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[Appell für Presse- und Meinungsfreiheit] junge Welt und Verfassungsschutz: Doppelte Standards
Dossier
„»Erwiesen verfassungsfeindlich«. Die Bundesregierung antwortet auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu »presse- und wettbewerbsrechtlichen Behinderungen durch Nennung der Tageszeitung junge Welt im Verfassungsschutzbericht«. Seit 2004 beobachtet der deutsche Inlandsgeheimdienst die Tageszeitung junge Welt. Seither wird das Blatt in den Jahresberichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz als einzige Tageszeitung mit einem eigenen Eintrag bedacht. Auf die nachteiligen, nicht zuletzt wettbewerbsrechtlichen Folgen dieser regelmäßigen Nennung haben Redaktion und Verlag in einem offenen Brief an die Fraktionen des Bundestages hingewiesen und sie um eine Stellungnahme gebeten. Die Fraktion Die Linke hat daraufhin mit Datum vom 29. März eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt..“ Redaktionell kommentierte Dokumentation in der jungen Welt vom 08.05.2021 . Siehe dazu auch den Appell für Presse- und Meinungsfreiheit und weitere Informationen:
- Geht alle linken Medien an: Verwaltungsgericht Berlin hat die Klage des Verlags gegen die Nennung der „jungen Welt“ in den Verfassungsschutzberichten abgewiesen
- jW gegen BRD: Verwaltungsgericht Berlin entscheidet gegen junge Welt
„Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klage des Verlags 8. Mai gegen das Bundesinnenministerium wegen der Nennung der Tageszeitung junge Welt in den jährlichen Berichten des Inlandsgeheimdienstes am Donnerstag abgewiesen. Der Vorsitzende der 1. Kammer und Vizepräsident des Verwaltungsgerichts, Wilfried Peters, sagte, dass die Aussagen über die Zeitung in den Verfassungsschutzberichten zu Recht getroffen worden sind und die Zeitung »richtig eingeordnet« ist. In der Begründung führte Peters unter anderem aus, dass Lenin, auf den sich die Zeitung positiv beziehe, »die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft« habe. Die Zeitung habe zudem ein positives Bild der DDR. Die »Intention« von junge Welt sei eine andere als die anderer Zeitungen, wenn sie etwa Veranstaltungen wie die Rosa-Luxemburg-Konferenz ausrichte. Es gehe um politische Aktivität und »die politische Überwindung des Kapitalismus im Klassenkampf«. Das seien »Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung«. Außerdem biete die Zeitung eine Plattform für Personen, die politisch motivierte Gewalt befürworten. Davon distanziere sich die Zeitung nicht. Den Streitwert des Verfahrens setzte das Gericht auf 115.000 Euro fest. Eine Berufung wurde nicht zugelassen, die Zulässigkeit einer Revision kann aber beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg überprüft werden…“ Meldung vom 18.07.2024 in der jungen Welt online - In bester Verfassung: Die »Junge Welt« wehrt sich dagegen, vom Verfassungsschutz gebrandmarkt zu werden. Andere linke Medien sollten genau hinsehen
„Das Label »linksextremistisch« ist geschäftsschädigend. Das meint jedenfalls die Tageszeitung »Junge Welt«, die seit 1998 vom Verfassungsschutz so bezeichnet wird. Jährlich taucht das in Berlin ansässige Blatt im Verfassungsschutzbericht auf und wird auf dieser Basis nachrichtendienstlich überwacht. Dagegen geht der Verlag 8. Mai GmbH, in dem die »Junge Welt« erscheint, nun vor: 2021 schon hat er die Bundesrepublik verklagt, am Donnerstag beginnen Verhandlungen in erster Instanz vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Man sei gewillt, so der stellvertretende Chefredakteur Nick Brauns in einem Schreiben an »nd«, den Rechtsstreit notfalls durch alle Instanzen zu tragen. In geheimdienstlichen Maßnahmen gegen ein Presseorgan sieht die »Junge Welt« gleich mehrere grundgesetzlich verbürgte Grundrechte verletzt: nicht nur die Gewerbe-, sondern auch die Presse- und Meinungsfreiheit. (…) [Eine] Anfrage der Linksfraktion im Bundestag 2021, die ergab, dass der Verfassungsschutz der Zeitung durch Beobachtung und Stigmatisierung gezielt den »Nährboden entziehen« will. Welche missliebigen Gedanken sind hier gemeint? Sich dies einmal näher anzuschauen, ist auch für andere linke Medien und deren Publikum ratsam – selbst wenn sie die Positionen der »Jungen Welt« nicht teilen sollten. Denn treffen kann es jede Institution, die sich mit ihrer Kritik am Status quo ein bisschen zu weit aus dem Fenster lehnt. Im Fall der »Jungen Welt« hat diese Kritik System: Die Zeitung scheut sich nicht, damit zu werben, dass ihr Analyseinstrument der Marxismus ist. Diese klare Blattlinie ist dem Verfassungsschutz vermutlich ein besonderer Dorn im Auge. Denn bekanntlich ist der Marxismus nicht nur eine wissenschaftliche Methode, sondern auch eine revolutionäre Weltanschauung, die letztlich auf die Überwindung der Klassengesellschaft zielt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die »Junge Welt«, weil sie marxistisch argumentiert, konkrete umstürzlerische Pläne hat – und demzufolge auch nicht, dass es erlaubt wäre, sie zu überwachen. Indes lässt sich andersherum sogar argumentieren, dass Marxisten gar nicht gegen die Verfassung sind, sondern im Gegenteil die im Grundgesetz verbrieften Rechte besonders ernst nehmen. Im Sinne einer immanenten Kritik geht es ihnen traditionellerweise nicht darum, dem Gegebenen ein abstraktes Ideal entgegenzusetzen, sondern den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit der bürgerlichen, kapitalistischen Gesellschaft herauszustellen. (…) Im Jahr 1949 sagte der Bundestagsabgeordnete Max Reimann von der KPD bei der Verkündung des Grundgesetzes: »Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben.« So ist es tatsächlich gekommen. Es gilt, das Recht auf eine solche Verteidigung zu verteidigen.“ Artikel von Clarisse von Gunten vom 16. Juli 2024 in Neues Deutschland online - Prozess um Pressefreiheit
„junge Welt gegen Bundesrepublik Deutschland: Journalistengewerkschafter und Medien aus dem In- und Ausland verfolgen das Verfahren.
