Nichts Neues, sondern: Aus dem Alltag des (hier: brandenburgischen) Verfassungsschutzes. Mal wieder Nazis geholfen…
„Aber darum ging es nicht am Donnerstag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags. Vielmehr sollten die Beziehungen Stadlers zum brandenburgischen Verfassungsschutz und das Verhalten des Geheimdienstes in dieser Sache noch einmal aufgerollt werden. Denn wie der Verfassungsschutz grundsätzlich mit V-Leuten umging, welche Straftaten er duldete und sogar deckte, soll der Ausschuss möglichst genauso aufklären wie die konkrete Verstrickung der Verfassungsschützer in den NSU-Skandal. Was sich der Verfassungsschutz im Fall Toni Stadler in den Jahren 2000 bis 2002 geleistet habe, belege eindeutig, dass die Geheimdienstler aus den Erfahrungen mit dem Neonazi Carsten Szczepanski alias »Piatto« nichts gelernt hatten, sagt der Landtagsabgeordnete Volkmar Schöneburg (LINKE). Es seien nicht bloß Einzelfälle gewesen, es gebe »Kontinuitätslinien«, sagt der Abgeordnete, der von Beruf Rechtsanwalt ist. »Den V-Mann-Führer hätte man verurteilen müssen. Es deutet alles darauf hin, dass Bartok in Mittäterschaft gehandelt hat.« Doch Bartok kam davon. Die Ermittlungen gegen ihn wurden 2005 wegen angeblicher Geringfügigkeit eingestellt. Das sei geschehen, um die »Machenschaften jenseits von Recht und Gesetz zu decken«, ist Schöneburg überzeugt…“ – aus dem Bericht „Der Verfassungsschutz deckte Neonazis“ von Andreas Fritsche am 27. September 2018 in neues deutschland über den Untersuchungsausschuss in Brandenburg zu einem Uraltthema. Zum Zusammen-Wirken des Verfassungsschutzes und Toni Stadlers ein älterer Hintergrundbeitrag, zur brandenburgischen Förderung eines anderen Nazis ein Beitrag aus dem Mai 2018 – ebenfalls aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses:
- „Dossier: Toni Stadler“ bei NSU-Watch Brandenburg am 01. Juli 2016 zum Thema, wie der vom VS geschützte und geförderte Nazi mit anderen prominenten „Freunden“ zusammen wirkte: „Auf Anraten des V-Mann-Führers habe Stadler ein externes Lager für CDs mit strafbaren Inhalten angelegt. Er hätte seine Geschäfte „niemals in so großem Stil aufgezogen, wenn die Potsdamer mir nicht Straffreiheit zugesagt hätten“, sagt Stadler später vor Gericht aus. Dementsprechend bringt eine Hausdurchsuchung in Stadlers Szenegeschäft Top One im März 2002 keine relevanten Ergebnisse. Seine V-Mann-Tätigkeit fliegt schließlich durch eine Überwachungsmaßnahme des Landeskriminalamtes in Berlin auf. Bei einem Neonazikonzert in Marzahn im Juli 2002 wird eine Übergabe von CDs vermutet. Stadler und der White-Aryan-Rebels-Musiker Lars Burmeister werden festgesetzt. Im November 2002 wird Stadler in Berlin zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Richter kommentiert in der Urteilsbegründung, dass der Brandenburger Verfassungsschutz den Neonazi geschützt, ihn mit Informationen und sauberer Technik ausgestattet, Straftaten geduldet und Strafverfolgung vereitelt hätte. In der Urteilsbegründung wird gefordert, dass Brandenburg einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dieser Sache einrichten müsse. Stadler soll nach dem Verfahren in ein Zeugenschutzprogramm des Landeskriminalamtes überführt werden, berichtet damals die TAZ. Der Spiegel schreibt, dass Brandenburger Beamte des Innenministeriums ihren ehemaligen Spitzel nach dem Prozess an einen geheimen Ort schafften und dort in einer Art Schutzhaft gehalten haben sollen. Genauere Informationen, ob, wie und zu welchen Konditionen Stadler ein Zeugenschutzprogramm durchläuft, sind nicht öffentlich verfügbar. Stadler streitet den Zeugenschutz ab, ohne allerdings eine eigene Darstellung des Geschehens abzugeben. Ein in Cottbus geführtes Verfahren gegen den V-Mann-Führer Bartok wird 2005 wegen angeblicher Geringfügigkeit eingestellt. (…)Stadler zieht 2003 nach Dortmund. Laut des Abschlussberichtes des NSU-Bundestagsuntersuchungsausschusses meldete ein Polizeispitzel 2006, dass Stadler versuche, in Dortmund tschechische Waffen zu verkaufen. Später teilt der gleiche Spitzel mit, dass Stadler sich 2006 in Dortmund mit NSU-Terrorist Uwe Mundlos getroffen habe. Stadler bestreitet beides vehement. Allerdings verkehrt Stadler in der rechten Dortmunder Szenekneipe Deutscher Hof, die in unmittelbarer Nähe des Tatortes des Mordes an Mehmet Kubaşik liegt, dem mutmaßlich achten Todesopfer des NSU. Stadler selbst wohnt damals etwa 750 Meter davon entfernt….“
- „Piatto war „nicht die hellste Kerze““ von Marion Kaufmann am 05. Mai 2018 in den Potsdamer Neuesten Nachrichten zur VS-Förderung (und Anpreisung) von Carsten Szczepanski: „Der frühere Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes, Heiner Wegesin, hat versucht, den damaligen Berliner Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge für seinen V-Mann Carsten Szczepanski alias „Piatto“ einzunehmen. Das erklärte Wegesin, der von 2000 bis 2004 Leiter des Nachrichtendienstes war, am Freitag bei seiner bereits zweiten Vernehmung im NSU-Ausschuss des Landtags unumwunden. Denn Wegesin, der 2004 von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) angeblich nicht wegen der V-Mann-Affäre abgelöst wurde, findet nichts dabei am Small Talk mit dem Chefermittler, den er von gesellschaftlichen Anlässen in Potsdam gekannt habe. Bei der wichtigen Rechte-Szene- Quelle „Piatto“ – die seinerzeit nicht beachtete Hinweise zum NSU-Trio gab – war kurz vor ihrer Enttarnung durch einen Spiegel-Bericht im Juli 2000 eine Waffe gefunden worden. Eine Strafverfolgung wäre der Abschöpfung des Informanten in die Quere gekommen. „Unsere Quelle hängt da drin, seid nett zu ihm, gebt ihm eine faire Chance.“ In diesem Tenor habe er mit Karge gesprochen, einem Mann, der „die Nöte des Verfassungsschutzes“ gekannt habe. Das halte er für „nicht illegitim“, so Wegesin. Der Obmann der Linksfraktion im Ausschuss, Volkmar Schöneburg, hält es für etwas anderes: „Beeinflussung der Justiz im Interesse des V-Mannes.“…“