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„Polizeiberichte kritisch hinterfragen“ – gilt für Polizeipropaganda in den Medien aber auch für die Justiz
Dossier
„Der Deutsche Journalisten-Verband ruft dazu auf, Meldungen und Informationen der Polizeibehörden in allen Fällen kritisch zu hinterfragen. (…) „Ein Polizeibericht ist für Redaktionen eine wichtige Ausgangsinformation, mehr nicht“, erklärt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Keinesfalls dürften Schilderungen und Behauptungen solcher Berichte ungeprüft in die Medienberichterstattung Einzug halten. „Es ist kritikwürdig, dass nach der Tagebau-Erstürmung einige Medien die Behauptung der Polizei übernommen hätten, 16 Polizisten seien verletzt worden. Die Recherchen eines WDR-Journalisten ergaben, dass nur zwei Polizisten Verletzungen durch Fremdeinwirkung davontrugen. Der DJV-Vorsitzende weist darauf hin, dass die Polizei bei Auseinandersetzungen Partei sei und nicht unparteiischer Beobachter…“ – aus der Pressemitteilung „Polizeiberichte kritisch hinterfragen“ vom 01. Juli 2019 beim DJV , wohl aus der besonderen Dreistigkeit der aktuellen Geschichte geboren… Dennoch überfällig und eigentlich selbstverständlich – auch für die Justiz:
- Recherche unverzichtbar: Polizeiberichte und -meldungen nur eine von mehreren möglichen Quellen
„Der Deutsche Journalisten-Verband ruft die Redaktionen dazu auf, Polizeiberichte und -meldungen als eine von mehreren möglichen Quellen in ihrer Berichterstattung zu berücksichtigen. Auch gegenüber den Mitteilungen der Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr müssen Journalistinnen und Journalisten die Maßstäbe von Sorgfalt und Recherche anlegen, wie sie im Pressekodex vorgeschrieben sind. Auf keinen Fall dürfen Polizeimeldungen ohne Urheberhinweis veröffentlicht werden. „Copy and paste verträgt sich nicht mit kritischem und sorgfältigem Journalismus“, mahnt DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster an. Bei ihren Einsätzen sei die Polizei Partei und nicht unabhängige Beobachterin. Das müsse sich in der Berichterstattung wiederfinden. Der DJV-Vorsitzende reagiert damit auf einen umfangreichen Bericht in der taz, der die mangelnde Distanz zwischen den Einsatzkräften und manchen Redaktionen beschreibt. Beuster: „Wer sich als Journalist nur auf die Polizei verlässt, ist verlassen.“ Es sei beispielsweise unwahrscheinlich, dass sich in einem Polizeibericht Informationen über Fälle von Polizeigewalt fänden. „Das müssen wir schon recherchieren.“
Der Pressekodex schreibt vor: „Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.““ DJV-Pressemitteilung vom 02.10.2024 als Erwiderung auf diesen Artikel hier: - Umgang mit der Polizei in Medien: Dein Freund und Melder
„Viele Medien übernehmen häufig unkritisch Polizeimeldungen. Weil die Polizei aber kein neutraler Akteur ist, muss ein neuer Umgang her.
Der deutschsprachige Journalismus hat ein Polizeiproblem. Kurz kann ich es so sagen: In zu vielen Redaktionen gilt die Polizei als „privilegierte Quelle“. Dieser, in der Kommunikationswissenschaft etablierte Begriff bedeutet: Angaben und Darstellungen, die von polizeilichen Pressestellen stammen, werden zu selten bis nie von Journalist*innen vor Veröffentlichung geprüft. Das sorgt dafür, dass sehr häufig – auf gut Deutsch – Stuss in der Zeitung steht und das wiederum ist eine große Gefahr für den Journalismus selbst – aber auch für die Demokratie. Es gibt viele Beispiele, die verdeutlichen, wie Redaktionen gegenüber der Polizei nicht als Korrektiv, sondern als Steigbügelhalter fungieren (…) Mit zeitlichem Abstand, polizeikritischem Aktivismus und Nachfragen einiger Redaktionen blieb von den Darstellungen der Polizeibehörden nur wenig übrig. Da hatte sich die blaue Opfererzählung längst in das kollektive Gedächtnis geschlichen.
