern angekündigt, dass kein einziger Flüchtling aus Moria ausreisen darf. Schutzsuchende sollen im neuen, provisorischen Lager eingesperrt auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten. Die Zustände sind seit Jahren skandalös, der Zugang zum Rechtsstaat ist nicht gewährleistet. Auch die Aussage, nur Anerkannte von den Inseln wegzubringen, verkennt drastisch die Lage anerkannter Geflüchteter auf dem Festland. Die Situation der Anerkannten in Griechenland ist perspektivlos. Die ohnehin schwierige Situation wurde durch Gesetzesänderungen der griechischen Regierung dramatisch verschärft…“ Pressemitteilung vom 15.09.2020 , siehe auch:- Die Katastrophe von Moria und ihre Folgen
„Nachdem der EU-Hotspot »Moria« abgebrannt ist, harren tausende Menschen schutzlos auf Lesbos aus. Sie haben keine Unterkunft, die Versorgungslage ist äußerst prekär. Hilfsorganisationen werden an ihrer Arbeit gehindert, es gibt Übergriffe durch die Polizei und Rechtsextreme. Appelle, die Insel zu evakuieren, ignoriert die griechische Regierung. (…) Auch fast eine Woche nach dem Brand ist die Versorgung der Betroffenen mit Essen und Trinken noch immer nicht gewährleistet. Einige Teile der Insel sind von der Polizei abgeriegelt, Geflüchtete werden nicht in die Inselhauptstadt Mytilini gelassen – und die Supermärkte in den abgeschotteten Bereichen sind geschlossen. Menschenrechtsorganisationen werden daran gehindert, Hilfe zu leisten. Die Menschen schlafen auf der Straße, an Stränden und auf Feldern. Mit massiv erhöhter Polizeipräsenz werden Straßen in die Städte gesperrt, die Stimmung auf der Insel ist angespannt. Auf Demonstrationen der Schutzsuchenden wurde mit Tränengas geantwortet. Wie schon im März 2020 kommt es zu Übergriffen von Rechtsextremist*innen und aus der Inselbevölkerung gegen Schutzsuchende und Helfer*innen…“ Meldung vom 15.09.2020 bei Pro Asyl
- Die Katastrophe von Moria und ihre Folgen
- Erste Flüchtlinge ziehen in neues Notlager auf Lesbos
„Die Lage auf Lesbos bleibt angespannt. Nun gibt es ein neues Zeltlager für Flüchtlinge. Die ersten 300 Migranten sind eingezogen. Doch die meisten wollen weg. Nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria sind auf der griechischen Insel Lesbos etwa 300 Migranten in ein neues Zeltlager eingezogen. Bei den meisten handelt es sich um Familien, wie der staatliche griechische Rundfunk ERT am Sonntag berichtete. Vor ihrer Aufnahme ins neue Lager mussten alle einen Coronavirus-Schnelltest machen. Dabei sei bei sieben Migranten das Virus entdeckt worden, berichtete der Sender unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Alle sieben seien zur Isolation in einen abgelegenen Teil des Zeltlagers von Kara Tepe gebracht worden. Die Situation auf der Insel war auch am Sonntag angespannt. Mehrere Tausende Migranten harren auf den Straßen aus. Es könnte Wochen dauern, bis nach dem Brand am vergangenen Mittwoch alle Menschen wieder ein Dach über dem Kopf bekommen. Die Behörden suchen nach weiteren Orten, wo Zeltlager eingerichtet werden können. Die meisten Migranten wollen allerdings nicht in ein neues Lager gebracht werden, sondern weg von der Insel. Auch die Anwohner wehren sich gegen die Errichtung einer neuen Unterkunft. Im Laufe des Samstags war es immer wieder zu spontanen Demonstrationen und in der Folge auch zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen und Polizei gekommen. Migranten warfen mit Steinen. Die Polizei setzte Tränengas ein…“ Bericht vom 13.9.2020 beim Tagesspiegel online , siehe dazu:- RND-Reporterin auf Lesbos: Auf Moria folgt ein zweites Moria
Auf der griechischen Insel Lesbos beeilt sich die Armee, eine neue Zeltstadt zu errichten. Video-Reportage vom 12.09.2020 bei RND - Elf Minuten Einblick ins Elend
„Zu Beginn der „Anne Will“-Sendung am Sonntagabend berichtet die WDR-Journalistin Isabel Schayani live aus Lesbos, vor ihrem Mikrofon sitzt eine Familie aus Afghanistan. Es sind Szenen, die kein Zuschauer so schnell vergessen dürfte…“ TV-Kritik von Thomas Hummel vom 14. September 2020 in der Süddeutschen Zeitung online
- RND-Reporterin auf Lesbos: Auf Moria folgt ein zweites Moria
- Deutschland nimmt „im ersten Schritt“ bis zu 150 Kinder aus Moria auf
„Nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria in Griechenland wollen zehn europäische Staaten insgesamt 400 minderjährige Flüchtlinge von dort aufnehmen, Deutschland davon 100 bis 150. Das teilte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag in Berlin mit. Er bezeichnete die Verteilung als „ersten Schritt“. Weitere Aufnahmen, vor allem von Familien mit Kindern, könnten demnach folgen. Eine Größenordnung nannte Seehofer nicht. Im Bundestag verteidigte er in einer heftigen Debatte über die politischen Konsequenzen aus dem Brand seine Ablehnung, eine deutlich größere Zahl von Flüchtlingen aufzunehmen…“ Meldung vom 14.09.2020 beim Migazin - Massive Anfeindungen. Helferin: Moria wird sich zu einem Gefängnis entwickeln
„Auf der griechischen Insel Lesbos schwindet bei Flüchtlingen und Nichtregierungsorganisationen die Hoffnung auf eine Evakuierung der Menschen aus dem abgebrannten Lager Moria. Nach dem angekündigten Wiederaufbau werde Moria sich in ein Gefängnis verwandeln, sagte die deutsche Flüchtlingshelferin Henrike Tipkämper dem „Evangelischen Pressedienst“. Die 25-jährige Mainzerin arbeitet bereits seit ihrem Studienabschluss im März in einem kleineren Flüchtlingscamp auf Lesbos. Sie berichtet von wachsender Verzweiflung und massiven Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen und Helfern…“ Meldung vom 14.09.2020 beim Migazin - Flüchtlingslager auf griechischen Inseln: Die Angst vor dem Pull-Effekt
„Die Lager könnten besser ausgestattet werden. Am Geld liegt es nicht. Deutsche Spitzenpolitiker sprechen sich für eine größere Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen aus den griechischen Camps aus (…) Würde man diese Zahl durch die 27 Mitgliedsländer der EU teilen, so müsste jedes Land nicht einmal 1.000 Migranten aufnehmen. Diese Rechnung war heute in Nachrichten des Bayerischen Rundfunks zum Skandal der bitteren Bedingungen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln zu hören. Bekanntlich geht diese einfach gestaltete Rechnung politisch nicht auf, obwohl sich allein in Deutschland Politiker wie der CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller, der nun seinen Rückzug aus der Bundespolitik bis Ende des Jahres angekündigt hat, SPD-Politiker, wie Scholz, Esken und Walter-Borjans, sowie Norbert Röttgen von der CDU sowie weit über 100 Kommunen und einzelne Bundesländer für eine größere Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten ausgesprochen haben. Dass die Mehraufnahme politisch nicht so einfach durchzusetzen ist, liegt, wie die französische Zeitung Le Figaro aus Brüsseler Diplomatenkreisen erfahren hat, nicht nur an der Uneinigkeit in Deutschland und in den EU-Mitgliedsländern, sondern auch „an der Strategie der griechischen Regierung“. Athen habe nicht darum gebeten, dass weitere Migranten – über die gegebene Zusage der Aufnahme von 400 unbegleiteten Minderjährigen hinaus – von EU-Mitgliedsländern aufgenommen werden, weil die dortige Regierung befürchte, dass dies zu weiteren Feuern in anderen Lagern führe. (…) Das Übergangslager könne insgesamt 3.000 Bewohner aufnehmen, Familien hätten Vorrang 8.500 Menschen sind ohne Obdach und übernachten im Freien, berichtete die griechische Zeitung gestern Abend. In deutschen Berichten ist von einer höheren Zahl die Rede. Sie berufen sich auf Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), wonach „11.500 Migranten und Flüchtlinge, darunter 4.000 Kinder“ auf Lesbos obdachlos seien. Die Frage, wie und wo die Menschen, die im Freien nächtigen, künftig untergebracht werden, da die Kapazität des neuen Lagers in Kara Tepe nicht für alle ausreicht, ist noch nicht beantwortet. Bislang geben die Wettervorhersagen noch etwas Spielraum, aber nicht viel. Indessen weigern sich „viele Migranten und Flüchtlinge“, in das neue Transitlager umquartiert zu werden. Sie fordern laut Ekathimerini, dass sie aufs griechische Festland kommen, wo sie sich bessere Chancen ausrechnen, um über Flüchtlingsrouten in EU-Länder zu kommen. Nachrichtenagenturen berichten von Protesten, die sich zum Teil zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei entwickelten…“ Artikel von Thomas Pany vom 13. September 2020 bei telepolis - Moria: Eine Stille, die beißt
„Die Menschen aus Moria haben die vierte Nacht im Freien hinter sich. Während die Regierung Notfalllager aufbaut, wächst die Angst, dass alles wieder von vorne beginnt. (…) 12.000 Menschen sind seit zwei Tagen auf der Flucht vor den Flammen, haben keinen Zufluchtsort oder Ansprechpartner, wie es weitergehen soll. Niemand scheint mehr die Kraft zu haben, überrascht zu sein. Es gibt keine Toiletten, keine Möglichkeit, sich die Hände zu waschen, keine Windeln, keine Steckdosen, um das Handy aufzuladen und Familienangehörige anzurufen. Auf der Straße neben dem Parkplatz donnert ein Lastwagen vorbei. Während die Menschen nicht zur Kinderklinik vor dem verbrannten Haupteingang von Moria durchgelassen werden, werden Fahrzeuge in dieser Nacht an der Polizeisperre vorbeigelassen. Auf Filzdecken und zusammengeschobenen Blätterhaufen liegend ziehen die Menschen ihre Füße ein. Bis in die frühen Morgenstunden finden die meisten keinen Schlaf. Kurz nach dem Feuer am Mittwoch verhängte die Athener Regierung den Notstand über die Insel. Bisher konnten 406 unbegleitete, minderjährige Kinder auf das griechische Festland transferiert werden. Der Rest bleibt auf dem Straßenabschnitt zwischen Moria und der Verwaltungshauptstadt Mytilini von der Polizei eingekesselt. Nur ein paar wenige Menschen sind noch rund um die Felder des verbrannten Camps verteilt. (…) Bis jetzt waren Pläne, die Geflüchteten in Notfalllagern in der Inselmitte unterzubringen, am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Es ist die vierte Nacht, in der die Menschen auf der Zufahrtsstraße übernachten. Schließlich fliegen Hubschrauber mit Matratzen und Zelten zum militärischen Schießübungsplatz, auf dem gleich neben der Zufahrtsstraßen ein Notfallcamp errichtet werden soll. Was nicht über die Straßen geht, kommt über die Luft. Das Notfallquartier soll 3.000 Menschen beherbergen, sechs pro Zelt. Was mit den restlichen 9.000 passieren soll, ist noch nicht klar...“ Reportage von Franziska Grillmeier, Lesbos, vom 12. September 2020 in der Zeit online - Das verrät Moria über den “European Way of Life”
„Was bleibt von der EU-Politik der letzten Woche? Vor allem das Scheitern der Flüchtlingspolitik. Dass die EU-Kommission ausgerechnet ihren Kommissar für den “European Way of Life” nach Moria schickt, sagt verdammt viel über diese Union aus. Frühere Kommissionschefs wie Barroso und Juncker hätten nicht gezögert: Nach der Brandkatastrophe auf Lesbos wären sie selbst auf die Insel geeilt, um Hilfe zu leisten. Nicht so Frau von der Leyen: Sie schickte ihren Kommissar für den “European Way of Life”, den konservativen Griechen Schinas, vor. Über den bizarren Titel hatte es bei Schinas’ Ernennung viel Ärger gegeben – jetzt wissen wir endlich, was er bedeutet. Beziehungsweise, was er nicht bedeutet. Er bedeutet nicht, dass die EU unhaltbare Zustände wie in Moria beendet und dafür sorgt, dass die Flüchtlinge in Sicherheit gebracht werden. Er bedeutet vielmehr, dass man es zulässt, dass Bilder des Elends und der Verzweiflung um die Welt gehen. “Dies ist nicht Europa”, rufen fassungslose Kommentatoren. Dabei vergessen sie, dass die EU schon lange an der “Festung Europa” baut, und dass die Bilder zur Abschreckung dienen. Dazu gehört auch, dass Moria neu gebaut wird – diesmal mit EU-Hilfe und noch mehr “Sicherheitsmaßnahmen”…“ Kommentar von Eric Bonse vom 12.9.2020 bei Lost in EU - [Petition] Eil-Appell: Menschen aus Moria – evakuieren, aufnehmen, Leben retten! #WirHabenPlatz
„… Wir fordern die Bundesregierung auf: 1. Die Bundesregierung muss sich sofort dafür einsetzen, dass die EU die Grenze öffnet und die Menschen auf der Flucht ungehindert einreisen lässt. Den Menschen muss ermöglicht werden, in die zahlreichen deutschen Kommunen einzureisen und einen Asylantrag zu stellen. 2. Die Bundesregierung muss alles dafür tun, damit alle Lager an den EU-Außengrenzen – wie Moria auf Lesbos – geschlossen und die Menschen aus Lagern in Griechenland und anderen Staaten an den EU-Außengrenzen rasch auf übrige EU-Staaten verteilt werden. Es gibt immer mehr Städte, Gemeinden und Kommunen, die sich zu Sicheren Häfen erklären und sofort bereit sind, mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen. Daher fordern wir die Bundesregierung und insbesondere Horst Seehofer und sein Innenministerium auf: 3. Heben Sie endlich die Blockade der 170 Sicheren Häfen auf! Die Kommunen und Bundesländer wollen jetzt handeln und hilfesuchende Menschen aufnehmen. Deutschland muss Verantwortung übernehmen und den Menschen ihr Recht auf Schutz vor Verfolgung gewähren. Wir haben Platz!“ Petition von Sonya von der SEEBRÜCKE bei change.org- „Nearly every person asks for medical attention right now. People wash themselves with sewage pipes. Most of the people don’t have any water right now anymore. Women making fire to cook some leaves of olive trees, the heat is crushing everyone. Complete desperation.“ Franziska Grillmeier am 13.9.20 auf Twitter samt Video und zuvor am 12.9. : „Absolute Eskalation. Gerade werden Gwflüchtete während des Protests auf der Straße nach #Moria mit #Tränengas beschossen. Rennen. Panik. Sicherheitspolizei läuft zwischen den Menschen mit Schildern & Schlagstöcken durch. Immer mehr Menschen kollabieren ohne Wasser.“
- Greece: Urgently protect refugees in Moria
„The fires that burned the refugee camp in Moria have left thousands sleeping rough and with little access to essential services, like water, food supplies and medical care. Many may have lost the few belongings they had left, including valuable documents supporting their asylum claims. Older people, people with chronic conditions, children, pregnant women, new mothers and people with disabilities are among those in urgent need of help. The Greek Government must take immediate measures to provide humanitarian relief and move asylum seekers to safety…“ Internationale Online-Aktion von Amnesty International an die griechische Regierung! - „Es ist übrigens unwürdig auf welch unterster Stufe sich der Diskurs um die Menschen in Moria befindet. Man will eh nur noch Kindern helfen. Schwangere, Ältere, Kranke, Verzweifelte, Traumatisierte Erwachsene kommen nicht mal vor. Und unbegleitet müssen sie sein. Bloß ohne Familie“ Natascha Strobl am 12.9.2020 bei Twitter
- „ES REICHT! Die gestern vorgetragene „europäische Lösung“ ist absurder Zynismus! Es muss JETZT gehandelt werden! Bundeskanzlerin #Merkel kann sich nicht länger hinter Innenminister #Seehofer verstecken! Kommt mit uns auf die Straße! #Moria #WirHabenPlatz“ Seebrücke am 12.9. auf Twitter mit neuen Demoterminen für Sa/SO
- Die Zeit der Ausreden ist vorbei: Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland jetzt – alle rechtlichen Spielräume nutzen!
„… Die Bilder aus dem niedergebrannten Flüchtlingslager Moria sind schockierend, sie überraschen jedoch nicht: Dass ein Lager, das auf knapp 3.000 Menschen ausgelegt ist, aber mehr als viermal so viele beherbergt, vor einem Großbrand ebenso wenig geschützt werden kann wie vor der Ausbreitung des Corona-Virus, war vorhersehbar. Der Brand von Moria war eine Katastrophe mit Ansage. RAV und Flüchtlingsrat fordern die sofortige und unbürokratische Aufnahme der 13.000 Geflüchteten auf Lesbos durch den Bund und die Länder und schnelle Lösungen für eine Aufnahme aller weiteren Menschen in den griechischen Hotspots. Die Geflüchteten können nicht länger auf »europäische Lösungen« warten. (…) Und wir unterstützen die Ankündigung des Innensenators, das Nein des Bundesinnenministeriums zu einem Landesaufnahmeprogramm aus den griechischen Lagern nicht hinzunehmen und rechtliche Schritte gegen den Bund zu prüfen, denn dies ist der nächste nötige Schritt, wenn das Land Berlin ernsthaft für eine Aufnahme eintreten und nicht nur Symbolpolitik betreiben will. (…) In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier zeigen RAV und Flüchtlingsrat Berlin verschiedene Möglichkeiten auf, um auf Landesebene aktiv zu werden und Menschen aus den Lagern in Griechenland die Einreise zu ermöglichen, ohne auf ein Einvernehmen des Bundesinnenministeriums angewiesen zu sein…“ Gemeinsame PM von RAV und Flüchtlingsrat Berlin vom 11.9.2020 - Brief an Merkel und Seehofer – Städte wollen Flüchtlinge aus Moria aufnehmen
„In einem offenen Brief erklären sich zehn Stadtoberhäupter bereit, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Jetzt sollen Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer den Weg dafür ebnen…“ Meldung vom 11.09.2020 beim ZDF
- Die “europäische Lösung” fällt Merkel auf die Füsse
„Nach dem Drama in Moria sucht Kanzlerin Merkel eine “europäische Lösung” für die obdachlosen 13.000 Flüchtlinge. Einen deutschen Alleingang wie 2015 soll es nicht geben. Doch genau wie damals zeichnet sich keine “Koalition der Willigen” ab. Österreich und die Niederlande haben schon abgewunken. Sie wollen keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen – denn das würde einen “Pull-Effekt” ausüben, heißt es in Wien. Die Visegrad-Staaten sind ohnehin nicht bereit. Und selbst aus Frankreich hört man bisher nur vage Solidaritäts-Bekundungen. Jetzt rächt es sich, dass Kanzlerin Merkel ihren Job nach der Flüchtlingskrise 2015 nicht zu Ende geführt hat. Nach dem Flüchtlingsdeal mit Sultan Erdogan hat sie die versprochene “europäische Lösung” zur Verteilung der Migranten fallen lassen. Es würde ja eh keiner mehr kommen, so die Hoffnung. Doch diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, wie man in Moria sieht. Auch die eigentlich vereinbarte Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei hat nicht geklappt. Gerade einmal 2134 Menschen konnte Griechenland seit März 2016 zurück in die Türkei expedieren, trotz EU-Hilfe von insgesamt 2,6 Mrd. Euro. Es ist ein Scheitern auf ganzer Linie…“ Eric Bonse am 10. September 2020 auf seinem Blog „Lost in EU“ - Moria: Keine griechische Tragödie – Es geht um mehr als Mitleid und Empörung: Moria ist ein politisch organisiertes Menschenrechtsverbrechen
„Es ist keine griechische Tragödie, die jetzt nach den Bränden auf Lesbos in ein neues Kapitel eintritt. Moria ist – trotz aller gegenteiligen Bildpolitiken und Gefühle, die das Wort mittlerweile bei vielen auslöst – eine europäische Katastrophe, die zudem rein politischer Natur ist, auch wenn so vieles nach Naturkatastrophe klingt und jede*r intuitiv helfen möchte: Kinder werden von Ratten gebissen, Frauen schlafen in Windeln, weil sie sich nachts aus Angst vor Vergewaltigungen und Übergriffen nicht auf die Toiletten trauen, ein paar Ärzt*innen versorgen Zehntausende Menschen. Doch jede Krankheit, jede Vergewaltigung und jeder Rattenbiss sind das Ergebnis einer jahrelangen politischen Entrechtung, nicht von Ressourcenmangel oder technischem Versagen. Es gibt Schuldige und Verantwortliche für Moria und es gibt dort nichts, was nicht genau so gewollt, gewusst und gedacht ist. (…)Die Entrechtung geschieht seit Jahren im Lichte der Öffentlichkeit, die Empörung ist groß, viele Filme wurden gedreht, Artikel geschrieben und Spenden gesammelt. Geändert hat sich nichts, es wurde sogar immer mal wieder schlimmer. Erst recht durch Corona. Dass so vieles politisch so wenig bewirkte, sollte uns alle zum Nachdenken bringen. Profitiert von den Filmen haben vor allem die Filmemacher*innen, von den Spenden die NGOs und von der Empörung die Politiker*innen, die sich über sie Sendezeit verschafften. Das haben die wenigsten so gewollt, aber es stimmt trotzdem. Die humanitäre Katastrophe ist nur das Symptom eines politisch organisierten und gewollten Versagens. Moria und das vorläufige Ende eines für ganz Europa beschämenden Zustands verlangen, dass die Ding beim Namen genannt werden: Mitleid reicht nicht aus und nützt niemandem etwas, es geht um Menschenrechte und um die, die sie seit Jahren verweigern. Es muss jetzt eine schnelle humanitäre Lösung geben – für alle auf Lesbos und in den anderen griechischen Camps. Auch auf dem Festland. Die deutsche Bundesregierung ist zuständig. Sie war eine der Hauptakteurinnen der Restauration des Grenzregimes, sie hat aber gerade auch die EU-Ratspräsidentschaft. Für die Menschen, die jetzt nicht einmal mehr ihre Zelte haben, in denen sie teilweise seit Jahren leben, muss eine schnelle Lösung gefunden werden. Dabei muss es um eine politische Lösung gehen und nicht um technische Fragen. Es muss darum gehen, wie die Menschen ihre Rechte und ihre Würde zurückbekommen. Es geht um eine kontinentale Lösung und nicht darum, die Situation wieder auf ganz Griechenland auszudehnen, um sie zu entschärfen statt sie zu lösen. Und es geht darum, wie es sein kann, dass auf europäischem Territorium staatlich organisierte Zonen der Menschenrechtsverletzung entstehen konnten, ob als Hotspots oder als Küstenwachen: Alles Fälle, die nicht nur in die kritische Öffentlichkeit gehören, sondern vor einen Menschenrechtsgerichtshof.“ Beitrag von Mario Neumann vom 9. September 2020 bei medico international - Europas Schild – EU-Flüchtlingsabwehr: Humanitäre Krise an den EU-Außengrenzen spitzt sich nach Brand im Flüchtlingslager Moria zu
„Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria auf Lesbos spitzt sich die humanitäre Krise an den südlichen EU-Außengrenzen weiter zu. Knapp 13.000 Flüchtlinge, die zuvor unter desaströsen Bedingungen in Moria dahinvegetieren mussten, sind obdachlos; griechische Polizisten verwehrten ihnen gestern den Zugang zu den umliegenden Ortschaften. Ihnen drohen Angriffe durch Inselbewohner, die zuletzt immer häufiger Flüchtlinge und deren Unterstützer körperlich attackiert haben – etwa mit Brandanschlägen auf Einrichtungen von Hilfsorganisationen. Die humanitäre Krise ist ein Resultat der von Berlin geprägten EU-Flüchtlingsabwehr, die den Betrieb überfüllter Flüchtlingslager auf den griechischen Ägäisinseln umfasst. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Griechenland mit seinem brutalen Vorgehen gegen Flüchtlinge lobend Europas „Schild“ genannt. Die Zustände auf Lesbos lassen die instrumentelle Rolle der deutsch-europäischen Menschenrechts-PR klar hervortreten, die gegen missliebige Staaten in Stellung gebracht, gegenüber Wehrlosen aber ignoriert wird…“ Bericht vom 10. September 2020 von und bei German-Foreign-Policy.com - Seebrücke: „++Demoaufruf++
Der Brand in #Moria zeigt das Versagen der europäischen& deutschen Politik. Über 170 Städte& Kommunen sind aufnahmebereit! Wir rufen dazu auf, auf die Straße zu gehen: Evakuiert die Lager, denn #WirHabenPlatz! Beteiligt euch an Demos oder organisiert selbst welche!“ Aufruf vom 9.9.2020 auf Twitter und: „Das Geflüchtetenlager #Moria auf #Lesbos/#Lesvos ist heute Nacht abgebrannt. Wir sind wütend und fordern die sofortige Evakuierung aller Lager! Bundesweit werden wir heute Abend auf die Straße gehen. #WirhabenPlatz #dreizehntausend #LeaveNoOneBehind“ unteilbar – Solidarität statt Ausgrenzung am 9.9.20 auf Twitter mit der ersten Liste der Proteste bundesweit und auch auf der Homepage der Seebrücke- Siehe für aktuelle Berichte u.a. Erik Marquardt auf Twitter und ebd. medico international sowie MISSION LIFELINE
- Aufnahme von Moria-Flüchtlingen? Seehofer bleibt bei hartem Kurs
„Erst waren es Thüringen, Bremen, Berlin. Jetzt Nordrhein-Westfalen, Hamburg und mehr. Sie alle wollen Menschen aus Moria aufnehmen. Doch Minister Seehofer bleibt bei seinem Nein. Die Reaktion aus dem Bundesinnenministerium ist eindeutig: Am Prinzip der Flüchtlingsaufnahme nach dem Brand im Lager Moria etwas zu ändern, „gibt es keinen Bedarf“. Es gebe keinen Grund, sagte Ministeriumssprecher Steve Alter heute in der Bundespressekonferenz, „unsere bisherige Rechtsordnung grundsätzlich in Frage zu stellen“. Selbst wenn Kommunen und Länder die Menschen jetzt aufnehmen wollten: Sie dürfen es nicht. Ein Kurs von Bundesinnenminister Horst Seehofer, der offensichtlich auch von Kanzlerin Angela Merkel unterstützt wird. Ihre Regierungssprecherin betonte: Das Kabinett gehe in der Moria-Frage „einvernehmlich“ vor. Das heißt: Berlin hilft, aber Athen muss sagen, was gebraucht wird. Von Evakuierung der Menschen ist erst einmal keine Rede…“ Beitrag von Kristina Hofmann vom 09.09.2020 beim ZDF - Brandkatastrophe in Moria: DGB-Chef Hoffmann fordert schnelles Handeln
„Vor dem Hintergrund der Brandkatastrophe auf der griechischen Insel Lesbos fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund eine unverzügliche Reaktion der deutschen und europäischen Politik. Dazu der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann: „Die Umstände im Flüchtlingslager Moria waren schon immer menschenunwürdig. Heute Nacht haben 13.000 Geflüchtete ihre letzte Hoffnung verloren. Es ist eine humanitäre Katastrophe. Dass Europa seit Jahren zuschaut, ist beschämend. Jetzt ist es an der Zeit, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Die Politik des gezielten Wegsehens muss endlich ein Ende haben. Deutschland und Europa müssen ihrer humanitären Verantwortung nachkommen. Dafür braucht es eine europäische Flüchtlingspolitik, die ihren Namen verdient. Eine Flüchtlingspolitik, bei der alle europäischen Staaten ihrer Verantwortung gerecht werden. Aber auch in Deutschland besteht dringender Handlungsbedarf. Das heißt zu allererst dafür zu sorgen, dass den Menschen, die im Lager von Moria alles verloren haben, Aufnahme gewährt wird. Die Bereitschaft dazu existiert – wie etwa die Initiative „Sichere Häfen“ deutlich macht, in der sich inzwischen mehr als 130 deutsche Städte und Kommunen zusammengetan haben, um Menschen auf der Flucht aufzunehmen und Schutz zu gewähren. Die Bundesregierung darf keine Zeit mehr verlieren: Es bedarf schneller, unbürokratischer Lösungen, die das Leid der Menschen endlich beenden. Innenminister Seehofer muss jetzt endlich handeln.“ DGB-PM vom 09.09.2020 - [PRO ASYL] Katastrophe von Moria: Soforthilfe und Evakuierung jetzt!
„Moria ist weitgehend niedergebrannt, tausende Schutzsuchende sind obdachlos und ohne Versorgung. PRO ASYL fordert einen konzertierten europäischen Rettungsplan, die sofortige Evakuierung der Flüchtlinge und die Aufnahme in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Jetzt!...“ Meldung vom 09.09.2020 von und bei PRO ASYL - [Internationale Liga für Menschenrechte] Eil-Aufruf zur sofortigen Evakuierung aller Lager!
„In der Nacht zum 9. September 2020 ist das Lager auf der griechischen Insel Moria, in dem rund 13.000 Menschen eingesperrt waren, nahezu vollständig abgebrannt. Alle Bewohner*innen sind dadurch obdachlos geworden. Bereits zuvor waren die Zustände in dem Lager, das nur für weniger als 3.000 Menschen ausgelegt war, dramatisch. Zudem sind vor wenigen Tagen erstmalig Covid19-Infektionen im Lager aufgetreten, worauf das gesamte Lager unter Quarantäne gestellt wurde. Insgesamt leben mehr als 42.000 Menschen auf engstem Raum unter katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln. Die aktuelle Notlage zeigt das totale Scheitern der EU-Politik im Umgang mit den Geflüchteten, wofür die deutsche Regierung zur Zeit besondere Verantwortung trägt. Die Internationale Liga für Menschenrechte fordert die sofortige Evakuierung der Menschen! Mehrere Bundesländer haben sich bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Dies wird jedoch durch die Blockadehaltung der Bundesregierung verhindert. Wir fordern die EU- Kommission und Bundesregierung auf, sofort zu handeln, die Menschen aus den Lagern zu holen und in der Europäischen Union aufzunehmen!…“ Aufruf vom 9. September 2020 - EUropas “Hölle” ist abgebrannt – und nun?
„Man nannte es die “Hölle” von Moria. Nun ist das berüchtigte Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt. Es ist ein Fanal für die gescheiterte europäische Flüchtlingspolitik – wann wacht die EU endlich auf? Ein wenig Schweigegeld an Griechenland zahlen, und dann weitermachen wie zuvor: So hat die EU bisher auf alle Warnungen aus Moria und anderen Lagern reagiert. Deutschland nahm dann noch ein paar Kinder auf – und das war’s. Auch diesmal sieht es nicht viel anders aus. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson versprach schnelle Hilfe. Sie sei in Kontakt mit den lokalen griechischen Behörden, schrieb die schwedische Politikerin auf Twitter. Dabei habe sie zugestimmt, den Transfer und die Unterbringung der verbleibenden 400 unbegleiteten Kinder und Jugendlichen aufs Festland zu finanzieren. “Die Sicherheit und der Schutz aller Menschen in Moria hat Priorität.” Derweil sagte der griechische Kommissar für den “European Way of Life”, Margaritis Schinas, mehr Geld für Griechenland zu. Kommissionschefin von der Leyen schwieg – wie immer, wenn es ernst wird und die EU versagt. Dabei schreit das kollektive Versagen der EU zum Himmel. Jahrelang haben alle – auch Deutschland – die Augen vor dem Schandfleck auf Moria verschlossen. Die “Hölle” für Flüchtlinge wurde geduldet – denn sie sollte ja (auch) zur Abschreckung dienen. Das geht nun nicht mehr. Die EU muß jetzt umgehend Abhilfe schaffen – und die Flüchtlinge umverteilen. Doch der ursprünglich schon im April angekündigte Entwurf der EU-Kommission, der auch die Lastenteilung klären soll, lässt immer noch auf sich warten. Zudem müssen sich Brüssel und Berlin der unbequemen Tatsache stellen, dass der Flüchtlingsdeal mit Sultan Erdogan gescheitert ist…“ Kommentar von Eric Bonse vom 9. September 2020 bei Lost in EU - Kommentar zur Schande Europas nach dem Brand in Moria: Brandstifter in Brüssel und Bern
„Das Feuer von Moria ist ein Mahnmal für das Scheitern von Europas Flüchtlingspolitik. Die Evakuierung der Menschen ist jetzt vordringlich. Nötig ist aber auch eine grundsätzliche Umkehr…“ Artikel von Anna Jikhareva vom 10.09.2020 bei der WoZ online- „+++ UPDATE +++ Die griechische Polizei verhindert die Versorgung der Opfer der Katastrophe in #Moria. NGOs, die Wasser und Nahrungsmittel bringen, werden nicht zu den Geflüchteten gelassen. An Supermärkten verhindert die Polizei, dass NGOs einkaufen können.“ MISSION LIFELINE am 9.9.20 auf Twitter
- Das Feuer in Moria: Knapp 13.000 Insassen des Flüchtlingslagers auf Lesbos irren nun obdachlos über die Insel
„Das in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wütende Feuer im Lager Moria hat das Kentro Ypodochis kai Tautopoiisis Moria (Zentrum für die Erstaufnahme und Identifizierung – KYT) vollständig zerstört. Knapp 13.000 Insassen des Lagers irren nun obdachlos über die Insel. Der Großteil von ihnen befindet sich knapp sechs Kilometer von der Inselhauptstadt Mytilene entfernt am Rand der zentralen Landstraße. Sie werden von massiven Polizeikräften daran gehindert, die Inselhauptstadt zu erreichen. Einige der Geflüchteten haben sich in die umliegenden Berge begeben. (…) Der Abschnitt des Lagers, der als Abschiebegefängnis diente, wurde evakuiert. Der Verbleib der 177 Insassen ist weiterhin unklar. Bis auf weiteres ist es Asylbewerbern, anerkannten Asylanten und Immigranten verboten, die Insel zu verlassen. Die Bewohner der Insel sind in Angst, weil unter den Obdachlosen auch 35 bestätigte Covid-19-Fälle, sowie ihre direkten Kontakte sind. Die Regierung entsandte mit Militärflugzeugen bereits zusätzliche Einsatzbereitschaften der Polizei. (…) Über die Insel wurde der Katastrophenzustand verhängt. Parallel zu den Ereignissen auf Lesbos läuft in Athen eine Polizeiaktion. Mittellos in die Obdachlosigkeit entlassene, anerkannte Asylanten, die auf den Plätzen Athens campieren, werden aufgelesen und ins geschlossene Lager Amygdaleza gebracht. Es besteht ein direkter Zusammenhang zu den Ereignissen in Moria, zumal der Patient 0, der die Infektion ins Lager brachte, als anerkannter Asylant zunächst in die Hauptstadt reiste, dort obdachlos blieb und danach ins wilde Lager rund um das Lager Moria zurückkehrte. Es wird befürchtet, dass sich noch mehr als die bislang bekannten 35 Lagerinsassen angesteckt haben. Zumal diese Zahl auf der Auswertung eines Teils der ersten 2.000 in der vergangenen Woche entnommenen Testproben beruht. In den Diskussionen in sozialen Netzwerken des Landes gibt es Konflikte zwischen jenen, die das humanitäre Ausmaß der Katastrophe in den Vordergrund stellen und denjenigen, die ihre fremdenfeindliche Einstellung nun erst recht bestätigt sehen…“ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 09. September 2020 bei telepolis - Brandkatastrophe in Moria: ver.di fordert Bundesregierung zum Handeln auf
„Vor dem Hintergrund der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Bundesregierung auf, die Verweigerungshaltung gegenüber der Aufnahme von Flüchtlingen aufzugeben. „Moria war nie ein sicherer Ort, sondern eine Schande für Europa. Heute Nacht haben dort knapp 13.000 Menschen ihr letztes Hab und Gut verloren. Sie müssen jetzt gerettet werden. Es ist genug Platz da. Bundesinnenminister Seehofer muss jetzt seine Blockade aufgeben, die Große Koalition muss handeln – ohne Wenn und Aber“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke am Mittwoch. In der Nacht zum Mittwoch ist das Flüchtlingslager durch einen Großbrand nahezu vollständig zerstört worden. Moria gilt zurzeit als das größte Flüchtlingslager Europas. An den dortigen Zuständen gibt es seit Jahren massive Kritik. Mehrere deutsche Kommunen und Städte hatten bereits vor Monaten angeboten, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Der Großbrand habe die Situation nun deutlich verschärft. „Die Lage erlaubt keinen Aufschub. Die Große Koalition muss jetzt handeln und darf sich nicht hinter der EU verstecken“, stellte Werneke fest.“ ver.di-PM vom 09.09.2020 - Flüchtlingslager Moria zu großen Teilen abgebrannt
„In der vergangenen Nacht brannten große Teile des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos nieder. In den letzten Tagen war ein Anstieg der Corona-Fälle im mit über 13.000 Menschen vollkommen überbelegten Lager zu verzeichnen, das daraufhin abgeriegelt worden ist. Tausende Menschen haben sich vor den Flammen in Sicherheit gebracht und irren über die Insel. Berichte über Verletzte oder Tote gibt es noch nicht. Dem Brand an verschiedenen Stellen des Lagers waren Proteste von Geflüchteten gegen Ihre inhumane Unterbringung und Versorgung sowie gegen unzureichende Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung mit Covid-19 vorausgegangen. Seit dem ersten offiziellen Covid-19-Fall im Flüchtlingslager am 2. September ist die Zahl der bestätigten Fälle auf 35 angestiegen. „Seit Monaten warnen wir vor einem Corona-Ausbruch im Lager“, sagt Raid Al Obeed aus Syrien, der das Moria Corona Awareness Team mitgegründet hat. Das von medico international unterstützte Team besteht aus Geflüchteten, die im Lager leben und seit März die Corona-Prävention und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse im Lager selbst in die Hand genommen haben. „Wir haben es lange Zeit geschafft, das Virus fern zu halten. Immer wieder haben wir jedoch gesagt, dass etwas geschehen muss, damit Corona das Lager nicht doch noch erreicht. Doch die EU hat uns allein gelassen. Nun ist das Virus da, die Covid-19-Fälle steigen mit jedem Tag, genauso wie die Angst und die Wut im Lager.“ Die Verantwortung trägt die EU, sie muss jetzt handeln und Moria evakuieren…“ medico-Pressemitteilung vom 09.09.2020 - Grundrechtekomitee fordert sofortige Evakuierung der Geflüchteten von Moria in sichere Häfen in Deutschland
„Das Komitee für Grundrechte und Demokratie fordert die Bundesregierung auf, die sofortige Evakuierung der Menschen aus dem Lager Moria zu starten. Viele deutsche Städte und Kommunen bekunden seit Monaten als Netzwerk der sicheren Häfen den Willen, die Menschen aus den griechischen Lagern in Deutschland unterzubringen. Bisher scheitert dies allein an der Blockadehaltung von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Das Grundrechtekomitee fordert ihn hiermit auf, diese inhumane Haltung aufzugeben und sofort die geeigneten Maßnahmen einzuleiten, um die Menschen in Sicherheit zu bringen. Britta Rabe, politische Referentin des Grundrechtekomitees: „Mit der heutigen Katastrophe in Moria ist ist entgültig ein Punkt ohne Umkehr erreicht. Es gibt keine Ausreden mehr. Die humanitäre Katastrophe hat sich seit Monaten angekündigt, obwohl sie ohne weiteres zu beenden gewesen wäre. Es gibt kein Argument gegen eine Evakuierung der Menschen nach Deutschland. Die Ressourcen, der Platz und der politische Wille in den Kommunen sind vorhanden. Wir fordern eine Evakuierung jetzt!““ Pressemitteilung vom 9. September 2020 - Lesbos: Feuer vernichtet Flüchtlingslager Moria
„Bei Tageslicht wird das Ausmaß der Katastrophe deutlich – das Camp Moria ist nach den verheerenden Bränden laut Feuerwehrangaben massiv verwüstet. Die Brände sollen aber mittlerweile unter Kontrolle sein…“ Video vom 09.09.2020 beim Spiegel online , siehe auch Fotos beim Spiegel online - NGO-Mitarbeiter auf Lesbos „Das Lager muss final evakuiert werden“
„Mehr als 12.000 Menschen leben im Flüchtlingslager Moria. Der Corona-Lockdown habe die gereizte Stimmung zum Überkochen gebracht, sagt Niklas Fischer von Mission Lifeline. Er fordert die endgültige Evakuierung des Lagers. Nach einem Corona-Ausbruch verhängte Quarantäne im Lager habe die Menschen dort noch enger zusammengetrieben und deren sehr gereizte Stimmung zum Überkochen gebracht, sagt Niklas Fischer von der Hilfsorganisation Mission Lifeline auf tagesschau24. Fischer ist derzeit auf Lesbos. (…) Er habe keine Bestätigung dafür, dass Bewohner die Feuer selbst gelegt hätten, so Fischer. Die Feuer der letzten Nacht seien aber etwas anderes als die Feuer, die es im Lager häufiger gegeben habe. Zum Verbleib der Flüchtlinge sagte Fischer, viele seien in nahe Gebirge und Olivenhaine geflohen, aber auch auf den Straßen unterwegs. Einige seien im Flüchtlingslager Kara Tepe in der Nähe aufgenommen worden…“ Beitrag vom 09.09.2020 bei tagesschau.de - Hotspots als Blaupause. Massenquarantäne verschärft Situation der Flüchtlinge im Lager Moria. Aufnahmeprogramme blockiert. EU abgeschotteter denn je
Artikel von Ulla Jelpke in der jungen Welt vom 09.09.2020 - Covid-19 im Lager Moria – Die Probleme bei der medizinischen Versorgung auf Lesbos
„Im Flüchtlingslager Moria wurde in der vergangenen Woche der erste Covid-19-Fall identifiziert. Am Montagabend wurde aufgrund von vorliegenden Ergebnissen von 1000 der am Donnerstag, Freitag und Samstag gemachten 2.000 Tests bekanntgegeben, dass nunmehr 17 der Insassen des Lagers erkrankt sind. Das Lager stand seit Mitte März unter einem Lockdown mit strengen Ausgangsbeschränkungen. Jetzt steht es komplett unter Quarantäne. Im Lager leben rund 13.000 Personen. Die griechischen Inseln waren beim Lockdown im Frühjahr vollkommen isoliert, womit Infektionen effektiv vermieden wurden. Mit der Öffnung des Tourismus wurde ein Anstieg der Fälle auf den beliebten Urlaubsinseln registriert. Vor Bekanntgabe der Fallzahlen vom Montag zählte Lesbos seit dem 12. August 123 Infektionen. Weil die Intensivbetten im Krankenhaus der Insel bereits komplett ausgelastet sind, werden schwerere Fälle nach Athen ausgeflogen. Acht Inselbewohner sind bereits verstorben…“ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 08. September 2020 bei telepolis
- Lehrer vom Bodensee hilft Flüchtlingen auf Lesbos. Claus Kittsteiner: „Weit verbreitete Ignoranz gegenüber dieser unerträglich traurigen Überlebenssituation“
„… Aus der ‚Initiative Respekt für Griechenland‘ heraus wollten wir etwas auf die Beine stellen, das für die Flüchtlinge konkrete Hilfe vor Ort bedeutet. Wir haben deshalb vor fünf Jahren auf Lesbos eine Wohnung angemietet für unser Teilprojekt „Volunteers for Lesbos‘. Dort leben seitdem sechs bis acht unserer Freiwilligen. Es sind Mediziner, Psychologen, Sozialarbeiter, Juristen und Übersetzer, meist Frauen, die mit den Flüchtlingen auf Lesbos arbeiten. (…) Warum kommen so viele Flüchtlinge aus Afrika? Weil auch wir vor deren Küsten mit unseren EU-subventionierten Fischtrawlern ihnen die Fische massenhaft wegfangen. Wir rauben den Menschen ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage und beschimpfen sie anschließend als ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘. Natürlich machen sich diese Menschen dann auf den Weg, sie folgen der Spur ihrer Fische, sie kommen auch ins reiche Europa, um zu überleben. Ähnlich ist es mit unseren einseitigen Handelsverträgen, die afrikanische Bauern arbeitslos machen, die dann zu Migranten werden. Ein Teil von ihnen erscheint an unseren Außengrenzen, zur Ausgrenzung ist es dann nicht weit. Was auf der Oberfläche sichtbar ist, also Flüchtlinge mit fremdem Aussehen, genügt den meisten Kritikern innerhalb der ‚Normalsicht‘ für ihr ablehnendes Urteil. Nächstenliebe gilt, wenn, dann nur den eigenen Leuten. (…) Humanitäre Hilfe von Mensch zu Mensch und Solidarität ist immer dann von Nöten, wenn Folgen bereits eingetreten sind. Doch flüchtende Menschen werden leider oft nicht als Folge von vorher Geschehenem, sondern als Ursache empfunden – als Ursache des gestörten Wohllebens. Menschenrechte kommen in solcherlei Denken kaum oder nur theoretisch vor, ebenso das internationale Asylrecht, sein Sinn und seine historischen Entstehungsgründe. Sonderbare Überlegenheitsphantasien schwelen unter der Oberfläche, bis hin zum offenen Rassismus. Man räsoniert über die Sozialausgaben für Asylbewerber. Sie sind für viele Kritiker neben uneingestandener Fremdenphobie ein Hauptargument gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Sozialschmarotzer? Wie viele Milliarden Steuergelder im Vergleich bei uns für militärische Zwecke ausgegeben werden, scheint nicht von Bedeutung. Deutschland gab 2019 laut SIPRI 49,3 Milliarden US-Dollar, mehr als in Vorjahren, für seine Rüstung aus. An Geld fehlt es also nicht. (…) Die EU-Politik arbeitet mit immensem Geldeinsatz an der Perfektionierung der Flüchtlings-Abschreckung an den EU-Außengrenzen. Die EU-Kommissionsvorsitzende lobte dabei Griechenland als vorbildliches „Schutzschild der EU“. Kollektiver Egoismus als Markenzeichen europäischer Werte? (…) Natürlich gibt es nicht die eine Lösung, aber eine faire Verteilung von Geflüchteten wäre ein Anfang. Alle Länder der EU sollten sich daran beteiligen, Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn einige osteuropäische EU-Staaten sich weigern und nur die Vorteile nutzen wollen, sollte die EU ihnen finanziell Druck machen – dann gibt es dort eben weniger Waffenkäufe oder hochmoderne Autobahnen, beides ja von unseren EU-Steuergeldern mitbezahlt. Oder fließt dieses Geld heimlich abgesprochen mittlerweile in Zäune und Stacheldraht gegen Flüchtende? Die politischen Ängste der Regierungen vor einem weiteren Rechtsruck bei Wahlen, auch bei uns, sind oft vorherrschend. Mit gutem Beispiel vorangehen will kaum mehr jemand.Man traut sich nicht, noch mehr asylsuchende Flüchtlinge aufzunehmen, selbst kranke Kinder nicht. „Ihr Kinderlein kommet“ singt man eben nur einmal im Jahr unterm Christbaum…“ Interview mit Claus Kittsteiner aus dem Südkurier vom 7.9.2020 in erweiterte Fassung auf seiner Homepage , dort auch ein Infoblatt „Solidaritätsarbeit mit Geflüchteten auf Lesbos“ - Erster Covid-19-Fall in Moria
„… Die Hilfsorganisation medico international warnt vor einer unkontrollierten Verbreitung von Covid-19 im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und fordert die Evakuierung besonders gefährdeter Menschen. Heute Morgen wurde der erste Covid-19-Fall im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos bestätigt. Ein 40jähriger Somali ist infiziert, der aus Athen, wo viele Flüchtlinge auf der Straße leben müssen, zurück auf die Insel gekommen ist. Noch ist unklar, ob er weitere Menschen angesteckt hat. „Mit über 100 Fällen unter den Einwohnerinnen und Einwohnern der Insel und einer begrenzten Anzahl von Intensivbetten ist die lokale Gesundheitsinfrastruktur bereits jetzt an der Belastungsgrenze“, erklärt Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration bei medico international. „Sollte sich das Virus auf der Insel weiter ausbreiten, kann eine angemessene medizinische Versorgung der Betroffenen nicht mehr sichergestellt werden.“ (…) Dass Covid-19 jetzt Moria erreicht hat, kann für niemanden eine Überraschung sein. „Monatelang wurden die Warnungen von Selbstorganisationen, medizinischem Personal und Hilfsorganisationen vor Ort in den Wind geschlagen“, meint Ramona Lenz. „Wenn sich nun weitere Menschen anstecken oder schon angesteckt haben und nicht angemessen versorgt werden, ist das eine Katastrophe, die vermeidbar gewesen wäre.“ Gemeinsam mit dem Moria Corona Awareness Team fordert medico international die sofortige Evakuierung von Alten, Kranken und Verwundeten aus dem Lager sowie die Verbesserung der Infrastruktur in Moria, so dass sich alle, die vorerst dort bleiben müssen, vor dem Virus schützen können. Langfristig müssen derartige Massenunterkünfte, die die grundlegenden Rechte der Menschen verletzen, aufgelöst werden…“ Pressemitteilung von medico international vom 2. September 2020 , siehe dazu:- „Weitere Corona-Fälle in #Moria! Die griechische Regierung hat den Bau eines Zauns um das Lager in Auftrag gegeben.“ MISSION LIFELINE am 5.9.20 bei Twitter
- „A friend from Moria wrote me: Yesterday, 500 residents of Moria camp have been tested for COVID-19 Today the results indicated two positives cases (add to the first case), which brings the confirmed cases to 3…“ iuventa10 am 5.9.20 bei Twitter
- Aktion #dreizehntausend am Montag, 07.09.2020
„Das wovor wir seit Monaten gewarnt haben, ist nun eingetreten: Das Coronavirus hat das völlig überfüllte Flüchtlingslager Moria erreicht. Noch immer weigert sich die Bundesregierung den Menschen in Not tatsächlich zu helfen, Bundesinnenminister Seehofer verhindert die humanitäre Aufnahme und verbietet Berlins und Thüringen, Menschen aus Moria aufzunehmen. Dagegen muss geklagt werden, wir brauchen aber auch politischen Druck. Deswegen rufen wir erneut zu einer Aktion auf: Am Montag werden wir gemeinsam mit der Seebrücke und Sea-Watch eine Aktion vor dem Bundestag starten. Dabei könnt ihr uns helfen!
