ASOG – Polizeigesetz in Berlin: Linken und Grünen droht Geiselhaft
Dossier
„Vermummungsverbot, finaler Rettungsschuss, Polizeibeauftragter: Rot-Rot-Grün ringt um einen Konsens in der Sicherheitspolitik. (…) die Sozialdemokraten verfolgen nach Informationen der taz noch ein anderes Ziel: Sie wollen das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog), das die Befugnisse der Polizei regelt, verschärfen. Streit bahnt sich auch wegen der Videoüberwachung an (…) Die SPD will den finalen Rettungsschuss im Polizeigesetz verankern. Sie will die elektronische Fußfessel für Gefährder und die Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr in das Gesetz aufnehmen. Nichts davon steht im Koalitionsvertrag, der allerdings auch einige Wochen vor dem Terroranschlag am Breitscheidplatz beschlossen wurde. Auch eine Ausweitung der Videoüberwachung, wie sie Geisel plant, hatte Rot-Rot-Grün nicht vereinbart…“ Artikel von Plutonia Plarre vom 9.10.2018 in der taz online – und hier zum weiteren Verlauf und neuem Anlauf zu #noASOG:
- Solidarität statt Law&Order! Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung am Donnerstag, 14.12. – kontaktiert die Abgeordneten!
- Kontaktiert die Abgeordneten!
„Warum wir uns gegen die geplanten Verschärfungen des Berliner Polizeigesetzes ASOG einsetzen, erfährst du hier. Da die GroKo das Gesetzesvorhaben im Schnelldurchlauf durchs Abgeordnetenhaus bringen möchte, bleibt uns nicht mehr viel Zeit – am 14.12. sollen die Änderungen bereits beschlossen werden. Daher brauchen wir nun dringend eure Unterstützung: Gemeinsam wollen wir unsere Abgeordneten nerven, bis sie verstehen, dass mehr Polizei nicht gleich mehr Sicherheit für uns Berliner*innen bedeutet!…“ Aktionsaufruf beim Bündnis für soziale Sicherheit , dort weitere Infos - „Fax-Fon-Mail-Mitmachaktion: Schreibt den Abgeordneten, warum eine Verschärfung des ASOG Quatsch ist: https://buendnis-soziale-sicherheit.de/kontaktiert-die-abgeordneten/ Donnerstag, 14.12., 8.30 Uhr Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus (Niederkirchnerstr. 5) Solidarität statt Law&Order!“ Tweet von [IL*] Berlin vom 11. Dez. 2023 mit Plakaten des Demoaufrufs
- Kontaktiert die Abgeordneten!
- Polizeigesetz-Verschärfung in Berlin: Keine Zeit für Bedenken – doch führt massive Kritik an Bodycams und Tasern zu kleinen Entschärfungen
- Polizeigesetz-Verschärfung: Keine Zeit für Bedenken
„Berlins Große Koalition bringt ihr neues Polizeigesetz trotz rechtlicher Einwände durch den Innenausschuss – bessert vorher aber bei Bodycams nach (…) Berlins Große Koalition hat es eilig: Noch vor Silvester will der schwarz-rote Senat seine Änderungen am Allgemeinen Sicherheitsgesetzes (Asog) in Kraft wissen. Am Montag hat der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses den Gesetzentwurf zur Asog-Novelle beschlossen. Kritik an den Plänen gibt es jedoch reichlich. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat dem Senat 85 Fragen zur geplanten Verschärfung vorgelegt und auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp plagen verfassungsrechtliche Bedenken. Im Fokus steht insbesondere der erweiterte Einsatz von Bodycams, bei dem der Senat handwerklich unsauber gearbeitet haben soll. Es geht um unzulässige Aufzeichnungen in Privatwohnungen, um Überprüfung und Speicherung der Daten durch eigentlich unbefugte Behörden. »Das sind sicherheitspolitische Erwägungen, die mögen der Datenschutzbeauftragten nicht so wichtig sein«, weist Dregger, innenpolitscher Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus, die Vorwürfe zurück. (…) Und doch zieht der Senat Konsequenzen aus der Kritik der Datenschutzbeauftragten. Man habe »gut zugehört«, sagt SPD-Innenpolitikexperte Martin Matz, und zwei Änderungen eingebracht. Aufnahmen aus Bodycams würden demnach verschlüsselt und mit besonderer Kennzeichnung aufbewahrt, zudem soll eine richterliche Zustimmung für die Nutzung der Daten erforderlich sein. Entsprechende Argumente Kamps seien zwar »verfassungsrechtlich nicht zwingend«, hätten aber überzeugt. Zugleich kündigt Matz an: Auf die erste, zügige Asog-Novelle soll noch in absehbarer Zeit eine zweite, grundlegende Überarbeitung folgen…“ Artikel von Patrick Volknant vom 27.11.2023 in ND online - Kritik am Polizeigesetz: Opposition hat da ein paar Fragen
„Die Debatte um ein schärferes Polizeigesetz ist entbrannt: Grüne bringen Fragenkatalog in den Innenausschuss am Montag ein.
