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Die von der chinesischen Polizei überfallenen UnterstützerInnen des Jasic-Basisgewerkschafter sind immer noch in Haft, während die entführte Aktivistin Shen Mengyu aus dem Hausarrest schreibt – und Xinhua die übliche Hetze verbreitet

shen mengyuDie am 24. August vor dem Morgengrauen überfallenen und festgenommenen ca 50 Unterstützerinnen und Unterstützer der Jaisic-Arbeiterinnen sind noch immer nicht wieder frei. Und noch immer gibt es keine Nachricht über ihren Verbleib, ihre Lage oder über die Vorwürfe, die gegen sie erhoben werden. Einzig ein die ersten 39 Namen von Festgenommenen sind mittlerweile bekannt. Unter ihnen befinden sich viele Studenten und Abgänger namhaften chinesischer Universtitäten, aber auch drei ehemalige Arbeiterinnen von Jiasic und drei Arbeiter von einem Honda Autowerk in Guangzhou“ – so die kurze und aktuelle Information aus einer Email vom 26. August 2018 an LabourNet Germany. Aus dem Hausarrest – irgendwo in China – meldet sich die verschleppte Aktivistin Shen Mengyu mit dem heraus geschmuggelten, von ihren FreundInnen als echt bestätigten Brief „Am Abend des 11. August wurde ich von meinen Eltern und Verwandten, die von üblen Mächten dazu verleitet worden waren, entführt“ vom 24. August 2018, den wir im folgenden dokumentieren. Siehe den Brief Shen Mengyus sowie eine Kritik an einem – exemplarischen – Xinhua-Hetzartikel vom 24. August 2018:

„Am Abend des 11. August wurde ich von meinen Eltern und Verwandten, die von üblen Mächten dazu verleitet worden waren, entführt. Bis jetzt bin stehe ich unter Hausarrest. Ich bin Shen Mengyu

An jenem Abend saß in dem schwarzen SUV, in dem ich entführt wurde, außer meinen Eltern und Verwandten noch ein mir unbekannter Mann auf dem Beifahrersitz. Dieser etwa 50 Jährige mit dicken Augenbrauen begann sofort zu telefonieren als ich in dem Wagen gezwungen wurde. Es gelang mir noch ihm das Telefon aus der Hand zu schlagen, aber dann wurden mir die Hände gebunden. Ich spuckte ihm ins Gesicht, beschimpfte ihn, er sei nur ein Lakai übler Mächte.

Als ich später an einen anderen Ort verbracht wurde, saß der mittelalte Mann wieder auf dem Beifahrersitz und bezog dann die Nachbarwohnung.
Meine Freiheit ist krass beschnitten, selbst der Gang zur Dusche oder zum Klo wird überwacht und ich darf mein Zimmer nicht verlassen, denn an der Tür stehen immer ein Mann und eine Frau Wache. Und vor dem Haus stehen Tag und Nacht noch mehr Unbekannte. Aus ihren Gesprächen kann ich Wörter wie “Brigade” heraushören. Mein Telefon wurde mir auch genommen und in der Wohnung ist das Funksignal gestört.

Obwohl keine Nachrichten von außen zu mir durchkommen und ich vollkommen abgeschnitten von jeder Kommunikation bin, glaube ich unvermindert an den heldenhaften Kampf unserer arbeitenden Brüder und Schwestern. Denn laut meinen Entführern sind die 14 verhafteten Arbeiterinnen noch immer in Haft und diejenigen, die sich weigern Schuldeingeständnisse zu machen, sollen angeklagt werden.

Egal wie lange sie mich hier noch festhalten, ich werde meine Überzeugung nicht ändern. Unsere Solidaritätsgruppe ist da, um Arbeiter zu unterstützen, das ist vollkommen gerechtfertigt und legal. Die üblen Schergen haben keine legitimen Mittel, uns daran zu hindern, deswegen zwingen sie unsere Eltern ihre eigenen Kinder zu entführen. Meine Wohnbedingungen hier sind deutlich besser als im Polizeigewahrsam, das zeigt, was für ein schlechtes Gewissen sie offensichtlich haben.

Das Rad der Geschichte dreht sich weiter, ein paar Hanswürste der üblen Macht können es nicht aufhalten. Das Recht von Arbeiterinnen, eine Gewerkschaft zu gründen, steht schwarz auf weiß im Gesetz, das ist Gerechtigkeit, deswegen dürfen Arbeiter niemals verurteilt werden!
Singen wir gemeinsam unser “Lied vom Kampf der Jaisic-Arbeiterinnen”!
Die Arbeiter sind unschuldig! Lasst sofort alle Arbeiterinnen frei!

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„Zur Schmierenkampagne von Xinhua News gegen die Jiasic-Arbeiterinnen –
Zum Artikel 深圳佳士公司工人“维权”事件的背后 vom 24.8. 2018

Am 24. August abends, etwa 16 Stunden nachdem Spezialeinheiten der Polizei in Shenzhen die Wohnung von Unterstützerinnen der Jiasic-Arbeiter stürmten, veröffentlichte die regierungsoffizielle Nachrichtenagentur Xinhua einen langen Artikel über die sogenannten Hintergründe der Auseinandersetzungen um die Gewerkschaftsgründung bei Jiasic Technology. Drei Tage zuvor hatte ein Journalist von Xinhua die Unterstützerinnen besucht und interviewt. Er hatte vorgegeben, ihre Forderungen und Berichte an höhere Stellen in Beijing weiterzuleiten. Dann kommt es zum polizeilichen Überfall im Morgengrauen. Der Artikel ist nichts als ein schäbiger Versuch, die andauernde Polizeigewalt gegen die Arbeiter und ihre Unterstützerinnen zu rechtfertigen und sie als als Agenten oder von Agenten des Auslands Verleitete darzustellen.

