- Automobilindustrie
- Bauindustrie und Handwerk
- Chemische Industrie
- Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst
- Elektro- und Metall(-Zulieferer)
- Elektrotechnik
- Energiewirtschaft (und -politik)
- Fahrzeugbau (Vom Fahrrad, über Trecker bis zum Flugzeug)
- Gewerkschaften als Arbeitgeber
- Holz, Papier, Glas und Kunststoffe
- Landwirtschaft und Gartenbau
- Lebens- und Genussmittelindustrie
- Maschinen- und Anlagenbau
- Rüstungsindustrie und -exporte
- Sonstige Branchen
- Stahl-Industrie
- Stoffe und Bekleidung
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Geschäftsmodell von Google, Facebook & Co. bedroht (nicht nur) Menschenrechte
Dossier
„In einem Bericht
fordert die Menschenrechtsorganisation AI große Daten-Konzerne dazu auf, ihre Geschäftsmodelle der unbeschränkten Überwachung und Datenausbeutung radikal zu ändern, da sie sie unvereinbar sind mit dem Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung. EU und Bundesregierung müssen ihrer Schutzpflicht nachkommen und elementare Menschenrechte auch für die digitale Moderne gewährleisten. Die Dominanz von Onlinediensten, die u.a. Google und Facebook anbieten, geben diesen Unternehmen eine nie dagewesene Macht über die persönlichsten Daten von Millionen Menschen (…) Das Internet ist eine grundlegende Infrastruktur für die Ausübung zahlreicher Menschenrechte. (…) „Es braucht eine digitale Infrastruktur und Angebote, die Selbstbestimmung, Privatsphäre und Autonomie der Menschen respektieren und schützen…“ Pressemitteilung von Amnesty International in Deutschland vom 21. November 2019
und dazu:
- NGOs und Gewerkschaften wollen strengere Onlinegesetze gegen digitalen Staatsstreich von Musk und Mark – aber bitte mit nicht-kommerziellen und nicht-staatlichen Plattform-Alternativen
- Demokratie schützen, Gemeinwohl fördern: Offener Brief an Union und SPD fordert wirksame Kontrolle digitaler Plattformen
„Mehr als 75 Organisationen und Bündnisse mit über 1.000 Mitgliedsorganisationen fordern die Verhandlungsführenden von CDU/CSU und SPD in einem heute veröffentlichten Brief auf, die Kontrolle von Online-Plattformen und eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung in die Agenda der Sondierungsgespräche aufzunehmen. Die jüngsten Entwicklungen nach der US-Wahl unterstreichen die Gefahren für Demokratien, die von großen Online-Plattformen ausgehen. Die Unterzeichnenden des Briefs fordern eine konsequente Durchsetzung der bestehenden Regeln für Digitalplattformen, das Schließen regulatorischer Lücken und die gezielte Stärkung von gemeinwohlorientierten Plattform-Alternativen. (…) „Die großen Online-Plattformen sind nur scheinbar kostenfrei. Finanziert werden sie durch Preisgabe persönlicher Daten, die für immer stärker individualisierte Werbung genutzt werden. Die Algorithmen der Plattformen sind intransparent und wirken oft tendenziös. So gefährden sie auch unabhängigen Qualitätsjournalismus und damit freie Meinungs- und Willensbildung. Es braucht einen Neustart, die Monopolanbieter haben versagt“, erklärt Frank Werneke, ver.di Vorsitzender.
Die Konzentration von Macht und Daten in der Hand weniger Tech-Konzerne aus den USA und China ist ein Risiko für die digitale Souveränität sowohl Europas als auch der Länder des Globalen Südens. „Diese Monopole bedrohen weltweit das gesellschaftliche Gemeinwohl und den demokratischen Diskurs. Ohne wirkungsvolle Regulierung der Plattformökonomie kann es keine faire Digitalisierung geben“, betont Sven Hilbig, Digitalexperte bei Brot für die Welt.
