Die Offensive der neuen Kriegsministerin: In alle Richtungen…
„Die heutige erste Regierungserklärung der frischgebackenen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer war so übel, wie das angesichts ihrer präministeriellen Aussprüche zu erwarten war. Es war zuallererst eine an die Soldatinnen und Soldaten gerichtete Regierungserklärung, mit der sie sich wohl bewusst deutlich von ihrer Vorgängerin absetzen wollte. Von der Leyen hatte nämlich den geballten Zorn der Truppe auf sich gezogen, nachdem sie ihr im Zusammenhang mit zahlreichen rechten Vorkommnissen völlig zu Recht ein „Haltungsproblem“ attestierte. Auch wenn von der Leyen hier schnell zurückruderte, hatte sie es sich damit ein für allemal verscherzt, ein Fehler, den ihre Nachfolgerin nicht wiederhohlen will. Denn obwohl der braune Sumpf aus immer mehr Ecken der Bundeswehr herausquillt, schlägt Kramp-Karrenbauer nun einen anderen Ton an: „Unsere Soldatinnen und Soldaten kommen aus der Mitte unserer Gesellschaft. Deshalb ist die Bundeswehr kein Platz für Extremisten, deshalb ist in der Bundeswehr kein Platz für Extremisten. Deshalb gehört die Bundeswehr in die Mitte unserer Städte und Gemeinden. […] Dieser Dienst braucht Respekt, dieser Dienst braucht Unterstützung – und zwar konkret und mit Priorität.“ Was aktuelle Forderungen nach einer deutschen Entsendung von Kriegsschiffen an den Persischen Golf anbelangt, war die neue Verteidigungsministerin sichtlich bemüht, sich alle Optionen offen zu halten. Eine klare Absage jedenfalls hört sich anders an: „Gerade in diesen Zeiten ist unsere Bundeswehr eines der zentralen Instrumente unserer Sicherheit. Die aktuellen Entwicklungen in der Straße von Hormuz zeugen davon.“ ...“ – aus dem Beitrag „Kramp-Karrenbauers Regierungserklärung an die Bundeswehr von Jürgen Wagner am 24. Juli 2019 bei IMI online , worin auch noch die geplante massive Intensivierung der Kriegsausgaben und die angedrohte Propagandaschau Thema sind… Zu den erklärten und diskutierten Absichten künftiger bundesdeutscher Militärpolitik und der Kritik daran einige aktuelle Beiträge:
„Aggressionslust“ von Arnold Schölzel am 25. Juli 2019 in der jungen welt zur Debatte über diese Erklärung, die mehr als deutlich machte, dass die Ministerin mit ihrem radikalen Kurs keineswegs alleine da steht: „… Die gestrige Debatte im Bundestag nach der Vereidigung der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer als Verteidigungsministerin ergab daher: Von AfD bis zu den Grünen herrscht Einigkeit, die Bundeswehr solle schneller und an mehr Orten in der Welt als bisher Leute umbringen können, mehr Geld sei da. Allein die Linkspartei tanzte aus der Reihe, und der kommissarisch die SPD-Fraktion führende Rolf Mützenich verlangte immerhin Diplomatie statt »militärischem Fußabdruck«. Die Linke beantragte, die Bundesregierung möge Vorschläge für »Abrüstung und Vertrauensbildung in Europa und weltweit« präsentieren, anstatt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts fürs Militär zu verjubeln. Das Papier wurde kommentarlos in Ausschüsse überwiesen. Mützenich nahm immerhin das Wort »Russland« in den Mund und plädierte für ein gemeinsames Sicherheitssystem. Sonst wäre Dietmar Bartsch (Die Linke) der einzige gewesen, der den russischen »Elefanten«, der bei allen Rüstungsdebatten hierzulande im Raum steht, erwähnte: »Die NATO-Staaten wenden jährlich eine Billion US-Dollar fürs Militär auf, Russland 63 Milliarden.« Na und? So reden Kapitulanten. Denn, sagte die Ministerin, »wir« unterscheiden uns durch Erfahrung und Überzeugung von den »autoritären Kräften, die uns herausfordern«. Das wurde schon vor 1914 und vor 1939 ähnlich formuliert. Aufrüstung muss sein. Das meinte auch die Deportierpartei AfD und verlangte die »Befähigung zum Kampf«. Christian Lindner (FDP) schloss sich an und traute Kramp-Karrenbauer »Leadership« in allen Waffengattungen und auf allen Kriegsschauplätzen zu (»Afghanistan evaluieren!«). Die CDU meinte, auch in Syrien müsse deutsches Militär »Verantwortung« übernehmen, wenn die USA Bedarf haben. Und der grüne Sicherheitsexperte Tobias Lindner verlangte von der neuen Ministerin, dass sie »mit voller Kraft« die Armee auf Vordermann bringt...“
