Ostermarsch 2022 im Zeichen des Ukraine-Krieges und massiver Aufrüstung
Dossier
„Die schrecklichen Bilder des seit Ende Februar wütenden Krieges Russlands gegen die Ukraine machen fassungslos – insbesondere die neusten Berichte und Bilder aus Butscha. Die russischen Truppen ziehen sich aus dem Norden der Ukraine zurück und hinterlassen viele Tote und Orte der Verwüstung. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Verantwortlichen dieser Taten eines Tages vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen. Es ist zu begrüßen, dass der Generalbundesanwalt ein so genanntes Strukturermittlungsverfahren für die Ukraine eingeleitet hat, sodass Prozesse nach dem Weltrechtsprinzip zukünftig möglich sind. Im Mittelpunkt der Ostermärsche steht in vielen Städten die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand und langfristig nach Frieden für die Menschen in der Ukraine. Ein weiteres zentrales Thema der diesjährigen Ostermärsche wird die von der Bundesregierung angekündigte massive Aufrüstung der Bundeswehr sein…“ Die Ostermärsche finden in diesem Jahr vom 14.-18. April statt, siehe alle Infos zu den Ostermärschen 2022 der Friedensbewegung beim Netzwerk Friedenskooperative und v.a. Termine der Ostermärsche 2022 und dazu:
- [Rede von Jürgen Grässlin] Das Blutvergießen muss ein Ende haben – in der Ukraine und weltweit
„… Das zentrale Thema unseres Ostermarsches ist leider ein tieftrauriges. Nach dem Krieg auf dem Balkan mit dem völkerrechtswidrigen Kampfeinsatz der Nato im Jahr 1999 wütet heute wieder ein Krieg in Europa. (…) Wir fordern: Wladimir Putin und die mitverantwortlichen Regierungsvertreter und Militärs müssen in Den Haag vor ein Kriegsverbrechertribunal gestellt werden! Erlaubt mir zwei wichtige Ergänzungen: Nicht Julian Assange, der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, gehört vor Gericht gestellt. Nein, Julian Assange muss freigelassen werden. Stattdessen gehören weltweit alle Verantwortlichen für völkerrechtswidrige Angriffskriege und auch Drohnenkriege vor Gericht gestellt. Ich meine damit auch die Verantwortlichen für die völkerrechtswidrigen Interventionen anderer Staaten, u.a. der USA. (…) Die Ziele der demokratischen Wertegemeinschaft müssen die Wahrung der Menschenrechte und die Wiederherstellung des internationalen Rechts sein – und zwar weltweit. Die Verurteilung aller Kriegsverbrecher wäre das entscheidende Signal für eine auf internationalem Recht basierende Weltfriedensordnung! (…)Bereits zu Beginn der Invasion drohte Wladimir Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen, falls sich die Nato in den Krieg einmischen sollte. Wie die von der Ärzteorganisation IPPNW veröffentlichte wissenschaftliche Studie „Nuclear Famine“ dokumentiert, würde bereits der begrenzte Einsatz einer geringen Zahl von Atomwaffen zu deutlichen Klimaveränderungen führen. Dann werden bis zu zwei Milliarden Menschen hungern. Was aber droht bei einem totalen Atomkrieg? Dann gibt es nur Verlierer und die wenigen Überlebenden werden die Toten beneiden. Laut dem Internationalen Gerichtshof (IGH) ist bereits die Drohung mit Atomwaffen völkerrechtswidrig. Deshalb muss Deutschland unverzüglich dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beitreten. Unsere Botschaft an die Regierungen der Atommächte – an Russland, die USA, China, Frankreich, Großbritannien und an alle weiteren – lautet: Verschrotten Sie Ihre Atomwaffen! Beenden Sie das zynische Szenario, das unser aller Leben gefährdet! Wir erklären uns solidarisch mit den notleidenden Menschen in der Ukraine. Und wir möchten nach Kräften dazu beitragen, ihr Leid zu lindern. Humanitäre Hilfe tut Not, jeder Hilfskonvoi ist eine gute Tat. Und lasst uns unsere Solidarität mit den Betroffenen bekunden: Mit den Menschen in und aus der Ukraine. Aber auch mit allen Menschen, die unter Krieg und Gewalt leiden. Lasst uns nicht vergessen: Zurzeit toben weltweit 30 kriegerische Auseinandersetzungen: zehn in Afrika, der am stärksten betroffenen Region, neun in Nordafrika, West- und Zentralasien sowie acht in Asien. So die Recherchen des Forschungsinstituts Akuf der Hamburger Universität. Für uns bedeutet Zusammenhalt in Europa die Aufnahme aller Kriegsflüchtlinge! Kritische Journalisten, Friedensdemonstranten, Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Russland, in der Ukraine und aus anderen Ländern müssen unsere Unterstützung erhalten und in der EU Schutz finden. Waffenlieferungen an die Ukraine im Abwehrkampf gegen einen Angreifer mögen gut gemeint sein. Die EU finanziert u.a. im Rahmen der sogenannten „European Peace Facility“ Militärhilfe und für den Kauf von Kriegswaffen im Volumen von zwei Milliarden Euro. Was für ein Missbrauch des Friedensbegriffes!…“ Dokumentation der Rede von Jürgen Grässlin auf dem Ostermarsch am Karsamstag in Ingolstadt am 18. April 2022 bei Telepolis - Ostermarschierer als „Putin-Agenten“ oder: Mc Carthy lebt!