Die Allianz aus Vetreter:innen der Zivilgesellschaft, Kirchen, Gewerkschaften, Verbraucherschutz und Digitalwirtschaft fordert daher von Union und SPD, Plattformen wirksam zu regulieren und gemeinwohlorientierte Alternativen zu fördern…“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 04.03.2025 bei ver.dimit dem Offenen Brief im Wortlaut
- NGOs, Kirchen und Gewerkschaften wollen strengere Onlinegesetze
„In einem Brief an Union und SPD fordert ein breites Bündnis mehr Härte gegen X, Facebook und andere digitale Plattformen. Die Demokratie sei in Gefahr. (…) Die Unterzeichner des Briefs fordern von der nächsten Bundesregierung, dass zum einen bereits bestehende Regulierungen konsequenter umgesetzt werden. Dafür müssten die zuständigen Behörden auf Bundes- und EU-Ebene gut ausgestattet und durchsetzungsfähig sein. EU-Gesetze wie der Digital Services Act sollen aktuell unter anderem dafür sorgen, dass Anbieter wie Meta oder X illegale Inhalte oder Fake News entfernen müssen. Jedoch würden sie häufig nicht eingehalten.
Mehr gemeinwohlorientierte digitale Angebote
Zum anderen sollen regulatorische Lücken geschlossen werden. „Viele grundlegende Probleme digitaler Geschäftsmodelle sind weiter offen“, sagte Michaela Schröder, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Gängige Praktiken von Onlineplattformen wie tracking-basierte Werbung oder Sucht förderndes Design sollten ersetzt werden. Diese Probleme müssten im Digital Fairness Act gelöst werden, einem geplanten Gesetz der EU-Kommission, das Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen soll.
Die neue Bundesregierung müsse sich außerdem für den Aufbau demokratisch kontrollierter und gemeinwohlorientierter digitaler Infrastruktur einsetzen. Das könne eine Chance für europäische Digitalunternehmen eröffnen. Projekte wie Wikipedia, OpenStreetMap oder Fediverse zeigten, dass das Internet auch anders funktionieren könne, sagte Franziska Heine, geschäftsführende Vorständin von Wikimedia Deutschland.“ Artikel von Leon Kaessmann vom 4. März 2025 in der Zeit online - Musk, Zuckerberg, Trump: Digitaler Staatsstreich
„… Jetzt könnten wir sagen, dass das alles außerhalb der USA (noch) nicht relevant sei. Wir haben EU-Gesetze gegen Hass und Hetze. (Auch wenn die US-Unternehmen sich sehr engagiert haben, sie abzuschwächen – aber immerhin.) Wenn aber der US-Vizepräsident mehr als einmal anzweifelt, ob die Meinungsfreiheit in Deutschland gesichert sei, und das mit der Rolle der USA in der Sicherheitspolitik verknüpft, ist offensichtlich, dass der Umgang mit Inhalten auf den (US-amerikanischen) Social-Media-Plattformen in der EU verändert werden soll. Was gemeint ist: Diese US-Regierung will mehr rassistische, antisemitische, behinderten-, frauen- und LGBTIQ-feindliche Inhalte und weniger Eingriffe durch Moderation, auch außerhalb der USA. Und sie ist bereit, das auch durchzusetzen. Das ist ein Angriff auf demokratische Diskurse, die auf den großen Plattformen noch nie wirklich gute Bedingungen hatten. Es ist auch eine erhebliche Bedrohung für alle Gesellschaften, die nicht Teil der EU sind und womöglich mit der Zuspitzung von Konflikten rechnen müssen. Und es geht nicht nur um Social Media, es geht auch um Daten in Clouds, unsere privaten, aber auch die von öffentlichen Einrichtungen: Schulen, Universitäten, Behörden, Krankenkassen, Versicherungen und und und. Es wäre schön, wenn die dort jeweils gut verschlüsselt und gesichert und vor jedem Zugriff geschützt wären, aber das ist leider nicht immer der Fall. Apple hat gerade die Verschlüsselung der iCloud in Großbritannien beendet (um nicht gezwungen zu werden, eine Zugriffsmöglichkeit für Sicherheitsbehörden einzubauen). Nur ein Beispiel, wie politische Veränderungen IT- und Datensicherheit angreifen können.
