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[Antoine Deltour und Raphaël Halet im LuxLeaks-Prozess] Was kostet die Wahrheit? Whistleblower vor Gericht

Dossier

Antoine Deltour, un lanceur d’alerte en danger. Soutenons Antoine !Antoine Deltour, 31 Jahre alt, ist der Informant hinter dem als LuxLeaks bekanntgewordenen Steuerskandal. Seit gestern steht er mit zwei Mitangeklagten in Luxemburg vor Gericht. Angeklagt ist er wegen Diebstahls, Verletzung des Betriebs- und Berufsgeheimnisses, Einbruch in ein Informationssystem und wegen Geldwäsche. Er war Mitarbeiter der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers und gab Material an einen Journalisten weiter, das belegt, wie 350 multinationale Konzerne über Jahre hinweg für dutzende Milliarden Euro an Gewinnen so gut wie keine Steuern bezahlten. Während die einen die Moral von Deltour und seinen Gerechtigkeitssinn loben, wollen die anderen ein Exempel an ihm statuieren, um weitere potentielle Whistleblower abzuschrecken? In der kommenden Woche soll das Urteil fallen. Wenn es schlecht läuft für Deltour wird er zu einer Haft von fünf Jahren und 1,25 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt...“ Aus der hr2-Sendung Der Tag vom 27.04.2016 externer Link Audio Datei. Siehe dazu:

  • Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt Meinungs- und Informationsfreiheit von Whistleblowern und gibt Raphaël Halet auf ganzer Linie recht New
    Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat heute ihre lang erwartete Entscheidung externer Link im Fall Halet gegen Luxemburg verkündet. Der Antragssteller Raphaël Halet ist einer der beiden Whistleblower im weltweit beachteten LuxLeaks-Skandal. Unter großen persönlichen Risiken hatte er geheime Vereinbarungen zwischen internationalen Großkonzernen und dem Staat Luxemburg mitaufgedeckt, durch die der öffentlichen Hand Steuergelder in mehrstelliger Milliardenhöhe entzogen worden waren; hierfür wurde er in Luxemburg strafrechtlich verurteilt. Im anschließenden Verfahren vor dem EGMR wurde Whistleblower-Netzwerk als sogenannter Drittintervenient zugelassen, um die Interessen Halets und die anderer Whistleblower effektiv verteidigen zu können.
    Heute nun hat der EGMR Raphaël Halet endlich auf ganzer Linie recht gegeben, ihn von strafrechtlicher Verantwortung befreit und den Staat Luxemburg zur Zahlung von insgesamt 55.000€ verurteilt! „Ganz besonders unterstreicht das Gericht dabei das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung von Informationen über die Steuervermeidungspraktiken internationaler Großkonzerne“, erläutert Dr. Simon Gerdemann, der die Interventionsschrift von Whistleblower-Netzwerk verfasst hat. „Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt auch und gerade dann, wenn die aufgedeckten Missstände nicht formal illegal sind, der Whistleblower besonderen Verschwiegenheitspflichten unterliegt oder er sich zur Beschaffung der Informationen strafrechtsrelevanter Methoden bedienen muss.“ Das Urteil ist damit einer der größten Erfolge für Whistleblower und ihr Recht auf Offenlegung in den vergangenen Jahren, über den sich Whistleblower-Netzwerk als Unterstützer Raphaël Halets ganz besonders freut...“ Pressemitteilung vom 14. Februar 2023 von Whistleblower-Netzwerk externer Link zur Entscheidung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Halet gegen Luxemburg – siehe das Urteil externer Link
  • EGMR-Urteil zu LuxLeaks-Whistleblower Halet: Als Whistleblower eingestuft, aber… 
