Nach Geflüchteten sind folgerichtig die „Faulen“ dran: Union, FDP & Rechte fordern „Bezahlkarte“ und Arbeitszwang für Bürgergeldbeziehende

Dossier

Delikt ArbeitslosNachdem die Bezahlkarte nun bei den Geflüchteten durchgesetzt wurde, kommen die ersten Forderungen auf, die Bezahlkarte auf Bürgergeldbeziehen auszuweiten. „Missbrauch staatlicher Hilfen würde man so entgegenwirken“. So zB. https://t1p.de/3a9d7 externer Link. Für Bezahlkarten im Bürgergeld (und überhaupt) gibt es keinen sachlichen und nachvollziehbaren Grund, außer die pure Freude daran, armen Menschen das Leben maximal schwer zu machen, deren Menschenrechte mit Füßen zu treten und sie maximal diskriminieren zu wollen. Auch dürfte eine Bezahlkartengewährung juristisch nicht haltbar sein. Dazu eine erfreulich klare und richtige Stellungnahme von dem Geschäftsführer Markus Biercher von der Arbeitsagentur Nord externer Link. Hier ist eine absolut klare Position von der Bundesregierung zu erwarten.“ Aus dem Thomé Newsletter 08/2024 vom 03.03.2024 externer Link – siehe eine weitere Bewertung und historische Hintergründe:

  • Zwang zur Maloche: Stadt Essen empfiehlt Arbeitspflicht für Bürgergeldbezieher. Forschung hat Einwände, Betroffeneninitiative warnt vor Diskussion ohne Substanz New
    „Man erinnert sich kaum noch: Das Bürgergeld galt einst als Gegenentwurf zu Hartz IV. Mit ihm wollte die damals frisch installierte Ampelregierung die menschlichen Härten eines kalten Sanktionsregimes überwinden. Aber Zeiten ändern sich, schnell sogar. Wie dieser Tage bekannt wurde, tritt die Stadt Essen dafür ein, Langzeiterwerbslose zur Aufnahme gemeinnütziger Arbeit zu zwingen. So sieht es ein Konzept von Sozialdezernent Peter Renzel (CDU) vor, mit dem sich in der Vorwoche der Städtetag Nordrhein-Westfalen (NRW) befasst hat. Mehr noch: Um mögliche Kandidaten auf Tauglichkeit zu prüfen, sollen sämtliche Hilfsbedürftigen einmal jährlich zum Gesundheitscheck antanzen, mithin unter Hinzuziehung eines Psychologen. Von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist im Falle eines Wahlsiegs am 23. Februar zu erwarten, dass er das Bürgergeld nach wenig mehr als zwei Jahren kurzerhand wieder abschafft, auch dem Namen nach. Parteifreund Renzel aus Essen liefert die Steilvorlage. Er will die Unterstützung in »Arbeitslosenhilfe« umbenennen und das Solidarprinzip weitgehend entkernen. »Solange Leistungsempfänger erwerbsfähig sind und im regulären Arbeitsmarkt (noch) keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen können (oder wollen), können, nein müssen diese trotzdem etwas leisten«, heißt es in seinem »Impulspapier«, aus dem unter anderem Bild zitierte. Soziale Zuwendungen würden von der Allgemeinheit finanziert, argumentiert der Stadtpolitiker, daher sei es nur fair, dass diejenigen, die sie erhalten und arbeiten können, der Gesellschaft etwas zurückgeben. Gesine Höltmann vom Verein »Sanktionsfrei« hält dagegen: »Die Diskussion um die Arbeitspflicht suggeriert, Menschen im Bürgergeld würden nicht arbeiten wollen. Das Gegenteil ist der Fall«, befand sie am Montag gegenüber junge Welt. Viele wären sogenannte Aufstocker, betreuten Kinder, pflegten Angehörige, seien physisch oder psychisch erkrankt. De facto gebe es bundesweit nur 235.000 Menschen ohne Vermittlungshemmnisse. Diese Menschen brauchten keine Arbeitspflicht, sondern echte Perspektiven, so Höltmann. »Hier wird ein Problem herbeigeredet, das nicht existiert.« Konkret will Renzel Betroffenen täglich drei Stunden Arbeit aufnötigen. Dabei sei jede vom Jobcenter zugewiesene Arbeitsgelegenheit anzunehmen, wie eine Sprecherin der Stadt gegenüber der Presse klarstellte. »Hintergrund ist, dass es eine Bürgergeldreform geben soll« und die Kommunen ihre »Expertise« in die Diskussion einfließen lassen wollten. Das Essener Rezept verfolge einen sogenannten Work-First-Ansatz nach niederländischem Vorbild. NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) begrüße die Reformvorschläge ausdrücklich, ließ er einen Sprecher ausrichten. »Wer erkennbar nicht an der Beseitigung der eigenen Hilfebedürftigkeit mitwirkt – und darunter würde dann auch die Ablehnung zumutbarer Arbeit fallen –, bekommt überhaupt keine Leistungen mehr.« (…) Soziale Träger sehen den Ansatz allerdings skeptisch. Sie hätten die Erfahrung gemacht, »dass die Fehlzeiten bei Bürgergeldempfängern, die das Jobcenter zu unfreiwilliger Arbeit schickt, sehr hoch sind«, schrieb am Donnerstag der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Widerspruch kommt auch vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der Forschungsstelle der Bundesagentur für Arbeit (BA). Eine Arbeitspflicht habe gravierende Nachteile und würde einen hohen bürokratischen Aufwand verursachen, gab der WDR den Institutsleiter Bernd Fitzenberger wieder. Vor allem wäre die Arbeitsmotivation gering, wenn man sich den Job nicht selbst aussuchen könne. »Außerdem besteht die Gefahr, dass eine Arbeitspflicht reguläre, oft produktivere Beschäftigung verdrängt.«“ Artikel von Ralf Wurzbacher in der jungen Welt vom 21. Januar 2025 externer Link

    • Anm.: Was bei der Kritik an solchen Zwangarbeitskonzepten nicht übersehen werden sollte: Wo es keine existenzsichernden Arbeitsplätze gibt, kann mensch auch nichts annehmen, was das sog. „Gemeinwohl“ ang. entlastet. Doch was ist mit der Gemeinwohlbelastung durch Politiker, die zwar große Wohlstandsversprechungen machen um gewählt zu werden, aber bereits dabei versagen, genügend existenziell akzeptable Arbeitsangebote durchzusetzen? Das einzige, was sie bestenfalls zustande bringen, ist die Übernahme von Lohnkosten durch die Allgemeinheit wegen des Zwanges auch nicht exisitenzsichernde Arbeitsplätze annehmen und deshalb aufstocken zu müssen. Die Debatte über den Sinn von Zwangsarbeit darf die Ursachen für die wirkliche Belastung der Allgemeinheit durch Kapital und kapitalunterwürfige Politiker nicht vernachlässigen. Der Tritt nach unten, auf die Schwachen, ist nicht nur völlig unnötig, sondern auch ecklig.