Ein Forschungsprojekt der Goethe-Universität in Frankfurt am Main von 2023 konnte aufzeigen, dass im Schnitt weniger als 2 Prozent der Fälle von Polizeigewalt überhaupt vor einem Gericht landen. Betroffene erstatten oft keine Anzeige gegen Polizist*innen – wie auch, wenn sie dafür zur Polizei müssen. Es hängt aber auch damit zusammen, dass Gerichte besonders polizeifreundlich eingestellt sind. Medien hätten hier eine besondere Rolle, kritisch auf die Verflechtung von Justiz und Polizei zu schauen. Oft entscheiden sie sich aber dafür, die Pressemitteilungen von Staatsanwaltschaften bei Fällen von Polizeigewalt ungeprüft weitestgehend in Meldungen zu übernehmen. Solche medialen Missstände kommen regelmäßig vor (…)
Der CDU-Kandidat Kai Wegner nutzte die Stimmung nach der teilweise übertrieben dargestellten Gewalt in der Silvesternacht für seinen Wahlkampf. Er forderte die Veröffentlichung von Listen mit Vornamen der Verdächtigen und fuhr damit einen Law-and-Order-Wahlsieg bei den Berliner Wiederholungswahlen zum Abgeordnetenhaus im Februar 2023 ein. Dieses Wahlergebnis ist teilweise auf die unkritische Berichterstattung zurückzuführen: ein großer Schaden für die Demokratie. Die Fragen sind erlaubt: Wie viel Vorsatz steckt hinter so einer polizeilichen Kommunikationsstrategie? Und wo endet unangebrachte journalistische Naivität, wo fängt Komplizenschaft an? (…)
Im Fernsehen ist die Polizeihörigkeit einiger Redaktionen besonders sichtbar: Vor allem Boulevard-Formate lieben es, ausschließlich die Polizei oder – noch schlimmer – Polizeigewerkschafter zu aktuellen Fällen oder allgemeinen Phänomenen zu befragen. Ob etwas wirklich so ist, wie die Polizei es darstellt, wird zu oft nicht hinterfragt. Ich saß selbst in Talkshows, in denen Vertreter*innen der Polizei Stuss erzählen konnten. Dabei geht es nicht darum, dass mir ihre Haltung nicht gefällt, hier geht es um Fakten, Statistiken und Zusammenhänge, die bewusst falsch dargestellt werden. Diese False Balance leitet das Publikum auf falsche Fährten. Mit Blick auf die Voreingenommenheit vieler polizeilicher Vertreter*innen erscheint ihre Behandlung als „privilegierte Quelle“ grob fahrlässig. (…)
leider pflegen einige Medienschaffende zu wenig Distanz zur Polizei: Sie schreiben Bücher, die sie mit Polizeizitaten einführen, sie drehen Dokus, in denen Beamt*innen glorifiziert werden, manchmal sogar das Skript mitbestimmen. Als ich noch fest angestellt war und polizeikritische Recherchen vorschlug, fragte mich ein Vorgesetzter, was ich eigentlich gegen die Polizei habe. Er verstand nicht, dass es zur Kernaufgabe von Journalist*innen gehört, den Staat und seine Institutionen kritisch zu betrachten. Ein anderer Kollege stach eine Recherche vor Veröffentlichung der Polizei durch: Eigentlich ist es untertrieben, in diesem Fall nur von mangelnder Distanz zu sprechen. Die Lösung für dieses mediale Polizeiproblem ist schlicht: Journalismus muss sich an journalistische Standards halten, egal wie groß der (Zeit-)Druck sein mag. Die Polizei kann bei der Berichterstattung nur eine von vielen Quellen sein und gleichzeitig ist sie besonders: Informationen, die von Polizeibehörden oder Innenministerien herausgegeben werden, sollten von machtkritischem und unabhängigem Journalismus akribisch unter die Lupe genommen werden. Immer mit der Prämisse: Da könnte etwas nicht stimmen. Motto: Ich zweifle, also bin ich Journalist*in…“ Artikel von Mohamed Amjahid vom 27.9.2024 in der taz online - “Anti-AfD-Proteste: Zwei schwer verletzte Polizisten”… Ein kurzer Brief an die deutsche Presse
„Liebe deutsche Presse
ich habe einige Fragen zur *journalistischen Sorgfalt* in Eurer Berichterstattung zu den anti-AfD-Protesten in Essen. Vorweg: auf einer menschlichen Ebene wünsche ich allen nicht-Nazis, die gestern in Essen verletzt wurden, gute Besserung. Jetzt zum Politischen: fast alle von Euch haben gestern Abend berichtet, es hätte 28 verletzte Cops gegeben, 2 davon schwer (z.B. hier , hier , hier , und hier ).
