Prüfung des Datenschutzbeauftragten: Weiterhin viele rechtswidrige Speicherungen in größter Polizeidatenbank INPOL-Z
„Nach zehn Jahren hat der Bundesdatenschutzbeauftragte die Datei INPOL-Z beim BKA erneut kontrolliert. Noch immer gibt es dort erhebliche Probleme, selbst Ordnungswidrigkeiten können zur Speicherung führen. In einigen Fällen verzichtete der Prüfer auf eine formelle Beanstandung, weil das BKA die Daten sofort löschen wollte. Für alle polizeilichen Behörden von Bund und Ländern betreibt das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden das zentrale Informationssystem INPOL-Z. Es besteht aus verschiedenen Dateien, darunter der Kriminalaktennachweis, Personen- und Sachfahndung oder Erkennungsdienst (ED). Viele Millionen Gesichtsbilder und Fingerabdrücke von Beschuldigten und Verdächtigen sowie Asylsuchenden sind dort nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung gespeichert. Damit handelt es sich um die größte Polizeidatenbank der Bundesrepublik. Auch der Zoll kann darauf zugreifen. Viele personenbezogene Daten werden hier jedoch rechtswidrig gespeichert…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 22. Juli 2022 bei Netzpolitik und mehr daraus/dazu:
- Polizei listet 16 000 Menschen als »psychisch krank« – Interpol und BKA ignorieren Kritik von Datenschutzbehörde
„Das Bundeskriminalamt (BKA) will über Interpol gesuchte Personen weiterhin mit der Kategorie »Mentally ill« (»Psychisch krank«) im deutschen Fahndungssystem speichern, auch wenn dazu kein ärztliches Attest oder ein Gutachten vorliegt. Das bestätigte eine BKA-Sprecherin auf Nachfrage des »nd«. Jedoch widerspricht diese Praxis den Interpol-Statuten. Der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Ulrich Kelber hatte dies in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 betont und eine Änderung gefordert. Weder Interpol noch das BKA wollen dafür jedoch Verantwortung übernehmen. (…) Insgesamt sind derzeit in Deutschland rund 16 000 Menschen mit einer solchen Angabe gespeichert. Alle Bundesländer sowie der Zoll können diese Daten abfragen. Eine Bewertung der Interpol-Fahndungen aus eigenen Erkenntnissen sei dem BKA »naturgemäß nicht möglich«, erklärt die Behörde »nd« zu der fragwürdigen Praxis. (…) Personengebundene Hinweise sollen bei einer Polizeikontrolle über eine damit verbundene Abfrage von Datenbanken der Eigensicherung von Beamt*innen dienen. Allerdings ist häufig unklar, auf welchen Wegen die Betroffenen in diesen Systemen landen. Über 250 000 Menschen sind derzeit als »gewalttätig« gespeichert, mehr als eine halbe Million als »Betäubungsmittelkonsument«, rund 22 000 mit »Ansteckungsgefahr«. In den 2010er Jahren wurde bekannt, dass die Polizeien die PHW nicht nur zur Eigensicherung, sondern auch für Ermittlungen und damit zweckfremd nutzen. Das BKA hat daraufhin einige der PHW-Kategorien in sogenannte »Ermittlungsunterstützende Hinweise« (EHW) überführt. Darunter fallen etwa sämtliche Kategorien aus der organisierten oder politisch motivierten Kriminalität. Auch zu den deutschen Speicherungen hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte festgestellt, dass die Vergabe der Kategorien oft nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Bei einem Kontrollbesuch deckte Kelber gravierende Dokumentationsmängel auf. Insgesamt 3035 PHW wurden demnach ohne ausreichende Belege vergeben, trugen aber den Vermerk »Altbestand, Besitzer nicht geprüft«. Weil dies gegen das Bundeskriminalamtgesetz verstößt, ordnete Kelber die Löschung an. Dem sei das BKA nachgekommen. In seinem Bericht übt Kelber aber auch Kritik an der Aktenführung des BKA und fordert eine klare, rechtssichere Grundlage für künftige Speicherungen…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 17. November 2024 bei Neues Deutschland online - Weiter im Beitrag von Matthias Monroy vom 22. Juli 2022 bei Netzpolitik : „… Darauf hatte der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Peter Schaar, nach einem Prüfbesuch beim BKA bereits 2011 hingewiesen. Zehn Jahre später hat sich sein Nachfolger Ulrich Kelber noch einmal zum „Beratungs- und Kontrollbesuch“ in Wiesbaden angemeldet und überprüft, ob die damaligen „Empfehlungen“ umgesetzt wurden. (…) Dass auch weiterhin viele Einträge rechtswidrig angelegt werden, hatte Kelber bereits in seinem öffentlichen Tätigkeitsbericht für 2021 dargestellt. Details dazu werden aber erst aus dem eigentlichen Prüfbericht ersichtlich, den der BfDI nun auf eine Informationsfreiheitsanfrage herausgab. (…) Im Prüfbericht ist nicht dokumentiert, welche Polizeibehörde die fehlerhaften Speicherungen vornahm. „Zufällig“ sei Kelber außerdem auf einen Fall aufmerksam geworden, in denen als Anlass für eine erkennungsdienstliche (ED) Behandlung lediglich der Hinweis „Polizeigesetz BW“ eingetragen war. (…) In einem weiteren Abschnitt des Prüfberichts moniert der BfDI die Nutzung von INPOL auch für Ordnungswidrigkeiten. Zur erkennungsdienstlichen Behandlung dürfen die Polizeibehörden demzufolge jedoch nur Personen speichern, die einer Straftat verdächtigt werden. Trotzdem hat Kelber sechs Fälle gefunden, bei denen Betroffene wegen der „Ausübung der Prostitution“ eingetragen sind. Weil weder das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten noch das BKA-Gesetz dies erlauben, soll das BKA nun nacharbeiten. Als verantwortliche Stelle für die Einhaltung der INPOL-Regelungen empfiehlt der BfDI „dringend“, Einträge von Ordnungswidrigkeiten durch technische Änderungen aus dem Informationssystem auszuschließen.“
- Siehe dazu den Prüfbericht , den der BfDI nun auf eine Informationsfreiheitsanfrage herausgab