All das ist nicht nur, aber es ist auch Digitalpolitik, und wir sollten uns warm anziehen. Und uns rechtzeitig nach Alternativen umschauen, denn auf die Zusagen von Facebook, Apple, Google oder Amazon, mit unseren Daten vertraulich umzugehen, würde ich mich jetzt erst recht nicht mehr verlassen. Es reicht aber nicht, wenn wir uns individuell umschauen, denn für die meisten werden die Alternativen in irgendwelchen Nischen des Internets keine Alternativen sein. Was fehlt, sind ernstgemeinte Forderungen nach gemeinnützigen und öffentlich geförderten Plattformen und die Zerschlagung der Monopole. Die vielbeschworene europäische »Digitale Souveränität« allerdings, mit EU-Clouds und Rechenzentren, wird uns auch nur solange helfen, wie die Regierungen hier nicht von Rechten übernommen werden.“ Artikel von Anne Roth vom 02.03.2025 in ND online - Siehe zum aktuellen Hintergrund v.a. unser Dossier: #TwitterÜbernahme durch #ElonMusk: Wir kennen nun den Preis der #Meinungsfreiheit
- Demokratie schützen, Gemeinwohl fördern: Offener Brief an Union und SPD fordert wirksame Kontrolle digitaler Plattformen
- Gegen Elon Musk und Mark Zuckerberg: Zeit für digitalen Widerstand
„… Einige Plattformen stechen dadurch hervor, dass sie Falschmeldungen oder hochemotionale Stimmungsmache sehr sichtbar machen. Man sieht aktuell, wie sehr Elon Musk die AfD in Deutschland hofiert und ihr auf seiner Plattform X große Reichweite bietet. Ganz zu schweigen von Tiktok, wo aktuell die Gefahr der islamistischen Radikalisierung deutlich wird. (…) Seit ein paar Jahren machen die großen Digitalplattformen meines Erachtens Rückschritte im Einsatz gegen Desinformation und Hassrede. Und diese Rückschritte werden noch größer, mit Trump als wiedergewähltem Präsidenten und deutlichem Gegner von Faktenchecks. Deswegen sollten wir über Gegenwehr nachdenken, im Großen wie im Kleinen. Wir brauchen eine EU-Kommission, die ihre Regulierungsmöglichkeiten auch wirklich nutzt – allem voran den Digital Services Act. Aber auch auf individueller Ebene können wir fragen, wie viel Macht jede und jeder Einzelne hat…“ Kolumne von Ingrid Brodnig vom 27. Februar 2025 in Der Standard– siehe dazu weitere Vorschläge:
- Digitalexpertin über Soziale Medien: „Was nützt den Menschen, was zaubert das Gute aus uns raus?“
„Social-Media-Plattformen haben einen schlechten Ruf. Ginge es nicht auch besser? Und wenn ja, wie? Die Digitalexpertin Leena Simon hat Antworten…“ Interview von Svenja Bergt vom 1.3.2025 in der taz online - Das können die Alternativen
„Es muss nicht immer Insta sein – für viele der großen Plattformen gibt es Ausweichoptionen, die die eigenen Daten schützen und Nutzer:innen nicht mit Werbung überschütten…“ Ein Blick auf die gängigsten Dienste von Svenja Bergt am 1.3.2025 in der taz online
- Digitalexpertin über Soziale Medien: „Was nützt den Menschen, was zaubert das Gute aus uns raus?“
- Marktmacht von Facebook, Google & Co. wirksam begrenzen!
