Mannheim im Mai 2022: Ante P. stirbt nach Fixierung durch Polizei – bundesweite Proteste

Dossier

Stoppt Polizeigewalt„… Wie das baden-württembergische Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft in Stuttgart und Mannheim mitteilten externer Link, wurde die Polizei am Montag von einem Arzt über einen Patienten informiert, der Hilfe brauche. (…) Da der Mann Widerstand geleistet habe, sei »unmittelbarer Zwang angewandt« worden. (…) Die Einsatzkräfte und der anwesende Arzt hätten »umgehende Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet«. Der Mann wurde demnach in die Mannheimer Universitätsklinik gebracht, wo er schließlich starb. (…) Auf Twitter kursiert ein Video von einem Teil des Einsatzes, bevor der Mann kollabiert ist. Dort ist ein Mann zu sehen, der bäuchlings auf dem Boden liegt. Über ihm knien zwei Polizisten, sie haben die Arme des Mannes auf dem Rücken verschränkt, offenbar um ihm Handschellen anzulegen. Der Mann windet sich und schreit. Als er mit dem Oberkörper nach oben kommt, schlägt ihm einer der Beamten mit der Faust zweimal gegen den Kopf…“ Meldung vom 2. Mai 2022 beim Spiegel online externer Link – siehe dazu (und den Protesten):

  • Soligruppe »Initiative 2. Mai« soll zu tödlicher Polizeigewalt in Mannheim schweigen: Bitte um Spenden nach Unterlassungsklage eines der beteiligten Polizisten New
    • Mannheim: Polizist droht Soligruppe. Initiative soll zu tödlicher Polizeigewalt schweigen
      „»Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter« steht derzeit auf der Webseite der »Initiative 2. Mai«. Die Soligruppe hatte sich anlässlich des tödlichen Polizeieinsatzes vom 2. Mai 2022 in Mannheim gegründet. Dabei starb der unter paranoider Schizophrenie leidende 47-jährige Ante P., nachdem ihn zwei Beamte am Marktplatz der Stadt zunächst mit Pfefferspray angegriffen und zu Boden gebracht hatten. Dort versetzte ihm einer der Polizisten vier Schläge gegen den Kopf und fixierte ihn mit dem Knie. Die Hände des Opfers waren dabei auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt. Nach sechs Minuten in dieser bewegungslosen Bauchlage erstickte Ante P. oder starb an Herzversagen. Reanimationsmaßnahmen unterließen die Polizisten. Seit ihrem Bestehen fordert die »Initiative 2. Mai« zusammen mit der Familie eine Verfolgung der Täter in Uniform. Weil sich tödliche Polizeieinsätze in Mannheim anschließend häuften, nahm die Soligruppe auch diese in den Blick (…)
      Zumindest mit der Kritik am tödlichen Einsatz vom 2. Mai 2022 soll nun Schluss sein: Benjamin Z., einer der beteiligten Beamten, droht der Initiative über seine Anwälte mit einer Unterlassungsklage. Ob der Aufforderung des 26-jährigen Polizeihauptmeisters nachgekommen wird, bleibt offen. »Das Einfordern von Gerechtigkeit für Ante P. und Ertekin Ö. und unsere Kritik an der Aufarbeitung der beiden Todesfälle, stellen für uns keine Straftat dar«, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite. Hintergrund der Drohung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), der kürzlich das Urteil des Mannheimer Landgerichts gegen den Polizisten Z. bestätigt hat. Dieser war bereits in erster Instanz vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen freigesprochen worden. Die Revision beim BGH legte anschließend die Nebenklage ein.
      Die Entscheidung des BGH über ein Revisionsverfahren nach der Verurteilung des zweiten Beamten Leon J. zu einer Geldstrafe steht noch aus. Der prügelnde 28-jährige Polizeioberkommissar war wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge angeklagt. Diesen Vorwurf verwarf das Landgericht jedoch und befand das Verhalten der Polizisten als weitgehend gerechtfertigt. Ante P. habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dargestellt, so die Begründung. Lediglich die Körperverletzung durch den Beamten J. wertete das Landgericht als unangemessen und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 6000 Euro.