Darf die Tageszeitung junge Welt im Bericht des Inlandsgeheimdienstes als »linksextremistische Gruppierung« bezeichnet werden – mit der erklärten Absicht der Bundesregierung, so der Zeitung den »Nährboden abzugraben«? Über eine diesbezügliche Klage der Verlag 8. Mai GmbH als Herausgeberin der jW gegen die Bundesrepublik Deutschland wird das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag erstinstanzlich verhandeln. Da es im Kern um grundsätzliche Fragen der Pressefreiheit und anderer Grundrechte geht, ist das mediale Interesse bereits im Vorfeld deutlich. Dazu beigetragen hat auch ein in hoher Auflage verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen beigelegtes und an ausgewählte Redaktionen und Verbände verschicktes jW-Extra »Grundrechte verteidigen« ….“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 12.07.2024
- jW gegen BRD: Verwaltungsgericht Berlin entscheidet gegen junge Welt
- Appell für Presse- und Meinungsfreiheit
„In großer Sorge um die Pressefreiheit in diesem Land wenden sich Verlag, Redaktion und Genossenschaft der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt an die deutsche und internationale Öffentlichkeit. Als einzige Tageszeitung in der Bundesrepublik steht die junge Welt unter Dauerbeobachtung durch den Inlandsgeheimdienst. Seit dem Jahr 2004 wird sie regelmäßig im Verfassungsschutzbericht des Bundes im Kapitel »Linksextremismus« aufgeführt und dort als »Gruppierung« eingestuft, die angeblich »verfassungsfeindliche Ziele« verfolgt. Nun handelt es sich bei der jungen Welt nicht um eine politische Organisation, sondern um ein journalistisches Produkt. Wir sehen einen handfesten politischen Skandal darin, dass eine staatliche Behörde sich anmaßt, eine unabhängige Zeitung in dieser Weise an den Pranger zu stellen, weil ihr bestimmte Inhalte nicht gefallen. In einem offenen Brief an alle Bundestagsfraktionen hatten Redaktion, Verlag und Genossenschaft Mitte März 2021 diesen drastischen Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit beklagt. Sie wiesen zudem auf »erhebliche Nachteile im Wettbewerb« hin, die der jungen Welt aus der Nennung im VS-Bericht erwachsen…“ Appell vom 07.05.2021 bei der jungen Welt online von Verlag, Redaktion und Genossenschaft der Tageszeitung junge Welt - Die komplette Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke (BT-Drucksache 19/28956)
- Anschlag auf Pressefreiheit – Bundesregierung will Tageszeitung junge Welt den „Nährboden“ entziehen
„Heute wird im Bundestag das Thema Pressefreiheit diskutiert. Die junge Welt wird als einzige deutsche Tageszeitung vom Verfassungsschutz beobachtet und seit 2004 regelmäßig in den entsprechenden Geheimdienstberichten erwähnt. Dazu hatte die Partei Die Linke eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, deren Antwort der Redaktion der Zeitung nun vorliegt. Die Bundesregierung bescheinigt darin der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt, dass sie einen großen Adressatenkreis erreiche und damit relevant und „wirkmächtig“ sei. Gerade deshalb sei es ein Problem, dass sie sich als marxistisch orientierte Zeitung verstehe und damit erwiesenermaßen verfassungsfeindlich sei. Denn der Marxismus gehe von der Existenz von Klassen in der Gesellschaft aus – und dies widerspreche der im Grundgesetz verlangten Garantie der Menschenwürde. Deshalb sei der jungen Welt mit geheimdienstlichen Mitteln der „Nährboden zu entziehen“. Wirtschaftlich und wettbewerbsrechtlich negative Folgen durch die Nennung der Zeitung im Verfassungsschutzbericht seien sogar beabsichtigt. Auch der konkrete Einsatz für die Zeitung, etwa durch Verteilaktionen oder die Mitgliedschaft in der Genossenschaft, der die Zeitung gehört, ist nach Einschätzung der Bundesregierung „verfassungsfeindlich“, weil damit die Ziele der Zeitung unterstützt würden…“ Presseerklärung vom 07.05.2021 der jw - In eigener Sache: Der Staat gegen junge Welt
„Fensterreden von Regierungspolitikern für die Pressefreiheit. Unterdessen versucht die Regierung dieser Zeitung den Garaus zu machen…“ Beitrag von Stefan Huth in der junge Welt vom 08.05.2021