Der Text beginnt mit einer verfälschten Wiedergabe von Ereignissen und erfundenen Vorwürfen, Arbeiter hätten wegen Schlägerei und Absentismus ihre Kündigung selbst verschuldet, hätten dann aber, aus Unmut darüber, Hilfe bei öffentlichen Stellen gesucht. Weiter hätten sie das Unternehmen der Rechtswidrigkeit verleumdet und versucht, entgegen von Anweisungen, in die Werkhalle einzudringen. Dies konnte erst von der Polizei gestoppt werden, die fünf Personen mit auf die Wache nahm. 19 weitere Personen seien ihnen bis zur Wache gefolgt und hätten vor der Wache skandiert “lasst sie frei”. Die Rufe der 19 seien so ohrenbetäubend gewesen, dass ein normales Arbeiten auf der Polizeiwache nicht mehr möglich gewesen wäre, so fantasiert der Schmierenjournalist weiter und weiter. Es lohnt nicht, diesen Müll en detail wiederzugebe.

Der Angelpunkt dieses Schriebs ist die Frage nach den sogenannten Hintergründen der Auseinandersetzungen in Shenzhen und hier wird eine an den Haaren herbeigezogene Verschwörungstheorie aufgetischt. Den Bullen sei Ende Juli eine ausländische Person aufgefallen, die seit 2016 für die NGO “Jobberzentrum” (Dagongzhezhongxin) arbeite. Diese hätte Arbeiterinnen zu Gruppendiskussionen via soziale Medien eingeladen und zur gegenseitigen Solidarität aufgerufen. Damit sind die Hauptschuldigen identifiziert. Das “Jobberzentrum” wurde tatsächlich ca. zwei Wochen zuvor von Bullen durchsucht, zwei chinesische Beschäftigte des Zentrums werden seitdem von Bullen an unbekanntem Ort festgehalten. Es ist bisher nicht klar, was den beiden vorgeworfen wird. Der Artikel gibt an, das Zentrum habe Geld aus dem Ausland erhalten und dieses nicht gemäß den Anforderungen des vor etwa einem Jahr verabschiedeten NGO-Gesetz behördlich gemeldet zu haben. Allerdings wird nicht einmal eine grobe Summe genannt.

Die ausländische NGO, die das Geld für das Zentrum in Shenzhen gezahlt haben soll, hat ihren Sitz in Hong Kong, was die Erfinder der Verschwörungstheorie aber verheimlichen. Wenn es der Hetze dient, dann bezeichnet die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua Hong Kong also als Ausland, während ansonsten jeder Fluggesellschaft mit Boykott gedroht wird, wenn sie Festland-China und Hong Kong als zwei verschiedene Länder auf einer Webseite aufführt.

Die Einzelheiten, in denen sich der Artikel ergießt, sind die Funde der polizeilichen Durchsuchung der Computer im “Jobberzentrum”. Dort habe man, in einer verschlüsselten Datei, Schulungsmaterial dazu gefunden, wie man eine Gewerkschaft gründe, einen Streik vorbereite, wie man Arbeiteraktivisten ausbilde oder wie man Empörung steigere. Klar also, wer die Verantwortlichen sind. Das Zentrum habe scheinbar unverfängliche Kulturveranstaltungen benutzt, um Arbeiterinnen und Studierende zur Störung der öffentlichen Ordnung zu verleiten.

Natürlich verleugnet der Artikel die Missstände im Betrieb, die Unterstützungserklärungen seitens der bezirklichen Gewerkschaftsvertretung und nicht zuletzt den nächtlichen Überfall auf die Solidaritätsaktivisten. Was dieser Wisch aber zeigt, ist die Rechtfertigungsstrategie der Behörden. Nachdem Anfang August deutlich wurde, dass die Arbeiterinnen und Unterstützer nicht so bald Ruhe geben würden, hat man nach Schuldigen aus dem Ausland gesucht, um alles zu rechtfertigen und insbesondere den Druck auf Eltern und Verwandte von Unterstützerinnen zu erhöhen. Die Bullen haben gezielt über Universitätsleitungen Druck auf Studierende ausgeübt, haben Eltern bedroht und sogar Eltern nach Shenzhen geholt, damit sie dort persönlich auf ihre Kinder einreden. Im Falle der entführten Shen Mengyu haben Bullen sogar deren Eltern genötigt, ihre eigene Tochter zu entführen.

Diese Verschwörungstheorie gegen die Aktivisten in Shenzhen erinnert an die Schmierenkampagne im Staatsfernsehen Ende 2015 gegen Arbeiter- und NGO-Aktivistinnen in Guangzhou. Im Vergleich zu damals, als lang und breit außereheliche Affären gegen den Hauptschuldigen vorgebracht wurden, wirkt dies hier jedoch eher dünn. Trotzdem wird es nicht leicht sein, dieser fantastischen Verschwörungstheorie und all ihre absurden Anschuldigungen entgegenzutreten, denn die Internetzensur gegen alles, was Jiasic oder die Namen der Beteiligten enthält, läuft auf Hochtouren. Webseiten, Server, social media accounts, Textnachrichten und sogar Bilddateien in privaten Chats werden in Echtzeit blockiert. Der Artikel von Xinhua ist seit langem der erste Text zum Konflikt bei Jiasic, der nicht sofort zensiert wurde. Die Zensur scheint also das Kunststück zu vollbringen, zwischen Berichterstattung und bloßer Propaganda klar zu unterscheiden“.

Siehe zum Hintergrund:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136626
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