Was: Aktion #dreizehntaused vor dem Bundestag
Wann: Montag, 07.09.2020, den ganzen Tag
Wo: Wiese vor dem Bundestag in Berlin
Hashtag für Social-Media: #dreizehntausend…“ Aufruf vom 5. Sep. 2020
- Corona in Griechenland: Flüchtlinge besonders gefährdet
„Auf der griechischen Insel Lesbos nehmen die Corona-Infektionen zu. Auch unter Flüchtenden gibt es Fälle. Eine Eskalation der Lage ist nur eine Frage der Zeit, meinen Experten. (…) Für 3.000 Menschen war das Camp ursprünglich konzipiert, derzeit fasst es um die 13.000 Bewohner. Noch hat sich Corona dort nicht ausgebreitet. Aber Experten warnen: Für einen Ausbruch des Virus ist die Insel nicht gewappnet. Seit wenigen Monaten erst ist Caroline Willemen auf Lesbos. Sie arbeitet als Feldkoordinatorin für Ärzte ohne Grenzen. Ihre Aufgabe: Corona-Intervention. Die Umstände auf der Insel bereiten der Belgierin große Probleme bei ihrer Arbeit. „Ich weiß, das ist kein wissenschaftlicher Vergleich. Aber in einer Zeit, in der alle Großveranstaltungen abgesagt werden, weil die Ansteckungsgefahr zu groß ist, ist dieser Ort einfach undenkbar,“ äußert sich Willemen besorgt im Gespräch mit der DW. (…) Die Journalistin ist besorgt über diese Entwicklungen. Für sie steht fest: Athen missbraucht Corona, um die eigene Flüchtlingsagenda durchzusetzen: „Es ist klar, dass die Pandemie in diesem Moment genutzt wird, um Menschen weiterhin einzuschließen. Dadurch lässt man die Spaltung zwischen der Bevölkerung und den Flüchtlingen noch größer werden.“ Unter dem Deckmantel der Gesundheitspolitik würden auch die Wirkungsräume von Hilfsorganisationen weiter eingeschränkt: „Umso weniger unabhängige Akteure vor Ort wirken können, umso mehr freie Hand hat die Regierung“, meint Grillmeier. Das bekam kürzlich auch Ärzte ohne Grenzen zu spüren…“ Reportage von Florian Schmitz vom 20.08.2020 bei der Deutschen Welle - COVID-19 auf den kleineren griechischen Inseln – Lager im Lockdown
„Seit März, sind die wichtigsten Lager auf den griechischen Inseln aufgrund von COVID-19 im Lockdown.1 Während die Beschränkungen für Einheimische gelockert und die Grenzen für Tourist:innen geöffnet wurden, ist die Ein- und Ausreise aus den meisten Lagern noch immer eingeschränkt und wird zumindest bis Ende August begrenzt bleiben. Die Situation in den Lagern auf Kos und Leros ist etwas speziell, da es sich um weitgehend “geschlossene” Lager handelt. Da die Lager und die Inseln, die sie beherbergen, viel kleiner sind, gibt es weniger Solidaritätsnetzwerke und sehr wenig Informationen über die aktuelle Situation. Diesen Lagern wird im Verhältnis zu Lesbos, Samos und Chios auch nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es gibt Berichte aus Kos und Leros, dass Migrant:innen, die in der Peripherie dieser Lager leben, zu Beginn der Pandemie gezwungen wurden, in offizielle Lagerstrukturen zu gehen. Ähnlich wie in anderen Lagern wurden auch hier Internierung angeordnet, und viele Menschen befürchten, dass diese außerordentlichen Maßnahmen nicht aufgehoben werden, wenn die Pandemie vorüber ist. Während Kontrolle und Einschränkungen im Namen der öffentlichen Gesundheit zugenommen haben, werden Geflüchtete weiter durch Unterdrückung und Entmündigung beeinträchtigt. Neben der täglichen strukturellen Gewalt seitens der Behörden während der Abriegelung sind die in den Lagern lebende Menschen auch vermehrt mit Gewalttaten konfrontiert, insbesondere im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Frauen…“ Meldung vom 10. August 2020 von und bei Mare Liberum - Flüchtlingscamp auf Lesbos: Flüchtlinge halten Laschet für „Prime Minister of Germany“ – der bricht Besuch ab [er kann das]
„Eigentlich wollte Armin Laschet im überfüllten Flüchtlingscamp Moria auch den sogenannten wilden Teil besuchen – dies wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt. Flüchtlinge riefen „Free Moria“ und verwechselten ihn offenbar. Laschet sprach danach von einem „Aufschrei der Verzweifelten“. (…) Anschließend fuhr der NRW-Regierungschef in das Camp Kara Tepe. In dem als „Vorzeigelager“ geltenden Camp halten sich etwa 1300 Menschen auf. Dieser Besuch lief ohne Zwischenfälle ab. Mehr als eineinhalb Stunden sprach Laschet dort mit Hilfsorganisationen. Nach den Besuchen sprach der Ministerpräsident von einem „Aufschrei der Verzweifelten“. „Die ganze Europäische Union muss jetzt wach werden“, so Laschet…“ Agenturmeldung vom 4.8.2020 in der Welt online , siehe Kommentare:- MISSION LIFELINE auf Twitter : „Es gab einige Gerüchte um den ersten Besuch Armin #Laschet|s in #Moria und die Gründe für dessen Abbruch. @niksupertrampp hat nachgefragt, was wirklich passiert ist…“
- Seebrücke auf Twitter : „#Laschet kann den Besuch in #Moria abbrechen, wenn es zu viel wird. Die mehr als 16.000 Bewohner*innen können das nicht. Auch das ist Rassismus.“
- »Ärzte ohne Grenzen« muss Corona-Zentrum auf Lesbos schließen
„Zentrum ist einzige Einrichtung auf der Insel, in der Geflüchtete mit Symptomen sicher isoliert werden können. Die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« sieht sich gezwungen, ihr Isolationszentrum für Covid-19-Verdachtspatienten nahe dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zu schließen. Gründe seien Bußgelder der lokalen Behörden und drohende Strafverfolgung, teilte die Hilfsorganisation am Donnerstag in Berlin mit. Die Behörden hätten Verstöße gegen Stadtplanungsvorschriften beklagt. Das am 6. Mai eröffnete Zentrum sei jedoch die einzige Einrichtung, in der Flüchtlinge mit Corona-Symptomen sicher isoliert werden könnten. Es sei mit Unterstützung der Behörden entstanden. Die griechischen Behörden seien nicht in der Lage, den Weiterbetrieb des Isolationszentrums zu gewährleisten, kritisierte »Ärzte ohne Grenzen«. Dabei bestehe weiter das große Risiko, dass die Corona-Pandemie das überfüllte Lager mit 15.000 Menschen in unhygienischen Verhältnissen erreiche. Ein Ausbruch in dem Camp könne schreckliche Folgen haben…“ Agenturmeldung vom 30.07.2020 beim ND online , siehe auch die Mitteilung von Ärzte ohne Grenzen - Flüchtlingslager Moria – Europas ganz normaler Albtraum
„Für Tausende Flüchtlinge ist aus dem Traum Europa ein Albtraum geworden: Sie sitzen auf Lesbos fest. Nun kommt die Angst vor Corona hinzu. Ein Besuch im Lager Moria. Im Flüchtlingslager Moria tauche ich in eine andere Welt ein: verwinkelte, durch Plastikplanen abgeteilte Gänge, Verschläge aus Wellblech, stickige Enge. Lehmboden, der bei Regen aufweicht. Einfache Zelte, in denen ganze Familien leben. Zäune und Wachposten erinnern daran, dass es sich niemand ausgesucht hat, hier zu sein. An das eigentliche Lager schließen sich ausufernde Siedlungen an: der „Dschungel“, wie ihn hier alle nennen. Spontan denke ich an Slums in afrikanischen oder asiatischen Großstädten. Doch wir sind mitten in Europa. (…) Beim Gang durch das Camp fällt sofort auf, was fehlt: Toiletten gibt es viel zu wenige, Wasser zum Duschen gibt es nur zweieinhalb Stunden am Tag für das ganze Camp. „Social distancing“, Abstand halten ist hier kaum möglich. Die Bedrohung durch Corona schwebt wie eine dunkle Wolke über dem Camp, aber bisher ist keine Ansteckung bekannt. „Das ist ein Wunder“, sagt mir Raed Alabd aus Syrien. Niemand will sich ausmalen, was ein Ausbruch der Krankheit hier bedeuten würde. Das Selbsthilfeteam „Flüchtlinge gegen Corona“ stemmt sich dagegen. Gemeinsam mit dem Apotheker Omid Alizadah aus Afghanistan verteilen sie Handzettel über Hygiene. Immer in dem Wissen, dass es weder genügend Masken noch ausreichend Wasser gibt (…) Rund 5.000 Flüchtlinge konnten inzwischen aufs Festland umziehen. Auch Deutschland hat schon einige kranke und unbegleitete Kinder und Jugendliche aufgenommen, weitere sollen folgen. Doch noch immer sind Hunderte unbegleitete Kinder und Jugendliche in dem Lager. Die EU ist von ihrer Zusage, 1.600 Minderjährige aufzunehmen, weit entfernt. Marco Sandrone von „Ärzte ohne Grenzen“ bezeichnet das Camp mir gegenüber als „Schande Europas“…“ Reportage von Dunja Hayali vom 30.07.2020 beim ZDF samt Videos - Patenschaften für 50 Flüchtlinge aus Griechenland
„Die Regensburger Hilfsorganisation Space-Eye hat eine Initiative zur Aufnahme von Flüchtlingen aus den Camps auf den griechischen Inseln Samos, Lesbos und Kos gestartet. Laut Space-Eye-Gründer Michael Buschheuer erklärten sich Familien, Unternehmen und Künstler bereit, Geflüchtete bei sich aufzunehmen“, teilt Michael Buschheuer im Gespräch mit Gabriele Ingenthron am 24. Juli 2020 bei MiGAZIN mit: „… Wir haben Paten gefunden, die im Moment eine Wohnung anbieten, einen Arbeitsplatz, Integrationsleistungen erbringen, Schulunterricht geben und dergleichen mehr. Unser Angebot lautet: 50 Vollpatenschaften, die aber nicht von 50 Menschen übernommen werden sollen, sondern bestenfalls von 500 Leuten, die Teilleistungen anbieten, die kleine Pakete abdecken können, zeitlich und finanziell. Mit diesem Paket wollen wir an die Stadt herantreten und sagen: Regensburg ist bereit. Hier gibt es Menschen, die der Stadt, dem Staat und der Gemeinschaft Lasten abnehmen. Und es wäre an der Zeit, 50 Menschen von den griechischen Inseln hierher einzuladen. (…) Es wäre sehr schön, wenn Europa sich einigen könnte über die Aufnahme und über die Abhandlung von Asylverfahren, die dort anstehen. Das tut Europa aber nicht. Und nur deshalb versuchen wir Einzelwege zu gehen, weil man sich nicht der Verantwortung entziehen kann, bloß weil alle anderen Nein sagen. (…) Es ist nicht einfach nur eine politische Pattsituation, in der die Flüchtlinge zu Geiseln der europäischen Politik werden, sondern es ist auch so, dass sich viele Leute über diese Pattsituation freuen, weil sie wollen, dass auf den griechischen Inseln und an den europäischen Grenzen schlechte Bedingungen herrschen. Mit diesen Situationen versucht man, Menschen davon abzuhalten, nach Europa zu kommen. Ich kann verstehen, dass nicht jeder die ganze Welt in Deutschland oder Europa haben will, aber ich wüsste nicht, dass Abschreckungsbeispiele in unserer Verfassung stehen.“ - „Kleiner Schritt“. Weitere Kinder aus griechischen Lagern angekommen
„Deutschland setzt die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Kindern und ihren Familien aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln fort. Hilfsorganisationen begrüßen das, fordern aber deutlich mehr Aufnahmen. Auf dem hessischen Flughafen Kassel-Calden sind am Freitag weitere Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern mit ihren Familien angekommen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums handelt es sich um 18 behandlungsbedürftige Kinder und 65 Familienangehörige. Sie stammen aus Afghanistan, dem Irak, Syrien, den Palästinensergebieten und Somalia. Die Flüchtlinge werden auf neun Bundesländer verteilt, nach Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Bremen, Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin…“ Meldung vom 27.07.2020 beim Migazin (im Abo) - 142 Kinder, Jugendliche und Familien erwartet: Erste syrische Familie aus griechischem Lager in Berlin angekommen
„… In Berlin sind am Freitag mehrere Flüchtlinge aus einem überfüllten griechischen Lager angekommen. Die siebenköpfige syrische Familie gehörte zur einer ersten Gruppe von Geflüchteten, die im Zuge eines Bundesprogramms nach Deutschland gebracht wurde. Ihr Flug landete gegen Mittag in Kassel, von wo aus die Menschen auf mehrere Bundesländer verteilt wurden. (…) Bis Ende August sollen im Rahmen des Programms 928 Flüchtlinge aus Griechenland nach Deutschland kommen – teils kranke Kinder und Jugendliche mit Familienmitgliedern. Die Hauptstadt nimmt 142 davon auf, deutlich mehr als nach dem üblichen Länder-Verteilungsschlüssel. (…) Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel und ihre Linke-Kollege Carsten Schatz verwiesen darauf, dass Berlin auch über ein Landesprogramm 300 besonders Schutzbedürftige wie Kranke, Alleinerziehende und Schwangere aufnehmen will. Daher müsse der Senat weiter Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ausüben, forderten sie. Der muss für die Landesaufnahmeverordnung grünes Licht geben. (…) Brandenburg will in den kommenden Wochen 44 Flüchtlinge aus Lagern auf den griechischen Inseln aufnehmen. Damit beteilige sich das Land an der Aufnahme von 243 kranken Flüchtlingskindern und ihren Angehörigen, die von der Innenministerkonferenz beschlossen worden sei, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Potsdam“ Meldung vom 24. Juli 2020 beim Tagesspiegel online - [McKinsey bekommt eine Million Euro für Tipps zur Schikanierung von Geflüchteten] Bericht: Unternehmensberater plädierten für Sanktionen gegen Migranten
„Die Unternehmensberatung McKinsey hat der Europäischen Union nach Recherchen des „Spiegel“ geraten, die Rechte von Migranten auf den griechischen Inseln einzuschränken. Das Magazin zitiert aus Unterlagen zu einem Beratervertrag aus dem Jahr 2017 im Volumen von rund einer Million Euro. Demnach riet McKinsey den Behörden unter anderem dazu, mehr Menschen in Abschiebehaft zu nehmen. Flüchtlinge sollten zudem möglichst davon abgehalten werden, Rechtsmittel einzulegen. Migranten, die sich weigerten, auf das griechische Festland gebracht zu werden, sollten nach den Vorstellungen der Berater sanktioniert werden. Welche der Vorschläge von den griechischen Behörden und der EU umgesetzt wurden, ist unklar…“ Meldung vom 22. Juli 2020 beom Duetschlandfunk - Elendscamps auf griechischen Inseln: Seehofer verweigert Bundesländern Aufnahme von Geflüchteten
„Die Bundesländer sind bereit, insgesamt 2100 Geflüchtete von den griechischen Inseln aufzunehmen. Wie das Bundesinnenministerium der Linken-Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut auf Anfrage mitteilte, handelt es sich dabei um hilfsbedürftige Kinder und ihre engsten Angehörigen. Man habe „von allen 16 Bundesländern eine Rückmeldung erhalten“. Zwei Länder, Thüringen und Berlin, haben Minister Horst Seehofer (CSU) demnach außerdem um seine Zustimmung zu ihren entsprechenden Landesaufnahmeanordnungen gebeten, um 500 beziehungsweise 300 hilfebedürftige Flüchtlinge aufnehmen zu können. (…) Inzwischen ist der Städtebund von 13 auf 57 Kommunen angewachsen, von Erlangen bis Rostock. Während eines Fachgesprächs der Grünen im Bundestag hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, wie sein Minister CSU-Politiker, noch angedeutet, dass der Weg über die Länder führen könne, die die eigentlichen Partnerinnen des Bundes seien: „Das Bundesinnenministerium hat noch nie einem Land ein Aufnahmeprogramm verweigert“, sagte Mayer seinerzeit. Das scheint nun nicht mehr zu stimmen. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) klagte Mitte Juni, dass das Bundesinnenministerium bereits dreimal seine Bitte, Geflüchtete aufzunehmen, abgelehnt habe. Ohnehin gibt es allerdings auch unter Juristinnen und Juristen Diskussionen, ob die reine Zuständigkeit der Bundesregierung noch haltbar ist oder ob nicht Städte längst globale Verantwortung übernehmen und auch das förmliche Recht dazu bekommen müssten…“ Artikel von Andrea Dernbach vom 14.7.2020 beim Tagesspiegel online – siehe dazu auch unser Dossier: Städte der Zuflucht: Mit geöffneten Armen – Immer mehr kommunale Regierungen begehren gegen die europäische Abschottungspolitik auf - Lesbos: Arzt beklagt unvorstellbare Zustände in Flüchtlingslager
„Angesichts der prekären Situation der Flüchtlinge in Griechenland ist die EU gefordert. Das Flüchtlingscamp Moria ist überfüllt, viele Menschen sind krank. Um Unterkünfte bereitzustellen, werden andere Flüchtlinge vertrieben. Der Arzt und Flüchtlingshelfer Christoph Zenses bezeichnet die Zustände im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos als katastrophal. „Hier hinzuvegetieren, das kann man sich nicht vorstellen“, sagte der Internist aus Solingen am Dienstag im WDR. Er sei sprachlos, wütend und frustriert, dass in Moria keine Hilfe ankomme, sagte Zenses, der den Verein „Solingen hilft“ gegründet hat und aktuell in dem Camp arbeitet. Trotz anderer Aussagen sei das Camp noch größer geworden. Sein Team schätze, dass in Moria 23.000 statt 16.000 Menschen leben. Die Flüchtlinge hätten oft Schmerzen und posttraumatische Belastungsstörungen, auch Vergewaltigungen kämen häufig vor. Viele litten unter Problemen beim Wasserlassen, weil sie sich nachts nicht im Stockdunklen auf die Toilette trauten. Oft trete auch Krätze auf, weil die Menschen sehr nah beieinander lebten und schliefen, und es kaum Waschmöglichkeiten gebe. Zusammenarbeit mit Ärzten und dem Krankenhaus auf Lesbos gebe es nicht. Die Versorgung der Menschen finde allein in dem kleinen Container-Hospital im Camp statt. Bis 19. Juli gelten nach Zenses‘ Worten Corona-Beschränkungen, so dass die Menschen regelrecht eingesperrt seien…“ Beitrag vom 15.07.2020 beim Migazin (im Abo) - Asyl in Griechenland: Anerkannte Flüchtlinge in Not
„Für Flüchtlinge in Griechenland wird das Leben nach der Anerkennung nicht etwa einfacher – sondern schwieriger: Ihnen drohen Armut und Obdachlosigkeit, auch wenn sie vom Krieg traumatisiert sind. (…) Zwar sei es nichts Neues, dass Menschen mit einem positiven Asylbescheid das Programm verlassen müssen. Doch der politische Druck sei merklich gestiegen, so Giouvanoudis: „Früher musste man die Asylsuchenden sechs Monate im Voraus darüber informieren, dass das Programm für sie nicht mehr zuständig ist. Jetzt ist diese Frist auf einen Monat reduziert worden. Das erzeugt erschreckend schwierige Situationen, gerade in Zeiten von Corona.“ Laut UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR, das das ESTIA-Porgramm verwaltet, waren am 22. Juni 22.586 Menschen im Rahmen des Programms gemeldet, 6432 von ihnen als anerkannte Flüchtlinge. Für Giorgos Giouvanoudis und sein Team bedeutet das viel Arbeit. Sie bemühen sich, den Anerkannten in ihrer schwierigen Situation zu helfen – doch angesichts der vielen stark schutzbedürftigen Menschen, sei dies kaum möglich: „Das ist eine große Welle an Kündigungen, auf die eine neue große Welle folgen wird. Die Schutzbedürftigen haben kaum Zeit zu verstehen, was los ist und was sie tun müssen.“ Gerade für besonders Schutzbedürftige bringt der positive Asylbescheid vor allem Probleme mit sich. Zwar gibt es das HELIOS-Porgramm, das auch anerkannte Asylanten bei der Wohnfinanzierung unterstützen soll. Auch ein Griechisch-Kurs und Arbeitsberatung sind vorgesehen. Doch angesichts des starken Andrangs und einer nachlassenden Bereitschaft von Seiten der Vermieter, Wohnungen zur Verfügung zu stellen, könnten viele Menschen auf der Straße landen…“ Reportage von Florian Schmitz vom 07.07.2020 bei der Deutschen Welle - Lesbos: Ein Toter und mehrere Verletzte nach Schlägerei in Moria
„Bei einer Schlägerei in dem völlig überfüllten Lager für Geflüchtete hat es einen Toten und mehrere Verletzte gegeben. Derzeit leben mehr als 15.000 Menschen in dem Camp. Ein 19-jähriger Asylsuchender ist im Flüchtlingslager von Moria auf der griechischen Insel Lesbos während eines Streits in der Nacht zum Montag erstochen worden. Dies berichtete der staatliche Rundfunk (ERT Ägäis) unter Berufung auf das Krankenhaus der Insel. Demnach soll es einen heftigen Streit unter Bewohnenden des Lagers gegeben haben, der eskaliert sei. Zwei weitere Menschen seien mit gefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gekommen. Außerdem hätten weitere Personen leichtere Verletzungen erlitten, berichteten lokale Medien. Wie viele Menschen an der Auseinandersetzung beteiligt waren, war zunächst unklar. (…) In dem völlig überfüllten Lager Moria gibt es immer wieder Streitigkeiten zwischen den Menschen, die dort auf engstem Raum und unter widrigen Umständen zum Teil in Hütten und unter Plastikplanen leben. Besonders oft soll es zu Gewalt und Übergriffen in einem wilden Lager kommen, das sich um das eigentliche Camp herum gebildet hat. Es trägt den Namen „The Jungle“ (Der Dschungel). Menschenrechts- und Hilfsorganisationen kritisieren seit Langem, dass die Bedingungen in Moria menschenunwürdig und gefährlich sind. Viele der Geflüchteten sind zudem traumatisiert, weil sie aus Kriegs- und Krisengebieten stammen und oft nur knapp die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer überlebt haben...“ Agenturmeldung vom 6. Juli 2020 in der Zeit online - [RAV] Rechtsbruch in den griechischen Flüchtlingslagern beenden: Aufnahme statt Symbolpolitik
„Über 30.000 Menschen leben weiter in den griechischen Flüchtlingslagern unter katastrophalen und menschenunwürdigen Bedingungen. Auf der heutigen Bundespressekonferenz (BPK) in Berlin hat auch der RAV Stellung genommen und die Evakuierung der Flüchtlingslager sowie ein Ende der anhaltenden Rechtsbrüche gefordert. Die griechische Rechtsanwältin Giota Massouridou, ELENA-Koordinatorin für Griechenland und Vize-Präsidentin der Europäischen Demokratischen Anwältinnen (EDA) erklärt: »Die unmenschlichen Bedingungen in den griechischen Hotspots werden auf nationaler Ebene in vielen EU-Mitgliedsstaaten weithin kritisiert, auch in Griechenland. Zahlreiche Berichte und Medieninformationen belegen die katastrophale Lage. Es geht ja nicht nur Moria, sondern um insgesamt fünf Hotspots (Leros, Kos, Samos, Chios und Lesbos). An jedem dieser Orte wird seit Jahren die Menschenwürde vergessen«. Seit Monaten wird durch selbstorganisierte Gruppen, Kirchen, Kommunen, Flüchtlingsorganisationen sowie der griechischen und internationalen Zivilgesellschaft gefordert, Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen. Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin e.V. berichtet dazu: »Wir bekommen laufend Anfragen von Menschen, die entsetzt sind über die Situation in den griechischen Lagern und fragen, was sie tun können, damit Menschen nach Deutschland kommen«. Die Bundesregierung sieht sich so massiv mit der Forderung nach Aufnahme konfrontiert, dass sie in einer zutiefst beschämenden Aktion wenige Kinder aus Griechenland einfliegen lässt, die Deutschland im Rahmen des Familiennachzugs größtenteils sowieso hätte aufnehmen müssen. (…) Die Bundesländer sollten alle ihnen zur Verfügung stehenden Wege ausschöpfen, um eine Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland durchzusetzen und sich nicht zum Komplizen des Bundes machen. (…) In der gegenwärtigen Situation mit Aufnahmeprogrammen voranzugehen, die zu einer echten Entlastung vor Ort führen, bedeutet – anders als das Bundesinnenministerium behauptet – nicht weniger, sondern mehr europäische Solidarität. Die Reaktion auf die jahrelange Krise des europäischen Asylsystems muss ein verlässlicher europäischer Solidaritätsmechanismus einer Koalition aufnahmebereiter Länder sein. (…) Den sogenannten EU-Türkei-Deal, der explizit kein Rechtsakt der europäischen Union und damit auch von keinem europäischen Gericht überprüfbar sein soll, ist ebenso wie das Hotspot-System kein taugliches Modell für ein europäisches Asylrecht. Stattdessen ist geltendes Recht durchzusetzen. Familienzusammenführungen im Dublin-Verfahren dürfen nicht länger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge systematisch verzögert und verunmöglicht werden. Die Praxis der Push-Backs und Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den europäischen Außengrenzen ist sofort zu beenden. Erforderlich ist die Einhaltung der Regelungen der internationalen Seenotrettung. FRONTEX soll keine Allianz mit libyschen Milizen – es gibt keine ›Libysche Küstenwache‹ – eingehen, sondern sich an effektiver Seenotrettung beteiligen. Schutzsuchende aus libyschen Foltergefängnissen sind umgehend zu evakuieren…“ Pressemitteilung vom 16.6.2020 von und bei RAV - Überfüllte Lager in Griechenland – Deutschland holt [nur!] 243 kranke Flüchtlingskinder
„… Das gab jetzt Bundesinnenminister Seehofer bekannt. (…) Seit Monaten war darüber verhandelt worden, jetzt soll es so weit sein: Deutschland wird 243 erkrankte Kinder aus den Flüchtlingslagern in Griechenland holen. Dazu sollen 80 Menschen aus Italien und Malta kommen dürfen, die aus Seenot von Schiffen privater Hilfsorganisationen aufgenommen wurden. (…) Die Europäische Kommission hatte vor Monaten beschlossen, 1.600 Kinder aus Griechenland aufzunehmen, wo sie unter katastrophalen Bedingungen leben müssen. Bis zu 500 Kinder sollten nach Deutschland kommen, laut Beschluss der Koalition vor allem minderjährige, unbegleitete Mädchen oder Erkrankte. Doch lange passierte nichts. Ein Problem: In den Lagern leben kaum unbegleitete Mädchen. Das andere: Wegen der Corona-Pandemie waren seit Anfang Mai Ausgangssperren verhängt worden. (…) Hilfsorganisationen und Kirchen hatten immer wieder die Aufnahme der Menschen aus Griechenland gefordert. (…) Thüringen hatte zudem Anfang Juni ein eigenes Aufnahmeprogramm beschlossen, um bis Ende 2022 500 Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. Allerdings fehlt dafür noch die Finanzierung…“ Bericht von Kristina Hofmann vom 10. Juni 2020 bei ZDF heute – die wirklich interessante Frage ist: Wann werden endlich die 24.000 Flüchtlinge – allein im Lager Moria – fair auf alle EU Staaten verteilt? 500 Kinder sind gerade einmal 2 Prozent aller aktuellen Flüchtlinge in Griechenland. Es handelt sich hier also eher um eine peinliche Pseudoaktion, um von der völker- und menschenrechtlichen Verpflichtung Deutschlands abzulenken. - Flüchtlinge in Griechenland: Von Griechen und EU im Stich gelassen
„In griechischen Lagern sind Zehntausende Geflüchtete weiter unter unmenschlichen Bedingungen eingepfercht. Die Ärzte ohne Grenzen beklagen die Tatenlosigkeit der Europäer. Etwa 40.000 Asylsuchende sitzen aktuell auf den griechischen Inseln fest – meist unter sehr schlechten hygienischen Bedingungen. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ beklagt das Ignorieren des Elends durch griechische Behörden und Europäische Union. Die Helfer sorgen sich vor allem um viele traumatisierte, suizidgefährdete Geflüchtete…“ Reportage von Marcel Burkhardt vom 08.06.2020 beim ZDF - Deutschland nimmt Geflüchtete aus Lesbos auf: Warum es bei 47 Kindern geblieben ist – und das für Streit sorgt
„… Für Kritikerinnen wie die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke ist es „ein Armutszeugnis“: Gerade mal 47 Flüchtlingskinder hatte Deutschland Mitte April nach langem Gezerre aus den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufgenommen. Vor allem aus dem Camp Moria auf der Insel Lesbos, in dem mehr als 20.000 Geflüchtete hausen, obwohl es nur für etwa 3000 ausgelegt war. (…) Jetzt stellt sich heraus: Ein großer Teil der, wie Jelpke sagt, „mit großer humanitärer Geste aufgenommenen unbegleiteten Flüchtlingskinder“ hätten nach der Dublin-Verordnung ohnehin nach Deutschland gebracht werden müssen, weil es hier Verwandte gibt, die sich um sie kümmern können. Konkret 18 der 47 hatten in Deutschland lebende Verwandte. Aber nur für acht wurde ein formelles Übernahmeersuchen gestellt, wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage von Jelpke mitteilte. Und selbst bei diesen acht sah die Bundesregierung zunächst die Voraussetzung für ein solches Ersuchen nicht erfüllt. (…) Doch Jelpke will das dem von Horst Seehofer geführten Ministerium so nicht durchgehen lassen: Aus ihrer Sicht illustriert die Regierungsantwort unfreiwillig, wie die Bestimmungen zur Familienzusammenführung in der Praxis vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausgehebelt würden. „Statt akribisch nach Ablehnungsgründen zu suchen, müssen die Dublin-Regeln unbürokratisch angewandt werden, um den Schutzsuchenden zu helfen und Griechenland zu entlasten“, verlangt Jelpke. (…) Einig sind sich alle Experten: Ein Corona-Ausbruch in den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln könnte zu einem Massensterben führen. (…) Im März hatte die Coronakrise die deutschen Flüchtlingsheime erreicht. (…) Zu den am stärksten betroffenen Bundesländern zähle Bayern, wo mitunter je mehr als tausend Asylbewerber in sogenannten Anker-Zentren untergebracht sind. Laut bayerischem Innenministerium haben sich dort bislang 1486 Menschen in Asylunterkünften mit Corona infiziert. 20 Einrichtungen stünden derzeit unter Quarantäne. In Regensburg seien innerhalb einer Woche derart viele Flüchtlinge positiv auf Covid-19 getestet worden, dass die Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner deutlich überschritten worden sei. (…) Nicht viel weniger kompliziert ist die Lage in Berlin, was ein Landesaufnahmeprogramm angeht. (…) Die Antwort liegt nun vor, wie der „Spiegel“ am Mittwoch berichtete. Für Flüchtlingsaktivisten und ihre politischen Unterstützer ist diese ebenso enttäuschend, wie sie erwartbar war. Für die konkret geplanten zusätzlichen humanitären Aufnahmeprogramme einzelner Bundesländer sehe er „aufgrund des Anwendungsvorrangs der Dublin-III-Verordnung vor nationalen Instrumenten wie dem Paragrafen 23 des Aufenthaltsgesetzes und mit Blick auf eine bundeseinheitliche Behandlung keinen Raum“, schrieb Seehofer in seinem dreiseitigen Brief. Mit anderen Worten: Auch an dieser Front sind die Beteiligten wieder bei null.“ Beitrag von Matthias Meisner vom 28. Mai 2020 beim Tagesspiegel online - Flüchtlingslager in Griechenland: Offener Brief an Europa
„38.500 Geflüchtete leben derzeit auf griechischen Inseln. BewohnerInnen und Hilfsorganisationen fordern, die überfüllten Lager zu schließen. (…) Aus Angst vor einem Ausbruch von Coronavirus-Infektionen hatten Hunderte BewohnerInnen Ende April den Eingang des berüchtigten Lagers von Moria auf der griechischen Insel Lesbos blockiert. Sie trugen Transparente mit dem Spruch: „Freiheit für alle. Wir sind Covid-19 ausgesetzt“. In den Tagen zuvor waren in drei Camps auf dem griechischen Festland zahlreiche Coronavirus-Infektionen festgestellt worden. Diese Lager wurden in Quarantäne gestellt. Bis heute sind in den Flüchtlingslagern auf den Inseln keine Corona-Infektionen registriert worden. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, befürchten Ärzte. Athen hat die Gesundheitskontrollen rund um die Lager auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos mit zusätzlichem Personal und Container-Isolierstationen verstärkt. Zudem dürfen Migranten die Lager nur begrenzt und mit Genehmigung der Polizei verlassen. (…) Deshalb haben sich die Flüchtlinge am Mittwoch erneut mit einem Aufruf an die europäische Öffentlichkeit gewandt. „Sind wir es nicht wert, eine Antwort zu bekommen, während so viele Menschen über Moria sprechen und ein deutscher Minister es sogar ‚Europas Schande‘ nannte?“, steht darin. Offenbar nicht. Am Dienstag hatten erneut auch mehrere Hilfsorganisationen vor einer Ausbreitung des Coronavirus in Flüchtlingsunterkünften gewarnt…“ Reportage von Christian Jakob vom 12.5.2020 in der taz online , siehe auch: Three fires in Samos camp — Open Letter to the European Commission - Von Politik zweiter Klasse – Niemand darf zurückgelassen werden! Flüchtlingslager in Deutschland und Griechenland in Zeiten der Covid-19-Pandemie: Was getan werden muss
„Die Landesflüchtlingsräte, PRO ASYL und die Seebrücken-Bewegung legten heute in einer Pressekonferenz dar, dass es gerade jetzt gilt, niemanden zurückzulassen und Lager zu schließen – ob in Moria oder Halberstadt. Während Menschen weltweit mit den Maßnahmen durch die Covid-19-Pandemie zu kämpfen haben, sind besonders jene, die erzwungenermaßen in Campstrukturen untergebracht sind, enormen Gefahren ausgesetzt. Schutzsuchende leben teils zu tausenden in Lagern, in denen Infektionsschutz und persönliche Bedarfsdeckung zwangsläufig nicht möglich sind. Mit Blick auf die Elendslager in Moria auf Lesvos oder weiteren Inseln, auf das Leid der Menschen in den Folterlagern Libyens, dem Schicksal der Menschen auf der Balkanroute und auch in Massenunterkünften in Deutschland lässt sich feststellen: Schutzsuchende werden dem Virus schutzlos ausgesetzt oder mit freiheitsentziehenden Maßnahmen belegt. „Wir beobachten derzeit eine bewusste Gefährdung der Gesundheit, nämlich dass eine Durchseuchung in Kauf genommen wird,“ so Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. Zu Hunderten werden Geflüchtete auf engstem Raum untergebracht und dadurch zwangsläufig dem gefährlichen Virus ausgesetzt. „Das Corona-Virus macht noch einmal deutlich: Es ist längst an der Zeit, dass die Landesregierungen Konzepte für die Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen erarbeiten und ausbauen und nicht weiter auf Massenunterbringung setzen. Es bedarf jetzt eines Richtungswechsels: Abkehr von Sammelunterkünften hin zu Wohnungen!“ Den erhobenen Forderungen bezüglich einer Auflösung der Lager wird auch nach Wochen nicht nachgekommen. (…) Dies gilt ebenso für Massenlager an den europäischen Außengrenzen. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten ignorierten lange vor Ausbruch der Pandemie unzählige Appelle zivilgesellschaftlicher Organisationen nach humanitärem Schutz und Aufnahme, doch die Corona-Krise verdeutlicht die Dringlichkeit der Evakuierung auf katastrophale Weise. Das Lager Moria auf Lesvos ist ein einziger Albtraum (…) Auch auf dem Festland ist die Situation angespannt. Dies dokumentierte die PRO ASYL-Partnerorganisation Refugee Support Aegean (RSA) z.B. beim Geflüchtetenlager Malakasa. Das Lager wurde Anfang April unter Quarantäne gestellt. Viele Schutzsuchende leben hier in Provisorien und teilen sich die sanitären Anlagen. Abstandhalten? Kaum möglich. Sie fühlen sich wie „eine Maus in der Falle“ und fürchten die Ansteckung. Landesflüchtlingsräte, PRO ASYL und die Seebrücken-Initiativen fordern: 1.) Die Lager in Deutschland müssen aufgelöst werden! Die Landesregierungen müssen jetzt schnell handeln und die langfristige und zukünftige Unterbringung in Wohnungen gewährleisten. Sie dürfen nicht weiter auf Massenunterkünfte setzen. Corona zeigt, der Richtungswechsel hin zu einer menschenwürdigen Unterbringung ist längst überfällig und mittlerweile überlebensnotwendig. 2.) Die Landesregierungen müssen jetzt Strukturen für eine menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten aus Elendslager aus dem Ausland schaffen! Es darf nicht mehr bei bloßen Willensbekundungen bleiben, sondern aufnahmewillige Städte und Kommunen (sog. „Sichere Häfen“) müssen in die Verhandlungen miteinbezogen und genutzt werden. 3.) Eine menschenwürdige Aufnahme bedeutet: Apartments, Ferienwohnungen, Hotels und weiterer Leerstand müssen genutzt werden, um das Ansteckungsrisiko zu senken. 4.) Gesundheitskarten sind für alle auszustellen. Das bedeutet, insbesondere für Menschen, die Asylbewerberleistungen beziehen und nicht krankenversichert sind, für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus sowie für erwerbslose EU-Bürger*innen. Auch sie müssen Zugang zum Gesundheitssystem haben. 5.) Alle Menschen, die sich nach wie vor in Abschiebehaft befinden, sind zu entlassen. In Deutschland befindliche Asylbewerber*innen müssen hier ihr Asylverfahren durchlaufen können.“ Pressemitteilung vom 11.05.2020 bei Pro Asyl von PRO ASYL, Landesflüchtlingsräte, Seebrücke-Initiative (siehe dazu auch Asuführungen in unserem Dossier: Flüchtlingspolitische Maßnahmen angesichts der Corona-Pandemie: Abschiebungen aussetzen, Duldungen verlängern, Dezentrale Unterbringung…) - Re: Quarantäne auf Lesbos. Das Virus und die Flüchtlinge
„Die Helfer im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos stehen unter enormen Druck. Trotz Ausgangsverbot versuchen Aktivisten, zehntausenden verzweifelten Flüchtlingen in der Corona-Krise zu helfen. „Re:“ begleitet die Helfer in Deutschland und gibt Einblick in die verzweifelte Situation des gefährlichsten Flüchtlingslagers in Europa. Unter den Geflüchteten auf Lesbos macht sich Panik breit. 40.000 Menschen leben auf engstem Raum, es gibt kaum fließendes Wasser: Falls sich das Corona-Virus in dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ausbreitet, droht eine Katastrophe. Das Versprechen einiger europäischer Länder, wenigstens die Kinder und Jugendlichen sofort aus dem Lager zu holen, geht in den nationalen Corona-Notlagen fast unter. Und doch treiben die Zustände in Moria viele Menschen um. Der Däne Salam Aldeen gründete das „Team Humanity“, das als eines der wenigen Hilfsorganisationen noch im Lager arbeiten darf. Salam selbst wurde Anfang 2020 unter fadenscheinigen Gründen aus Griechenland abgeschoben. Er lebt in Berlin und leitet seine Hilfsorganisation per Telefon und Internet. Unter Hochdruck nähen seine Freiwilligen Gesichtsmasken und verteilen diese im Lager. Salams Kontakt in der Hauptstadt ist Andreas Toelke. Seine NGO „Be an Angel“ plant eine große Kampagne zur Rettung der Kinder und Jugendlichen aus Moria. Dabei hilft auch Murat Tueremis. Er hat den Geflüchteten auf Lesbos in Videoworkshops beigebracht, ihren Alltag filmisch selbst zu dokumentieren. „Re:“ zeigt exklusiv ihre Videotagebücher, die den brutalen Alltag in dem überfüllten Flüchtlingslager zeigen und klarmachen, dass ein wirksamer Schutz für die Menschen dort nicht zu gewährleisten ist. Werden die Helfer den Wettlauf gegen die politische Gleichgültigkeit, die Zeit und das Virus gewinnen?“ Video des Beitrags (33 Min.) am Montag, 11. Mai um 19:40 bei arte - 59 von 1600: Umverteilung von Flüchtlingskindern stockt erneut
„… Rund drei Wochen nach den ersten Umsiedlungen von 59 minderjährigen Flüchtlingen von den griechischen Inseln sind bisher keine weiteren gefolgt. Die insgesamt geplanten mindestens 1.600 Umsiedlungen in andere Länder seien eine große Operation, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag auf Anfrage des „Evangelischen Pressedienstes“ in Brüssel. (…)Bislang haben sich laut Kommission elf EU-Staaten zur Übernahme von mindestens 1.600 minderjährigen unbegleiteten und anderen besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus den überfüllten griechischen Insel-Camps bereiterklärt. Luxemburg nahm am 15. April zwölf und Deutschland am 18. April 47 von ihnen auf.“ Meldung vom 8. Mai 2020 bei MiGAZIN - Rettungsaktion von geflüchteten Kindern aus Griechenland: Warum fast nur gesunde Kinder in Deutschland ankamen
„Inakzeptabel“, „unwürdig“ – so werden die Zustände im Lager Moria auf Lesbos meist beschrieben. Deutschland wollte endlich etwas tun und kündigte Anfang März an, sich an der Aufnahme von 1.000 bis 1.500 Kindern zu beteiligen – vor allem kranken. Was ist daraus geworden? Nach der Ankündigung setzte ein reges Treiben ein: Viele Organisationen erstellten Listen mit besonders gefährdeten Kindern, auch Ärzte ohne Grenzen war im regen Kontakt mit dem Bundesinnenministerium. Die Organisation betreibt vor Ort eine Klinik für Kinder und Familien. Die Mitarbeiter sammelten Namen und Daten von mehr als 150 Kindern, die wegen schweren Erkrankungen dringend evakuiert werden müssten. Der deutsche Koalitionsbeschluss gab ihnen Hoffnung, dass sich endlich etwas tut. Doch die nüchterne Bilanz heute: Keines dieser kranken Kinder wurde evakuiert. Ärzte ohne Grenzen kritisiert das scharf, diese Kinder hätten gerade wegen der Corona-Pandemie priorisiert werden müssen. Auch andere Organisationen üben Kritik an der deutschen Aktion: Akut gefährdete Minderjährige seien nicht beachtet wurden, die Umsetzung sei chaotisch gewesen, die Auswahl teils willkürlich. (…) Kranke und gefährdete Minderjährige blieben da, Familienzusammenführung wird als humanitäre Rettung verkauft…“ Bericht von Heiner Hoffmann bei Report Mainz vom 5. Mai 2020 (Videolänge: ca. 7 Min.) - Moria: Drei Quadratmeter Schande
EU-Parlamentarier Erik Marquardt zur Situation in griechischen Flüchtlingslagern. Interview von Fabian Hillebrand am 9.5.2020 im ND online - Flüchtlingskinder: Von der Hoffnung zum Fiasko
„Eigentlich sollte Deutschland kranke und psychisch belastete Flüchtlingskinder aus den überfüllten Lagern in Griechenland aufnehmen. Doch genau das ist nach Recherchen von Report Mainz nicht geschehen. (…) Es wurden Kinder mitgenommen, die enge Verwandte in Deutschland haben – und damit sehr gute Chancen auf eine Familienzusammenführung. 18 der 47 Kinder hätten Verwandte in Deutschland, räumt das Innenministerium ein. Acht von ihnen hätten bereits einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt, es hätten bislang aber nicht die nötigen Voraussetzungen vorgelegen. Pro Asyl wirft dem Bundesinnenministerium daher „Etikettenschwindel“ vor: „Man muss einfach sehen, dass diese Relocation-Aktion als humanitär verkauft wird. Aber zahlreiche Fälle hatten eigentlich einen Rechtsanspruch nach Deutschland zu kommen. Also hier findet auch ein Etikettenschwindel statt“, sagt der Europa-Verantwortliche von Pro Asyl, Karl Kopp…“ Beitrag von Heiner Hoffmann in Report Mainz vom 05.05.2020 - Flüchtlingslager Ritsona in Quarantäne: „Wir sind hier gefangen und werden ignoriert“
„Das griechische Flüchtlingslager Ritsona steht seit einem Monat unter Quarantäne. 32 Corona-Fälle gibt es dort. Viele fühlen sich allein gelassen. Eine Bewohnerin berichtet. Parwana Amiri, 16, lebt im griechischen Flüchtlingslager Ritsona. Seit einem Monat steht es jetzt unter Quarantäne, 32 Infizierte gibt es dort mittlerweile. Niemand darf das Lager verlassen, keiner darf neu hinein. Wer Amiri zuhört, merkt schnell, wie Europa die etwa 3.000 Menschen in Ritsona in dieser Situation alleine gelassen hat – und immer noch lässt. „Als das Coronavirus ausgebrochen ist, gab es keinen angemessenen Plan, kein Programm für diese Situation und die Menschen im Camp“, erzählt Amiri am Telefon…“ Beitrag von Kevin Schubert vom 03.05.2020 beim ZDF - »Mission Lifeline« will zivile Luftbrücke zu griechischen Inseln aufbauen
„Mit den bisher gesammelten Spenden könnte man zwei Flüge finanzieren und rund 150 Menschen aus dem Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos holen. Der Dresdner Verein »Mission Lifeline« hat für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Camps auf griechischen Inseln binnen weniger Tage knapp 55.000 Euro an Spenden gesammelt. Mit dieser Summe könne man zwei Flüge einer Boeing 747-300 finanzieren und rund 150 Menschen aus dem Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos holen, erklärte der Verein auf Anfrage. Laut »Lifeline«-Sprecher Axel Steier stehen dem Verein somit insgesamt 110 000 Euro für die geplante Errichtung einer zivilen Luftbrücke zwischen Lesbos und Berlin zur Verfügung. Die Verhandlungen mit einem griechischen Flugdienstleister seien bereits abgeschlossen. Es fehle nur noch die Landeerlaubnis des Bundesinnenministeriums, um sich nicht der Einschleusung von Ausländern schuldig zu machen. Das Bundesinnenministerium stellte auf Anfrage klar, dass es sich bei der Prüfung eines Asylantrages um eine rein staatliche Aufgabe handelt. Dies gelte ebenso für die damit in Zusammenhang stehenden europarechtlichen Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, in welchem die asylrechtliche Prüfung stattfindet sowie für die Organisation von Überstellungen. Das Ministerium riet davon ab, »bei den Asylsuchenden ausgerechnet in der ohnehin angespannten Lage auf den griechischen Inseln mit einem eigenmächtigen Vorgehen unrealistische Erwartungen zu wecken«. Unterdessen versucht »Mission Lifeline«, weitere EU- Mitgliedstaaten von einer sofortigen Aufnahme der betroffenen Flüchtlinge zu überzeugen…“ Agenturmeldung vom 28.04.2020 beim ND online - Draußen wartet der Hass. Lesbos: Schüsse auf Flüchtlinge. Mutmaßlich weit mehr Infektionen in Lagern. Solidarische Inselbewohner am Ende
„In den katastrophal überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln wächst die Angst vor rechter Gewalt. Am Donnerstag verletzte ein Einheimischer auf Lesbos zwei Flüchtlinge mit Schüssen aus seinem Jagdgewehr. Die beiden jungen Männer aus Afghanistan und dem Irak hatten das Camp Moria nach Angaben der Polizei »nur für einen Spaziergang« verlassen. Auch auf die Menschen in den Lagern auf Chios und Samos, die von der Athener Regierung im Rahmen der Coronapandemie völlig abgesperrt wurden, wartet vor dem Stacheldraht inzwischen der von rechten Schlägern und ihren politischen Hintermännern gesäte Hass. Theodoros Kosmidis, linker Aktivist und Hotelier auf Samos, sagte der jungen Welt am Freitag : »Die Familien sind derzeit in den Lagern wahrscheinlich sicherer als draußen.« Der rechte Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis hatte zuletzt angekündigt, an diesem Wochenende einige hundert Flüchtlinge, vor allem ältere Menschen und Familien mit Kindern, von den Inseln auf das Festland zu verlegen. Befürchtet wird in Athen eine nicht zu kontrollierende Masseninfektion durch das Virus, die auch auf die Dörfer in der Umgebung der Lager übergreifen könnte. (…) Wie Kosmidis vermutet, sind in den Lagern längst weit mehr Menschen mit dem Coronavirus infiziert, als die Regierung öffentlich zugibt. Es sei daher »zu befürchten, dass der von der Regierung angekündigte Transfer das Virus in die zahlreichen sogenannten Einheiten – das sind kleinere Lager auf der Peloponnes und in der Region Attika – tragen wird«. In der Tat stellten die Behörden des Regierungsbezirks Nauplion in dieser Woche ein ganzes Dorf auf dem »östlichen Finger« der Peloponneshalbinsel unter Quarantäne, weil sich das Virus unter den in einem Touristenhotel untergebrachten Flüchtlingsfamilien ausgebreitet hat. Von den 470 Menschen, die in der Nähe der Gemeinde Kranidi auf ihren Asylbescheid warten müssen, infizierten sich nach Angaben des Gesundheitsministeriums 148 mit SARS-CoV-2. (…) Die Furcht vor der Ausbreitung des Coronavirus verschärft die Situation gewaltig. Bisher sind weite Teile des Landes, wie etwa die große Ferieninsel Kreta, von der Pandemie weitgehend verschont geblieben. Griechenland zählte Mitte der Woche »nur« 116 Tote. Einem massenhaften Ausbruch des Virus aber wären die Krankenhäuser kaum gewachsen. Die von Brüssel über das Land verhängte Kürzungspolitik hat das Gesundheitssystem des Landes in den vergangenen Jahren weitgehend zerstört.“ Bericht von Hansgeorg Hermann bei der jungen Welt vom 25. April 2020 - Angst vor Corona: Hunderte Migranten demonstrieren vor Camp von Moria / Proteste auf Lesbos / Evakuation von 11 000 Menschen
„Aus Angst vor einem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie auch in ihrem Camp haben Hunderte Migranten den Eingang des berüchtigten Lagers von Moria auf der griechischen Insel Lesbos blockiert. Sie trugen Transparente mit dem Spruch: »Freiheit für alle. Wir sind Covid-19 ausgesetzt«, wie der örtliche staatliche Regionalsender ERT-Nordägäis und Nachrichtenportale der Insel Lesbos übereinstimmend am Mittwoch berichteten. In den vergangenen Tagen waren in drei Camps auf dem griechischen Festland zahlreiche Coronavirus-Infektionen festgestellt worden. Diese Lager wurden in Quarantäne gestellt. Die Proteste hängen nach Informationen der Medien auf Lesbos mit der für Samstag geplanten Entlastung des Lagers von Moria zusammen. Dann sollen rund 1500 Migranten – mehrheitlich ältere und kranke Menschen – zum griechischen Festland gebracht werden. Auch aus den Camps der Inseln Chios und Samos sollen nach Angaben der Regierung in Athen in den kommenden Tagen rund 900 Migranten zum griechischen Festland gebracht werden. Die Demonstranten sind jüngere Menschen, die ebenfalls zum Festland gebracht werden wollen…“ Meldung vom 22.04.2020 beim ND online , siehe dazu- am 22.04.2020 bei Pro Asyl : EGMR-Urteil: Flüchtlinge aus Moria müssen menschenwürdig untergebracht werden. PRO ASYL/RSA erstreitet Erfolg vor Gericht
- Das Projekt »Files from Moria« dokumentiert das Leben im Geflüchtetenlager auf Lesbos
- [23. April 2020] »Menschenrechte wahren – Lager auflösen – Evakuierung jetzt!«
„Am 23. April 2020 werden wir von 17.00 bis 18.00 Uhr in Berlin eine Kundgebung durchführen, um auf die alarmierende Situation in den griechischen Flüchtlingslagern aufmerksam zu machen und die Forderung nach der sofortigen Auflösung der Lager und der Unterbringung der Geflüchteten in den EU-Staaten zu unterstützen. Wir, das sind eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen, stellvertretend für viele, die ihre Stimme erheben für die Einhaltung der Bürger- und Menschenrechte, auch für Flüchtende, auch in Zeiten der Corona-Pandemie. An der Kundgebung werden Vertreter*innen von Wohlfahrtsverbänden, Bürgerrechtsorganisationen, Flüchtlingsinitiativen u.v.m. teilnehmen. Die Liste der Teilnehmenden und Redner*innen finden Sie unter diesem Anschreiben; ebenso den Aufruf. Wir machen ausdrücklich den Ort der Kundgebung nicht bekannt und rufen ausdrücklich dazu auf, nicht an der Kundgebung teilzunehmen. Die Anzahl der Teilnehmenden ist begrenzt. Eine Ansammlung von zu vielen Menschen ist unbedingt zu vermeiden. Wir nehmen den Infektionsschutz ernst und werden dementsprechend auch die Kundgebung durchführen. »Auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie muss es möglich sein, in verantwortungsbewusster Art und Weise auf die Straße zu gehen, auf die drohende humanitäre Katastrophe in Moria und anderswo aufmerksam zu machen und die sofortige Durchsetzung humanitärer Maßnahmen einzufordern«, so der Rechtsanwalt und RAV-Vorsitzende Dr. Peer Stolle. Beteiligt euch dennoch an den Protesten, bspw. über www.evacuate-moria.com oder in anderer Form. Insbesondere rufen wir alle auf, die Kundgebung live am 23. April 2020 ab 17:00 Uhr hier https://www.rav.de/projekte/griechische-lager-evakuieren/ zu verfolgen. Wir werden die Kundgebung live per Stream übertragen…“ RAV-Pressemitteilung vom 21.4.2020 zur Kundgebung am 23. April 2020, 17.00 Uhr in Berlin (#LagerEvakuieren) - Griechenland: 152 Coronainfektionen in Flüchtlingsunterkunft
„Griechenland meldete am 21. April 156 neue Infektionen mit Covid-19. 152 davon betreffen ein Hotel in Kranidi in Argolida auf dem Peloponnes. Bei allen 150 positiv getesteten Personen wurden keinerlei Symptome festgestellt. Sie wohnten nicht als Touristen im Hotel Galaxias. Es handelt sich um eine Flüchtlingsunterkunft. Insgesamt 475 Asylbewerber sind dort untergebracht. Sie wurden ebenso wie die Angestellten des Hotels getestet. Wie bisher bekannt wurde, hatte eine Reinigungskraft des Hotels vor knapp 14 Tagen Symptome einer Covid-19 Erkrankung gespürt. Sie wurde ohne Test auf eine Infektion in häusliche Quarantäne geschickt. Am vergangenen Donnerstag, dem Gründonnerstag der orthodoxen Kirchen, wurde bei einer schwangeren Bewohnerin des Hotels im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts ein Test durchgeführt, der sich als positiv herausstellte. Als Reaktion auf die Infektionen wurde nicht nur der Ort Kranidi, sondern die gesamte Stadtgemeinde Ermionida für vierzehn Tage unter verschärfte Quarantäne gestellt. (…) Der lokale Parlamentsabgeordnete und Arzt Andreas Poulas von der KinAl bemängelte in der Sendung „10“ der staatlichen ERT, dass zu wenig Tests durchgeführt würden. Dies würde dazu führen, dass Sekundärinfektionen nur zögerlich erfasst würden. Er äußerte sich besorgt darüber, was passieren würde, wenn viele der 152 infizierten Asylbewerber einen schwereren Verlauf der Krankheit zeigen würden. Dann nämlich, so Poulas, würden die Kapazitäten des Krankenhauses von Argolida nicht ausreichen. Daraufhin unterbrach ihn in rüder Weise der Journalist Ilias Kanellis. Er fragte, wo denn mehr Tests durchgeführt würden…“ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 21. April 2020 in telepolis - Das Virus und die Flüchtlinge
„In diesem zweiten Teil meines Berichts über den Coronavirus und seine Folgen in Griechenland geht es ausschließlich um die Lage einer besonders gefährdeten Personengruppe: der Flüchtlinge und Migranten, die in den griechischen Lagern auf den Inseln wie auf dem Festland untergebracht sind. (…) Was das “Zusammentreffen von Migrantenproblem und Pandemie” betrifft, so hat sich die Regierung freilich in einen fatalen Widerspruch verstrickt: Seit den ersten Corona-Fällen auf griechischem Boden bezeichnete sie – auch durch den Mund von Mitsotakis – die Flüchtlinge und Migranten als potentielle Verursacher einer Pandemie; und doch hat sie nichts getan, um die völlig überfüllten Lager zu entlasten und zumindest die am stärksten gefährdeten Menschen in geeignete Unterkünften zu bringen. Zum Beispiel in leerstehende Hotels, wie es von Seiten vieler NGOs und auch von der EU-Kommission gefordert wird. (…) Die skandalösen Zustände in Moria sind lange vor der Corona-Pandemie durch internationale Medienberichte zum Synonym für die Flüchtlingskrise auf griechischem Boden geworden. Ähnlich überfüllt wie das Lager in Lesbos sind die sogenannten “Hotspot”-Zentren auf vier weiteren Inseln der Ostägäis (Chios, Samos, Leros und Kos). Die Kapazität dieser fünf Lager war für 5400 Flüchtlinge ausgelegt, inzwischen hausen hier über 40 000 Menschen. (…) Die Verweigerung eines von der EU explizit anerkannten Menschenrechts hatte nichts mit der Corona-Gefahr zu tun, die Anfang März noch nicht im Bewusstsein war. Die Athener Regierung berief sich vielmehr auf einen “Notstand” an der griechisch-türkischen Landgrenze, die seit Ende Februar von Tausenden Flüchtlingen “belagert” wurde. Am 1. März beschloss die Regierung Mitsotakis, das Recht auf ein Asylbegehren für einen Monat auszusetzen. (…) Wenn keine durchgreifenden Maßnahmen zum Schutz der Flüchtlinge und Asylsuchenden auf griechischem Boden ergriffen werden, dürfte sich am Ende jene antagonistische Sichtweise durchsetzen, die Anfang dieses Jahres bereits bei Demonstrationen in Lesbos, Chios und Samos artikuliert wurde: „Wenn das Vaterland in Gefahr ist“, rief der Präfekt der Region Nord-Ägäis in Mytilini einer großen Menschenmenge zu, „dann interessiert uns nicht, was die Verträge sagen“. Der Mann meinte damit das humanitäre Völkerrecht und die von der EU garantierten Menschenrechte für Flüchtlinge, die nicht nur „suspendiert“, sondern abgeschafft werden, wenn die Gesellschaft eine unerwünschten Gruppe nur noch als Feind und als Bedrohung wahrnimmt. Statt sie als besonders gefährdete und schutzbedürftige Gruppe zu sehen, wie es der Leiter des griechischen Krisenstabs Sotiris Tsiodras in Bezug auf die Bewohner einer Roma-Siedlung in Larissa gesagt hat…“ Beitrag von Niels Kadritzke vom 20. April 2020 bei Le Monde diplomatique online – Corona, Teil I war: Warum Griechenland nicht Italien ist. Beitrag von Niels Kadritzke vom 13. April 2020 bei Le Monde diplomatique online . Siehe zum Hintergrund:- Bericht über die Aktion ‚Zeltpaten‘ auf Lesbos im Feb. 2020
„Zurück von meinem vierwöchigen Aufenthalt auf der Ägäis-Insel Lesbos, auf der ich im Februar 2020 für die ‚Zeltpaten‘-Aktion unseres Vereins ‚Respekt für Griechenland e.V.‘ tätig war, hier ein Bericht über das in dieser schlimmen Situation Erreichbare. Es ging bei der Aktion darum, unbegleiteten Kindern und Jugendlichen und Familien mit kleinen Kindern bei der Bewältigung ihres schwierigen Lager-Daseins beizustehen. Die Aktion haben viele Spenderinnen und Spender in kürzester Zeit ermöglicht. Allein reisende Jugendliche unter 18 Jahre und Kinder, die auf der Flucht von Schleusern von ihren Familienangehörigen getrennt wurden oder deren Eltern unterwegs gestorben sind, vegetieren zu Hunderten in den Olivenhainen um das Lager Moria herum, ohne Wasser und erreichbare Toiletten, unterernährt und oft krank. Viele schlafen nachts bei den immer mehr zu Brennholz zerhackten Olivenbäumen, zwischen Müll und Gestrüpp unter Plastikplanen oder in großen Müllsäcken als Schlafsack. Nur wenige, meist Mädchen, kommen bei fremden Familien im Zelt unter. Die Minderjährigen werden zwar amtlich erfasst, sie bekommen ein Identitätspapier mit Stempel, aber eben nicht wie die Erwachsenen die blaue Geldkarte des UNHCR mit 90 Euro für den Monat. Frauen und Kinder bekommen nur 50 Euro auf die Karte. Davon leben die Familien. Die Jugendlichen können sich täglich eine Flasche Wasser holen, haben aber keine Geldkarten, auch gibt es Essen nur unregelmäßig und viel zu wenig. Der Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung ist ihnen versperrt. (…) Die Corona-Krise tat ein Übriges. Humanitäre Organisationen bereiten sich auf einen Ausbruch der Epidemie im syrischen Idlib und auf Lesbos vor. Viele notwendige Maßnahmen lassen sich aber gar nicht umsetzen. Auf den griechischen Inseln sind die Inselspitäler für die Versorgung der Lagerbewohner zuständig, bereits heute sind sie aber vollkommen überlastet. Auf Samos, wo das Lager unmittelbar an den Hauptort der Insel angrenzt, gibt es Gerüchte, dass die Geflüchteten in die neue geschlossene Containersiedlung im Hinterland zwangsumgesiedelt werden. Damit würde der Ansteckungskontakt zur Lokalbevölkerung eingeschränkt, so hofft man. Auch anderswo in der EU will man die Lagerbewohner in Corona-Zeiten möglichst von sich fernhalten. Die Evakuation der 1600 unbegleiteten Minderjährigen auf den fünf Inseln, zu der sich Deutschland und einige andere Staaten bereit erklärt hatten, wurde vorerst auf Eis gelegt. Auch das Uno-Flüchtlingshilfswerk hat sein Umsiedlungsprogramm für Flüchtlinge vorübergehend eingestellt, und das trotz der Forderung von ‚Mediziner ohne Grenzen‘ und anderen Organisationen, die Lager in der Ägäis wegen der Corona-Gefahr rechtzeitig zu evakuieren. Ab 23.3.20 herrscht weitgehende Ausgangssperre, in den Lagern und im Land. Die internationalen Helfer*innen sind größtenteils abgereist, heißt es. Unser Team „Volunteers for Lesvos“ von ‚Respekt für Griechenland‘ will jedoch vor Ort bleiben. Aber niemand weiß, was demnächst sein wird…“ Bericht von Claus Kittsteiner vom 25. März 2020 bei Respekt für Griechenland
- Bericht über die Aktion ‚Zeltpaten‘ auf Lesbos im Feb. 2020
- Aufnahme aus Griechenland: PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte fordern Bund und Länder zum sofortigen Handeln auf
„Am kommenden Samstag landen in Niedersachsen 55 unbegleitete Kinder im Alter von 8–17 Jahren, deren Aufnahme Deutschland nach langem Gezerre zugestimmt hat. PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte kritisieren diese Zahl als lächerlich gering. Die Aktion droht zu einem Feigenblatt zu verkommen für die Nicht-Aufnahme Tausender Geflüchteter, die in den Insellagern in Griechenland sich selbst überlassen sind. Eine Aufnahme, die ernsthaft Abhilfe schafft und angesichts der drohenden Corona-Pandemie Schlimmeres in den sogenannten Hotspots verhindert, muss anders aussehen. Die langwierige Aktion wird der Öffentlichkeit dennoch als die große solidarische Geste Europas präsentiert. Schutzsuchende mit Angehörigen in Deutschland beispielsweise, die im Rahmen der Dublin-Verordnung ohnehin Anspruch auf die Überstellung hätten, stellen eine Gruppe dar, die weitestgehend bekannt und dokumentiert ist und deren Aufnahme keiner weiteren komplizierten Verfahren bedürfte. Diese Menschen bleiben außen vor, ebenso wie weitere Tausende, für deren Aufnahme Deutschland und die EU Mittel und Möglichkeiten hätten, diese einfach und vor allem zügig in anderen EU-Staaten aufzunehmen. PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte fordern das BMI, die Bundesländer und die EU auf, schnell und pragmatisch zu handeln. (…) Evakuierung aus den Hotspots und Unterbringung der Schutzsuchenden in leerstehende Hotels in Griechenland…“ Pressemitteilung vom 17.04.2020 mit konkreten Maßnahmen - Griechenland: Flüchtlingskinder freilassen. Kampagne fordert Ende der Inhaftierung von Kindern und angemessene Unterbringung angesichts von COVID-19
„Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis soll Hunderte unbegleitete Flüchtlingskinder freilassen, die unter unhygienischen Bedingungen in griechischen Haftzentren und Polizeiwachen festgehalten werden, so Human Rights Watch heute angesichts des Starts einer Kampagne zur Befreiung der Kinder. Dadurch könnten die Kinder besser vor einer COVID-19-Infektion geschützt werden. Die am 14. April 2020 beginnende Kampagne #FreeTheKids ruft dazu auf, Druck auf Premierminister Mitsotakis aufzubauen, um eine sofortige Freilassung der inhaftierten unbegleiteten Flüchtlingskinder und ihre Verlegung in sichere und kindgerechte Einrichtungen zu erreichen. Human Rights Watch initiiert diese Kampagne nach jahrelanger Recherche- und Lobbyarbeit zur Praxis der griechischen Behörden, Kinder einzusperren, die sich ohne Eltern oder Verwandte in Griechenland aufhalten. Human Rights Watch hat immer wieder an griechische Regierungen appelliert, diese schweren Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden. „Es war schon immer falsch, diese Kinder in schmutzigen Gewahrsamszellen festzuhalten, doch jetzt können sie auch noch an COVID-19 erkranken“, so Eva Cossé, Griechenland-Expertin bei Human Rights Watch. „Die griechische Regierung trägt die Pflicht, diese menschenrechtswidrige Praxis zu beenden und dafür zu sorgen, dass schutzbedürftige Kinder die Zuwendung und Sicherheit erhalten, die sie benötigen.“...“ Meldung vom 14.4.2020 von und bei Human Rights Watch zur Kampagne - Minderjährige Geflüchtete sollen noch diese Woche ausreisen
„Am Samstag sollen 50 unbegleitete Minderjährige aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland reisen. Sie sollen zunächst in eine zweiwöchige Quarantäne kommen. Die Ausreise von 50 minderjährigen Geflüchteten aus Griechenland nach Deutschland wird kommenden Samstag stattfinden. Das teilte das griechische Migrationsministerium mit. Ursprünglich sollte der Flug bereits am Freitag stattfinden. Zuvor sollen demnach am Mittwochmorgen bereits zwölf Kinder aus dem Lager Moria auf der Insel Lesbos, von der Insel Chios und der Insel Samos nach Luxemburg fliegen…“ Agenturmeldung vom 14. April 2020 bei der Zeit online - [AKTIONSTAG DONNERSTAG 9.4.2020] #SAVETHEM – Wir wollen Menschen aus schrecklichen Lagern holen und sie in Sicherheit bringen!