  • Die Fleißigen gegen die Faulen: »Nützlichkeits-Rassismus« scheint zum gemeinsamen Projekt von bürgerlicher Mitte und extremen Rechten zu werden
    Wenn man wissen will, wohin sich das Projekt der globalen Rechten in den nächsten Jahren entwickeln dürfte, lohnt ein Blick in die USA. (…) Auch wenn häufig das Gegenteil behauptet wird – die extreme Rechte hat noch nie irgendwo gegen die Interessen der einheimischen Großkonzerne regiert. (…) Vieles spricht deshalb dafür, dass das Projekt der neuen globalen Rechten von einem Nützlichkeits-Rassismus getragen werden wird, bei dem eher aufgrund ökonomischer Verwertbarkeit als entlang der Hautfarbe aussortiert wird. Selbstverständlich sind Trump und Musk auch »Suprematisten«, die von der »weißen« Überlegenheit überzeugt sind. Doch ihre Mobilisierung gilt der global zunehmenden Armut, die nach innen mit der Polizei, nach außen mit Grenzanlagen in Schach gehalten werden soll. Tragischerweise ist die extreme Rechte mit diesem Vorhaben bestens anschlussfähig an die Mitte. In Deutschland gibt es heute kaum noch eine Partei, die sich der Unterscheidung zwischen wirtschaftlich nützlichen und vermeintlich »überflüssigen« Menschen widersetzt. (…)
    Vermittelt wird diese Spaltungslinie über die Kampagne, die die Union schon seit längerem mit Arbeitgeberverbänden und Springerpresse gegen das Bürgergeld fährt. Im Wahlprogramm heißt es dazu: Es »senkt die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen. Es fördert nur und fordert nicht mehr, es (…) spaltet unser Land. Wir sind für eine neue Grundsicherung, die (…) den Zusammenhalt stärkt.« Obwohl es die Union selbst ist, die Neid und Misstrauen schürt, behauptet sie in geradezu Orwell’scher Manier, dass die Abschaffung des Bürgergelds den gesellschaftlichen Frieden wiederherstellen werde. Es ist leicht vorherzusagen, worauf dieser »Zusammenhalt« beruhen wird: auf der Verachtung gegenüber denjenigen, die – wie es bei der Union heißt – »auf Kosten der Gemeinschaft leben«. (…) Der Union ist offenkundig bewusst, dass diese Politik den Druck im sozialen Kessel und damit auch die Gewalt in der Gesellschaft erhöhen wird. Um das einzufangen, setzt die Partei von Friedrich Merz auf bewährte Instrumente. Im Rahmen der altbekannten »Null-Toleranz-Strategie« soll es noch mehr Personal und Kompetenzen für Polizei, Strafjustiz und Sicherheitsbehörden geben. Interessant ist bestenfalls, wie die Union ihren Aufrüstungskurs nach innen legitimiert – nämlich mit dem Schutz von Frauen, Kindern und Alten. So steht unmittelbar hinter der Forderung nach dem Einsatz von Gesichtserkennung und KI durch Sicherheitsbehörden der Vorschlag, konsequenter gegen »Enkeltricks« vorzugehen. Ganz nach dem Motto: Bei der Union sorgt man sich um die Omi...“ Artikel von Raul Zelik vom 17.01.2025 in ND online externer Link
  • Fachinformation des Paritätischen zur geltenden Gesetzeslage, zu praktischen Erfahrungen und zur aktuellen Debatte um Arbeitspflicht bzw. Jobpflicht
    Im politischen Raum erlebt gerade die Debatte um Arbeitspflicht eine Konjunktur, da CDU und FDP im Wahlkampf eine allgemeine Arbeitspflicht bzw. Jobpflicht für Bürgergeld-Beziehende und Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz fordern. Es sollen bspw. Arbeiten im öffentlichen Raum, auf Spielplätzen oder in Parks übernommen werden. Andernfalls soll es keine Sozialleistungen geben. Wie schon öfter in der Vergangenheit ist dies verbunden mit einer Stimmungsmache gegenüber Menschen, die auf Schutz und auf Sozialleistungen angewiesen sind. Befeuert wird diese Debatte aktuell durch einen gemeinsamen Beschluss von CDU und AfD im Schweriner Stadtrat, Bürgergeld-Beziehende unter Androhung des Entzugs des Existenzminimums zur gemeinnützigen Arbeit zu verpflichten. Im Folgenden wird zunächst die diesbezüglich geltende Gesetzeslage dargestellt. Diese unterscheidet sich für Bürgergeld-Beziehenden einerseits und Menschen, die auf Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen sind, andererseits. Zudem werden Probleme angerissen, die sich ganz praktisch stellen, wenn diese Vorschläge tatsächlich zur Umsetzung gebracht werden würden. Zum Abschluss erfolgt eine normative Einordnung…“ Fachinfo vom 16. Januar 2025 externer Link
  • [Absehbarer Wahlkampf gegen Unprofitable, erschreckend konsensfähig] „Absurd und verfassungswidrig“: Arbeitspflicht für Bürgergeldberechtigte
    Der RAV spricht sich vehement gegen eine Arbeitspflicht für Bürgergeldberechtigte aus. Dies plant etwa die CDU in Schwerin, basierend auf einem Antrag der AfD. Bundesweit entbrannt ist die Debatte, nachdem auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gefordert hat, Menschen, die nicht arbeiten, die Grund­sicherung komplett zu streichen.
    „Das ist nicht nur absurd, es ist verfassungswidrig“, stellt RAV-Mitglied und Rechtsanwalt Sven Adam aus Göttingen klar. Er wünscht sich eine Versachlichung der Debatte und klärt über die rechtlichen Grundlagen auf: „Eine Arbeitspflicht für Bürgergeldberechtigte ist nicht möglich, allein weil Artikel 12, Absatz 2 Grundgesetz besagt, dass niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden darf. Die Debatte ist absurd, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen sind hinreichend geklärt.“…“ Pressemitteilung vom 8. Januar 2025 beim RAV externer Link – siehe zu den Hintergründen:

    • Profitable Zwangsarbeit: Union will Bürgergeldbezieher zum Arbeiten zwingen. In Schwerin prescht sie mit Stimmen der AfD vor
      Die Angriffe auf Beschäftigte und Erwerbslose nehmen dieser Tage kein Ende. Was Kapitalverbände in aufwendigen Studien samt vorgerechneten Ersparnissen einfordern, dafür finden populistische Marktschreier im Wahlkampf haarsträubende, aber wirksame Parolen. Maßgebende Kraft ist die Union, die für hartes Durchgreifen gegen Bürgergeldbezieher wirbt, damit sie das Elend der hiesigen Volkswirtschaft alsbald wieder selbst verwalten kann.
      Jeder, der »arbeiten kann, muss arbeiten gehen«, argumentierte Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, am Sonntag gegenüber Bild für eine Arbeitspflicht. Das sei eine »Frage der Gerechtigkeit«. Dass es ihm und der CDU eigentlich um eine profitable Organisation von Zwangsarbeit geht, offenbarte sein ebenso zitierter Parteikollege Christian Herrgott, Landrat im Saale-Orla-Kreis. Als erster hatte er im Frühjahr 2024 Asylsuchende zur Arbeit verpflichtet, gemäß des Asylbewerberleistungsgesetzes für 80 Cent pro Stunde. Diese Pflicht müsse auf Bürgergeldbezieher ausgeweitet werden. Das wirke aber erst, wenn bei Sozialleistungen »mindestens 50 Prozent Abzug möglich sind«. Linnemann bleibt lieber blumig und, wie es sich für einen Populisten gehört, realitätsfern: »Niemand muss in Deutschland arbeiten gehen.«
      Dass das Gegenteil stimmt und welche Mehrheiten den Arbeitszwang befürworten, zeigt das Beispiel Schwerin. Dort habe CDU-Fraktionschef Gert Rudolf sich von Herrgott inspirieren lassen, einen Antrag der AfD auf Arbeitspflicht für Asylsuchende aufgegriffen, auf Bürgergeldbezieher ausgeweitet und mit den Stimmen der AfD durchgeboxt, berichtete Bild am Sonnabend. In Saale-Orla bekämen 13 Geflüchtete statt 460 nur noch 260 Euro ausgezahlt, sechs weitere wären untergetaucht. Diese Vertreibung durch Verarmung feiert Rudolf als Erfolg…“ Artikel von Niki Uhlmann in der jungen Welt vom 08.01.2025 externer Link
    • CDU: Erwerbslose stigmatisieren: Arbeitspflicht für Bürgergeldbezieher?
