Schöne neue Bundeswehr: Durch den Krieg in der Ukraine kehrt eine altbekannte Debatte zurück: Die Wehrpflicht

Dossier

Bundeswehr„Unter der Überschrift „Gerne in die Kaserne“ hält Martin Machowechz auf Zeit Online am 14. Mai ein Plädoyer dafür, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Mit diesen Gedanken ist er nicht alleine, denn wie Ex-Punk Campino (auch auf Zeit Online) hadert auch der Autor mit Blick auf die Ukraine mit der eigenen Verweigerung der Wehrpflicht. Sein vermeintlich progressiver Vorschlag: Er will alle Geschlechter verpflichten. Denn die neue Wehrpflicht solle „freier, sogar fröhlicher“ sein und „für alle Milieus, für alle Geschlechter“ gelten. Superdivers also soll sie sein, unsere neue Bundeswehr. Ein Wohlfühlort für Transpersonen, BiPoCs, Menschen mit Behinderung – geradezu verlockend. (…) In Europa und in der Nato finden sich heute nur noch sehr wenige Staaten, die an der Wehrpflicht festhalten…“  Kommentar von Bo Wehrheim vom 17. Mai 2022 in der taz online externer Link und dazu:

  • Petition gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht: „Gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und anderer Zwangsdienste – für die Selbstbestimmung Jugendlicher!“ New
    „… Was Bundesverteidigungsminister Pistorius mit „geänderten Zeiten“ beschönigt, bedeutet für uns ein Leben in den für viele gefährlichsten Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkriegs. Die überwältigende Mehrheit der Jugendlichen hat Angst vor Krieg, 81 Prozent gaben dies in der Shell Jugendstudie 2024 an. Statt auf Diplomatie und Kooperation zu setzen, wird immer mehr Geld in Aufrüstung gesteckt. Deutsche Waffen werden in Kriegs- und Krisengebiete geliefert. Sparmaßnahmen und Unterfinanzierung in den Bereichen Soziales, Bildung, Erziehung und Gesundheit bilden die andere Seite derselben Medaille. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht bedeutet für Jugendliche, dass sie gezwungen werden, ihre individuelle Lebensgestaltung einzuschränken, um Befehle zu befolgen. An der Waffe ausgebildet, um im Ernstfall ihr Leben im Krieg zu riskieren und andere Menschen zu töten. Auch Ersatzdienste zur Wehrpflicht bedeuten eine Einschränkung der Selbstbestimmung Jugendlicher, und das bei geringer Vergütung und ohne, dass damit die Unterbesetzung mit ausgebildeten Fachkräften im sozialen und Gesundheitsbereich gelöst werden würde. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist ein weiterer Schritt hin zu Kriegsvorbereitung. Wir wollen in einer Welt leben, in der Jugendliche sich frei entfalten können, statt auf andere Menschen schießen zu lernen. Dazu braucht es eine Politik, die auf Frieden, Deeskalation und Abrüstung setzt.
    Wir sagen: Nein zur Wehrpflicht! Gegen die Wiedereinführung aller Zwangsdienste! Stopp des Gesetzentwurfes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes!
    …“ Petition bei openPetition an Deutscher Bundestag Petitionsausschuss externer Link aus dem Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“
  • Neuer Wehrdienst (noch freiwillig) und neue Wehrerfassung (verpflichtend) ab 2025 – neue Kampagne gegen den Kriegsdienst ab sofort
    • »Neuer Wehrdienst«: freiwillig, zunächst. Bundeskabinett stimmt Plänen von Boris Pistorius für neues Gesetz zu
      Aus dem ehemaligen Musterungsbrief soll also ein digitaler Fragebogen werden: Am Mittwoch hat das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf von Verteidigungsminiser Boris Pistorius (SPD) gebilligt, demzufolge ein »Neuer Wehrdienst« eingeführt werden soll. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass junge Männer, die 18 Jahre alt werden, Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben müssen. Weil laut Grundgesetz nur Männer zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet sind, wäre das Ausfüllen für Frauen freiwillig. Jene Absender*innen, die besonders geeignet und motiviert für einen Wehrdienst erscheinen, sollen dann zur Musterung eingeladen werden. Ab Mitte 2025 könnte die Neuregelung in Kraft treten. Kritik kommt von der Friedensorganisation »Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen« (DFG-VK) (…) Auch wenn den aktuellen Plänen zufolge nur das Ausfüllen des Fragebogens verpflichtend ist, nicht aber der Wehrdienst selbst, spricht die DFG-VK von einer »angekündigte(n) Wehrpflicht«. »Diese Freiwilligkeit ist erstmal mehr Schein als Sein«, meint Kiesel. Denn bisher sei nicht bekannt, was passiere, wenn die Bundeswehr nicht auf die erwartete Anzahl an neuen Rekrut*innen kommt. »Wird dies dann einfach akzeptiert oder wird dieses neue Modell vielleicht weiter ausgeweitet? Das kann bisher niemand sagen«, so Kiesel. »Daher entschärfen wir diesen Begriff auch bewusst nicht.