      Die letzte Entscheidung des BGH wird im Herbst erwartet. Nach den Urteilen werden die Disziplinarverfahren gegen die beiden Beamten fortgesetzt, erklärte das Polizeipräsidium Mannheim
      .“ Artikel von Matthias Monroy vom 12.08.2024 in ND online externer Link
    • Repressionsversuch
      Wir wurden Opfer von angedrohten Unterlassungsklagen durch die Anwält*innen zweier Polizisten. Das Einforderern von Gerechtigkeit für Ante P. und Ertekin Özkan und unsere Kritik an der Aufarbeitung der beiden Todesfälle, stellen für uns keine Straftat dar.
      Laut der Menschenrechtskommission des Europarats setzen immer öfter unethisch handelnde Akteur*innen juristische Mittel missbräuchlich zur Abschreckung der kritischen Öffentlichkeit ein.
      Unterstützt uns mit einer Spende, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf politische Partizipation anwaltlich einzufordern.
      Lückenlos e.V.
      DE 19 4306 0967 4108 5899 00
      Verwendungszweck: „Spende Initiative 2. Mai
      ““ Aufruf auf der Startseite der Initiative 2. Mai externer Link den wir vom Herzen unterstützen! Siehe auch:
    • BGH bestätigt Freispruch nach tödlichem Polizeieinsatz auf Mannheimer Marktplatz
      Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nach einem tödlichen Polizeieinsatz am Mannheimer Marktplatz 2022 das Urteil des Mannheimer Landgerichts gegen einen der beteiligten Beamten bestätigt. Im Mai 2022 war ein Psychiatrie-Patient des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) bei einem Polizeieinsatz auf dem Mannheimer Marktplatz ums Leben gekommen. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch des Mannheimer Landgerichts gegen einen der beteiligten Beamten wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen bestätigt. Über die Revision der Nebenklage in Bezug auf den zweiten beteiligten Polizisten hat der BGH noch nicht entschieden. Das Landgericht Mannheim hatte ihn zu einer Geldstrafe verurteilt…“ Meldung vom 07.08.2024 bei tagesschau.de externer Link – aber auch:
    • Baden-Württemberg: Polizisten und ihre Familien erhalten mehr Entschädigungen
      Wenn Polizisten im Dienst sterben, erhalten Hinterbliebene eine Rente und eine einmalige Entschädigung. Die Landesregierung will die Summen erhöhen. Sie lagen aber auch unter dem Bundesdurchschnitt…“ dpa-Meldung vom 1. August 2024 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Gewerkschaft der Polizei Mannheim zeigt Interventionistische Linke Rhein-Neckar an: Forderung nach Gerechtigkeit für fünf Polizeitote soll Beleidigung gewesen sein
    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim will Strafanzeige gegen die Interventionistische Linke (IL) Rhein-Neckar erstatten. Das bestätigte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft in Baden-Württemberg Thomas Mohr auf Nachfrage des »nd«. Die Aktivisten hätten »immer wieder unsere Einsatzkräfte beleidigt, beschimpft und verunglimpft«, heißt es zur Begründung. Wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede sollen sie sich nun strafrechtlich verantworten, so die GdP.
    Hintergrund ist ein Protest der regionalen IL-Gruppe vor einem Informationsstand der Gewerkschaft auf dem Gelände des Mannheimer Maimarktes am 27. April. Am selben Tag war in der Stadt ein mutmaßlicher Einbrecher bei einem Polizeieinsatz von einem Baugerüst gestürzt und tödlich verunglückt. Es war der fünfte Polizeitote innerhalb von zwei Jahren: Am 2. Mai 2022 hatten Beamte den psychiatriebetroffenen Ante P. auf dem Marktplatz erstickt, nur eine Woche später starb ein Mann bei einem Polizeieinsatz nach einem Beinschuss – der allerdings nicht todesursächlich gewesen sein soll. (…)