      „Wenn CDU- oder FDP-Politiker von »Gerechtigkeit« reden, zeigen sie nie mit dem Finger auf Milliardäre, die von ihnen gern immer weiter entlastet, also beschenkt werden. Sie suggerieren stets, es gäbe zu viele Leute, die es sich in der »sozialen Hängematte« bequem machen und damit den »hart arbeitenden Menschen« auf der Tasche liegen. So auch jetzt, da CDU-Generalsekretär Linnemann erklärt, wer nicht arbeite, solle auch nicht essen. Als Arbeit soll demnach künftig auch Beschäftigungstherapie gelten, wie wir sie aus den Zeiten der Ein-Euro-Jobs kennen. Künftig soll es reichen, wenn Erwerbslose wie neuerdings in Schwerin und Asylbewerber im Thüringer Saale-Orla-Kreis für »gemeinnützige Tätigkeiten« 80 Cent pro Stunde erhalten. Wenn die Bundes-CDU nun das Vorgehen ihrer Parteifreunde in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern zur Blaupause fürs ganze Land machen will, dann zeigt sie wie in vielen anderen Fragen: Sie fremdelt mit dem Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt: Das Existenzminimum ist grundsätzlich nicht verhandelbar und darf nur kurzfristig um maximal 30 Prozent gekürzt werden. Die Schweriner haben diese Vorgabe bereits verletzt. Wenn CDU-Granden behaupten, mit »Arbeitsgelegenheiten« Chancen für den Übergang in den »ersten« Arbeitsmarkt zu schaffen und mit Sanktionen Steuerzahlergeld einsparen zu können, lügen sie. Fachleute wissen, dass es Qualifikation statt »Parken« in Bullshitjobs braucht, die auch noch hohen Verwaltungsaufwand fordern. Und das Einsparpotenzial durch Leistungskürzungen ist nachweislich marginal, denn nur 0,5 Prozent der Bürgergeldbeziehenden gelten als »Verweigerer« von Jobangeboten. Aber darum geht es auch nicht, sondern darum, Buhmänner zu schaffen.“ Kommentar von Jana Frielinghaus vom 7. Januar 2025 in Neues Deutschland online externer Link
    • Unsere soziale Hängematte: Mythen und Fakten zum Bürgergeld
      „Unser Staat ist nach Artikel 20 des Grundgesetzes ein Sozialstaat. Daraus folgt, dass er ein letztes Netz sozialer Sicherheit zu spannen hat für all jene, die ihr Einkommen nicht aus eigener Kraft bestreiten können und bei denen auch die vorgelagerten staatlichen Sicherungssysteme, wie etwa das Arbeitslosengeld I oder die gesetzliche Rentenversicherung, keinen ausreichenden Schutz vor Armut bieten. Für alte oder erwerbsunfähige Menschen ist es die Grundsicherung in der Sozialhilfe, die das leisten soll. Für Arbeitssuchende und ihre Familien ist es das seit 2023 so genannte Bürgergeld, vormals im Volksmund als «Hartz IV» bekannt. Anrecht darauf hat jeder Mensch, dessen Einkommen unter einer bestimmten, sehr niedrig bemessenen Grenze liegt und dem auch keine Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft beispringen können. Auch müssen Betroffene bereit sein, Angebote der Arbeitsvermittlung anzunehmen. Einfach formuliert geht es darum, denjenigen zu helfen, die sich nicht allein helfen können, und sie nach Möglichkeit wieder in die Lage zu versetzen, ohne Unterstützung zurechtzukommen – für eine humane und aufgeklärte Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen. Dennoch steht das Bürgergeld ganz erheblich in der Kritik – und mit dem Bürgergeld auch die Menschen, die auf diese sozialstaatliche Leistung angewiesen sind. Warum ist das so? Ein Grund dafür sind wirkmächtige «Mythen», Irrtümer, Behauptungen und auch Lügen, die insbesondere von neoliberaler Seite kampagnenartig ins Land getragen werden. So wird den Arbeitslosen oft Arbeitsunwilligkeit unterstellt; das Bürgergeld sei so hoch, dass sich Arbeit für viele gar nicht mehr lohne. In der Folge verweigere sich eine große Zahl von Arbeitslosen der Vermittlung in Arbeit und entziehe sich der Zusammenarbeit mit den Jobcentern. Härtere Sanktionen gegen solche «Verweigerer» bis hin zur kompletten Streichung des Bürgergelds seien zwingend notwendig, zumal der Kostenanstieg für das Bürgergeld wieder aufgefangen werden müsse. Diese und andere Behauptungen sollen in der vorliegenden Broschüre geprüft werden…“ Einleitung zur 44-seitigen Broschüre der Rosa-Luxemburg-Stiftung von Ulrich Schneider vom Dezember 2024 externer Link
  • Bürgergelddebatte: Schuften wie im Frühkapitalismus?
    Im Museum des Kapitalismus in Berlin wurde kürzlich über die heutige Situation von Arbeitslosen diskutiert.
    Friedrich Merz war erst wenige Stunden zum Kanzlerkandidaten der Union ausgerufen, als er von einem Journalisten im Fernseh-Interview gefragt wurde, was aus seiner Sicht die „wichtigste Einzelmaßnahme“ sei, „um die Wirtschaft in Gang zu bringen“. Der CDU-Politiker gab darauf seine bekannte Position zur Antwort, dass er dafür sorgen wolle, dass das Bürgergeld so geändert werde, dass sich Arbeit wieder lohne. Menschen, die einer Arbeit nachgingen, müssten mehr Geld haben als Menschen, die nicht arbeiteten. Für Gitta Schalk von der Berliner Initiative Basta, die Erwerbslose und Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen unterstützt, sind die Äußerungen des Unionskanzlerkandidaten eine Bedrohung für arme Menschen. Sie saß vergangenen Woche auf einem Podium mit Aktiven aus Erwerbslosengruppen und Wissenschaftlern im Museum des Kapitalismus in Berlin-Kreuzberg. „Armut ohne Widerstand“ hieß die Veranstaltung, die ich selbst mitorganisiert habe. (…) „Bei der Hetze gegen Bürgergeldbezieher überbieten sich AfD und CDU schon lange. Da hat es nie eine Brandmauer gegeben“, erklärte Gitta Schalk. (…) Der Protest gegen diese Diffamierung ist heute allerdings sehr leise. Anne Seeck, die vor 20 Jahren im Kampf gegen Hartz IV aktiv war und noch heute in Stadtteilinitiativen in Berlin-Neukölln mitarbeitet, merkte etwa an: „Vor 20 Jahren, im Spätsommer und Herbst 2004, sind in vielen deutschen Städten Zehntausende gegen die Einführung von Hartz IV auf die Straße gegangen. (…) Roman und Zlatina von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), die seit über 40 Jahren eine unabhängige Erwerbslosenberatung anbietet, konnten von Fällen berichten, die in starkem Kontrast stehen zu dem, was Merz und andere behaupten. „Wir machen in unserer Beratungsarbeit die Erfahrung, dass die Armut zugenommen hat und viele Menschen nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, obwohl sie in Arbeitsverhältnissen stehen und große Probleme bei der Beantragung und Bewilligung ihnen eigentlich zustehender sozialer Leistungen haben“, sagte Roman. Zlatina berät auch Beschäftigte der Fleischindustrie, die im Umkreis von Oldenburg stark vertreten ist. (…) Die Berichte von den Aktiven der Erwerbslosengruppen Basta und ALSO machten deutlich, dass das Bild von armen Menschen als bloße Opfer der Verhältnisse, die zu Protest und Widerstand nicht in der Lage seien, einer Korrektur bedarf. Diese Beobachtung wurde während der Veranstaltung vom Sozialwissenschaftler Harald Rein unterstützt. Er berät seit Jahrzehnten in einem Arbeitslosenzentrum in Frankfurt am Main Menschen in Notlagen. Auf dem Podium wandte er sich gegen eine auch unter Linken verbreitete Erzählung, dass Lohnarbeit solidarische Beziehungen ermögliche, während Erwerbslose dazu nicht fähig seien. (…) Nichtsdestotrotz stand das Podium dem Sozialstaat teilweise ambivalent gegenüber. Der Übersetzer und Aktivist Christian Frings bezeichnete den Sozialstaat aus historischer Perspektive als Instrument der Spaltung: „Die Aufteilung in angeblich verschuldete und unverschuldete Armut wird oft auch von den Betroffenen übernommen und trägt dazu bei, dass sich oft Protestbewegungen schnell spalten.