Fallstudie zu Tod durch Polizeigewalt: Hunderte Fälle in ganz Europa – EU-Staaten erfüllen nicht die UN-Kriterien zur Untersuchung der Fälle

Stoppt Polizeigewalt„… Zwischen 2020 und 2022 starben in den 13 EU-Ländern, die Daten veröffentlichen oder uns zur Verfügung gestellt haben, mindestens 488 Menschen in Gewahrsam oder bei Polizeieinsätzen. Frankreich weist die höchsten absoluten Zahlen auf: Zwischen 2020 und 2022 wurden dort 107 Todesfälle in Gewahrsam oder bei Polizeieinsätzen gezählt. Es folgen Irland, Spanien und Deutschland mit 71, 66 beziehungsweise 60. (…) Im Jahr 2023 forderte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte von allen Ländern Daten über Todesfälle in Gewahrsam, ab dem Zeitpunkt der Festnahme, während des Polizeigewahrsams und im Gefängnis. In seiner Antwort bestätigt der Europarat das Fehlen dieser Daten und weist darauf hin, dass es in der Union nicht einmal eine gemeinsame Definition und Methodik gibt, was ein Todesfall in Gewahrsam ist und wie er untersucht werden soll…“ Artikel von Ter García, Carmen Torrecillas und Adrián Maqueda vom 8. November 2024 in Neues Deutschland online externer Link und mehr daraus:

  • Weiter aus dem Artikel von Ter García (Recherche), Carmen Torrecillas, Adrián Maqueda (Visualisierung) vom 8. November 2024 in Neues Deutschland online externer Link: „(…) Von den 13 Ländern, die zwischen 2020 und 2022 Daten über Todesfälle im Kontakt mit der Polizei übermittelt haben, stellt Ungarn in allen Fällen Informationen über die Nationalität der Verstorbenen zur Verfügung, Österreich, die Tschechische Republik, Deutschland und Spanien in einigen Fällen. Zusammen haben sie für 55 der 488 in diesen drei Jahren gemeldeten Todesfälle Angaben zur Staatsangehörigkeit gemacht. Die Hälfte davon waren Ausländer. (…) Mathieu Rigouste ist ein unabhängiger französischer Soziologe. Er bringt diese Konzentration von Todesfällen unter Migranten mit der Kolonialgeschichte von Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Spanien und Frankreich in Verbindung. »Polizeiliche Verbrechen konzentrieren sich auf nicht-weiße proletarische Menschen«, sagt Rigouste. (…) Auch das Vorliegen einer psychischen Erkrankung ist ein wichtiger Faktor. Die meisten öffentlichen Verwaltungen, die wir kontaktiert haben, haben auch hierzu keine konkreten Angaben gemacht. Nur Dänemark, Spanien, Frankreich und Deutschland bestätigten in 43 Fällen, dass der Verstorbene psychische Probleme hatte oder sich in einem »Erregungszustand« befand. Die aktuellsten niederländischen Berichte enthalten keine Angaben darüber, ob die Verstorbenen psychische Probleme hatten. Ein früherer, von der niederländischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht über Todesfälle zwischen 2016 und 2020 enthält jedoch Daten über 40 der 50 in diesem Zeitraum verstorbenen Personen, von denen 28 eine psychische Erkrankung aufwiesen. Die von Control Alt Delete gesammelten Daten sind sogar noch schockierender. Von den 105 Todesfällen, die sie seit 2015 beobachtet haben, waren rund 70 Prozent Menschen, die in irgendeiner Form psychisch krank waren. Trotzdem, so Schalkwijk, habe es bisher keine Änderungen im niederländischen Polizeisystem gegeben, um solche Todesfälle zu verhindern. (…) Schussverletzungen durch Beamte sind die Hauptursache für Todesfälle in Gewahrsam oder bei Polizeieinsätzen. In den Ländern, die Angaben zu den Ursachen dieser Todesfälle gemacht haben, ist mehr als jeder dritte Todesfall zwischen 2020 und 2022 auf Schussverletzungen zurückzuführen. Mindestens 105 Menschen starben. 41 waren es in Frankreich und 27 in Deutschland. (…) Die Todesfälle durch Polizeischüsse sind nicht die einzigen. Die Polizei tötet manchmal Menschen mit vermeintlich nicht-tödlichen Waffen, wie z. B. Tasern, die sie manchmal nach Protokollen einsetzt, die den Empfehlungen des Herstellers widersprechen, wie beispielsweise der Einsatz gegen Personen in einem Zustand von Erregung. (…)In Frankreich ist es auch üblich, dass die Polizei alkoholisierte Personen in Polizeizellen unterbringt, wie es das Gesetz über die öffentliche Gesundheit vorsieht. Zwischen 2020 und 2022 starben mindestens 19 Personen, die alkoholisiert waren oder Drogen genommen hatten, in französischen Polizeizellen aufgrund von Gesundheitsproblemen. (…) Zwischen 2020 und 2022 haben wir mindestens 43 Personen identifiziert, die im Polizeigewahrsam durch Selbstmord starben. (…) In den meisten Todesfällen haben die öffentlichen Verwaltungen auch keine Angaben zu den strafrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen für die beteiligten Polizeibeamten gemacht. (…)»Wir wissen, dass von 2016 bis heute in sechs Prozent der Fälle die beteiligten Beamten strafrechtlich verfolgt wurden, in der Regel bei Todesfällen im Straßenverkehr«, sagt Schalkwijk. In einem dieser Fälle wurden die Beamten mit 200 beziehungsweise 240 Stunden gemeinnütziger Arbeit bestraft, in einem anderen Fall wurde der Beamte freigesprochen.“

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=224244
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