[Data-Governance-Verordnung] Trotz DSGVO: EU steigt ins globale Daten-Business ein
„Datenschutz war gestern – nun steigt auch die EU ins globale Daten-Business ein. Das sogenannte Daten-Governance-Gesetz soll den Weg für die kommerzielle Ausbeutung des neuen “Rohstoffs” ebnen. Das offizielle Ziel des Gesetzes ist es, durch eine verstärkte Nutzung von Daten Innovationen im Bereich der künstlichen Intelligenz, Medizin oder Mobilität voranzubringen. Im Gesundheitswesen trügen Daten zu einer besseren Versorgung bei, heißt es in Brüssel. Im Verkehrsbereich könnten Mobilitätsdaten zur Optimierung des Nahverkehrs genutzt werden. Doch das ist nur die schöne Fassade. In Wahrheit geht es um – hoffentlich anonymisierte – Massendaten, die für den Weltmarkt kommerzialisiert werden sollen, um den USA und China Paroli zu bieten. Dafür sollen in EUropa neue Datenmarktplätze (“Datenmittlerdienste”) aufgebaut werden. Immerhin will die EU mit ihren neuen Regeln für Unabhängigkeit und Transparenz sorgen. Im Kern geht es jedoch um die Vermarktung unserer, auch privaten, Nutzerdaten. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) war nur der Beginn des Wegs in die allumfassende Datenwirtschaft…“ Beitrag vom 1. Dezember 2021 in Lost-in-EU und ein weiterer dazu:
- EU schafft neutrale Marktplätze für Daten
„Forschung und Industrie sind zum Teilen von Daten auf Zwischenhändler angewiesen. Ein neues Gesetz schwächt die Abhängigkeit von großen Plattformen wie Amazon.
Konzerne wie Amazon betreiben sie bereits – Datenpools, in denen Firmen und Organisationen ihre wertvollen Datensätze für andere zur Nutzung anbieten können. Eine EU-Gesetz soll nun erstmals regeln, wie solche sogenannten Datenintermediäre funktionieren sollen. Verhandler:innen von Rat, Parlament und EU-Kommission einigten sich am Mittwochabend auf einen Gesetzestext. Dieser sei ein „Meilenstein, der die datengetriebene Wirtschaft in Europa für die kommenden Jahre ankurbeln wird“, heißt es in einer Pressemitteilung des Rates der EU-Staaten .
Datenintermediäre wie Amazons AWS Data Exchange bieten ihren Kund:innen bereits heute an, große Datensätze zu hosten und für Dritte zur Verfügung zu stellen. Etwa könnten wertvolle Daten aus der Gesundheitsforschung dort gegen Entgelt angeboten werden, um für andere Forschungsgruppen rasch und unkompliziert nutzbar zu werden. Angeboten werden können dabei persönliche Daten wie auch nicht-persönliche Datensätze, etwa Industriedaten. Für Erstere gilt jedoch weiterhin die Datenschutzgrundverordnung. (…) Nicht nur für die kommerzielle Datennutzung schafft das Gesetz neue Regeln, auch Datenspenden sollen darin geregelt werden – sogenannter Datenaltruismus. Organisationen könnten für gemeinnützige Zwecke Daten sammeln, dafür müssten sie allerdings in entsprechende Register der Mitgliedsstaaten aufgenommen werden und bestimmten Regeln folgen. Daran gibt es allerdings Kritik von Verbraucherschützer:innen. Der Gesetzestext schaffe eine schwache Definition, die es Firmen erlaube, „vage altruistische Gründe dazu zu nutzen, um Konsument:innen zum Teilen ihrer Daten zu bewegen“, sagte Jelena Malinina vom Europäischen Verbraucherverband BEUC. Wie hart die Formulierungen im Gesetz ausfallen, lässt sich allerdings noch schwer beurteilen, denn zunächst lag der Text, auf den sich die Verhandler:innen geeinigt hatten, noch nicht öffentlich vor.
Die Verordnung soll nun nochmal in einer endgültigen Abstimmung grünes Licht aus Rat und Parlament erhalten. Gelten sollen die neuen Regeln dann 15 Monate nach ihrem Inkrafttreten, also voraussichtlich im Jahr 2023. Ergänzt werden soll die Verordnung in den kommenden Monaten durch ein weiteres Gesetz, den Data Act, der offene Fragen bei der Verwendung und Nutzung von Daten klären soll.“ Beitrag von Alexander Fanta vom 1.12.21 in Netzpolitik - Siehe auch von September 2020: Kampf um “digitale Souveränität”: EU plant dreistellige Milliardenausgaben zur Schaffung einer von den USA und China unabhängigen digitalen Infrastruktur