“ Diese Spaltung erschwere auch größere Bündnisse zwischen Gewerkschaften und aktiven Erwerbslosen, so Frings. Die Vertreter von ALSO und Basta beklagten, dass sie öfter solidarisch Streiks der Gewerkschaften unterstützt hätten, indem sie sich als Erwerbsloseninitiative an Kundgebungen und Demonstrationen beteiligt hätten. Sie hätten es aber selten erlebt, dass Aktionen von Erwerbslosen gewerkschaftlich unterstützt wurden. Aktuell vermissen sie auch Stellungnahmen des DGB und der Einzelgewerkschaften gegen die Angriffe auf das Bürgergeld. Dabei wäre eine solche Positionierung auch im Interesse der Gewerkschaftsmitglieder. Denn laut Christian Frings sähen die Kapitalverbände in den Erwerbslosen immer eine Reservearmee, die Druck auf die Lohnabhängigen ausübe. Mit dem Argument, es stünden genügend Menschen bereit, die ihre Arbeitskraft zu einem niedrigeren Preis verkaufen würden, könnten auch die Beschäftigten gefügig gemacht werden. So seien die Angriffe auf das Bürgergeld durchaus auch ein Angriff auf die Menschen, die (noch) in Lohnarbeit sind.“ Open-Source-Bericht von Peter Nowak in der Berliner Zeitung am 26. September 2024 externer Link
  • „Sozialneid nach unten“: Statt Steuern für Superreiche stimmen viele Menschen den Sanktionen für BürgergeldempfängerInnen in der vermeintlichen Hängematte zu
    • Christoph Butterwegge: „Man macht die Schwächeren für Versäumnisse des Staates verantwortlich“
      Im Interview von Margit Hufnagel vom 6. August 2024 bei der Augsburger Allgemeinen online externer Link der Armutsforscher Christoph Butterwegge u.a. zur Frage: „Sparen wir auf dem Rücken der Armen? Christoph Butterwegge: Ja. Mich empört besonders, dass sowohl auf Geflüchtete als auch auf Bürgergeldempfänger nicht deshalb mehr Druck ausgeübt wird, weil die für sie geltenden Regelungen falsch oder überholt wären, sondern wegen der Haushaltssituation. Man saniert den Bundeshaushalt auf Kosten der Ärmsten in unserer Gesellschaft und vergeht sich aus Spargründen an ihnen. Wenn die öffentlichen Kassen leer sind, müssten die politisch Verantwortlichen schauen, wer mehr Geld für den Staat erübrigen kann – und das können die Armen am allerwenigsten. Ausgerechnet beim Bürgergeld über Nullrunden zu sprechen, ist der völlig falsche Ansatz. (…) Es gibt in Deutschland immer mehr Multimillionäre und Milliardäre, die ohne weiteres höhere Steuern zahlen könnten. Aber dieses Thema wird von den etablierten Parteien tabuisiert. Seit der Kanzlerschaft von Angela Merkel gilt das Dogma, dass es keine Steuererhöhungen geben dürfe, egal für wen. Das sehe ich anders. Man sollte gerade in einer Krisensituation von Wohlhabenden und erst recht von Reichen und Hyperreichen mehr finanzielle Verantwortung fordern. Stattdessen richtet sich der Blick stets nach unten. Entsolidarisierungstendenzen haben in unserer Gesellschaft einen weiteren Höhepunkt erreicht. Was mich dabei besonders beunruhigt ist, dass es eine ganz breite Koalition von Besitzstandswahrern gibt, die den Reichtum weniger nicht antasten will. Dazu gehört nicht allein die FDP, sondern auch die Union sowie die AfD – unterm Strich gibt es im Bundestag eine parlamentarische Mehrheit, die nicht mehr bereit ist, den sozial Benachteiligten per Gesetz unter die Arme zu greifen. (…) Ich finde, ein Drittel des gesellschaftlich erwirtschafteten Reichtums für Soziales auszugeben, ist nicht zu viel. Denn es profitieren ja nicht nur die Armen, es profitiert auch die Mittelschicht, etwa vom Kindergeld. (…) Man macht aber lieber die Schwächeren in der Gesellschaft für Fehler und Versäumnisse des Staates verantwortlich. (…) Übrigens nutzen Spitzenverdiener und Hochvermögende die komplizierte Steuergesetzgebung gern, um dem Staat sehr viel mehr Geld vorzuenthalten. Nur wird dieser Missbrauch so gut wie nie öffentlich thematisiert und problematisiert. Lieber vergreift man sich an Schwächeren, die weder Steuerberater noch Anwälte bezahlen können. (…) Der Aktienkurs von Rheinmetall hat sich gegenüber der Zeit vor dem Ukraine-Krieg fast verfünffacht. Und Rüstungsaktien besitzen nicht die Armen. Die von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius wie eine Monstranz vor sich hergetragene Abschreckungsphilosophie halte ich für intellektuell eher schlicht. Dahinter steckt die Logik: Wenn ich mich bedroht fühle, schaffe ich mir eine Keule an, aber der Aggressor kauft sich dann eine größere Keule, ich mir zwei Keulen und so fort … Das führt nur zu einem Wettrüsten. Eigentlich geht es doch nicht um Kriegstüchtigkeit, sondern um Friedensfähigkeit. Diese müsste man durch Verhandlungen stärken. (…) Die 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen Bundeswehr hätte man besser in den öffentlichen Wohnungsbau, in die Kindergrundsicherung, in die Pflege und in die Versorgung von Obdachlosen gesteckt. Leider ist die Lobby der Armen nicht so stark wie die Rüstungslobby.“
    • Armutsforscher beobachtet „Sozialneid nach unten“
      Statt Steuern für Superreiche fordern viele Menschen Sanktionen für Bürgergeldempfänger. Laut Forscher Christoph Butterwegge haben sie Angst vor dem sozialen Abstieg.
      Der Armutsforscher Christoph Butterwegge fordert höhere Steuern für Superreiche. „Es gibt in Deutschland immer mehr Multimillionäre und Milliardäre, die ohne Weiteres höhere Steuern zahlen könnten. Aber dieses Thema wird von den etablierten Parteien tabuisiert“, sagte Butterwegge der Augsburger Allgemeinen. Zugleich seien mehrere Parteien nicht bereit, sozial benachteiligten Menschen „per Gesetz unter die Arme zu greifen“. Wenn es ums Sparen gehe, werde stets „nach unten“ geschaut, sagte der Experte: „Entsolidarisierungstendenzen haben in unserer Gesellschaft einen weiteren Höhepunkt erreicht.“ Dabei profitierten von Sozialleistungen wie dem Kindergeld nicht nur arme Menschen, sondern auch die Mittelschicht. (…) Zudem grassiere in solchen Momenten eine Angst vor dem sozialen Abstieg. Dies führe dazu, dass Angehörige der Mittelschicht auf ärmere Menschen herabschauten, um sich vermeintlich abzusichern, „weil man ja zu den Fleißigen gehört und die anderen ihre Armut angeblich selbst verschuldet haben“. Dieser Mechanismus werde „von Politikern bewusst ausgenutzt“. Er sehe einen „Sozialneid nach unten“, wenn über 100.000 Empfängerinnen und Empfängern des Bürgergeldes unterstellt werde, dass sie „Totalverweigerer“ seien, sagte der Forscher. (…) Butterwegge sagte weiter, dass Superreiche die „komplizierte Steuergesetzgebung“ oft nutzten, um dem Staat viel Geld vorzuenthalten. „Nur wird dieser Missbrauch so gut wie nie öffentlich thematisiert und problematisiert. Lieber vergreift man sich an Schwächeren, die weder Steuerberater noch Anwälte bezahlen können.““ Beitrag vom 6. August 2024 in der Zeit online externer Link
  • Sozialchauvinismus ist, wenn selbst drei Bier zur EM „unverdient“ sind…  Hetzkampagne gegen Bürgergeldbeziehende einstellen!