Erste Frage: wie viele und welche Quellen hattet Ihr dafür? Soweit ich das einsehen kann, gehen alle diese Berichte auf *eine* Quelle zurück: eine Pressemitteilung der Essener Polizei. Dass eine Meldung über einen Vorfall, in dem die Polizei ein Teil der Auseinandersetzung ist, *objektiv* nicht als die „privilegierte Quelle“ gelten kann, als die sie (fälschlicherweise) gesehen wird, sollte offensichtlich sein (…)
Die Polizei Dein Freund und Lügner
Liebe Journalist*innen, Ihr müsst jetzt ganz stark sein, aber: auch die deutsche Polizei lügt Euch immer wieder an. Tatsächlich sind die Cops ein so verlogener Berufsstand, dass es eine eigens gegen die Lügen der Polizei entwickelte und eingesetzte Technologie gibt, die body cam. Das nur nebenbei. (…) Dass die Polizei in so einer Situation ein “combatant” und keine objektive Quelle ist, wird nach jedem “eskalierten” Protestevent jedes Mal wieder genau so belegt; und Ihr, liebe Journis, zitiert diese Quellen jedes Mal so, als wären sie direkt von Moses in die Steintafeln reingehämmert worden. Ich schätze Euren Berufsstand, aber, liebe Kolleg*innen: what gives? Was macht Ihr hier?…“ Kommentar von Tadzio Müller vom 30.6.2024 auf seinem Blog, siehe auch:- AfD-Parteitag: Fünf Verletzte in Kliniken – „das ist nichts“
„… Während die Polizei am Sonntagabend von 27 leicht verletzten Beamtinnen und Beamten sowie einem schwer verletzten Polizisten berichtet hatte, sprach die Gewerkschaft der Polizei (GdP) von 34 Verletzten in den Reihen der Einsatzkräfte. Für die Differenz gibt es eine Erklärung: Die niedrigere Zahl erfasst die Kräfte, die bei gewalttätigen Auseinandersetzungen mehr oder minder schwere Blessuren erlitten haben. Die restlichen sieben verletzten sich am Rande des Geschehens, knickten bei der Essensausgabe um oder wurden von einer Biene gestochen, um zwei denkbare Beispiele zu nennen…“ Artikel von Jörg Maibaum vom 30.06.2024 in der WAZ online - Siehe für die Proteste gegen den AfD-Parteitag unser Dossier: Proteste gegen die AfD nach der Correctiv-Recherche über rechte Deportationspläne: Ist Antifaschismus wieder „in“ oder wird er zum Feigenblatt der übrigen Parteien?
- AfD-Parteitag: Fünf Verletzte in Kliniken – „das ist nichts“
- Unangemessener Vertrauensvorschuss: Polizisten reagieren auf Anzeigen standardmäßig mit Gegenanzeigen. Staatsanwaltschaften und Gerichte sollten aufhören, das zu akzeptieren.