« Auf der Website des Verteidigungsministeriums heißt es, die Bewerber*innen würden nach Eignung und Motivation ausgewählt – »zunächst auf Basis der Freiwilligkeit«.“ Artikel von Anton Benz vom 06.11.2024 in ND online externer Link
    • Siehe den Gesetzentwurf beim BMVG externer Link
    • Wehrpflicht? Ohne mich! – Yusuf und Jonna haben keine Lust auf Wehrpflicht
      Kampagnenseite externer Link von Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK): „Yusuf und Jonna haben keine Lust auf Wehrpflicht. Sie möchten lieber selbst entscheiden! Mach’s wie Yusuf und Jonna! Hier kannst du der Bundesregierung schon jetzt sagen, dass du bei einer neuen Wehrpflicht nicht dabei bist!...“ und dort u.a.: Kriegsdienstverweigerung: So geht’s! externer Link
    • Die neue Wehrerfassung: Berlin plant mit dem Neuen Wehrdienst ab 2025 umfassende Datenerhebungen über Bereitschaft und Eignung junger Deutscher für den Dienst an der Waffe. Pistorius sieht den Neuen Wehrdienst als Einstieg in eine neue Wehrpflicht an
      „Das Bundesverteidigungsministerium hat den Gesetzesentwurf für einen „Neuen Wehrdienst“ vorgelegt und reaktiviert damit die frühere „Wehrerfassung“ und die einstige „Wehrüberwachung“. Der Mitte Oktober präsentierte Entwurf folgt im Kern dem neuen Wehrdienstmodell, das Verteidigungsminister Boris Pistorius Mitte Juni im Rahmen seiner Kampagne für mehr „Kriegstüchtigkeit“ vorgestellt hat. „Wehrerfassung“ meint die Aufnahme aller 18-Jährigen in die Datenbanken der Bundeswehr. Mit der „Wehrüberwachung“ behalten die Streitkräfte einen Überblick über die Reserve – über alle, die jemals eine militärische Ausbildung erhalten haben: Ihre persönlichen Daten werden registriert, um sie bei Bedarf jederzeit einziehen zu können. Der Ausbau der Reserve ist ein weiteres zentrales Ziel Berlins. Deutschland brauche „nach Einschätzung der Bundeswehr und der NATO rund 200.000 Reservisten mehr“, erklärt Pistorius. Der Neue Wehrdienst werde dazu „nicht reichen“; er sei nur der „Einstieg“. Sein Ministerium plant für die Zeit nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine Debatte über eine neue umfassende Wehrpflicht. (…) Bereits jetzt besteht in Deutschland für 18- bis 60 jährige Männer eine im Grundgesetz verankerte Wehrpflicht, die allerdings seit 2011 nur noch im Spannungs- oder Verteidigungsfall gilt. Den verpflichtenden Wehr- beziehungsweise Wehrersatzdienst in Friedenszeiten hatte Berlin damals ausgesetzt und durch den Freiwilligen Wehrdienst respektive den Bundesfreiwilligendienst ersetzt. Hintergrund war die sogenannte Neuausrichtung der Bundeswehr. Während des Kalten Krieges waren die bundesdeutschen Streitkräfte für einen Krieg gegen die Sowjetunion aufgestellt. Ab Anfang der 1990er Jahre formulierte die deutsche Außenpolitik zunehmend einen globalen Geltungsanspruch. Berlin strukturierte entsprechend die Bundeswehr um, um sie auf militärische Interventionen vor allem in Asien und Afrika vorzubereiten. In diesem Zusammenhang setzte Berlin nun vor allem auf hochqualifizierte Berufssoldaten. Wehrpflichtige waren im Kontext von Interventionskriegen weniger sinnvoll einsetzbar und banden darüber hinaus Militärausbilder in Deutschland, die dann für Auslandseinsätze nicht zur Verfügung standen. Seit der Eskalation des Konflikts um die Ukraine im Jahr 2014 erklärt Berlin nun allerdings einen möglichen Krieg gegen Russland wieder zum „strukturbestimmenden“ Kernauftrag der deutschen Streitkräfte. In diesem Zusammenhang haben sich die Forderungen nach einer Reaktivierung der Wehrpflicht auch in Friedenszeiten zu häufen begonnen. (…) Ab dem kommenden Jahr will das Bundesverteidigungsministerium nun diejenigen Deutschen, die ihr 18. Lebensjahr erreichen oder die sich – als