    Gegen diese Vorfälle hatten die Aktivisten mit einem Transparent mit der Aufschrift »Mannheimer Polizei tötet – Blut an euren Händen – Gerechtigkeit für Ante und Ertekin« protestiert und Aufklärung gefordert. »Wovon soll man sprechen, wenn Menschen durch Polizeikugeln sterben, als davon, dass sie getötet werden?«, schrieb die IL anschließend auf Instagram. Es habe sich bei dem Protest um faktenbasierte Meinungsäußerungen gehandelt, sagt auch Jan Philipp Krauß von der »Initiative 2. Mai« auf Anfrage des »nd«. Die Gruppe hatte sich nach dem Tod des ersten Opfers in der Serie tödlicher Polizeigewalt gegründet. »Die Kriminalisierung zeigt deutlich die Aggressivität und Rechtsstaatsfeindlichkeit der Mannheimer Polizeigewerkschaft«, erklärt Krauß. Die bloße Bezeichnung der Institution Polizei als gewalttätig gilt vor Gericht in der Regel nicht als Beleidigung, wenn nicht einzelne Beamte adressiert werden. Einen solchen Vorwurf hat auch der GdP-Landesvorsitzende Mohr bislang nicht erhoben. Die Anzeige könnte deshalb ins Leere laufen
    …“ Artikel von Matthias Monroy vom 07.05.2024 in ND online externer Link („Mannheim: Polizeigewerkschafter will Linke anzeigen. Forderung nach Gerechtigkeit für fünf Polizeitote soll Beleidigung gewesen sein“)
  • Betterplace stoppt Kampagne der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den Täter aus Mannheim – bitte für die Revision des Urteils spenden
    Betterplace stoppt Kampagne für Täter aus Mannheim, Angehörige des Opfers dürfen dort weiter sammeln (…) Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wollte darüber Geld für einen Polizisten sammeln, der zusammen mit einem Kollegen in Mannheim wegen des Todes von Ante P. vor Gericht stand. (…) Der freigesprochene Polizist war Mitglied der GdP, seine Prozesskosten werden aber ohnehin von der Staatskasse übernommen. Der verurteilte Beamte war jedoch kein Gewerkschaftsmitglied, nach eigenen Angaben hat der GdP-Landesvorsitzende Thomas Mohr daher die Spendenkampagne gestartet. Damit soll das in Rede stehende Gutachten und die Verfahrenskosten finanziert werden, sagt Mohr zu »nd«. Diese lägen weit über 10 000 Euro. Nach bisherigem Stand müsse der Verurteilte auch die Kosten der beiden Nebenklägeranwälte tragen, dies wolle die GdP nun auffangen helfen.
    »Auf betterplace.me sind ausschließlich Kampagnen zulässig, die einen unmittelbar sozialen Zweck verfolgen«, erklärt jedoch eine Sprecherin auf Nachfrage des »nd«. Die Folgekosten einer strafrechtlichen Verurteilung nicht tragen zu wollen, sei nach den Richtlinien der Plattform »grundsätzlich nicht als sozial anzusehen«. Daher sei die Kampagne endgültig beendet worden. Nun verfolgt die GdP das Ziel mit einer eigenen Webseite weiter. Bislang sind dort über 5000 Euro eingegangen.
    Als Nebenkläger haben die Angehörigen von Ante P. die Revision des Urteils beantragt. Die »Initiative 2. Mai« bittet deshalb ebenfalls um Spenden für die erwarteten Prozesskosten und hat dafür eine Betterplace-Kampagne externer Link gestartet – damit die Welt zu einem besseren Ort und tödliche Polizeigewalt gesühnt wird…“ Artikel von Matthias Monroy vom 18.03.2024 in ND online externer Link („Keine Spenden für tödliche Polizeigewalt“)
  • 120 Tagessätze für das Ersticken von Ante P. in Mannheim durch den Polizisten L.J.: „Die Verteidigung hätte das Urteil auch gleich diktieren können“
    • Katastrophales Urteil in Mannheim – unverhohlener Ableismus und institutionelle Nähe von Strafjustiz und Polizei
      „Am heutigen Vormittag ging am Landgericht Mannheim der Strafprozess gegen zwei Polizisten zu Ende, deren Einsatz am 2. Mai 2022 zum Tod des 47-jährigen Mannheimers Ante P. geführt hatte. Der Hauptangeklagte Polizist L.J. war angeklagt gewesen, Körperverletzung im Amt mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung im Amt begangen zu haben. Er wurde nun allerdings nur für vier Faustschläge gegen den am Boden liegenden Ante P. der Körperverletzung im Amt für schuldig befunden. Er soll eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 50 Euro zahlen. Sein Kollege B.Z., dem fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen worden