„Zum Aktionstag am Donnerstag laden wir euch alle ein, Herrn Ministerialdirektor Ulrich Weinbrenner zu kontaktieren. Er ist der Ansprechpartner für Migration im Innenministerium und berichtet an Staatssekretär Teichmann. In der Zeit von Social Distancing wird sich Herr Weinbrenner sicher über zahlreiche Anrufe und Anschreiben freuen. Das wird ihn motivieren, sich sofort mit dem Thema zu beschäftigen und öffentlich dazu zu äußern. Er wird sich dann bestimmt sehr gern mit uns treffen, damit wir die Lage der Flüchtlinge in den griechischen Elendslagern verdeutlichen können. Der Ministerialdirektor hat den direkten Draht zu den Herren Teichmann und Seehofer, er wird also eure Schreiben gern und umgehend weiterleiten. Für jedes Tun, für jedes Nichtstun gibt es auch im Innenministerium verantwortliche Menschen. Wenn diese Beamten sich taub und stumm stellen, obwohl sie es sind, die eine Katastrophe verhindert können, dann werden wir sie jetzt an ihre ganz persönliche Verantwortung erinnern. Weder Ministerialdirektor Weinbrenner noch Minister Seehofer sollen hinterher sagen können, dass sie nicht vorher informiert waren! Erinnert sie an ihre Pflicht zu handeln! Macht kann man delegieren. Verantwortung nicht. Schreibt an:- Ministerialdirektor Ulrich Weinbrenner, Leiter der Abteilung Migration, Flüchtlinge, Rückkehrpolitik in Alt-Moabit 140, 10557 Berlin: M@bmi.bund.de
- oder ruft Ministerialdirektor Weinbrenner an:Telefon: +49 30 18 681-12171“ Aufruf der Aktion Luftbrücke , siehe diese auch bei Twitter
- Ein zunächst symbolischer Beitrag: Die Übernahme von 50 Flüchtlingskindern startet – die Dimension des Problems aber bleibt.
„Ein kleiner erster Schritt, nach wochenlangen Verhandlungen: Deutschland ist offenbar bereit, in der kommenden Woche 50 unbegleitete Minderjährige aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen. Das erfuhr der Tagesspiegel am Dienstagabend aus Koalitionskreisen. Die Rede ist dabei von einem „ersten Schritt“. Die Nachrichtenagentur dpa meldete, die niedersächsische Landesregierung habe zugesagt, dass sie ihre Corona-Quarantäne von zwei Wochen in Niedersachsen verbringen können. Anschließend sollen sie auf mehrere Bundesländer verteilt werden. Zuvor hatte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zugesagt, dass sein Land kurzfristig 12 Kinder und Jugendliche aufnehmen will. Gemeinsam soll nach den Plänen ein Charterflug organisiert werden…“ Artikel von Matthias Meisner vom 7.4.2020 beim Tagesspiegel online - Luxemburg gefolgt: Deutschland bereit zur Aufnahme von 50 Kindern aus Griechenland
„Luxemburg hat angekündigt, zwölf geflüchtete Kinder aufzunehmen. Außenminister Asselborn spottete Richtung Deutschland, sich an seinem Land ein Beispiel zu nehmen. Am Dienstagabend folgte die Reaktion aus Berlin: Deutschland wolle 50 Kinder aufnehmen. Im Netz hagelt es Kritik. Luxemburg will einige Kinder aus den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland in Kürze kommen lassen. Sein Land werde in der nächsten Woche „zwölf unbegleitete Minderjährige, die sich derzeit auf den griechischen Inseln Lesbos und Chios befinden, aufnehmen“, erklärte Außenminister Jean Asselborn am Dienstag. Der Transfer werde von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) organisiert…“ Meldung vom 08.04.2020 beim Migazin (im Abo) - 50 Flüchtlingskinder aus Lesbos: Die Kapitulation des Innenministeriums vor der AfD
„50 – in Worten: fünfzig – unbegleitete Minderjährige dürfen nach langem Ringen nach Deutschland. Ein Armutszeugnis für die deutsche Politik. Es ist ein Witz. Ohne Pointe. „In einem ersten Schritt“ sollen „sehr zeitnah bis zu 50 unbegleitete Minderjährige zur Entlastung der griechischen Inseln“ in Deutschland aufgenommen werden, so das am Dienstagabend vom Seehofer-Ministerium verbreitete Kommuniqué. Und das nach wochenlangem Gezerre und ungezählten Warnungen vor der Katastrophe, die sich demnächst nach einem Ausbruch des Coronavirus vor allem im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos abspielen könnte. Von einem drohenden Massensterben ist die Rede. Und das ist, so erklären Experten, kein Alarmismus, sondern eine reale Gefahr. (…) Zum Vergleich ein paar andere Zahlen: die mehr als 200.000 deutschen Urlauber, die via Rückholprogramm des Auswärtigen Amtes heimgeflogen wurden. Die 40.000 Erntehelfer, die aus Rumänien und anderen Balkanstaaten angeflogen werden sollen, damit wir an Ostern Spargel auf dem Speisetisch haben. (…) „Bis zu“ 50 minderjährige Flüchtlinge – das ist auch ohne Corona lachhaft, erbärmlich. Jetzt ist es ein Armutszeugnis für alle in der deutschen Politik, die mehr nicht erreicht haben oder mehr nicht wollten: die Kanzlerin, der Innenminister, auch die SPD, die beim Koalitionspartner CDU/CSU nicht mehr durchsetzen konnte. Die Beteiligten, die die Einigung als Erfolg feiern, lügen sich gegenseitig etwas vor. Die Übereinkunft von Seehofer mit der großen Koalition verdient nicht das Wort Kompromiss. Sie ist eine Kapitulation vor der AfD, die auch ohne Coronakrise eine strikte Abschottungspolitik fordert. Längst hat sie willfährige Unterstützer auch in den Reihen der Unionsparteien gefunden…“ Kommentar von Matthias Meisner vom 08.04.2020 beim Tagesspiegel online - Nächste Aktion: Evakuierung Anzetteln!
„Wir haben euch versprochen den Druck hochzuhalten und deswegen geht es diese Woche gleich weiter mit unserer nächsten Aktion: Evakuierung Anzetteln. Damit es funktioniert brauchen wir eure Unterstützung! Macht mit und tragt es weiter, dann mit es bei den Verantwortlichen ankommt. Wie funktioniert’s? Auf unserer Website findet ihr ein PDF . Im Prinzip ist es nichts anderes als der Zettel mit den Hilfsangeboten aus der Nachbarschaft, außer dass wir darauf aufmerksam machen, dass nicht nur unsere direkten Nachbar*innen, sondern auch die Menschen in den griechischen Flüchtlingscamps unsere Hilfe benötigen. Ihr druckt es aus, hängt es in den Hausflur oder auf dem Weg zur Arbeit auf. Am besten dort, wo es möglichst viele Menschen sehen...“ Aufruf vom 7. Apr. 2020 von LeaveNoOneBehind - Coronafälle in griechischem Flüchtlingslager: „Helft uns, es ist nicht sicher hier“
„23 Menschen in einem griechischen Flüchtlingslager sind an Covid-19 erkrankt, eine echte Quarantäne gibt es nicht. Die Behörden haben das Lager abgeriegelt, drinnen entfaltet sich eine gefährliche Dynamik. (…) Das griechische Flüchtlingscamp in Ritsona steht seit fünf Tagen unter Quarantäne, die Behörden haben es abgeriegelt. Mindestens 23 der 2700 Bewohnerinnen und Bewohner sind mit dem Coronavirus infiziert. Kein Asylbewerber darf das Gelände verlassen, auch nicht, um der Gefahr zu entkommen. Parwana Amiri fürchtet, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sich das Virus im Camp verbreitet. „Die Leute hier geraten in Panik“, sagt sie am Telefon. Gerade kommt sie von ihrem Protest, hat ihr Plakat abgestellt. „Wir brauchen Hilfe. Das Virus ist im Camp – und wir sind auf uns allein gestellt.“…“ Artikel von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 07.04.2020 beim Spiegel online - [DGB-Jugend] Offener Brief: Solidarität mit Geflüchteten – Es ist höchste Zeit zu handeln!
„Sehr geehrter Herr Bundesminister Helge Braun, sehr geehrter Herr Bundesminister Horst Seehofer, sehr geehrter Herr Bundesminister Heiko Maas, als Gewerkschaftsjugend bekennen wir uns zur Solidarität mit Menschen auf der Flucht und fordern sichere Fluchtwege und eine menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten. Wir fordern Sie deshalb auf, Verantwortung zu übernehmen und die Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln nicht zu vergessen. Die Menschen in den dortigen Unterkünften müssen jetzt evakuiert werden. Bundesweit gibt es viele Aktivitäten mit dem Ziel, Leben in Not zu retten. Der Verein Mission LIFELINE e. V. hat die Hilfsmission „Charterflug Lesbos-Berlin für Kinder und Mütter“ für zunächst 50 bis 100 Menschen gestartet. Der Verein Sea-Watch fordert, Kreuzfahrtschiffe zur Evakuierung einzusetzen. Was all diesen Maßnahmen fehlt, sind die nötigen Genehmigungen vom Auswärtigen Amt und Bundesministerium des Innern. Wir fordern Ihre Behörden deshalb dazu auf, diese und ähnliche Maßnahmen bundesweit umgehend und schnellstmöglich möglich zu machen. Gemeinsam müssen wir auch wegen COVID19 die Lage der Menschen vor Ort jetzt dringend verbessern. Wir fordern die Evakuierung der Lager in Griechenland Es ist höchste Zeit zu handeln! Solidarität und überall!...“ Offener Brief der DGB-Jugend vom 01.04.2020 zur Situation der Geflüchteten auf Lesbos - Corona, die perfekte Ausrede: Bisher kein einziges Flüchtlingskind aufgenommen
„Kein einziges Kind hat Deutschland bisher aus den griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen. Mit Corona liefert die EU-Kommission jetzt auch noch eine gute Ausrede für die Verzögerung. Dabei ist Eile das Gebot der Stunde. Bereits seit mehreren Monaten diskutieren EU-Länder über die Aufnahme von minderjährigen Kindern aus Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln. Mitte März schließlich verständigen sich sieben EU-Staaten, die sogenannte Koalition der Willigen, auf die Aufnahme von mindestens 1.600 Kindern. Sie stellten angesichts der drohenden Corona-Pandemie baldige Umverteilung in Aussicht, zuletzt Ende März. Union und SPD hatten sich bereits Anfang März darauf verständigt „einen angemessenen Anteil“ dieser Kinder nach Deutschland zu holen. Seitdem ist viel passiert. Das Bundesinnenministerium hat binnen einer Woche und inmitten massiver Corona-Einschränkungen beschlossen, 80.000 ausländische Erntehelfer nach Deutschland einzufliegen, damit der Spargel auf deutschen Feldern nicht liegenbleibt. Das Auswärtige Amt hat in einem beispiellosen „Husarenstück“ innerhalb von 20 Tagen mehr als 200.000 im Ausland festsitzende Deutsche aus 57 Ländern nach Deutschland geholt…“ Artikel von Birol Kocaman vom 07.04.2020 beim Migazin (im Abo, doch bereits ausreichend aussagefühig…) - Flüchtlingslager in Griechenland: Zweites Camp unter Quarantäne
„Im Flüchtlingslager Malakasa nahe Athen ist ein 53-Jähriger positiv auf Corona getestet worden. 14 Tage darf niemand das Camp verlassen oder betreten. Zum zweiten Mal binnen weniger Tage hat der griechische Coronavirus-Krisenstab ein Flüchtlingslager nahe Athen für 14 Tage wegen einer Coronavirus-Infektion unter Quarantäne gestellt. Es handelt sich um das Camp von Malakasa rund 45 Kilometer nördlich der griechischen Hauptstadt, wie der staatliche griechische Rundfunk (ERT) am Sonntagmorgen berichtete. Dort leben etwa 1800 Menschen. Demnach wurde dort ein 53 Jahre alter Afghane positiv auf das Virus getestet. Der Mann hat nach Angaben des Migrationsministeriums eine Vorerkrankung. Mit Corona-Symptomen hatte er sich demnach selbst an die medizinische Einrichtung innerhalb des Flüchtlingslagers gewandt. Anschließend sei er in ein Krankenhaus in Athen gebracht worden, wo er positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Die Familie des Mannes befindet sich laut dem Ministerium unter Quarantäne. Demnach sollen schrittweise alle Bewohner einem Corona-Test unterzogen werden. „Wir werden unseren Plan so wie im anderen Fall umsetzen“, sagte Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarakis im Radiosender Protothema. Das Virus war bereits Anfang vergangener Woche bei einer Frau nach der Geburt ihres Kindes in einem Krankenhaus in Athen festgestellt worden. Die Frau lebte im Lager von Ritsona rund 75 Kilometer nördlich von Athen. Anschließend waren 20 weitere Flüchtlinge in diesem Camp positiv auf das Virus getestet worden. Ritsona ist bereits unter Quarantäne gestellt worden. Dort leben rund 3000 Menschen…“ Agenturmeldung vom 5.4.2020 in der taz online - Dringender Appell von Jordanis Georgiou: Rettet die Flüchtlinge in Moria!
„Jordanis Georgiou, gebürtig aus Edessa in Griechenland, Metallarbeiter, Vertrauensmann und Betriebsrat, wendet sich mit einem dringenden Aufruf an alle Menschen in Europa: Leistet tätige Solidarität zur Rettung der Flüchtlinge in Moria! Er berichtet über seinen Freund Michalis Aiwaliotis, Direktor einer Schule in Mytilini/Lesbos: „Er arbeitet seit Jahren ehrenamtlich im Camp Moria und unterrichtet Kinder. Jetzt, wo die Schulen geschlossen sind als ‚Vorsorgemaßnahme‘ gegen Corona, ist er dennoch jeden Tag im Camp und setzt sich voller Herzblut für die Menschen ein. Hier sein Bericht: Die Helfer der ausländischen NGOs wurden von ihren Regierungen oder Konsulaten wegen des Virus zurückgeholt und die einheimischen Helfer und die Flüchtlinge sind allein auf ihre Selbstorganisation angewiesen. Sie organisieren nach Kräften die Ordnung im Lager, den Umgang mit Müll und sie lehren die Kinder so gut es geht, hygienische Maßnahmen einzuhalten. Das ist aber kaum möglich, wenn sich 167 Leute je eine Toilette teilen, mehr als 240 eine Dusche, zuweilen nur eine Wasserzapfstelle für 1300 Bewohner vorhanden ist – und keine Seife und Möglichkeiten, sich nur annähernd angemessen vorsorglich die Hände zu waschen. Auch weitere elementare Sicherheitsmaßnahmen, wie 1,5 m Abstand zu halten, sind absolut undurchführbar, denn die Menschen leben ganz eng zusammen.
In ihrer engagierten Selbstorganisation verwirklichen sie derzeit drei Projekte:
1) Sie nähen Schutzmasken für das Camp. Alle sind sehr fleißig, es gibt aber nicht genug Nähmaschinen und Stoff.
2) Es gibt kein fließendes Wasser. Sie wollen einen Tankwagen mieten, der sie täglich mit sauberem Wasser beliefert am Camp, und Seife organisieren sowie eine Massenausbildung zu Hygiene machen. Zur Herstellung von Seife wollen sie die Olivenbauern gewinnen, ihnen die Kerne zu schenken, um sie in den Olivenpresseanlagen verarbeiten zu lassen.
3) Durch die jahrelange Wirtschaftskrise und das Flüchtlingscamp kommen überhaupt keine Touristen mehr nach Lesbos. Die Inselbewohner vor allem in den Dörfern sind sehr arm und sie hungern. Es gibt hier den besten griechischen Ouzo und den weltberühmten Kaugummi Masticha von Hios, aber in diesen Fabriken arbeiten sehr wenige, wenn überhaupt. Es gibt fast nur noch Olivenöl. Sie wollen Spenden sammeln und Lebensmittelpakete kaufen und mit den Flüchtlingen unter den Dorfbewohnern verteilen. Aber jetzt sind die Flüchtlinge eingesperrt. Die Hilfe muss sich deshalb beziehen auf die Einwohner von Lesbos und die Flüchtlinge in den Camps!
Spendet für die Rettung der Menschen in Moria: Spendenkonto: Stichwort: Moria – Hilfe, Kontoinhaber: Solidarität International eV IBAN: DE86 5019 0000 6100 8005 84, BIC: FFVB DEFF (Frankfurter Volksbank)“
Jordanis Georgiou war im Jahr 2011/2012 Initiator einer Solidaritäts- und Spendenbewegung mit dem Streik der Stahlarbeiter in Aspropirgos/Griechenland, bei der fast 14.000 Euro und eine LKW-Ladung voller Hilfsgüter gesammelt wurden. Seit der Veröffentlichung dieses neuen Aufrufs verhandeln er und die Freunde in Griechenland über einen Solidaritätspakt im Rahmen der Organisation Solidarität International. Man darf gespannt sein!“ Pressemitteilung des Freundeskreis Alassa & friends vom 1.4.2020 (per e-mail) - MISSION LIFELINE bereit für Luftbrücke [Solidaritätsaufruf]
„Der Verein MISSION LIFELINE erweitert sein Vorhaben, Flüchtlinge aus Griechenland zu evakuieren und plant nun eine Luftbrücke zwischen Lesbos und Berlin. Damit reagiert der Verein aus Dresden auf die Ankündigung des Justizsenators Dirk Behrendt, bis zu 1500 Menschen aus Lesbos zu evakuieren, sollte die Bundesregierung nicht binnen sehr kurzer Zeit für die sofortige Aufnahme entscheiden. (…) MISSION LIFELINE hat bereits 55000€ für einen Evakuierungsflug gesammelt. Die nötigen Mittel sind Anfang März innerhalb von vier Tagen zusammengekommen. Axel Steier: „Wir bauen jetzt eine Luftbrücke mit Hilfe der Zivilgesellschaft, die wir weiter um Spenden bitten. Die Berliner Luftbrücke 1948/1949 rettete den Westteil der Stadt. Nun rettet die vereinte Stadt gemeinsam mit vielen Bürgern in ganz Deutschland die Menschen aus den Elendslagern. Das ist ein wahres Zeichen gelebter Demokratie und Menschlichkeit! (…) Es geht jetzt darum, die Vorraussetzungen für eine stabile Luftbrücke zu schaffen, damit wir so viele Menschen wie möglich retten können. Dafür sammeln wir weiter Spenden.“ Solidaritätsaufruf von Mission Liftime vom 30. März 2020 - „EU-Kommission hofft auf baldige Aufnahme von Flüchtlingskindern“ – wir haben es schon fast aufgegeben!
„EU-Innenkommissarin Johansson zufolge könnten bald die ersten minderjährigen Flüchtlinge umgesiedelt werden. (…) „Wir werden nicht alle 1.600 Plätze auf einen Schlag füllen können, aber angesichts der Pandemie müssen wir uns sputen“, erklärte Johansson mit Blick auf das Coronavirus. Mehrere EU-Länder, darunter Deutschland, hatten in der vorvergangenen Woche in Aussicht gestellt, mindestens 1.600 unbegleitete minderjährige oder andere besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen. Die Innenkommissarin kündigte gegenüber der Zeitung auch einen Aktionsplan für die übrigen 40.000 Migranten an, die auf den Inseln leben. „Wir wollen diejenigen, die von einer Corona-Infektion am stärksten betroffen wären, isolieren.“ Meldung vom 27. März 2020 bei MiGAZIN – Na, hoffentlich klappt wenigstens diese „Rosinenpickerei“. Alle Flüchtlinge in den griechischen Lagern müssen verteilt werden! Siehe dazu: - »Wenn sich eine Krankheit ausbreitet, sind wir verloren«. Wie Bewohner*innen des Flüchtlingslagers Moria versuchen, sich vor dem Coronavirus zu schützen
„Seit auf der Insel Lesbos die ersten Corona-Fälle gemeldet wurden, geht im Flüchtlingslager Moria die Angst um. Mehr als 20.000 Menschen leben dort auf engstem Raum, der Zugang zu sanitären Anlagen oder überhaupt zu Wasser ist katastrophal, eine medizinische Versorgung existiert quasi nicht, der Müll bleibt liegen. Immer wieder sterben Bewohner*innen an den Bedingungen im Lager, zuletzt Mitte März ein sechsjähriges Mädchen bei einem Brand. Sollte es zu einem Corona-Ausbruch kommen, droht eine Katastrophe. Schutzmaßnahmen gibt es keine, die meisten NGOs haben den Hotspot verlassen. »Wir können nur noch auf uns selbst vertrauen und versuchen, uns selbst zu helfen«, sagt Read AlObeed. Deshalb haben er und andere Bewohner*innen Mitte März das Moria Corona Awareness Team [Fratzebuch] gegründet. Sie betreiben, so gut es geht, gesundheitliche Aufklärung und fordern die sofortige Evakuierung des Lagers…“ Interview von Jan Ole Arps vom 27. März 2020 im ak-web und darin u.a.: „… Seit gestern sammeln wir Müll im Camp, vor allem im Zeltlager außerhalb des eigentlichen Lagergeländes, und versuchen, ihn wegzuschaffen. Das ist dringend nötig, weil dort seit mehr als 20 Tagen der Müll nicht mehr abgeholt wird. Er liegt überall herum, und jetzt, wo es wärmer wird, beginnt es überall zu stinken. Das ist für alle hier eine große Belastung. Wir haben Plastiktüten und Masken und Handschuhe organisiert und an Freiwillige verteilt, alles Flüchtlinge, nun arbeiten wir daran, das Müllproblem in den Griff zu bekommen. (…) Wir, also das Moria Corona Awareness Team, haben Plakate im Camp aufgehängt, auf denen wir darüber informieren, was Covid-19 ist, wie sich das Virus verbreitet, und wie man das Infektionsrisiko mit einfachen Mitteln reduzieren kann. Wir sagen allen, dass sie äußerst vorsichtig sein müssen, so viel es geht in den Zelten bleiben und das Lager nur in Notfällen verlassen sollen. Wir versuchen auch, eine Wasserversorgung außerhalb des Lagergeländes herzustellen. Denn dort gibt es überhaupt keine Wasserleitungen. (…) An den Duschen und Waschbecken im Lager muss man wegen des großen Andrangs warten, oft ein oder zwei Stunden. Das produziert Stress, es kommt zu Streit und Schlägereien. Genauso an der Essensausgabe, wo man ebenfalls in langen Schlangen warten muss. Die Leute sind extrem angespannt, die Situation ist unkontrollierbar. Die Polizei und das Militär versuchen, die Leute unter Kontrolle zu halten, und sogar wir vom Moria Corona Awareness Team versuchen, für Ordnung zu sorgen, damit die Menschen nicht um Essen kämpfen. Wir versuchen nun, Wasserleitungen im Außenbereich zu improvisieren, wenn möglich Wassertanks aufzustellen. Denn das fehlende Wasser ist ein Riesenproblem, besonders angesichts der Bedrohung durch Covid-19. (…) wegen der neuen Regeln zur Epidemieeindämmung haben fast alle NGOs das Lager verlassen – außer Stand by me Lesvos , die mit uns zusammenarbeiten. Das heißt, wir bekommen momentan wirklich gar nichts, nicht einmal Seife. Uns fehlt es an allem. (…) Es gibt zum Beispiel eine Gruppe afghanischer Frauen, die mit ein paar gespendeten Nähmaschinen begonnen haben, Masken zu produzieren. Die verteilen wir an Leute, die sie besonders brauchen. (…) Wir sind von allen im Stich gelassen, sogar die NGOs haben das Lager verlassen. Wir können nur noch auf uns selbst vertrauen und versuchen, uns selbst zu helfen. Ganz dringend brauchen wir Mülltüten, Handschuhe und Wasser – jede erdenkliche Hilfe. Aber wir haben wenig Hoffnung. Ich kann nur für die syrischen Flüchtlinge sprechen: Wir warten hier darauf, wie wir sterben werden. Im Grunde verlangen wir nur, dass sich Menschen dafür interessieren. Wir vermissen das Mitgefühl, Emotionen. Was hier geschieht ist unmenschlich…“ - Dringender Appell zur Evakuierung der Flüchtlingslager in Griechenland
„… Wir fordern Sie unverzüglich zur Evakuierung der Flüchtlingslager und Hotspots auf den griechischen Inseln auf, um eine Katastrophe inmitten der Covid 19-Pandemie zu verhindern. Über 42.000 Menschen befinden sich unter entsetzlichen Bedingungen in den völlig überfüllten Lagern auf den Inseln. Empfohlene Maßnahmen wie die Wahrung von Distanz zu anderen oder regelmäßiges Händewaschen sind schlicht unmöglich. Es gibt keine Chance, einen Ausbruch in einem Lager einzudämmen. Er würde ältere Menschen und jene mit Vorerkrankungen gefährden, sowohl Flüchtlinge als auch Ortsansässige. Zeit ist ein Schlüsselfaktor. Wir fordern einen Notfalleinsatz, um die Gesundheit und Sicherheit der Asylsuchenden, der Bevölkerung und der Hilfskräfte gleichermaßen zu garantieren. Kommission, Europäischer Rat und Parlament müssen die EU Mitgliedsstaaten dringend dazu auffordern ihre Verantwortung wahrzunehmen und Schutzsuchende aus Griechenland aufzunehmen. Wir verlangen, dass das Menschenrecht Asyl zu suchen und zu genießen, wie es durch die Europäische Grundrechtecharta garantiert ist, unverzüglich wiederhergestellt und respektiert wird. (…) Die unterzeichnenden zivilgesellschaftlichen Organisationen sind sich aufgrund ihrer Erfahrung in der Betreuung und Beratung von geflüchteten Menschen sicher, dass die derzeitige Krise an den EU Außengrenzen im Rahmen der Möglichkeiten der EU bewältigbar sind, wir zeigen uns solidarisch mit den geflüchteten Menschen und möchten unterstützend mitwirken diese humanitäre Katastrophe abzuwenden…“ Appell einer Vielzahl von Organisationen und Einzelpersonen an EU-Kommission, EU-Parlament, EU-Rat und an die griechische Regierung bei der Internationale für Menschenrechte am 24. März 2020 - Appell: Jetzt Menschen aus den Lagern in Griechenland evakuieren!
„Wir alle erleben während der Corona-Krise, wie wichtig Solidarität im gemeinsamen Handeln ist. Doch nicht alle Menschen sind in der Lage, sich vor COVID-19 zu schützen. Dazu zählen die Schutzsuchenden in griechischen Lagern, die vor allem auf den Inseln in unmenschlichen und beengten Verhältnissen leben. Wir betreuen unsere Kinder zu Hause, waschen oft unsere Hände. Wir schränken unsere Begegnungen mit Freunden und Fremden ein: Wir versuchen alles uns Mögliche, um die Ansteckungsketten zu unterbrechen oder zu verlangsamen. Doch diese Maßnahmen sind in den Flüchtlingscamps in Griechenland unmöglich. Zu viele Menschen leben viel zu dicht aufeinander. Insgesamt sind über 40.000 Menschen auf die griechischen Inseln geflohen. Überall sind die hygienischen Verhältnisse und die medizinische Versorgung katastrophal. Allein im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos leben aktuell mehr als 20.000 Menschen, obwohl es nur für 3.000 Menschen angelegt wurde. In einigen Teilen des Flüchtlingscamps gibt es nur einen Wasseranschluss, den sich 1300 Menschen teilen. Familien mit fünf oder sechs Personen schlafen teilweise auf gerade mal drei Quadratmetern. „Social-Distancing“ ist schlicht nicht umsetzbar. Ein Corona-Ausbruch wird sich in den beengten Lagern nicht stoppen lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Frauen, Männer und Kinder in diesen menschenunwürdigen Bedingungen allein gelassen werden. Sie müssen jetzt sofort evakuiert werden. Fordere von der Bundeskanzlerin die Evakuierung der Menschen aus den Lagern!“ Unterschriftenaktion bei Amnesty International – siehe:- Erik Marquardt am 24.3. auf Twitter : „Heute auf #Lesbos: Auch Hochschwangeren aus #Moria wird jetzt der Zugang zu ÄrztInnen verwehrt. Journalisten wird Haft angedroht, wenn sie die Insel bis morgen nicht verlassen. Rassisten pöbeln trotz Ausgangssperre Geflüchtete an, die ohne Zelt am Strand leben. #LeaveNoOneBehind„
- „Verzögerungstaktik“ – UN verurteilen Gewalt gegen Flüchtlinge an griechischer Grenze – Es droht eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden Toten
„… Ein UN-Sonderberichterstatter hat die Gewalt griechischer Behörden gegen Migranten und Asylsuchende an der Grenze zur Türkei scharf kritisiert. Griechenland müsse die Übergriffe gegen Migranten und Asylsuchende einstellen und die Menschen stattdessen schützen, erklärte der UN-Sonderberichterstatter Felipe González Morales am Montag in Genf. Das Vorgehen der Behörden habe zu körperlichen Verletzungen und Todesfällen geführt, unter den Verstorbenen sei ein Asylsuchender aus Syrien gewesen, betonte der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Migranten. Die Griechen fingen die Migranten und Asylsuchenden ab, setzten sie fest, entwendeten ihre Habseligkeiten und drängten sie zurück in die Türkei. Damit verstoße das EU-Mitgliedsland gegen das Verbot der Massenausweisung. Derweil erklärte Außenminister Heiko Maas, die Gespräche über eine Aufnahme von Kindern gingen weiter. Und mit der griechischen Regierung werde weiter darüber gesprochen, was dort an Hilfe gebraucht werde, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Daneben sei die EU in Kontakt mit der Türkei zum Flüchtlingsabkommen von 2016, um noch einmal zu überprüfen „was nicht läuft, was man verbessern kann“. (…) Das ist Ulla Jelpke (Die Linke) nicht genug. „Dass nun weiter ‚Gespräche‘ geführt und die Kinder und Jugendlichen nicht endlich evakuiert werden, ist schlicht unterlassene Hilfeleistung“, erklärte die Innenpolitikerin und warf der Bundesregierung „Verzögerungstaktik“ vor. Die Gefahr eines „katastrophalen Pandemieausbruchs in den absolut überbelegten Hotspots“ wachse. Es drohe eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden Toten. „Besonders zynisch ist das scheinbar großzügige Hilfsangebot zur Verbesserung der Lage der Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln. Das bedeutet nichts anderes als ein ‚weiter so‘ mit der lebensgefährlichen Massenunterbringung. Stattdessen müssen die Hotspots sofort evakuiert und die Schutzsuchenden dezentral verteilt werden“, erklärte Jelpke…“ Meldung vom 24. März 2020 von und bei MiGAZIN - [Petition] Corona: Flüchtlinge aus Hotspots retten – Abschiebung stoppen – SOFORT!
„Der „Freundeskreis Alassa & Friends“ ruft auf: Unterzeichnet diese Forderungen: Sofortige Auflösung und vollständige Evakuierung aller EU-Lager an den Außengrenzen Europas! Die EU muss zahlen – Europa ist reich genug! Aufnahme ALLER Flüchtlinge und gesundheitliche Versorgung – es gibt genügend Bereitschaft und Solidarität! Umgehender Stopp aller Abschiebungen für die Dauer der Corona-Pandemie! Entlassung aller Inhaftierten aus Abschiebegefängnissen! Null Toleranz für Repressionen durch den griechischen Staat und faschistische Schlägertrupps! Wir unterstützen die Selbstorganisation der Flüchtlinge! Solidarität und Zusammenhalt darf keine Grenzen kennen!…“ Petition von ‚Alassa & Friends‘ bei change.org vom 18. März 2020 - Corona-Angst auf Lesbos: „Kinder reden von Suizid“: Ärzte ohne Grenzen fordern Räumung von Flüchtlingslager
„Florian Westphal ist der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. Im DW-Interview äußert er die Sorge, dass das Coronavirus im Flüchtlingslager Moria auf einen idealen Nährboden treffen könnte. Die hygienischen Bedingungen im Flüchtlingslager Moria auf der auf der griechischen Insel Lesbos sind katastrophal: Überall liegt Müll, der Gestank ist schwer auszuhalten. Familien leben auf wenigen Quadratmetern: Die Unterkünfte stehen extrem eng beieinander, dass manchmal schon ein Funke genügt, um einen Brand auszulösen. Tausende Menschen teilen sich ein Waschbecken und Seife sei nicht erhältlich. Ärzte ohne Grenzen fordert die Evakuierung der EU-Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln. Die Lebensbedingungen dort seien ein idealer Nährboden für Covid-19. Florian Westphal bestätigt die Sorge vieler Mediziner, dass das Virus auf das Lager Moria übergreifen könnte, wo die Situation ohnehin bereits seit Monaten angespannt ist…“ Interview von Birgitta Schülke vom 18.03.2020 beim Focus online (ausnahmsweise), siehe dazu- Coronavirus: Evakuierung der EU-Flüchtlingslager in Griechenland dringender denn je
die PM der Ärzte ohne Grenzen Deutschland
- Coronavirus: Evakuierung der EU-Flüchtlingslager in Griechenland dringender denn je
- Corona auf Lesbos: „Ich kann gar nicht ermessen, was uns dann drohen würde“
„Auf Lesbos ist Corona angekommen. Was bedeutet das für das überfüllte Flüchtlingslager Moria? Ein Arzt und ein Rechtsanwalt fordern: Evakuiert, solange es noch geht! Die Lage auf Lesbos ist schon ohne das Coronavirus dramatisch. Inzwischen ist der erste Fall auf der griechischen Insel bestätigt. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis eine Infektion im Flüchtlingslager Moria nachgewiesen wird. Was bedeutet das für die Menschen dort, die ohnehin schlecht versorgt sind und dicht beieinander leben? Ein Arzt und ein Rechtsanwalt berichten…“ Protokoll von Caterina Lobenstein vom 18. März 2020 in der Zeit online - Griechenland: Abgeschottete geschlossene Lager. Flüchtlinge und Immigranten wegen Coronavirus-Epidemie isoliert
„Durch die Corona-Virus-Pandemie ist das Thema der Flüchtlinge und Migranten in der Türkei und in Griechenland in den Hintergrund getreten. Das Feuer im Lager Moria, das am Montag ein sechsjähriges Mädchen tötete , hatte das Thema kurzfristig wieder in die Schlagzeilen gebracht. Ersten Angaben zufolge brach das Feuer aus, als einige der Bewohner in einem der überfüllten Container versuchten, Essen zuzubereiten. An der Landgrenze Griechenlands zur Türkei gibt es weiterhin ein Großaufgebot von Polizeikräften. Allerdings hat sich die allgemeine Lage etwas beruhigt, seit Frontex mit größerer Präsenz als vorher an der Grenze patrouilliert. Die seit dem 1. März, dem Tag des Inkrafttretens der Aussetzung des Asylrechts in Griechenland, auf den Inseln angekommenen Flüchtlinge und Migranten werden seit vergangenem Samstag in die beiden neuen Abschiebegefängnisse des Landes, nach Malakassa bei Athen und Serres im Norden des Landes gebracht. Griechenland erlebt den 6. Tag der landesweiten Quarantänemaßnahmen. (…) Unter diesem Aspekt erscheinen Lager wie Moria auf Lesbos, Vial auf Chios und KYT Samos im Wald am Stadtrand der Inselhauptstadt von Samos noch gefährlicher. Die dort herrschenden hygienischen Zustände sind in Zeiten der Quarantäne nicht hinnehmbar. So gibt es in Moria pro 1.500 Insassen nur einen Wasserhahn mit fließendem Wasser. Die bis zu 25.000 Insassen des Lagers haben kaum Zugang zu Toiletten. (…) Die Lager werden nicht aufgelöst. Sie sollen, so wurde es am Dienstag beim täglichen Corona-Briefing offiziell bekannt gegeben, intensiver umzäunt werden, so dass die Insassen nicht mehr heraus kommen können. Nur noch eine Person pro Familie oder Gruppe, soll kurzfristig für dringende Einkäufe aus den Lagern gelassen werden. Darüber hinaus gelten für die Lager folgende Regeln …“ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 18. März 2020 bei telepolis - [Petition] #LeaveNoOneBehind: Jetzt die Corona-Katastrophe verhindern – auch an den Außengrenzen!