    Zwischen 2012 und 2014 hat der Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers (PwC) Raphaël Halet Dokumente seiner Firma an einen französischen Journalisten weitergegeben (vgl. Fall Antoine Deltour). Das trug damals dazu bei, dass bekannt wurde, dass multinationale Konzerne wie Ikea oder Amazon in Luxemburg nahezu keine Steuern zahlen. PwC klagte vor einem luxemburgischen Gericht wegen Diebstahls, es kam zu einer Verurteilung im Berufungsverfahren und zu einer – verhältnismäßig milden – Geldbuße von 1.000 Euro. Halet wollte seine offizielle Anerkennung als Whistleblower und einen Freispruch erreichen und hat daher vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde eingelegt. Der EGMR hat nun, anders als die luxemburgischen Gerichte, Halet als Whistleblower eingestuft. Gleichzeitig hat der EGMR jedoch auch das luxemburgische Urteil im Berufungsverfahren bestätigt. Unter anderem ging es dabei wie beim Heinisch-Urteil um die Abwägung zwischen dem Schaden für das Unternehmen und dem Recht auf Meinungsäußerung. Ein ausschlaggebender Punkt in der Bewertung war der nicht allzu große Neuigkeitswert (not „unpublished, new and essential“) von Halets Dokumenten. Zu dem Zeitpunkt seines Whistleblowings waren bereits Informationen aus den Deltour-Dokumenten in der Öffentlichkeit (was der Anstoß für Halets Handeln gewesen sein soll). Das Gericht betont, dass dieses Kriterium in diesem speziellen Fall nur eines von vielen Kriterien war, die das luxemburgische Gericht verwendete, um zu dem Schluss zu kommen, dass das mit der Offenlegung verbundene öffentliche Interesse das Interesse des Unternehmens an der Wahrung der Vertraulichkeit nicht überwiegt. Das Kriterium des Neuigkeitswerts ist also künftig von nationalen Gerichten unter Bezug auf das Urteil „Halet gegen Liechtenstein“ (21884/18) nur sehr eingeschränkt anwendbar. Der Fall kann noch an die große Kammer des EGMR verwiesen werden…“ Beitrag von Thomas Kastning vom 12. Mai 2021 beim Whistleblower-Netzwerk externer Link
  • Urteil in Steuer-Affäre: Keine Strafe für „LuxLeaks“-Informanten 
    „Der Hinweisgeber für die sogenannten „LuxLeaks“ über Steuerdeals internationaler Konzerne mit den luxemburgischen Finanzbehörden wird nicht wegen Diebstahls bestraft. Mit diesem Urteil eines Berufungsgerichts in Luxemburg wurde die juristische Aufarbeitung der Affäre abgeschlossen. Durch „LuxLeaks“ war bekannt geworden, dass große internationale Konzerne in Luxemburg keine oder nur sehr geringe Steuern zahlten. Der 32-jährige Franzose, ein Ex-Angestellter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), war bereits im Januar vom Diebstahlsvorwurf im Zusammenhang mit den „LuxLeaks“-Dokumenten freigesprochen worden. Das höchste Gericht des Großherzogtums hatte dem Mann einen besonderen Schutz als Whistleblower zuerkannt, eine Geldstrafe von 1500 Euro aufgehoben und eine neue Verhandlung angeordnet. (…) Dabei ging es nur noch um die Frage, ob der Mann für das Herunterladen von Ausbildungsunterlagen – für das der Whistleblower-Status nicht galt – bestraft werden müsse. Das Berufungsgericht ordnete lediglich an, dass der Angeklagte einen symbolischen Schadenersatz in Höhe von einem Euro an seinen früheren Arbeitgeber zahlen muss.(…) Mit der Aussetzung der Strafe gilt der „LuxLeaks“-Hinweisgeber zwar als strafrechtlich verantwortlich, bleibt aber ohne Strafe. Er gilt als unbescholten, wenn er sich drei Jahre lang nichts zuschulden kommen lässt…“ Meldung vom 15. Mai 2018 bei Tagesschau.de externer Link mit kurzen Audio-Betrag von Katharina Döppler, ARD Brüssel vom 16. Mai 2018
  • Gericht kassiert Urteil gegen Lux-Leaks-Whistleblower Deltour
    „… In der „Lux-Leaks“-Affäre um Steuervorteile für internationale Großkonzerne hat das oberste Gericht Luxemburgs – der Kassationshof – am Donnerstag das Urteil gegen den Informanten Antoine Deltour gekippt. Sein Verfahren muss damit erneut aufgerollt werden, schreiben Luxemburger Medien. Eine geringere Strafe für den Mitangeklagten Raphaël Halet wurde dagegen aufrechterhalten. Deltour zeigte sich nach dem Urteil erleichtert: „Ich hatte vollstes Vertrauen in die Justiz und gute Argumente, um diesen Kampf zu gewinnen.“ Die Verteidigungslinie seines Anwalts hat die Richter offenbar überzeugt. Er verstehe nicht, warum sein Mandant vom Gericht zwar als Whistleblower anerkannt, dann aber wegen Diebstahls verurteilt werden könne. Ohne im Besitz von Daten zu sein, könne man schließlich nicht zum Whistleblower werden. Dies sei ein Paradoxon. Die Richter sahen das ähnlich: Deltours Funktion als Hinweisgeber sei nicht richtig gewürdigt worden, hieß es. Halet kündigte an, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen…“ Beitrag vom 11. Januar 2018 von und bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Luxleaks: Erneute Verurteilung ist Skandal