Anfang Oktober einigte sich die schwarz-rote Koalition auf einen Entwurf für ein schärferes Polizeigesetz. Ein verstärkter Einsatz von Bodycams, Taser und längere Präventivgewahrsam sollen eingeführt werden. Der Gesetzentwurf zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) soll demnächst im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Nach den jüngsten rechtsextremen Ereignissen bei der Berliner Polizei legte Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen, nun einen umfangreichen Katalog mit 85 Fragen für die Sitzung des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses am Montag vor. (…) Auch gibt es mehr Fragen zum Gesetzentwurf als Antworten: „Es droht ein schlecht gemachtes Gesetz, das unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe beinhaltet und Rechtsunsicherheit auf die Polizist:innen in ihren Einsätzen überträgt. Wir haben einen umfassenden Fragenkatalog mit 85 Fragen an die Innenverwaltung eingereicht und erwarten, dass die geäußerte Kritik der Sachverständigen berücksichtigt und eingearbeitet wird“, sagt Franco. (…) Laut dem Entwurf des verschärften Polizeigesetzes soll es Polizist:innen erlaubt werden, bei bestimmten Einsätzen mit Bodycams an ihren Uniformen das Geschehen zu filmen, wenn die Gefahr vor Eskalation besteht. Gefilmt werden soll auch im Streifenwagen oder in Wohnungen. Beim Präventivgewahrsam, damit ist das vorsorgliche Einsperren mutmaßlicher Straftäter:innen in bestimmten Fällen gemeint, soll die Höchstdauer von zwei auf fünf Tage verlängert werden. Außerdem sollen Elektroschockpistolen (auch Taser genannt) genutzt werden dürfen. Es gab bereits Testphasen, dennoch warnen Experten: Auch wenn es sich anscheinend um kleine Stromimpulse handelt, könnte die Benutzung von Taser in den meisten Fällen tödlich enden – hier braucht es präzisere Regeln, sagt Hartmut Aden, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht, gegenüber dem RBB.
Der Fragenkatalog der Grünen fokussiert sich vor allem auf den Einsatz der Bodycams und der Elektroschockpistolen…“ Artikel von Derya Türkmen vom 26.11.2023 in der taz online
- Polizeigesetz-Verschärfung: Keine Zeit für Bedenken
- Ist das neue Polizeigesetz in Berlin verfassungswidrig? Demo am 18.11.: Verschärftes Polizeigesetz und Chatkontrolle stoppen – gemeinsam gegen Repression!
- Verschärftes Polizeigesetz und Chatkontrolle stoppen – gemeinsam gegen Repression!
„In Zeiten von Kriegen und Krisen plant der schwarz-rote Senat zu allem Überfluss eine Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes. Taser sollen flächendeckend als neue Waffe für die Polizei eingeführt und der Gewahrsam für Aktivisti schon bei Ordnungswidrigkeiten vereinfacht werden. Zeitgleich laufen auf EU-Ebene die Verhandlungen um die drohenede Chatkontrolle auf Hochtouren. Wiedereinmal starten Rechte und Konservative einen Angriff auf geschützte Kommunikation und unsere Freiheitsrechte. Wir sagen klar NEIN zu verschärften Polizeigesetzen und Massenüberwachung und tragen unsere Wut auf die Straße. Solidarisch gegen Polizeigewalt, gegen Repression und für den Erhalt von wirksamer Verschlüsselung.