„Digitale Technologie- und Internetunternehmen wie Microsoft, Apple und Facebook beherrschen große Teile der Wirtschaft. (…) Um ihre Macht zu erhalten und auszubauen, verfolgen Tech-Giganten oft die Strategie, junge, aufstrebende Unternehmen einfach vom Markt wegzukaufen, bevor sie zu ernstzunehmenden Konkurrenten werden. Doch diese sogenannten Killer-Akquisitionen sind Gift für Innovationen und Angebotsvielfalt und verstärken monopolistische Tendenzen. Auch in der aktuellen Corona-Krise weiten diese Unternehmen ihre Vormachtstellung aus. Unter den acht wertvollsten Unternehmen weltweit, gemessen am Börsenwert, befinden sich mittlerweile allein sieben Unternehmen aus dem digitalen Bereich (…) Die Bundesregierung will mit der Novellierung des Wettbewerbsrechts mächtige digitale Unternehmen hierzulande in die Schranken weisen. Auch, wenn die Gesetzesänderung grundsätzlich in die richtige Richtung weist, werden die Maßnahmen jedoch nicht ausreichen. Mit dem „Digitale-Dienste“ sowie „Digitale-Märkte-Gesetz“ will nun auch die EU die Probleme rund um die Tech-Giganten angehen. Dabei sollte von Anfang an klar sein, dass es keine Denkverbote bei der Regulierung geben darf. (…) So muss es zukünftig notfalls auch möglich sein, marktmächtige Unternehmen in mehrere Geschäftsbereiche aufzuteilen. Jüngst haben die Wettbewerbsbehörden in den Vereinigten Staaten die Zerschlagung von Facebook ins Spiel gebracht. Das klingt zunächst drastisch, kann aber das letzte Mittel sein, um schädliche Machtkonzentration bei einzelnen Unternehmen aufzulösen. (…) Die Entflechtung eines Unternehmens sollte die ultima ratio darstellen, also die letztmögliche Maßnahme, wenn alles andere nicht greift. Darüber hinaus sollten Eingriffe nur auf relevanten Märkten mit gesellschaftlicher Bedeutung erfolgen. Auch muss dafür Sorge getragen werden, dass solche Maßnahmen nicht auf den Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Deshalb sollte eine Entflechtung entlang beschäftigungspolitischer sowie verbraucherschutzrechtlicher Leitlinien erfolgen. (…) In jedem Fall müssen die Regulierungsbehörden ein Gegengewicht zu den Tech-Giganten aufbauen. Sie müssen der immensen Machtkonzentration entgegenwirken, um ökonomische und gesellschaftliche Schäden abzuwenden – notfalls auch mit rigiden Maßnahmen.“ DGB-klartext 01/2021 vom 15. Januar 2021 - [Digitalcourage] Die Macht der Digitalkonzerne beschränken – Für eine digitale Grundversorgung im 21.Jahrhundert!
„Digitalcourage steht für „eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter“. Wichtige Grundprinzipien, die wir dabei verfolgen, sind Dezentralität, offene Systeme und das Verringern von Machtungleichgewicht. Denn Machtkonzentration lädt ein zum Machtmissbrauch. Aus diesem Grund beobachten wir seit vielen Jahren die „Global Player“-Firmen auf dem Datenmarkt sehr kritisch. Und wir sehen mittlerweile das Wettbewerbsrecht als eine Möglichkeit, ihre Macht einzuschränken. Mit der 10. Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat die Bundesregierung sich 2019 vorgenommen, das Kartellrecht fit für das digitale Zeitalter zu machen. Das Ergebnis ist – gemessen an den Herausforderungen durch die zunehmende Macht der Digitalkonzerne – ernüchternd. Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern in der Initiative „Konzernmacht beschränken“ haben wir den Referentenentwurf des GWB analysiert und einen weiterführenden, umfangreichen Forderungskatalog veröffentlicht. (…) Die derzeit geplante 10. GWB-Novelle greift zu kurz. Der Regierungsentwurf ist in der vorliegenden Form nicht geeignet, um funktionierende digitale Märkte zu gewährleisten, Marktabschottung zu verhindern und die Marktmacht der Internetgiganten zu beschränken. Aus diesem Grund fordern wir als Mitglied der Initiative „Konzernmacht beschränken“: 1. Im Gesetz soll in § 19a GWB aufgelistet werden, was als Missbrauch der Marktmacht definiert wird. Insbesondere soll ein Selbstbegünstigungsverbot aufgenommen werden. (Missbrauchsaufsicht) 2. Das Bundeskartellamt sollte bei Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung sogenannte Killerakquisitionen untersagen können. Es sollte hier eine Beweislastumkehr gelten (Fusionskontrolle). 3. Auf jeden Fall sollte eine rechtliche Grundlage für eine nachträgliche, missbrauchsunabhängige Entflechtung als „ultima ratio“ geschaffen werden. 4. Datenschutz- und Verbraucherschutzorganisationen sollten institutionell gestärkt werden. Sie sollten u. a. ein Antragsrecht auf die Einleitung eines Verfahrens beim Bundeskartellamt erhalten. Darüber hinaus schlägt die „Initiative Konzernmacht beschränken“ vor: Eine Änderung des Kartellrechtes allein reicht nicht aus. Wenn man davon ausgeht, dass es sich bei App-Märkten, Online-Marktplätzen, Suchmaschinen und sozialen Medien/Messengern um Güter handelt, die zur digitalen Grundversorgung im 21. Jahrhundert gehören, sollte die Bundesregierung den uneingeschränkten Zugang zu den Plattformmärkten gesetzlich sicherstellen. Dazu sollte die Bundesregierung ein “Plattformstrukturgesetz“ auf den Weg bringen, das die “Platzhirsche“ reglementiert…“ Forderungen von Digitalcourage, zusammengestellt und erläutert von Andrea Neunzig und Rena Tangens am 21. Oktober 2020 - Enteignung, Überwachung, Ausbeutung – demokratische Spielregeln im digitalen Kapitalismus sind überfällig
„… Die größten Unternehmen der Welt (nach Marktwert) sind fast ausschließlich digitale Unternehmen wie Google, Facebook oder Microsoft. Der Reichtum dieser Unternehmen beruht auf der Aneignung, Verarbeitung und dem Verkauf von Daten. Dies unterscheidet digitale Unternehmen von Industrieunternehmen. Letztere kaufen Waren ein (hierzu zählt die menschliche Arbeitskraft), die sie zu neuen Waren (wie z.B. Autos) verarbeiten und dann profitträchtig verkaufen. Im digitalen Kapitalismus stößt diese industrielle Produktionsweise jedoch auf Widersprüche in der Logik der Kapitalakkumulation. Denn digitale Produkte (wie z.B. Software, Musikdateien, Videos) kann man im Prinzip kostenlos vervielfältigen und weiterreichen. Ohne Preis daher kein Profit, also auch keine Kapitalakkumulation. Was die digitale Kapitalakkumulation jedoch ermöglicht, sind Daten. (…) Vorzugsweise nehmen sich digitale Unternehmen unsere Daten einfach, d.h. sie enteignen uns. Enteignungsprozesse sind in der Geschichte des Kapitalismus keine Seltenheit. Schließlich ermöglichten die koloniale Enteignung der amerikanischen Bevölkerungen und die spätfeudale Enteignung der englischen Landbevölkerung die „ursprüngliche Akkumulation“ und bildeten somit die Vorbedingungen des Industriekapitalismus. Auch der digitale Kapitalismus hat eine Vorbedingung. Diese besteht in der „ursprünglichen Datenakkumulation“, die Google durch weitreichende Datenenteignung als Pionier einleitete. Einmalige „digitale Diebstahlsakte“ reichen aber nicht aus, um den Profithunger der digitalen KapitalistInnen und ihrer digitalen Algorithmuswerwölfe zu stillen. Ständig neue und weitreichendere Datenenteignungsprozesse sind erforderlich, um den Marktwert digitaler Unternehmen zu steigern. Wie Zuboff betont, erfordert