ver.di-Dokumente zu Krieg, Frieden, (Ab-)Rüstung
Dossier
„… Der bevorstehende 6. Bundeskongress (17.-23.9. 2023 / Berlin) wird sich – sowohl wegen der grundsätzlichen friedenspolitischen Orientierung von ver.di, aber ganz besonders natürlich aufgrund der aktuellen Situation) intensiv mit Fragen von Krieg, Frieden und damit zusammenhängenden Themen beschäftigen (müssen). Dafür hoffe ich hier eine nützliche Arbeitshilfe zur Verfügung zu stellen. Dokumente des 1. bis 4. Bundeskongresses konnte ich im Netz nicht mehr auffinden und habe deshalb auf mein Archiv auf meinem Rechner zurückgegriffen (für den 3. und 4. Bundeskongress). Sollten die Dokumente doch im Netz verfügbar sein, bin ich für entsprechende Hinweise dankbar…“ Aus der Vorbemerkung von Bernhard Pfitzner zu seiner Zusammenstellung vom 12.3.23 – siehe seine bisherigen Veröffentlichungen zu „„Zeitenwende“ – Herausforderungen für gewerkschaftliche (ver.di) Friedenspolitik“ im LabourNet:
- [aktualisiert] Ver.di-Dokumente zu Krieg, Frieden, (Ab-) Rüstung
Zusammenstellung und Vorbemerkung von Bernhard Pfitzner in aktualisierter Fassung vom 5.10.23 um die Ergebnisse des Bundeskongresses - Die „Zeitenwende“ – Herausforderungen für gewerkschaftliche (ver.di) Friedenspolitik
„… Ich beginne mit drei kurzen Auszügen aus aktuellen Beschlüssen von ver.di, des DGB und des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) (…) Der russische Angriff auf die Ukraine wird entschieden abgelehnt. Frieden ist eines der zentralen Ziele der nationalen wie internationalen Gewerkschaftsbewegung. Die Wiederherstellung von Frieden gehört zu den aktuell wichtigsten Anliegen. (…) In keinem der erwähnten Beschlüsse taucht der Begriff „Zeitenwende“ auf. (…) Es ist insbes. diese Ankündigung, die Frank Bsirske, mittlerweile ja immerhin ein Abgeordneter der Regierungskoalition zu der Äußerung veranlasste, diese Ankündigung – an jeglicher parlamentarischen Beratung vorbei, sei ein „grobes Foul“ des Bundeskanzlers. Ich will meine Zurückhaltung gegenüber dem Begriff der „Zeitenwende“ noch mit einem weiteren Argument begründen: Es dient – ob nun explizit gewollt und erklärt oder eher unterschwellig – dazu, zu „begründen“, dass angeblich alle Erfahrungen, die vor dem 24.2. insbes. mit der Entspannungspolitik und einer Politik der Zusammenarbeit auch über fundamentale Unterschiede in den Auffassungen und der konkreten Politik hinweg ihre Gültigkeit verloren hätten. (…) Ich bestreite nicht, dass der 24.2. einen Einschnitt in der internationalen, insbes. europäischen Politik bedeutet. Was ich allerdings nach wie vor durchaus vehement bestreite, sind zwei mit der Verwendung der Metapher „Zeitenwende“ verbundene Behauptungen (gleichgültig, ob sie nun explizit geäußert oder „nur“ implizit mittransportiert werden): – Die Änderungen in der internationalen/europäischen Politik lassen sich nicht auf ein Datum reduzieren. Dieses Datum hat eine lange und teilweise komplizierte Vorgeschichte. Nur wenn diese mit in den Blick genommen wird, kann von einer seriösen Beurteilung der Lage gesprochen werden. (…) Die UNO hat sich in verschiedenen Gremien mit dem Krieg in der Ukraine befasst. Ich gehe hier lediglich auf die „Elfte Notstandssondertagung“ der Generalversammlung ein (…) Diese Tagung, die bisher vom 28.2. bis 2.3., am 23./24.3., am 7.4., vom 10.-12.10. und am 14.11.22 stattfand, verurteilte in mehreren Resolutionen mit großen Mehrheiten das russische Vorgehen. Bemerkenswert erscheint mir allerdings, dass neben dieser Verurteilung insbes. die Resolution A/RES/ES-11/1 „Aggression gegen die Ukraine“ (…), die in vielen unserer Medien als „Sieg des Westens“ gefeiert wurde, „nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel (fordert)“; und „nachdrücklich die fortgesetzten Anstrengungen des Generalsekretärs, von Mitgliedstaaten, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und anderer internationaler und regionaler Organisationen zur Unterstützung der Deeskalation der aktuellen Situation … (begrüßt und fordert);“ Weder von Waffenlieferungen noch von Wirtschaftssanktionen ist in diesen Resolutionen. (…) Konzepte der „Gemeinsamen Sicherheit“ sind historisch eng mit den Namen Olof Palme und
Egon Bahr verbunden, die beide der internationalen „Unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheit“ angehörten, jener Kommission, die von 1980 bis 1982 unter dem schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme den „Palme-Bericht erarbeitete. (…) Ohne hier diese historischen Aspekte vertiefen zu können, will ich auf ein Dokument unserer Tage verweisen, dass bewusst in die Tradition des Palme-Berichts gestellt wurde: den Bericht „Gemeinsame Sicherheit 2022“. Dieser Bericht wurde erarbeitet von VertreterInnen des Internationalen Gewerkschaftsbundes, des Internationalen Friedensbüros und des Olof Palme International Center. (…) [Darin wird] ganz bewusst ein weiter Sicherheitsbegriff verwendet. Und es werden Risiken
benannt, die sich nicht erst seit dem 24.2. entwickelt haben. Dem entsprechend sind die Empfehlungen dieses Berichts in vier Hauptbereiche gegliedert: 1. Stärkung der globalen Architektur für den Frieden 2. Eine neue Friedensdividende – Abrüstung und Entwicklung 3. Wiederbelebung der nuklearen Rüstungskontrolle und Abrüstung 4. Neue Militärtechnologien und Weltraumwaffen. Ich denke, wir werden in der Diskussion auf den einen oder anderen Punkt zurückkommen und will deshalb im Moment nur noch einen Aspekt besonders hervorheben: In dem „Aufruf zum Handeln“ (S. 6 f) wird u.a. ausgeführt: „Gemeinsame Sicherheit erfordert nicht nur Maßnahmen der Regierungen, sondern auch der nationalen Parlamente und der Zivilgesellschaft – einschließlich der NRO, der Bewegungen für soziale Gerechtigkeit und Frieden, der Glaubensgemeinschaften, der Frauen- und Jugendbewegungen und der Gewerkschaften.“ Ich denke, dass ist eine Aufforderung, der wir uns auch als ver.di zu stellen haben.“ Aus der aktualisierten Vorlage für ein Referat von Bernhard Pfitzner am 1. Dezember 2022 beim Arbeitskreis Friedenspolitik des Landesbezirksvorstandes ver.di Nord – wir danken! - Siehe dazu den Dokumentenanhang (Stand: 15.2.23, 28 S.) zum Referat von Bernhard Pfitzner: „Die ,Zeitenwende‘ – Herausforderungen für gewerkschaftliche (ver.di) Friedenspolitik“
Wichtig dazu:
- Erschienen im Dossier Keine Waffenlieferungen in die Ukraine! Friedenspolitik statt Krieg!
- Siehe zum aktuellen Hintergrund das Dossier: ver.di-Bundeskongress 2023 wirft seine Schatten voraus: Die Debatte um künftige Politik der Gewerkschaft beginnt