„Die „BILD“-Zeitung wusste wiedermal als erste bescheid. „Bis zu 2.000 Putin-Agenten in Deutschland“, verkündete das Kampfblatt des Axel Springer-Verlages am 6. März 2022 in riesigen Lettern auf der Titelseite. (…) Doch das Zentralorgan der blutigen Wahrheit aus dem Hause Springer scheint dieses Mal die Gefahr sogar noch zu untertreiben. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Deutschen Bundestag Alexander Graf Lambsdorff, der zuvor von 2004 bis 2017 Europaabgeordneter war und nun Mitglied des kleinen, erlauchten Parlamentarischen Kontrollgremiums der deutschen Geheimdienste BND, MAD und BfV ist (und darüber hinaus Mitglied der „Atlantik-Brücke“), ist da schon weiter und erkannte in einem Interview für die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Die Ostermarschierer sind die fünfte Kolonne Wladimir Putins, politisch und militärisch.“ Diese Leute, die „jetzt Abrüstung fordern und in Interviews vorschlagen, die Ukraine ‚gewaltfrei zu unterstützen‘“, spucken „den Verteidigern Kiews und Charkiws ins Gesicht“. Die Parolen der Ostermarsch-Bewegung seien „realitätsfern und gefährlich“ („Die Zeit“ online vom 12.4.2022). Hier haben wir die neuen Querdenker, Russengefahr-Leugner, Störer, Gefährder und Chaoten… — und einen Liberalen Graf Lambsdorff, der Joseph McCarthy und seine Hexenjagd auf „unamerikanische Elemente“ aus den 1950er Jahren zu neuem Leben erweckt. Damit sind es in Wahrheit noch viel mehr als die „bis zu 2.000 Putin-Agenten“, von denen die „BILD“-Zeitung ausging, denn geplant sind für dieses Jahr Ostermarsch-Aktionen an nicht weniger als hundert Orten. (…) An der von Putin & Co. betriebenen Politik, inklusive des Krieges gegen die Ukraine, gibt es nichts zu beschönigen und dass wir sie als Linke von antiimperialistischen und internationalistischen Positionen aus bekämpfen, sollte sich von selbst verstehen. Auch bezüglich der anderen Seite sollte jedoch Klarheit herrschen, denn „die Freiheit“, die die soeben aus Europa ausgebürgerten Russen „der Ukraine rauben wollen“ und die europäischen Werte der „Demokratie, Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit“ bestehen unter der Regentschaft von Selenskij & Co. seit März 2022 aus dem Verbot aller Oppositionsparteien, der Gleichschaltung der Medien sowie einer seit Jahren betriebenen Unterdrückung der russischsprachigen Minderheit und aller Linken, der Kumpanei mit militanten Neonazis (inklusive finanzieller, militärischer und propagandistischer Unterstützung) sowie einer dezidiert arbeiter- und gewerkschaftsfeindlichen Politik. (…) Auch wenn der Aufruf zu den Anti-Kriegsdemonstrationen der Ostermarsch-Organisatoren aus linker Sicht durchaus noch Verbesserungsbedarf aufweist, ist eine Teilnahme an diesen subversiven Aktionen der „fünften Kolonne“ durchaus empfehlenswert, wenn nicht gar geboten. Und wo immer möglich sollten dabei weitergehende linke Positionen deutlich gemacht werden…“ Kommentar von einem Mitglied des Gewerkschaftsforums Hannover vom 14.4.2022 - Heißt Ja zur Abrüstung Nein zur Aufrüstung? Ostermärsche: Die Haltung der Gewerkschaften zur Militärpolitik
„… Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft zur Teilnahme an den Ostermärschen auf. Er beurteilt die Zwei-Prozent-Vorgabe lediglich »kritisch«. Einzelne seiner Mitgliedsgewerkschaften haben eine klarere Position. So lehnen Verdi und die Bildungsgewerkschaft GEW die Aufrüstungspläne von Kanzler Scholz ab. (…) Die IG Metall setzt sich laut Satzung zwar ebenfalls für Abrüstung ein. Im aktuellen Aufrüstungsfall zeigt ihr Vorsitzender hingegen ein gewisses Verständnis. So verwies Jörg Hofmann in einem Interview bei »Jung & Naiv« mit Blick auf den 100-Milliarden-Plan auf mögliche Ausstattungsprobleme der Bundeswehr. Skeptischer zeigte er sich bei dem Plan, die Rüstungsausgaben dauerhaft auf zwei Prozent des BIP festzulegen. Diese Haltung ähnelt sehr dem DGB-Aufruf zum Ostermarsch, in dem gar nichts zu den 100 Milliarden steht und die geplante dauerhafte Aufstockung des Militärhaushalts »kritisch« beurteilt wird. Insofern kann man schlussfolgern, dass sich die IG Metall bisher im DGB durchgesetzt hat. Wie