Edit Policy: PimEyes & Gesichtserkennung in Europa – wo bleibt der Aufschrei?
„… Gesichtserkennung stellt eine erhebliche Gefahr für unsere Grundrechte dar. Hierzulande muten Debatten über das Thema oft so an, als handele es sich dabei um Zukunftsmusik – oder ein Problem, das in erster Linie Länder mit einem niedrigeren Datenschutzniveau wie die USA oder China betreffe. Dabei breitet sich die automatische Gesichtserkennung in Europa und auch in Deutschland rasant aus. Bundespolizei und Kriminalämter setzen die Technologie bereits seit Jahren ein, Tendenz stark steigend. Die EU-Kommission investiert in unseriöse Startups, die Gesichtserkennung an Europas Außengrenzen als Lügendetektoren einsetzen wollen. Und ein polnisches Clearview-Klon bietet eine frei zugängliche Gesichter-Suchmaschine im Netz an. Wo bleibt der Aufschrei? (…) Der Datenschutzbeauftragte für Baden-Württemberg, Stefan Brink, geht davon aus, dass PimEyes gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt. Da es sich bei biometrischen Daten um besonders schutzwürdige Informationen handelt, hätte die Firma von jeder Person in ihrer Datenbank aus 900 Millionen Gesichtern eine Einwilligung einholen müssen. Dennoch ist es möglich, dass PimEyes schon heute von europäischen Behörden genutzt wird. (…) In den USA ist der Einsatz von Gesichtserkennung zwar bereits weiter fortgeschritten als in Europa. (…) Die Kampagne gegen Gesichtserkennung in den USA hat bereits eine Reihe von Erfolgen vorzuweisen. (…) Dieses Engagement brauchen wir auch in Deutschland und Europa, um der rasanten Ausbreitung und Normalisierung von Gesichtserkennung etwas entgegenzusetzen…“ Beitrag von Julia Reda vom 20. Juli 2020 bei heise online , siehe dazu u.a. auch den Podcast:
- PimEyes: Saskia Esken und Polizei-Gewerkschaften fordern Schutz vor Gesichtserkennung
„Nach netzpolitik.org-Recherchen zur Suchmaschine PimEyes steigt der Druck auf Bundesregierung und EU. (…) Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken fordert hohe rechtliche Hürden für Gesichtserkennung. Weitere Politiker:innen wollen eine strengere Regulierung oder gar ein Verbot. Damit steigt der Druck auf die Bundesregierung, sich deutlicher zum Einsatz der Technologie zu positionieren. Zudem verlangen nach unserer Veröffentlichung zum Missbrauchspotenzial der Suchmaschine PimEyes auch die beiden großen Polizei-Gewerkschaften ein Verbot, da sie Polizist:innen identifizieren könnte. (…) Auch deutsche EU-Politiker:innen lehnen Gesichtserkennung zumindest teilweise ab. Darüber, wie das aussehen soll, herrscht jedoch Uneinigkeit. (…) Am 13. Juli hat Tiemo Wölken der EU-Kommission eine parlamentarische Anfrage zu einem Moratorium gegen Gesichtserkennung gestellt. Die Antwort steht noch aus.“ Artikel von Daniel Laufer und Sebastian Meineck vom 31. Juli 2020 bei Netzpolitik.org , siehe auch:- Polizeigewerkschaften: Gesichtserkennung per PimEyes verbieten – Ermittler sehen mit der polnischen Gesichtssuchmaschine PimEyes nicht nur die Anonymität von Bürgern gefährdet, sondern auch die Identität von Polizisten
„Zwei große Polizeigewerkschaften wollen den Betrieb der auf biometrische Gesichtserkennung spezialisierten polnischen Suchmaschine PimEyes gestoppt wissen. Ein solcher Dienst berge „riesige Gefahren für die Anonymität“ der Bürger und habe „in privaten Händen nichts zu suchen“, erklärte Hagen Husgen aus dem Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gegenüber Netzpolitik.org. „Diese Software ist gefährlich und sie muss verboten werden.“ Selbstverständlich bestünden auch Befürchtungen, dass Daten von Kollegen „abgeglichen, festgestellt und für Jedermann öffentlich gemacht werden“, führte Husgen aus. Er sprach von einem „Horror-Szenario, jedoch nicht nur für die Polizei“. Die GdP sieht daher den Gesetzgeber gefordert, der rasch einschreiten müsse. (…) Ähnlich klar hat sich dem Bericht zufolge die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) positioniert. Auch sie halte es für inakzeptabel, wenn private Unternehmen solche Identifizierungsservices anböten. Zuvor hatten Aktivisten immer wieder Fotos etwa von Polizisten bei Einsätzen rund um den Brennpunkt Rigaer Straße in Berlin online gestellt und „Fahndungsaufrufe“ dazu gepostet. (…) EU-Abgeordnete wie Tiemo Wölken (SPD) und die Grüne Alexandra Geese appellierten an die Kommission, zumindest als ersten Schritt ein Moratorium für gewisse Dienste zur Gesichtserkennung festzusetzen. Ihr Kollege Axel Voss (CDU) sprach sich gegenüber Netzpolitik.org dafür aus, den Einsatz der Technik rasch zu regulieren. Sicherheitsbehörden sollten diese aber weiter verwenden dürfen.“ Artikel von Stefan Krempl vom 31. Juli 2020 bei heise news
- Polizeigewerkschaften: Gesichtserkennung per PimEyes verbieten – Ermittler sehen mit der polnischen Gesichtssuchmaschine PimEyes nicht nur die Anonymität von Bürgern gefährdet, sondern auch die Identität von Polizisten
- [Podcast] NPP 204: PimEyes – Gesichtserkennung ist eine Waffe
„Was steckt hinter PimEyes?“ Sebastian Meineck und Daniel Laufer sprechen bei Netzpolitik.org am 18. Juli 2020 mit Ingo Dachwitz „über ihre Recherche zu der dubiosen polnischen Firma, über die Hochrisikotechnologie Gesichtserkennung und über die Reaktionen auf ihre Veröffentlichung. (…) Wie also können wir als Gesellschaft mit so einer Hochrisikotechnologie umgehen? Die beiden Reporter erklären, wie sich PimEyes zur Datenschutzgrundverordnung verhält, wie automatisierte Gesichtserkennung reguliert werden könnte, und wie wir als Gesellschaft unsere Foto-Kultur überdenken müssen…“ (Podcast-Länge: ca. 60 Min.)