dies nicht nur eine permanente und zunehmende Überwachung – auch die Verletzung unserer Privatsphäre sowie die Bildung von Monopolen sind notwendige Begleiterscheinungen der digitalen Akkumulationslogik. (…) Wenn digitale Unternehmen nicht durch Enteignung zu menschlichen Verhaltensdaten gelangen, dann greifen sie auf die Leistungen digitaler ArbeiterInnen zu. Es gibt heutzutage zwar viele unterschiedliche Tätigkeiten, die „digital“ verrichtet werden. „Idealtypisch“ gesprochen gilt aber: Im digitalen Kapitalismus wird digitale Arbeit verrichtet, um die digitalen Produktionsmittel von digitalen Unternehmen zu optimieren und somit den digitalen Produktionsprozess profitabler zu gestalten. Während also im Industriekapitalismus die ArbeiterInnen neue und bessere Maschinen produzierten, wird im 21. Jahrhundert menschliche Arbeitskraft eingesetzt, um Algorithmen zu trainieren…“ Beitrag von Bernhard Siegl vom 14. Januar 2020 beim A&W blog - Dem Markt-Kannibalen Facebook knurrt der Magen – Monopolisierung und Plattformisierung schaffen laufend vollendete Tatsachen einer Medienrevolution
„Wir müssen reden. Und wissen doch, dass es einstweilen gar nichts ändern wird. Zuletzt entwarf Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) neue „Wettbewerbsregeln“ – Quasi-Monopolisten wie amazon, Facebook und Google sollen angehalten werden, auf ihren Plattformen Wettbewerber nicht zu benachteiligen. Der scheidende ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm sieht ebenfalls Handlungsbedarf, da Deutschland seine „digitale Souveränität“ einstweilen schon verloren habe. Das sind allgemeine Befunde, die bestenfalls zu ganz neuen Mühen der Ebene führen. (…) Ob die Heutigen je eine Pleite der genannten Internet-Riesen erleben werden, kann niemand sagen. Amazon-Chef Jeff Bezos beschwört seit Jahren die zwangsläufige Insolvenz jedes Boom-Unternehmens, wie auch des seinen. Für die 200 Millionen Paket-Junkies seiner Plattform ist dies wohl kaum vorstellbar. Dasselbe gilt für unser tägliches Googlen. Auf Facebook herrschen etwas speziellere Bedingungen – sowohl, was seine Angebote wie auch seine Nutzer betrifft. Unter deutlich über 2 Mrd. monatlich aktiven Facebookianern befinden sich laut 2014er Statistiken in europäischen Ländern überdurchschnittlich viele Akademiker – nur nicht in Deutschland. (…) In Gestalt nüchterner Zahlen kommen dabei täglich ca. 4 Petabyte neue Daten auf Facebook in kollektiver Arbeit zustande. Dies dürfte ein Spitzenwert in menschlicher Zeichenproduktion überhaupt sein. Bei vielen, die gar nicht oder nur auf Konsumentenseite damit konfrontiert sind, ist ein Bewusstsein über Arbeit und Wert in diesem neuartigen Feld noch nicht spürbar eingetreten. Angedeutete politische oder kooperative Initiativen darf man getrost als Kurieren an begrenzten Symptomen bezeichnen. Der Kulturwandel hat laufend unbekannte Opfer. Regenerationen einer zerstörten sozioökonomischen Basis von Medienproduktion wären eine Zukunftsaufgabe, für die wir in der Öffentlichkeit kompetente Sprecher oft vergeblich suchen, wie auch der politische Mut und die gedankliche Kreativität dazu zu fehlen scheinen und die Debatte nur am Rande läuft. Für einen Medien-Hype ist eine solche Selbstthematisierung vielleicht und dann tragischerweise etwas zu abstrakt und ohne emotionalen Faktor für das große Publikum selbst. Dass die Konsequenzen nicht noch bitterer werden, sollte eigentlich Motivation genug sein.“ Artikel von Daniel Hermsdorf vom 5. Januar 2020 bei Telepolis - Internet-Plattformen: digitale Monopolmacht?