militärisch bereits Ausgebildete – in der Reserve befinden, mit einem „Musterungsfragebogen“ anschreiben. Für Männer ist die Beantwortung verpflichtend. Wer die Auskunft verweigert, muss mit Strafmaßnahmen rechnen. Von den 18-jährigen Männern, die im Fragebogen ein Interesse am freiwilligen Wehrdienst bekunden, will das Verteidigungsministerium diejenigen 40.000 bis 50.000, die am „fittesten, am geeignetsten und am motiviertesten“ erscheinen, auswählen und zur Musterung verpflichten. Im ersten Jahr sollen 5.000 von ihnen dann einen Wehrdienstplatz bei der Bundeswehr bekommen. Für Frauen sind alle Schritte freiwillig. Um auch Frauen zum Wehrdienst oder auch nur zur Wehrerfassung verpflichten zu können, müsste die Bundesregierung zunächst das Grundgesetz ändern – denn diesem zufolge gilt die Wehrpflicht ausdrücklich nur für Männer: Frauen „dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden“, heißt es in Artikel 12a…“ Bericht vom 6. November 2024 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • Wehrpflicht-Debatte: Wer sagt, dass er am Leben hängt, muss mit Shitstorm rechnen 
    „Artikel junger Männer, die nicht für Deutschland sterben wollen, sorgen für Empörung. Ukrainer werden als Vorbild genannt. Doch sind sie das alle freiwillig?
    Der 26-jährige Autor und Podcaster Ole Nymoen ist nicht der erste Mann unter 40, der in Deutschland seit Beginn der „Zeitenwende“ mit dem offenen Bekenntnis, nicht mit der Waffe in der Hand für Deutschland kämpfen zu wollen, für Entrüstung sorgt. Letzteres ist so ziemlich das Gegenteil von verbaler Abrüstung, wie die Reaktionen auf seinen Zeit-Artikel „Ich, für Deutschland kämpfen? Never!“ externer Link vom 25. Juli beweisen. (…) Völlig unvorbereitet trifft ihn das nicht: Andere mussten schon ähnliche Erfahrungen machen. Christian Baron (*1985), dessen autobiographischer Roman „Ein Mann seiner Klasse“ gerade verfilmt wurde, hatte Anfang 2023 im Freitag ein „Lob der Schwäche“ mit der Kernaussage „Ich werde mein Land nicht mit der Waffe verteidigen, sondern fliehen“ veröffentlicht und war dafür in „Sozialen Netzwerken“ unter anderem als „Lumpenpazifist“ und „Kreml-Troll“ verunglimpft worden. (…) Ole Nymoen bekam nun einen Shitstorm der Extraklasse, weil er in der Zeit zum selben Thema sinngemäß schrieb, dass er auch „Fremdherrschaft“ dem Tod in einem Krieg vorziehen würde, zumal die Interessen der Herrschenden des eigenen Landes nicht deckungsgleich mit denen der Beherrschten seien. Vorgebliche Verteidiger westlicher Freiheiten ließen in der Zeit-Online-Kommentarspalte durchblicken, dass einer wie er aus ihrer Sicht durchaus russische Lagerhaft verdient hätte. (…) Nachdem die negativen Reaktionen auf seinen Artikel in der Kommentarspalte zunächst sehr heftig gewesen seien, habe nach wenigen Tagen etwa ein Drittel „gesagt, dass sie meinem Text etwas abgewinnen können“. (…) Im März 2022 war Hannah Lakomy in einem Debattenbeitrag unter der Überschrift „Lob der Feigheit“ für die Berliner Zeitung auf das oft bemühte ukrainische Vorbild eingegangen und hatte darauf verwiesen, dass ukrainische Männer (sowie im Einzelfall Transfrauen) diese Rolle nicht immer freiwillig übernehmen (…) Der NDR berichtete vor wenigen Tagen über einen jungen Ukrainer, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und gerade erst volljährig geworden ist. Im Fall einer Rückkehr würde er sofort eingezogen. „Ich kann ehrlich zugeben, dass ich nicht in den Krieg gehen will, weil ich einfach Angst habe, dass ich verletzt oder traumatisiert werde“, so der 18-jährige Stanislav Roh. „Der Krieg hat schreckliche Auswirkungen auf den Menschen. Ich habe auch Angst, dass ich danach nicht weiter normal leben werde. Und ich weiß nicht, ob der Staat mich danach wirklich unterstützen kann. Ich sehe die Gefahr, dass man einfach zum Kanonenfutter wird.“ Er wolle nicht „so benutzt werden“.“
    Beitrag von Claudia Wangerin vom 4. August 2024 bei Telepolis externer Link, siehe dazu:

    • Nein zu Wehr- und Dienstpflicht: „Ich würde für Deutschland auch nicht an der Gulaschkanone stehen“
      Unser Autor schrieb, er sei nicht bereit, für Deutschland zu sterben und bekam einen Shitstorm. Doch auch ohne Waffe wird er nicht für Deutschland kämpfen.