    Gegen die Armut der herrschenden Politik! Demonstration no g20 am 18.3.2017 in Baden-Baden anlässlich des FinanzministerInnentreffen G20„… Soeben wurde in Luxemburg das Urteil im Berufungsprozess gegen die LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour und Raphaël Halet sowie den Journalisten Edouard Perrin verkündet. Deltour wurde zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt; Halet zu einer Geldstrafe von 1000 Euro. Der Freispruch gegen den Journalisten Eduard Perrin wurde bestätigt. Damit wurde das erstinstanzliche Urteil leicht abgemildert (1). Aus Sicht des globalisierungskritischen Netzwertkles Attac ist es dennoch weiterhin ein Skandal, dass es auch im zweiten LuxLeaks-Verfahren zu Verurteilungen kam. Attac fordert ein Whistleblower-Gesetz, das die Weitergabe von Firmen- und Verwaltungsdaten zur Aufdeckung von Straftaten und Steuerhinterziehung grundsätzlich straffrei stellt und die Whistleblower schützt. „Hunderte Milliarden gehen jährlich den Staaten weltweit durch Steuertricks von Konzernen verloren. Mitverantwortlich dafür sind auch geheime Steuerdeals zwischen Konzernen und Staaten, wie sie durch LuxLeaks aufgedeckt wurden“, sagt Alfred Eibl vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. „Deltour und Halet haben öffentlich gemacht, was öffentlich sein muss, denn ohne sie würden diese skandalösen Steuerdeals weiter totgeschwiegen werden. Ihr Mut sollte belohnt, nicht bestraft werden.“…“ Attac-Mitteilung vom 15. März 2017 externer Link, Attac veranstaltet auch aus diesem Anlass eine Podiumsdiskussion mit Antoine Deltour am Freitag, 17. März, 19:00 Uhr in Baden-Baden-Oos, Gemeindesaal der Kirchengemeinde St. Dionysius, Ooser Kirchstraße 1, zum Thema „Stinkt der Fisch vom Kopf her? – Die Bekämpfung von Steueroasen und Steuervermeidung durch die G20 und die EU“ – siehe dazu Gegen die Armut der herrschenden Politik! Demonstration no g20 am 18.3.2017 in Baden-Baden anlässlich des FinanzministerInnentreffen G20
  • Luxleaks-Prozess: Vorrangige Interessen
    „… Nun ist es also passiert. Die beiden Whistleblower Antoine Deltour und Raphaël Halet sind am Mittwoch vergangener Woche in Luxemburg wegen Diebstahls und Verrats von Geschäftsgeheimnissen zu zwölf beziehungsweise neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die ehemaligen Mitarbeiter der Beraterfirma Pricewaterhouse Coopers hatten vertrauliche Dokumente, die ein komplexes System der Steuervermeidung offenlegten, an den französischen Journalisten Edouard Perrin weitergegeben. (…) Es ist ein Kompromiss der luxemburgischen Art. Die Verurteilung eines Journalisten hätte wohl in Zeiten der zur Schau getragenen Verteidigung der Pressefreiheit europaweit für großen Unmut gesorgt. Zu harte Strafen für Halet und den vom Europaparlament 2015 mit dem europäischen Bürgerpreis geehrten Deltour ebenfalls. Ein Freispruch für die beiden hingegen hätte für das auf einem attraktiven Finanzplatz beruhende »Modell Luxemburg« ein fatales Signal bedeutet. Also läuft es auf irgendetwas dazwischen hinaus. (…) Dass Whistleblower, die Daten entwenden, um legale, aber als moralisch verwerflich eingestufte Praktiken in privaten Unternehmen oder Verwaltungen aufzudecken, demnächst durch das Gesetz geschützt würden, scheint schwer vorstellbar. Das würde nämlich bedeuten, dass der Gesetzgeber ein rein an moralischen Maßstäben ausgerichtetes Allgemeininteresse höher einstuft als das fest im bürgerlichen Recht verankerte Privateigentum. Er würde somit eben dieses bürgerliche Recht aus den Angeln heben…“ Kommentar von David Angel bei Jungle World Nr. 27 vom 7. Juli 2016 externer Link. Anm.: Etwas „schief“. Der Widerspruch besteht gerade nicht zwischen Moral und Recht, sondern zwischen verschiedenen Auffassungen von Recht – und rechtliche Legalität drückt vor allem ein MACHTverhältnis aus! Es ist doch gerade die bürgerliche Ideologie die andere Rechtsauffassung ins Moralische schieben will, um sie nicht ernst zu nehmen. (vgl. oben letzter Abschnitt).