    • Sozialchauvinismus gegen Bürgergeldbezieher – selbst drei Bier zur EM sind zu viel
      Polit- und Medienkampagne macht arme Menschen zur Zielscheibe. Warum wehren sie sich kaum? Manche Fürsprecher machen sie selbst klein. Während nach den Parlamentswahlen in Frankreich in vielen Medien wieder die Phrasen von einer Gesellschaft zu hören sind, die im Kampf gegen Rechts zusammenhalten müsse, nimmt in Deutschland die Hetze gegen Bürgergeldbezieher in bürgerlichen Medien neue Formen an. Spitzenreiter ist hier der Focus, der sich im Hetze gegen arme Menschen einen Negativpreis verdient hat. Dieses Blatt publizierte online in Kooperation mit seinem Youngster-Medienpartner Kukksi tatsächlich die Schlagzeile „Bürgergeld-Empfängerin verprasst ihr letztes Geld für Bier auf EM-Fanmeile„…“  
      Kommentar von Peter Nowak vom 02. Juli 2024 in Telepolis externer Link
    • Hetzkampagne gegen Bürgergeld einstellen
      Zu den Arbeitsmarktzahlen sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied: „Hetzkampagnen ändern nichts an der Tatsache: Es ist die gebremste wirtschaftliche Entwicklung, die mehr Menschen arbeitslos werden lässt und nicht das Bürgergeld. Im Vergleich zum Vormonat Mai nimmt die Zahl der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen, übrigens ab. Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen ist die Zahl der  Arbeitslosengeldempfänger deutlich mehr angestiegen als die Zahl der Bürgergeldbeziehenden. Der DGB fordert, die menschenverachtenden Hetzkampagnen gegen das Bürgergeld einzustellen. Menschen im Bürgergeld generell zu unterstellen, dass sie nicht arbeiten wollen, verdreht Ursache und Wirkung.“ DGB-Pressemitteilung vom 28.06.2024 externer Link
    • Siehe aktuell auch: Ampel plant im Bürgergeld Kürzungen von fast 3 Milliarden € bei den Leistungen zur Arbeitsmarktintegration, wohl wg. Fachkräftemangel…
  • Union & FDP: Bürgergeld-Mythen
    CDU, CSU und FDP lassen nicht locker. Mit absurden Argumenten wettern sie gegen das Bürgergeld. Unter anderem behaupten sie, dass dessen Regelbedarfe jüngst zu stark angestiegen seien. Der Abstand zu den Löhnen sei mittlerweile so gering, dass sich Arbeit oft nicht mehr lohne.Was sie dabei verschweigen: Für die Anpassung des Bürgergelds (früher Arbeitslosengeld II / Hartz IV) gibt es einen gesetzlichen Mechanismus. Dem haben sie selbst zugestimmt. Er sieht vor, dass die Regelbedarfe entsprechend der Konsumausgaben ärmerer Haushalte ansteigen. In Jahren, für die diese Daten nicht vorliegen, wird ersatzweise die Preisentwicklung relevanter Güter und Dienstleistungen herangezogen. (…) Union und FDP stellen faktisch die Absicherung des Existenzminimums infrage. Die aber ist vom Grundgesetz garantiert. Jede und jeder muss vor dem Absturz ins Nichts geschützt werden.“ Wirtschaftspolitik aktuell 08/2024 vom 30.4.24 externer Link
  • Die „Fleißigen“ und die „Faulen“: Über gefährliche Schlagseiten des Arbeitsbegriffs und Sozialstaatsdebatten 
    Der Soziologe Linus Westheuser im Interview von Robert Misik vom 11. April 2024 bei Arbeit & Wirtschaft externer Link über gefährliche Schlagseiten des Arbeitsbegriffs und Sozialstaatsdebatten: „… Ja, es ist durchaus beängstigend, wie tief der Gedanke eingesickert ist, wir müssten uns unsere Wertigkeit als Mensch durch Leistung verdienen. Das ist Teil dessen, was Max Weber das moderne „Berufsmenschentum“ nennt. Leistung wird dabei oft auf Erfolg oder passive Pflichterfüllung reduziert oder so gewendet, dass man auf die herabblickt, die vermeintlich weniger leisten als man selbst. Zudem wird als Leistung oft nur Lohnarbeit verstanden, nicht aber unbezahlte Sorgearbeit, die Pflege von Beziehungen, politische Arbeit oder lokales Engagement. Das ist eine Verengung gesellschaftlicher Anerkennungsquellen. (…) In unserer Studie argumentierte etwa eine Befragte, dass eine Frau, die arbeitet und zudem alleine Kinder großzieht, mehr leistet als ihr Kollege, der die gleiche Arbeit macht, aber abends zu Hause entspannen kann. (…) Die Vorstellung, wir lebten in einer leistungsgerechten Gesellschaft, ist eine der wichtigsten Legitimationsstützen sozialer Ungleichheit. Man sieht das, wenn Arme verdächtigt werden, nur arm zu sein, weil es ihnen an Motivation mangelt. Obwohl sie es oft sind, die sich am meisten abstrampeln. Reiche dagegen können sich als Leistungsträger präsentieren, obwohl wir aus unzähligen Studien wissen, dass Reichtum heute in erster Linie vererbt wird, sei es in Form von Eigentumstiteln, Bildungsinvestitionen oder Papas Adressbuch. Wir sehen in unseren Daten, dass die aufklappende Schere zwischen Arm und Reich durchaus von vielen kritisiert wird. Politisch sind die klassischen Oben-Unten-Konflikte heute aber stark demobilisiert. Institutionen wie Gewerkschaften oder linke Parteien verkörpern nicht mehr so stark wie einst die Hoffnung auf eine Veränderung ungerechter Verhältnisse. (…) Rechtsradikale Parteien wie die FPÖ oder die AfD schaffen keine realen Verbesserungen für Arbeitnehmer, bieten ihnen aber die symbolische Aufwertung des Nach-Unten-Tretens. Sie spalten die Arbeitenden in einen wohlintegrierten Kern und Außenseitergruppen wie Migrant:innen oder Transferempfänger:innen. Für den Kern fordern sie Schutz, für die anderen Sanktionen, Drangsal und Ausschluss. De facto schaden sie damit den Arbeitenden, weil die Spaltung zwischen Beschäftigten und Erwerbslosen, Einheimischen und Migrant:innen die gemeinsame Handlungsfähigkeit der Arbeitenden schwächt. Es ist auch zum Nachteil der gesamten arbeitenden Bevölkerung, wenn durch Schikanen gegen Transferempfänger:innen oder die Illegalisierung von Migrant:innen eine Gruppe Schutzloser entsteht, die Arbeit zu jedem Preis annehmen müssen und so die Löhne und Standards drückt. (…) Akteure der rechten Mitte spielen etwa die beitragsfinanzierten Teile des Sozialstaats, die einer Versicherungslogik folgen, gegen die steuerfinanzierten Sicherungssysteme aus, bei denen es keine Rolle spielt, was man vorher eingezahlt hat. Will man dieser Instrumentalisierung des Leistungsversprechens entgegentreten, wäre es auch hier wichtig, immer wieder zu betonen, dass auch Grundsicherungen, die das existenzielle Minimum garantieren, im Interesse aller Arbeitenden sind, weil sich sonst die Konkurrenz nach unten verschärft und die Standards erodieren. Die allermeisten Transferempfänger sind Leute, die Solidarität verdient haben. Warum sprechen wir derzeit zum Beispiel in Deutschland monatelang über eine winzige Zahl von Arbeitsverweigerer:innen und nicht über Rentner:innen, deren Rente so mickrig ist, dass sie Bürgergeld erhalten, über Niedrigverdiener:innen, die aufstocken müssen, über Kinder und Alleinerziehende oder über Leute, die es in den Arbeitsmarkt nicht mehr hineinschaffen, weil sie zu alt oder krank sind? Die konservativen und extremen Rechten haben schon immer versucht, den Wohlfahrtsstaat mit den am wenigsten angesehenen gesellschaftlichen Gruppen zu assoziieren und so zu delegitimieren. Der Erfolg der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften bestand historisch auch darin, mehr und mehr Aspekte des Lebens in Form von universalen Rechten zu organisieren und damit von der Größe des eigenen Geldbeutels abzukoppeln. Das ist eine große zivilisatorische Errungenschaft…“ – trifft für Österreich wie Deutschland zu!