„Angesichts der großen Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, braucht es viele Zeichen der Solidarität. Kleinstaaterei oder Egoismus werden uns nicht den Weg weisen. Besonders hart wird das Corona-Virus diejenigen treffen, die es ohnehin schon schwer haben. Dazu zählen auch die Geflüchteten an unserer Außengrenze und Obdachlose, Alte, Kranke. Die Corona-Krise lässt das Leid von Schutzsuchenden, die Gewalt und die humanitäre Katastrophe in den Hintergrund treten. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, zusammen zu halten. Das Virus unterscheidet nicht nach Hautfarbe, Religion oder Geschlecht. Corona betrifft uns alle. (…) Damit das in Europa gelingt, müssen überfüllte Flüchtlingslager schnell evakuiert werden. Das griechische Festland braucht dabei ebenso Unterstützung wie die Menschen auf den griechischen Inseln. Viel zu lange, haben wir Menschen im Stich gelassen. Alleine im Camp Moria auf Lesbos leben derzeit über 20.000 Menschen, obwohl nur Platz für 3000 ist. Quarantäne, Hände-Waschen oder Social-Distancing sind wichtig, aber nicht möglich, wenn man in Moria leben muss. Es droht, dass diese Menschen angesteckt werden, dass sie keine humanitäre Versorgung haben und ihrem Schicksal überlassen werden. Bricht die Epidemie in einem solchen Lager aus, wird es fast unmöglich sein, Ansteckungsketten zu unterbrechen. Wer jetzt nicht handelt, macht sich für die Katastrophe mitschuldig, die den Menschen in Not droht…“ Petition an Europäische Kommission bei change.org - Corona-Pandemie: Flüchtlingsrat warnt vor Massensterben in Lagern
„Flüchtlingshelfer warnen vor einem Massensterben infolge der Verbreitung des Coronavirus in Flüchtlingslagern und vor zunehmenden Bränden. Hilfsorganisationen müssen Arbeit wegen der Pandemie aussetzen. Flüchtlingshelfer haben vor einem möglichen Massensterben durch das Coronavirus in Flüchtlingslagern gewarnt. Millionen Menschen seien in Gefahr, erklärte der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrates, Jan Egeland, am Montag in Oslo. Das Risiko betreffe Flüchtlinge in Bangladesch, Iran, Afghanistan und Griechenland. Ebenso seien die Bevölkerungen in bestimmten Gebieten in Syrien, Jemen und Venezuela gefährdet. Die Gesundheitssysteme in diesen Ländern seien durch Kriege und politische Krisen praktisch zusammengebrochen, betonte Egeland. Die Weltgemeinschaft müsse eine Katastrophe durch gezielte Hilfen verhindern, forderte der Generalssekretär der Hilfsorganisation. In vielen Flüchtlingscamps müssten dringend die hygienische und die sanitäre Situation verbessert werden. So würden etwa Waschgelegenheiten gebraucht. Mehr medizinisches Personal sei ebenso nötig, um eine mögliche Ausbreitung des neuen Corona-Erregers zu bekämpfen…“ Migazin-Meldung vom 17.03.2020 (im Abo) - Mit Blick auf Corona: Flüchtlingskinder könnten bald umverteilt werden
„Von zwei großen Herausforderungen der EU sprach der Vorsitzende des EU-Innenministerrates am Freitag: Coronavirus und Migration. Mit Blick auf die Migration zeichnet sich zumindest für zahlreiche Flüchtlingskinder eine Lösung ab – mit Blick auf Corona. Die ersten Flüchtlingskinder könnten ab Montag möglicherweise aus Griechenland auf andere EU-Staaten umverteilt werden. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte am Freitag nach einem Treffen der europäischen Innenminister in Brüssel, sie hoffe dies, es sei aber kein Versprechen. Dort hatten eine Reihe von Ländern ihre Bereitschaft zur Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger bekräftigt. (…) Es gehe um „mindestens 1.600“ Aufnahmen. Johansson bezog sich nicht nur auf „unbegleitete Minderjährige“, sondern auch auf „Kinder und andere verwundbare Gruppen“. Es könnte demnach zum Beispiel auch um kranke aber von den Eltern begleitete Kinder gehen. Zudem sprach die Innenkommissarin auch von Umverteilungen aus Malta oder Zypern. (…) Der Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne) würdigte die Aufnahmebereitschaft der Koalition der Willigen, mahnte aber zugleich: „Die Mitgliedstaaten dürfen ihre eigentliche Verantwortung nicht hinter einigen Kinderaugen verstecken.“ Allein im für 3.000 Menschen konzipierten Flüchtlingslager Moria „leben rund 22.000 Schutzsuchende in Schlamm und Elend“, erklärte Marquardt, der sich derzeit auf Lesbos aufhält. In dem Kurznachrichtendienst „Twitter“ kritisierte Marquardt die Fahrlässigkeit im Umgang mit Flüchtlingslagern. „Alles, was gegen #Corona in Europa getan wird, ist in Lagern wie #Moria völlig unmöglich. Es mangelt an allem, auch Hygiene- und Quarantänemöglichkeiten. Wer jetzt nicht handelt, macht sich für die Katastrophe mitschuldig, die hier aus #Lesbos alle erwarten…“ Meldung vom 16. März 2020 bei MiGAZIN - Coronavirus: Evakuierung der EU-Flüchtlingslager in Griechenland dringender denn je
„Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordert angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus COVID-19 die umgehende Evakuierung der EU-Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln. Die entsetzlichen Lebensbedingungen in den überfüllten Hotspots auf den Inseln sind ein idealer Nährboden für COVID-19, warnte die internationale Hilfsorganisation am Donnerstag. Nachdem die erste Infektion auf Lesbos bei einer Griechin bestätigt wurde, ist es dringender denn je, die Menschen in eine sichere Umgebung zu bringen. Angesichts der mangelhaften Hygienebedingungen und der äußerst eingeschränkten medizinischen Hilfe ist die Gefahr groß, dass sich das Virus unter den auf den Inseln festgesetzten Bewohnern der Lager verbreitet, sobald sie ihm ausgesetzt sind. „In einigen Bereichen des Lagers Moria auf Lesbos gibt es nur eine Wasserzapfstelle für 1.300 Bewohner, und Seife ist nicht erhältlich“, sagt Hilde Vochten, medizinische Koordinatorin der Projekte von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. „Fünf- oder sechsköpfige Familien müssen auf lediglich drei Quadratmetern Fläche schlafen. Für sie ist es schlicht unmöglich, die empfohlenen Maßnahmen zu befolgen und sich regelmäßig die Hände zu waschen und Distanz zu anderen zu halten.“ (…) Asylsuchende als Teil der europäischen Abschreckungspolitik unter solchen Bedingungen leben zu lassen, war schon bislang verantwortungslos, nun grenzt es an eine kriminelle Handlung, wenn nichts unternommen wird, um die Menschen zu schützen…“ Forderung von ‚Ärzte ohne Grenzen‘ vom 13. März 2020 , siehe zur Bekräftigung die Videos:- Video von der Demo am 14.3.2020 in Lesbos in Solidarität mit den Flüchtlingen
- Gefangen auf Lesbos
„Gefangen auf einer Insel. Seit Monaten ohne Bewegungsfreiheit, ohne menschenwürdige Versorgung, ohne Recht auf Asyl. In den vergangenen Wochen spitzte sich die Lage auf Lesbos zu – unser Team sprach mit Geflüchteten und NGO Freiwillige, sie alle rufen: „Es ist eine Schande“…“ Video-Reportage von leftvision
- Griechische Lager: Sieben Länder nehmen Flüchtlinge auf / Für eine freiwillige Rückkehr in die Heimat will die EU Migranten Geld anbieten
„Zur Entlastung der griechischen Flüchtlingslager haben sich sieben EU-Staaten bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Sie hätten zugesagt, insgesamt mindestens 1600 unbegleitete Minderjährige und andere besonders Schutzbedürftige aus Griechenland zu übernehmen, kündigte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bei einem Besuch in Athen an. Neben Deutschland gehören Frankreich, Irland, Finnland, Portugal, Luxemburg und Kroatien zu der sogenannten Koalition der Willigen. (…) Welche Menschen genau zu den 1600 gehören, die auf andere Staaten verteilt werden sollen, ließ Johansson offen. Sie sprach von unbegleiteten Minderjährigen, Kindern und anderen gefährdeten Gruppen. (…) Wie Johansson weiter ankündigte, will die EU Migranten in Griechenland außerdem finanzielle Anreize zur freiwilligen Rückkehr anbieten. Bis zu 5000 Migranten könnten sich melden, die vor dem 1. Januar in die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln gekommen seien. Im Gegenzug erhielten sie 2000 Euro. Das Angebot gelte nur für einen Zeitraum von einem Monat. Durchgeführt werden solle das Programm von der EU-Kommission, den griechischen Behörden und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Das Geld solle Asylsuchenden helfen, in ihren Herkunftsländern von vorn zu beginnen, so Johansson…“ Meldung vom 12.03.2020 bei tagesschau.de – Humanität à l`Europe… - Flüchtlingskatastrophe auf griechischen Inseln: Hilflosigkeit, Abschottung und Hass
„Die Hilfsbereitschaft vieler Inselbewohner ist umgeschlagen in Überforderung, bei einigen sogar in Hass. Auf Lesbos randaliert ein rechter Mob. Die griechische Regierung reagiert mit Härte – allerdings gegenüber neuankommenden Flüchtlingen. (…) Gewalt und Kriminalität gehen inzwischen auch von Rechtsextremen auf der Insel aus. In den vergangenen Tagen wurden Autos von Hilfsorganisationen angesteckt und Straßensperren errichtet: für Ausländer, Geflüchtete und Hilfsorganisationen. Aus Angst um ihre Sicherheit haben mittlerweile viele Helfer die Insel verlassen. (…) Am vergangenen Wochenende brannte auf Lesbos eine Schule für Flüchtlingskinder aus. (…) Nur eine Woche zuvor brannte auf Lesbos eine andere Einrichtung für Flüchtlinge. (…) Doch es bleibt nicht bei Gewalt gegen Sachen. Der deutsche Foto-Journalist Michael Trammer wurde auf Lesbos angegriffen, von Rechtsradikalen, wie er sagt. Sie schlugen ihn zusammen, bis er am Kopf blutete, und sie warfen seine Kamera ins Meer. (…) Apostolos Veizis von der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ gibt der griechischen Regierung eine Mitschuld an dieser Gewalt. Die Regierung habe Solidarität und Hilfe kriminalisiert. Immer wieder, so Apostolos Veizis, würden Politiker der Regierung Falschinformationen über die Arbeit der Hilfsorganisationen verbreiten. „Die sagen, wir seien verantwortlich für Lage auf den Inseln“, sagt er. „Und jetzt verlangt die griechische Regierung plötzlich, dass sich alle Nichtregierungsorganisationen, die auf Lesbos arbeiten, registrieren lassen müssen – mit genauen Listen von allen Mitarbeitern. Wir spüren da eine Bedrohung gegen alle, die solidarisch sind.“ (…) Doch von allen Seiten schlägt der Regierung Widerstand entgegen: Flüchtlinge demonstrieren, weil sie nicht eingesperrt sein wollen. Hilfsorganisationen befürchten, ausgesperrt zu werden und gar nicht mehr helfen zu können. Inselbewohner protestieren, weil sie gar keine Lager mehr auf ihren Inseln haben wollen. (…) Alle öffentlichen Einrichtungen von Samos-Stadt sind völlig überlastet – nicht nur die Spielplätze, auch das Krankenhaus. Die Einheimischen müssen länger auf einen Termin warten, weil die Ärzte auch viele Patienten aus dem Lager behandeln. Das geht nun schon seit vier Jahren so. Die Geduld der Inselbewohner wird auf eine harte Probe gestellt. (…) „Lesbos people, we are sorry“ – „Bürger von Lesbos – es tut uns leid“, rufen Flüchtlinge. Sie wissen, dass sie zu einer Belastung für die Bewohner von Lesbos geworden sind. Lieber heute als morgen möchten sie die Insel verlassen – und irgendwo hin aufs griechische Festland oder in ein anderes EU-Land. (…) Noch hoffnungsloser ergeht es den Flüchtlingen, die seit dem 2. März auf Lesbos angekommen sind, dem Tag, an dem die griechische Regierung das Asylrecht aussetzte – als Reaktion auf Erdogans einseitige Grenzöffnung. (…) Sie werden wie Gefangene behandelt, dürfen keinen Asylantrag stellen. Boris Cheshirkow vom UNHCR mahnt, Griechenland breche mit dieser Praxis geltendes Recht. (…) Mehr als 1000 Menschen sitzen bereits in griechischer Abschiebehaft. 42.000 Flüchtlinge harren weiterhin in den Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln aus…“ Bericht von Rodothea Seralidou und Thomas Bormann bei Deutschlandfunk Kultur am 11. März 2020 (Audiolänge: 21 Min., hörbar bis zum 19. Januar 2038) - Autoritäre Formierung: Flüchtlingshelfer auf der griechischen Insel Chios werden bedroht
„Auf der griechischen Insel Chios werden die wenigen Unterstützer der Flüchtlinge gejagt und bedroht, die sogenannte bürgerliche Mitte schaut teilnahmslos zu. Innerhalb nur weniger Tage gab es in Griechenland eine Art autoritäre Schocktherapie. An der Landgrenze zur Türkei patrouillieren, nicht nur mit Duldung, sondern sogar mit Förderung von Polizei und Politikern, unter den Augen internationaler Medien bewaffnete »Bürgerwehren«. Auf der Insel Lesbos geschieht Ähnliches. Dort wurden ankommende Flüchtlingsboote von Bürgern mit Schrotflinten empfangen, entsprechende Videos kursierten sofort in den sozialen Medien. Die großen Medien des Landes und die Regierung loben die Bürger für ihre patriotische Aufopferung, anstatt darin die Bankrotterklärung des bürgerlich-demokratischen Staatswesens zu erkennen. Das Asylrecht für neu ankommende Flüchtlinge hat der griechische Staat ausgesetzt, die EU äußert Verständnis. Die Gewaltenteilung ist aufgehoben, schließlich sprechen Regierungsmitglieder von einer »Kriegssituation«. (…) Wer Kritik an der inhumanen Behandlung von Flüchtlingen und der Aussetzung des Rechts auf Asyl äußert, wird als »Volksverräter«, »Agent Erdoğans« oder »fünfte Kolonne der Türken« gebrandmarkt. Unter einschlägigen Postings eines Abgeordneten der Regierungspartei, Constantinos Bogdanos, findet sich die Forderung eines Griechen, die Kritiker auszubürgern – und erhält von dem Parlamentarier ein zustimmendes »like«. Die letzten Ausbürgerungen mussten links, demokratisch oder liberal eingestellte Griechen während der Militärjunta von 1967 bis 1974 hinnehmen. Damals gab es für Kritiker auf Felseninseln Straflager. Nun wird geplant, die alten Lager zu reaktivieren und auf Felseninseln Flüchtlinge einzusperren…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 12. März 2020 aus Jungle World 2020/11 - Helfer an EU-Grenze: „Noch nie ein schlimmeres Szenario gesehen“
„An der griechisch-türkischen Grenze ereignen sich nach Angaben von humanitären Helfern derzeit massive Rechtsverstöße. Der Einsatz-Koordinator der Hilfsorganisation „Support to Life“ (STL), Volkan Pirinçci, sagte dem „Evangelischen Pressedienst“: „Ich habe noch nie ein schlimmeres Szenario gesehen.“ Es gebe eine große Zahl an „Push-Backs“, also Zurückweisungen von potenziell Asylberechtigten. „Sie sind in großer Gefahr, ihr Leben zu verlieren“, sagte der Einsatz-Koordinator. Die Organisation STL ist Partner der Diakonie Katastrophenhilfe und verteilt vor Ort Hilfsgüter wie Lebensmittel und Decken. Pirinçci, der in der vergangenen Woche im Grenzgebiet war, sagte, er selbst sei Zeuge von Menschenrechtsverletzungen geworden. So habe er mit Kollegen eine Afghanin aus dem Grenzfluss Evros retten müssen. Griechische Grenzschützer hätten die Waffe auf sie und ihren Mann gerichtet und sie gezwungen, durch den Strom zurück auf die türkische Seite zu gehen…“ Artikel von Mey Dudin vom 11.03.2020 beim Migazin (im Abo) - [PRO ASYL] Unser Einsatz in Griechenland: Die Menschenrechte verteidigen!
„Die Ereignisse an der griechischen Grenze und die Reaktionen der politisch Verantwortlichen zeigen: Aktuell entscheidet sich die Frage, ob es in Europa zukünftig überhaupt noch das Recht auf Asyl geben wird. Deshalb ist PRO ASYL dort, in Griechenland, mit einem Team vor Ort und verteidigt die Menschenrechte! (…) Griechenland reagiert an der Grenze mit Blendgranaten, Tränengas und sogar Schüssen. Die EU rüstet auf, der Zugang zu Schutz und Asyl wird verweigert. In dieser Situation kämpfen unsere Kolleg*innen von PRO ASYL / Refugee Support Aegean vor Ort für die Rechte von Flüchtlingen. Dabei werden sie, wie viele andere Helfer*innen und Journalist*innen, bedroht und angegriffen. Es gibt Gewalt durch faschistische Schlägertrupps und verschiedene Brandanschläge auf humanitäre Einrichtungen. »Die EU ist mitverantwortlich dafür, dass die Stimmung derart gekippt ist. Denn statt Lesbos und die anderen Inseln zu entlasten, toleriert sie die verschärfte Asylpolitik der griechischen Regierung. Die Flüchtlinge wollen nach Europa. Europa hat uns aber alleine gelassen, und sieht zu, wie die Rechte dieser Schutzsuchenden verletzt werden, wie sie zu Feinden gemacht machen. Und Europa nimmt dabei in Kauf, dass unsere Gesellschaft radikalisiert wird.« (Efi Latsoudi (RSA), UNHCR-Nansenpreisträgerin) Viele humanitäre Organisationen müssen ihre Aktivitäten, z.B. im Lager Moria, daher aus Sicherheitsgründen einstellen. Schutzsuchende sind damit immer mehr auf sich alleine gestellt. Unsere 15 Kolleg*innen in der Region wehren sich nicht nur erfolgreich juristisch gegen Bedrohungen, sie arbeiten auch in dieser dramatischen Situation – unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen – weiter…“ Meldung vom 10.03.2020 mit Spendenaufruf - „Mitleid statt Menschenrechte“ (medico international): Große Koalition will Flüchtlingskinder aufnehmen
„Besonders schutzbedürftige Minderjährige sollen aus den überfüllten Lagern in Griechenland nach Deutschland geholt werden. Andere EU-Staaten sollen sich anschließen. Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben sich auf die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Kindern und Jugendlichen aus den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland geeinigt. Deutschland sei bereit, im Rahmen einer sogenannten Koalition der Willigen auf europäischer Ebene „einen angemessenen Anteil“ zu übernehmen, heißt es in einem Beschluss des schwarz-roten Koalitionsausschusses vom frühen Montagmorgen. „Deswegen wollen wir Griechenland bei der schwierigen humanitären Lage von etwa 1.000 bis 1.500 Kindern auf den griechischen Inseln unterstützen“, heißt es in dem Papier. Es handele sich dabei um Kinder, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt sind, die meisten davon Mädchen. Zudem sicherte der Koalitionsausschuss Griechenland seine „Unterstützung und Solidarität“ beim Schutz der EU-Außengrenze zu – ebenso wie bei der Unterbringung und Versorgung der in Griechenland ankommenden Flüchtlinge…“ Agenturmeldung vom 9. März 2020 bei der Zeit online- Wir schließen uns der Bewertung von medico international (am 9.3.20 bei Twitter ): „Mitleid statt Menschenrechte. Die Aufnahme von Kindern aus den Lagern in #Griechenland ist mehr als überfällig – aber vollkommen unzureichend angesichts der anhaltend unmenschlichen und gefährlichen Lage in den Camps auf #Lesbos u.a.“ Siehe auch:
- Beschämender Minimalkonsens
„Die große Koalition will einige Not leidende Flüchtlingskinder nach Deutschland holen. Das ist gut, als Nachweis einer humanen Politik aber längst nicht ausreichend…“ Kommentar von Katharina Schuler vom 9. März 2020 ebenfalls bei der Zeit online
- [BumF] Flüchtlingsaufnahme statt Tränengas, Push-Backs und Abschottung
„Nachdem die türkischen Grenzbehörden Schutzsuchende nicht mehr am Grenzübertritt hindern und Geflüchtete zum politischen Spielball gemacht werden, gehen die griechischen Grenzbehörden brutal vor. Tränengas und Gummigeschosse werden eingesetzt und geflüchtete Frauen, Männer und Kinder illegal in die Türkei zurückgeschoben. Diese rechtswidrigen Push-Backs treffen auch Minderjährige. Das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen ist derzeit kaum absehbar. Berichte über tödliche Schüsse und das abdrängen von Booten kursieren. Um die flüchtenden Menschen zu schützen, muss dringend gehandelt werden. Illegale Push-Backs müssen umgehend beendet werden. Schutzsuchende müssen auf das griechische Festland gebracht werden. Dort müssen sie menschenwürdig untergebracht und schnellstmöglich in andere EU-Mitgliedstaaten verteilt werden. Seit Monaten blockiert das Bundesinnenministerium jedoch die Aufnahme von Schutzsuchende aus Griechenland. Dabei fordern Kinderrechts- und Flüchtlingsorganisationen angesichts der katastrophalen Lage für Kinder und Jugendliche in den Horror-Lagern auf den griechischen Inseln seit längerem unbegleitete Minderjährige aus Griechenland aufzunehmen. Zahlreiche Kommunen, Bundesländer, Einzelpersonen und Jugendhilfeträger sagen: „#WirHabenPlatz!“ und sind bereit Minderjährige aufzunehmen. (…) Der BumF fordert die Abgeordneten aller Fraktionen auf, für eine Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus Griechenland zu stimmen…“ BumF-Appell vom 04.03.2020 – stellvertretend für viele- Darin Update: „Der Bundestag hat 5.3.2020 gegen eine sofortige Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus Griechenland entschieden. Ein Antrag der Grünen bekam lediglich 117 Ja-Stimmen, 495 Abgeordnete sprachen sich dagegen aus, bei fünf Enthaltungen. Auch die SPD stimmte unter Verweis auf die Koalitionsräson dagegen, obwohl etliche SPD-Abgeordneten inhaltlich für eine Aufnahme sind. Sowohl von Union und SPD wurde darauf verwiesen, dass an einer europäische Lösung gearbeitet werde.“
- PRO ASYL fordert Evakuierung aller Flüchtlinge von den griechischen Inseln und die sofortige Aufnahme Schutzsuchender in Deutschland und anderen EU-Staaten
„PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt warnt eindringlich vor einer »Komplettauflösung rechtstaatlicher Verhältnisse an der griechischen Land- und Seegrenze«. An der griechisch-türkischen Landgrenze werden Geflüchtete mit Tränengas und Blendgranaten abgewehrt. Polizei, Militär und Bürgerwehren machen die EU-Außengrenze dicht, tausende Schutzsuchende werden gewaltsam zurückgewiesen. Auf Lesbos und Chios werden Schutzsuchende, NGO-Mitarbeiter*innen und Journalist*innen von faschistischen Gruppen tätlich angegriffen. Organisationen verlassen die Inseln, weil sie nicht mehr für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter*innen garantieren können. Es gab Brandanschläge auf ein vom UNHCR betriebenes, leerstehendes Aufnahmezentrum auf Lesbos und ein Kleiderdepot einer Hilfsorganisation auf Chios. Die griechischen Behörden stellen weder die Sicherheit von Schutzsuchenden noch von ihren Unterstützer*innen sicher. (…) Griechenland ist zur Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) verpflichtet. Wie das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR in einer Pressemeldung feststellt, sieht diese eine wie von Griechenland angekündigte Aussetzung von Asylanträgen nicht vor. Direkte Rückführungen in die Türkei oder Herkunftsländer würden auch gegen das Non-Refoulement Gebot des Art. 33 GFK verstoßen. Art. 31 GFK sieht zudem vor, dass Flüchtlinge nicht wegen einer illegalen Einreise kriminalisiert werden sollen. Denn oft stehen fliehenden Menschen eben keine legalen Einreisewege zur Verfügung. Trotzdem wurden gerade erst 17 Afghanen in Griechenland wegen illegalem Grenzübertritt zur dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Kontrolle von Grenzen immer unter Achtung der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)...“ Pressemitteilung vom 04.03.2020 – siehe zum Hintergrund:- Die Gemeinsamkeit der aktuellen Entwicklung in Griechenland, der Türkei und Syrien ist die Mobilisierung der extremsten Reaktion – worauf die EU reagiert. Mit Unterstützung
Unsere ausführliche aktuelle Materialsammlung vom 04. März 2020
- Die Gemeinsamkeit der aktuellen Entwicklung in Griechenland, der Türkei und Syrien ist die Mobilisierung der extremsten Reaktion – worauf die EU reagiert. Mit Unterstützung
- PRO ASYL zum Integrationsgipfel: Deutschland muss die Weichen zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen stellen
„Anlässlich des heutigen Integrationsgipfels im Kanzleramt fordert PRO ASYL, dass sich Deutschland auf die weitere Aufnahme von Schutzsuchenden einstellt, Integrationsmaßnahmen plant und Flüchtlinge aus Griechenland aufnimmt. Wir können und wir sollten eine erhebliche Zahl von Geflüchteten aufnehmen, die heute in Elendslagern auf den griechischen Inseln und an anderen Orten der europäischen Außengrenze verzweifeln – nicht zuletzt unbegleitete Minderjährige und Familienangehörige von in Deutschland lebenden Angehörigen. Es ist ein Irrtum, zu denken, dass man gegenüber Flüchtlingen die Grenzen schließt, rassistischen Stimmen nachgibt, eine Gesetzesverschärfung nach der anderen auf den Weg bringt und gleichzeitig Hochqualifizierte mit offenen Armen empfangen kann. (…) Heute stehen in den Kommunen viele Flüchtlingsunterkünfte leer, andere könnten kurzfristig reaktiviert werden. Es gibt hinreichend Ressourcen, Kapazitäten und Kompetenzen in Deutschland, um weitere Flüchtlinge aufzunehmen und unserer internationalen Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nachzukommen.“ Pressemitteilung vom 2.03.2020 – siehe zum Hintergrund:- Erdogan will sein Besatzungsregime in Nordsyrien weiterführen und bekommt dafür NATO-Unterstützung – während die EU Polizei, Militär und Faschisten gegen Flüchtlinge mobilisiert
„Die griechische Regierung erklärt die offizielle Suspendierung des Grundrechts auf Asyl, beginnend ab heute Sonntag, dem 01.03.2020, zunächst für einen Monat. Faktisch war die Suspendierung des Grundrechts auf Asyl seit langem per brutalem Push-Back zu Lande und zu Wasser dort umgesetzt, wo es die lokalen Verhältnisse erlaubten. Jetzt erfolgt hingegen ein regierungsoffizieller Bruch der Garantie von Grundrechten mit anzunehmender Unterstützung der EU. Nach den gestrigen Ankündigungen der EU-Kommission, dass dem griechischen Grenzschutz sofortige Frontex-Unterstützung gewährt wird – und nicht den Geflüchteten in Kälte! – , wurde deutlich, dass die Linie der griechischen Regierung von der EU geleitet wird“ – aus der Meldung „EU-Staat Griechenland suspendiert Grundrecht auf Asyl“ am 01. März 2020 bei FFM-Online , die die Zusammenarbeit von EU und griechischer Rechtsregierung gegen die Flüchtlinge (und „selbstverständlich“ nicht gegen Erdogan und sein Regime) knapp und deutlich zusammenfasst. Zu Erdogans Krieg in Syrien und dem EU-Krieg an der griechischen Grenze eine aktuelle Materialsammlung vom 02. März 2020 - und am 3.3.: Schluss mit dem Krieg gegen Flüchtlinge an Europas Grenzen, Schluss mit den faschistischen Pogromen gegen Flüchtlinge, Schluss mit dem schmutzige Deal der EU mit der Türkei – für offene Grenzen!
- Erdogan will sein Besatzungsregime in Nordsyrien weiterführen und bekommt dafür NATO-Unterstützung – während die EU Polizei, Militär und Faschisten gegen Flüchtlinge mobilisiert
- Humanitäre Krise in Griechenland: Flüchtlingsaufnahme jetzt!
„Deutschland will den Deal mit Erdogan um jeden menschlichen Preis in der Ägäis durchsetzen. Vor allem deshalb sitzen zehntausende Flüchtlinge unter unerträglichen Bedingungen dort fest. Die Familienzusammenführung im Rahmen der Dublin-Verordnung wird hierzulande derweil oft blockiert. PRO ASYL und seine griechische Projektpartner*innen Refugee Support Aegean (RSA) sehen eine Mitverantwortung Deutschlands für die katastrophale Situation auf den griechischen Ägäis-Inseln und fordern die Aufnahme Geflüchteter nach Deutschland. Im fünften Jahr des EU-Türkei-Deals harren Zehntausende unter menschenunwürdigen Bedingungen auf den griechischen Inseln aus. Die Kapazitäten sind bei weitem erschöpft; die Gesundheitsversorgung ist desolat. Ein Drittel (33%) der derzeit rund 41.000 Geflüchteten auf den Inseln sind Kinder und Jugendliche. Knapp 15% sind komplett auf sich allein gestellt. Viele von ihnen leben schutzlos, sind Gewalt ausgesetzt und leiden psychisch unter den desolaten Bedingungen. Diese Situation verletzt in einem massiven, teils lebensbedrohlichen Ausmaß die Rechte der Kinder und Jugendlichen. Rund zwanzig zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich diesbezüglich in einem offenen Brief an den griechischen Premierminister gewendet – PRO ASYL und RSA schließen sich dem Brief an. Die zügige kindergerechte Unterbringung und Versorgung auf dem Festland muss endlich Priorität haben…“ Pro Asyl-Meldung vom 28.02.2020 , siehe ebd. Die Katastrophe von Idlib, Erdogans Drohung und die humanitäre Krise in Griechenland: PRO ASYL und Refugee Support Aegean fordern Flüchtlingsaufnahme jetzt! Pressemitteilung vom 28.02.2020 - Ausschreitungen zwischen Einwohnern und Polizei auf Lesbos und Chios gegen den Bau geschlossener Aufnahmelager für Asylsuchende und Immigranten
- Griechische Inseln: Die Schande Europas und kein Ende. Flüchtlinge und lokale Bevölkerung protestieren gegen die Errichtung geschlossener Flüchtlingslager auf den Inseln
„„Wir müssen die sofortige und endgültige Schließung aller Hotspots durchsetzen, wo immer sie sich befinden. Denn sie sind die Schande Europas“, schreibt Jean Ziegler, Berater im UN-Menschenrechtsausschuss in seinem kürzlich erschienen Buch „Die Schande Europas“. Grundlage des Buches war unsere gemeinsame Reise nach Lesbos im Mai vergangenen Jahres. Schon damals war das Lager bei Moria – ein so genannter Hotspot – hoffnungslos überfüllt. Man konnte sich kaum vorstellen, dass sich die Situation noch weiter verschlimmert. Doch genau das ist passiert. 20.000 Menschen leben inzwischen in dem für weniger als 3.000 Flüchtlinge ausgelegten Durchgangslager, viele davon über Monate oder gar Jahre. Unversorgte Krankheiten, Gewalt und Hunger gehören zum Alltag. Frauen haben Angst, auf dem Weg zur Toilette vergewaltigt zu werden, Kinder denken in ihrer Verzweiflung über Selbsttötung nach. Anstatt den Menschen zu helfen, sie an sichere Orte zu bringen und die Verantwortung für die Ankommenden auf mehrere Schultern innerhalb der EU zu verteilen, sollen nun geschlossene Lager auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Kos und Leros errichtet werden. In der Nacht auf Dienstag brachte eine Fähre Baumaschinen und Materialien für die Errichtung eines solchen Lagers nach Chios. Auf Lesbos kamen in derselben Nacht hundert Bereitschaftspolizist_innen und Polizeifahrzeuge aus Athen an, um die Errichtung des neuen geschlossenen Lagers abzusichern, das den Hotspot Moria ersetzen soll. Die Regierung in Athen weiß offenbar, dass sich die Lagerpläne für die Inseln nur maximal autoritär gegen den Willen der Menschen vor Ort durchsetzen lassen. Sowohl auf Chios als auch auf Lesbos war die Polizei mit dem massiven Widerstand von Flüchtlingen und lokaler Bevölkerung konfrontiert. Sie setzte Tränengas ein, um Blockaden zu durchbrechen. Die Menschen lassen sich aber nicht von weiteren Protesten abhalten, denn sie ahnen: Ein seit langem schon unerträglicher Ausnahmezustand soll zu einem Dauerzustand gemacht werden. In den Sonderrechtszonen auf den griechischen Inseln sollen die Elenden der Welt, die die EU nicht bereits vor ihren Grenzen stoppen konnte, langfristig geparkt werden. Dagegen wehren sich die Menschen auf den griechischen Inseln nun aus unterschiedlichen Beweggründen mit aller Kraft. (…)Auch wenn sich im Protest gegen die geschlossenen Lager derzeit fast alle einig scheinen, ist davon auszugehen, dass sich auch rassistisch motivierte Inselbewohner_innen an den Blockaden beteiligen. Wie ich nach einem Besuch auf Lesbos 2017 dokumentiert habe, laufen gerade die Flüchtlinge, die gegen ihre Lebensbedingungen protestieren, immer wieder Gefahr, Opfer rassistischer Übergriffe zu werden. Der rassistische Protest zielt darauf, sich der Flüchtlinge zu entledigen, egal wie. Der Protest von Inselbewohner_innen wie Koveou macht es sich nicht so einfach: „Die Lösung ist nicht, ein weiteres Lager auf Lesbos zu errichten. Die Lösung sind auch nicht Lager auf dem Festland. Denn dann bekommen wir nur weitere Morias.“ Sie weiß, dass nicht die Flüchtlinge, sondern politische Entscheidungen auf EU-Ebene für die Lage verantwortlich sind: „Europa hat uns in diese Situation gebracht mit dem berühmten EU-Türkei-Deal . Wir müssen jetzt alle zusammenstehen, um das zu stoppen. Zuerst für die Flüchtlinge selbst und dann aber auch für die lokale Bevölkerung.“…“ Gastbeitrag von Ramona Lenz vom 27. Februar 2020 bei medico international - Protest gegen neues Flüchtlingslager: Rebellion auf Lesbos
„Straßenschlachten, Schüsse und Verletzte: Auf der griechischen Insel Lesbos sind Bürgerproteste gegen ein neues Flüchtlingslager eskaliert. Die Pläne der Regierung stehen nun infrage. (…) Die Szene ist der Höhepunkt eines Tages der Gewalt auf Lesbos, der die griechische Regierung noch lange beschäftigen wird. Schon lange nicht mehr haben protestierende Griechen, darunter linke, rechte und bürgerliche, die Staatsmacht so herausgefordert wie an diesem Tag. Zeitweise verlor die Polizei die Kontrolle, die Wut der Inselbewohner brach sich Bahn – mit nur einem Ziel: Den Mächtigen in Athen zeigen, dass die Menschen auf Lesbos nichts von ihrer Flüchtlingspolitik halten. Die Pläne der Regierung stehen nun mehr denn je in Frage. Begonnen hatte der Protest am Mittwochmorgen friedlich. In Mytileni, der Hauptstadt der Insel, blieben die Geschäfte geschlossen, nachdem die Einheimischen zu einem Generalstreik aufgerufen hatten. Doch rund um die Felder und Waldgebiete im Norden der Insel, wo das geschlossene Camp entstehen soll, blockieren Demonstranten die Zufahrtswege mit Autoreifen. Sie fällen Bäume und schichten Steine auf. „Es wird hier kein Lager geben. Wir wollen es nicht, wir werden es nicht erlauben“, sagt ein 55 Jahre alter Mann. Stundenlang liefern sich die Demonstranten und Polizisten Straßenschlachten. Zwei Beamte werden angeschossen. Auf Lesbos und Chios, einer weiteren Ägäis-Insel, stürmen Hunderte Griechen jeweils ein Hotel, in dem Polizisten untergebracht sind. Der Mob verprügelt die Beamten. Die griechische Polizei beantwortet die Wut der Inselbewohner ihrerseits mit Gewalt. Während die Beamten durch die Straßen marschieren, schlagen sie auf parkende Autos und Motorräder ein. Polizisten schreien friedliche Demonstranten und Journalisten an, beleidigen und schubsen sie. (…) Unter den Protestierenden sind an diesem Tag junge und alte Menschen, Bauern und Radikale. Sie alle halten nichts von dem neuen geschlossenen Lager, allerdings aus unterschiedlichen Gründen (…) Offenbar hat das auch Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis verstanden. Er will die Einheiten der Bereitschaftspolizei wieder abziehen. Zudem trifft er sich am Donnerstag mit den Bürgermeistern der Ägäis-Inseln, auf denen Lager entstehen sollen. Die wütenden Anwohner von Lesbos wollen allerdings weiter protestieren, bis die Regierung die geschlossenen Camps aufgibt. „Bis dahin werde ich jeden Tag hier sein“, sagt einer der Demonstranten am Abend. Was das bedeuten kann, hat die Regierung am Mittwoch erfahren. 43 Polizisten und zehn Demonstranten wurden allein auf Lesbos verletzt. Die Frage ist nun, wer als erster einlenkt.“ Artikel von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 27.02.2020 beim Spiegel online
- Griechische Inseln: Die Schande Europas und kein Ende. Flüchtlinge und lokale Bevölkerung protestieren gegen die Errichtung geschlossener Flüchtlingslager auf den Inseln
- „Zustände auf Lesbos für Europa nicht tragbar“. Delegation aus Land, Kommune, Kirche und der Bewegung SEEBRÜCKE will in Griechenland Zeichen für Humanität setzen
„Die Situation im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos wird für die dort ausharrenden Menschen immer unerträglicher. In Lagern, die für 3.000 Menschen angelegt sind, sind derzeit mehr als 20.000 Flüchtlinge untergebracht. Seit Monaten gibt es vor Ort zum Teil heftige Proteste gegen die Zustände. Sämtliche Initiativen, wenigstens Familien oder Schutzbedürftige anderweitig unterzubringen oder ausreisen zu lassen, sind bislang gescheitert. Demgegenüber stehen in Deutschland tausende Plätze in aufnahmebereiten Kommunen und Städten bereit, die nicht genutzt werden können. Vom 27. bis 29. Februar reist nun eine Delegation aus Land, Kommune und Kirche nach Griechenland, um den Menschen dort ihre Solidarität auszudrücken und sich selbst einen Eindruck von der Situation vor Ort zu verschaffen. Teilnehmen werden der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Martin Dutzmann, der Staatssekretär für Integration des Berliner Senats, Daniel Tietze, der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam, Mike Schubert, der Erste Bürgermeister der Stadt Rottenburg, Thomas Weigel, sowie Liza Pflaum, Vertreterin der Organisation SEEBRÜCKE. Am 27. Februar trifft sich die Delegation in Athen mit Vertretern von Hilfsorganisationen und besucht ein Lager für unbegleitete Kinder. Am 28. Februar sind die Delegationsteilnehmer auf Lesbos und besuchen Moria einschließlich der Lagerteile außerhalb des offiziellen Geländes. Geplant ist außerdem ein Treffen mit dem Bürgermeister von Lesbos, Spyros Galinos…“ EKD-Pressemeldung von Carsten Splitt vom 25. Februar 2020 bei den Finanznachrichten - Bürger auf Lesbos und Chios setzen sich zur Wehr
„In dieser Nacht (24./25.2.) fanden auf den Inseln im Osten der Ägäis Lesbos und Chios Auseinandersetzungen zwischen aufgebrachten Bürgern und der Polizei statt. Die Demonstranten wollen den Bau geschlossener Aufnahmelager für Asylsuchende und Immigranten verhindern. Die Polizei setzte u. a. Tränengas ein. Auf den Inseln Lesbos und Chios verschärfen sich die Proteste gegen geschlossene Flüchtlingslager. In der Nacht von Montag auf Dienstag sandte die Regierung Einheiten der Bereitschaftspolizei MAT auf die beiden Inseln im Süden der Ägäis. Auf Lesbos verbarrikadierten Angestellte der Kommune den Ausgang des Hafens mit Fahrzeugen der Müllabfuhr, um die Ordnungshüter am Betreten des Eilands zu hindern. Es kam zu Handgreiflichkeiten. Fortgesetzt wurden die Scharmützel im Westen der Insel. An den Protesten beteiligten sich auch der Gouverneur der Nordägäis Kostas Moutzouris sowie der Bürgermeister von Westlesbos Taxiarchis Verros. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die geschlossenen Aufnahmelager für Flüchtlinge und Asylsuchende will die Regierung in einem unbewohnten Gebiet in der Nähe der Ortschaft Mantamados errichten. Dafür wurden bereits Grundstücke und Gebäude beschlagnahmt. Während Regierungssprecher Stelios Petsas davon spricht, dass sich die Lage der Flüchtlinge und Asylsuchenden durch die neuen Auffanglager entspannen werde, kritisieren die Einheimischen, dass es sich um „Gefängnisse“ auf ihrer Insel handle. (…) Mitglieder der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND), die vor Ort organisiert sind, haben bereits Parteiaustritte angekündigt. Das Arbeiterzentrum von Mytilini hat für Dienstag zu einem 24-stündigen Streik aufgerufen. Gouverneur Moutzouris sprach von einem Tag, für den man sich „schämen“ müsse. Wie auf Lesbos so kam es auch auf der Nachbarinsel Chios zu Auseinandersetzungen zwischen aufgebrachten Bürgern und der Polizei. Den Regierungsplänen zufolge soll in der Nähe der Nationalstraße zwischen Vrotados und Volissos ein Auffanglager geschlossenen Typs für Asylsuchende entstehen. Auch hier sahen sich die Ordnungshüter in der Nacht von Montag auf Dienstag dazu veranlasst, Tränengas einzusetzen. Nach Ansicht von Demonstranten sei diese Gewaltanwendung völlig überzogen gewesen…“ Artikel von Elisa Hübel vom 25. Februar 2020 bei der Griechenland-Zeitung , siehe auch:- Griechenland: Ausschreitungen zwischen Einwohnern und Polizei auf Lesbos
„Auf der griechischen Insel Lesbos ist es am Dienstag zu Ausschreitungen zwischen Anwohnern und der Polizei gekommen. Grund ist offenbar der geplante Bau einer neuen Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.“ Video vom 25. Februar 2020 bei web.de
- Griechenland: Ausschreitungen zwischen Einwohnern und Polizei auf Lesbos
- [Reportage] „Einmal den Louvre besuchen…“ Hasan zeigt das Leben in griechischen Flüchtlingslagern
„Tausende Geflüchtete harren in Griechenland in überfüllten und unhygienischen Lagern in winteruntauglichen Unterkünften aus. Darunter auch Hasan, der Archäologiestudent aus Mossul. Er hat MiGAZIN durch die Lager geführt. (…) Die Menschen suchen den Kontakt nach draußen, zu Fremden. Sie sind hungrig nach Neuigkeiten, sie wünschen sich Anteilnahme, Mitgefühl. Eine Gruppe afghanischer Kinder, Frauen und Männer, wollen, dass ich sie fotografiere. Sie fragen mich, was ich fühle, angesichts dieser Zustände. Mir verschlägt es die Sprache, Scham und Hilflosigkeit beschleichen mich. Was wird aus den vielen Kindern, mit welchen Bildern und Erfahrungen wachsen sie auf, wo endet diese Odyssee – ohne greifbares Ziel, wo finden sie eine neue, menschenwürdige Bleibe? Und wenn ich nach ihren Gefühlen frage, dann antworten sie, dass für sie das Lager zur Falle geworden ist, in der sie gefangen sind unter inhumanen Lebensverhältnissen. Ihr Ziel war ein besseres Leben ohne Krieg, Gewalt und Not. Sie wollen weiter auf das griechische Festland, nach Athen. Ihre Hoffnungen richten sie auf um Europa, Deutschland, England. (…) Mit der täglich wachsenden Zahl von Flüchtlingen, der Kälte, der fehlenden Gesundheitsversorgung wächst die Not und Verzweiflung. In diesen Wintermonaten sind die Nächte Stunden der Kälte und der Angst. Hasan spricht von afghanischen Gangs, die Streit provozieren, Diebstähle begehen. Allein in den letzten Wochen hat es drei Tote gegeben. Ich verlasse das Lager mit Bildern und Begegnungen, die mich verstören. Am Tag nach unserer Begegnung schickt mir Hasan ein Handyvideo. Es sind Live-Aufnahmen von einer morgendlichen Demonstration. Wieder hat es in der vergangen Nacht einen Todesfall gegeben. Ein Sudanese wurde, wie Hasan sagt, im Streit vermutlich von einer afghanischen Gang erstochen. Wieder Proteste, Sprechchöre, Versammlungen der Verzweiflung entlang des Lagerzaunes. Für eine Öffentlichkeit, die nicht mehr hinsehen will oder schon gar nicht mehr existiert. (…)Fast 25.000 Flüchtlinge leben inzwischen auf Lesbos, zusammen mit den Inseln Samos, Chios oder Kos sollen es 40.000 sein. Eine Entwicklung ohne Perspektive, die den Alltag der Inselbewohner überfordert. Sie fühlen sich im Stich gelassen, von Europa, von der griechischen Zentralregierung. Mit Demonstrationen in den letzten Januartagen haben sie das laut zur Sprache gebracht. Ihre Parole: Wir wollen unser altes Leben wieder zurückhaben. Die Politik unter dem neuen griechischen Premier Mitsotakis wird die Not der Menschen populistisch zu nutzen versuchen. Er spricht von Auflösung der Lager und dem Transport der Flüchtlinge auf das Festland. Doch das Wie und Wann bleibt nebulös. Inzwischen setzt sich die Flucht fort, wie mir eine Sozialpädagogin aus Stuttgart erzählte. Sie ist seit Oktober hier und hält Nachwache am Meeresufer. Denn wenn das Meer ruhig wird, kommen wieder jede Woche Hunderte aus der Türkei. Unter ihnen Flüchtlinge, die vor den Bomben Assads und Putins, vor dem Krieg in Nordsyrien fliehen. Oder es kommen diejenigen, die eine Abschiebung aus der Türkei nach Syrien befürchten. Der Tod bei der Überfahrt im Meer oder das Elend in den griechischen Flüchtlingslagern schreckt sie nicht – denn es ist wenigstens eine Hoffnung. Trotz der Bilder und Berichte, die uns in den letzten Tagen vermehrt erreichen, zeichnet sich keine Lösung ab…“ Lesenswerte Reportage von Jochen Menzel vom 07.02.2020 beim Migazin - SEEBRÜCKE-Aktionstag am 08.02.2020: #WirHabenPlatz – minderjährige Geflüchtete evakuieren!