war, weil er seinen Kollegen nicht zurückgehalten und den sich nicht mehr bewegenden Ante P. knapp sechs Minuten gefesselt in Bauchlage hatte liegen lassen, wurde freigesprochen. Laut Gericht habe nicht zweifelsfrei bewiesen werden können, dass die als rechtswidrig erkannten Faustschläge auch einen Anteil am Tod von Ante P. gehabt hätten. Vielmehr sei auch ein plötzlicher Herzstillstand möglich gewesen, was den beiden Polizisten nicht zugerechnet werden könne. Demnach hätte auch ein Drehen in die stabile Seitenlage Ante P. nicht zweifelsfrei gerettet, daher könne man keine fahrlässige Tötung durch Unterlassen annehmen. Unsere Prozessbeobachterin Michèle Winkler erklärte dazu: „Rund 70 Zeug*innen hatten am 2. Mai 2022 mit ansehen müssen, wie Ante P. minutenlang unbeweglich auf dem Bauch lag und ihm niemand zu Hilfe kam. So zeigten es auch die Videoaufnahmen, die im Gerichtssaal vorgeführt wurden. Auch Hinweise aus der Menschenmenge, dass Ante P. nicht mehr atme, hatte die neben ihm knienden Polizisten laut Zeugenaussagen nicht zum Handeln bewegt. Dieses Nichthandeln soll nun strafrechtlich nicht beanstandbar sein, weil A.P. möglicherweise trotz Hilfeleistung verstorben wäre. Das ist mehr als zynisch. Dass diese Argumentation auch für zivile Angeklagte zu einem Freispruch geführt hätten, darf getrost bezweifelt werden. Ein gegenteiliges Urteil des BGH, das beide Nebenklagevertreter angeführt hatten, ließ das Gericht unkommentiert.“ (…) Und weiter: „Zwischen die Aussagen der angeklagten Polizisten,ihrer Verteidigung und dem Urteil des Gerichts, passt kein Blatt Papier. Dies zeigt eine enge institutionelle Verquickung von Strafjustiz und Polizei auf. Die Verteidigung hätte das Urteil auch gleich diktieren können.“ (…) Dagmar Kohler, frühere Arbeitskollegin Ante P.s und Mitglied der Initiative 2. Mai Mannheim fasste ihre Bewertung des Prozesses folgendermaßen zusammen: „Im Prozess ging es ständig um Polizeirechte, aber nicht um Menschenrechte. Der einzige menschliche Moment im Prozessverlauf war, als die Mutter von Ante das Wort ergriffen hat.“ Pressemitteilung des Grundrechtekomitees vom 1. März 2024 externer Link
    • Polizeiprozeß in Mannheim: Wieder keine Gerechtigkeit
      „… Wieder gibt es keine Gerechtigkeit für ein Opfer tödlicher Polizeigewalt. Mit dem heutigen Urteil zum Ersticken von Ante P. in Mannheim geht immerhin ein Angeklagter nicht straffrei aus. Jedoch bleibt die verhängte Strafe mit 120 Tagessätzen deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine sechsmonatige Gefängnisstrafe auf Bewährung wollte. Die Täter kommen also größtenteils ungeschoren davon – gut, dass die Nebenklage vermutlich in Revision geht. Das Urteil tritt den letzten Willen von Ante P. mit Füßen. Die letzten überlieferten Worte des unter einem Polizeiknie auf dem Marktplatz Sterbenden waren »Ich will einen Richter!«. Den hat das Opfer zwar bekommen; der mit dem verzweifelten Ausruf ausgedrückte Wunsch nach Ahndung des Verbrechens wurde jedoch nicht erfüllt. Auch die Angehörigen dürften das Urteil als Schlag ins Gesicht empfinden: Sie hatten als Nebenkläger ein so hohes Strafmaß gefordert, dass die Beamten wenigstens aus dem Polizeidienst entlassen werden müssten. Polizeigewalt trifft vor allem rassifizierte Menschen, Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation sowie Armutsbetroffene. All dies traf auf Ante P. zu, deshalb steht sein Tod symbolhaft für das deutsche Polizeiproblem. Das milde Urteil und der eilige Prozess stehen aber auch für ein ein ebenso großes Justizproblem: Kaum ein Fall von tödlicher Staatsgewalt landet überhaupt vor Gericht, noch seltener gibt es ein Urteil. Alle Augen müssen sich deshalb nach Dortmund richten. Dort verhandelt das Landgericht gegen fünf Polizisten, die den jugendlichen Geflüchteten Mouhamed Dramé mit einer Maschinenpistole regelrecht hingerichtet haben. Auch diese Täter sollen nicht davonkommen.“ Kommentar von Matthias Monroy vom 1. März 2024 bei Neues Deutschland online externer Link