„Zum Glück gibt es das Smartphone. Ohne den Videobeweis wären die Polizisten mit ihrer abgesprochenen Version des Geschehens am Hamburger Jungfernstieg durchgekommen und der angeklagte Feuerwehrmann müsste mit einer empfindlichen Strafe rechnen – womöglich mit Folgen für seinen Beamtenstatus. So ist es nun genau andersherum. Das Grundübel besteht darin, dass viele Staatsanwaltschaften und auch Gerichte Polizisten einen unangemessenen Vertrauensvorschuss einräumen. Das ist umso unverständlicher, als es gängige Praxis der Polizei ist, auf Strafanzeigen mit Gegenanzeigen oder – wie im vorliegenden Fall – mit einer präventiven Anzeige zu reagieren. Warum Staatsanwaltschaften und Gerichte, denen das ja immer wieder unterkommt, das akzeptieren, erschließt sich nicht. Sei es Naivität, sei es eine Art Korpsgeist – so oder so untergräbt diese Blindheit das Vertrauen in den Rechtsstaat. Das Gleiche gilt für den Korpsgeist innerhalb der Polizei, wo einer den anderen deckt und dafür notfalls auch lügt. Nun handeln Polizisten zwar oft unter hohem psychischen und physischem Druck, der bei der Bewertung ihres Handelns berücksichtigt werden muss. Die Situation auf dem Jungfernstieg war allerdings ausgesprochen harmlos. Hier standen der Polizei keine vermummten Autonomen mit Pflastersteinen gegenüber und auch keine schwer einzuschätzenden psychisch Kranken mit dem Messer in der Hand. Wie das Video zeigt, hat ein Polizist offenbar die Nerven verloren, weil er den Widerspruch eines Bürgers nicht aushalten konnte. Solch einen Menschen in Ausübung des Gewaltmonopols auf die Bürger loszulassen, verbietet sich. Dass seine Kollegen das decken, ist hochproblematisch. Dass sie dafür lügen, erst recht. Noch tut die Polizei so, als zeuge jede Forderung nach unabhängiger Kontrolle ihrer Praxis von lästerlichem Misstrauen. Jeder neue Videobeweis zeigt, wie falsch sie damit liegt.“ Kommentar von Gernot Knödler vom 2. Dezember 2022 in der taz online - [Erneut aus aktuellen Anlässen] Fragwürdige Pressearbeit: Die Polizei ist keine privilegierte Quelle
„Zu viele Journalist:innen übernehmen unkritisch, was die Polizei sagt, schreibt und twittert. Dabei ist nach unzähligen Vorfällen klar: Die Polizei ist nicht neutral, sondern ein eigenständiger Akteur in der öffentlichen Meinungsbildung. Es wird Zeit, sie auch so zu behandeln.
Die Polizei gilt, wie Behörden und Nachrichtenagenturen, vielen Journalist:innen als „privilegierte Quelle“. Gemeint ist, dass man dieser Quelle vertrauen kann, weil sie nüchtern, sachlich und wahrheitsgemäß berichtet. Und weil man vertraut, übernimmt man mit weniger Prüfung, was diese Quelle sagt. Das Konzept der privilegierten Quelle ist an sich schon fragwürdig. Schließlich können auch Nachrichtenagenturen oder Behörden Fehler unterlaufen. Noch fragwürdiger ist das Konzept im Fall der Polizei. Häufig sehen wir, dass die Polizei nicht sachlich kommuniziert, sondern selbst zum Akteur der öffentlichen Meinungsbildung wird. Aber trotz zahlreicher Vorfälle von Desinformation in den letzten Jahren schreiben immer noch viele Journalist:innen treu-doof ab, was die Polizei auf Twitter, in Pressemitteilungen oder über ihre Sprecher:innen verbreitet. Dabei ist nicht erst seit dem vergangenen Wochenende Vorsicht angesagt. (…)
Bei fragwürdiger Pressearbeit muss es übrigens nicht immer um Proteste gehen: Jüngst stellte das Bundeskriminalamt den Anstieg von Straftaten im Zusammenhang mit Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder in einer Pressemitteilung irreführend dar. Die dpa, als Nachrichtenagentur selbst eine „privilegierte Quelle“, übernahm die Polizeimeldung ungeprüft und musste später korrigieren.
Die Fälle zeigen: Wer es mit dem Journalismus ernst meint, muss polizeiliche Verlautbarungen überprüfen und darf diese nicht einfach übernehmen. Man muss nachfragen und nachhaken, eine zweite Meinung oder unabhängige Zahlen einholen, sich durch soziale Medien wühlen, andere zu Wort kommen lassen. Schlicht gesagt: die Plausibilität der polizeilichen Aussagen prüfen.
Polizeien werden von verschiedenen Interessen geleitet: Einerseits wollen sie in der Öffentlichkeit gut aussehen, letztlich geliebt und respektiert werden. Da machen sich Bilder von kontroversem polizeilichem Verhalten, von Fehlern und Polizeigewalt immer schlecht. Dazu kommt eine ausgeprägte Abwesenheit von Fehlerkultur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Korpsgeist. Gefördert wird dies durch eine obrigkeitsstaatliche Verherrlichung des Polizeiapparates quer über die Parteien hinweg.
