- Automobilindustrie
- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
- Energiewirtschaft (und -politik)
- Fahrzeugbau (Vom Fahrrad, über Trecker bis zum Flugzeug)
- Gewerkschaften als Arbeitgeber
- Holz, Papier, Glas und Kunststoffe
- Landwirtschaft und Gartenbau
- Lebens- und Genussmittelindustrie
- Maschinen- und Anlagenbau
- Medien und Informationstechnik
- Rüstungsindustrie und -exporte
- Sonstige Branchen
- Stahl-Industrie
- Stoffe und Bekleidung
- Abfall/Umwelt/Ver-/Entsorgung
- Banken und Versicherungen
- Bildungs- und Erziehungseinrichtungen
- Dienstleistungen allgemein/diverse
- Gastronomie und Hotelgewerbe
- Gesundheitswesen
- Groß- und Einzelhandel
- Kultur und/vs Freizeitwirtschaft
- Öffentlicher Dienst und Behörden
- Reinigungsgewerbe und Haushalt
- Sex-Arbeit
- Soziale Arbeit, Kirche und Wohlfahrts-/Sozialverbände
- Sportwirtschaft
- Transportwesen: (Öffentlicher) Personen (Nah)Verkehr
- Transportwesen: Bahn
- Transportwesen: Hafen, Schiffe und Werften
- Transportwesen: Luftverkehr
- Transportwesen: Post- und Paketdienste
- Transportwesen: Speditionen und Logistik
- Wachdienste und Sicherheitsgewerbe
Callcenter: Testlabore der Arbeitsüberwachung
Dossier
„Engmaschige Überwachung, Kontrolle und Leistungsbewertung – für Angestellte in Callcentern ist das Alltag. Eine aktuelle Studie analysiert die Software, die dafür zum Einsatz kommt, und deren Auswirkungen. Die Kontrollsysteme kommen zunehmend auch in anderen Branchen zum Einsatz. Wer im Callcenter arbeitet, ist ständiger Überwachung, Kontrolle und Leistungsbewertung ausgesetzt. Das zeigt eine neue Studie von Wolfie Christl . Darin beschreibt der Geschäftsführer der gemeinnützigen Wiener Nichtregierungsorganisation „Cracked Labs“ das Arbeitsumfeld von Callcentern als Prototyp großflächiger Überwachung und digitaler Kontrolle von Angestellten in Europa. In der Studie widmet sich der österreichische Datenschutzaktivist vor allem den Funktionen der in den Zentren eingesetzten Software. Sogenannte Contact-Center-Systeme wie jenes des Marktführers Genesys zielen darauf ab, den Arbeitsablauf möglichst reibungslos und effizient zu gestalten. Dafür werden Anrufe und andere Arbeitsaktivitäten ständig überwacht und sekundengenau ausgewertet. Für die Angestellten kann diese umfassende Ausspähung eine enorme Belastung bedeuten…“ Beitrag von Anna-Lena Schmierer vom 05.05.2023 in Netzpolitik und mehr dazu:
- Abgehört: Wie Callcenter künstliche Intelligenz nutzen
„Unsere Stimme verrät viel über uns: Wie alt wir sind oder wie wir uns fühlen. Mittlerweile kann auch Künstliche Intelligenz (KI) Klang oder Lautstärke von Stimmen analysieren. Recherchen von Plusminus zeigen: Einige Firmen nutzen das, um die Emotionen von Kunden auszuwerten, die in Callcentern anrufen. Die Emotions-KI soll helfen, besser auf die Bedürfnisse der Anrufer einzugehen. Dass eine KI im Hintergrund ihre Gefühle in Echtzeit auswertet, erfahren die Kunden aber nicht. Ist das legal? Datenschützer sehen die neue Technologie kritisch und wünschen sich klarere Regeln.“ Video des Beitrags in der Sendung Plusminus vom 25. Oktober 2023 (Video in der ardmediathek verfügbar bis 25.10.2024, AutorInnen nicht genannt) - Umstrittener KI-Einsatz im Callcenter Der Algorithmus hört mit