    • Wir erinnern an die Spendensammlung für Prozessbeobachtung/-kosten für Ante P. externer Link
  • Tödliche Polizeigewalt: Der vermeidbare Tod des Ante P. In Mannheim beginnt der Prozess gegen zwei Polizeibeamte. Sie sollen den psychisch kranken Ante P. getötet haben – kein Einzelfall
    „Kurz bevor er starb, rief Ante P. verzweifelt diesen Satz aus: „Ich will einen Richter!“ Was ihm im Leben nicht mehr vergönnt war, wird gut anderthalb Jahre nach seinem Tod Wirklichkeit. Vom heutigen Freitag an befasst sich die große Strafkammer am Landgericht Mannheim mit den Umständen, unter denen der 47-jährige Mann am 2. Mai 2022 gegen 12.15 Uhr zu Tode kam. Zwei Polizisten, die zur Tatzeit beide 25 Jahre alt waren, müssen sich vor dem Gericht verantworten. Es geht, juristisch gesprochen, bei dem mutmaßlichen Haupttäter um den Vorwurf der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge, verbunden mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, und bei seinem Kollegen um fahrlässige Tötung durch Unterlassen. Politisch brisante Fragen schwingen mit, die weit über diesen Fall hinausreichen: Ist die Polizei in Deutschland in der Lage, angemessen mit Menschen umzugehen, die psychisch krank sind oder sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden? Und: Wie kann verhindert werden, dass in solchen Fällen immer wieder Menschen zu Tode kommen? Allein in Mannheim sind in den vergangenen beiden Jahren drei derartige Fälle bekannt geworden. (…) Die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke) findet die Häufung von „zweifelhaften Polizeieinsätzen in Mannheim alarmierend“. Jeder Fall müsse lückenlos aufgeklärt werden. „Diese unsäglichen Vorfälle werfen die Frage auf, ob die Polizei in der Lage ist, in solchen Situationen angemessen zu reagieren“, sagt Akbulut. „Doch nicht nur im Umgang mit psychisch kranken Menschen müssen die obligatorischen Schulungen ausgeweitet und nachgeschärft werden, auch im Umgang mit Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Queerfeindlichlichkeit besteht Nachholbedarf.“ Der Hauptbeschuldigte ist derzeit vom Dienst suspendiert, aber sein ebenfalls angeklagter Kollege arbeitet wieder bei der Polizei, wenngleich er in einem anderen Bereich eingesetzt wird. Für die trauernden Hinterbliebenen ist die Welt nicht mehr die gleiche. Ante P.s Schwester könne ihren Beruf als Sozialarbeiterin nicht mehr ausüben, weil sie dabei den Kontakt zur Polizei nicht vermeiden könne, berichtet Anwalt Sanli. Die Schwester ertrage es nicht, „dann auf Personen zu treffen wie diese beiden“. Artikel von Pitt v. Bebenburg vom 11. Januar 2024 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Tödlicher Polizeieinsatz am Marktplatz in Mannheim: Polizisten müssen vor Gericht – nur einer der beiden weiterhin vom Dienst suspendiert 
    Setzten zwei Polizeibeamte unverhältnismäßige Gewalt bei einer Festnahme eines psychisch Kranken am 2. Mai 2022 ein? Diese Frage muss das Mannheimer Landgericht ab dem 12. Januar klären. Bei einem Polizeieinsatz starb ein 47-jähriger Patient des Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit (ZI) in Folge seiner Festnahme. Laut einem Gutachten der Staatsanwaltschaft Mannheim erstickte der Mann aufgrund seiner Fixierung am Boden. Ein Polizeioberkommissar ist wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Seinem Kollege, ein Polizeihauptmeister, wird fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Das gab das Gericht am Donnerstagmorgen bekannt. (…) Dass ein Termin trotz längerer Vorbereitungszeit nun festgelegt wurde, begrüßt Weirauch gegenüber der RHEINPFALZ ausdrücklich. „Das Landgericht hat die Anklage ohne Änderung zugelassen. Das zeigt, wie gründlich Staatsanwaltschaft und Gericht in diesem heiklen Verfahren gearbeitet haben. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat hat sich bestätigt“, so Weirauch. Ähnliche Worte findet auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GDP) in Mannheim, Thomas Mohr. „Es zeigt, dass sich das Landgericht nicht durch den öffentlichen Druck beeinflussen hat lassen und vorschnell ein Verfahren eröffnet hat“, sagt Mohr. Die beiden Beamten hätten außerdem nun Gewissheit, wie es in der Sache um ihre Person weiter gehe. Zumal einer der beiden weiterhin noch vom Dienst suspendiert sei, so Mohr.“ Artikel von Maximilian Hempel vom 13. Juli 2023 in rheinpfalz.de externer Link