  • Solidarität mit Antoine Deltour
    Das Whistleblower-Netzwerk hat zusammen mit internationalen Unterstützergruppen von Whistleblowern in einem gemeinsamen Schreiben gefordert,  dass die Anklage gegen Antoine Deltour fallen gelassen wird. Deltours Enthüllungen liegen offensichtlich im öffentlichen Interesse. In Anbetracht dessen hat das Europäische Parlament ihm den Europäischen Bürgerpreis 2015 verliehen. Die Unterzeichner befürchten, dass die Anklage gegen Deltour der Einschüchterung potentieller Whistleblower dient, aber zu Betrug, Korruption und Machtmissbrauch ermutigt. Bei Prozesseröffnung wurde der Brief Deltours Anwalt zur Verfügung gestellt.“ Meldung vom 2. Mai 2016 beim Whistleblower-Netzwerk externer Link, dort der Brief vom 25 April 2016
  • Whistleblower Deltour vor Gericht: „Ich habe aus bürgerlicher Pflicht gehandelt“
    Mit Spannung war die Aussage des Hauptangeklagten Antoine Deltour im LuxLeaks-Prozess erwartet worden. Am Dienstag legte der ehemalige PwC-Mitarbeiter die Karten auf den Tisch. Der 31 Jahre alte Steuerexperte Deltour lieferte am Dienstag einen Einblick in seine Beweggründe, die umstrittenen Steuervorbescheide für 400 Unternehmen entgegen seiner Geheimhaltungspflicht zu veröffentlichen. Deltour gab sich vor dem Gericht unter Vorsitz von Marc Thill große Mühe, ehrlich und glaubwürdig aufzutreten. Er beteuerte mehrfach, dass er aus „staatsbürgerlichem Pflichtbewusstsein“ gehandelt habe. Um Geld sei es ihm nie gegangen. (…) Am Mittwoch wird der Prozess mit dem Plädoyer der Zivilpartei (PwC) fortgesetzt. Am Dienstag kommender Woche verliest die Staatsanwaltschaft dann die Anklageschrift. “ Artikel vom 3. Mai 2016 bei dem „Luxemburger Wort“ externer Link
  • Whistleblower: Den Hals in der Schlinge
    Ein EU-Gesetz soll Geschäftsgeheimnisse auf europäischer Ebene schützen. Das ist im Zeitalter der Patente und neuen Technologien wichtig. Doch liest man den Entwurf, gefährdet es auch Whistleblower und Medien, die Skandale aufdecken.
    Seit Dienstag muss sich Antoine Deltour vor einem luxemburgischen Gericht wegen Geheimnisverrats und Diebstahls verantworten; das Urteil wird im Mai fallen. Deltour ist der Whistleblower, der vor zwei Jahren für die Aufdeckung des Lux-Leaks-Steuerskandals verantwortlich war. Interessant, um nicht zu sagen dubios ist hier die Rolle des Europäischen Parlaments. Letztes Jahr hatte es Deltour wegen dieser Enthüllung den Europäischen Bürgerpreis verliehen…“ Artikel von Andreas Zielcke vom 26. April 2016 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=97672
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