„Viele Unternehmen nutzen Künstliche Intelligenz zur Auswertung von Kundengesprächen. Solche Software kann auch Emotionen erkennen, zeigen BR-Recherchen. Datenschutzexperten sehen das kritisch. Es gibt einen Satz, den die meisten Menschen in Deutschland so oder so ähnlich von Telefon-Hotlines kennen: „Zur Prüfung und Verbesserung unserer Servicequalität, würden wir den Anruf gerne aufzeichnen.“ Was viele Anruferinnen und Anrufer nicht wissen: Einzelne Callcenter werten mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) am Telefon ihre Emotionen aus – anhand der Stimme. So verfügt einer der weltweit größten Callcenter-Betreiber, Teleperformance, über eine KI-Software, die unter anderem die Emotionen der Anrufenden und der Callcenter-Agentinnen und Agenten erkennen soll. Wie schnell sprechen sie? Klingen sie aufgeregt oder ängstlich? Drohen Kundinnen und Kunden mit Vertragskündigungen oder Klagen? Das alles soll die KI auswerten, wie interne Dokumente des Unternehmens belegen. (…) Der Rechtsprofessor Peter Wedde von der Frankfurt University of Applied Sciences hält Emotionsanalyse in Callcentern für rechtlich unzulässig. Von den eigenen Mitarbeitern dürften Arbeitgeber nur die Daten verarbeiten, die unbedingt notwendig seien, sagt Wedde. Die Analyse von Emotionen lasse „weitgehende Einblicke in die Persönlichkeit zu“. Im weitesten Sinne handele es sich laut Wedde um Gesundheitsdaten, deren Verarbeitung extrem strengen Voraussetzungen unterliege…“ Beitrag von Rebecca Ciesielski, Sammy Khamis und Simon Wörz, BR, vom 04.10.2023 in tagesschau.de – lese/höre dazu auch:- Abgehört – Doku über das Geschäft mit KI-Stimmanalyse
„Alzheimer, Parkinson oder Depression – wenige Sekunden einer Sprachaufnahme reichen aus, um herausfinden, ob eine Person bereits erkrankt ist oder Gefahr läuft, in Zukunft krank zu werden. Davon sind die Entwicklerfirmen von speziellen KI-Systemen überzeugt. Die Stimme sei “das neue Blut” – mit dem sich viel Geld verdienen lässt. Mit Hilfe von Smartphones soll künftig jeder solche Daten selbst erheben können. (…) Die KI zeigt der Callcenter-Mitarbeiter:in am anderen Ende der Leitung an, ob die Anrufer:in zum Beispiel wütend ist. Dieses Wissen soll Mitarbeiter:innen helfen, die Gesprächsstrategie zu optimieren.
Ungewollte Überwachung und Diskriminierung durch die Technik
Doch auch die Mitarbeiter:innen in Callcentern werden durchleuchtet: Antworten sie freundlich, reagieren sie schnell genug und adäquat auf ihr gegenüber? Diese Form der Überwachung in Echtzeit kritisieren Betriebsrät:innen und Arbeitsrechtler:innen. Das EU-Parlament setzt sich für ein Verbot der Emotionsanalyse ein. Befürchtet wird eine um sich greifende Überwachung durch Konzerne, im schlimmsten Fall aber auch durch staatliche Akteure.“ Text und Audio des ARD Radiofeatures vom 5.10.2023 von Rebecca Ciesielski, Sammy Khamis und Simon Wörz
- Abgehört – Doku über das Geschäft mit KI-Stimmanalyse
- „Black Mirror“: Callcenter – Grundrechte einschneidende Überwachungstechnologien
„Mit Spezialsoftware und Algorithmen lässt sich fast jeder Aspekt der Arbeit in Callcentern und im Homeoffice kontrollieren. Eine Studie beleuchtet die Technik.