  • Gutachten der Staatsanwaltschaft beweist: Bei Polizeieinsatz Kollabierter in Mannheim starb unnatürlichen Todes  „…. Die hatte das in Auftrag gegeben. Demnach liegt – nach vorläufiger Bewertung – ein „nicht natürlicher Tod infolge des Polizeieinsatzes“ Anfang Mai in der Mannheimer Innenstadt vor. Der 47-Jährige soll an einer „lage- und fixationsbedingten Atembehinderung“ und daraus folgender „Stoffwechselentgleisung“ sowie „Ersticken durch eine Blutung in die oberen Atemwege“ gestorben sein. Der Mann hatte laut Obduktion an einer Herzinsuffizienz gelitten. (…) Der 47-jährige Mann war bei einer Polizeikontrolle zusammengebrochen. Die Einsatzkräfte und ein Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim kümmerten sich vor Ort am Mannheimer Markplatz um den Patienten. Sie hatten zuvor nach ihm gesucht. Der Mann starb später im Krankenhaus. In sozialen Medien kursierten danach Videos, die zeigten, wie ein Beamter gegen den Mann vorging, woraufhin dieser kollabierte. (…) Die Staatsanwaltschaft Mannheim werte die Ergebnisse der Ermittlungen des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg, die Beweise und das Gutachten jetzt aus. Es werde geprüft, ob weiter ermittelt werden müsse. Wann die aufwendigen Ermittlungen abgeschlossen sein werden, lasse sich noch nicht absehen. Es gelte weiter die Unschuldsvermutung, so die Staatsanwaltschaft. (…) Im Fall eines anderen Polizeieinsatzes mit tödlichem Ausgang in Mannheim nur wenige Tage später hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen einen Polizisten am Dienstag eingestellt. Die Ermittler werteten dessen Verhalten als Notwehr. Der Beamte hatte einem Mann gezielt ins Bein geschossen. Dieser starb aber laut der Ermittlungen infolge eines hohen Blutverlusts durch Messerstiche, die er sich selbst zugefügt hatte.“ Meldung vom 14. September 2022 beim SWR externer Link („Mannheim: Bei Polizeieinsatz Kollabierter starb unnatürlichen Todes“)
  • [Gewantifa-Flyer] Mörderische Polizeigewalt in Mannheim im Mai 2022: „Wenn die Polizei dich umbringt, stirbst du nicht. Du kollabierst.“ 
    In den letzten Jahren ist immer deutlicher geworden: Opfer von rassistischer, immer wieder auch tödlicher, ja mörderischer Polizeigewalt sind in Deutschland „nichtweiße“ Menschen, Geflüchtete und überhaupt Menschen, die als „undeutsch“ angesehen werden. Doch auch Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen, die sich entsprechend ihrem Krankheitsbild verhalten, laufen offenbar schnell Gefahr, Opfer von brutaler, ja mörderischer Polizeigewalt zu werden. Das haben im Mai 2022 zwei Fälle tödlicher Polizeigewalt in Mannheim innerhalb weniger Tage wieder einmal deutlich gemacht. Im Flyer wird anhand von Beispielen auch deutlich: Nicht nur in Mannheim: Mörderische Polizeigewalt und Todesschüsse. – Und es kommen immer neue „Fälle“ dazu.  Wir halten es für wichtig, dass es inzwischen verschiedene Initiativen dagegen gibt. Gemeinsam die mörderische Polizeigewalt aufdecken und bekämpfen!…“ Flyer Nr. 66 der Gewantifa externer Link – Gewerkschafter*Innen und Antifa gemeinsam gegen Dummheit und Reaktion
  • Nach Beinschuss: Erneut ein Toter nach Polizeieinsatz in Mannheim