Samstag, 18.11.2023, 17:00 Uhr Hermannplatz #b1811 #berlinzusammen“ Aufruf auf dem Telegramkanal von RWE GRUNEWALD - Berliner Polizei: Tasern mit schlechtem Gewissen. Ist das neue Polizeigesetz verfassungswidrig?
„Halten juristische Bedenken das neue Polizeigesetz auf? Die Landesdatenschutzbeauftragte Meike Kamp hält den aktuellen Entwurf des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes für verfassungswidrig. Dies teilte sie den Abgeordneten im Innenausschuss in einem Schreiben mit und wiederholte diese Position auch am Montag bei einer Anhörung im Ausschuss. Sie stört, dass der Gesetzentwurf der schwarz-roten Koalition vorsieht, dass mit den neu eingeführten Bodycams gemachte Aufnahmen in Privaträumen auch für die Strafverfolgung genutzt werden können. »Dafür braucht es eigentlich einen richterlichen Beschluss«, sagte Kamp am Montag vor dem Innenausschuss. Denn die Videoaufnahmen griffen in die grundgesetzlich geschützte Unverletzbarkeit der Wohnung ein . Der schwarz-rote Gesetzentwurf sieht vor, dass in Wohnungen gemachte Aufnahmen, die zur Strafverfolgung genutzt werden sollen, den Datenschutzstellen in den Behörden zur Freigabe vorgelegt werden sollen. Dies sei aber nicht vergleichbar, heißt es in Kramps Schreiben. Die »gegenseitige Kontrolle« von Exekutive und Judikative werde so unterlaufen. Ein Jurist der Innenverwaltung wies im Ausschuss auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil hin, das die Regelung decke. Kamp widersprach dieser Einschätzung. (…) Eine deeskalative Wirkung erhofft sich die Koalition auch von einer anderen Ergänzung des Polizeiarsenals, die mit dem neuen Polizeigesetz eingeführt werden soll: Taser. Schon die Androhung, das Elektroschockgerät einzusetzen, bewege Täter, mögliche Gewalttaten zweimal zu überdenken, argumentierte Polizeipräsidentin Barbara Slowik . »Es erschreckt mich, dass die Politik so ignorant gegenüber bekannten Studienergebnissen ist«, entgegnete Kriminologe Feltes. Dabei seien sie erschreckend. »Der Taser kann töten«, sagte Feltes. Sieben Todesfälle habe es nach Taser-Einsätzen in Deutschland bereits gegeben. Bei vielen Menschen gebe es Vorerkrankungen, etwa am Herzen, die zum Kreislaufkollaps führen könnten, wenn sie getasert würden. Zwar sieht der Entwurf für das Polizeigesetz vor, dass bei diesen Personengruppen der Taser nicht eingesetzt werden darf. »Man kann Polizisten nicht zumuten, dass sie von außen erkennen, wessen Gesundheit gefährdet ist«, sagte Feltes. Andere Studien zeigten zudem, dass die Einführung von Tasern nicht dazu führe, dass Schusswaffen seltener eingesetzt werden. »Die Empirie zeigt, dass Taser zusätzlich zu Schusswaffen eingesetzt werden«, so Feltes…“ Artikel von Marten Brehmer vom 13.11.2023 in ND online - Siehe auch unser Dossier: Taser sind harmlos? Sagt das den Toten…
- Verschärftes Polizeigesetz und Chatkontrolle stoppen – gemeinsam gegen Repression!
- Donnerstag, 19.10. in Berlin (08:30 morgens vor dem Abgeordnetenhaus!): Kundgebung gegen die Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes
- „Kundgebung gegen die Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes. #noASOG
Statt Bodycams, Taser, verlängertem Unterbindungsgewahrsam und „finalem Rettungsschuss“ wollen wir soziale Lösungen für soziale Probleme!