- Flüchtlingsproteste in der Ägäis: Aufstand auf Lesbos
„… Zwei Tage in Folge haben Flüchtlinge auf Lesbos gegen die griechische Asylpolitik demonstriert. Die harte neue Politik der Regierung sorgt für Unmut. „Leute von Lesbos, es tut uns leid“, rufen die geflüchteten Frauen und Männer. „Freiheit! Freiheit!“ Im Halbkreis stehen sie am Dienstagvormittag auf einem Platz in Mytilini, der Hauptstadt von Lesbos, und machen ihrem Ärger Luft. So zeigen es Videos lokaler Medien. „Stoppt die Abschiebungen“, steht unter anderem auf den Plakaten der Flüchtlinge. Sie beschweren sich über die griechische Asylpolitik, die sie seit Monaten oder Jahren auf der kleinen Insel in der Ägäis gefangen hält. Wenige Stunden später kommt es zu Reibereien mit der Polizei. Doch die greift am Dienstag nicht so brutal ein wie am Montag. Da waren mit 2000 Flüchtlingen und Migranten noch deutlich mehr Menschen aus dem Flüchtlingslager in Moria Richtung Hauptstadt aufgebrochen. Das griechische Fernsehen zeigte Luftaufnahmen. Zu sehen waren Menschentrecks, die über Felder Richtung Mytilini zogen. Der Protestzug endete in Gewalt. Die Polizisten versuchten, die Demonstranten aufzuhalten, schossen mit Tränengas. Auf Fotos ist zu sehen, wie Kinder versuchen, dem Tränengas zu entkommen. Verwundete Asylsuchende wurden von anderen Demonstranten abtransportiert. Junge Männer, wohl ebenfalls Geflüchtete, warfen Steine auf die Polizisten. 40 Menschen wurden festgenommen…“ Artikel von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 04.02.2020 bei Speigel online , siehe weitere Berichte, Fotos und Videos hierzu (Übrigens: Die immer wieder und nun erneut aktuelle Überschrift von unserem Dossier „Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren“ ist aus dem Jahr 2016…):- Griechische Polizei will Flüchtlinge von Demonstration abhalten
„Bei einer Demonstration gegen die Verschärfung des Asylrechts in Griechenland ist die Polizei auf der Insel Lesbos mit Tränengas gegen Flüchtlinge vorgegangen. Zwei Sondereinheiten der Polizei blockierten den Weg für die Demonstranten, nachdem diese eine Strecke von rund sieben Kilometern vom Flüchtlingslager Moria bis zum Hafen der Inselhauptstadt Mytilini zurückgelegt hatten, wie es aus Polizeikreisen hiess. Laut einer AFP-Reporterin gelang es trotzdem hunderten Menschen, den Hafen zu erreichen, um dort zu demonstrieren. Rund 2000 Menschen forderten bei der Demonstration die Bearbeitung ihrer Asylanträge und protestierten gegen die unmenschlichen Bedingungen im überfüllten Lager Moria. Sie hielten unter anderem Plakate mit der Aufschrift «Freiheit» hoch.“..“ Agentur-Bericht vom 3.2.2020 bei nau.ch - Fotos und Videos bei Twitter:
- Ein Kennzeichen des Faschismus: Das Bündnis aus Mob und Elite
- Both present right wing New Democracy govt & previous SYRIZA one have turned islands of the Aegean into a living hell
- Grèce: manifestation de plusieurs milliers réfugié.e.s contre le durcissement du droit d’asile (mit Video von rfi)
- Massive Proteste der Insassen von Moria (Fotos)
- Griechische Polizei will Flüchtlinge von Demonstration abhalten
- Warum die Slums von Lesbos die „Schande Europas“ sind – Jean Ziegler erhebt schwere Vorwürfe gegen die EU
„Die Küste von Lesbos. Touristenhochburg und: Fanal. Gerade stranden hier hunderte Menschen jede Woche – der Preis der Überfahrt: nicht selten das Leben. (…) „Ich bin nicht hier, um über das Drama zu informieren“, sagt der griechische Fotograf Georgios Moutafis. „Die Öffentlichkeit weiß alles. Durch das Internet, das Fernsehen und die Armee an Reportern, die berichten. Ich bin hier um die Menschen zu erinnern – und um ihre Gefühle wieder zu wecken.“ Giorgos Moutafis hat auch die große Flucht 2015 dokumentiert. Sein Großvater war geflüchtet. Er kennt die Länder, aus denen die Menschen kommen, durch seine Arbeit als Kriegsfotograf. (…) „Für die Rüstungsindustriellen (…) ist der Kampf gegen Flüchtlinge (…) viel profitabler als jeder gegenwärtig wütende Krieg in Syrien, Darfur oder Jemen“. Das schreibt Jean Ziegler in „Die Schande Europas“. Der frühere UN-Sonderberichterstatter erhebt schwere Vorwürfe gegen die EU. Für ihn steht fest: An dieser Grenze werden permanent Menschenrechte verletzt. „Und das geschieht mitten in Europa“, so Ziegler, „angeordnet von der Europäischen Union, die die Flüchtlinge wie Feinde behandelt, sie daran hindern will auf das Europäische Festland zu kommen und damit verweigern, zerstören die Betonköpfe in Brüssel – die Europäische Union – das universelle Menschenrecht auf Asyl.“ Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – unterzeichnet von 193 UNO-Mitgliedsstaaten. (…) Das, was hier passiert, zerstöre das moralische Fundament Europas. Jean Ziegler fordert eine Rückkehr zu den Grundwerten unserer Kultur. Vier bis fünf Stunden stehen sie in Moria oft Schlange für ihr Essen, meist holen es die Männer für die ganze Familie. Die EU arbeitet derzeit an einem neuen Migrationspakt. Im Frühjahr soll er vorgestellt werden. Ziegler sagt: „Ich erhoffe mir wenig. Denn grundsätzlich hat die EU ihre Strategie ja nicht geändert. Sie will den rassistischen Bewegungen innerhalb der EU entgegenkommen, indem sie die Zahl der Flüchtlinge herunterfährt.“ Für Giorgos Moutafis ist das, was hier in Moria passiert, das fatale Ergebnis fehlender Solidarität und Menschlichkeit. „Ich sehe hier vor Ort keine Lösung“, sagt er. „Die einzig mögliche Lösung ist es, den Geflüchteten zu genehmigen, auf das Festland weiterzureisen, ihnen die Papiere zu geben, die sie brauchen und sie fair über die EU Staaten zu verteilen. So schnell wie möglich.“ Mit seinen Fotos, sagt Giorgos Moutafis, wolle er unserer Gesellschaft ihre Fehler vor Augen führen. Und sie mache viele Fehler.“ Bericht von Katja Deiß vom 26. Januar 2020 bei titel thesen temperamente ARD (Videolänge: ca. 9 Min., verfügbar bis zum 26. Januar 2021) - Albtraum Moria
„Während Deutschland und Europa den Deal mit dem autoritären Präsidenten Erdogan im wahrsten Sinne des Wortes um jeden Preis erhalten wollen, erinnern wir mit unserer Partnerorganisation RSA an die menschenverachtenden Auswirkungen des Deals in Griechenland. Der Bericht »Albtraum Moria« dokumentiert die Abgründe europäischer Flüchtlingspolitik. Auf Lesbos befinden sich derzeit über 21.000 Schutzsuchende. Nach Angaben des UNHCR stammt die Mehrheit von ihnen aus Afghanistan (70%), Syrien (13%), der Demokratischen Republik Kongo (4%) und Somalia (4%). Allesamt Herkunftsländer mit einer hohen Schutzquote. In und um den EU-Hotspot Moria harren 19.200 Schutzsuchende unter desaströsen Bedingungen aus. Mehr als 40% der Schutzsuchenden auf Lesbos sind Kinder. Diese Kinder sind schrecklichen Bedingungen, Unsicherheit und Gewalt ausgesetzt. Die »Sicherheitszone« innerhalb des Hotspots (mit einer Kapazität für 66 unbegleitete Minderjährige) ist völlig überfüllt. (…) RSA und PRO ASYL fordern ein groß angelegtes Flüchtlingsaufnahmeprogramm aus Griechenland: die Hotspots müssen geräumt werden, Schutzsuchende auf das griechische Festland gebracht werden. Dort müssen sie menschenwürdig untergebracht und schnellstmöglich in andere EU-Mitgliedstaaten überstellt werden. In Anbetracht der mittlerweile katastrophalen Unterbringungssituation auf dem Festland muss mit Unterstützung der EU alles Mögliche unternommen werden, um die Aufnahmebedingungen zu verbessern. RSA und PRO ASYL fordern die griechische Regierung auf, die Pläne zur Inhaftierung tausender Schutzsuchender zu verwerfen.“ Reportage vom 24.01.2020 bei Pro Asyl - Aufnahme von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus Griechenland jetzt umsetzen! Pro Asyl und andere Verbände kritisieren Blockade der Bundesregierung
„Im fünften Jahr des EU-Türkei-Deals harren zehntausende Menschen unter katastrophalen menschenunwürdigen Bedingungen auf den griechischen Inseln aus. Unter ihnen sind tausende Kinder und Jugendliche (ca. 14.000), sie machen mehr als ein Drittel der derzeit rund 41.000 Geflüchteten aus. Mehr als 60 Prozent der Kinder sind unter 12 Jahre alt. Knapp 15% aller Kinder und Jugendlichen (etwa 2.000) auf den griechischen Inseln flohen allein oder sind von ihren Familien getrennt und komplett auf sich allein gestellt. Viele von ihnen leben schutzlos in Zelten, auf der Straße oder sind unter dem Vorwand, es sei zu ihrem eigenen »Schutz«, sogar inhaftiert. Der Zugang zu Betreuung, Bildung und notwendiger (medizinischer) Versorgung bleibt vielfach verwehrt. Diese Situation verletzt in einem massiven, teils lebensbedrohlichen Ausmaß die Rechte der Kinder und Jugendlichen. Ein Großteil von ihnen hat Angehörige in Deutschland. PRO ASYL, die Landesflüchtlingsräte und BumF sind empört über die Blockade des Bundesinnenministeriums und fordern, die Aufnahme der Schutzsuchenden von den griechischen Inseln in Deutschland ohne weitere Verzögerung umsetzen. (…) Sieben Bundesländer und mindestens 15 Kommunen haben öffentlich Plätze für die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen von den griechischen Inseln angeboten. Die Aufnahmebereitschaft ist in Deutschland also weiterhin hoch. Wer jetzt die Aufnahme verweigert, trägt dazu bei, dass die Kinder- und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen immer weiter andauern. Kindeswohl und Kindesschutz enden aber nicht an der Landesgrenze. Es ist unsere humanitäre Pflicht, jetzt zu handeln. In Deutschland haben bundesweit zahlreiche Jugendhilfeeinrichtungen freie Plätze und können die schutzbedürftigen Kinder und Jugendlichen sofort betreuen. Eine Vielzahl der festsitzenden Flüchtlingskinder hat auch Angehörige, die bereits in Deutschland leben und hier im Asylverfahren sind. Ihre Aufnahme ist kein Gnadenakt sondern beruht auf einem Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung über die Dublin-Verordnung. Die Verfristung der Antragstellungen in Griechenland liegt auch an den katastrophalen Zuständen, die Europa mit dem EU-Türkei-Deal bewusst herbeigeführt hat. Die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen kann nur ein Anfang sein. Die sogenannten Hotspots müssen umgehend geschlossen werden. Wenn die Menschenrechte auch an den europäischen Außengrenzen gelten sollen, braucht es den Zugang zu einem Asylverfahren innerhalb der EU, und dieser ist im Schlamm und Morast der sogenannten »Hotspots« nicht möglich…“ Pressemitteilung vom 22. Januar 2020 bei Pro Asyl – Landesflüchtlingsräte, PRO ASYL und der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. (BumF) kritisieren Blockade der Bundesregierung, siehe dazu:- Boris Pistorius: Keine Chance für Aufnahme von Lesbos-Flüchtlingskindern
„Die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus griechischen Inseln ist vom Tisch. Das Bundesinnenministerium habe dem Vorstoß aus Niedersachsen eine Absage erteilt. Ein Alleingang sei nicht möglich. Menschenrechtler beklagen zunehmend desolate Zustände in den Lagern. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sieht derzeit keine Chance mehr, Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe seinem Vorschlag, zu diesem Zweck ein Sofortprogramm aufzulegen, eine Absage erteilt. Ein eigenes Landesaufnahmeprogramm sei rechtlich und faktisch nicht durchsetzbar und deshalb nicht beabsichtigt, sagte ein Sprecher von Pistorius am Dienstag dem „Evangelischen Pressedienst“. Alle dazu notwendigen Maßnahmen wie die Sicherheitsüberprüfungen und die Visa-Erteilungen erforderten eine Zustimmung des Bundesinnenministeriums, hieß es. Auch der Weg, die Kinder als Kontingentflüchtlinge aus humanitären Gründen nach Deutschland zu holen, bleibe verschlossen. Das sei nur aus Drittstaaten möglich, nicht jedoch aus EU-Ländern. Pistorius hatte nach einem Besuch auf Lesbos Ende Oktober vorgeschlagen, mehr als 1.000 Flüchtlingskinder unter 14 Jahren, die ohne Eltern in den Flüchtlingslagern gestrandet waren, nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu bringen…“ Meldung vom 22. Januar 2020 von und bei MiGAZIN
- Boris Pistorius: Keine Chance für Aufnahme von Lesbos-Flüchtlingskindern
- Ihr Kinderlein kommet: Minderjährige Flüchtlinge einlassen? Argumente sowie mögliche Gegenargumentationen
„Zu Weihnachten ist in Deutschland die Debatte entbrannt, ob man unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos holen soll. Dieser sehr konsensfähige, harmlose und im Geist der weihnachtlichen Besinnlichkeit stehende Vorschlag hatte heftige Reaktionen von ganz rechter, aber auch konservativer Seite zur Folge. Von CDU („keine Fehlanreize schaffen“) bis AfD herrscht in dieser Frage überraschende Einigkeit. Ich möchte hier die Strategie hinter den vier häufigsten Argumenten sowie mögliche Gegenargumentationen aufzeigen. Argument: „Das ist blanker Populismus“ (…) Ein mögliches Gegenargument: Es mag Populismus sein, das tut aber überhaupt nichts zur Sache, da das Leben von echten Kindern dahinter steht. (…) Argument: „Wir sind nicht das Weltsozialamt“ (…) Ein mögliches Gegenargument: Niemand hat ein Weltsozialamt gefordert. Das steht nicht zur Debatte und ist real auch gar nicht möglich. Es geht darum, 4.000 Kinder (oder 17.000 Menschen insgesamt) aus unerträglichen Zuständen zu helfen. Ganz konkret jetzt und hier. (…) Argument: „Das schafft Anreize, dann kommen immer mehr“ (…) Ein mögliches Gegenargument: Wer vor Hunger, Krieg, Seuchen und dem sicheren Tod flieht, lässt sich nicht durch vermeintliche Schreckensmeldungen aufhalten. Bevor mein Kind hier stirbt, versuche ich, es woanders hinzubringen – egal was jemand sagt. Zudem ist es mehr als zynisch, Menschen als Abschreckung gegen andere Menschen leiden zu lassen. (…) Argument: „Wir müssen zuerst den vielen armen Menschen bei uns helfen“ Die Strategie dahinter: Whataboutism und falsche Äquivalente. Wenn dir ein Thema unangnehm ist, dann wirf einfach ein anderes Thema dazu, so kannst du deinem Gegner argumentativ vorwerfen, sich gerade nicht dafür einzusetzen. (…) Weißt du, mit wem es nichts zu tun hat, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auf geht? Mit Flüchtlingen.“ Beitrag von Natascha Strobl vom 3. Januar 2020 bei moment.at - Griechenland drängt Deutschland zur Aufnahme von Lesbos-Flüchtlingen
„Seit einiger Zeit erreichen wieder mehr Migranten die Insel Lesbos. Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis will nun, das Deutschland Flüchtlinge von dort direkt aufnimmt. Er kritisiert das Dublin-Verfahren. (…) Die Idee von Dublin laute, dass „ein Teil der Asylantragsverfahren in anderen Ländern durchgeführt wird“. Der Ministerpräsident forderte eine Änderung des Dublin-Verfahrens: „Wir müssen einen europäischen Asyl- und Migrationspakt entwickeln, wie ihn die Kommission versprochen hat, und im Umgang mit diesem Problem benötigen wir mehr Lastenteilung.“ Der griechische Ministerpräsident sagte der Zeitung, dass sein Land die Grenzen seiner Kapazität erreiche. „Wir nehmen 400 bis 500 Menschen pro Tag auf.“ Er sieht zudem viele der Menschen, die in Griechenland derzeit auf den Inseln ankommen, nicht als asylberechtigt an: „Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass viele dieser Menschen, die zu uns kommen, keine Flüchtlinge sind. Sie sind Wirtschaftsmigranten.“ (…) Der griechische Ministerpräsident verteidigte sich gegen Kritik, dass die Lage in Lesbos und anderen griechischen Inseln für Flüchtlinge unzumutbar sei: „Wir machen viel, um mit diesem großen Problem umzugehen. … Leider ist sehr deutlich geworden, dass das Abkommen zwischen der EU und der Türkei – das fast zweieinhalb Jahre lang recht gut funktioniert hat – momentan von der Türkei nicht mehr eingehalten wird.“…“ Meldung vom 15.12.2019 bei der Welt online – wir erinnern in diesem Zusammenhang an unser Dossier: Griechische Migrationspolitik (mit Syriza) – und Nachfolgern - Griechenland: Seehofer lehnt Soforthilfe für minderjährige Flüchtlinge ab
„Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat einer Forderung seines niedersächsischen Amtskollegen Boris Pistorius (SPD) nach einem Sofortprogramm für minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern auf Lesbos gestrandet sind, eine Absage erteilt. „Derzeit liegen auf Bundesebene keine derartigen Planungen vor“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Dienstag dem „Evangelischen Pressedienst“. Nach den Plänen von Pistorius sollten über das Programm 1.000 Kinder und Jugendliche schnell nach Deutschland und möglicherweise auch in andere europäische Länder gebracht werden. „Ich werde unter meinen Amtskollegen und bei Bundesinnenminister Horst Seehofer dafür werben, dass eine Koalition der Willigen in Deutschland und Europa sich um diese Kinder kümmert“, hatte Pistorius Anfang November nach seiner Rückkehr von einer viertägigen Reise nach Athen und Lesbos gesagt. Die jungen Geflüchteten sollten über Sonderkontingente schneller aus Griechenland in andere europäische Länder gebracht werden, forderte der Minister. „Die Not vor Ort ist gerade jetzt mit dem bevorstehenden Winter zu groß, um das tatenlos mit anzusehen.“ Für die Kinder gebe es ohne Hilfe von außen kaum eine Perspektive. „Hunderte von ihnen leben in Zelten oder unter Plastikplanen unter furchtbaren Bedingungen.“…“ Meldung vom 27. November 2019 beim Migazin - Flüchtlinge auf griechischer Insel: „Wo ist die Menschlichkeit, über die in Europa gesprochen wird?“
„Das Flüchtlingscamp auf Leros galt lange als vorbildlich. Doch seit wieder mehr Migranten kommen, ist es damit vorbei: Hunderte leben in Zelten, ohne Strom und Wasser. Ein Fotografenteam zeigt die dramatischen Zustände. Es ist noch nicht lange her, da wurde das griechische Leros als „Insel mit Vorbildcharakter“ bezeichnet, als Modellprojekt, was die Versorgung von Flüchtlingen angeht. Zumindest war die Lage nicht so schlecht wie auf den Inseln Samos oder Lesbos. Doch die Situation hat sich stark verschlechtert. Der Flüchtlingszustrom aus der Türkei zu den Inseln der Ägäis hält unvermindert an. Allein auf den Inseln Lesbos, Chios und Samos seien binnen sieben Tagen 2793 Migranten angekommen, berichtete das griechische Staatsfernsehen (ERT) unter Berufung auf die Polizeidirektion der Region Nordägäis. Mittlerweile harren auf diesen drei Inseln sowie in den Registrierlagern und anderen Unterkünften der Inseln Leros und Kos insgesamt 39.161 Migranten aus, wie die für Migration zuständige Behörde mitteilte. Im April lebten dort nur 14.000 Migranten. Allein in dem Lager in Leros leben laut aktuellen Zahlen der griechischen Regierung vom November mittlerweile mehr als 2200 Menschen – mehr als doppelt so viele, wie das Camp fassen kann. Wer keinen Platz findet, lebt außerhalb des Camps, ohne Strom, Wasser und Sanitäranlagen; in Zelten am Strand oder in einem leer stehenden Gebäude, das früher zu einer psychiatrischen Klinik gehörte…“ Artikel von Maria Stöhr vom 25.11.2019 beim Spiegel online - Proteste gegen Flüchtlinge in Griechenland
„Die griechische Regierung will zehntausende Flüchtlinge auf das Festland umsiedeln, um die heillos überfüllten Insellager zu entlasten. Aber der Plan stößt vielerorts auf Widerstand in der Bevölkerung. Als die Fähre Blue Star 2 am Montagmorgen im Hafen von Piräus anlegte, waren unter den Passagieren auch 87 Flüchtlinge. Sie kamen von den Inseln Leros und Kos. Kurz zuvor hatte bereits die Fähre Nissos Samos angedockt, mit 197 Geflüchteten von Lesbos und Chios. Aber in immer mehr Ortschaften regt sich Widerstand. Bis Mitte November will die Regierung 5000 Menschen aus den Insel-Camps aufs Festland umsiedeln. Weitere 15 000 sollen in den kommenden Monaten folgen. Auf den Ägäisinseln leben 31 925 Geflüchtete in Lagern, die für 6178 Personen ausgelegt sind. Auf dem Festland sollen die Menschen in Hotels, Pensionen und Kasernen untergebracht werden. Im nordgriechischen Giannitsa blockierten Einwohner die Zufahrtsstraßen, um Busse mit 150 Migranten aufzuhalten. In Naoussa protestierten Bürger mit Barrikaden und Autokorsos gegen den Plan der Behörden, Flüchtlinge unterzubringen. Der Bürgermeister von Kos hinderte 75 Flüchtlinge daran, von einem Passagierschiff auf seiner Insel an Land zu gehen. In der Ortschaft Vrasna bei Thessaloniki verhinderten Einwohner mit Blockaden die Ankunft von 400 Flüchtlingen. Initiatoren der zunehmend rassistisch geprägten Aktionen sind häufig Funktionäre und Anhänger rechtsextremistischer Organisationen wie der Neonazi-Bewegung Goldene Morgenröte und der nationalistischen Partei Griechische Lösung…“ Meldung vom 07. November 2019 in der Badischen Zeitung online
- Habibi.Works: Ein Schatz für Geflüchtete in Nordgriechenland
„Anfangs war es der Name, über den ich gestolpert bin: Habibi.Works , ein Flüchtlingsprojekt in der Nähe von Ioánnina. Später erfuhr ich, dass das Wort „Habibi“ aus dem Arabischen kommt und so viel wie Schatz oder Liebling bedeutet. Und erst dann wurde mir bewusst, dass im Nordwesten Griechenlands auch reichlich Flüchtlinge leben. In der Region Epirus sind es zirka 3.000 Flüchtlinge. Und so reifte in mir der Entschluss, auf meiner diesjährigen Griechenlandreise auch einige Zeit in dieser Region zu verbringen. Das Flüchtlingscamp Katsikas liegt am Rande von Katsikas, einer Stadt, sechs Kilometer von Ioánnina entfernt, in einer Anordnung von überwiegend grauen, alten Hangars. Dieses ehemalige Militärlager hat immer noch den Status eines Militärgebiets. Dieses Flüchtlingscamp mit zirka 900 Flüchtlingen wird vom ASB im Auftrag des griechischen Staats geleitet, mit Unterstützung des UNHCR. In unmittelbarer Nähe zum Flüchtlingscamp Katsikas, nämlich auf der gegenüberliegenden Seite der Landstraße, befindet sich in einer ehemaligen Lagerhalle Habibi.Works, ein Flüchtlingsprojekt des deutschen Vereins „Soup & Socks“. Es versteht sich nach eigenen Angaben als interkultureller „Makerspace“. Es stellt den Flüchtlingen (aber auch lokalen Griechen) eine Plattform für Bildung, Empowerment und Begegnungen zur Verfügung, da sie ansonsten kaum Zugriff auf Bildung, psychologische Betreuung, den Arbeitsmarkt, würdevolle Lebensbedingungen oder die griechische Gesellschaft haben. (…) Im Gespräch mit den zahlreichen Flüchtlingen konnte ich „live“ nachvollziehen, was sich gerade in Griechenland bezüglich Flüchtlingsströmen abspielt. Dass nämlich die wieder verstärkte Ankunft von Flüchtlingen auf den ostägäischen Inseln diesen Sommer dazu geführt hat, dass auch vermehrt Flüchtlinge von dort aufs Festland von Griechenland gebracht werden (mussten). Anders als bei den im Mittelmeer zwischen Libyen und Italien aufgegriffenen Flüchtlingsbooten, denen die Einfahrt in italienische oder maltesische Häfen verweigert wurde, was zu einer Diskussion über die Verteilung der betroffenen Flüchtlinge auf ganz Europa geführt hat, wird Griechenland mit „seinen“ Flüchtlingen doch von der EU ziemlich alleine gelassen. (…) Öfter habe ich von den Flüchtlingen gehört, dass Griechenland zwar ein wunderschönes Land sei. Aber nur für die Touristen, um hier Urlaub zu machen, mit der vielen Sonne und den langen Sommern. Da es aber kaum Arbeit gibt – selbst für die Griechen nicht -, ist es für sie absolut unattraktiv, hier zu leben, hier zu bleiben. Deswegen lernt hier auch so gut wie kein Flüchtling Griechisch. Englischkurse sind dagegen begehrt, aber es werden gar nicht so viele Kurse hierfür angeboten. Wunschländer sind neben Deutschland auch Frankreich oder andere Länder im Norden. Da ich auch seit Jahren in Frankfurt am Main in der Flüchtlingshilfe tätig bin, konnte ich des Weiteren sehr schön die ganz unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen, die Flüchtlinge in Griechenland oder eben in Deutschland haben, was einen maßgebliche Einfluss auf deren Integration hat. In beiden Ländern werden die Flüchtlinge immer möglichst peripher untergebracht bzw. „abgelagert“, gerne auch in die Schmuddelecken einer Stadt, in gammelige Gewerbegebiete oder an verwahrloste Stadtränder. Das erschwert es nicht nur den Flüchtlingen, am sozialen und kulturellen Leben einer Stadt, einer Region teilzunehmen, sondern auch deren Integration. Denn sie sind im Stadtbild, im Zentrum einer Stadt, nur selten sichtbar: Kontakte unerwünscht!...“ Artikel von Peter Oehler vom 06. November 2019 bei telepolis
- [Video] Lesbos und die Flüchtlinge: Eine Insel vor dem Kollaps
„Lesbos kommt nicht aus den Schlagzeilen: Immer mehr Flüchtlinge drängen sich auf der kleinen Insel im Mittelmeer, die Zustände im Camp sind katastrophal. Außerdem bleiben die Urlauber weg, vor allem aus Deutschland. Die Tourismuswirtschaft, die wichtigste Branche, liegt am Boden. Kann eine Imagekampagne helfen? Die Flüchtlingskrise hat sich wieder verschärft – mit katastrophalen Zuständen auf Lesbos, dem griechischen Urlaubsparadies in der Ägäis. Die Erstaufnahme ist völlig überfüllt. Eine weitere Folge: Die Touristen bleiben weiter aus. Stavros Mirogiannis versucht, inmitten der chaotischen Zustände im Camp bei Moria irgendwie zu helfen. Gleichzeitig kümmert sich die Ärztin Fevronia Kantartzis um die Einheimischen. Viele von ihnen sind durch die Tourismus-Flaute in Existenznot geraten, auch die medizinische Versorgung wird immer problematischer…“ Video in der arte-Mediathek
- Samos: Brand in griechischem Flüchtlingslager – 5700 Menschen wurden evakuiert / Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingen
„Im völlig überfüllten Flüchtlingslager der griechischen Insel Samos ist es am Montagabend zu Schlägereien zwischen Migranten aus Syrien und Afghanistan gekommen. Mindestens drei Menschen seien nach Berichten örtlicher Medien durch Messerstiche verletzt worden. Weitere acht Menschen seien mit Atembeschwerden ins Krankenhaus gebracht worden. Bei den Ausschreitungen setzte die Polizei Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzuhalten. Zudem hätten Migranten in dem Lager ein Feuer entfacht. Die Feuerwehr versuchte nach Medienberichten am Abend den Brand zu löschen. »Das Lager wurde evakuiert«, sagte der Bürgermeister der Inselhauptstadt, Giorgos Stantzos, dem Athener Nachrichtensender Skai. Hunderte Migranten hätten in der Kleinstadt von Vathy Zuflucht gesucht, hieß es. Im Registrierlager von Vathy mit einer Aufnahmekapazität für 650 Menschen sind zurzeit mehr als 5700 Migranten. Auch alle anderen Lager auf den Inseln Chios, Samos, Leros und Kos sind restlos überfüllt…“ Agenturmeldung vom 15. Oktober 2019 in neues Deutschland online
- Griechenland und die Flüchtlinge: Die Angst vor dem Kollaps
„Gerade in den letzten wärmeren Wochen des Jahres erreichen mehr Flüchtlinge die griechischen Küste. Die Helfer sind überfordert, die Bevölkerung wütend auf die untätige Regierung. Mehr als 30.000 Flüchtlinge leben seit einigen Tagen auf den fünf griechischen Inseln mit Registrierungszentrum – so viele wie noch nie in den vergangenen drei Jahren. Auf Lesbos starb bei einem Brand im überfüllten Lager Moria am vergangenen Sonntag eine Mutter und möglicherweise auch zwei ihrer Kinder. Auf Samos mussten sich einige tausend neu auf die Insel geflüchtete Menschen Notunterkünfte selbst bauen, aus Holz und Plastikplanen. So könne es nicht mehr weitergehen, sagt ein Bauer auf Lesbos: „Die neue Regierung muss sich jetzt endlich schnell bewegen. Sie muss dafür sorgen, dass die Leute richtig schlafen, essen und sich waschen können.“ (…) Die Versorgung mit Wasser und genügend Essen klappe gerade noch, sagt Stefanakis. Doch medizinische Hilfe gebe es oft nicht mal mehr für schwer kranke Flüchtlinge oder schwangere Frauen. „Das ist inhuman“, sagt Bogdan Andrei. Er betreut seit drei Jahren für die Freiwilligenorganisation „Samos Volunteers“ Flüchtlinge. „Im vergangenen Monat hatten wir 1200 Menschen, die neu nach Samos geflüchtet sind. Da können Sie sich vorstellen, wie viel Arbeit es macht, die auch nur mit dem Nötigsten auf so einer relativ kleinen Insel zu versorgen“, berichtet er. (…) Mitarbeiter des griechischen Heimatschutzministeriums gehen davon aus, dass mehrere zehntausend Menschen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak und aus vielen afrikanischen Ländern schon an der türkischen Küste auf eine günstige Gelegenheit warten, ebenfalls nach Griechenland zu flüchten. Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor einigen Wochen offen damit gedroht hat, viele der neu in der Türkei ankommenden Syrern „durchzuwinken“, nimmt auch Koumoutsakos sehr ernst…“ Beitrag von Michael Lehmann, ARD-Studio Athen, vom 04.10.2019 bei tagesschau.de , siehe zur Lage auch den Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 05. Oktober 2019 bei telepolis
- Festung Europa tötet nicht nur auf dem Meer: Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos fordert Todesopfer, Ausschreitungen mit Tränengas und Blendgranaten erstickt
„… Bislang wurde bestätigt, dass zwei Personen, eine Mutter und ihr Kind, verbrannten, während fünf weitere Personen verletzt wurden. Gegen 17 Uhr Ortszeit waren zwei Feuer beim Lager ausgebrochen. Das eine ungefähr 400 m außerhalb des umzäunten Lagergeländes und das andere mitten im Lager in einem der Wohncontainer. Der Brand sprang von dem Container rasch auf weitere Wohncontainer über, so dass nach den bisherigen Angaben mindestens sieben davon beschädigt oder zerstört wurden. Direkt im Anschluss an den Brand kam es innerhalb des Lagers zu Ausschreitungen. Das Gerücht von Todesopfern machte die Runde unter den Insassen. Polizei und Feuerwehr rückten an. Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten ein, während eine aufgebrachte Menge im Chaos sogar die Feuerwehrleute angriff. Es erwies sich als fatal, dass die Polizei aus Angst vor einer Massenflucht der Insassen sämtliche Fluchtwege aus dem Lager versperrte und diejenigen, die panisch flüchten wollten, mit Tränengas, Stockhieben und Blendgranaten traktierte. Gegen 19 Uhr Ortszeit bestätigte Nikos Papaefstathiou, der Direktor des Nationalen Zentrums für Gesundheitsdienste (EKEPY) und Vorsitzender der Rettungsdienste (EKAV), die bislang bekannten Todesopfer. Er gab gegenüber der Presse an, dass eine der vollkommen verkohlten Leichen nicht mit einem Krankenwagen oder einem sonstigen staatlichen Fahrzeug, sondern mit einem privaten Kraftfahrzeug ins Krankenhaus der Inselhauptstadt Mytilene gebracht wurde. Am späten Abend wurde das Feuer unter Kontrolle gebracht…“ – aus dem Beitrag „Tote bei Feuer im Flüchtlingslager Moria“ von Wassilis Aswestopoulos am 29. September 2019 bei telepolis , worin auch noch über erste Stellungnahmen zur tödlichen EU-Politik und ihrer Umsetzung durch griechische Regierungen berichtet wird. Siehe dazu auch zwei kurze Meldungen von „vor Ort“, einschließlich eines Videoberichtes über die Reaktionen im Lager:- Brandkatastrophe in Moria: PRO ASYL fordert sofortige Evakuierung – Deutschland und andere EU-Staaten müssen sich ihrer Verantwortung stellen
„Angesichts der Brandkatastrophe in Moria und der sich schon seit Wochen zuspitzenden Situation in allen Hotspots in Griechenland fordert PRO ASYL die sofortige Evakuierung und Aufnahme der dort festsitzenden Flüchtlinge in anderen EU-Staaten, insbesondere Deutschland. Das ist ein unerträglicher Zustand, für den alle EU-Staaten, auch die Bundesregierung, mitverantwortlich sind. Die Staaten ignorieren die dramatische Lage und reagieren nicht auf die Hilferufe von Schutzsuchenden und Menschenrechtsorganisationen. PRO ASYL hat am 11. September die griechische Regierung und die anderen EU-Staaten, allen voran Deutschland, aufgefordert, die immer dramatischer werdende Situation in der Ägäis zu entschärfen und die rechtswidrigen Zustände für Asylsuchende in Griechenland zu beenden. »Wer Tausende Menschen einer ausweglosen Lage aussetzt, ist mitverantwortlich für eine Eskalation,« sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. »PRO ASYL fordert die sofortige Evakuierung aufs Festland und die Aufnahme (Relocation) der in Griechenland festsitzenden Schutzsuchenden. Den Betroffenen wird zum Teil über Jahre hinweg der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verweigert…“ Pressemitteilung vom 30.09.2019 von und bei Pro Asyl - „State’s response to the fire in Moria hotspot for RefugeesGr, if confirmed, is criminal“ am 29. September 2019 im Twitter-Kanal von Vassilis Tsarnas ist ein kurzer Videobericht über die Reaktionen im Lager vom Sonntagabend.
- „Situation around #Moria calmed down for now“ am 29. September 2019 im Twitter-Kanal von Franziska Grillmeier meldet, dass die Lage sich am Sonntag Spätnachmittag zunächst beruhigt habe, ohne dass allerdings die Gründe für die Feuer und ein genauer Überblick über die Opfer vorliegen würden.
- Zu Moria siehe viele Berichte weiter unten
- Brandkatastrophe in Moria: PRO ASYL fordert sofortige Evakuierung – Deutschland und andere EU-Staaten müssen sich ihrer Verantwortung stellen
- Flüchtlinge in Griechenland – Samos: Hilferuf aus einem offenen Gefängnis
„Immer mehr Menschen fliehen über die Türkei nach Griechenland. Deutlich wird das auf der Insel Samos: Hier leben knapp 5.000 Flüchtlinge in einem Camp, das für 700 Menschen geplant war. Ihre Versorgungslage ist dramatisch. Die Bewohner der Insel fühlen sich von Regierung und EU im Stich gelassen. (…) Wenige Wochen erst im Amt ist der neugewählte Bürgermeister von Samos, Georgios Stantzos. Er spricht mit freundlichem, aber entschlossenem Gesicht von unerträglichen Zuständen für die Flüchtlinge, sieht aber auch, was die eigene Bevölkerung speziell in Samos-Stadt seit 2015 mitmacht und inzwischen kaum noch ertragen kann: „Wir müssen uns von Tag zu Tag durchkämpfen mit dieser Lage. Sicherheitsleute und Bevölkerung bewahren halbwegs Ruhe, ja. Aber ich kann es nicht verheimlichen. Wir müssen das Schlimmste befürchten, dass alles doch noch aus dem Ruder läuft. Wir hoffen, dass das Glück weiter auf unserer Seite bleibt. Wir sind gastfreundlich, aber: seit 2015 diese große Zahl von Migranten auf unserer Insel – unsere Grenzen sind seit langem überschritten. Die Migranten müssen deshalb runter von der Insel.“ Nur gelegentlich kann ein Arzt im Flüchtlings-Camp von Samos nach dringenden Notfällen schauen. Medikamente gibt es so gut wie keine. Das kleine Krankenhaus der Insel ist zunehmend überlastet. (…) „Die Mitglieder der neuen Regierung, die jetzt Minister sind, hatten uns vor der Wahl hier auf Samos besucht. Sie haben Lösungen, ganz neue Konzepte für die Flüchtlingsunterbringung versprochen. Gar nichts ist passiert. Herr Koumoutsakos, der stellvertretende Innenminister – hauptverantwortlich jetzt in Migrationsfragen – er war wenige Tage vor der Wahl im Juli hier auf Samos und hat gesagt, man könne dafür sorgen, dass Boote sehr früh in der Türkei abgefangen werden. Ist noch kein einziges Mal passiert.“…“ Reportage von Michael Lehmann vom 21.09.2019 beim Deutschlandfunk
- Dramatische Lage in der Ägäis: PRO ASYL fordert europäische Solidarität. Abschiebung in die Türkei ist rechtswidrig
„PRO ASYL fordert die griechische Regierung und die anderen EU-Staaten, insbesondere Deutschland, auf, die dramatische und sich zusehends zuspitzende Situation in der Ägäis zu entschärfen und die rechtswidrigen Zustände für Asylsuchende in Griechenland zu beenden. »Flüchtlinge in der Ägäis drohen zum Spielball der Machtinteressen der Türkei, Griechenlands und der EU-Staaten zu werden. Ihr Rechtsanspruch auf Schutz wird systematisch ignoriert«, kritisiert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. PRO ASYL fordert die Aufnahme Schutzsuchender von den griechischen Inseln sowie den Zugang zu einem fairen Asylverfahren innerhalb der EU. Auf den griechischen Inseln harren mehr als 25.000 Menschen aus; rund 40% von ihnen sind UNHCR-Angaben zufolge Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren. PRO ASYL unterstützt die Forderung Griechenlands, vordringlich Minderjährigen die Weiterreise in andere EU-Staaten zu ermöglichen. Auf entschiedene Kritik stößt die nach Medienberichten geplanten Verschärfungen des griechischen Asylrechts und der Anwendung des EU-Türkei-Deals. Demnach ist vorgesehen, die Türkei zum »sicheren Drittstaat« zu erklären und auch vom Festland aus Schutzsuchende in die Türkei zurückzubringen. Die Aufforderung der EU-Kommission und laut Spiegel-Online-Bericht auch der deutschen Behörden, die Rückführungen in die Türkei im Rahmen des Deals zu verstärken, geht vollkommen an der Realität vorbei…“ Pressemitteilung vom 11.09.2019 von und bei Pro Asyl
- Migranten in Griechenland: Athen ruft EU zur Aufnahme von Kindern auf
„Erneut kommen wieder mehr Flüchtlinge aus der Türkei in Griechenland an. Ministerpräsident Mitsotakis appellierte deshalb an die anderen EU-Staaten, zumindest Kinder aufzunehmen. Drohungen der Türkei wies er zurück. Griechenland hat die anderen EU-Staaten aufgerufen, zumindest minderjährige Migranten aus den Registrierlagern auf den Inseln der Ägäis aufzunehmen. Dort sind zurzeit mehr als 24.000 Menschen untergebracht. Rund 40 Prozent von ihnen sind laut UN-Organisationen und griechischen Behörden Minderjährige im Alter unter 17 Jahren. (…) Der konservative griechische Regierungschef forderte die EU auf, Maßnahmen gegen jene Staaten zu ergreifen, die sich weigern, Minderjährige aufzunehmen. „Einige Staaten wollen alle Vorteile der Bewegungsfreiheit im Schengen Raum haben, sie weigern sich aber, die Lasten zu teilen“, sagte Mitsotakis. Vor allem das Problem mit den Kindern liege ihm am Herzen…“ Meldung vom 8.9.2019 bei tagesschau.de
- Mit Tränengas gegen Flüchtlingskinder. Griechische Polizei geht gegen Proteste von 300 unbegleiteten Minderjährigen im berüchtigtem Lager Moria auf Lesbos vor
„Die griechische Polizei hat bei Protesten in einem überfüllten Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos Tränengas gegen Flüchtlingskinder eingesetzt. Wie die griechische Nachrichtenagentur Ana berichtete, beteiligten sich am Mittwoch rund 300 unbegleitete Minderjährige an Protesten im berüchtigten Lager Moria und verlangten ihre Verlegung aufs Festland. Als die Flüchtlinge Mülleimer in Brand setzten, setzte die Polizei demnach Tränengas ein. Das Lager von Moria steht seit Jahren in der Kritik, da es chronisch überfüllt ist. Nach der Ankunft von 3000 neuen Flüchtlingen im August hatte sich die ohnehin schwierige hygienische Situation in dem inmitten von Olivenhainen gelegenen Zeltlager weiter verschlechtert. Ende August lebten nach UN-Angaben fast 11.000 Menschen in dem Lager, das eigentlich nur für ein Viertel davon ausgelegt ist. (…) Die EU-Kommission hat Griechenland inzwischen Hilfe bei der Verlegung der Flüchtlinge von Lesbos angeboten. Am Dienstag verlegten die griechischen Behörden die ersten tausend Flüchtlinge aus Moria aufs Festland. Sie wurden mit Fähren zunächst in die Hafenstadt Thessaloniki und dann ins Lager Nea Kavala bei Kilkis in Nordgriechenland gebracht. Doch auch dort sind die Bedingungen nicht gut. Neuankömmlinge klagten am Mittwoch unter anderem über Engpässe bei Wasser, Strom und Zelten. »Wir haben Moria in der Hoffnung auf etwas Besseres verlassen«, sagte der 20-jährige Sasan aus Afghanistan. »Letztendlich ist sogar schlimmer.«...“ Agenturmeldung vom 05.09.2019 beim ND online
- Nach Todesfall auf Lesbos: Unicef fordert Schutz von Kindern in griechischen Flüchtlingslagern
„Desolate Zustände für Kinder im Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos ruft die Unicef auf den Plan. Sie ruft EU-Länder auf, die Familienzusammenführung zu beschleunigen und die Aufnahmeländer stärker zu unterstützen. Nach dem Tod eines Jugendlichen in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos fordert Unicef die EU-Staaten auf, unbegleitete Flüchtlingskinder besser zu schützen. Mehr als 1.100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hielten sich in Aufnahme- und Registrierungszentren auf den griechischen Inseln oder in Gefängnissen im ganzen Land auf, erklärte das UN-Kinderhilfswerk. Das markiere einen neuen Höchststand seit Anfang 2016. In den unsicheren und überfüllten Lagern sei der Schutz von Kindern nicht sichergestellt. Im August wurde bei einer Messerattacke nach einem Streit im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos ein 15-jähriger Afghane getötet, zwei weitere Jugendliche wurden verletzt. Ein afghanischer Jugendlicher wurde als Tatverdächtiger festgenommen. (…) Das Aufnahmezentrum in Moria ist den Angaben zufolge für 3.000 Menschen ausgelegt. Zurzeit leben dort aber mehr als 8.700 Menschen, darunter 3.000 Kinder. In einer eigenen Sektion des Lagers sind laut Unicef aktuell mehr als 520 unbegleitete Minderjährige untergebracht, obwohl der Bereich nur für 160 ausgelegt ist. Die Überlastung führe dazu, dass Kinder der Gefahr von Gewalt und Missbrauch ausgesetzt seien und nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung hätten, beklagte das Hilfswerk…“ Beitrag vom 3. September 2019 beim Migazin
- Griechenland: Hunderte Bootsflüchtlinge landen auf Lesbos
„Auf Lesbos sind rund 650 Bootsflüchtlinge angelandet – das ist die größte Massenankunft seit drei Jahren. Die Gesamtzahl derer, die über das Mittelmeer nach Europa kommen ist derweil zurückgegangen. 16 Flüchtlingsboote mit rund 650 Menschen an Bord sind auf der griechischen Insel Lesbos angelandet – allein 13 Boote innerhalb einer Stunde. Das ist die größte Massenankunft seit drei Jahren, teilten die örtliche Polizei und das Flüchtlingshilfswerk UNHCR übereinstimmend mit. UNHCR-Sprecher Boris Cheshirkov sagte, man sei überrascht gewesen. „Wir haben diese Art abgestimmter Ankünfte in dieser Zahl seit 2016 nicht mehr erlebt. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, die griechische Regierung habe den türkischen Botschafter einbestellt. Ihm sei das Missbehagen der Zunahme der über die Türkei nach Griechenland gelangenden Flüchtlinge ausgedrückt worden. (…) Die angekommenen Bootsflüchtlinge wurden zunächst in das Lager Moira auf Lesbos gebracht. Dort leben über 10.000 Menschen. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen Moira als überbelegt, unsicher und unmenschlich. Athen kündigte an, rund 1000 Migranten von der Insel Lesbos aufs Festland bringen. Sie sollen demnach an Bord von zwei Kriegsschiffen der griechischen Marine Anfang September zum Lager von Nea Kavala nahe Thessaloniki gebracht werden.“ Meldung vom 30.08.2019 bei tagesschau.de
- Minderjährig im Flüchtlingscamp Ritsona: Kind sein zwischen Containern
„… Valentina Giudizio arbeitet mit einigen von ihnen zusammen. Die Italienerin ist Projektkoordinatorin der Organisation Lighthouse Relief, die sich um geflüchtete Kinder und Jugendliche kümmert. Seit Oktober 2017 arbeitet Giudizio im Flüchtlingscamp Ritsona, in Griechenland, 90 Auto-Minuten nördlich von Athen. Dort hilft sie minderjährigen Flüchtlingen dabei, so etwas wie eine Kindheit zu haben – und versucht, Jugendlichen angesichts ihrer ungewissen Zukunft Ängste und Sorgen zu nehmen. (…) Giudizio sagt, die traumatischen Erfahrungen im Heimatland und auf der Flucht gehörten zu den größten Herausforderungen im Camp. Auch Kinder, die noch zu jung seien, um sich aktiv zu erinnern, seien betroffen, ergänzt Marshall, die Sprecherhin der Organisation. „Die Eltern geben ihr Trauma oft weiter“, sagt Marshall. „Selbst wenn die Kinder keinen Krieg erlebt haben – sie leben in Familien, die eine extrem herausfordernde Zeit durchgemacht haben und aus ihrer Heimat vertrieben worden sind.“ Seine eigenen Gefühle zu verstehen und auszudrücken, sei gerade für Kinder manchmal sehr schwierig, sagt Giudizio. Vor noch einmal ganz anderen Herausforderungen stünden Jugendliche und junge Erwachsene, sagt Giudizio. Viele hätten Familienmitglieder und gute Freunde zurückgelassen oder verloren. Das Warten, die Langeweile – all das führe oft zu negativen Gedanken. „Du bist 20, vielleicht 25 Jahre alt, denkst über Arbeit und Möglichkeiten nach – und hinterfragst plötzlich dein ganzes Leben“, sagt Giudizio…“ Valentina Giudizio im Gespräch mit Kevin Schubert am 11. Juli 2019 beim ZDF
- Unterbringung Minderjährigen: Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Griechenland wegen Flüchtlingen
„… Griechenland ist wegen der Unterbringung von fünf minderjährigen Flüchtlingen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt worden. Die fehlende Fürsorge für vier von ihnen, die im Flüchtlingslager Idomeni unterkamen, sowie die Inhaftierung von dreien von ihnen laufe auf eine unmenschliche Behandlung hinaus, entschied das Gericht am Donnerstag in Straßburg. Es sah außerdem das Recht auf Freiheit verletzt. Vier der Flüchtlinge sprach der EGMR jeweils 6.000 Euro, einem Flüchtling 4.000 Euro Schadenersatz zu. Zusammen erhalten sie außerdem 1.500 Euro Auslagenerstattung. (AZ: 14165/16). (…) Mit Blick auf Idomeni urteilte der EGMR, dass der griechische Staat die dort herrschenden „kläglichen“ Zustände durch fehlendes Handeln teils selbst verschuldet habe. Die Behörden hätten sich um die Minderjährigen kümmern müssen, nachdem sie aufgegriffen wurden, so dass sie gar nicht in das Camp gekommen wären. Mit Blick auf die Inhaftierung stellte der EMGR ebenfalls eine entwürdigende Behandlung fest. Darüber hinaus habe Griechenland die Minderjährigen von vornherein gemäß internationalem Recht in einer anderen Einrichtung unterbringen müssen.“ Meldung von und bei MiGAZIN vom 14. Juni 2019 . Siehe dazu:- Minderjährige in Idomeni: Das späte und knappe Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs
„… Die Beschwerde bezieht sich auf den Aufenthalt in Idomeni von vier der fünf Jugendlichen sowie gegen die Unterbringung in sogenanntem Schutzgewahrsam (προστατευτική φύλαξη) von drei der fünf. Bezüglich der Unterbringung in Schutzgewahrsam urteilte der EGMR, dass darin sowohl eine Verletzung des Artikel 3 als auch des Artikel 5 Abs. 1 EMRK, eine nicht gerechtfertigte Freiheitsentziehung, lag. (…) So weit so klar, doch zufrieden kann man beim Lesen dieses Urteils kaum sein. Da ist zuerst einmal die Dauer des Verfahrens: Der Antrag wurde im März 2016 gestellt, mehr als drei Jahre vergingen also bis zu diesem, wohlgemerkt, Kammerurteil. In der Zwischenzeit hat einer der minderjährigen Antragsteller mehrfach versucht, sich umzubringen. Die ebenfalls im März 2016 gestellten Anträge auf einstweilige Verfügungen hatte das Gericht abgelehnt. (…) Und dann ist da die Lage in der EU. Idomeni war nicht einfach ein Flüchtlingslager in Griechenland, sondern eine Begleiterscheinung des seit Jahren so schlecht funktionierenden Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. (…) Bezüglich der größeren Frage europäischer Verantwortungsteilung, für welche auch das Lager von Idomeni stand, hat die Kammer vermieden, sich zu äußern. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtshofs, die Politik aus ihrer Starre zu locken. Aber zumindest die Verantwortung Nordmazedoniens hätte das Gericht näher prüfen sollen. Als entlang der Balkanroute ohne Rücksicht auf Asylanträge Schutzsuchende abgewiesen wurden, da fiel die Achtung des europäischen Rechts wie eine Reihe von Dominosteinen. Zurückweisungen ohne Ansehung des Einzelfalls sind für EU-Staaten europarechtswidrig (…) und sie stellen für Vertragsstaaten der EMRK potentielle Verletzungen von Artikel 3 und von Artikel 4 des 4. Zusatzprotokolls der EMRK (Verbot der Kollektivausweisung) dar. Die sorgfältige Prüfung von Verstößen kann ein langsames, mühsames und lohnenswertes Wiederaufstellen dieser Steine sein. Ein weiterer Fall ist anhängig vor dem EGMR, der Push-backs an der griechisch-mazedonischen Grenze betrifft.“ Kommentar von Prof. Dana Schmalz vom 21. Juni 2019 bei MiGAZIN (Dana Schmalz ist Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Bremen)
- Minderjährige in Idomeni: Das späte und knappe Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs
- Drei Jahre Notfalllösungen: Aufnahmekrise in Nordgriechenland
„Im August 2018 und Anfang 2019 führten die Mitarbeiter*innen von PRO ASYL / Refugee Support Aegean (RSA) Interviews mit Geflüchteten in fünf Flüchtlingslagern in Nord- und Mittelgriechenland durch. Die Studie macht deutlich, dass es der griechischen Regierung weiterhin nicht gelungen ist, zu mittel- oder langfristigen Lösungen zu finden…“ Beitrag vom 28.05.2019 bei Pro Asyl
- [Video] „Lesbos: die schönste Hölle auf Erden“
„Das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist für seine menschenunwürdigen Zustände bekannt. Hier sind eineinhalb Jahre Langzeitbeobachtung des Lagers dokumentiert“ Video vom 27. Mai 2019 bei youtube (42 min)
- Ziegler spricht von unwürdigen Zustände in Flüchtlingslagern: »Die Verantwortlichen für diese fürchterliche Abschreckungspolitik müssen dringend abgewählt werden«
„Ehemaliger UN-Sonderberichterstatter: Verantwortliche für »fürchterliche Abschreckungspolitik« müssen abgewählt werden / NGOs fordern Umverteilung von Flüchtlingen auf Kommunen
Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, hat die Zustände der Flüchtlingslager in Griechenland scharf kritisiert. »Ein solidarisches Europa muss sich an der Solidarität mit Flüchtlingen beweisen. Eine Situation wie in den Hotspots auf den griechischen Inseln ist unmenschlich und muss beendet werdet«, berichtet der Schweizer nach dem Besuch des Flüchtlingslagers Moria auf der Insel Lesbos. Ziegler ist aktuell Vizepräsident des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrates und reist derzeit mit einer Delegation der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) medico international und Pro Asyl durch das südeuropäische Land, um sich ein Bild von der Situation der Geflüchteten vor Ort zu machen. »Es stehen Europawahlen bevor. Die Verantwortlichen für diese fürchterliche Abschreckungspolitik müssen dringend abgewählt werden«, fordert Ziegler. Die Lager seien hoffnungslos überbelegt, erklärt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von Pro Asyl. Nur dank der Arbeit von NGOs und Ehrenamtlichen vor Ort sei eine medizinische Notversorgung gewährleistet. »Moria steht nicht nur für furchtbare Lebensbedingungen. Moria ist auch das zynische Modell, wie in europäischen Grenzverfahren Schutzsuchende völlig rechtlos gestellt werden«, kritisiert Kopp. Auch Ramona Lenz von medico international sieht Brüssel in der Pflicht…“ Beitrag vom 24.05.2019 beim ND online
- [10.5.19 in Berlin] Veranstaltung „Selbstorganisierung und Flucht“
„Im Herbst 2018 besuchte eine Delegation von Gewerkschafter*innen und Aktivist*innen ein selbstorganisiertes Camp von Geflüchteten in Lavrio, in der Nähe von Athen. Etwa zur selben Zeit bereiste eine Delegation der Kampagnen «TATORT Kurdistan» und «Gemeinsam Kämpfen» das Camp Mexmûr in der Autonomieregion Nordirak (Südkurdistan). Beide Orte verbindet der Kampf für Selbstbestimmung und gegen das tägliche Elend unter schwierigsten Bedingungen. Unterstützung von großen NGO‘s und staatlichen Stellen erhalten sie nicht. (…) Ein Vertreter vom St. Pauli Fanclub Athen-Exarchia, der unter anderem solidarische Unterstützung für das Camp in Lavrio organisiert, wird die Arbeit der kurdischen Aktivist*innen dort vorstellen. Ein Vertreter von Civaka Azad wird von der Delegation nach Mexmûr berichten.“ Einladung vom AKI zur Veranstaltung von gewerkschaftlicher Griechenland Soli-Reisegruppe, Radikale Linke Berlin und Civaka Azad am 10. Mai um 19 Uhr, Aquarium, Skalitzer Str. 6 in 10999 Berlin
- »Die Menschenwürde zu verteidigen ist kein Luxus, sondern eine menschliche Pflicht«
„Efi Latsoudi setzt sich in ihrer täglichen Arbeit für Refugee Support Aegean (RSA) auf Lesvos für die Rechte von Schutzsuchenden ein. Sie ist Mitunterzeichnerin der Mytilini Erklärung für einen würdevollen Umgang mit allen vermissten & verstorbenen Migrant*innen und ihren Familien. Im Interview berichtet sie über den traurigsten Teil ihrer Arbeit...“ Interview vom 06.05.2019 bei Pro Asyl
- Flüchtlingslager auf Samos: „Das ist unser Dschungel“
„Die EU verkauft den Flüchtlingspakt mit der Türkei als Erfolg. Dabei hat er die griechischen Inseln in der Ägäis in Gefängnisse verwandelt. Auf Samos leben Migranten wie Annick Toudji unter entsetzlichen Bedingungen. Ein Besuch. Zwischen Pappkartons, Planen und Plastikflaschen haust Annick Toudji. Es stinkt nach Urin, von oben ist er den Hang herabgeronnen, vorbei an wackeligen Zelten, vorbei an den Steinen, zwischen denen Annick Toudji gleich Feuer machen will. Der beißende Geruch hängt ständig in der Luft. Toudji, 33, groß und hager, hockt auf einem Baumstumpf. Mit kurzen, entschlossenen Hieben schneidet sie ihre Fleischtomate in einen Topf. „Das ist unser Dschungel“, sagt sie. Im Dschungel gibt es keine Toilette, keinen Strom. Stattdessen gibt es: Ratten, Kakerlaken, Krätze. Tausende Migranten vegetieren hier auf der griechischen Insel Samos vor sich hin. Toudji ist eine von ihnen, vor knapp einem Jahr begann ihre Flucht aus Kamerun. Die Migranten passen nicht mehr in das offizielle Flüchtlingslager auf Samos. Schon lange quillt es über, links und rechts kam Zelt um Zelt hinzu. So entstand der Dschungel. Mehr als 3800 Migranten leben derzeit am Hang und im Lager, das für nur 648 Personen ausgelegt ist. Kein anderer sogenannter Hotspot auf den ägäischen Inseln ist so überfüllt. Die Migranten dürfen nicht weg, Samos hat sich in ein Gefängnis verwandelt. Die Situation sei außer Kontrolle, urteilt die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen…“ Bericht von Steffen Lüdke, Giorgos Christides und Socrates Baltagiannis (Fotos) vom 18. April 2019 beim Spiegel online
- [„Karawane der Hoffnung“] Verhältnisse wie bei Trumps Mauer: Festungspolizisten gegen Flüchtlinge im Norden Griechenlands
„Der Ort Diavata bei Thessaloniki liegt direkt an der Schnellstraße, die zur Autobahn nach Idomeni, der Grenzstation der Eisenbahn auf dem Weg nach Nordmazedonien, und zum Autobahngrenzkontrollpunkt Evzonoi führt. Hier, wo es auch ein Flüchtlingslager gibt, hatten sich mitten in der Woche Flüchtlinge und Migranten gesammelt. Sie campierten seit Donnerstag außerhalb des Flüchtlingslagers auf freiem Feld. Teilweise waren die Menschen auf abenteuerlichen Wegen sogar von den Grenzinseln zur Türkei, wie zum Beispiel Lesbos gekommen. Zunächst griff die Polizei nicht aktiv ein. Ordnungspolizisten sicherten jedoch das Gelände und den Zugang zur Schnellstraße ab. Als die Campierenden am Freitag ihre Zelte abbrachen und als Gruppe gen Schnellstraße zogen, versperrte die Einsatzpolizei den Weg. Es kam zu tumultartigen Szenen, wie sie sich auch in der Vergangenheit oft abgespielt hatten. Flüchtlinge und Immigranten versuchten zusammen mit Kleinkindern die Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Die Polizei antwortete mit Tränengas, Blendgranaten und Schlagstöcken. Einige der Flüchtenden versuchten ihr Glück auf Nebenstraßen, doch auch sie wurden von der Polizei abgefangen. (…) Während in Diavata die Einsatzpolizei die Flüchtlinge am Wandern gen Norden hinderte, legten die Behörden in Athen die Bahnstrecke von Athen nach Thessaloniki lahm. (…) Später wurde seitens der Behörden behauptet, die Flüchtlinge, die nach Diavata weiterreisen wollten, hätten die Bahnstrecke aus Protest blockiert. In der Bahnstation Larisis, von der die Züge aus Athen in den Norden abfahren, sammelten sich Flüchtlinge und andere Reisende. Kein Zug fuhr ab. Tatsächlich meldeten Flüchtlingskomitees und Helfer genau das Gegenteil der behördlichen Behauptung. Sie gaben eine Verlautbarung heraus. Sie hat den Titel, „Botschaft von den Flüchtlingen von der Bahnstation Larisis“: „Am Nachmittag hat die Koordination für die Flüchtlinge – Immigranten einen von kurdischen Flüchtlingen, die sich in der Bahnstation befanden, erstellten Text, dem auch die syrischen Flüchtlinge zustimmten, an die Öffentlichkeit gegeben. Wir wollen Sie informieren, dass der Zugverkehr von der Verwaltung und nicht wegen der in der Bahnstation befindlichen Flüchtlinge unterbrochen wurde…“ – aus dem Beitrag „Fake-News über geöffnete Grenzen erzeugt Chaos“von Wassilis Aswestopoulos am 06. April 2019 bei telepolis , wozu darauf verwiesen werde sollte, dass auch die zahlreichen Kommentare lesenswert sind, als Bestandteil einer Zustandsanalyse der BRD. Siehe dazu auch:- „#NoBorders Greek territory: Police violence against protesting refugees in #Diavata“ am 05. April 2019 bei Enough is Enough ist ein – mit zahlreichen aufschlußreichen Fotos versehener – kurzer Bericht über den massiven Polizeieinsatz in Diavata.