  • Bürgergeld und Grundsicherung: Menschenverachtende Sozialpolitik
    In den Diskussionen um neue Formen der Grundsicherung bleibt eines konstant: Sozialchauvinismus und die Dämonisierung von Sozialhilfebeziehenden
    Schon vor der Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 war die öffentliche Hetze gegen die Bezieher*innen enorm. Als dann diese Sozialleistung Anfang 2024 angesichts massiver Teuerung und Inflation erhöht werden sollte, steigerte sich die Stimmungsmache noch. Offensichtlich wurde ein Thema gefunden, mit dem Parteien punkten können. CDU-Chef Friedrich Merz fordert in diesem Zusammenhang einen »Systemwechsel«. Damit zielt er faktisch darauf ab, das Bürgergeld in der jetzigen Form abzuschaffen. (…) In ihrem Papier zur »Neuen Grundsicherung« schreiben sie, dass bei arbeitsfähigen Grundsicherungsbezieher*innen, die »ohne sachlichen Grund« eine zumutbare Arbeit ablehnen, davon ausgegangen werden müsse, dass diese nicht »bedürftig« seien. Ein Anspruch auf Grundsicherung bestehe bei diesen »Totalverweigerern« nicht mehr. Wer mehr als einmal zu Terminen nicht erscheine, solle keine Leistungen erhalten. Wenn es drei Monate keinen Kontakt zum Jobcenter gegeben habe, liege keine »Hilfsbedürftigkeit« mehr vor. Falls diese Pläne unter einer künftigen CDU-Regierung tatsächlich umgesetzt werden sollten, werden viele Menschen mit gravierenden Folgen zu kämpfen haben – genauer gesagt mit Wohnungslosigkeit bis hin zum Hungern. (…)
    Die Politik schürt den Neid mit Einzelfällen, in denen bestimmte Einkommensgrenzen für Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag knapp überschritten werden. Studien schätzen zudem, dass 60 Prozent aller Rentner*innen, ein Drittel aller Anspruchsberechtigten des Bürgergeldes und zwei Drittel derjenigen, die einen Kinderzuschlag erhalten können, von selbst ganz auf diese Sozialleistungen verzichten. Auch aufgrund der Hetzkampagne trauen sich viele Menschen schlicht nicht, die Gelder zu beantragen. Besonders dreist ist die in den Beispielen vonseiten der CDU vorgenommene Spaltung der Armutsbevölkerung in »arbeitsunfähige« und »arbeitsunwillige« Betroffene. (…) Die Wortschöpfung »Totalverweigerer« wird gerade propagandistisch in die Köpfe eingepflanzt. Im Jahre 2023 gab es laut Bundesagentur für Arbeit bundesweit gerade mal 13 838 Fälle, in denen Menschen eine angebotene Arbeit ablehnten. Das ist eine geringe Minderheit – wenn man sich überhaupt auf diese Logik einlässt. (…) Anstatt über die Bürgergeldbezieher*innen herzuziehen, sollte die kritische Öffentlichkeit lieber die Verhältnisse in der kapitalistischen Arbeitswelt in den Fokus nehmen, die viele erschöpft, unzufrieden und mit zu wenig Geld zurücklässt. Nicht zufällig ist die Armutsbevölkerung total erfasst, die Konzentration von Reichtum aber kaum erforscht
    …“ Artikel von Anne Seeck vom 10.04.2024 in ND online externer Link
  • Union hetzt gegen das Bürgergeld: Back to Hartz IV? Back to Widerstand!
    • Union hetzt gegen das Bürgergeld: Mehr als Populismus ist da nicht 
      Die CDU hetzt gegen angeblich Arbeitsscheue, die eine verschwindend kleine Gruppe bilden. Ein konservatives Sozialpaket hat sie nicht zu bieten.
      Mit dem Konzept einer „Neuen Grundsicherung“ würde die CDU gerne das Bürgergeld abschaffen. Das Konzept sieht im Gros graduelle Verschärfungen vor: Eine Vermögensprüfung soll statt nach 12 Monaten bereits ab dem ersten Tag vorgenommen, die Grenzen für das sogenannte Schonvermögen sollen gesenkt werden. Zentral sind vor allem härtere Sanktionen, zum Beispiel bei Terminversäumnissen. Dass oft psychische Erkrankungen Grund dafür sind, ignoriert die CDU.
      Die größte Aufregung löste die Forderung aus, staatliche Unterstützung für unbegrenzte Zeit komplett zu streichen, wenn sich jemand weigert, eine „zumutbare“ Arbeit anzunehmen. „Wir gehen davon aus, dass Totalverweigerer keine Unterstützungsleistungen benötigen“, erklärte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.
      Man fühlt sich erinnert an den Satz: „Es gibt kein Recht auf Faulheit“ von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) aus dem Jahr 2001. Es war Schröders sprachliche Wegbereitung für Hartz IV, das wenige Jahre später eingeführt wurde. (…)
      Und stößt leider in Teilen der Gesellschaft auf Zustimmung. Dabei macht die CDU selbst keinen Hehl daraus, dass die sogenannten „Totalverweigerer“ – übrigens ein guter Kandidat für das Unwort des Jahres – eine winzige Minderheit darstellen. Selbst bei aller denkbaren Härte: Es wird die deutsche Wirtschaft nicht retten. Das ist einfach Populismus statt Programm. Was dabei aus dem Fokus gerät: Das, was als „zumutbare Arbeit“ gilt, bedarf einer gesellschaftlichen Interpretation. (…)
      So ist es kein Zufall, dass die CDU nicht so gern über die sogenannten Auf­sto­cke­r*in­nen redet, Menschen, die oft zu niedrigen Löhnen schuften und trotzdem Bürgergeld beziehen müssen. Täte sie es, müsste die CDU die Verhältnisse anprangern, die sie in ihrer Regierungszeit selbst gestützt hat. Deutschland hat nach wie vor im europäischen Vergleich einen großen Niedriglohnsektor. Das ist der Grund, warum der Lohnabstand so gering ist.
      Bessere Löhne sind es, die Deutschland dringend braucht. Die Dämonisierung von Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen erfüllt also einen Zweck, ganz nach dem Motto: Teile und herrsche. Denn wer sich mit der Grundsicherung differenzierter auseinandersetzt, wird merken: Vielleicht ist er oder sie selbst doch nur eine Depression, einen Pflegefall oder eine Kündigung weit entfernt von denen, die da gerade an den Pranger gestellt werden.