Kundgebung gegen die Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes: Donnerstag, 19.10. ab 8.30h vor dem Abgeordnetenhaus (Niederkirchnerstr. 5)
19. Oktober, 08.30 Uhr. Abgeordnetenhaus.
Soziale Lösungen statt Law & Order!
#noASOG
#b1910“ Tweet von Wrangelkiez United! vom 17. Okt. 2023 mit dem Plakat des Aufrufs - Bürgerrechte & Polizei/CILIP twitterte am 12. Okt. 2023 : „Das „Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften“ in #Berlin ist veröffentlicht und wird vermutlich kommende Woche erstmals beraten: https://parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-1232.pdf „
- „Kundgebung gegen die Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes. #noASOG
- Schwarz-Rot verschärft Berliner Polizeigesetz: Weg frei für Taser, Bodycams und Präventivgewahrsam
- Schwarz-Rot verschärft Berliner Polizeigesetz: Präventivgewahrsam soll verlängert werden – aber nicht für Klimaaktivisten
„Die Berliner Regierungsfraktionen von CDU und SPD haben sich auf einen ersten Entwurf für die Gesetzesänderung des Sicherheitsgesetzes verständigt. (…)Der Unterbindungsgewahrsam soll demnach bei schweren Straftaten verlängert werden, nicht aber bei Ordnungswidrigkeiten oder einfachen Straftaten mit Folgen für die Allgemeinheit wie etwa Straßenblockaden. Der Präventivgewahrsam soll „im Fall einer bevorstehenden terroristischen Straftat“ auf bis zu sieben Tage ausgeweitet werden können. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Person „Straftaten gegen Leib oder Leben“, gegen die persönliche Freiheit oder Sexualstraftaten begehen könnte, soll der Gewahrsam auf maximal fünf Tage verlängert werden können. Für alle Fälle ist ein Richterbeschluss nötig. (…) Klimaaktivisten drohen in Berlin bei Straßenblockaden und Wiederholungsgefahr 48 Stunden Gewahrsam – also maximal bis zum Ende des Folgetages nach der Festnahme. Dies soll offenbar auch in Zukunft so bleiben. (…) Auch soll Gewahrsam möglich sein, wenn eine Person bereits vorher mehrfach aus vergleichbarem Anlass Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen hat „und nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist“. Diese Formulierungen dürften vor allem auf Mitglieder etwa der Vereinigung „Letzte Generation“ gemünzt sein.
In den vorgesehenen Gesetzesänderungen wird auch der künftige Einsatz von Bodycams durch Einsatzkräfte sowie von Tasern geregelt. Der Einsatz von Bodycams wird entfristet und ausgeweitet. Bislang ist er gesetzlich nur bis zum 1. April 2025 vorgesehen. Polizisten und Einsatzkräfte der Feuerwehr sollen künftig Kameras nicht nur bei Einsätzen im öffentlichen Raum am Körper tragen können, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch in Privaträumen. (…) Weitere Neuerung: Die Kameraaufnahme soll angewendet werden, wenn die Polizei „unmittelbaren Zwang gegen eine Person“ anwendet, aber auch, wenn die von einer polizeilichen Maßnahme betroffene Person dies selbst verlangt. Polizei und Feuerwehr bekommen zudem sogenannte Dashcams für ihre Fahrzeuge. Die Kameras sollen das Geschehen bei Einsätzen filmen.