    Erneut hat es einen Toten nach einem Polizeieinsatz in Mannheim gegeben: Wie Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt am Dienstag mitteilten, starb ein zuvor schon verletzter 31-Jähriger nach einem Polizeischuss ins Bein. Vorausgegangen war ein Einsatz wegen häuslicher Gewalt. Bevor die Polizei eintraf, soll der 31-Jährige im Streit mit seiner Mutter gedroht haben, sich selbst zu töten und sich erhebliche Schnitt- und Stichverletzungen beigebracht haben. Laut LKA versuchten die herbeigerufenen Polizisten, den Mann mit Reizgas zu überwältigen. Als das nicht gelang, habe es eine „gezielte Schussabgabe in das Bein des 31-Jährigen“ gegeben. Kurz darauf starb der Mann, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben soll…“ Agenturmeldung vom 10. Mai 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link – siehe dazu:

    • In #Mannheim hat die Polizei heute schon wieder einen Menschen getötet. Diesmal haben sie einen 31-Jährigen erschossen. Noch gibt es neben der polizeilichen Pressemeldung und einem Bericht der Bildzeitung kaum Informationen. Meldet euch, wenn ihr Genaueres/Verlässlicheres wisst! Wieder soll sich die Person in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben, wieder soll die Polizei sie erstmal mit Pfefferspray überzogen haben, wieder hat die Person diese Konfrontation nicht überlebt. Wie immer: Das LKA Baden-Württemberg @LkaBaWue nennt die Erschießung verharmlosend einen „Todesfall in Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz“ und betont vor allem, dass der Mann vllt. kriminell und/oder ohnehin suizidal war. Spart euch den zynischen Hashtag #BereitfürSicherheit…“ Thread von Death In Custody DE vom 10.5.2022 externer Link
  • Tausende gehen in Mannheim und Berlin gegen Polizeigewalt auf die Straße
    „Fünf Tage nach dem Tod eines Mannes bei seiner Festnahme sind am Sonnabend in Mannheim rund tausend Demonstrantinnen und Demonstranten gegen Polizeigewalt auf die Straße gegangen. Gefordert wurde die lückenlose Aufklärung der Todesumstände des 47jährigen. Dieser war – wie auf Filmaufnahmen zu sehen ist und von Zeugen bestätigt wurde – von Polizisten durch die Straße gehetzt, mit Pfefferspray traktiert und schließlich bereits am Boden liegend und fixiert mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Der kroatischstämmige Mann kollabierte daraufhin und verstarb nach Polizeiangaben wenig später in einer Klinik. Zuvor war der psychisch kranke Mann aus dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit verschwunden. Sein behandelnder Arzt hatte deswegen die Polizei alarmiert, da der Mann möglicherweise Hilfe brauchte. Gegen die inzwischen vom Dienst suspendierten Beamten wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt. Die Bodycams der beiden Polizisten waren während des Einsatzes übrigens ausgeschaltet.Unter lautstarken Parolen wie »No Justice No Peace« zog die Demonstration unter roten und Antifafahnen hinter einem Banner mit der Aufschrift »Trauer – Wut – Widerstand. Wer schützt uns vor der Polizei« vom Mannheimer Marktplatz, wo der Kroate zu Tode gekommen war, durch die Innenstadt. (…) Eine Polizeiwache, das Stadthaus, das Landgericht, eine Bank und weitere Gebäude wurden von wütenden Demonstranten mit Beuteln roter Farbe beworfen. Auch Parolen gegen die Polizei wurden dort gesprüht. Diese war zwar mit mehreren Hundertschaften in den Nebenstraßen präsent, hielt sich während der Demonstration aber sichtlich zurück.Auch am Kottbusser Tor in Berlin gab es am Sonnabend unter dem Motto ‚Mannheim war kein Einzelfall‘ eine Kundgebung gegen Polizeigewalt. Hier im Herzen des als alternativ geltenden Stadtteils Kreuzberg will Innensenatorin Iris Spranger (SPD) auf einer den Platz überragenden Häuserbrücke eine Polizeiwache errichten lassen. Anwohner, Gewerbetreibende und Kiez­initiativen befürchten dann eine weitere Zunahme von rassistischen Kontrollen, Schikanen und Gewalt der Polizei gegen gesellschaftlich ausgegrenzte Menschen.Bereits am Freitag hatte das Amtsgericht Tiergarten in Berlin fünf Jahre nach einem rassistischen Überfall auf einen