      ..“ Kommentar von Jasmin Kalarickal vom 22.3.2024 in der taz online externer Link – sehr schön!
    • Back to Hartz IV? Back to Widerstand! Gegen das fortgesetzte Herabwürdigen von Erwerbslosen!
      Da sind wir also wieder – nach keinen zwei Jahren „Bürgergeld“ sind wir wieder bei „Hartz IV“ angelangt. Besonders nachhaltig war die Meilenstein-Reform ja nicht ausgefallen. Ihre Demontage begann bereits früh. Genau genommen, bereits vor offizieller Verabschiedung. (…)
      Die Mär vom „faulen Arbeitslosen“ ging wieder um. Wer sich an „Asozialen“-Hasstiraden dunkelster Zeiten erinnert fühlt – das ist leider kein Zufall, sondern bittere Kontinuität im Selbstbildmythos der vermeintlichen deutschen Leistungsgesellschaft. (…)
      Es wird endlich Zeit die entwürdigende Erzählung vom „faulen Arbeitslosen“ zu durchbrechen. Erwerbslosigkeit ist kein schickes Hobby. Der Bürgergeldregelsatz kein weiches Kissen sozial-romantischer Dekadenz. (…)
      Und wir, die wir von Erwerbslosigkeit betroffen oder akut bedroht sind – wir müssen Wege und Mittel finden zusammenzukommen und uns zu organisieren. Unseren Widerstand zu organisieren. Wir mögen nicht streiken können. Wir haben auch keine Traktoren. Und keine Partei singt unser Lied. Nicht wirklich. Aber wir können uns trotzdem wehren. Wir müssen es sogar, denn in dem Konflikt um die Anerkennung unserer Würde wird – wie in anderen ähnlichen Konflikten zurzeit gleichermaßen – verhandelt, wie viel Zivilisiertheit sich die kapitalistischen Demokratien noch leisten wollen. Ein weiterer Abbau ist nicht hinnehmbar
      .“ Artikel von Simon ´Ekke´ Trimpin vom 13. März 2024 in Direkte Aktion externer Link – noch schöner!
  • [Poster-Reihe von nk44] Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!
    [Poster-Reihe von nk44] Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!Die Ampelregierung plant 150.000 Vollsanktionen pro Jahr. Dabei wurden z.B. im August 2023 gerade mal 2190 Bürgergeldbeziehende wegen der Weigerung, eine Arbeit aufzunehmen, sanktioniert. Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!
    CDU und FDP wollen das #Bürgergeld abschaffen.CDU will „Totalverweigerern“ Geld ganz streichen, wenn sie eine „zumutbare“ Arbeit ablehnen. Zumutbar ist alles… Zurück zum Feudalismus
    Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!
    Rentner*innen, die Grundsicherung beziehen, sind auch von d.  Bürgergeld-Hetze betroffen. Sie sind von d. Höhe d. Regelsatzes beim Bürgergeld abhängig. Auch wer entlassen, krank oder alleinerziehend wird, landet schnell im Bürgergeld. Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!
    Nachdem im Laufe des Jahres 2024 die Bezahlkarte für Asylbewerber*innen eingeführt werden soll, forderte ein CDU-Politiker auch eine Bezahlkarte für Bürgergeldbezieher*innen. Wir brauchen: Bezahlkarte für Steuerflüchtlinge! Gegen die Hetze auf Bürgergeld Beziehende!.
    .. Download der Poster-Reihe externer Link von nk44 – Initiative gegen Ausgrenzung und Verdrängung in Nord-Neukölln externer Link
  • CDU-Plan: Bürgergeld wird „Neue Grundsicherung“ mit dauerhaften 100-Prozent-Sanktionen – gegen den alten Hut „Sozialneid“ hilft nur noch Satire 
    • CDU/CSU will das Bürgergeld abschaffen und eine »Neue Grundsicherung« einführen – Massive Verschärfungen geplant
      In den Medien sickert durch, was für Pläne die CDU/CSU zur Änderung beim Bürgergeld hat, um es in plakativen Stichworten zu sagen: von Zwangsarbeit, Verfolgungsbetreuung bis zu 100 % – Sanktionen und Abschaffung jeglicher Karenzzeiten. Hier zum Nachlesen: https://t1p.de/y0wsk externer Link oder hier: https://t1p.de/gz8ob externer Link
      Was sich aus der medialen Berichterstattung über die CDU/CSU – Pläne abzeichnet ist, dass diese wieder zurück zu den schärfsten Hartz IV – Regelungen will. Zwangsarbeit, Verfolgungsbetreuung und 100 % Sanktionen will, sowie deutliches Absenken von Vermögen.
      Das Motto soll dann wieder sein: „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“.
      Die geplanten Regeln werden in Teilen verfassungswidrig sein. Sie stellen Grundsicherungsbeziehende unter Generalverdacht und würden die Gesellschaft spalten und entsolidarisieren.
      Die fortschrittlichen Teile der Gesellschaft werden sich mit aller Kraft gegen die Pläne der rückschrittlichen Teile der Politik stellen müssen! Erschreckend ist auch, dass sich die Programme von CDU/CSU zunehmend dem der AfD annähern…“ Aus Thomé Newsletter 09/2024 vom 17.03.2024 externer Link, siehe dazu:
    • CDU: Die Neue Grundsicherung – Beschluss des Bundesvorstandes externer Link vom 18. März 2024, darin als Beispiel: „Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab („Totalverweigerer“), soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist. Ein Anspruch auf Grundsicherung besteht dann nicht mehr.“
    • Merz packt den alten Hut aus: CDU setzt beim Bürgergeld auf Sozialneid
      „… Die CDU kramt einen alten Hut heraus, um in den Wahlkampf zu ziehen: den Sozialneid. Die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld sollen härter angepackt werden externer Link. Das wird den Populistinnen und Populisten gefallen, die seit Jahren gegen „Deutschlands faulsten Arbeitslosen“ wettern. Als ob die Armen das Problem wären und nicht die Reichen, die sich der Besteuerung in Deutschland entziehen oder ihre Steuerlast künstlich niedrig rechnen. Man muss daran erinnern: Im November 2022 stimmten die Abgeordneten von CDU und CSU im Bundestag und die unionsgeführten Länder im Bundesrat der Einführung des Bürgergelds zu (…) Und heute? Nun ist das System aus Sicht der Union so schlecht und soll so umfassend umgekrempelt werden, dass es nicht einmal mehr den Namen „Bürgergeld“ verdient. Die CDU spricht von einer „neuen Grundsicherung“. Die soll Teil einer CDU-„Agenda 2030“ sein – Gerhard Schröder und seine „Agenda 2010“, zu der die Einführung des Bürgergeld-Vorläufers „Hartz IV“ zählte, lassen grüßen. Was hat sich in den 16 Monaten seit dem Bundestagsbeschluss geändert? Vor allem dies: Die nächste Bundestagswahl rückt näher, der Millionär Friedrich Merz kann sich Hoffnung auf die Kanzlerschaft machen und seine Partei muss sich gegen die Ampelkoalition profilieren. Da macht es auch nichts, wenn frühere Positionen ad acta gelegt werden – das ist beim Wunsch der Unionsparteien, zur Atomkraft und ihren Risiken zurückzukehren, auch nicht anders. Populismus funktioniert nicht ohne reale Probleme, für die dann allerdings scheinbar Schuldige benannt und Scheinlösungen vorgezeigt werden…“ Leitartikel von Pitt von Bebenburg vom 18.03.2024 in der FR online externer Link
    • Bürgergeld-Reformpläne der CDU: Her mit den kleinen Sparvermögen!