Taser, im offiziellen Jargon „Distanzelektroimpulsgeräte“ genannt, bekommen nun einen eigenen Status in der Hierarchie der dienstlichen Einsatzmittel. Sie sollen nur dann gebraucht werden dürfen, wenn der Gebrauch von Schuss- oder Hiebwaffen dadurch vermieden werden kann oder wenn dies eine mögliche Selbstschädigung wie bei Selbstmord verhindern kann. Bislang liefen Taser im Testlauf, ihr Einsatz soll ausgeweitet werden…“ Artikel von Anna Thewalt und Alexander Fröhlich vom 04.10.2023 im Tagesspiegel online , siehe auch: - Berliner Polizeigesetz: Kleber in der Tasche? Ab in den Knast! Schwarz-Rot will Hürden für Präventivhaft senken
„Weg frei für Taser und Bodycams: Mit der Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes will Schwarz-Rot die Befugnisse der Polizei ausweiten. Ein Entwurf der Senatsverwaltung liegt nun vor. Erstmals wird darin auch der Einsatz der neu angeschafften Distanzelektroimpulsgeräte, also der Taser, geregelt sowie von an den Uniformen angebrachten Kameras, den sogenannten Bodycams, geregelt. (…) Woran die Polizisten erkennen sollen, ob jemand schwanger oder herzkrank ist, erläutert der Entwurf nicht. Angeschafft werden sollen laut Haushaltsplan 250 Geräte. Zunächst werden wahrscheinlich Einsatzwagenmannschaften mit je einem Gerät ausgestattet. (…) Der Gesetzesentwurf wird nun im Parlament diskutiert. Schwarz-Rot hat bereits angekündigt, zeitnah noch eine weitere Novelle des Polizeigesetzes einbringen zu wollen. Mit dieser soll unter anderem der finale Rettungsschuss geregelt werden.“ Artikel von Marten Brehmer vom 05.10.2023 in ND online - Siehe auch #ASOG
- Schwarz-Rot verschärft Berliner Polizeigesetz: Präventivgewahrsam soll verlängert werden – aber nicht für Klimaaktivisten
- Die Lizenz zum Abhören. Neues Polizeigesetz von Rot-Rot-Grün weitet Befugnisse zur Telefonüberwachung massiv aus
„Rot-Rot-Grün geht in den Gesetzes-Marathon: Nach dem Antidiskriminierungsgesetz, dem Gesetz zur Versammlungsfreiheit und dem Entwurf zum Polizeibeauftragten kommt nun der nächste innenpolitische Streich. »Wir sehen uns ja jetzt öfters«, witzelt Innensenator Andreas Geisel (SPD), als er am Montagmorgen im Abgeordnetenhaus das langersehnte Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) vorstellt. Dieses ist seinem Urteils nach »modern« und »macht die Polizei handlungsfähig«. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, lobt dann auch die »umfassende Änderung des Gesetzes«. Dass diese im Gegensatz zu anderen Bundesländern kaum von bürgerrechtlichem Protest begleitet wurde, liegt laut Innenpolitiker Niklas Schrader (Linke) auch daran, dass der Gesetzesentwurf nicht nur eine Ausweitung von polizeilichen Befugnissen vorsehe, sondern auch eine Stärkung der Bürgerrechte. (…) Heißt: Die polizeilichen Befugnisse im Hinblick auf die sogenannten KBOs werden eingeschränkt. Bisher dürfen Polizist*innen hier verdachtsunabhängig Personen kontrollieren. Die Orte werden von der Polizei selbst festgelegt und müssen nur im Falle einer Gerichtsverhandlung begründet werden – anders ist die Maßnahme bislang politisch kaum zu kontrollieren, da die Orte nicht veröffentlicht werden müssen. Mit dem ASOG wird die Polizei verpflichtet, die Orte zu umschreiben und dem Abgeordnetenhaus einen regelmäßigen Bericht mit Begründung der Maßnahme vorzulegen. Begründet werden darf die Einstufung als KBO zudem nicht mehr mit der Anhäufung von aufenthaltsrechtlichen Straftaten. »Das ist eine Norm, die Racial Profiling begünstigen kann«, kritisiert Schrader. Damit soll nun Schluss sein. Auch Prostitution darf in Zukunft kein Grund mehr sein. Bei der Kennzeichnungspflicht wird die gängige Praxis nun gesetzlich geregelt. (…) Die Überwachung der Kommunikation ist vor allem der SPD wichtig: »Die Polizei erhält wichtige zusätzliche Befugnisse zur Terrorabwehr«, so ihr innenpolitischer Sprecher Frank Zimmermann. Telefonüberwachung