„Kramp-Karrenbauer drängt zur Aufrüstung“ von Stefan Otto am 22. Juli 2019 in neues deutschland online zum neuen Aufmarsch: „Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat nur wenige Tage nach ihrer Amtseinführung ein erstes Zeichen gesetzt. Sie fordert eine konstante Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben, bis sie zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht haben, wie es eine Absichtserklärung unter den NATO-Partnern von 2014 vorsieht. Im Gespräch mit der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« sagte die Ministerin, sie habe »immer kritisiert«, dass der Verteidigungshaushalt der mittelfristigen Finanzplanung zufolge in den kommenden Jahren sinken solle. Dies widerspräche der »klaren Zusage« an die Bündnispartner. Deutschland hatte den NATO-Partnern konkret angekündigt, seine Verteidigungsausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent des BIP anzuheben. Wegen der eingetrübten Konjunktur und schwächerer Steuereinnahmen hat die Bundesregierung den Haushalt für 2020 jedoch zusammengestrichen. Auch der Verteidigungsetat muss zurückstecken. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für die Verteidigung im kommenden Jahr mit 44,7 Milliarden Euro. Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte aber 47,2 Milliarden Euro gefordert. Im laufenden Jahr beträgt das Budget 43,2 Milliarden Euro...“
„AKK: „Wir werden die Sichtbarkeit der Bundeswehr in unserer Gesellschaft erhöhen““ von Florian Rötzer am 25. Juli 2019 bei telepolis zur angekündigten Showkampagne: „… Und dann kommen noch etwas schräge Ideen zur weiteren Militarisierung der Gesellschaft, in der die Bundeswehr öffentlich stärker vorhanden sein soll: „Wir werden die Sichtbarkeit der Bundeswehr in unserem Land, in unserer Gesellschaft erhöhen. Ob das das freie Bahnfahren in Uniform ist, oder Gelöbnisse oder Zapfenstreiche in der Öffentlichkeit.“ Wahrscheinlich kommt dann bald die Forderung nach Militärparaden, wie das Donald Trump auch gerne hätte. AKK will sich nun als Befehlshaberin in einer sich offensiv militärisch und damit auch nationalistisch darstellenden Gesellschaft geben, was vielleicht nicht allen Nachbarstaaten gefallen wird. Sie habe die Ministerpräsidenten der Länder angeschrieben, um diese Symbolpolitik bundesweit durchzusetzen. Die sollen „zum Geburtstag unserer Bundeswehr am 12. November öffentliche Gelöbnisse“ durchführen: „Das wäre ein starkes Signal und ein starkes Zeichen der Anerkennung für unsere Soldatinnen und Soldaten. Und für die Bundeswehr als Parlamentsarmee würde ich mir auch ein Gelöbnis vor dem Reichstag wünschen.“
„Soldaten aus der Mitte wovon?“ von René Heilig am 24. Juli 2019 in neues deutschland online zu der Verortung auf Rechts: „Die Soldaten der Bundeswehr kommen aus der Mitte der Gesellschaft und dort hat die Truppe auch ihren Platz, betonte Kramp-Karrenbauer in ihrer ersten Regierungserklärung. Man muss ihr zustimmen – und beachten, dass sich gerade deshalb neue Fragen ergeben. Was ist die Mitte der Gesellschaft politisch gesehen? Gehört die AfD, in der allzu viele Ex- und Noch-Militärs den Ton angeben, dazu? Die Partei erweckte gestern im Bundestag den Eindruck, sie allein sei Interessenvertreter der Soldaten. Von einer »geistig-moralische Neuaufstellung« war da die Rede. Wenn Zivilgesellschaft, Parlament und Soldaten es zulassen, dass diese Partei weiter Fuß fasst in der Truppe, wird es wieder Nacht über Deutschland. Helfen dagegen die Fackeln, die die Ministerin bei Zapfenstreichen im öffentlichen Raum entzünden will? Bieten Gelöbnisreden bald auch vor dem Bundestag der Demokratie Schutz?…“