      „Auch Selbständige müssen sich warm anziehen: Die CDU stellt Karenzzeit und Schonvermögen infrage. Was der Europarat stattdessen anmahnt. (…) Auch bei versäumten Terminen im Jobcenter sollen wegen Verletzung der „Mitwirkungspflicht“ automatisch keine Leistungen mehr ausgezahlt werden, bis „der Gesprächsfaden wieder aufgenommen wird“. Der Partitätische Wohlfahrtsverband hat in diesem Zusammenhang davor gewarnt, Betroffenen während einer Depression den „letzten Tritt“ zu geben. (…) Auch das Schonvermögen ist in Gefahr, wenn sich die CDU mit ihren Plänen durchsetzt. Beim Bezug ihrer „Neuen Grundsicherung“ soll die Karenzzeit von zwölf Monaten abgeschafft und bereits ab dem ersten Tag eine Vermögensprüfung durchgeführt werden. Auch die Grenzen für das Schonvermögen sollen abgesenkt werden. (…) Für heimliche Multimillionäre würde das keinen großen Unterschied machen – aber für Menschen, die mittlere fünfstellige Beträge gespart haben, einen erheblichen. Vor allem, wenn sie bisher selbständig waren und zurückgelegt haben, was abhängig Beschäftigte in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Letztere erhalten im Fall der Erwerbslosigkeit zumindest ein Jahr lang Arbeitslosengeld, das als Versicherungsleistung keiner Vermögensprüfung unterliegt. (…) Wenn die Karenzzeit von einem Jahr wegfällt, müssen Selbständige im Fall einer Auftragsflaute sofort anfangen, Ersparnisse „aufzuessen“.“Dass die CDU auch alle Schutzbarrieren beim Wohnraum und Ersparnissen beseitigen will, ist eine Bedrohung gerade für ältere Arbeitnehmer und Selbstständige, die sich wegen der Transformation des Arbeitsmarktes neu orientieren müssen“, kritisierte am Montag die Chefin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. (…)
      Auch SPD, Linkspartei, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und Sozialverbände äußerten sich zu dem CDU-Vorhaben ablehnend und sehen darin zum Teil einen Angriff auf den Sozialstaat. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Pläne allerdings ausdrücklich begrüßt
      …“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 19. März 2024 in Telepolis externer Link
    • Die Idee von der Bürgergeld-Zwangsarbeit lebt weiter
      Politiker von CDU und CSU werden nicht müde, Bürgergeld Bedürftige zur Zwangsarbeit verpflichten zu wollen. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg hat die Idee jetzt konkretisiert und noch einmal begründet. Sein Mittel der Wahl sind öffentliche Beschäftigungsangebote. Damit ließen sich bestenfalls fast 30 Milliarden Euro einsparen. Geldhahn zudrehen. Auf die Idee, dass Menschen, die auf Bürgergeld oder andere soziale Hilfen angewiesen sind, nicht arbeiten können, weil sie krank sind, sich um Angehörige kümmern oder Kinder großziehen, kommen viele Politiker gar nicht erst. Für sie sind Bürgergeld Bedürftige allesamt einfach nur zu faul. Und das ließe sich ganz einfach ändern, indem man Zwangsarbeit einführt und bei Weigerung den Geldhahn zudreht…“ Beitrag von André Maßmann vom 17. März 2024 in buergergeld.org externer Link
    • Ganz schön linksradikal: „Geld ohne Arbeit setzt völlig falsche Anreize“ – Union will offenbar Aktiendividenden, Erbschaften und Mieteinnahmen verbieten
      „Ganz schön linksradikal: Die Union will offenbar Aktiendividenden, Erbschaften und Mieteinnahmen verbieten. Das geht aus der von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und weiteren Unionspolitikern in den letzten Tagen mehrfach getätigten Aussage hervor, dass Geld ohne Arbeit völlig falsche Anreize setzt. (…)  Zudem forderte Spahn einen „Pakt für Leistung und Fleiß“ – ein klarer Angriff auf Aktionäre, Erben und Vermieter, die mit derartigen Tugenden wenig bis nichts zu tun haben. Ob die CDU noch weitergeht und für diese Bevölkerungsgruppen bald auch eine Arbeitspflicht fordert, bleibt abzuwarten.“ Beitrag vom 15.11.23 von Postillon externer Link
    • Das Bürgergeld – Die Hetze hört nicht auf
      Neue Plakate gegen die Hetze auf Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Gesehen in #Neukölln. Dazu ein Flugblatt: Das Bürgergeld – Die Hetze hört nicht auf..“ Post von nk44 vom 18.3.2024 auf bsky externer Link mit Fotos der Plakate und zum Flugblatt:

      • DAS BÜRGERGELD: DIE HETZE HÖRT NICHT AUF
        Viele jener Menschen, die jetzt die Kürzung oder Abschaffung des Bürgergeldes fordern und glauben, niemals etwas damit zu tun zu haben, werden sich verwundert die Augen reiben, wenn sie entlassen, alleinerziehend oder krank werden und auf Sozialleistungen angewiesen sind. Auch wenn sie trotz Lohnarbeit im Alter in die Grundsicherung fallen, sind sie mit einem Regelsatz wie beim Bürgergeld konfrontiert. Die Drangsalierung von Einkommensarmen ist uralt. Jetzt wackelt aber das Bürgergeld, denn die Gelegenheit ist günstig für die Gegner*innen. Hohe Militärausgaben, Schuldenbremse, Fachkräftemangel und Rechtsruck befeuern die Hetze. (…) Beide Gruppen, Geflüchtete und Bürgergeldbezieher*innen, dienen als Sündenböcke für die Unzufriedenheit von Menschen. Politik und Medien stacheln die Ressentiments an. Das muss aufhören. Solidarität statt Ausgrenzung…“ Flugblatt der Kiezgruppe in der Lunte externer Link bei nk44
  • Bürgergeld: Mit der Bezahlkarte käme die Überwachung und Einflussnahme
    Nachdem sich die Bundesregierung und die Länder nunmehr auf eine Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt haben, werden bereits erste Forderungen nach einer Bezahlkarte für Bürgergeld-Beziehende laut. Wir haben über die sogenannte Bezahlkarte hier externer Link und hier externer Link berichtet. Eine solche Karte wäre nicht nur eine Bevormundung, sondern Überwachung pur.
    Die Bezahlkarte könnte den Jobcentern weitreichende neue Möglichkeiten der Überwachung, Verhaltenssteuerung und -kontrolle von Hilfeempfängern ermöglichen.
    Unerlaubte Ortsabwesenheiten und Kaufverhalten
    So ließe sich damit problemlos ein Bewegungsprofil erstellen, mit denen sich unerlaubte Ortsabwesenheiten feststellen ließen. Aber auch direkte Einflussnahme auf das Kaufverhalten wäre möglich, indem bestimmte Händler oder Waren von der Bezahlung ausgeschlossen werden. Auf diese Weise könnte man auch eine Änderung des Konsumverhaltens direkt erzwingen, denkbar wäre z.B. eine Limitierung der Ausgaben für Tabak oder Alkohol.
    Erschwerte Bankgeschäfte
    Aber auch die Aufnahme von Krediten, Zahlung auf Rechnung oder per Lastschrift wäre Hilfeempfängern dann verwehrt, da die Leistung nicht mehr auf ihr Bankkonto, sondern auf die vom Jobcenter ausgegebene Bezahlkarte gebucht wird. Da dies jedoch eine massive Grundrechteeinschränkung darstellen würde, ein Problem das sich bei Asylbewerbern nicht offensichtlich stellt, dürfte sich die Umsetzung einer Bezahlkarte für Bürgergeld deutlich schwieriger gestalten…“ Beitrag von Ottokar vom 03.03.2024 bei gegen-hartz.de externer Link

Siehe zum Thema auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=218660
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