afghanischen Asylsuchenden den Polizisten Stefan K. und einen Mitangeklagte[n] zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 80 Euro verurteilt. Ein weiterer Mittäter erhielt eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die drei Männer hatten nach einem Fußballspiel des 1. FC Union Berlin im April 2017 den Asylsuchenden Jamil Amadi* am S-Bahn­hof Karlshorst zusammengeschlagen und schwer verletzt. Das Gericht bestätigte nun die rassistische Motivation des Angriffs. Der daran beteiligte Polizist K., der an diesem Abend nicht im Dienst gewesen war, hatte bis 2016 ausgerechnet einer Emittlergruppe zu einer faschistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln angehört. Trotz des laufenden Verfahrens gegen die Schläger hatte der damalige Innensenator Andreas Geisel (SPD) Amadi im März 2020 nach Afghanistan abschieben lassen. ‚Tief enttäuscht über die Milde des Urteils‘, zeigten sich die Kampagne für die Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), die Initiative ‚Reach Out‘, der Flüchtlingsrat Berlin und Pro Asyl in einer gemeinsamen Presseerklärung. ‚Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger muss jetzt den Fehler ihres Vorgängers korrigieren und durch eine Rückholung von Jamil Amadi ein klares Signal gegen Hasskriminalität und für den Opferschutz senden‘, forderte KOP-Sprecher Biplab Basu am Freitag.“ Artikel von Nick Brauns vom 9. Mai 2022 in der jungen Welt externer Link („Schläger in Uniform. Aus Trauer wird Wut“).

  • Tod nach Polizeikontrolle in Mannheim: Leiche zeigt Spuren von Gewalt – Bodycams zum Tatzeitpunkt deaktiviert Nach dem Tod eines Mannes nach einer Polizeikontrolle in Mannheim liegen erste Obduktionsergebnisse vor. Die Leiche weist demnach Spuren „dumpfer Gewalt“ auf. Die Todesursache bleibt aber unklar. An der Leiche eines nach einer Polizeikontrolle in Mannheim gestorbenen Mannes sind nach Angaben des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA) Spuren stumpfer Gewalt festgestellt worden. Diese seien aber „von geringer Intensität gewesen“, sagte LKA-Präsident Andreas Stenger am Mittwoch. Brüche oder Beschädigungen des Gehirns konnten demnach nicht festgestellt werden. Die genaue Todesursache des Mannes sei weiterhin unklar. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz, also eine Herzschwäche, gehabt. Der abschließende Obduktionsbericht werde erst in sechs bis acht Wochen vorliegen, so Stenger weiter. Nach Angaben von LKA und Staatsanwaltschaft Mannheim hatte zunächst ein Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim die Polizei über den 47-jährigen – einen Patienten – informiert, der hilfsbedürftig sei. Die beiden Beamten und der Arzt hätten den Mann gesucht und in der Innenstadt entdeckt. „Er hat sicherlich den Anweisungen der Beamten, stehenzubleiben, nicht Folge geleistet“, sagte LKA-Chef Stenger. Man sehe zudem auf Videos, dass er sich widersetzt habe, „dass da Bewegungen sind, dass da ein Schlagen ist“. Man dürfe sich aber nicht von einzelnen Videosequenzen täuschen lassen, sagte er weiter. (…)Die Ermittler sind nun dabei, Zeugenaussagen und Videomaterial zur Tat zu untersuchen. Rund 30 Zeugen haben sich bereits gemeldet und werden nun von der Polizei vernommen. Auch die Überwachungskameras von Betrieben in der Nähe des Tatorts werden überprüft. Die Bodycams, die von den Beamten getragen wurden, waren zum fraglichen Zeitpunkt nicht aktiviert und können somit nicht zur Aufklärung des Todesfalls beitragen. Die Benutzung der am Körper getragenen Kameras muss vorher angekündigt werden. Laut LKA-Chef Stenger war die Benutzung der Bodycams im Falle der beiden Beamten aber „Dienstvorschrift“. Warum die Beamten sie nicht eingeschaltet hätten, sei noch unklar…“ Beitrag vom 4.5.2022 beim SWR externer Link mit mehreren Videos

Grundinfos:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200495
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