Die Glaubwürdigkeit polizeilicher Kommunikation leidet vor allem in Fällen wie in Dortmund (…) Andere Interessen der Polizei können eher systemischer Art sein, zum Beispiel das Bedürfnis nach mehr Budget, mehr Personal oder mehr Befugnissen. Diese Wünsche, die in Deutschland lautstark von mehreren Polizeigewerkschaften artikuliert werden, können sich auch in offizielle Pressemitteilungen in eher indirekter Form einschleichen – beispielsweise über eine irreführende Darstellung von Kriminalitätssteigerungen. (…) Weil die Polizei diese Regeln immer wieder verletzt, muss die Presse sie endlich wie eine ganz normale Quelle behandeln.“ Kommentar von Markus Reuter vom 16.08.2022 bei Netzpolitik mit vielen Beispielen, nicht nur zu Aktionstage 9.-15. August 2022 in Hamburg: „System Change Camp & Ende Gelände 2022“ – Das System ist die Krise! Raus aus dem fossilen Amoklauf!, worauf sich auch dieser Kommentar bezieht:- Polizeiberichte: Woher der Wind weht
„Die Polizei ist keine unabhängige Informationsstelle, deren Meldungen Journalisten ungeprüft übernehmen können. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, sieht in der Praxis oft anders aus.
Bei Protesten von Klimaaktivisten kam es am vergangenen Wochenende in Hamburg zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Auseinandersetzungen wurden so heftig, dass Pfefferspray zum Einsatz kam. Auf Twitter meldete die Hamburger Polizei: „Nachdem die Kräfte auch mit Pfefferspray angegriffen und ca. 15 Polizeibeamte leicht verletzt wurden, wurde die Versammlung aufgelöst.“ Damit war klar: Die Demonstranten griffen zum Pfefferspray. Die Bild-Zeitung machte daraus eine knallige Überschrift. Und auch wer sich nicht auf BILD verlässt, musste zu dem Schluss kommen: Die Klimaaktivisten sind nicht so friedlich, wie sie immer tun. Doch es war ganz anders: Ein Reporter von Spiegel Online schilderte, dass das Pfefferspray von der Polizei eingesetzt wurde und nicht von den Klimaaktivisten. Weil der Wind ungünstig stand, traf der Reizstoff vornehmlich die Polizisten.
Die Episode zeigt deutlich, dass Meldungen, Berichte und Postings der Polizei keine unabhängigen Informationen sind. Die Sicherheitskräfte sind nie unparteiische Beobachter, sondern spielen bei Demonstrationen oder anderen Ereignissen eine Rolle. Weder BILD noch andere Medien dürfen deshalb auf die Informationen der Polizei vertrauen, sondern haben die journalistische Pflicht zur Recherche. Das sagt auch der Pressekodex: „Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Warum nur wusste das in Hamburg außer dem Spiegel-Reporter niemand?“ Kommentar von Hendrik Zörner am 17.08.2022 im DJV Blog
- Polizeiberichte: Woher der Wind weht
- dju-Broschüre: Journalismus und Polizeiarbeit. Ein Überblick über das Verhältnis …
„Das Verhältnis von Journalist*innen und Polizist*innen ist trotz der Verpflichtung zur Wahrung der Pressefreiheit nicht immer spannungsfrei. Wenn Medien kritisch recherchieren, Auskünfte verlangen oder von Versammlungen berichten, kann es zu Eingriffen in die Pressefreiheit kommen: Das Anfertigen von Aufnahmen wird untersagt, Bildmaterial soll mit den Beamt*innen durchgesehen und sogar gelöscht werden oder Journalist*innen sollen sich vom Ort des Geschehens entfernen. Im Ernstfall muss die Pressefreiheit praktisch durchgesetzt werden – und dann ist klar im Vorteil, wer seine Rechte kennt. Eine neue Broschüre der dju in ver.di gibt einen Überblick über das Verhältnis von journalistischer Tätigkeit und Polizeiarbeit. Welche Rechte haben Journalist*innen gegenüber Polizeibeamt*innen? Darf die Polizei einen Platzverweis aussprechen? Welche Aussagekraft hat ein Presseausweis? Was ist zu beachten, wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird? Diese und viele weitere Fragen sollen auf den folgenden Seiten beantwortet werden.“ Mitteilung vom 25.01.2020 bei verdi und die Broschüre