„Protest bei Besuch der Verteidigungsministerin in Celle“ am 24. Juli 2019 bei der ANF berichtet: „… Mit einer spontanen Protestkundgebung reagierte das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ heute auf die Stippvisite der Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer in Celle. Am Luftbrückendenkmal an der Einfahrt zum Heeresflugplatz fanden sich um 16 Uhr etwa 30 Personen ein. In einem Redebeitrag kritisierte Lukas Barlian zunächst das Bekenntnis der Ministerin zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO: „Dies würde zu einem Anstieg des Militärhaushalts von gegenwärtig 43,2 Mrd. Euro auf bis zu 75 Mrd. Euro bis 2024 führen. Wir dürfen es uns nicht länger gefallen lassen, dass es weder auf die Klimakatastrophe noch auf die sozialen Probleme Antworten gibt. Es geht der herrschenden Politik lediglich darum, militärisch eine Weltordnung zu schützen, die tagtäglich und weltweit Tod, Flucht und Naturzerstörung produziert.“ Barlian wandte sich auch entschieden gegen Äußerungen Kramp-Karrenbauers, die erkennen lassen, dass sie die Rüstungsexportrichtlinien, die „schon löchrig wie ein Käse“ seien, noch einmal weiter aushöhlen wolle: „Die Rüstungsexporte von Rheinmetall und anderen Konzernen haben noch nie Konflikte gelöst, sondern immer nur Kriege befördert.“...“
„Wählerbetrug und Militarisierung“ von Andrej Hunko am 19. Juli 2019 in der Freiheitsliebe zur aktuellen bundesdeutschen Personalrochade und hier in bezug auf die CDU-Vorsitzende und ihr neues Amt abschließend: „… Die verheerende Personalrochade wird mit der Benennung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Kriegsministerin abgerundet. Die Vereidigung soll am 24. Juli in Verbindung mit einer Regierungserklärung unter dem Titel „In Verantwortung für die Zukunft Deutschlands. Für eine starke Bundeswehr in einer Welt im Wandel“ stattfinden. Deutlicher kann man Großmachtsambitionen und Aufrüstungspläne wohl kaum ausdrücken. Es besteht Anwesenheitspflicht für die Abgeordneten. Einziger Lichtblick: Über 73,3 Prozentr der Menschen in Deutschland halten laut einer Civey-Umfrage Frau Kramp-Karrenbauer für eine schlechte oder sehr schlechte Besetzung, nur 13,2 Prozent begrüßen den Schritt. Darauf lässt sich aufbauen“.
„Geld ist genug da“ von Christian Burmeister am 21. Juli 2019 in der FR online kommentiert unter anderem optimistisch: „… Aber es geht nicht um einen Beliebtheitswettbewerb, sondern um Notwendigkeiten: Zweifellos ist es politisch geboten, die Bundeswehr gut auszurüsten. Doch dafür reicht die heutige Finanzierung eigentlich aus. Eigentlich. Denn in der Realität haben sich beispielsweise die Anschaffungskosten für den Schützenpanzer „Puma“ gerade von drei auf sechs Milliarden Euro verdoppelt. Solange solche Absurditäten möglich sind, verbietet es sich, zusätzliche Milliarden vom Steuerzahler zu fordern. Sie hätte mitbekommen können, dass die größten Schwierigkeiten der Truppe woanders liegen, beispielsweise in der Nachwuchs-Rekrutierung. Herausforderungen jedenfalls, die sicher nicht zuerst nach frischen Milliarden rufen. „AKK“ sollte schnell trittsicherer werden – sonst rückt das Kanzleramt für sie in weite Ferne…“