samt Nutzung von Imsy-Catchern, verpflichtender Mitarbeit der Telekommunikationsanbieter sowie Standortabfragen dürfen nun zur unmittelbaren Gefahrenabwehr benutzt werden. Hinzugefügt wurde der Paragraf als Konsequenz aus dem Terroranschlag am Breitscheidplatz. Doch die Befugnisse der Polizei gehen noch weiter: »Die Einführung der Body-Cams wird schon einige Zeit erwartet«, so der Innensenator. Nun wird sie gesetzlich verankert. Zukünftig sollen Polizist*innen, aber auch Feuerwehrleute Kameras am Körper tragen, die durchgehend filmen, jedoch Material nur speichern, wenn ein Knopf gedrückt wird. Das soll die Einsatzkräfte vor Übergriffen schützen. (…) Bis die Kräfte auch wirklich mit der Technik ausgerüstet sind, wird es allerdings noch dauern. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Alle Regelungen werden dann nach und nach umgesetzt.“ Artikel von Philip Blees vom 15.06.2020 im ND online - Einigung zum ASOG rückt näher: Abhörmöglichkeiten ausgeweitet, Racial Profiling eingeschränkt
„In trockenen Tüchern ist die Einigung zwar noch nicht. Aber immerhin zwischen den innenpolitischen Sprechern der Fraktionen von SPD, Linkspartei und Grünen im Abgeordnetenhaus gibt es Fortschritte in den Gesprächen zur Reform des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG), wie das Polizeigesetz in Berlin heißt. (…) Wie zu hören ist, könnten die Grundzüge der Verständigung so aussehen, dass LINKE und Grüne einer Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung in Fällen von etwa terroristischer Bedrohungen und der Gefahr für Leib und Leben zustimmen. Zur Vorbereitung der Überwachung dürfen künftig möglicherweise auch sogenannte IMSI-Catcher eingesetzt werden, mit denen Standorte von Verdächtigen eingegrenzt werden können. Das hatte sich die SPD gewünscht. LINKE und Grüne können dagegen die Streichung von Kontrollen in sogenannten Kriminalitätsbelasteten Orten wegen aufenthaltsrechtlicher Verstöße verbuchen. Stichwort: Vermeidung von Racial Profiling. Zudem soll der Unterbindungsgewahrsam (Präventivhaft) von 96 Stunden wieder auf 48 Stunden reduziert werden…“ Beitrag von Martin Kröger bei neues Deutschland vom 16. Dezember 2019 - Ein Musterpolizeigesetz aus Berlin?
„Bei einem Treffen der Berliner Innenpolitiker am Donnerstag wurden die Pläne für ein neues Polizeigesetz für die Hauptstadt konkretisiert. Noch gibt es Streit um den gezielten tödlichen Einsatz von Schusswaffen und das Abhören von Telefonen zur Gefahrenabwehr. Klar ist aber: Das Berliner Polizeigesetz wird ein wichtiges Signal für das Projekt „Musterpolizeigesetz“ senden. (…) Das Berliner Polizeigesetz soll eine „rot-rot-grüne Handschrift tragen“ und einen „Gegenentwurf zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz bieten“, sagt Martin Pallgen, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Inneres, gegenüber netzpolitik.org. Auch Benedikt Lux, der rechtspolitische Sprecher der Grünen in Berlin, erklärt gegenüber netzpolitik.org: Berlin wolle als „rechtsstaatliche Alternative“ zu Bayern und Nordrhein-Westfalen auftreten und zeigen, dass eine rot-rot-grüne Regierung „anders kann“. Der Gesetzentwurf soll noch vor dem Jahresende öffentlich bekanntgemacht werden und zur Debatte in das Plenum gehen. Martin Pallgen von der Senatsverwaltung kündigte an, das Gesetz im Idealfall noch vor der Sommerpause 2019 zu verabschieden. Der Berliner Senat hat nun also die Chance, ein überarbeitetes Polizeigesetz vorzulegen, das auch in der bundespolitischen Debatte um ein „Musterpolizeigesetz“ einen liberalen Gegenentwurf zu dem grassierenden Trend der Versicherheitlichung mittels Überwachung und technischer Maßnahmen bietet.“ Artikel von Marie Bröckling vom 15.10.2018 bei Netzpolitik
Siehe auch Neues Polizeigesetz in Brandenburg stoppen – Grundrechte schützen! und zum bundesweiten Überblick unser Dossier: Neue Polizeigesetze, überall – eine Bestandsaufnahme