„Internetplattformen wie Amazon, Google, Facebook oder auch Uber sind aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Neben einer allgemeinen Technikbegeisterung finden jedoch zunehmend kritische Stimmen Gehör: Eine Regulierung der Internetplattformen scheint mittlerweile unumgänglich. Die EU-Kommission arbeitet daher aktuell an Regulierungsmaßnahmen für Internetplattformen. (…) Der großen ökonomischen Macht einiger weniger großer Plattformen stehen häufig sehr schlechte Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten gegenüber. (…) Das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union richtet sich jedoch gerade darauf, das Ausnutzen zu großer Marktmacht durch einzelne Unternehmen zu unterbinden. Fairer Wettbewerb ist nur möglich, wenn sich alle an die Spielregeln halten. (…) Ein effektives Wettbewerbsrecht müsste zunächst arbeitsmarktpolitische Überlegungen und insbesondere die Situation der Beschäftigten bei Entscheidungen der EU-Wettbewerbskommission stärker ins Kalkül ziehen. Bisher findet eine angemessene Berücksichtigung von ArbeitnehmerInneninteressen in der Wettbewerbspolitik der EU nicht statt. Das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen durch Lohndruck oder schlechte Arbeitsbedingungen muss jedoch verhindert werden. Ein faires Wettbewerbsumfeld im Digitalbereich kann überdies nur dann geschaffen werden, wenn auch Faktoren wie die Datenkonzentration bei Entscheidungen einbezogen werden. Zugleich kann das Wettbewerbsrecht alleine nicht genug sein: So stellt sich eine Vielzahl von arbeits- oder auch steuerrechtlichen Fragen. Eine baldige gesetzliche Regulierung der Internetökonomie und ihrer Plattformen erscheint vor diesem Hintergrund unumgänglich.“ Beitrag von Michael Gogola vom 16. Dezember 2019 bei Kompetenz online- Anm.: Zu beachten ist bei dieser Haltung zum Wettbewerb vielleicht, dass die Idee von einer Marktgerechtigkeit nicht nur typisch liberal-kapitalistisch (vgl. FDP) ist, sondern nicht nur Marx sondern auch Schumpeter die Monopolbildung gerade als wesentlich für die Überwindung des Kapitalismus betrachteten.
- Siehe dazu auch: Die Internetgiganten in die Schranken weisen
- Neue Wettbewerbsregeln für die Plattformökonomie
„… Wie soll Politik auf die übermächtigen Digitalkonzerne Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft (GAFAM) und Co. reagieren? Eines der schärferen Schwerter der deutschen Regulierungsbehörden ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), welches unsere marktwirtschaftliche Ordnung vor Monopolen und ökonomischer Machtkonzentration einzelner Unternehmen schützen soll. Bereits im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung angekündigt, das Wettbewerbsrecht zu modernisieren. Nun liegt ein Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für die 10. GWB-Novelle mit wichtigen Neuerungen vor, der sich aktuell in der Ressortabstimmung befindet. Aber stellen die vorgeschlagenen Maßnahmen einen ausreichenden Schutz gegen die Macht der Internetgiganten dar? (…) Trotz dieser vielversprechenden Reformen scheitert die GWB-Novelle am Versuch, die Wettbewerbsregeln fit fürs digitale Zeitalter zu machen. Denn der vermeintlich „freie“ Wettbewerb, den das GWB schützen soll, ist in weiten Teilen der Digitalökonomie gar nicht mehr vorhanden. (…) Für benachteiligte Drittanbieter:innen auf der Plattform ist es praktisch kaum möglich, die unfairen Handelspraktiken aufzudecken und in einem Verfahren über mehrere Instanzen gegen Internetgiganten wie Amazon anzuklagen. Leider wurde auch das unter anderem von der Monopolkommission