Die Wirklichkeit der Überwachungspotenziale in Callcentern und an vergleichbaren Arbeitsplätzen reicht bereits an düstere Szenarien heran, wie sie etwa die Science-Fiction-Serie Black Mirror entworfen hat. Dies schreibt der österreichische Forscher Wolfie Christl in einer jetzt veröffentlichten Studie zum Ausspähen von Mitarbeitern in Kundendienstbüros durch Techniken wie der algorithmischen Kontrolle. Entsprechende Systeme seien mittlerweile in der Lage, datenbasiert „fast jeden Aspekt der Arbeit“ in Servicezentren „zu organisieren, zu überwachen, zu mikromanagen und zu kontrollieren“. Das Callcenter gilt Christl zufolge schon seit Langem „als Prototyp einer Arbeitsumgebung, in der die Beschäftigten einer umfassenden Überwachung und digitalen Kontrolle unterworfen sind“. Anrufe und andere Tätigkeiten würden ständig aufgezeichnet und „sekundengenau bewertet“. Die dafür erhobenen personenbezogenen Daten dienten dazu, Beschäftigte „einzustufen, zu disziplinieren und sie zur Höchstleistung anzuspornen“. Dazu komme eine ständige Ausweitung von Callcentern. Diese seien zu „Kontaktzentren“ geworden, in denen Angestellte Anrufe, E-Mails, Chats und Nachrichten in sozialen Medien bearbeiteten. Oft gehöre die gesamte Kundenbetreuung zum Aufgabenportfolio. (…) „Anrufe und andere Kommunikationsinhalte können im Namen von Schulungen, Qualitätssicherung, Kundenzufriedenheit und Compliance vollständig überwacht und aufgezeichnet werden“, ist der Untersuchung zu entnehmen. Moderne Contact-Center-Software analysiere und bewerte automatisch, „was Mitarbeiter sagen, welche Phrasen sie verwenden und ob die Stimmung in einem Anruf oder Gespräch ‚positiv‘ oder ’negativ‘ war“. Einige Hersteller behaupteten, „Freundlichkeit“ und „Einfühlungsvermögen“ ausmachen zu können, indem sie den Tonfall einschätzten und in Folge einschlägige automatische Echtzeit-Anweisungen für die Angestellten bereitstellten. Die Aufzeichnung von Bildschirminhalten gehöre mit zum Programm. Am Ende stehe so gegebenenfalls eine umfassende Verhaltenskontrolle. (…) Einige Anbieter verkauften noch tiefer in die Grundrechte einschneidende Überwachungstechnologien, die speziell auf Arbeitskräfte im Homeoffice abzielten, weiß der Autor. Deren Funktionen reichten „von der Aufzeichnung von Tastatureingaben und Mausklicks bis zur Verwendung von Webcams zur Überwachung“. Generell habe sich das Arbeitsumfeld, das in Callcentern geschaffen wurde, auf viele Bereiche ausgedehnt – vom Verkauf bis zu Back-Office-Arbeiten, von der technischen Beratung bis zur Krankenbetreuung aus der Ferne. Outsourcing-Giganten mit Hunderttausenden von Mitarbeitern wie Teleperformance in Frankreich seien so entstanden. (…) Erhebungen, Erfahrungsberichte und Herstellerinformationen deuteten darauf hin, dass viele dieser Features in Europa genutzt würden, erklärt Christl. Es bleibe aber unklar, „wie die Arbeitgeber sie tatsächlich einsetzen“. Entscheidend sei aber, dass bereits die Gestaltung dieser Systeme Einfluss darauf habe, wie sie genutzt würden und „wie sie sich somit auf das tägliche Leben der Arbeitnehmer auswirken“. Die Hersteller behaupteten, dass die Technik mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Vereinbarung zu bringen sei. Der Verfasser hinterfragt dies, konnte der Sache im Rahmen des noch laufenden Projekts zur digitalen Arbeitskontrolle bislang aber nicht auf den Grund gehen.“ Beitrag von Stefan Krempl vom 7. Mai 2023 bei heise online
Siehe auch zum Thema: Amazon, Apple & Co.: Callcenter-Angestellte bei Teleperformance sollen zu Hause videoüberwacht werden