      Die Deutschen haben Lust auf Krieg – so könnte man die Reaktionen auf meinen Kommentar deuten, in dem ich erläuterte, warum ich nicht bereit bin, für Deutschland zu sterben.  Ich schrieb das Editorial der Berliner Zeitung am Wochenende externer Link (3. August 2024) und äußerte meinen Unmut über die aktuelle deutsche Debatte zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Als Gegenvorschlag zum Krieg gab ich lieber Gastrotipps. Wie bereits meinen Journalistenkollege Ole Nymoen, der sich mehrfach gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht aussprach externer Link, erreichte mich ein riesiger Shitstorm
      …“ Artikel von Kevin Gensheimer vom 06.08.2024 in der Berliner Zeitung online externer Link ab da hinter paywall
  • „Kriegstüchtig“ werden? Das Militär lässt sich nicht demokratisieren
    „Seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und der sogenannten Zeitenwende wird in Deutschland militärisch aufgerüstet. Das Ziel: „kriegstüchtig werden“. Dazu gehört die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder einer allgemeinen Dienstpflicht. Die Internationale der Kriegsdienstgegner:innen (IDK) erklärt ihren Widerstand gegen eine mögliche Dienstpflicht. Jede Form von staatlichem Zwangsdienst muss als Ausdruck einer zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft gesehen werden. Sie würde bedeuten, dass das Leben der Bürger:innen immer mehr den Interessen und Bedürfnissen des militärischen Machtapparats unterworfen wird. Die Einführung eines Zwangsdienstes wird als sogenanntes „Gesellschaftsjahr“ kaschiert, bei dem es darum ginge, junge Menschen zu einem gemeinnützigen Engagement für die Allgemeinheit heranzuziehen. Der wahre und ausschlaggebende Grund ist, dass die Bundeswehr wieder mehr Soldaten haben möchte, die sie nur über den Umweg einer allgemeinen Dienstpflicht bekommen kann. Die angeblich notwendige Vorbereitung auf eine Landesverteidigung mit kriegerischen Methoden soll eine Dienstpflicht für alle legitimieren. Dies hält die IDK für falsch und verhängnisvoll. Die Grundlagen unserer Kritik sind: Die materielle Gewalt des Eigentums führt verstärkt auch in reichen Ländern zu Armut, Ausgrenzung, Rassismus, Antifeminismus und Antisemitismus. „Staatliche Souveränität äußert sich zusehends in ethnischen Volksbegriffen mit entsprechenden Ausschlüssen“, schreibt die „Jour fixe Initiative Berlin” zurecht. Nationalismus und Militarisierung dominieren und kumulieren in Gewaltmonopolen in Form von Militär, Polizei und staatlicher Bürokratie, trotz der weltweit agierenden neo-liberalen Marktwirtschaft. Krieg ist somit strukturell angelegt, in einigen Ländern sogar tatsächlich real. Diese weltweite Situation bedarf eines gemeinsamen vielfältigen Widerstandes, eines Antimilitarismus auf der Höhe der Zeit. Eine radikale Kritik von Nationalismus und Staat ist angesichts der dominanten Kriegsrhetorik wichtiger denn je. (…) Das Militär ist und war niemals eine demokratische Institution. Sie ist nicht zu demokratisieren. Militär ist eine Institution, in der Soldaten, auf Befehl und Gehorsam getrimmt, zur Sache und zum Mittel der Politik werden. Der Mensch wird in der Figur des Soldaten seinem Wesen entfremdet. Das Gewaltmonopol des Staates dient der Sicherung von Herrschaft, konstatiert Ekkehart Krippendorff in seinem Buch „Staat und Krieg – Die historische Logik politischer Unvernunft“ (1985). Der Staat hat den primären Zweck, Herrschaft zu stabilisieren, nicht aber den inneren Frieden zu stiften. Eine friedliche Ordnung ist nicht der Zweck staatlicher Herrschaft. Antiinstitutioneller Widerstand bedeutet für die IDK, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht zu verhindern oder wenigstens einen Beitrag dazu zu leisten. Alle, die zu einem Zwangsdienst verpflichtet werden könnten, sollen dazu ermutigt werden, sich zu widersetzen. Öffentliche Aufrufe zur Verweigerung der Erfassung und Musterung für den Zwangsdienst werden begleitet von Angeboten der juristischen Beratung und Unterstützung bei der individuellen Verweigerung. Weitere Formen der Verweigerung von Kriegsdiensten werden erwogen und demnächst veröffentlicht. Übrigens: Die „klassische“ Kriegsdienstverweigerung nach Artikel 3/4 Grundgesetz ist aktuell auch für Reservisten möglich.“ Artikel von Wolfram Beyer in der Soz Nr. 07/2024 externer Link („„Das Militär lässt sich nicht demokratisieren““)
  • [deutsche »Kriegstüchtigkeit«] Mit der Waffe in der Hand für Niedriglohn-Deutschland kämpfen
    Junge Menschen sollen Einsatz für »die Gesellschaft« zeigen und für den deutschen Staat in den Kampf ziehen – einen Staat, der sich seinerseits immer weniger für »die Gesellschaft« einsetzt.
    Kürzlich hat der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius seine Idee einer neuen Wehrpflicht vorgestellt. Eine wirkliche Pflicht hat er zwar nicht in petto, denn dafür sind breite Teile der SPD und auch der FDP nicht zu haben. Dennoch bereitet Pistorious die deutsche »Kriegstüchtigkeit« vor, indem er jungen Männern verpflichtende Fragebögen schickt. Wahrscheinlich werde auch ich darunter fallen und bald erklären müssen, ob ich wehrfähig und -willig bin. Auf diese Weise will Pistorius die jungen Männer freiwillig dazu bewegen, in den Dienst zu treten. Und was fällt den versammelten Journalisten, der sogenannten vierten Gewalt dazu ein? Natürlich: Der gewaltsame Zugriff des Staates auf seine Bürger ist eigentlich noch viel zu lasch. (…) Das Sterben fürs Vaterland darf bitte keine Freiwilligkeit sein. (…) Auch sonst werden zuletzt immer wieder Stimmen laut, die jungen Menschen mehr abverlangen wollen. Nachdem sie in der Corona-Krise völlig alleingelassen wurden, dürfen sich dann junge Menschen von Leuten wie Frank-Walter Steinmeier anhören, dass sie doch bitte sehr ein Jahr für die Gesellschaft opfern sollen. (…) Eine Gesellschaft, die ihnen umgekehrt natürlich nichts gibt. Denn wer arbeitslos wird, den wollen Frank-Walter Steinmeier und seine Schergen in den Jobcentern in schlecht bezahlte Jobs zwingen, um das Wachstum anzutreiben. Niedriglohn und Altersarmut, das ist es, was die Regierung denen verordnet, die es nicht schaffen, ihres eigenen Glückes Schmied zu werden. Und solche Leute erzählen uns dann etwas von gesellschaftlichem Zusammenhalt und behaupten, wir müssten ein Interesse daran haben, dass sie weiter über uns herrschen? Denn darum geht es ja: Wenn junge Männer – und bald auch Frauen – für Deutschland in den Krieg ziehen, tun sie das nicht für sich selbst. Sie könnten ja sterben. Für sie ist nur die Rolle des nützlichen Idioten eingeplant, damit weiterhin der deutsche Staat alle seine Quadratkilometer behält, auf denen er dann Leute in Niedriglohnjobs stecken darf. Für diesen Staat werde ich ganz sicher keinen Finger rühren. Weder an der Waffe, noch im sozialen Jahr. Und jeder, der sich irgendwie für links hält, sollte bitte sehr aufhören, sich konstruktiv in die Fragen einzumischen, wie viele tote junge Männer und wie viele zerstörte Städte man für einen gerechten Frieden hergeben muss. Das kann man wirklich den Kriegstreibern dieser Welt überlassen.“ Kommentar von Ole Nymoen vom 18. Juni 2024 in Jacobin.de externer Link

Siehe zum Thema auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200979
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