geforderte Antragsrecht von (Datenschutz-) und Verbraucherschutzorganisationen zur Aufnahme eines Kartellverfahrens bei offensichtlichen Rechtsverstößen nicht bei der neuen GWB-Novelle berücksichtigt. Bleibt also nur das Bundeskartellamt selbst, das auf Basis des neuen Artikels §19a zwar eigenständig in diesen Fällen aktiv werden könnte, jedoch mit 350 Mitarbeiter:innen bei Weitem nicht über eine ausreichende Personaldecke verfügt, um einen Marktplatz wie Amazon mit mehreren hundert Millionen Produkten permanent zu überwachen. (…) Das Bundeswirtschaftsministerium verpasst in der 10. GWB-Novelle die Chance, eine rechtliche Grundlage für die Entflechtung beziehungsweise Aufspaltung von Großkonzernen wie Google, Amazon oder Facebook zu schaffen, von denen eine nachhaltige und substantielle Verzerrung des Wettbewerbs ausgeht. Dabei scheint die Zeit reif: Der Ruf nach einer härteren Gangart gegenüber Großkonzernen ertönt in den letzten Jahren immer lauter und quer durch das politische Spektrum…“ Gastbeitrag von Dominik Piétron und Marita Wiggerthale vom 6. Dezember 2019 bei Netzpolitik.org - [FsA] Brecht die Macht der Digitalkonzerne! „Google muss zerschlagen werden!“
„Genau das Gleiche gilt natürlich auch für Facebook, Microsoft, Amazon und Apple. Konzerne, die mit einer Marktmacht von Hunderten Milliarden Euro kleine und mittlere Staaten in die Tasche stecken könnten, dürfen nicht existieren. Und es gab in der Geschichte der USA schon einige Beispiele, wo der Staat solche Unternehmen auseinander genommen hat. Digitalcourage schreibt uns dazu: „Google muss zerschlagen werden!“ sagten wir bereits 2013, als wir Google einen BigBrotherAward verliehen haben. Dafür wurden wir angefeindet und auch ausgelacht, denn das sei ja völlig unmöglich. Doch unmöglich ist das keineswegs. Hättest Du’s gewusst? Standard Oil wurde 1911 zerschlagen, 1982 fiel das Telefonmonopol von AT&T, und Microsoft darf Windows nicht mehr mit dem Internet-Explorer koppeln. Wir stellen uns der Macht der Internet-Konzerne entgegen. Jetzt ist die Chance, etwas zu bewegen! (…) Wir sind überzeugt: In Sachen Google, Facebook, Amazon & Co. geht es schon längst nicht mehr nur um das Behindern des Wettbewerbs und das Übervorteilen von Verbrauchern − auf dem Spiel stehen heute auch die Unabhängigkeit der öffentlichen Meinung und die unserer Demokratie. (…) Die Auseinandersetzung um die Macht der Internetkonzerne beginnt jetzt und heute: Schon im Frühjahr 2020 wird der Bundestag über das neue Wettbewerbsgesetz abstimmen. Zusammen mit vielen Verbündeten arbeiten wir zur Zeit an einem Kommentar zum Gesetzentwurf der Regierung und stellen konkrete Forderungen auf. Denn die Wettbewerbshüter haben bisher bei der Einhegung der Digitalkonzerne versagt. Wir wollen endlich einen wirksamen Hebel im Gesetz verankern…“ Aufruf vom 1. Dezember 2019 von und bei der Aktion Freiheit statt Angst
Siehe zum Thema von vielen Beiträgen im LabourNet v.a.:
- Dossier: #TwitterÜbernahme durch #ElonMusk: Wir kennen nun den Preis der #Meinungsfreiheit
- Dossier: Digital Services Act: EU-Parlament will verhaltensbasierte Werbung und invasives Tracking großer Plattformen einschränken
- Musk ein Muss? Die Bedeutung Sozialer Medien für kritischen Journalismus
- Digitale Nachhaltigkeit: Demokratie für das Netz
- „Public Service Media and Public Service Internet Manifesto” für die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Internets
- „Angriff auf die Vormacht des Silicon Valley“ – EU unternimmt Vorstöße zur Begrenzung der Marktmacht der großen US-Internetkonzerne in Europa