- „Greek police fire tear gas at refugees demanding access to border“ am 05. April 2019 bei Al Jazeera steht hier als Beispiel dafür, wie der Vorfall in den außereuropäischen Medien berichtet wurde – Polizei feuert Tränengas auf Flüchtlinge, die zur Grenze wollen – die von der Art der Berichterstattung nicht zufällig jener über die Grenztruppen der USA sehr ähnlich ist.
- „Trump ou Syriza c’est toujours la même barbarie capitaliste“ am 06. April 2019 beim Twitter-Kanal von Conseils Ouvriers ist ein Kommentar zu den Ereignissen an der nordgriechischen grenze, der gleich ganz direkt die Parallele zwischen den Festungen der EU und der USA zieht und betont, dass es hier offensichtlich keinen Unterschied gibt, zwischen dem rechten Trump und der sozialdemokratischen Regierung Griechenlands – dies sei eben Kapitalismus – was durch den dazu gehörenden kurzen Videobericht untermauert wird.
- Scharmützel und Besetzungen: Hunderte Asylsuchende wollen Griechenland gen Norden verlassen / „Karawane der Hoffnung“ umfasst mittlerweile mind. 2 Tausend Menschen
„Die Lage der Flüchtlinge in Griechenland verschärft sich erneut und sie ziehen einen Marsch nach Norden in Erwägung. Seit Donnerstag (4.4.) ist etwa die Situation im Flüchtlingslager von Diavata nordwestlich von Thessaloniki angespannt. In Athen wiederum wurde der Hauptbahnhof (Stathmos Larissis) von Flüchtlingen besetzt. Der Zugverkehr nach Mittel- und Nordgriechenland ist seit gestern (4.4.) unterbrochen. Unter dem Motto „Karawane der Hoffnung“ wurden Asylsuchende in Hellas per Internet dazu auffordert, sich an die nördliche Landesgrenze zur Republik Nordmazedonien zu begeben. Der Aufruf wurde von vielen der Betroffenen als eine Art Versprechen interpretiert, dass die Grenzen mit Hilfe von Nichtregierungsorganisationen geöffnet werden und sich die dort versammelten Menschen weiter in Länder Mittel- und Westeuropas begeben können. Bereits am Donnerstagnachmittag hatten sich vor dem Flüchtlingslager von Diavata mehr als 500 Menschen versammelt und dort in Zelten übernachtet. Am Hauptbahnhof in Athen kamen im Laufe weniger Stunden mehr als 300 Asylsuchende zusammen, um von hier aus nach Thessaloniki reisen zu können. Als Protest gegen die Stornierung von Zugfahrten haben sie die Gleise besetzt. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sowie das Migrationsministerium appellieren an die Flüchtlinge, anonymen Aufrufen, die im Internet zirkulieren, nicht zu folgen. Derartige Aktionen könnten zu lebensgefährlichen Situation sowie zu einer Trennung ganzer Familien führen. Seitens der Regierung wurde klargestellt, dass die Grenzen nicht geöffnet würden…“ Beitrag von Elisa Hübel vom 05. April 2019 bei der Griechenland-Zeitung , siehe dazu: - Thessaloniki: Migranten drängen weiter nach Norden
„Starke Polizeieinheiten verhinderten erneut einen Marsch Richtung Nordmazedonien und Mitteleuropa. Mittlerweile haben sich mindestens 2000 Personen versammelt, Frauen und Kinder werden als „Vorhut“ eingesetzt, um die Sperren zu überwinden. (…) Es entwickelten sich auch jedes Mal hässliche Szenen, weil Frauen und teils ganz kleine Kinder, wie Journalisten berichten und auf Fotos offensichtlich ist, quasi als „Vorhut“ vorgeschickt wurden, um die Polizeisperren zu überwinden, während junge Männer und Ältere dahinter abwarteten. Die Beamten feuerten Tränengas auf Dutzende von Menschen. Diese warfen Steine und Flaschen und versuchten eine Polizeisperre zu durchbrechen, um auf eine Straße zu gelangen, die Richtung Grenze führt. Manche trugen Kinder in ihren Armen. Das griechische Migrationsministerium indes erklärte, die Grenze werde nicht geöffnet. Alle Migranten sollten in ihre Unterkünfte zurückgehen. Dazu stünden Busse bereit. Ansammlungen von Migranten, die nach Norden reisen wollten, gibt es mittlerweile auch in Athen. Dort besetzten am Freitag rund 300 Menschen den Hauptbahnhof. Der Bahnverkehr wurde für Stunden eingestellt. Die Besetzung wurde jedoch in der Nacht auf Samstag beendet…“ Meldung vom 06.04.2019 bei Die Presse online - Geflüchtete in Griechenland: Hunderte Migranten wollen nach Mitteleuropa. Gerüchte im Netz: Die Grenze zu Nordmazedonien soll geöffnet werden / Geflüchtete versuchen Polizeiketten zu durchbrechen
„Hunderte Migranten haben erneut versucht, Polizeisperren vor einem Flüchtlingslager nahe der griechischen Hafenstadt Thessaloniki zu durchbrechen. Ihr Ziel ist Mitteleuropa. Dabei kam es zu Rangeleien mit der Bereitschaftspolizei, wie das griechische Fernsehen am Freitag berichtete. Die Polizei kritisierte, dass die Migranten Frauen und Kinder als eine Art Vorhut einsetzten, um die Absperrung der Polizisten zu überwinden, berichteten Reporter vor Ort. Bereits am Vortag hatten rund 500 Migranten versucht, die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Einige schleuderten Steine auf die Beamten. Die Bereitschaftspolizei setzte Pfefferspray ein. Die Idee vom Marsch gen Norden soll durch das Internet verbreitet worden sein. Demnach soll die Grenze zwischen Griechenland und Nordmazedonien für Migranten geöffnet werden, wenn sich Migranten massenweise dorthin begeben. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) warnte die Migranten davor, solchen Gerüchten zu glauben…“ Meldung vom 05.04.2019 beim ND online
- Drei Jahre Flüchtlingspakt: EU nennt Flüchtlingslager auf griechischen Inseln „Schande für Europa“
„Vor drei Jahren setzte Angela Merkel den Flüchtlingspakt EU-Türkei durch. Von der Rückführung illegaler Migranten in die Türkei ist heute allerdings keine Rede mehr. Und die Zustände in den Lagern der Ägäis spotten jeder Beschreibung. ie Europäische Kommission hat zum dritten Jahrestag des EU-Türkei-Abkommens massive Kritik an den Zuständen in griechischen Flüchtlingslagern geübt. Das geht aus einem internen Drahtbericht der deutschen Botschaft in Athen hervor, der WELT AM SONNTAG vorliegt. Demnach bezeichnete der Vorsitzende des Lenkungsausschusses zur Umsetzung der Erklärung, der Brite Simon Mordue, die Situation im Hotspot-Lager auf der Ägäis-Insel Samos in Gesprächen als „eine Schande für Europa“. Recherchen dieser Zeitung vor Ort belegen die katastrophale Lage. Laut dem Bericht hat die Kommission die EU-Mitglieder aufgerufen, Handlungsdruck auf Athen auszuüben. Brüssel nannte die Bereitschaft Athens, Verantwortung zu übernehmen, gering. Ähnlich negativ fällt das Fazit der deutschen Diplomaten aus: „Drei Jahre zähes Ringen um gute Aufnahmebedingungen in den Hotspots, schnelle Asylverfahren und eine Erhöhung der Rückführungszahlen haben nicht die erhofften Fortschritte gezeigt.“…“ Beitrag von Robin Alexander, Manuel Bewarder, Tim Röhn vom 18. März 2019 bei Welt online
- Chios: »Wenn man da reingeht und die Situation mit eigenen Augen sieht, dann ist das so krass.«
„Im Herbst 2018 war der in Deutschland lebende, afghanische Journalist Ramin Mohabat im Rahmen einer Konferenz in Griechenland und hat auch das Lager auf der griechischen Insel Chios besucht.“ Im Gespräch mit PRO ASYL am 28. Januar 2019 schildert Ramin Mohabat seine Eindrücke von der desolaten Lage dort: „… Das war eine Reise mit der Diakonie, eine Konferenz zur Asylpolitik in Griechenland und in der EU. Da war ich auch dabei und wir haben dort ein paar Flüchtlingsunterkünfte besucht – auch auf Chios. Dort hatte ich dann die Möglichkeit, mit ein paar Afghanen zu sprechen. Ich bin einfach mit in das Lager reingegangen und habe mir die Situation angeschaut, viele Geschichten gehört, Fotos gemacht. Das waren schreckliche Geschichten. (…) Das Hauptproblem in Chios war, dass die Leute nicht wussten, wie es weitergeht. Die warten seit drei Jahren auf dieser Insel und sie wissen nicht, wie es weitergeht. Einer kam zu mir, er ist seit drei Jahren in Griechenland, sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er hat keine Perspektive, fragte mich nach Hilfe. Er hat keine Ahnung, wo er rechtliche Hilfe bekommen kann, zum Beispiel einen Anwalt. Es gibt keinen Zugang zu Rechtsberatung. Aber zurück nach Afghanistan kann er nicht. Die Menschen können nicht weiterreisen nach Deutschland oder Frankreich, aber sie können auch nicht zurück. In die Türkei nicht, nach Afghanistan überhaupt gar nicht. Das ist einfach ein schreckliches Leben – seit drei Jahren auf Chios. In Athen war die Situation ein bisschen besser. Das Hauptproblem dort waren Gesundheitsprobleme. Es gab keine Ärzte, keine Medikamente. Außerdem sind die Kinder nicht auf der Schule. Viele Eltern haben gesagt: »Es ist ok. Jetzt leben wir seit drei Jahren hier. Wie wollen nur arbeiten, unser eigenes Geld verdienen und wir wollen unbedingt, dass unsere Kinder zur Schule gehen. Dass unsere Kinder auf der Straße leben und nichts machen, das ist nicht gut. Sie haben keine Zukunft.(…) Es hieß, in Europa gibt es Menschenrechte. Die Leute denken, sie gehen nach Europa, denn dort haben sie Rechte. Und dann kommen sie und hängen drei Jahre auf einer kleinen Insel fest…“
- Insel Samos: Flüchtlinge protestieren gegen unmenschliche Zustände
„Das Registrierlager für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Samos hat eine Aufnahmekapazität für 648 Menschen. Derzeit leben dort nach Angaben der Regierung in Athen mehrere Tausend Personen. Gegen ihre verheerende Lage sind sie erneut auf die Straße gegangen. Tänze, Gesang und afrikanische Trommeln vor den Büros der Hafenpolizei in Samos-Stadt – es ist ein bunter, friedlicher Protest. Einige Hundert Flüchtlinge, vor allem Afrikaner, sind die wenigen hundert Meter aus ihrem Zeltcamp hoch über der Stadt runter ans Wasser gekommen. „Wir können nicht mehr“ lautet ihre Botschaft nach langen, heftigen Regenfällen. Viele tragen nur dünne Kleidung und Badelatschen. „Wir leben unter wirklich unmenschlichen Bedingungen – das kann so nicht weitergehen. Wir hören, dass es sich auf Lesbos langsam bessert, aber hier nicht. Schauen Sie sich im Camp um – wir bekommen extrem schlechtes Essen, manche haben Angst, dass sie sterben – nur durchnässte Zelte für mehrere tausend Menschen – es geht uns wirklich sehr, sehr schlecht.“ (…) „Wenn es hier heftig regnet, können wir nicht schlafen. Wir haben Angst, dass der Wind uns das Zelt wegfegt. Und dann schlafen wir alle in der Mitte in einem Bett. Medizinische Hilfe gab es für mich bisher nicht – ich habe nur kurz mal einen Doktor gesehen, bin dann zur Klinik runter in den Ort. Aber die hatten keine Zeit und keine Medikamente für mich, gaben mir nur was Anzuziehen für meinen Sohn – ich solle am nächsten Tag noch mal kommen. Andere haben sie nicht weggeschickt.“…“ Beitrag von Michael Lehmann vom 24. Januar 2019 beim Deutschlandradio (Audiolänge: ca. 3:10 Min., abrufbar bis zum 2. August 2019)
- Drei Flüchtlinge sterben am Grenzfluss Evros. Griechische Beamte hatten sie zur Rückkehr in die Türkei gezwungen, wo sie wohl erfroren. Von „systematischen Pushbacks“ ist die Rede
„Schwere Vorwürfe gegen griechische Grenzpolizisten: Sie sollen drei Flüchtlinge, die aus der Türkei nach Griechenland kamen, zur Rückkehr über den Grenzfluss Evros gezwungen haben. Auf der türkischen Seite der Grenze fand man diese Woche ihre Leichen. Die drei Männer sind vermutlich erfroren. Seit Jahren gibt es immer wieder Berichte, wonach griechische Grenzpatrouillen am Evros (türkisch: Meric) Migranten zur Rückkehr in die Türkei zwingen. Auch aus der Ägäis gibt es solche Meldungen. Das berüchtigte Pushback ist völkerrechtlich verboten. Die griechischen Behörden haben stets bestritten, dass es diese Praxis gibt. Jetzt erregt ein neuer Verdachtsfall großes Aufsehen in den türkischen Medien. Diese Woche wurden in den grenznahen türkischen Dörfern Serem, Akcadam und Adasarhanli die Leichen von drei Flüchtlingen gefunden. Sie waren vermutlich erfroren. Näheres soll eine Obduktion klären. Unterdessen nahm die türkische Polizei einen Afghanen im Grenzgebiet fest. Er war nach eigenen Angaben mit einem der drei tot aufgefundenen Männer über den Fluss nach Griechenland gekommen. (…) Die griechischen Behörden haben sich zu dem aktuellen Fall bisher nicht geäußert. Aber die Berichte über solche Pushbacks häufen sich. Die türkische Nachrichtenagentur Demirören berichtete von 713 Migranten, die in jüngster Zeit zur Rückkehr in die Türkei gezwungen worden seien…“ Artikel von Gerd Höhler vom 5.12.2018 bei der FR online
- Lesvos, mon amour – Die Flüchtlingsproblematik auf Lesbos
„Am Anfang haben die Ortsansässigen von Molivos, Petra und Eftalou an der Nordküste von Lesbos den ankommenden Bootsflüchtlingen geholfen, ihnen zu Essen gegeben etc. Das war bis September 2015 so gewesen. Denn dann kamen immer mehr. Irgendwann haben daraufhin die Einheimischen dicht gemacht. Deshalb waren die ausländischen NGOs so wichtig, um den ankommenden Flüchtlingen zu helfen. Aber auch vor Ort haben sich NGOs gebildet (zum Beispiel Starfish Foundation). Seit längerem ist es wieder ruhiger geworden, aber nach wie vor kommen zirka drei Boote pro Tag an der Nordküste an. Außer bei Südwind. Wohlbemerkt, seit zwanzig Jahren kommen Flüchtlinge von der türkischen Küste hierher. Ich war im Sommer 2016 hier gewesen und jetzt diesen Sommer wieder. Ich habe mit vielen Einheimischen und Leuten von NGOs gesprochen, vor zwei Jahren und jetzt, so dass ich sehr genau beobachten konnte, was sich in der Zwischenzeit geändert hat. (…) Für mich war das eine gute Erfahrung, mich mit Flüchtlingen zu unterhalten, ihr freundliches Wesen wahrzunehmen, auch mit manchen von ihnen zusammenzuarbeiten. Den direkten Kontakt kann ich jedem nur wünschen, der schlecht über Flüchtlinge redet. Wobei keiner dazu nach Griechenland oder anderswohin fahren muss. Auch in Deutschland habe ich Kontakt zu zahlreichen Flüchtlingen, gehöre damit aber wahrscheinlich einer Minderheit an. Verhungern oder irgendwie verkommen muss auf Lesbos kein Flüchtling. Aber es drängt sich schon der Verdacht auf, dass ihr Leben hier – also genau zwischen Europa und Asien, und noch nicht in Zentralgriechenland (denn das wäre ja schon Europa) – bewusst erbärmlich gehalten wird. Das Argument, andernfalls kämen ja immer mehr, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber worum geht es hier denn eigentlich? Geht ist um Menschlichkeit oder um die „Festung Europa“, diese Trutzburg des Kapitalismus, die mit allen Mitteln verteidigt werden soll? Die europäischen Werte, allen voran die Demokratie der griechischen Antike, sind dabei doch schon längst verlustig gegangen, sind über Bord gegangen und ertrunken, wie die zahlreichen Bootsflüchtlinge im Mittelmeer.“ Ausführlicher Bericht von Peter Oehler vom 25. November 2018 bei Telepolis
- [13. bis 17. Dezember 2018] Veranstaltungsreihe zur Lage und zum Kampf der Flüchtlinge auf den Inseln Griechenlands mit dem Film „Moria 35“
„Der erste Teil des Films folgt den verschiedenen Protesten und der Festnahme der 35 Männer im Lager Moria. Im zweiten Teil wird der Gerichtsprozess gegen die Geflüchteten begleitet und es wird ein Ausblick auf ihre verschiedenen Lebenssituationen nach Verkündung des Urteils gegeben, die von einem Leben in Freiheit bis hin zu Haft und Abschiebung reichen. Der Fall der Moria 35 ist paradigmatisch für eine fortlaufende Kriminalisierung von Geflüchteten auf den Griechischen Inseln seit Abschluss der EU-Türkei Erklärung. Daher wird es zu Beginn des Films kurz die sich verändernde Situation von Geflüchteten seit dem Deal zwischen der EU und der Türkei vom März 2016 beschrieben. In Anschluss an den Film gibt es eine offene Diskussion mit dem Regisseur Fridoon Joinda, der selbst als Geflüchteter auf Lesbos lebte und zahlreiche Filme über die Situation auf der Insel gedreht hat, sowie mit der Produzentin Valeria Hänsel, die als Teil von der Organisation bordermonitoring.eu und kritnet des Netzwerks für kritische Migrations- und Grenzregime-Forschung auf Lesbos tätig ist“ – so das Veranstaltungsprogramm von „«Moria 35» Film und Diskussion über die Kriminalisierung von Geflüchteten auf den Griechischen Inseln. Eine Städtetour vom 13. bis 17. Dezember“ bei der Rosa Luxemburg Stiftung, inklusive der Zeit und Ortsangaben der Veranstaltungen in Marburg, Hannover, Göttingen, Dresden und Berlin. Siehe dazu auch einen aktuellen Beitrag über die Lage auf den griechischen Inseln:- „Menschenrechte: S.O.S. in Griechenland“ von Wassilis Aswestopoulos am 13. November 2018 bei telepolis berichtet unter anderem zum aktuellen Bericht der OSZE-Beauftragten für die Freiheit der Medien und Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović: „Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihres Reports gab sie in Griechenland der staatlichen Nachrichtenagentur Athens News Agency – Macedonian News Agency (AMNA) ein Interview. „Griechenland muss dringend Schritte ergreifen und eine langfristige Politik verfolgen, um die Aufnahme und die Integration von Migranten zu verbessern und um die Effekte der Austerität auf den Zugang zum Gesundheitsdienst und der Bildung umzukehren“, sagte sie. Die Europarats-Kommissarin stellte fest, dass Griechenland sich von einer Durchgangsstation zu einem faktischen Zielland für Immigranten gewandelt hat. In diesem Zusammenhang bemängelt sie die inhumane Unterbringung der Menschen in den Sammellagern auf den Inseln. Sie erwähnt all das, was seitens der Regierung in Reaktion auf einschlägige Pressereportagen als „Fake News“ bezeichnet wurde…“
- „Retter von Lesbos“ gestorben
„Der als Retter Tausender Flüchtlinge und Migranten in der Ostägäis bekannt gewordene griechische Oberleutnant zur See Kyriakos Papadopoulos ist tot. Er sei im Alter von nur 44 Jahren einem Herzinfarkt erlegen, teilte die griechische Küstenwache am Mittwoch mit. Der Offizier hatte allein 2015 und 2016, als die Massenwanderung aus Nahost und Mittelasien über die Türkei nach Griechenland und weiter nach Norden ihren Höhepunkt erreichte, zusammen mit der Besatzung seines Küstenwachboots Nr. 602 mindestens 5000 Menschen aus dem Meer vor der Insel Lesbos gerettet. In diesen zwei Jahren hatten mehr als eine Million Migranten die Ägäis überquert. Mindestens 1200 Menschen kamen um. Als Offizier wurde er international bekannt, als 2017 ein Dokumentarfilm (4,1 Seemeilen – 4,1 Miles) für den Oscar in dieser Kategorie nominiert war. Darin werden die dramatischen Einsätze des Offiziers und seiner Besatzung gezeigt und ihre Gefühle beschrieben…“ Meldung vom 10.10.2018 bei diepresse.com – siehe den Kurzfilm 4.1 Miles (20 min)
- Hotspots: Unmenschliche Lebensbedingungen und rechtliche Grauzonen
„»Der nächste Winter steht an und die griechischen Behörden sind einmal mehr unvorbereitet. Sie arbeiten an dem Transfer von ein paar tausend Schutzsuchenden auf das Festland und lassen alle anderen in der Misere zurück. Die Stimmen von Schutzsuchenden, Aktivist*innen und NGOs vor Ort müssen gehört werden.«, Natassa Strachini, RSA-Anwältin. (…) Bis 15.09.2018 kamen 4.000 Schutzsuchende mehr auf Lesbos an als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mitte September gab es Tage, an denen mehr als 250 Schutzsuchende die Insel erreichten. 8.500 Menschen lebten am 15.09.2018 in dem Hotspot, der zurzeit für 3.100 Menschen ausgelegt ist. Aufgrund der massiven Überbelegung wurde beschlossen, im September 2.000 Schutzsuchende auf das griechische Festland zu bringen. Anfang Oktober lebten weiterhin über 7.600 Menschen in Moria. (…) In Moria mangelt es an Personal in allen Bereichen. Die ärztliche Versorgung ist so schlecht, dass die Organisation Ärzte ohne Grenzen Mitte September einen Ausnahmezustand in der medizinischen und psychosozialen Versorgung feststellte. Im September, als die Überbelegung am Schlimmsten war, gab es nur einen einzigen Arzt für das ganze Lager. Durch die Überbelegung brechen Hautkrankheiten wie Krätze aus. (…) Die miserablen Hygienebedingungen haben Gesundheitsinspektoren der Regionalverwaltung veranlasst, dem Migrationsministerium eine Frist zu setzen, die Missstände zu beseitigen. Ansonsten drohen sie, den Betrieb des Hotspots zu untersagen. (…) Mit der neuen Kampagne »Nicht meine Lager« stellt sich PRO ASYL gegen die Entrechtung von Schutzsuchenden. Die Politik der Festsetzung als Maßnahme zur Abschreckung von Schutzsuchenden muss beendet werden.“ Bericht von Pro Asyl vom 9. Oktober 2018
- Flüchtlingslager auf Lesbos: Krankheiten, Gewalt, psychische Attacken
„Das Flüchtlingslager auf Lesbos war einst für 3000 Migranten ausgelegt. Mittlerweile leben dort 9000 Flüchtlinge. Für viele Menschen ist die Situation vor Ort unerträglich. (…) Sypros Galinos, der Bürgermeister der Inselhauptstadt Mytilini, sagt, es sei jetzt wichtig, dass möglichst ein paar tausend Flüchtlinge aufs Festland verlegt werden: „Ich glaube und hoffe, dass das jetzt bald verstanden wird. Wir alle kennen die Flüchtlingsbilder, die um die Welt gegangen sind. Für uns auf der Insel ist das auch eine furchtbare Verleumdung.“ Die Bewohner hätten beim dramatischen Beginn der Flüchtlingskrise viel geleistet, Belastungen ertragen und geholfen. „Es kann nicht sein, dass sich die Welt für immer darauf verläßt, dass wir Menschen auf Lesbos das alleine schaffen“, sagt der Bürgermeister. (…) Ein Sicherheitsmann in Zivil reagierte äußerst gereizt auf die Nachfrage eines Reporters am Seiteneingang des Lagers. Er führte den Journalisten schließlich für ein paar Minuten auf die Polizeistation des Lagers und lies ihn ausführlich zu den Gründen seines Besuchs befragen. Salam Aldeen von der Hilfsorganisation Team Humanity aus Dänemark sieht dahinter eine Taktik. Er ist harte Konfrontation mit den staatlichen Lagerverwaltern in Moria gewöhnt. Er glaubt, dass die Ansage für Sicherheitskräfte und Mitarbeiter in Moria heißt: Wir lassen uns beim Organisieren des Camps nicht auf die Finger schauen. (…) Er sagt, dass die humanitären Mitarbeiter kriminalisiert würden, weil man sie loswerden wolle – etwas, was er nicht verstehe, denn: „Wenn es die humanitären Helfer nicht gäbe, würde diese Insel endgültig im Chaos versinken.“ Beitrag von Michael Lehmann, ARD-Studio Athen, vom 27. September 2018 , siehe dazu auch das Video eines arte-Beitrags zum Thema
- Fatale Situation für Flüchtlinge in Griechenland – Ein Lagebericht über skandalöse Zustände
„Reportagen und Berichte über Flüchtlinge rufen gemischte Gefühle hervor. Wer die heute unter einschlägige Artikel geposteten Leserkommentare mit der Einstellung der Leser vor 2014 vergleicht, kann durchaus erschrecken. Seinerzeit verurteilten die Meisten die inhumanen Bedingungen, unter denen Schutzsuchende zu leiden hatten. Heute lässt sich der Eindruck nicht verdrängen, dass allein die Präsenz von Asylsuchenden viele Zeitgenossen zu hysterischen Reaktionen bewegt. Ein großer Teil der Europäer hat seine Einstellung zur Flüchtlingsfrage von einer Willkommenskultur, wie sie noch 2015 vorherrschte, zu einer mehr oder weniger differenzierten Fremdenangst geändert. Diejenigen, die bereits frühzeitig von den Übrigen als rassistisch eingestufte Reflexe zeigten, fühlen sich bestätigt und erfreuen sich nun, wie die Ereignisse von Chemnitz zeigen, zumindest in einigen Regionen eines erhöhten Zuspruchs. Diese Entwicklung ist nicht nur auf Deutschland, Österreich, Ungarn und Italien beschränkt. Auch in Griechenland hat sich das Klima geändert, wenngleich die Reaktionen verglichen zu Deutschland noch weniger heftig ausfallen. (…) Die Unterbringung in den Lagern ist nicht gut. Es gibt zudem kaum Zukunftsaussichten für anerkannte Flüchtlinge – diese sind auch für Griechen eher schlecht. Die Insassen der Lager sind frustriert. Sie beginnen zu demonstrieren und, wie es in Griechenland zum Beispiel seitens der Bauern üblich ist, Fernstraßen und Autobahnen zu sperren. Das kommt bei der einheimischen Bevölkerung nicht gut an, zumal es in einigen Fällen sogar zur Bedrohung der durch die Straßenbesetzung im Stau gefangenen Autofahrer kam. Die Polizei schaute dabei „deeskalierend“ zu. Griechenland hat indes versprochen, 4000 Asylbewerber, für die das Land zuständig ist, aus Deutschland zurück zu nehmen. Weitere sollen folgen. Einen Plan, wie deren Unterbringung gelingen und eine weitere Eskalation der Lage im Land vermieden werden kann, hat die Regierung allerdings noch nicht vorgelegt…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 3. September 2018 bei Telepolis
- Flüchtlinge in Griechenland: Kein Platz mehr auf Samos
„Die griechische Insel Samos ist ausgelastet: Mehr als 500 Migranten kampieren in Zelten ohne Strom und Duschen. Platzt der Flüchtlingsdeal mit der Türkei, könnte der Druck noch steigen. Wie Glühwürmer geistern die Lichtsignale der Smartphones durch die wilde Zeltstadt hoch über Vathi. Es sind primitive Zelte für mehr als 500 Flüchtlinge – ohne Stromversorgung, keine Duschen, wenig Waschstellen. Abends ist es in dieser Geister-Zeltstadt fast ganz dunkel. Gut 500 Menschen sind es inzwischen, die in den Containern hinter dem Stacheldrahtzaun keinen Platz mehr haben. Sie wurden in Not-Zelte gepackt. Das Flüchtlingscamp liegt knapp zehn Fußminuten entfernt vom Hafen in Samos-Stadt. (…) „Wir haben jetzt viele Neuankünfte hier in Vathi auf Samos, von denen klar ist, dass sie bis 2019 warten müssen, um überhaupt erst mal ihre Anhörung zu haben. Sie können sich vorstellen, was das für die Menschen bedeutet, die so zusammengepfercht leben.“ Auch auf den anderen Inseln gebe es viele Flüchtlingsfamilien und alleinstehende Frauen, die eigentlich aufs Festland gebracht werden sollen. Aber das funktioniere oft nicht: „Da gibt es zu wenig Transportmöglichkeiten und auch auf dem Festland ist nicht genügend Platz für sie.“ (…) Der griechische Migrationsminister Dimitris Vitsas will die Lage auf Samos möglichst schnell entschärfen. In Athen kündigte er vor drei Wochen an, eine größere Zahl von Flüchtlingen aufs Festland zu bringen. Auf Samos soll ein neues, besseres Camp an anderer Stelle gebaut werden. Doch das stößt auf Widerstand...“ Bericht von Michael Lehmann, ARD-Studio Athen, vom 03.08.2018 bei tagesschau.de
- Gefangenschaft auf der Insel, Gewalt und Chaos traumatisieren Asylsuchende auf Lesbos – Viele Kinder werden erneut traumatisiert
„Die Lage der Männer, Frauen und Kinder im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat sich weiter verschlechtert. Immer wieder kommt es in dem völlig überfüllten EU-Hotspot zu Unruhen, gewaltsamen Auseinandersetzungen und sexueller Gewalt. Die Lebensbedingungen im Camp sind sehr schlecht. Dies hat gravierende Folgen für die psychische Gesundheit von tausenden Menschen im Lager, wie das psychologische Team von Ärzte ohne Grenzen feststellt. Viele Kinder, die bereits auf der Flucht Traumatisches erlebt haben, werden in Moria erneut traumatisiert. Immer mehr Minderjährige leiden unter Panikattacken, Selbstmordgedanken oder haben bereits Selbstmordversuche unternommen. Nach wie vor kommen kontinuierlich mehr Menschen auf Lesbos an. Im Lager Moria, das ursprünglich für 3.000 Menschen ausgelegt war, sind inzwischen mehr als 8.000 Menschen untergebracht. Die vollkommen unzureichenden Lebensbedingungen im Lager stellen eine Gefahr sowohl für die körperliche als auch für seelische Gesundheit der Menschen dar. Das Team von Ärzte ohne Grenzen in Moria hat in den vergangenen Monaten miterlebt, wie die alltägliche Gewalt in Moria immer weiter eskaliert ist. Die Mitarbeiter haben Fälle von sexueller Gewalt behandelt, die sich innerhalb oder in der Umgebung des Lagers in Moria zugetragen haben…“ Pressemitteilung von und bei Ärzte ohne Grenzen vom 19. Juli 2018
- Lesbos: Ein Freiluftgefängnis am Rande Europas
„Tausende Menschen auf der Flucht sind auf der griechischen Insel Lesbos eingesperrt und kommen nicht weiter. Die rechten Übergriffe vor Ort nehmen zu, aber auch die Solidarität mit den Refugees. Der gemeinsame Widerstand muss notwendig antiimperialistisch sein. Am 14. Juni 2018 versuchte ein junger Refugee arabischer Herkunft, sein Leben vor den Augen der Menschen zu beenden, die am zentralen Hafen von Mytilini vorbeikamen. Er wurde von anderen Migrant_innen gerettet. Sie schafften es, einzugreifen und den jungen Mann noch rechtzeitig ins Krankenhaus zu bringen. Der junge Refugee hielt die faktische Gefangenschaft und die tragischen Lebensbedingungen im Flüchtlingslager Moria nicht mehr aus. Zwei Jahre nach dem EU-Türkei-Deal ist die Zahl der Migrant_innen auf der Insel Lesbos immer weiter gestiegen. Es wird geschätzt, dass mehr als 8000 Menschen derzeit in dem Lager in Moria eingepfercht sind: Die Nummer der Neuankommenden steigt täglich, was die Situation in dem Internierungslager immer weiter erschwert. (…) Zum Glück gibt es aber auch die andere Seite der Medaille: In der Nacht des 8. Mai 2018 fand eine grosse antifaschistische Demonstration auf der griechischen Insel Lesbos mit mehr als 1000 Teilnehmenden statt. Es war eine friedliche, aber auch dynamische Reaktion auf das kurz zuvor stattgefundene Pogrom am Sappho-Platz. Die Demo wurde gemeinsam von verschiedenen linken, kommunistischen und anarchistischen politischen Kräften, sowie von Solidaritätsinitiativen und Menschen, die in Refugee-Support-Organisationen arbeiten, organisiert. Eine kleine, aber entschlossene Anzahl von Refugees war ebenfalls involviert, die gegen die rassistischen Übergriffe und für ihr Recht auf eine bessere Zukunft und ein menschenwürdiges Leben kämpften. Es war eine Demo, in der alle diejenigen Stimmen zum Ausdruck kamen, die das Bedürfnis hatten, an der Seite der Migrant_innen und Refugees zu stehen, einschliesslich vieler Initiativen und Organisationen, ungeachtet ihrer politischen Differenzen. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Forderungen aller Beteiligten steht die Solidarität..“ Bericht von Eleni Triantafyllopoulou und Nikos Manavis beim Untergrundblättle vom 27. Juni 2018
- Protestierende Flüchtlinge auf Lesbos von der Polizei „evakuiert“ um sie vor faschistischen Angriffen zu schützen? Auf die Polizeiwache? Wo kein einziger Täter ankam?
Der Tenor der Berichterstattung über die Reaktion der griechischen Polizei auf den faschistischen Überfall auf protestierende Flüchtlinge war eindeutig: Die Flüchtlinge seien, sozusagen netterweise, von der Polizei evakuiert worden. Um sie zu schützen natürlich. Die Beurteilung des Polizeieinsatzes durch die Betroffenen und AktivistInnen geht dagegen in eine ganz andere Richtung: „After the fascist attack to refugees in protest in Lesvos yesterday night“ am 23. April 2018 beim Twitter-Kanal Sol2refugees ist die Meldung vom Athener City Plaza Hotel, worin erstens darüber informiert wird, dass die sogenannte Evakuierung für 130 Flüchtlinge auf der Polizeiwache endete. Und zweitens, dass sie dort auf exakt 0 evakuierte, festgenommene oder sonstwas faschistische Täter stießen, die sich einfach „in die Büsche“ schlagen konnten. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge:- „Polizei stoppt Migrantenprotest auf Lesbos“ am 23. April 2018 bei Spiegel Online vermeldet auch etwas anders als die Meisten: „Nach Ausschreitungen zwischen Rechtsextremisten, Migranten und der Polizei haben Einheiten der griechischen Bereitschaftspolizei am frühen Montagmorgen Dutzende Migranten gezwungen, einen zentralen Platz der Hauptstadt der Insel Lesbos, Mytilini, zu räumen. Bei den Ausschreitungen seien mehrere Migranten leicht verletzt worden, berichtete das griechische Staatsradio ERT-Nord-Ägäis. Vorangegangen waren Attacken von überwiegend rechtsextremen Gegendemonstranten, welche auf die seit vergangenem Mittwoch auf dem Sappho-Platz von Mytilini ausharrenden Menschen losgingen. Die Migranten wurden mit Steinen und Flaschen beworfen. Auch eine Leuchtkugel sei gegen die Besetzer geschleudert worden. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke ein, um die beiden Seiten auseinanderzuhalten, berichtet ERT“.
- „Fascists attacked RefugeesGR on Lesvos, Greece – Cops arrested victims of the attack“ am 23. April 2018 bei Enough is Enough berichtet die Eriegnisse genauer: Nach siebenstündigen Attacken auf die protestierenden Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen sei die Polizei eingeschritten – und habe neben den Flüchtlingen auch zwei Unterstützer festgenommen. Zuvor waren 35 Menschen von den Faschisten verletzt worden, die vor allem aus Aktiven der Goldenen Morgenröte und der Patriotischen Bewegung Lesbos zusammen gekommen waren. In dem Beitrag werden auch Aktive vor Ort zitiert, die die Meldung einer „Evakuierung“ als Propaganda bewerten.
- Ausschreitungen gegen Migranten auf der Insel Lesbos
„Zu Ausschreitungen gegen Migranten kam es in der Nacht von Sonntag auf Montag auf der Insel Lesbos. Am frühen Montagmorgen griffen starke Einsatzkommandos der Bereitschaftspolizei ein. Sie brachten die protestierenden Flüchtlinge in Busse, fuhren sie aus der Gefahrenzone und brachten sie zurück in den Hotspot von Moria. Viele der Demonstranten hielten sich bereits seit Dienstagabend am zentralen „Sapfous Platz“ an der Uferpromenade auf, um auf ihre Lage in dem völlig überfüllten Flüchtlingslager aufmerksam zu machen. Dort stehen etwa 3.000 Plätze zur Verfügung, belegt ist das Lager aber mit 6.500 Menschen. Die Protestierenden forderten, dass sie auf das griechische Festland reisen dürfen. Vor allem handelte es sich um Flüchtlinge aus Afghanistan, darunter viele Frauen und Kinder. Vor der Evakuierung der Migranten durch die Polizei war es zu kriegsähnlichen Szenen gekommen. Etwa 200 Jugendliche, deren Anführer dem rechtsextremen Lager zugerechnet werden, hatten im Laufe des späten Abends und in der Nacht gegen die Demonstranten mobil gemacht. Sie versuchten immer wieder, die Absperrungen der Polizei zu durchbrechen. Dabei wurden Parolen gerufen wie „Verbrennt sie lebendig“ und Ähnliches. Auf dem Platz wurden Seenotraketen abgefeuert, außerdem wurden Feuerwerkskörper, Steine, Flaschen und andere Objekte in Richtung der Migranten geworfen. Auch Müllcontainer wurden in Brand gesetzt. Die Polizei brachte Tränengas zum Einsatz, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Solidarisch unterstützt wurden die Migranten von Bürgern aus dem linken politischen Lager und einer Gruppe freiwilliger Helfer…“ Artikel vom 23. April 2018 bei der Griechenland Zeitung online
- Griechenland: Asylbewerber müssen Bewegungsfreiheit bekommen
„Seit Jahren werden Flüchtlinge auf griechischen Inseln festgehalten, viele harren in überfüllten Lagern aus. Das verletzt laut oberstem Gerichtshof die Menschenrechte. Griechenland muss Asylbewerbern bis zum Abschluss ihres Verfahrens Bewegungsfreiheit gewähren. Das urteilte der höchste Gerichtshof des Landes (StE), wie übereinstimmend griechische staatliche und private Rundfunksender sowie Nachrichtenportale berichteten. Die Entscheidung betreffe auch alle Migranten, die aus der Türkei zu den griechischen Inseln im Osten der Ägäis kommen, hieß es. Der Beschluss gilt demnach nicht rückwirkend. Er betrifft den Angaben zufolge aber diejenigen Menschen, die vom 17. April an auf den Inseln im Osten der Ägäis ankommen und einen Asylantrag stellen. Sie dürfen dann nicht mehr gezwungen werden, in den Registrierungslagern von Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos zu bleiben, beschloss das Gericht laut den Berichten…“ Agenturmeldung vom 17. April 2018 bei der Zeit online
- Erneute Flucht: Aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben, jetzt in Griechenland gestrandet
„Aus Deutschland abgeschobene afghanische Schutzsuchende sind erneut zur Flucht gezwungen. Jetzt sitzen sie in Griechenland unter unmenschlichen Bedingungen fest. Mitarbeiter*innen von Refugee Support Aegean (RSA), Partnerorganisation von PRO ASYL in Griechenland, haben vier Flüchtlinge getroffen, die in den griechischen Lagern gestrandet sind. (…) Seit der Unterzeichnung des »Joint Way Forward«-Abkommens zwischen der EU und Afghanistan im Oktober 2016, mit dem Ziel Abschiebungen nach Afghanistan zu erleichtern, wurden insgesamt 174 afghanische Schutzsuchende aus Deutschland nach Kabul abgeschoben. Die vier jungen Männer waren auf den ersten drei Charter-Flügen, die aus Deutschland starteten. Die Erfahrung der Abschiebung beschreiben alle vier als traumatisierend. (…) Die vier jungen Männer sahen sich gezwungen, erneut aus Afghanistan zu fliehen. Auf ihrer Flucht nach Europa wurden sie abermals Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen, wie völkerrechtswidrigen Zurückweisungen (sogenannte Push-Backs) an der türkisch-griechischen Grenze…“ Bericht vom 19.02.2018 bei Pro Asyl
- [Interview] Flüchtlingslager auf Lesbos: „Es wird offenbar versucht, die Zustände so schlecht zu gestalten, dass sie eine abschreckende Wirkung haben“
„Die direkt vor der türkischen Küste gelegene Insel Lesbos ist noch immer ein Anlaufpunkt für Flüchtlinge, die nach Europa wollen. Doch die Zustände im Flüchtlingslager auf Lesbos sind im Winter untragbar und sollen es wohl auch sein. Flüchtlinge, darunter Frauen, Kinder und Alte müssen in Sommerzelten ohne Boden übernachten. Sollte es wieder frieren wird mit Toten gerechnet, so wie schon letztes Jahr. Dies berichtet Thomas von Osten-Sacken von der Hilfsorganisation Wadi im Gespräch mit Radio Dreyeckland.“ Interview vom 01.02.2018 beim Audioportal Freier Radios
- Lager Moria: Hier scheitert Europa
„Die kleine Familie von Fatima Ahmadi hat Angst vor den kommenden Wochen, wenn es friert und wenn Stürme über die Insel peitschen. Sie fürchten die Kälte, die Grippe, Lungenentzündungen. Zeitungen berichteten im vergangenen Winter von den Folgen dieser Angst: Die Menschen heizten ihre Zelte mit selbst gebauten Öfen. Ein Ägypter, ein Pakistaner und ein Syrer starben, wohl an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Ein anderes Mal explodierte eine Gaskartusche. Das Feuer vernichtete zwei Container und 130 Zelte. 400 Menschen verloren ihre Bleibe. Eine 66-jährige Frau und ihr sechsjähriges Enkelkind verbrannten bei lebendigem Leib. Ahmadi erzählt, wie sie abends den Reißverschluss ihres Zelts zuzieht und ihre Söhne in Decken wickelt. Sie weiß von Menschen, die sich am Zaun des Lagers erhängt haben, sie kennt die Videos von den Ausschreitungen. Und sie kennt die finsteren Geschichten von Übergriffen, sie gehören zum Lager wie der Staub und der Müllgestank: Geschichten von Männern, die, zu zweit, zu dritt, zu viert, in die Zelte von alleinstehenden Frauen eindringen, um sie zu vergewaltigen“ – aus der Reportage „Hier scheitert Europa“ von Raphael Thelen am 03. Januar 2018 in der Zeit Online über die extrem menschenfeindlichen Zustände im völlig überbelegten Lager Moria. Worauf viele der weit über 1.200 Kommentare von Leserinnen und Lesern nicht weiter eingehen, sondern lieber ihre abstrusen volkswirtschaftlichen Rechnungen pflegen… Siehe dazu drei Beiträge über Aktivitäten im und um das Lager Moria:- „Riot Turtle on Lesvos: Every Day New Tents Are Popping Up“ am 05. Januar 2018 bei Enough is enough ist ein Erfahrungsbericht eines Aktivisten über drei Wochen rund um das Lager Moria. Dazu gehört auch ein Video – das die Überschrift markiert – über das weitere Anwachsen des Lagers unter übelsten Bedingungen. Neben der Darstellung alltäglicher Repression gehört die Berichterstattung über die Aktivitäten selbstorganisierter Initiativen zum Schwerpunkt dieses Beitrags.
- „#Lesvos: Inhumane and Illegal Detention Case Linked to EU-Turkey Deal“ am 04. Januar 2018 bei Enough is Enough ist die Dokumentation einer Presseerklärung von Lesvos Solidarity zur Inhaftierung eines pakistanischen Flüchtlings, aus Gründen religiöser Verfolgung seit 2016 im Lager, der nun im berüchtigten Prokeka-Gefängnis sein weiteres Schicksal erwarten muss – für die Initiative ein eindeutiges Ergebnis des Deals mit der Türkei.
- „Monitoring Moria“ am 17. Oktober 2017 bei Sea Watch war ein Sachbericht über Beobachtungen in den diversen „hot spots“ der Flüchtlings-Kasernierung, hier eben über Moria, wobei die Zustände im Detail dokumentiert wurden.