er sich künftig positioniert, wird sich beim DGB-Kongress im Mai zeigen. (…) Dass sich gerade die beiden größten Gewerkschaften, Verdi und IG Metall, unterschiedlich positionieren, hat für den Arbeitsrechtler und Kenner der Gewerkschaften Wolfgang Däubler nicht nur damit zu tun, dass die IG Metall Beschäftigte in der Rüstungsindustrie organisiert. Sie achte auch mehr darauf, gute Beziehungen zu den Regierungsparteien zu haben, insbesondere zur SPD, und sei stärker in den politischen Mainstream eingebunden. (…) Und was wäre, wenn sich alle Gewerkschaften klar gegen die Aufrüstung stellen? In ihrer derzeitigen Verfassung seien sie bei politischen Fragen nicht so wichtig wie in anderen Ländern, sagt Däubler: »Die Politik muss keinen politischen Streik befürchten.«“ Artikel von Eva Roth vom 15.04.2022 im ND online - Gewerkschaften und „Abrüsten statt Aufrüsten“ rufen zu Ostermärschen auf: Die Waffen nieder! Gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf
„Der Krieg ist wieder zurück in Europa. Mit seinem völkerrechtswidrigen Angriff hat Russland unendliches Leid über die Menschen in der Ukraine gebracht. Jeden Tag wird der Krieg brutaler und zerstörerischer. Die russische Führung droht mehr oder weniger offen mit dem Einsatz atomarer, biologischer oder chemischer Waffen. Unsere Solidarität gehört den Menschen in der Ukraine. Sie gehört aber auch all den Menschen in Russland und Belarus, die trotz Verhaftungen und fortgesetzter Repressalien mutig ihre Stimme gegen den Krieg erheben. (…) Tod, Zerstörung Flucht – das ist die Bilanz des Krieges. Nicht nur in der Ukraine, sondern überall auf der Welt. Auch im Jemen, in Syrien und anderswo müssen die Waffen endlich schweigen. Wir verurteilen all jene, die Unterdrückung, Krieg und militärische Gewalt als Mittel der Politik einsetzen. (…) Wir wollen ein starkes Zeichen gegen eine Politik der militärischen Konfrontation, gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf und gegen eine Aufstockung der Arsenale an Massenvernichtungswaffen setzen. Der Ukrainekrieg macht drastisch deutlich, wie richtig und wichtig es ist, am Ziel einer allgemeinen und weltweit kontrollierten Abrüstung festzuhalten. Deshalb beurteilen wir auch die von der Bundesregierung angekündigte Absicht kritisch, den deutschen Rüstungshaushalt dauerhaft auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO oder sogar darüber hinaus aufzustocken. Die militärische Friedenssicherung darf weder zulasten des sozialen Friedens noch zulasten der dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen in die sozial-ökologische Transformation und in die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaats gehen. Weit dringlicher als die Festlegung auf das Ausgabenziel der NATO ist zudem die Frage, wie in Deutschland die erheblichen zusätzlichen Mittel mobilisiert werden können, die nötig sind, um rasch Unterbringungs- und Teilhabemöglichkeiten für die Geflüchteten zu schaffen und die wirtschaftlichen Folgen des Krieges abzufedern. Jetzt muss es zunächst heißen: „Die Waffen nieder!“ Es braucht einen sofortigen Waffenstillstand mit anschließenden Verhandlungen, um das Sterben und das Leid zu beenden. Auf die Straße zu den Ostermärschen! Unsere gemeinsame Botschaft lautet: Stoppt den Krieg! Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine! Gegen eine neue Politik der militärischen Konfrontation und des Wettrüstens! Nie wieder Krieg – weltweit!“ Aufruf bei ver.di – Termine zu den Ostermärschen findet ihr auf den Seiten der ver.di Landesbezirke, siehe auch: - Stoppt den Krieg! Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine!
Aufruf der Initiative „Abrüsten statt Aufrüsten“ zu den Ostermärschen 2022 - Deserteure und Verweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine brauchen unsere Unterstützung
Flyer für Ostermarsch von Connection , siehe zum Hintergrund unser Dossier: Hilfe und Asyl für russische und ukrainische Deserteure! - Der in Bochum ansässigen Redaktion am Herzen: http://www.ostermarsch-ruhr.de
- Siehe zu den aktuellen Hintergründen v.a. die Dossiers:
- Siehe zuletzt Ostermärsche 2021 der Friedensbewegung