- Sie lassen Griechenland wieder hängen
„Deutschland wird keine Winterhilfen für Flüchtlinge auf den griechischen Inseln leisten. Gleichzeitig hat Berlin das Schengen-Abkommen für griechische Bürger ausgesetzt. Im Streit mit der Türkei kommt auch keine Hilfe. (…) “Männer, Frauen und Kinder leben in kleinen Sommerzelten in völlig überfüllten Lagern im Matsch”, beklagte etwa Ärzte ohne Grenzen. Auch Deutschland sei zu Hilfe verpflichtet. Doch Außenminister Gabriel denkt gar nicht daran. “Die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge liegt zunächst in der Verantwortung der jeweiligen Staaten”, erklärte das Auswärtige Amt. In der Verantwortung Berlins liegt hingegen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen für Einreisen aus Griechenland. Auf deutschen Flughäfen werden griechische Reisende festgehalten und diskriminiert. Griechenland hat deshalb schon Ende November Protest eingelegt. (…) Doch man duckt sich weg – genau wie im Grenzstreit zwischen der Türkei und Griechenland. Bei seinem Besuch in Athen hat der türkische Sultan Erdogan den Friedensvertrag von Lausanne infrage gestellt…“ Beitrag vom 10. Dezember 2017 von und bei Lost in Europe
- Angriff auf protestierende Flüchtlinge auf Lesbos: Zu dem Schlägertrupp gehörten Ladenbesitzer und Polizisten
Am 23. November 2017 wurden die protestierenden Flüchtlinge auf dem Sappho-Platz in Mytilini von einer etwa 40-köpfigen Schlägerbande überfallen, zu denen Ladenbesitzer der Umgebung und Polizisten gehörten – das Protestcamp musste vorübergehend geräumt werden. Als eine Reaktion darauf wurde am Tag danach das Büro der regierenden Syriza-Partei auf Lesbos besetzt. In dem Beitrag „Fascist Attacks Against #RefugeesGr and Supporters on #Lesvos“ am 28. November 2017 bei Enough is Enough werden diese Ereignisse vor allem von den Aktiuven der No Border Kitchen Lesvos berichtet und die Erklärung der BesetzerInnen des Syriza-Büros dokumentiert, die in der Partei einen der Verantwortlichen für ihre Lage sehen, zusammen mit lokalen Behörden inklusive der Polizei und eben bis hin zur EU und ihrer aggressiven Strategie gegen die Flüchtlinge. Die BesetzerInnen unterstreichen in dieser Erklärung sowohl ihre aktuellen Forderungen, als auch ihre Bereitschaft, trotz dieser Angriffe weiterhin öffentlich zu protestieren, und sich keinesfalls in das Lager Moria zurückschicken zu lassen, was in jedem Falle die schlechtere Lösung sei.
- Der Flüchtlingsprotest auf Lesbos geht weiter – und die Solidarität der Bevölkerung wächst
„Aus Protest gegen die dramatische Lage in den Flüchtlingslagern auf Lesbos sind die meisten Geschäfte, die Schulen und die Kommunalbehörden auf der griechischen Ostägäis-Insel am Montag geschlossen geblieben. Zu dem Generalstreik hatte der Bürgermeister der Inselhauptstadt Spyros Galinos aufgerufen. Am Vormittag gingen Hunderte Menschen auf die Straßen. »Entlastet unsere Insel. Die Menschen (Flüchtlinge) leben unter miserablen Bedingungen«, hieß es auf Transparenten. Es könne nicht sein, dass im Raum der Inselhauptstadt Mytilini mehr als 8000 Migranten in zwei Lagern zusammengepfercht leben müssen…“ – so beginnt die kurze Meldung „Lesbos streikt für Flüchtlinge“ am 21. November 2017 in neues deutschland , worin auch die Angriffe auf protestierende Flüchtlinge kurzes Thema sind. Siehe zu Flüchtlingsprotest und Solidarität drei weitere aktuelle Beiträge:- „Streik auf der Insel Lesbos für bessere Lebensbedingungen der Flüchtlinge“ am 20. November 2017 in der Griechenland-Zeitung berichtet unter anderem von diesem Streiktag: „Die Einwohner meldeten mit diesem Streik Widerstand gegen die Pläne der Regierung an, die für Flüchtlinge eingerichteten Camps auf der Insel noch weiter auszubauen. Wie der Bürgermeister von Lesbos, Spyros Galinos, mitteilte, wollen die Einwohner erreichen, dass die rund 8.500 Flüchtlinge und Immigranten, die auf der Insel interniert sind, auf das griechische Festland weiterreisen dürfen. Auf der Insel mit rund 32.000 Einwohnern fehle es an der notwendigen Infrastruktur, um all diese Menschen unterzubringen. Die Unterbringungsbedingungen auf dem Eiland seien schlicht und einfach „elend“, so der Bürgermeister. Während einer Pressenkonferenz kritisierte er, dass man die Verantwortung auf das Nichtfunktionieren des Flüchtlingspaktes abwälze, der im März 2016 zwischen der Türkei und der Europäischen Union unterzeichnet worden ist. Teile des Camps bei Moria sollen am Montag regelrecht im Schlamm versunken sein, viele der Flüchtlingskinder seien mit Fieber erwacht. Im vorigen Jahr waren hier drei Insassen bei einem Unwetter ums Leben gekommen. Konzipiert ist das Lager für 2.200 Menschen; etwa 7.000 sind derzeit hier untergebracht“.
- „#RefugeesGR Protests on #Lesvos Continue: #OpenTheIslands!“ am 21. November 2017 bei Enough is Enough ist einerseits ein Überblick über die aktuellen Proteste der Flüchtlinge und der Bevölkerung und verweist auch auf eine Demonstration gegen den Flüchtlingsprotest am selben Tag. In dem Bericht wird unter anderem hervorgehoben, dass Hungerstreikenden von offizieller Seite aus gesagt wurde, wenn sie tatsächlich streiken wollten, bis sie sich frei bewegen könnten, dann würden sie eben sterben…
- „Demonstration at Lesvos on November 20“ ebenfalls am 21. November 2017 bei Enough is Enough ist ein kurzes Video von der Protestdemonstration der Flüchtlinge am Vortag.
- [21.11.2017] Mahnwache für die Geflüchteten in Griechenland in Berlin
„Trotz wiederholter Warnungen sind tausende Schutzsuchende in den griechischen Hotspots im kommenden Winter wieder Kälte und Schnee schutzlos ausgeliefert. (…) Lasst uns ein Zeichen setzen! Die Mahnwache findet zeitgleich zur Plenarsitzung des Bundestages statt und adressiert ihre Forderungen auch an die neugewählten Abgeordneten, die über Fluchtursachen, wie unfaire Handelsbeziehungen, Waffenlieferungen, Klimazerstörung und Asylgesetzgebung mitentscheiden. Wir fordern: Relocation-Vereinbarung umsetzen und Familiennachzug gewährleisten! Solidarität mit den hungerstreikenden Geflüchteten in Athen! Keine Abschiebungen in die Türkei! Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flucht und Flüchtende!“ Aufruf zur Mahnwache am Dienstag, 21. November 2017 , Beginn 16 Uhr bis 20 Uhr, auf dem Pariser Platz, vor dem Brandenburger Tor, veranstaltet von: Bündnis Griechenlandsolidarität Berlin, Gesellschaft der Kultur des Friedens, Initiative: Respekt für Griechenland und unterstützt von ProAsyl
- Hungerstreik beendet, Proteste ausgeweitet: Flüchtlingsdemonstrationen auf Lesbos, in Athen und an der mazedonischen Grenze
„Einfache Zelte stehen aneinandergereiht auf dem Syntagmaplatz, schräg gegenüber dem griechischen Parlament. Über die Zelte sind Planen gelegt worden – stundenlang hat es gestürmt und geregnet. Passanten rufen den Streikenden Mut zu. Einige bleiben stehen. „Hungerstreik – Vereint unsere Familien“, steht mit weißen Lettern auf einem schwarzen Banner geschrieben, der über den Zelten angebracht ist. Es geht hier um Familie – das scheint fast jeder nachempfinden zu können. Samira Asman und ihre acht- und zehnjährigen Töchter blinzeln aus ihrem Zelt heraus. „Aufgeben? Das ist keine Option“, sagt die Frau aus Syrien. Sie ist eine der insgesamt 14 syrischen Flüchtlinge, die seit zwei Wochen mit einem Hungerstreik gegen die Verzögerung der EU-Politik in Sachen Familienzusammenführung protestieren“ – so beginnt der Beitrag „Die Hungernden von Athen“ von Theodora Mavropoulos am 15. November 2017 in der taz worin nochmals unterstrichen wird, dass unter anderem über 4.000 Menschen bereits eine Zusage für Familienzusammenführung hätten – eigentlich… Siehe dazu:- „Migrants plan to walk to border in protest march“ am 15. November 2017 bei Ekathimerini ist eine Meldung über einen Protestmarsch von Flüchtlingen zur Grenze Griechenlands mit Mazedonien. Darin wird auch berichtet, dass Unruhe und Protest sich insgesamt in allen griechischen Flüchtlingslagern, nicht nur auf den Inseln in der Ägäis, immer weiter verstärkten.
- [20. November] Solidarität mit der Demonstration der protestierenden Flüchtlinge auf Lesbos
Der nahende Winter, die zunehmende Kälte (des Wetters) befeuern den Widerstand der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln: Hungerstreiks werden fortgesetzt und die Platzbesetzung von Mytlini auf Lesbos ebenfalls. Jetzt wird für den 20. November 2017 zu einer Demonstration aufgerufen – und zu Solidaritätsaktionen in anderen europäischen Ländern. In dem Beitrag „#RefugeesGR November 20: Call for Demonstration on #Lesvos“ am 13. November 2017 bei Enough is Enough wird von der für den 20. November geplanten Flüchtlingsdemonstration in Mytilini berichtet – und eben hinzugefügt, dass all jene, die nicht dort sind, dies vor Ort mit Solidaritätsaktionen unterstützen können. Der Aufruf zur Demonstration wird dabei dokumentiert, in dem nochmals kurz der bisherige Protest seit der Platzbesetzung skizziert wird – und die Ergebnislosigkeit kritisiert, weswegen es an der Zeit sei, weitere Aktionen zu organisieren. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Bericht über die Lage in den Lagern beim hereinbrechenden Winter:- „»Moria ist nicht für den Winter geeignet«“ von Nelli Tügel am 14. November 2017 in neues deutschland ist ein Gespräch mit Barbara Lochbihler, Vizepräsidentin des Menschenrechtsausschusses im EU-Parlament, worin diese unter anderem ausführt: „Ich war in dem Lager Moria auf Lesbos, habe dort mit dem Direktor gesprochen und auch mit dem griechischen Migrationsminister Ioannis Mouzalas. Ich habe mit NGOs geredet und ja, der Hotspot Moria ist nicht für den Winter geeignet, weil er total überfüllt ist. Vorgestern, als ich dort war, lebten dort mehr als 6500 Personen. Das Lager ist für circa 2000 Menschen angelegt; über 1500 haben nur Sommerzelte. Der Direktor sagt, dass am Tag ungefähr 200 Neuzugänge kommen. Ich habe mit einer Ärztin geredet, die berichtete, dass von den Neuzugängen fast 40 Prozent Kinder sind. Mitarbeiter der NGOs sind reihum erschöpft und vergleichen die Situation teilweise mit Lagern in Kriegsgebieten: Völlig verdreckt, zu wenig Duschen und Toiletten, es wurden teilweise für die Nacht Windeln an Frauen ausgegeben, weil unter dem Druck die Stimmung sehr aggressiv ist“.
- Platzbesetzung und Hungerstreik auf Lesbos – lassen die griechische Regierung „kalt“
Seit 18 Tagen dauert nunmehr der Flüchtlingsprotest auf dem Mityliniplatz a seit 10 Tagen befinden sich 4 Männer und seit 5 Tagen fünf Frauen auf dem Platz im Hungerstreik. Die Reaktionen der griechischen Regierung und ihrer Behörden bisher: Keine. Außer der Polizei, die – bisher nur beobachtend – aufmarschiert ist. „Today is the 18th day of refugee sit-ins in Mitylini Square“ am 05. November 2017 im Fratzebuch von Arash Hampay ist eine kleine Fotodokumentation der aktuellen Lage an diesem Tag, in der die Forderung der Protestierenden nach Bewegungsfreiheit innerhalb der EU unterstrichen wird.
- Proteste auf Lesbos wachsen trotz Repression erneut an – jetzt auch Hungerstreik in Athen
Seit einigen Tagen weitet sich erneut ein Flüchtlingsprotest auf Lesbos aus, dort wurde ein neuerlicher Hungerstreik von fünf Männern am 26. Oktober 2017 organisiert, dem sich seit dem 1. November dieses Mal auch fünf Frauen und Jugendliche anschlossen. Und während die protestierenden Menschen ihre Aktion für Bewegungsfreiheit trotz verschiedener repressiver Maßnahmen fortsetzen, haben nun auch in Athen Flüchtlinge mit einem eigenen Hungerstreik begonnen, um gegen ihre Behandlung durch die griechischen Behörden im Auftrag der EU zu protestieren und die Zusammenführung mit ihren Familien zu fordern. Siehe dazu drei aktuelle Meldungen:- „Statement #RefugeesGR: Now Also Hunger Strike at #Syntagma in #Athens“ am 01. November 2017 bei Enough is Enough ist der Bericht über den Beginn des Hungerstreiks von elf Personen in Athen, worin auch die Erklärung der Hungerstreikenden dokumentiert wird, die ihre Familien durch das Grenzregime zerstört sehen.
- „#RefugeesGR: Women & Girls Join Hunger Strike on #Lesvos“ am 31. Oktober 2017 bei Enough is Enough war die Meldung über die Beteiligung von Frauen an dem Hungerstreik auf Lesbos ab dem folgenden Tag.
- „Protesting #RefugeesGR on #Lesvos Need Support – #OpenTheIslands“ am 29. Oktober 2017 bei Enough is Enough war die erste Meldung darüber, dass nach mehrtägigen Protesten auf Lesbos erneut ein Hungerstreik begonnen wurde – und der Aufruf dazu, diesem Protest die nötige Solidarität entgegen zu bringen.
- Neue Proteste gegen unhaltbare Zustände in griechischen Flüchtlingslagern
„Wir, die unterzeichnenden Menschenrechtsorganisationen und humanitären Nichtregierungsorganisationen, schreiben Ihnen wegen unserer tiefen Besorgnis über die sich verschlechternden Bedingungen für Tausende von Frauen, Männern und Kindern, die Asyl beantragen und auf den Ägäischen Inseln im Winter feststecken.Wir bitten Sie dringend, die derzeitige „Festhaltungspolitik“ von eingereisten Asylbewerbern auf den Inseln zu beenden, die nach dem Inkrafttreten der EU-Türkei Erklärung vom 18. März 2016 eingetroffen sind und die Asylsuchenden unverzüglich auf das Festland zu bringen und ihren Schutzbedarf zu erfüllen, indem Sie ihnen einen angemessenen und würdigen Schutz, Unterkunft und Zugang zu Dienstleistungen bieten. Wir anerkennen die Bemühungen der griechischen Regierung und die Solidarität des griechischen Volkes gegenüber Asylbewerbern und Migranten in den letzten Jahren. Viele unserer Organisationen haben wiederholt die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, echte gemeinsame Maßnahmen zu unternehmen und die Verantwortung für Asylbewerber und Migranten, die seit 2015 in Griechenland ankommen, untereinander fair aufzuteilen und ihre Menschenrechte zu respektieren. Der enttäuschende Mangel an echter Solidarität und an Engagement für die Verteilung der Verantwortung auf viele EU-Mitgliedstaaten sind jedoch keine Rechtfertigung für den derzeitigen Zustand für Asylbewerber auf den griechischen Inseln“ – so beginnt der „Gemeinsamer Brief an Premierminister Tsipras wegen Verschlechterung der Bedingungen für Asylsuchende auf den Ägäischen Inseln“ vom 23. Oktober 2017 nun in deutscher Übersetzung bei der Griechenland-Solidarität dokumentiert, der von 10 demokratischen und humanitären Organisationen verfasst wurde.
- Repression von Flüchtlingsprotesten auf Lesbos, im Lager Moria
„#OpenTheIslands #Lesvos: Cops Threatened to Arrest Protesting #RefugeesGR“ am 24. Oktober 2017 bei Enough is Enough ist der Bericht (inklusive Video) über Polizeirepression gegen die neuerlichen Proteste von Flüchtlingen auf Lesbos, im Lager Moria, in dem es bereits verschiedentlich Proteste gegeben hatte. Bereits am ersten Tag der neuen Proteste wurde ein versuch, eine Demonstration im Ort zu organisieren, von der Polizei per Straßenblockade behindert, in den folgenden Tagen gab es mehrfach Drohungen, wer protestiere, werde festgenommen – was allerdings nichts fruchtete, die Proteste werden fort gesetzt.
- Erfrieren lassen? Vor dem Winter in griechischen Flüchtlingslagern
„Über 14.000 Flüchtlinge und Migranten sitzen auf den griechischen Inseln nahe der Türkei fest. Noch immer müssen sie in sogenannten Hotspots unter tragischen Bedingungen ausharren. Nun naht der nächste Winter. „Wir machen uns große Sorgen, denn der letzte Winter war dramatisch“, sagt Vassilis Voulgarakis von der Nichtregierungsorganisation Lesvos Solidarity. Zahlreiche Menschen mussten in Zelten bei Minusgraden überwintern, weil die Kapazitäten in den Containern nicht ausreichten, erinnert sich der 43-Jährige. Sechs-Personen-Zelte waren mit bis zu 25 Menschen vollkommen überbelegt. Schwere Regenfälle durchnässten Decken, Schlafsäcke und Kleidung der Camp-Insassen. Sie hausten im Schlamm. Dann fiel Schnee. „Wir beobachten, dass sich erneut eine solche Situation anbahnt“, sagt Voulgarakis. Wenn nicht bald etwas von Seiten der Autoritäten geschieht, werden die Menschen hier wieder einen bitteren Winter erleben müssen““ – aus dem Bericht „Ganz normaler Ausnahmezustand“ von Theodora Mavropoulos am 12. Oktober 2017 in der taz , worin abschließend auch die griechische Regierung zitiert wird mit einer Stellungnahme nach Art von „Alles wird gut“. Siehe dazu einen weiteren Beitrag zur Lage der Flüchtlinge auf den Inseln – und den Solidaritätsaufruf gegen drohende Winterauswirkungen:- „MSF über die Lage in griechischen Refugeecamps“ am 12. Oktober 2017 im Freie-Radios.Net ist ein Interview von Wilma Rall von RaBe mit Louise Rolland-Gosselin von Medecins sans Frontières MSF über die Situation der Geflüchteten in den Camps auf den griechischen Inseln, das mit folgenden Einleitungstext versehen ist: „„Ich wäre lieber zuhause gestorben, als hier gefangen zu sein.“ Solche Aussagen hören die ÄrztInnen von Medecins sans Frontières MSF in letzter Zeit immer öfters, wenn sie Geflüchtete auf den griechischen Inseln betreuen. Laut dem gestern veröffentlichten Bericht ist die Situation auf Lesbos und Samos verheerend – und nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische Not der Betroffenen enorm. MSF schlägt Alarm – und verurteilt die Flüchtlingspolitik der EU mit ungewöhnlich scharfen Worten“.
- „Joint Statement: Open the Islands – No More Dead #RefugeesGR from Cold“ am 12. Oktober 2017 bei Enough is Enough ist eine gemeinsame Stellungnahme von 43 Solidaritäts-Gruppierungen, die an die griechische Regierung und die EU die Aufforderung richten, ihre Anti-Flüchtlingspolitik zu beenden, um neue Todesopfer zu verhindern. Die gemeinsame Kampagne „Open the Islands“ wird dadurch begonnen, die zur Auflösung der Insel-Lager führen soll.
- Psychosozialer Notstand auf den griechischen Inseln – Ärzte ohne Grenzen fordert sofortige Umsiedlung von Flüchtlingen auf das Festland
„Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen wirft Griechenland und der EU vor, für einen psychosozialen Notstand unter Asylsuchenden auf den griechischen Inseln mitverantwortlich zu sein. Die Teams der Organisation auf Lesbos und Samos behandeln immer häufiger Patienten, die Suizidversuche oder Selbstverletzungen unternommen oder psychotische Episoden durchlebt haben. Ein heute veröffentlichter Bericht zeigt, dass Gewalt, Vernachlässigung und die schlechten Lebensbedingungen den dramatisch schlechten seelischen Gesundheitszustand vieler Patienten maßgeblich verursachen. Ärzte ohne Grenzen fordert Griechenland und die EU auf, alle Asylsuchenden sofort auf das griechische Festland umzusiedeln, wo sie angemessen untergebracht werden können und besseren Zugang zu nötiger Gesundheitsversorgung haben…“ Meldung vom 10. Oktober 2017 , siehe den Report: Confronting the mental health emergency on Samos and Lesvos
- Europarat: Flüchtlinge in Griechenland leben unter „unmenschlichen“ Bedingungen
„Die Situation vieler Flüchtlinge in Griechenland ist weiter prekär. Der Europarat prangert die Probleme an, die Zustände bei der Unterbringung seien ein „Risiko für die Volksgesundheit“. Verheerende hygienische Zustände in überfüllten Sammelunterkünften, Polizeigewalt, Mangel an Trinkwasser und Nahrung – der Europarat hat die Situation Tausender Flüchtlinge in Griechenland scharf kritisiert. Migranten, darunter Frauen mit kleinen Kindern sowie unbegleitete Minderjährige, seien unter Bedingungen untergebracht, die nicht nur „unmenschlich und entwürdigend“ seien, sondern auch ein „Risiko für die Volksgesundheit“ bedeuteten, heißt es in einem Bericht des Anti-Folter-Komitees (CPT) des Europarats. Eine Delegation des Komitees, darunter ein Arzt, hatte im April und Juli vergangenen Jahres rund 20 Lager, Polizeistationen und Grenzposten in Griechenland besichtigt, in denen Flüchtlinge oft Wochen oder Monate lang ausharren müssen. Sie besuchten auch sogenannte „Hotspots“ auf Inseln in der Ägäis, die im Frühjahr 2016 mit Hilfe der EU zur Registrierung von Flüchtlingen eingerichtet wurden…“ Beitrag vom 26. September 2017 bei Spiegel online , es gibt dazu eine (engl.) Stellungnahme der griechischen Regierung
- Geflüchtete auf griechischer Insel Chios: „Sie behandeln uns wie Tiere“
„18.000 Geflüchtete sind in diesem Jahr bislang auf den griechischen Inseln angekommen. 2015 waren es noch 850.000 Menschen. Trotz der stark gesunkenen Zahlen sind die Bedingungen weiterhin schlecht. Die Behörden sind überlastet, der EU-Türkei-Deal wankt. „Selbst wenn 100 Leute kommen – das ist ungefähr die Zahl von Angekommenen in zwei Tagen – dann gibt es ein Problem. Wir kommen erneut an unsere Grenze.“ So schildert es der Chef der griechischen Asylbehörde auf Chios: Nikos Papamanolis. Er klagt, dass die griechischen Behörden mit jedem neuen Boot ein Stück näher an den Kollaps kämen. Die Sachbearbeiter kämen nicht hinterher, die Asylanträge zu bearbeiten. So sitzen die Geflüchteten oft Monate in den Zelt-Lagern fest. Nicht mal genug Schlafplätze gebe es auf Chios (…) Die Menschen aus den Kriegsländern Syrien, Irak und Afghanistan bilden die größte Gruppe. Sie sitzen wie der 24-jährige Syrer Khaled seit vier Monaten auf Chios fest – ohne Perspektive auf ein neues Leben. Er berichtet auch von Misshandlungen durch die Polizei. „Sie behandeln uns wie Tiere. Ihnen ist es egal, ob sie uns hauen, ins Gesicht schlagen, oder einfach nur schubsen. Aber nach all dem sind wir immer noch Menschen. Vielleicht mögen sie uns nicht, aber wir sind nun einmal hier. Wir haben keine Wahl. Hätte ich eine Wahl, wäre ich nicht hier. Es wäre ehrenvoller gewesen in meinem Land zu sterben, als diese Erniedrigung hier zu ertragen.““ Panajotis Gavrilis im Gespräch mit Andre Zantow am 18.09.2017 beim Deutschlandfunk Kultur
- Flüchtlinge in Griechenland: Aus den Augen, aus dem Sinn? Desolate Zustände in Lagern und Zunahme fremdenfeindlicher Übergriffe
„… Das Flüchtlingsthema ist auch in den griechischen Medien etwas in den Hintergrund gerückt. Fremdenfeindliche Übergriffe werden seltener thematisiert. Tatsächlich nehmen diese unvermindert zu. So kam es auf der relativ kleinen Insel Leros in der vergangenen Woche innerhalb dreier Tage zu täglichen Gewaltakten gegen Asylsuchende. Obwohl die Insel weniger als 8.000 Einwohner hat und trotzdem einige Vorfälle direkt vor den Augen der Polizei stattfanden, gab es keine Festnahmen. (…) Auf der anderen Seite ist die Polizei in einen ungleichen Kampf gegen die Schlepperbanden verwickelt. Deren Fantasie hinsichtlich möglicher Fluchtarten nimmt immer skurrilere Formen an. (…) Beinahe ebenso teuer wie die Flucht nach Europa ist dagegen die Abschiebung. Hier wurden nach Darstellung des Onlinemediums euobserver im Schnitt 5.800 Euro pro Kopf gezahlt. In einem Extremfall kostete die Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden in den Togo 90.000 Euro pro Kopf.“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 10. Mai 2017 bei Telepolis
- Flüchtlinge in Griechenland: Zermürbendes Warten
„Ein Jahr nach dem EU-Türkei-Deal ist die Lebenssituation der Flüchtlinge in Athen und auf Lesbos kaum erträglich, berichtet Ramona Lenz von der Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international…“ Bericht von Ramona Lenz (medico international) vom 2.5.2017 bei der FR online – erschreckend, aber auch voll von Beispielen für solidarische Strukturen
- Griechenland: Sexuelle Ausbeutung von minderjährigen Flüchtlingen greift um sich
„… Der 20. April ist bei Anhängern des Nationalsozialismus als Geburtstag Adolf Hitlers ein beliebter Anlass für Demonstrationsmärsche. In Griechenland ist zudem der Folgetag, der 21. April, ein Datum, welches an den Obristenputsch vom 21. April 1967 erinnert. Auf Chios nutzen die dortigen Anhänger der Goldenen Morgenröte und ihre Sympathisanten den doppelten Anlass, um einen abendlichen Protestmarsch zum Flüchtlingslager in Souda zu starten. Sie griffen das Lager an und bewarfen die Insassen mit Steinen. Drei der Asylsuchenden wurden verletzt. Die herbeigeeilte Polizei konnte keinen der Angreifer dingfest machen, nahm jedoch sieben Asylbewerber fest, die sich gegen die selbsternannte Bürgerwehr zur Wehr gesetzt hatten. Vor ihrer Attacke auf das Flüchtlingsheim hatten die Demonstranten eine Stadtratssitzung in Chios gestürmt und eine dortige Konferenz zur Flüchtlingsthematik gesprengt. (…) Die Nachlässigkeit der Behörden betrifft nicht nur die Strafverfolgung von Angreifern auf Flüchtlingsheime. Der Bürgerschutzobmann Griechenlands bemängelte in einer Studie, dass die minderjährigen Asylsuchenden nicht genügend geschützt werden. Besonders krass seien, so der Bericht des Bürgerschutzobmanns, die Versäumnisse hinsichtlich des Zugangs Minderjähriger und unbegleiteter Minderjähriger zu dem ihnen zustehenden und in internationalen Verträgen verankertem Schutz, zum Zugang zu Bildung und Schulen und hinsichtlich der medizinischen Versorgung. Darüber hinaus gäbe es Mängel im System der Altersbestimmung. Wie schlecht die Minderjährigen geschützt sind, zeigt sich in der geradezu epidemisch um sich greifenden sexuellen Ausbeutung der Kinder. Für einen Preis, der meist unter 15 Euro liegt, werden immer mehr Asylantenkinder zum Sexobjekt von Päderasten. Das Phänomen ist im gesamten Land beobachtbar und nicht nur auf die urbanen Ballungszentren beschränkt…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 22. April 2017 bei Telepolis
- Flüchtlinge: Entsetzen auf Chios. Unruhe in Griechenland – Das politische Klima gegenüber den Migranten verschlimmert sich
„Auf Chios hat am Donnerstag ein junger Syrer versucht, sich mit einer Selbstverbrennung zu töten. Es heißt, dass er die Lebensbedingungen im Lager Vial nicht länger ertragen konnte. Der Mann, über dessen Tat ein über Facebook verbreitetes Video existiert, wurde mit schweren Brandverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er soll an 85 Prozent seines Körpers verbrannt sein. Ebenfalls verletzt wurde ein ihm zu Hilfe eilender Polizist. (…) Der Syrer ist kein Einzelfall, Anfang der Woche wurde ein fünfundzwanzigjähriger Syrer im Hafen von Athen tot aufgefunden. Der Mann hatte sich erhängt. (…) Auf Lesbos möchten die dortigen Geschäftsinhaber noch mehr Polizeipräsenz. Sie verlangen, dass die Flüchtlinge und Immigranten, die von ihnen als „Mob mit unkontrollierbarer Psychologie“ bezeichnet werden, von der Polizei am Demonstrieren und Versammeln in zentralen Einkaufsstraßen gehindert werden. Eine ähnlich scharfe, rassistisch motivierte Wortwahl ist von Seiten der Goldenen Morgenröte oft zu hören. Nun schließen sich auch Regierungsabgeordnete an. Kostas Katsikis von den Unabhängigen Griechen konnte bei einer Rede in Anwesenheit von Syriza-Abgeordneten zahlreiche herabwertende Bezeichnungen von Flüchtlingen verwenden. (…) Keine Probleme sieht dagegen der Staatspräsident. Prokopis Pavlopoulos betonte gegenüber einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes, dass Griechenland alle seine Pflichten gegenüber den Flüchtlingen erfüllt. Dagegen mahnt das UN Flüchtlingshochkommissariat in einer Mängelliste acht dringende Probleme an. Das UNHCR drängt darauf, dass die Asylantragserfassung samt Antragsbearbeitung endlich effektiv und verlässlich funktioniert…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 31. März 2017 bei Telepolis
- Proteste gegen griechische Lager – gegen den Deal der EU mit der Türkei
„Mehr als 2.000 Menschen haben am Samstag in Athen gegen den EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei demonstriert. An der Spitze des Zuges, der durch die griechische Hauptstadt zum Sitz der Büros der EU-Kommission führte, trugen die Demonstranten ein Banner mit der Aufschrift „Annullierung des Vertrags der Schande zwischen der EU und der Türkei“ und „Hunderte Flüchtlinge haben am Samstag auf der griechischen Insel Lesbos gegen das Flüchtlingsabkommen der EU und der Türkei protestiert. Mit dem Protest wollten sie auf ihre Lebensbedingungen aufmerksam machen. Diese seien schrecklich im Morian-Migrantenlager, in dem die Flüchtlinge leben.“ – beides aus der Pressedokumentation „Demonstrationen in Athen und auf Lesbos gegen EU-Flüchtlingspakt“ am 20. März 2017 bei der Griechenland-Solidarität – zu der auch ein Video über die Demonstration auf Lesbos gehört. Siehe dazu auch einen Beitrag über die Opfer des schmutzigen Deals:- „Ein Jahr EU-Türkei-Deal: die Opfer“ am 19. März 2017 bei der Griechenland-Solidarität ist ebenfalls eine kleine Dokumentation vor allem über einen Bericht zu den Lebensumständen geflüchteter Kinder
- Und zum Hintergrund unser Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage
- Abschieben! Auch wieder in die unmenschlichen griechischen Lager – das ruft Proteste hervor
Ab dem 15. März 2017 soll, nach jahrelanger Pause, wieder nach Griechenland abgeschoben werden, jetzt „kann man es“ ja wieder tun, nachdem der Dirty Deal mit der Türkei die juristischen Einwände von 2011 „beseitigt“ hat: „Die Europäische Kommission hat am 8.12 vorgeschlagen, dass ab 15.3.2017 die Menschen, die es schaffen, sich von den griechischen Flüchtlingscamps in andere europäische Länder durchzuschlagen, wieder zurückgeschickt werden können. Das Dublin-System müsse stufenweise für Griechenland wieder Geltung haben. Die griechische Asylbehörde habe erhebliche Fortschritte mit dem Aufbau von Erfassungsstrukturen gemacht. Außerdem werde die Lage in den griechischen Camps sich wohl bis März so weit verbessert haben, dass Griechenland die europäischen Standards für Flüchtlingsunterbringung einhalten könne. Schließlich sei ja genug Geld von Europa nach Griechenland geflossen“ ist aus der Pressemitteilung der Griechenland-Solidaritätsgruppe Hamburg „Keine Abschiebung nach Griechenland!“ bereits am 16. Januar 2017 in der mit kurzen Schilderungen der Zustände in den griechischen Lagern gegen diese EU Initiative Stellung genommen wird, und als Alternative gefordert: „Und wir fordern von unserer Bundesregierung, dass sie das im September 2015 versprochene Relocation-Programm für 27.500 Geflüchtete (aus Griechenland und Italien) endlich zügig umsetzt“. Siehe zum Hintergrund unser Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage
- „Lasst sie uns herbringen“: EU-Bürger wollen Flüchtlinge mit dem Auto abholen
„Europäische Bürger haben in Brüssel angeboten, die von der EU beschlossene Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland mit ihren eigenen Autos teilweise selbst zu übernehmen. Unter dem Motto „Lasst sie uns herbringen“ demonstrierten am Montag nach Schätzungen mehrere Hundert Menschen in Sichtweite der EU-Ratsgebäude. Viele fuhren in Autos umher und zeigten symbolische Nummernschilder, um ihre Bereitschaft zur Beförderung von Flüchtlingen zu demonstrieren. Organisator der Aktion war die gleichnamige Initiative aus den Niederlanden, unterstützt wurde sie unter anderem von Amnesty International und dem Flüchtlingswerk der Niederlande…“ Bericht vom 7. März 2017 im Migazin . Siehe dazu die Aktionsseite: http://www.bringthemhere.eu/ und den Bericht im ai-blog
- Hungerstreik afghanischer Flüchtlinge in Athens Horrorlager – Solidaritäts-Aufruf des City Plaza Hotels
Am Sonntag, 5. Februar 2017 haben rund 200 Flüchtlinge aus Afghanistan im berüchtigten Lager Hellinikon in Athen mit einem Hungerstreik begonnen. Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens von Athen wurden im Herbst 2015 drei verschiedene Lager für Menschen aus Afghanistan eingerichtet – gesagt worden war, maximal bis zum Juli 2016. In den drei Lagern leben insgesamt 1.300 Menschen. Sie fordern mit ihrem Protest ein sofortiges Handeln des Migrationsminister Griechenlands – bisher verkehren die Behörden mit ihnen ausschließlich per Skype-Anrufen. Ihre Klagen drehen sich, wie immer in griechischen Lagern, um ganz einfache, fundamentale Dinge. So fordern sie beispielsweise heißes Wasser, das es so wenig gibt, wie etwa Milch für die Kinder. Aber auch eine Gelegenheit, Wäsche zu waschen – und Dolmetscher für den Fall von Krankheiten. Und schließlich möchten sie auch noch Schulunterricht für die Kinder haben. Also: Nur das Allernormalste, plus heftige Klagen über die Qualität des angelieferten Essens. In dem Bericht „Refugees at Ellinikon camp on hunger strike due to appalling living conditions“ am 05. Februar 2017 bei Keep Talking Greece werden auch griechische antifaschistische Gruppierungen zitiert, die darauf verweisen, dass dieser Hungerstreik auch ein Ergebnis ist monatelanger Klagen, die ohne jede Antwort blieben. Siehe dazu auch den Solidaritäts-Aufruf des City Plaza Hotels in Athen und einen Bericht in deutscher Sprache:- „Protest and hungerstrike started from today the Afghan refugees in Elliniko Camp“ am 05. Februar 2017 ist die erste Meldung über den Hungerstreik, die vom City Plaza Hotel Projekt kam (hier dokumentiert beim Twitterkanal von sol2refugees, worin eben auch zu Solidaritätsaktionen aufgerufen wird
- „Flüchtlinge in Griechenland treten in den Hungerstreik“ am 05. Februar 2017 in neues deutschland , worin auch noch darauf verwiesen wird: „Elliniko sei nicht das einzige Camp mit Problemen. KEEFRA verweist auf die griechischen Inseln. Seit Jahresbeginn sind mindestens fünf Menschen in Lagern auf Lesbos (Moria) und Samos (Ritsona) gestorben. Hilfsorganisation wie Pro Asyl, Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und Human Rights Watch machen immer wieder auf die Lebensgefahr für Flüchtlinge insbesondere seit Wintereinbruch in den griechischen Camps aufmerksam“
- Neue Todesopfer in griechischen Flüchtlingslagern: UNO hält EU für verantwortlich
„Innerhalb einer Woche kam es in griechischen Flüchtlingslagern zu vier Todesfällen. Obwohl nicht alle Todesursachen zweifelsfrei geklärt sind, zeigt sich immer mehr, dass die Versorgung in den Lagern unzureichend ist. Seitens des Flüchtlingshochkommissariats der UNO, dem UNHCR, wurde öffentlich angeprangert, dass die griechische Regierung ebenso wie die EU-Kommission für die desolaten Zustände in den Lagern verantwortlich ist. Das UNHCR prangerte zudem an, dass für den Hotspot in Moria auf der Insel Lesbos fertige, mit EU-Geldern mitfinanzierte, wetterfeste Unterbringungsmöglichkeiten seit mehr als einem Monat zur Verfügung stehen würden. Allerdings gäbe es für die Inbetriebnahme noch kein grünes Licht vom für die Asylverfahren zuständigen Amt. Auch deshalb seien während des Schneetreibens im Januar beheizbare Großzelte aufgestellt worden, was nur eine vorläufige, unzureichende Lösung sei. Tatsächlich wurden zwei der Todesfälle in Moria registriert…“ aus dem Artikel „Griechenland: Todesfälle in Flüchtlingslagern“ von Wassilis Aswestopoulos am 29. Januar 2017 in telepolis – worin auch über den Hungerstreik eines ägyptischen Flüchtlings berichtet wird, der Übergriffe der Armee angezeigt hatte…
- Griechenland: 62.328 Flüchtlinge und Immigranten frieren in den Hotspots
„… Weniger konsequent war das Immigrationsministerium mit der Kontrolle der eigenen Verantwortlichkeit. So wurden im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung rund 2.500 Zeitangestellte in den öffentlichen Dienst berufen. Weniger als zwanzig Prozent davon arbeiten wirklich mit Flüchtlingen. Die Arbeitsverträge beinhalten die Tätigkeit in Hotspots. Zumindest teilweise werden die Arbeitsplätze mit Fördergeldern für Flüchtlinge aus dem EU Regionalförderungsfonds 2014-2020 finanziert. Weil nun aber in den Hotspots keine Arbeitsplätze eingerichtet wurden, zogen die Stadtverwaltungen der Orte, in denen die betreffenden Hotspots liegen, „überzählige“ Arbeitskräfte zum Dienst in den Stadtgemeinden ab. Pikant ist, dass dieser Missstand durch eine parlamentarische Anfrage von Regierungsabgeordneten aufgedeckt wurde. Die parlamentarische Anfrage wurde vom Regierungskoordinator für Flüchtlingsfragen, Vizeverteidigungsminister Dimitris Vitsas beantwortet. Obwohl das Immigrationsministerium von der griechischen Raffinerie Hellenic Petrol insgesamt 140.000 Liter Heizöl als Spende erhielt, kann es weiterhin noch nicht allen Flüchtlingen und Migranten eine warme Unterkunft bieten. Wie das UNHCR beklagt, befinden sich allein auf der Insel Samos 500 Familien in Zelten, die weder wintertauglich noch beheizt sind…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 18. Januar 2017 bei telepolis
- Flüchtlinge frieren im Lager, die Familie wartet in Deutschland
„Rund 7500 Flüchtlinge harren allein in Nordgriechenland bei Eiseskälte in Zelten ohne Heizung und warmes Wasser aus. Gut die Hälfte von ihnen will nach Deutschland oder anderswo nach Europa, wo bereits Familienangehörige auf sie warten. Doch die Zusammenführungen laufen schleppend…“ Artikel von Salinia Stroux und Chrissi Wilkens vom 17.1.2017 bei der Tageswoche . Aus dem Text:- „… Die späte Registrierung der Anträge lange nach der Schliessung der Balkanroute im vergangenen März hat die Zusammenführung Tausender Familien massiv verzögert. Zuerst warteten die Flüchtlinge auf die Öffnung der Grenze. Dann verzögerte sich die Registrierung, weil sie die überforderten griechischen Asylbehörden in Athen wegen blockierter Skype-Verbindungen nicht kontaktieren konnten. Zu einer weiteren Verzögerung führte die Vor-Registrierung in den Lagern, die dazu diente, alle undokumentierten Flüchtlinge vorläufig zu erfassen und mit Papieren auszustatten. Durch diesen neuen Verfahrensschritt wurden zwar innerhalb von drei Monaten die Daten Tausender Flüchtlinge erfasst, aber die Termine für eine komplette Registrierung wurden erst ab September nach und nach vergeben. Einige können ihre Anträge deswegen erst im März 2017 voll registrieren lassen. 2733 Anträge auf Familienzusammenführung nach Dublin-III-Verordnung seien 2016 bis einschliesslich Ende November in Griechenland gestellt worden, so die Asylbehörde. Nur 289 Antragsteller konnten bisher zu ihren Verwandten innerhalb der EU. Mit Abstand die meisten Gesuche richteten sich an Deutschland, gefolgt von Schweden und Österreich…„
- Schlimme Lage von Flüchtlingen in Griechenland. Schuld ist der „katastrophale Türkei-Deal“
„In Griechenland verschärft der Wintereinbruch die Lage der Flüchtlinge – vor allem auf den Inseln. Vorwürfe, seine Regierung sei überfordert, wies der Syriza-Politiker Giorgos Chondros zurück. Es kämen viel mehr Flüchtlinge als ausgewiesen werden könnten, sagte er im Deutschlandfunk. Schuld sei der „katastrophale Türkei-Deal“ der EU…“ Giorgos Chondros im Gespräch mit Martin Zagatta vom 14.01.2017 beim Deutschlandfunk online
- Eisige Zeiten für Flüchtlinge und Griechen
„EU lässt Griechenland mit Flüchtlingen allein, die Kältewelle forderte unter Griechen erste Todesopfer, Ursache ist auch die hohe Besteuerung der Brennstoffe. Aus dem Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos kommen erschreckende Bilder. Griechenland befindet sich unter dem Einfluss einer für das Land äußerst seltenen Kältewelle, selbst Strände im Süden sind eingeschneit. Unter diesen Wetterbedingungen müssen die Flüchtlinge in den Hotspots auf den griechischen Inseln in Zelten in dichtem Schnee überleben. Ein eindrucksvolles Video eines Insassen zeigt, wie schwierig das ist. Die EU-Kommission wäscht derweil ihre Hände in Unschuld. Für sie ist allein Griechenland für die Versorgung der aufgrund des EU-Deals mit der Türkei auf Inseln festsitzenden Flüchtlinge verantwortlich. Nachdem am Sonntag noch Fotos aus dem Camp von der staatlichen Nachrichtenagentur ANA-MPA an die Presse gingen, besteht nun auch ein Verbot das Lager von außen zu fotografieren. Das Problem soll schlicht totgeschwiegen werden, während gleichzeitig Minister wie Bürgerschutzminister Nikos Toskas vor die Kameras treten und behaupten, man habe sämtliche Flüchtlinge nun in irgendwelchen Hotels untergebracht. Die Insel Lesbos ist ebenso wie zahlreiche andere Inseln zeitweise ohne elektrische Stromversorgung…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 10. Januar 2017 bei Telepolis
- Griechenland: Tausende Flüchtlinge schutzlos in der Kälte – und bald endet der Abschiebestopp
„In Griechenland leiden Tausende Flüchtlinge bei klirrender Kälte in unbeheizten Zelten und prekären Behausungen. Trotzdem will das BMI ab dem 15. März wieder dorthin abschieben. PRO ASYL fordert stattdessen zügige Rettungsmaßnahmen für die Schutzsuchenden und eine lückenlose Aufklärung dieses lebensgefährdenden Unterbringungsmanagements. Die Empfehlung der EU-Kommission und die Mitteilung des BMI (die PRO ASYL vorliegen), nach dem 15. März wieder mit Dublin-Überstellungen nach Griechenland zu beginnen, blenden bewusst die dramatische Situation der über 60.000 gestrandeten Schutzsuchen in Griechenland aus, um das unmenschliche Zuständigkeitssystem zu retten…“ Beitrag von und bei Pro Asyl vom 09.01.2017
- Geflüchtete erfrieren – UNHCR: Geflüchtete auf das Festland bringen!
Beitrag auf dem Griechenlandsoli-Blog vom 8. Januar 2017 , darin auch die Darstellung des Ersuchens der griechischen Regierung an die EU, Geflüchtete auf das Festland zu bringen
- Aktuelle Situation von Geflüchteten in Griechenland: Überwintern im Zelt
„Am Ende des Jahres 2016 befinden sich mehr als 62.000 Geflüchtete in Griechenland, 33.650 davon leben in Lagern auf dem Festland. Die meisten von ihnen sind auf Grund von Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat geflohen und eine erhebliche Anzahl von ihnen ist besonders schutzbedürftig: Mehr als 1.200 unbegleitete Minderjährige wurden während der von der griechischen Regierung durchgeführten Vorregistrierung von Asylsuchenden identifiziert und weitere 3.500 sind Härtefälle anderer Art…“ Gemeinsame Pressemitteilung vom Mobile Info Team und des Legal Team for the Protection of Immigrants` and Refugees` Rights vom 21. Dezember 2016 . Aus dem Text: „… Die meisten dieser Menschen stecken auf Grund von besonders langwierigen Asylverfahren in Griechenland fest und viele von ihnen wurden zudem falsch über die Dauer der Verfahren informiert, was die Frustration noch zusätzlich steigert. Der Zugang zum Asylsystem ist schwierig, da das derzeit vorherrschende System, einen Asylantrag über Skype vorregistrieren zu müssen, nur bedingt funktioniert und es sehr lange dauert, bis Anträge aufgenommen und bearbeitet werden. Das bedeutet, dass viele Menschen, die darauf warten, mit ihrer Familie in anderen EU Ländern zusammengeführt zu werden, oder die am Umsiedlungsprogramm der Europäischen Union („Relocation-Programm“) teilnehmen, ein bis zwei Jahre in Griechenland bleiben werden. Asyl in Griechenland zu beantragen dauert mindestens ebenso lang. Da es keinen anderen Plan für staatlich organisierte Unterkünfte als die Lager gibt (außer für Antragsteller des Relocation-Programms), ist es für viele die einzig verfügbare Option in den Flüchtlingslagern zu bleiben. Diese als vorübergehende Notlösung präsentierten Lager, sind zu einer dauerhaften und längerfristigen Nicht-Lösung geworden. Trotz einiger ungenügender Versuche die Lager winterfest zu machen, frieren immer noch tausende von Menschen in Zelten ohne Heizung, die meisten davon sind Frauen und Kinder…„
- Griechenland: Flüchtlinge schutzlos dem Wetter ausgesetzt
„Regenfälle, Hagelstürme und Temperaturstürze um 10 Grad: Die Inseln, auf denen Flüchtlinge wegen des EU-Türkei-Deals verharren, werden zu Notstandsgebieten. Die für die Insel Lesbos zuständige Regionalpräsidentin Christiana Kalogirou hat beim Generalsekretär für Zivilschutz, Giannis Kapakis, beantragt, die Insel Lesbos zum Katastrophengebiet zu erklären. Grund sind die anhaltenden sintflutartigen Regenfälle, Hagelstürme und der Kälteeinbruch mit einem Temperatursturz um zehn Grad Celsius. Zahlreiche Häuser der Insel stehen unter Wasser, Geschäfte wurden überflutet. In der gleichen Lage wie die ägäische Insel Lesbos befindet sich die ionische Insel Zakynthos. Auch Zakynthos ist Notstandsgebiet. Was die Lage auf Lesbos und den übrigen Ägäisinseln schlimmer macht, ist die Tatsache, dass dort rund 17.000 Flüchtlinge und Immigranten wegen des EU-Türkei-Deals in Zelten vegetieren. Bereits in der vergangenen Woche kamen im Lager Moria auf Lesbos zwei Menschen ums Leben und zahlreiche weitere wurden teilweise lebensgefährlich verletzt. Eine 66-jährige Kurdin und ihr sechsjähriger Enkel verstarben, ein Großteil des Lagers brannte ab. Grund war die Explosion einer mit Gas betriebenen Heizung in einem Zelt…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 30. November 2016
- Souda Hot Spot auf Chios: Erst Aufstand, dann Nazi-Übergriff
„In der zweiten Nacht in Folge kam es am gestrigen Donnerstag in einem Hotspot auf der Insel Chios in Griechenland zu schweren Ausschreitungen. Dabei gingen mehrere Zelte von Flüchtlingen in Flammen auf. Da der Hotspot nach den bisher vorliegenden Informationen von außen mit Brandflaschen und Feuerwerkskörpern angegriffen wurde, wird ein rechtsradikaler Hintergrund nicht ausgeschlossen…“ Beitrag “ Erneut Gewalt in Hotspot auf Chios“ bei der Griechenlandzeitung online vom 18. November 2016 , der hier noch etwas vorsichtig, wenige Zeilen später aber konkret formuliert: „Dabei sei es auch zu verbalen Auseinandersetzungen mit anwesenden Rechtsradikalen gekommen.“ Siehe zum Vorabend einen weiteren Beitrag:- Am Mittwochabend (17.11.16) hatten Berichten zufolge Flüchtlinge selbst Teile des Lagers mit Feuerwerk in Brand gesetzt und standen dann mit Knüppeln bewaffneten Anwohnern gegenüber – die, Berichten zufolge, einem Aufruf der Goldenen Morgenröte gefolgt waren. Siehe dazu den Beitrag „UPD Chios: Fireworks set Souda hot spot on fire, stones damage cars & shops“ bei keeptalkinggreece vom 17. November 2016
- Hotspots in Griechenland brennen, Europa lässt Flüchtlinge im Stich
„Der Brand ereignete sich am Abend des 19. September 2016 gegen 17 Uhr im Hotspot Moria auf der griechischen Insel Lesbos und geriet in kurzer Zeit außer Kontrolle. Zelte und Wohncontainer fingen Feuer, über 4.000 Flüchtlinge mussten evakuiert werden. Die obdachlosen Schutzsuchenden flohen in die umliegenden Felder und suchten im nahe gelegenen Dorf Moria Zuflucht. »Was ich sah, war der Horror«, berichtet Ariel Ricker, eine deutsche Rechtsanwältin, die Montagnacht vor Ort war. Die Zustände in den völlig überfüllten Hotspots auf den griechischen Inseln sind schon lange katastrophal. PRO ASYL ist mit dem Projekt »Refugee Support Program in the Aegean (RSPA)« vor Ort und berichtete wiederholt von untragbaren, gefährlichen Zuständen. Da die Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland in andere EU Staaten nicht vorankommt, verschlimmert sich die Situation in den Lagern zusehends…“ Beitrag von und bei Pro Asyl vom 22. September 2016 . Siehe dazu:- Griechenland: Flüchtlinge vs. Fremdenhass
„… Lesbos ist in den Tagen nach den katastrophalen Bränden im Hotspot Moria und den gewalttätigen Demonstrationen um die Flüchtlingsproblematik eine geteilte Insel. Gegner und Befürworter der Flüchtlinge stehen sich unversöhnlich gegenüber…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 22.09.2016 - A rough night: Protests for freedom, Moria on fire and fascist attacks
Augenzeugenbericht zur Brandnacht von anwesenden Refugee-Supporter*innen – bei der No Border Kitchen Lesvos vom 21. September 2016
- Griechenland: Flüchtlinge vs. Fremdenhass
- Anwohner gegen Flüchtlinge, Flüchtlinge gegen Massenabschiebung: Lage auf Lesbos eskaliert
Hunderte Einwohner von Moria und den umliegenden Gegenden protestierten am Montag morgen (19.9.16) unter reger Beteiligung der Faschisten von der Goldenen Morgenröte gegen die Tatsache, dass sich Flüchtlinge erdreisten, sich nicht den ganzen Tag über im „Hot Spot“ einsperren zu lassen, sondern ihr Gefängnis zumindest tagsüber für einige Zeit zu verlassen – was zu Präsenz auf den Straßen und öffentlichen Plätzen der Gegend führt. Von der Demonstration gingen mehrere Angriffe auf Unbeteiligte aus, die zumindest in einem Fall im Krankenhaus endeten. Die anwesende Polizei griff nicht ein. Wenig später versuchten 300 Flüchtlinge aus dem Camp Moria, sich außerhalb des Lagers für einen Protestmarsch zu versammeln, nachdem sich im Lager das Gerücht verbreitet hatte, Massenabschiebungen in die Türkei würden unmittelbar bevorstehen. Die Polizei unterband den Protest und zwang die Menschen zur Rückkehr ins Lager. Bereits auf diesem Rückweg gerieten mehrere Olivenhaine in der Umgebung des Lagers in Brand. Siehe dazu den Bericht „Lesvos in Migration Crisis: Situation at risk of getting out of control with protests, attacks and unwanted NGO’s“ vom 19. September 2016 bei keeptalkinggreece . Am Montagabend kam es zu einem Großbrand im Lager Moria selbst. Siehe dazu zwei weitere Beiträge:- Tausende Flüchtlinge fliehen aus brennendem Lager auf Lesbos
„ Bei einem Brand im Flüchtlingslager „Moria“ auf der Insel Lesbos sind am Montagabend die mehr als 3000 Bewohner geflohen. Die Lage sei außer Kontrolle, berichtete die Online-Zeitung „I Efimerida“. Bereits am frühen Abend war es im Hotspot zu Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern mit verschiedenen Nationalitäten gekommen. Dabei sei auch das Feuer gelegt worden. Zunächst hätten die Sicherheitskräfte deshalb die Kinder in ein anderes Auffanglager gebracht, berichtete das Insel-Portal „Lesvos News“. Dann seien immer mehr Flüchtlinge aus dem Lager geflohen und hätten sich auf den Weg zur Inselhauptstadt Mytilini gemacht. Die Migranten fordern, nach Athen reisen zu dürfen…“ Agenturmeldung, hier bei der Berliner Zeitung online vom 19.09.16 . Die Flüchtlinge sind Berichten zufolge allerdings nach dem Brand ins Lager zurück gekehrt. - Lesbos Mehrere Festnahmen nach Brand in Flüchtlingslager
„Die griechische Polizei hat nach dem Brand in einem Hotspot auf Lesbos 18 Migranten und Flüchtlinge festgenommen. Sie stehen im Verdacht, das Feuer gelegt zu haben und für Krawalle verantwortlich zu sein…“ Meldung bei SPON vom 20. September 2016
- Tausende Flüchtlinge fliehen aus brennendem Lager auf Lesbos
- Flüchtlinge in Griechenland: „Die Camps füllen sich wieder“
Mütter mit Kleinkindern müssen im Freien schlafen, in einigen Lagern gibt es nicht genug Trinkwasser. Und Asylverfahren dauern eine Ewigkeit… Artikel von Theodora Mavropoulos in der taz online vom 21. 8. 2016 . Aus dem Text: „… „Es sind die gleichen Bilder wie vor einem Jahr“, sagt Imad Amoun, Sprecher der Kinderhilfsorganisation Safe the Children in Griechenland. Ewig lange Schlangen bilden sich vor den Essenausgaben der Camps, Menschen müssen im Freien schlafen, weil die Kapazitäten nicht genügen. Auch sanitäre Einrichtungen reichen für die zusammengepferchten Menschen nicht aus. Täglich werde das Wasser für ein paar Stunden abgestellt, berichtet Amoun. Die Flüchtlinge und Migranten müssen das bei über 30 Grad hinnehmen. Durch die schlechten hygienischen Bedingungen bestehen gesundheitliche Risiken. Nun schlägt Save the Children Alarm und warnt vor dramatischen Zuständen. „Von den etwa 11.000 Flüchtlingen auf den Inseln sind etwa 3.800 Kinder“, so Amoun…
- EU: Umverteilung der Flüchtlinge kommt nicht voran
„Flüchtlinge und Migranten kommen mittlerweile nicht nur an griechischen Grenzinseln an. Auch um die zentral gelegene Peloponnes herum, bei Kalamata, gab es die Ankunft eines Holzkahns mit 67 Flüchtlingen und Immigranten. Sogar auf der nur für begüterte Touristen erreichbaren Kykladeninsel Mykonos kam ein Dutzend von ihnen an. Die gegenüber der Türkei liegenden Inseln haben derweil täglich die Ankunft von knapp 150 Personen zu vermelden. Das ist immer noch weniger als die Tausenden des Vorjahres, jedoch scheint sich im gesamten Land eine Hysterie rund um die Flüchtlingsfrage zu entwickeln…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 21.08.2016 . Weiter heißt es: „… Ein Blick in die offizielle, an die Presse weitergeleitete Statistik der EU zeigt, dass keiner der EU-Staaten oder der assoziierten Staaten seine Verpflichtung bei der Umverteilung der Flüchtlinge vollständig erfüllt hat. Von den versprochenen 98.256 Umverteilungen der Flüchtlinge aus Italien und Griechenland wurden lediglich 3.977 tatsächlich vorgenommen, laut EU stehen 95.472 noch aus. Auch in Griechenland wehren sich zahlreiche Menschen gegen Flüchtlingslager. Auf Kreta stoßen die Pläne der Regierung, dort Lager zu errichten, auf den Widerstand der Hoteliers und der Lokalpolitiker…
- Flüchtlingssituation: „Griechenland steht kurz vor dem Kollaps“
„In Griechenland fehlten mit Blick auf die Flüchtlingssituation Personal, Geld, Unterbringungsmöglichkeiten und eine Integrationsstrategie, sagte der in Athen lebende Ökonom Jens Bastian im DLF. Griechenland sei politisch und administrativ überfordert. Der Abbruch des Flüchtlingsabkommen mit der Türkei würde das Land wieder zu einem Transitland machen. Griechenland habe viele europäische Partner, so Bastian. Aber in dem Land konzentrierten sich eben auch die zwei wichtigsten Krisen Europas: die Flüchtlings- und Migrationskrise und die Finanz- und Staatsschuldenkrise. Dafür brauche Griechenland Unterstützung. Aber auch Berlin sei in der Flüchtlingsfrage auf Athen angewiesen…“ Der Ökonom Jens Bastian im Gespräch mit Dirk Müller beim Deutschlandfunk vom 4. August 2016
- Flüchtlinge in Griechenland: „Wir brauchen zügige Verfahren der legalen Weiterreise“
„Nach Ansicht des Europa-Beauftragten von Pro Asyl, Karl Kopp, ist es das Gebot der Stunde, in menschenwürdige Flüchtlingsunterkünfte zu investieren und legale Wege für eine Weiterreise zu eröffnen. Die Migranten lebten in Griechenland unter zum Teil elendigen Bedingungen, sagte er im DLF. Die Schutzsuchenden, die in Griechenland festsäßen, seien die „Leidtragenden des Flüchtlingsdeals“, die „Opfer einer zynischen Politik“, sagte der Europa-Beauftragte von Pro Asyl, Karl Kopp, im DLF. Im Rahmen des Flüchtlingsdeals mit der Türkei habe man aus „offenen Lagern“ über Nacht „Haftlager“ gemacht…“ Karl Kopp im Gespräch mit Mario Dobovisek beim Deutschlandfunk am 02.08.2016
- Nach Idomeni: Auch die letzten beiden selbstorganisierten Flüchtlingscamps im Norden Griechenlands geräumt
In den frühen Morgenstunden des 13. und 14. Juni 2016 kamen Polizeieinheiten, suchten zuerst nach verbliebenen freiwilligen Unterstützer*innen und nahmen diese in Gewahrsam – um je anschließend die beiden verblibenen nicht-staatlichen Flüchtlingscamps im Norden Griechenlands zu räumen. Alles friedlich, ist die offizielle Aussage. Presse war allerdings, wieder einmal, nicht zugelassen. Und: von Stoßen, Brüllen, Schlagen berichten Betroffene. Nicht zu vergessen die strukturelle Gewalt, der mensch sich ausgeliefert sieht, wenn man mal eben von einem sicher nicht hübschen, aber bis auf weiteres selbst gewählten Ort eingesammelt wird und nicht einmal erfährt, wo es denn hin gehen soll. Die Zustände in den offiziellen Camps jedenfalls sind keinesfalls besser, nur die Handlungsmöglichkeiten für das letzte bisschen Selbstbestimmung wegorganisiert. Nicht für lange,will man hoffen. Siehe dazu den Bericht „Eviction of the two last self-organised camps in Northern Greece“ von und bei Moving Europe vom 14. Juni 2016
- Nach der Räumung von Idomeni: Substandards in neuen Flüchtlingscamps
In „offizielle“ Camps sind sie umgesiedelt worden, die Flüchtlinge, die noch bis vor kurzem im griechischen Idomeni an der Grenze zu Mazedonien ausgeharrt und auf die Möglichkeit einer Weiterreise gehofft hatten. Schlamm, Dreck, mangelnde Versorgung – die Zustände in Idomeni waren katastrophal, die vielen freiwilligen Helfer*innen konnten das organisierte Versagen Europas nur mühsam mildern. In den „offiziellen“ Camps sollte nun alles besser werden und – mehr noch – sollte der rechtliche Zugang zum Asylverfahren gewährleistet werden. Wie „Moving Europe“ nun berichtet, stimmt nichts davon. Sanitäranlagen seien nur in ungenügender Zahl vorhanden, teilweise ohne warmes Wasser. Essensversorgung findet kaum statt – so dass in drei der Camps schon wieder Solidarity Kitchens – Küchen der Solidarität – die Versorgung übernommen haben. Reguläre Gesundheitsversorgung ist nicht vorgesehen – nur im Notfall kann über Militär, Polizei oder das UNHCR ein Krankenwagen gerufen werden. Wobei die Definition von „Notfall“ dann in deren Händen liegt. Für Asylanträge muss man sich per Skype bei den griechischen Behörden melden – ohne Internetzugang schlicht unmöglich… Siehe dazu den Bericht “ Lives at risk: Substandard conditions in new camps around Thessaloniki“ von Moving Europe vom 4. Juni 2016
- Griechenland: Aufruhr in den Lagern. Schüsse, Messerstechereien, Brände und zahlreiche Verletzte
„Ein Topf, kurz vor dem Überkochen“, so charakterisierte die Partei To Potami Anfang der Woche die Lage in den staatlichen griechischen Flüchtlingslagern auf Lesbos und in Kilkis. Mittlerweile brennen im Land die Lager. (…) Griechische Medien melden zudem, dass offenbar in Zusammenhang mit den Verstimmungen zwischen der EU und der Türkei, sowie insbesondere Berlins mit Ankara – wegen der Anerkennung des Genozids an den Armeniern – erkennbar ist, dass immer mehr Flüchtlinge auf der Seite der Türkei in die Nähe der Strandbezirke kommen. Inwieweit diese Meldungen der Wahrheit entsprechen, lässt sich noch nicht abschätzen. Doch auch ohne die Massen der Neuankömmlinge, wie sie im letzten Sommer verzeichnet worden waren, ist die Lage auf den Inseln explosiv…“ Bericht von Wassilis Aswestopoulos in telepolis vom 03.06.2016
- Die Vergessenen von Moria. Im Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos herrscht Hoffnungslosigkeit. Die Insassen wehren sich gegen die dortigen Zustände
„Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos kommt es seit Tagen zu schweren Unruhen. Handyvideos aus der abgeriegelten Anlage, in der derzeit rund 4.000 Menschen interniert sind, zeigen wie am Montag Hunderte Männer Barrikaden aus Mülltonnen errichteten, die mit Stacheldraht versehenen Zäune bestiegen und sich Auseinandersetzungen mit der Polizei lieferten…“ Artikel von Hauke Heuer, Lesbos, in junge Welt vom 03.06.2016
- Who are you, Europe? Zwei ehrenamtliche Helfer berichten über die Lage der Geflüchteten im griechischen Idomeni
„Tausende Geflüchtete hoffen in Griechenland, irgendwann nach Zentraleuropa weiterreisen zu dürfen. Die Bedingungen im aufgelösten Zeltlager Idomeni waren eine Katastrophe. Doch in den neuen Lagern ist die Situation kaum besser…“ Bericht von Clara Graulich und Martin Wähler vom 02.06.2016 beim ND online , sie waren als freiwillige, ehrenamtliche Helfer in Idomeni vor Ort. In dem Beitrag schildern sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen
- Die Räumung von Idomeni und ihre Bedeutung
- Idomeni – das stille Ende des Lagers
„Im Hintergrund steht auch die geplante Privatisierung der Bahn, Gerichte erkennen die Türkei nicht als sicheres Herkunftsland an…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 26.05.2016 . Aus dem Text: „… Am ersten Tag vermeldete die Regierung auch die Nationalitäten der in andere Lager gebrachten Personen. Es waren 662 Syrer, 1273 Kurden und 96 Jesiden. Die Afghanen weigern sich von allen Flüchtlingsgruppen am meisten, in die Busse zu steigen. Sie hielten bis zum Mittwoch die Bahngleise besetzt. Genau darum ging es offenbar primär bei der schnell angeordneten Räumung des Areals. Die besetzten Bahngleise haben das staatliche Zugunternehmen TrainOse um Millionenbeträge geschädigt. Die Bahnlinien sollen, was am Sonntag bei der Beschließung des Parlaments über ein neues Sparpaket noch einmal deutlich wurde, schnellstens privatisiert werden. Am 22. Juni soll endlich die allein von der Regierung Tsipras bereits zweimal verschobene Auktion beendet werden. Mit einer seit mehr als 70 Tagen besetzten zentralen Route nach Europa wäre die Käuferfindung geradezu unmöglich geworden… - „24.5.2016 Updates from the eviction in Idomeni“ bei moving europe (worauf auch im eidomeni ticker verlinkt wird) ist der Versuch, trotz aller Behinderungen der Berichterstattung diese so gut es geht, vor allem in Gesprächen mit Betroffenen, fortzuführen
- Menschen verjagen, in Lager sperren? Europas Schande. Und Tradition
„Einheiten von Schutz- und Bereitschaftspolizei rückten in der Morgendämmerung an, über den Feldern rings um Idomeni kreisten Hubschrauber, offenbar um den Flüchtlingsfamilien die Endgültigkeit des Unternehmens deutlich zu machen. Viele der seit Wochen an der Grenze ausharrenden Menschen seien angesichts der geballten Staatsmacht »freiwillig« in bereitstehende Busse gestiegen, sagten Zeugen. Bis in die Mittagsstunden hinein sei kein nennenswerter Widerstand registriert worden, frohlockte der für Flüchtlingsfragen zuständige Sprecher des Innenministeriums, Giorgos Kyritsis. Nach seinen Angaben steht die von der als »Linkspartei« an die Macht gekommenen Syriza getragene Regierung unter Alexis Tsipras »nicht unter Zeitdruck«. Sie hoffe, die Aktion bis Ende der Woche abschließen zu können. Einige hundert junge Männer, die noch immer hoffen, einen Weg durch die europäischen Stacheldrahtverhaue Richtung Frankreich, Deutschland und England finden zu können, halten sich nach Angaben von Einheimischen in den Bergen versteckt…“ – aus dem Beitrag „Europas Schande“ von Hansgeorg Herrman am 25. Mai 2016 in der jungen Welt der auch noch die altbekannten offiziellen Ausflüchte für solcherart Angriffe berichtet - „Linker Super-GAU“ von Theodora Mavropoulos am 24. Mai 2016 in der taz , die unter anderem schreibt: „Doch damit nicht genug. Jetzt tritt Tsipras auch noch die Pressefreiheit mit Füßen: Ausgerechnet eine links geführte Regierung hat gestern als Erstes die Journalisten ausgeschlossenen, bevor sie mit großem Polizeiaufgebot begonnen hat, das Flüchtlingslager in Idomeni zu räumen. Nur der Staatssender ERT und die staatliche Presseagentur APD sind für die Berichterstattung zugelassen“
- „Was kommt nach Idomeni?“ von Nicholas Ganz am 24. Mai 2016 in neues Deutschland , der zum Thema Pressefreiheit berichtet: „Am 12. Mai beschwerten sich im UNHCR-Büro von Thessaloniki bereits fünf Flüchtlinge aus dem Ende April angelegten offiziellen Lagkadikia-Camp über die Zustände dort. Ein Besuch des offiziellen Flüchtlingscamps Nea Kavala in der Nähe von Idomeni wurde mir vom Militär verweigert, so dass es mir unmöglich war, mich selbst ein Bild zu machen“
- Idomeni – das stille Ende des Lagers
- Flüchtlinge, die sich wehren: Vor allem in Griechenland
„In der Theorie klingt es ganz einfach: „Idomeni wird geschlossen. Punkt“, sagt Tzanetos Filippakos aus dem griechischen Innenministerium zu SPIEGEL ONLINE. In der Realität will kaum einer der mehr als 10.000 Flüchtlinge in den verwahrlosten Camps an der griechisch-mazedonischen Grenze seinen Platz räumen“ – so beginnt der Beitrag „Lager an griechischer Grenze: Flüchtlinge in Idomeni wehren sich gegen Räumung“ von Giorgos Christides am 07. Mai 2016 in Spiegel-Online , in dem auch genügend Gründe aufgeführt werden, warum die Menschen irgendwelchen Zusicherungen kaum noch vertrauen. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge aus Griechenland:- „Interview with S. who is living in the camp in Chalkero“ am 07. Mai 2016 beim Live Ticker Eidomeni
ist ein Interview vom 5. Mai mit einem Lagerinsassen, der bei den Lagerprotesten am 29. April dabei war – aber auch davor. Und danach. Wofür sie aktiv sind wir darin knapp zusammengefasst: Familienzusammenführung, trockene Zelte, anständiges Essen – und Wissen, was weiter geschehen soll. Das Mindeste also. - „Griechenland: Flüchtlingskinder werden in Gefängnisse gesperrt“ am 07. Mai 2016 in Spiegel-Online , worin unter anderem berichtet wird: „Das UNHCR schätzt, dass sich 2000 unbegleitete Kinder und Jugendliche im Land aufhalten. „Die Zahl liegt höchstwahrscheinlich noch viel höher, weil viele Jugendliche, die ohne Eltern ankommen, von den griechischen Behörden direkt als Erwachsene registriert werden“, sagt Imad Aoun, Sprecher von Save the Children in Griechenland. Die Lage für die Minderjährigen sei deprimierend und gefährlich, viele würden krank. Da sich herumspreche, wie schlecht die Zustände in den Polizeistationen seien, lebten viele Jugendliche mittlerweile auf der Straße und in Parks, berichtet Aoun“ – was ja traditionell auch eine Form des Widerstandes ist…
- „Interview with S. who is living in the camp in Chalkero“ am 07. Mai 2016 beim Live Ticker Eidomeni
- Griechenland – das Warten auf die Auferstehung: Die Lage der Flüchtlinge und Immigranten ist unverändert schlecht
„An der Lage der Flüchtlinge und Immigranten in Griechenland hat sich trotz des Deals der EU mit der Türkei nicht viel geändert. Die Flüchtlingsankünfte auf den Inseln steigen wieder an. Die Grenze zur EJR Mazedonien bleibt weiter geschlossen. Die Nachbarrepublik zeigt sich unnachgiebig und geht vielmehr dazu über, zur Überwachung des wilden Lagers in Idomeni in den griechischen Luftraum einzudringen…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 25.04.2016 . Siehe dazu:- Europas Friedhof
An der Peripherie eines der reichsten Wirtschaftssysteme der Welt werden täglich Gräber für Kinder geschaufelt… Reportage aus Lesbos von Hansgeorg Hermann in der jungen Welt vom 27.04.2016 - Moving Europe berichtet: Illegale Pushbacks von Mazedonien nach Griechenland
2.000 Menschen sind am Abend und in der Nacht des 14. März 2016 – gewaltsam und ohne Beachtung eines Rechtswegs – von Mazedonien nach Griechenland zurückgeschoben worden. Moving Europe hat zu diesen Ereignissen einen detallierten Bericht erstellt, der seit dem 25. April 2016 auf ihrer Webseite nachzulesen ist (englisch). Demnach haben die mazedonischen Behörden mit den durchgeführten Pushbacks klar gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
- Europas Friedhof
- Räumung des No Border-Camps auf Lesbos
Am Mittwoch, 20. April 2016, wurde das No Border-Camp auf der Insel Lesbos gewaltsam geräumt. Bisher hatten etwa 300 bis 400 Leute im Camp gelebt, diese sind im Zuge der Räumung – morgens um 6 – in das Abschiebelager Moria verbracht worden. Moria ist dafür berüchtigt, Asylsuchende ohne adäquate Prüfung ihres Anliegens in die Türkei zurückzuschieben. Die unterstützenden Aktivist*’innen vom No Border-Camp wurden in Gewahrsam genommen… Siehe dazu den Beitrag der Shorba-Crew Idomeni vom 20.04.2016 bei Indymedia linksunten (englisch). Siehe auch:- Legal Analysis: Migrants in Greece are denied the rights to international protection and family unity. The visit to the camps in Idomeni and government-run camps, and a legal analysis of the situation we observed… Analyse der italienischen ASGI vom 13. April 2016, in englischer Überstzeung dokumentiert bei Statewatch (pdf)
- „Der Festung Europa verpflichtet“
Der griechische Innenminister zeigt sich eifrig: Das Problem Idomeni werde in wenigen Tagen gelöst sein, unterstrich er bei einer Pressekonferenz. Was das für die Flüchtlinge bedeutet, ist leicht zu sehen und was es zunehmend auch für freiwillige Helferinnen und Helfer bedeutet, auch schon. Siehe dazu einen aktuellen Bericht, der die Entwicklungen der jüngsten Zeit zusammenfasst:- „Der Festung Europa verpflichtet“ von Heike Schrader am 20. April 2016 in der jungen Welt ist ein Beitrag, worin auch deutlich gemacht wird, dass durchaus nicht alle NGO jetzt mit Polizeiverfolgung zu rechnen haben – wenn sie helfen, den Regierungskurs umzusetzen, haben sie Aktionsfreiheit. Zur Lage heißt es darin unter anderem: „Innerhalb dieser Zeitspanne sollen die mehr als 10.000 dort in Zelten auf freiem Feld kampierenden Flüchtlinge in eilig aus dem Boden gestampfte Sammellager verlegt werden. In ebensolche Lager sollen auch die fast 3.800 im Hafen von Piräus ausharrenden Schutzsuchenden gebracht werden. Innerhalb eines Monats seien 35.000 Plätze in diesen sogenannten »Unterbringungszentren« geschaffen worden, weitere 20.000 sollen in den nächsten Tagen folgen. Insgesamt würden sie für die etwa 53.000 vom „Rückführungs“abkommen zwischen der EU und der Türkei betroffenen, in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge ausreichen. Die in Idomeni und Piräus festsitzenden Menschen zögern jedoch, in die Sammellager umzuziehen. Einmal aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit verschwunden, befürchten sie zu Recht, einer drohenden Rückführung in die Türkei nur noch wenig entgegensetzen zu können. Zudem bieten auch die »Unterbringungszentren« zum Teil völlig mangelhafte hygienische und medizinische Bedingungen. Um ihrem »Angebot« Nachdruck zu verleihen, weigert sich die Regierung nicht nur, die nicht umziehenden Flüchtlinge zu registrieren. Mehr und mehr wird auch Druck auf Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und unabhängige Solidaritätsgruppen ausgeübt, denen man bisher die Versorgung der Flüchtlinge mit allem Lebensnotwendigen überlassen hatte“
- Flüchtlinge ins griechische Gefängnis? – HelferInnen auch
„Regierung und Medien suchen die Schuld am Aufruhr der Flüchtlinge und Immigranten bei den freiwilligen Helfern. Die Vereinbarung mit der Türkei funktioniert nicht, Flüchtlinge landen im Gefängnis. Die griechische Regierung hat zusammen mit der einheimischen Medienlandschaft befunden, dass an dem Aufruhr der Flüchtlinge und Immigranten vom Sonntag im wilden Camp am Grenzort die solidarischen freiwilligen Helfer schuld sind. Die Jagd auf die nicht in großen internationalen Hilfsorganisationen registrierten Helfer ist eröffnet. In und um Idomeni finden Ausweiskontrollen aller Ankommenden statt. Es gab am Dienstag 15 Festnahmen. Am Mittwoch gesellten sich sieben weitere dazu“ – aus dem Artikel „Griechenland: Ausweglose Situation für Flüchtlinge“ von Wassilis Aswestopoulos am 14. April 2016 bei telepolis , worin es auch noch heißt: „Es ist absehbar, dass die Ausweglosigkeit der Situation und die geschlossenen Grenzen immer wieder zum Ausbruchsversuch führen werden. Umso mehr ist die Regierung daran interessiert, die Schuldigen am Dilemma oder zumindest einen Sündenbock zu bestrafen“. Siehe dazu einen weiteren Bericht zu Verhaftungen und Repression gegen Helfer/innen sowie zwei Berichte zur teils dramatischen gesundheitlichen Lage der Geflüchteten selbst:- EU Detains 29 Volunteers for Working with Refugees in Greece
Beitrag von René Schuijlenburg bei Revolution News vom 13. April 2016 über die Repressionswelle gegen Freiwillige, die Geflüchtete in den katastrophalen Zuständen in Griechenland unterstützen. Im Bericht wird von 45 Verhaftungen innerhalb von zwei Tagen gesprochen, davon 29 am 13. April; griechische Anti-Terror-Einheiten seien im Einsatz
- Tagebuch eines Arztes in Idomeni: Mit aller Brutalität
„In Idomeni werden selbst Kleinkinder inmitten der Zelte mit Tränengas beschossen. Die Helfer sind empört – und fassungslos…“ Artikel von Erich Rathfelder bei der taz online vom 13. April 2016
- Journalist Kılıç Speaks About Refugees on Macedonian Border
Bericht von Ayça Söylemez bei bianet vom 12. April 2016 , in dem der Journalist Bülent Kılıç zu den Bedingungen, in denen die an Griechenlands Nordgrenze seit zwei Monaten ausharrenden müssen, so zitiert wird: „Die Menschen stehen Schlange vor der Klinik. Sie leben direkt neben den Klos.“
- EU Detains 29 Volunteers for Working with Refugees in Greece
- Mit Steinen gegen Tränengas und Plastikgeschosse: Flüchtlinge in Idomeni wehren sich gegen mazedonischen Armeeeinsatz
Ohne Vorwarnung, mitten in Gesprächen – so begann der kriegerische Angriff der mazedonischen Armee auf die Flüchtlinge in Idomeni, die dabei sogar noch auf griechisches Gebiet eindrang. Aber die Menschen setzten sich gegen diese Umsetzung der Vertreibungspolitik, so gut sie konnten, zur Wehr: Unter anderem mit Steinen. Der Bericht „10.04.2016“ im Liveticker Eidomeni macht konkret deutlich, dass die Menschen sich nicht erneut verjagen lassen wollen. In den Tweets auf der Seite berichten ausserdem auch Ärzte ohne Grenzen von Kindern, die sie behandelt haben, die von Plastikgeschossen verletzt worden waren. Siehe dazu einen (überraschend: Spiegel) Kommentar über jene, die ihren tumben Rassismus als Vernunft zu verkaufen suchen – diese neuen Eichmänner wollen kein Mitleid, sondern „Verfahren“ – und siehe auch zwei Erfahrungsberichte von Soli-Projekten, die für einige Zeit nach Griechenland gereist waren:- „Flüchtlinge in Idomeni: Wir müssen das Aushalten ausschalten“ von Oliver Trenkamp am 10. April 2016 in Spiegel-Online , worin es unter anderem heißt: „Sie wollen unser Mitgefühl abschalten oder wenigstens dimmen. Bernd Ulrich von der „Zeit“ nennt es eine „politische Verrohungskampagne“ was Kinderaugen-Gauland und Schießbefehl-Petry seit Monaten betreiben. Und nach einem Dreivierteljahr Flüchtlingsdebatte, nach Schließung der Balkanroute und nach Inkrafttreten des EU-Türkei-Deals, muss man feststellen: Es ist ihnen zumindest gelungen, den Ton in der Flüchtlingsdebatte zu verschärfen, den Diskurs nach rechts zu rücken“
- Hellas Solidarität Bochum unterstützt Geflüchtete in Idomeni
„Wie angekündigt besuchten wir als Vertreter*innen der Hellas Solidarität Bochum vom 30. März bis zum 3. April 2016 Thessaloniki, um die im März von vielen Spender*innen erhaltenen 11.300 Euro direkt in Griechenland zugunsten der Geflüchteten einzusetzen. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Spender*Innen! Ihr seid vorbildlich! Im folgenden Text möchten wir berichten, wofür wir die Gelder eingesetzt haben und wie unser Besuch in Thessaloniki verlief. Dabei schildern wir auch einige persönliche Begegnungen mit solidarischen Gruppen und Personen…“ Bericht der Hellas-Soli Bochum vom 10. April 2016 - Cars of Hope #Wuppertal
„Die Fahrt nach Griechenland hat tiefe Spuren hinterlassen. Wir werden weiterhin Geflüchtete in Europa unterstützen. Offenes Treffen am 12. April 2016 und Präsentation am 21. April 2016…“ Pressemitteilung Cars of Hope #Wuppertal vom 10. April 2016 . Aus dem Text: „… Vom 20. bis zum 28. März und vom 01. bis zum 04. April haben Menschen aus Wuppertal und anderen Städten von der Initiative ‘Cars of Hope Wuppertal’ Geflüchtete im griechischen Idomeni unterstützt. Die Gruppe verteilte u.a. Nahrung, Wasser, Hygieneartikel und SIM-Karten. Auch wurden mobile Ladestationen für Handys aufgebaut. Die Situation der Geflüchteten in Idomeni war schockierend für die Teilnehmer der Hilfsaktion. René Schuijlenburg, einer der Aktivisten von ‘Cars of Hope Wuppertal’, sagt: „Eines der ersten Dinge, die wir in Idomeni gesehen haben, als wir ankamen, waren Menschen, die alles mögliche an Grünzeug aus dem Boden gerupft und gegessen haben. Sie hatten richtig Hunger.“…„
- Aufregung um Flüchtlinge in Griechenland
„Die Nerven liegen blank: Räumungen, Widerstand und Szenen, wie sie die Regierung befürchtet hatte. (…) Die Regierung versucht noch ohne Einsatz jeglicher Gewalt, die Menschen davon zu überzeugen, die wilden Lager zu verlassen. Wie die Wasserschutzpolizei amtlich bekannt gab, gilt es den Hafen von Piräus innerhalb von 10 bis 15 Tagen zu räumen. In dem Statement wird auch darauf eingegangen, dass nach Ansicht der Regierung einige zweifelhafte Hilfsorganisationen, beziehungsweise deren Mitarbeiter, sowie einige Gruppen freiwilliger Helfer die Flüchtlinge aufhetzen würden. In die gleiche Kerbe schlagen die meisten Medien. Selbst die seriöse, konservative Zeitung Kathimerini kommentierte die gesamte Situation mit einer Karikatur, die an der Grenze zur Geschmacklosigkeit ist. Sie zeigt in verschiedenen Stadien einen Mann der ein Baby wie ein Kugelstoßer wirft. Als Untertitel dazu steht „Es könnte ein Flugblatt einer Hilfsorganisation in Piräus sein“. Tatsächlich waren Flugblätter im Umlauf, in denen die Flüchtlinge sowohl über ihre Rechte aufgeklärt, als auch indirekt zum Widerstand gegen jeden Plan der Regierung zur Einweisung in staatliche Camps aufgerufen werden…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 08.04.2016 . Siehe dazu weitere Beiträge und einen dringenden Spendenaufruf:- Flüchtlinge auf Lesbos treten in Hungerstreik
„Aus Protest gegen ihre drohende Abschiebung in die Türkei sind 70 pakistanische Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos in einen Hungerstreik getreten. Die Gruppe, die im Lager Moria interniert ist, verweigert seit Donnerstag die Nahrungsaufnahme…“ Meldung in der jungen Welt vom 8. April 2016 - Weniger Flüchtlinge in Griechenland angekommen
„Abschiebungen noch immer ausgesetzt / Flüchtlinge weigern sich, Lager zu verlassen / Griechische Regierung will Camps in Idomeni und Piräus bis zum Wochenende räumen…“ Meldung beim neuen deutschland online vom 06.04.2016 - Movement Deport Racism – Kinisi Apelaste to Ratsismo (Griechenland): Dringender Aufruf für internationale Solidarität und Spenden
Flüchtlingsversorgung in Griechenland wird bekanntlich zu einemerheblichen Anteil von Basisaktivist*innen vor Ort geleistet. Die Initiative „Deport Racism“ – „Kinisi Apelaste to Ratsismo“ bittet in Anbetracht der sich verschärfenden Lage um finanzielle Unterstützung – wir dokumentieren den Spendenaufruf vom 7. April 2016 (englisch). Das Spendenkonto: Piraeus Bank // Number of bank account: 5018-031163-603 // Name: Kinisi Apelaste to Ratsismo // IBAN: GR25 0172 0180 0050 1803 1163 603. Kontaktadresse: sotmart@gmail.com
- Flüchtlinge auf Lesbos treten in Hungerstreik
- Refugee Movement Journey to Greece
Bustour von Refugge-Aktivist*innen inklusive Spendenaufruf in unserem Beitrag vom 6. April 2016
- Flüchtlinge: Die Lage in Griechenland spitzt sich zu
„In den Aufnahmelagern wird die Situation explosiv. In der Öffentlichkeit rücken wirtschaftliche Probleme und Sorgen der Anwohner in den Vordergrund. Die in Griechenland festsitzenden Flüchtlinge und Migranten sehen sich gleich mehrfach einem Countdown ausgesetzt. Sie wollen eigentlich das Land so schnell wie möglich in Richtung Norden verlassen. Tatsächlich droht vielen jedoch mit dem Monatsanfang zuerst die Abschiebung in die Türkei, falls diese ihre Vereinbarung mit der EU umsetzen will und kann. Zusätzlich dazu möchte die Regierung Tsipras die wilden Lager im Land auflösen. Laut des Vorsitzenden der Koordinationsgruppe für Flüchtlinge, Dimitris Vitsas, sollen die Lager in Idomeni an der Grenze und in Piräus innerhalb von fünfzehn Tagen geräumt sein. In und um Idomeni befanden sich am 31.3. gegen 8 Uhr 11.324 Personen im Camp. In Piräus leben 5.750 Menschen in Zelten und Wartesälen im Hafengelände. Insgesamt wurden in den Camps im gesamten Land 51.393 Flüchtlinge und Immigranten gezählt…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 01.04.2016
- Soliaufruf: Unterstützt die Proteste und Blockaden bei Idomeni!
„Aktuell werden bei Idomeni mehrere Straßen durch hunderte Geflüchtete blockiert. Auch an dem Grenzübergang und in den Grenzcamps gibt es Widerstand. Open the borders! Ist ihr wichtigster Protestslogan! Bleiben möchte hier niemand. (…) In der Region um Idomeni gibt es zahlreiche Orte an denen die Menschen Zelte aufgeschlagen haben und Camps entstanden sind. In dem größten befinden sich derzeit nach Schätzungen 12 000 Leute. Diese Camps sind meist selbstorganisiert und werden von Aktivist_innen aus ganz Europa unterstützt. Daneben gibt es vom griechischen Militär kontrollierte Camps – aus solch einem starteten heute die Menschen, die jetzt auf den Autobahnen sitzen. Sie kündigen an dort so lange zu bleiben und nichts zu Essen bis die Grenzen auf gemacht werden. Die Situation hier an der Grenze spitzt sich täglich zu und wird für die Menschen unerträglich! Daher: Unterstützt die Kämpfe der Geflüchteten in Idomeni und Überall! Protest ist jetzt wichtig. Zeigt euch solidarisch! Autobahnen und Grenzen gibt’s auch in Deutschland! …“ Soli-Aufruf bei Indymedia linksunten vom 23. März 2016 . Für aktuelle Infos lest den Twitter-Kanal vom Solikonvoi . Siehe in diesem Zusammenhang:
- Appell: Die Flüchtlinge aus Idomeni jetzt in Europa aufnehmen!
„Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat einen dringlichen Appell an die Bundesregierung geschickt, die Flüchtlinge aus Idomeni aufzunehmen. Alle können den Appell unterzeichnen, indem Sie eine Email an das Grundrechtekomitee senden (info@grundrechtekomitee.de) und Namen mit Wohnort angeben. Die gesammelten Unterschriften sendet das Grundrechtekomitee dann an die Bundesregierung. Man kann sich den Appell auch zueigen machen, ausdrucken und vor Ort oder bei den Ostermärschen Unterschriften sammeln und diese direkt an die Bundesregierung schicken…“ Info und Appell beim Grundrechtekomitee vom 23. März 2016
- Update zur Spendenkampagne der Hellas-Solidarität Bochum vom 22. März 2016 (per Email)
„… die Hellas-Solidarität Bochum macht gerade eine Spendenkampagne für Idomeni und umliegende Lager und ist vom 30.03. bis 03.04.2016 dort, um selbst in Kooperation mit dortigen Partnern und Initiativen Hilfsgüter kaufen und nach Idomeni und ins Lager Cherso (Kilkis) zu bringen. Spendet auf unser (gemeinnütziges) Konto (siehe unten). Wir konnten zwischen 1. und 15. März bereits mehr als 9.000 Euro aus Spenden erhalten und haben schon ca. 5000 in Idomeni eingesetzt (für Zelte, Medikamente, Babyhygiene, Babynahrung. Gerade am Samstag wurden diese Sachen in Idomeni verteilt. Ein Bericht darüber folgt in Kürze auf unserer website. Das Lager in Idomeni soll zwar (laut Mouzalas gestern im griech. Parlament) in absehbarer Zeit aufgelöst werden und die Flüchtlinge in andere Aufnahmelager gebracht werden. Doch auch dort sind Hilfsgüter dringend notwendig. Spenden könnt Ihr weiterhin unter Angabe des Verwendungszwecks “Griechenland” auf folgendes Konto: BIC: DORTDE33 // IBAN: DE52 4405 0199 0091 0160 36 // Kontoinhaber: Humanitäre Cuba Hilfe Bochum. Bei Beiträgen unter 100 Euro, reicht der Überweisungsbeleg als Spendenquittung. Bei Beiträgen über 100 Euro kann nur ein Spendenbeleg ausgestellt werden, wenn der/die Spender/in im Textfeld der Überweisung seine/ihre vollständige Adresse vermerkt…„
- Die aktuelle Lage auf Lesbos am 20. März
„Die Camps werden seit heute nacht (19./20.März) geräumt mit dem Ziel, die Flüchtenden mit Fähren nach Piräus und Kavala zu transportieren. Das eingezäunte Moria und Kara Tepe sind weitgehend geräumt, über PIKPA und die Noborderkitchen wissen wir noch nichts, ob und wann sie geräumt werden. Im ‚wilden‘ Camp von ‚better days of Moria‘ auf dem Hügel neben dem ‚Hotspot‘ Moria warten gerade (16 Uhr) hunderte Bewohner, hauptsächlich aus Pakistan, auf den Abtransport durch Busse zum Fährehafen und auf die (selbst zu finanzierende) Überbringung ans griechische Festland. In den letzten Tagen kommen in zunehmender Zahl Schlauchboote aus der Türkei an (heute nacht mit zwei Toten). Die Flüchtenden werden vom Strand in Bussen nach Moria gebracht und registriert, um dann je nach Asyl-Chancen an einen der drei Sammelorte auf dem Festland gebracht zu werden (Athen, Kavala, Idomeni). Für den Rücktransport in die Türkei wurde in Brüssel der 4.April vereinbart. Soweit zur Situation auf Lesbos am 20.3.16, ohne Kommentar“ – Emailbericht von Claus Kittsteiner aus Mytilini/Lesbos am 20. März 2016
- Idomeni: Wenn Hoffnung alternativlos ist
„Nach dem EU-Flüchtlingsgipfel haben die Flüchtlinge von Idomeni auch die letzte Hoffnung auf ein Öffnen der Grenze verloren. Das Ausharren im griechisch-mazedonischen Niemandsland ist für sie dennoch alternativlos. (…) Am Ende verliert auch Suleiman die Beherrschung. Tagelang hat er seine Frau, die längst die Hoffnung aufgegeben hat, beschwichtigt und versucht, sie bei Laune zu halten. Aber nun kann auch er den Frust nicht mehr zurückhalten: „Sie haben uns vergessen. Einfach vergessen. Wenn sie uns wenigsten sagen würden, wir sollen in Syrien krepieren, aber nicht mal das tun sie“, schreit er in den überfüllten Raum, der mal ein Café war – damals als Europa noch grenzenlos war…“ Beitrag von Fabian Köhler bei telepolis vom 20.03.2016
- Griechenland: Viel Verwirrung an der Grenze
„Der Versuch von Flüchtlingen, aufgefordert durch ein Flugblatt, nach Mazedonien vorzudringen, scheiterte. Am Montag, der „Kathara Deftera“, dem Beginn der Fastenzeit in Griechenland, hatten knapp 2000 Flüchtlinge in einer Verzweiflungsaktion versucht, auf eigene Faust und von einem dubiosen Flugblatt animiert, die Grenze zu überschreiten. Der Versuch scheiterte. Er löste jedoch zahlreiche politische Verwirrungen aus…“ Zweiteiliger Beitrag von Wassilis Aswestopoulos (mit deutscher Übersetzung besagten Flugblatts) bei telepolis vom 16.03.2016 . Im zweiten Teil zum Artikel heißt es: „… Die Rückkehrer berichteten nicht nur von Schlägen und Misshandlungen, sondern auch von einem weiteren Ereignis. Demnach sollen die Soldaten der EJR Mazedonien die Menschen mit Militärlastern in die Nähe des Camps Eidomeni gebracht haben und dort den Grenzzaun durchschnitten und die Menschen zurück nach Griechenland gezwungen haben. Interessant ist zudem, dass die griechische Regierung mit den Erklärungen des Vize-Verteidigungsministers Dimitris Vitsas die Rückkehr der Grenzübertreter bis zum Mittag heftig dementiert hatte. Dem Vorsitzenden der Koordinierungsstelle für Flüchtlinge Vitsas stand Pressesprecher Kyritsis bei. Er erklärte, dass die Regierung der Nachbarrepublik einen Antrag auf Rückführung stellen müsse und dieser dann von der Regierung geprüft werde. In späteren Verlautbarungen der Grenzkontrollstellen Doirani, Evzonoi und Florina hieß es, dass kein Flüchtling durch einen der Grenzübergänge gekommen sei. Die Nachrichtenagentur Reuters hingegen meldete die Abschiebung aller Flüchtlinge nach Griechenland. Unzweifelhaft ist, dass der massenhafte Grenzübertritt die diplomatischen Spannungen zwischen Athen und Skopje noch weiter erhöht hat…“ Im Klartext: das mazedonische Militär hat die eigentlich bestehenden Regeln für die „Rückführungen“ schlicht nicht eingehalten. Wenn man Löcher in den Zaun schneidet, braucht man auch keine offiziellen Grenzübergänge für die „Wiedereinreise“.
- Flüchtlingslager in Eidomeni: Teufelskreis aus Regen, Seuchenangst und hilfloser Politik
„Die Festung Europa versinkt im Schlamm. Ein Ortsbesuch: An der Grenze Griechenlands zur EJR Mazedonien spielt sich seit Monaten ein einzigartiges Drama ab. Seit der faktischen Schließung der Grenzen Österreichs für Flüchtlinge, der von Österreich initiierten Westbalkankonferenz und der dominoartigen sukzessiven Schließung der Grenzen von Ungarn, Serbien und der EJR Mazedonien wurde der kleine Grenzort Eidomeni zum Ort der Apokalypse für mehr als 14.000 Menschen. Vom 10. bis zum 13. März beobachtete Telepolis die Situation vor Ort…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 14.03.2016
- Flüchtlingsinsel Lesbos: „Stärker als so manche große EU-Nation“
„Trotz des Nato-Einsatzes in der Ägäis erreichen weiterhin Tausende Flüchtlinge die Insel Lesbos. Dort herrscht längst bedrückende Routine. Egal, was im fernen Brüssel diskutiert wird: Den Menschen muss geholfen werden…“ Artikel beim Handelsblatt online vom 14.03.2016
- Flüchtlinge protestieren in Idomeni: „Öffnet die Grenze“
„Im griechischen Grenzort Idomeni haben hunderte Flüchtlinge gegen die Schließung der Grenzen protestiert. Vor allem Syrer und Iraker setzten sich am Samstag auf die Bahngleise und riefen „Öffnet die Grenze“. Ein Syrer trat sogar in den Hungerstreik. Der chinesische Künstler Ai Weiwei veranstaltete ein Klavierkonzert in dem Flüchtlingslager. Die griechische Regierung versprach eine Verbesserung der Lage bis zum kommenden Wochenende…“ Überblick über die Lage vom 13.03.16 bei Merkur.de
- Zelte für Idomeni – Update Freitag, 11.03.2016
„Der aktuelle Spendenstand beträgt heute, am 11.03.2016, 6469,29 Euro. Wir haben bereits für 2290,50 Euro Zelte gespendet, die am Mittwoch in Idomeni verteilt wurden (40 Zelte, 160 Matten, Schlafsäcke). Im Moment ist die Situation im Camp unklar. Es werden Busse zum Preis von 25 Euro pro Ticket eingesetzt, um die Menschen nach Athen in Hallen zu bringen. Weil die Wetteraussichten schlecht bleiben und die Grenze geschlossen ist, nehmen zwar viele das Angebot an, doch gerne tun sie es nicht, denn sie hoffen noch immer auf eine Öffnung der Grenze und eine Weiterreise. Die Regierung in Athen hat erklärt, dass sie das Camp räumen möchte…“ Bericht der hellas-solidarität-bochum zum Stand der Spendenaktion mit einer Fotostrecke von Vassilis Aswestopoulos. Wir erinnern an das Konto der Hellas-Solidarität Bochum unter Angabe des Stichworts “Spende Griechenland”, BIC: DORTDE33, IBAN: DE52 4405 0199 0091 0160 36, Kontoinhaber: Humanitäre Cuba Hilfe Bochum
Als Spendenmotivierung: Hellas-Solidarität fährt Noch im März nach Idomeni, um für die Verteilung der vielen Spenden zu sorgen und dort in Kooperation mit dortigen Partnern und Initiativen Hilfsgüter zu kaufen und zu den Camps bringen.
- „Wir sterben hier langsam“ – zur Situation in Idomeni
„Die Balkanroute ist dicht, tausende Flüchtlinge sitzen seitdem im Grenzort Idomeni fest. Die Bedingungen dort sind erbärmlich: Durch tagelangen Regen sind die Menschen durchnässt, die provisorische Zeltstadt steht mitten im Schlamm. Mitarbeiterinnen des PRO ASYL – Projekts in Griechenland RSPA berichten aus Idomeni…“ Bericht vom 11.03.2016 bei Pro Asyl
- Idomeni: Immer mehr Kinder und Schwangere erkranken
„Derzeit stecken rund 14.000 Migranten und Flüchtlinge in Idomeni fest. Ärzte ohne Grenzen hat mehr als 2.000 medizinische Konsultationen in einer Woche durchgeführt und 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort. Die meisten Menschen sind aufgrund der hygienischen Bedingungen und dem kalten Wetter an Atemwegsinfektionen und Magen-Darm-Grippe erkrankt. Während sich die Erkrankungen in den vergangenen Wochen nicht verändert haben, sehen unsere Teams immer mehr Säuglinge, Frauen im späten Stadium der Schwangerschaft sowie Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen und chronischen Erkrankungen, die medizinische Hilfe brauchen…“ Meldung der Ärzte ohne Grenzen vom 08. März 2016
- Da sind sie aber immer noch: Flüchtlinge in Idomeni
Während Europa mit der Türkei schachert, als ginge es hier wie da um bloße Zahlen, ist die Situation für die feststeckenden Flüchtlinge in Idomeni/ Nordgriechenland dramatisch. Schwere Regenfälle haben das Campgelände unter Wasser gesetzt, ein 13jähriger erlitt beim Spielen auf der Bahnstrecke einen Stromschlag, Menschen begannen daraufhin mit einem Hungerstreik. Die Lage schwankt zwischen kompletter Perspektivlosigkeit und der Angst vor polizeilicher Räumung des Camps. Siehe dazu zwei Beiträge:- Hungerstreik und Regenfälle, Stromunfall und keine Perspektive
Liveticker von bordermonitoring.eu, hier vom 7. März 2016 (englisch) - Idomeni vor der Explosion – Hört uns da draußen jemand?
Beitrag beim Welcome to Europe-Netzwerk vom 7. März 2016 über die Lage in Idomeni aus Sicht der Flüchtlinge, die im Beitrag selbst zu Wort kommen (englisch)
- Hungerstreik und Regenfälle, Stromunfall und keine Perspektive
- 01.03.2016: Spendet Zelte und Isomatten für die Familien an der Grenze in Idomeni!
„Die Situation der Flüchtenden in Griechenland spitzt sich weiter zu. Ca. 25.000 Menschen können derzeit nicht nach Europa weiterreisen, weil die Grenzen auf der “Balkanroute” geschlossen wurden. Nur wenige Hundert werden täglich durchgelassen und so hängen die Menschen seit Tagen in Griechenland fest. Allein an der Grenze in Idomeni sind es bereits 10.000, viele davon sind Frauen und Kinder. Diesen Familien wollen wir helfen und ihnen zumindest etwas Schutz und einen sicheren Schlafplatz ermöglichen. Deshalb rufen wir zu Spenden für Zelte und Isomatten auf. Wir bestellen die Zelte und Isomatten über ein Geschäft in Thessaloniki. Die Zelte werden dann direkt an die Initiative Frauenraum Thessaloniki geliefert, die sie zur Grenze bringen…“ Spendenaufruf der Hellas-Solidarität Bochum vom 1. März 2016 ; Spendenkonto: Stichwort “Spende Griechenland”, BIC: DORTDE33, IBAN: DE52 4405 0199 0091 0160 36, Kontoinhaber: Humanitäre Cuba Hilfe Bochum
- Hotspot Griechenland – Wie weiter in Europa?
Diskussionsveranstaltung des DGB Ruhr-Mark und der Hellas-Solidarität Bochum mit Giorgos Chondros, Jürgen Link, Vassilis Aswestopoulos, Jochen Marquardt: Samstag, 05. März 2016, 19 Uhr – verdi-Haus Bochum, Unistraße 76