Welcher Messer-Angriff gegen 11 Polizisten rechtfertigt 6 Schüsse aus Maschinenpistole auf senegalesischen 16-Jährigen in der Dortmunder Nordstadt?
Dossier
„Bei einem Einsatz hat die Polizei in Dortmund am Montagnachmittag einen Jugendlichen mit einer Maschinenpistole erschossen. Er soll die Beamten angegriffen haben. (…) Fünf Schüsse aus Maschinenpistole trafen den 16-Jährigen Senegalesen in den Bauch, in den Kiefer, in den Unterarm und zweimal in die Schulter. Laut Polizei hatte der Jugendliche bei dem Einsatz die Beamten mit einem Messer angegriffen. Es seien 11 Polizisten vor Ort gewesen, einer von ihnen habe die Schüsse aus der Maschinenpistole abgegeben. (…) Vernommen werden die Beamten nicht von ihren direkten Kollegen aus Dortmund. Aus Neutralitätsgründen übernahm das die Recklinghäuser Polizei. (…) Bei dem Einsatz sind laut Staatsanwaltschaft Reizgas und Elektroschocker benutzt worden.“ WDR-Meldung vom 09.08.2022 („Dortmund: 16-Jähriger bei Messer-Angriff auf Polizisten erschossen“), siehe zum Tod des unbegleiteten Minderjährigen am 8. August 2022 in Dortmund #justice4mouhamed – Solidaritätskreis Mouhamed Lamine Dramé Dortmund und hier weitere Infos:
- Nicht nur massive Proteste gegen die Freisprüche: Anwältin der Familie Dramé legt gegen das Urteil Revision ein, Staatsanwaltschaft nur gegen den Freispruch für den Einsatzleiter
- Revision gegen Freisprüche
„Staatsanwaltschaft und Nebenklage akzeptieren nicht, dass niemand für den Tod Mouhamed Dramés bestraft werden soll. Sie legen Revision ein.
Im Fall des von der Polizei in Dortmund erschossenen Geflüchteten Mouhamed Dramé hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Diese beziehe sich allerdings allein auf den Freispruch des Einsatzleiters Thorsten H., für den die Ermittler:innen eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten gefordert hatten, so deren Sprecher Henner Kruse zur taz. Für die vier weiteren angeklagten Polizist:innen hatte die Staatsanwaltschaft Anfang Dezember auf Freispruch plädiert – auch für den Todesschützen Fabian S. Anwältin Lisa Grüter, die Dramés Familie als Nebenklägerin vertritt, kündigte an, ebenfalls in Revision gehen zu wollen. „Ich tendiere allerdings dazu, gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund in Gänze vorzugehen“, sagte die Juristin der taz. Damit habe der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe „die Möglichkeit, den Blick auf die Rolle aller einzelnen Angeklagten zu richten“…“ Artikel von Andreas Wyputta vom 17.12.2024 in der taz online - »Ein wenig Menschlichkeit hätte schon geholfen«. Die Nebenklage und die Staatsanwaltschaft fechten den Freispruch für Polizist*innen vor dem Bundesgerichtshof an
„… Die Staatsanwaltschaft geht nur gegen das Urteil gegen den Einsatzleiter in Revision, weil sie nur in seinem Fall eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat gefordert hat. Wir werden voraussichtlich das Urteil in Gänze anfechten. Weil dieser Einsatz auch nur im Zusammenspiel der einzelnen Beteiligten betrachtet werden muss, die gehandelt und reagiert haben und Befehlen gehorcht haben, ohne das zu hinterfragen…“ Aus dem Interview von Matthias Monroy vom 17.12.2024 in ND online mit Lisa Grüter – sie ist Fachanwältin für Strafrecht in einer Kanzlei in Dortmund. Sie ist in der Nebenklage primär für Betroffene von Gewalt und/oder Rassismus tätig. - Freispruch für Polizisten im Fall Mouhamed Dramé: Revision eingelegt
„Am Donnerstag hatte das Dortmunder Landgericht das Urteil gegen fünf Polizisten wegen eines tödlichen Polizeieinsatzes verkündet. Sie alle wurden freigesprochen. Am Montag erklärte die Staatsanwaltschaft, dass sie gegen einen Freispruch Revision eingelegt hat. (…) Die Revision der Dortmunder Staatsanwaltschaft bezieht sich auf den Freispruch für den Einsatzleiter. Für ihn hatte die Staatsanwaltschaft zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert. Mit dem Freispruch ist sie nicht einverstanden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird sich mit dem Urteil beschäftigen müssen und das Urteil auf mögliche so genannte Rechtsverletzungen untersuchen. Bis Mitte April kann die Staatsanwaltschaft Dortmund die Revision beim BGH schriftlich begründen. Der muss dann darüber entscheiden. Auch die Nebenklage, die Anwältin der Familie Dramé, plant, noch in dieser Woche Revision einzulegen. (…) Eine Straftat hatte das Landgericht am Donnerstag weder beim Schützen noch beim Einsatzleiter gesehen. Sie haben rechtmäßig gehandelt, stellte der Richter vergangene Woche fest. Die Polizisten hätten davon ausgehen müssen, in Gefahr zu sein, als Mouhamed Dramé sich mit einem Messer auf sie zu bewegte. Das Gericht betonte aber auch, dass Mouhamed Dramé die Polizisten nicht angreifen wollte, sondern lediglich versuchte, vor dem eingesetzten Pfefferspray zu flüchten. (…) Der gesamte Prozess wurde von vielen Zuschauern verfolgt, so auch bei der Urteilsverkündung. Als die Verhandlung abgeschlossen war, skandierten Aktivisten im Zuschauerbereich des Gerichtssaals „Justice for Mouhamed – Das war Mord“. Justizbeamte haben das Publikum dann aufgefordert, den Gerichtssaal zu verlassen. (…) Als Reaktion auf das Urteil haben am Donnerstagabend rund 300 Menschen spontan in der Dortmunder Nordstadt demonstriert. Sie zeigten Unverständnis über die Freisprüche und forderten weiter Gerechtigkeit für Mouhamed Dramé. Die Demonstration zog auch zur Nordwache, wo die freigesprochenen Polizisten 2022 eingesetzt waren. Zahlreiche Polizisten sicherten die Wache vor der Demonstration ab, die nach einigen polizeifeindlichen Parolen weiterzog.“ Bericht von David Peters und Catherine Jaspard vom 16. Dezember 2024 beim WDR mit 45-minütigen sehenswerten Video - Nach Urteilen im Dramé-Prozess: 1.500 Menschen protestieren gegen Freisprüche
„Alle angeklagten PolizistInnen wurden im Prozess um die tödlichen Schüsse auf Mouhamed Dramé freigesprochen. DemonstrantInnen fordern Gerechtigkeit.
Zwei Tage nach den Freisprüchen im Prozess um die tödlichen Polizeischüsse auf den 16-jährigen Flüchtling Mouhamed Dramé haben nach Polizeiangaben in Dortmund etwa 1.500 Menschen gegen das Urteil protestiert. Die Veranstalter sprachen von 2.000 Menschen, die am Samstag hinter einem Porträt des erschossenen Jugendlichen gingen und „Gerechtigkeit und Solidarität“ forderten. Teilnehmende äußerten Enttäuschung und Wut darüber, dass nach dem knapp einjährigen Prozess alle fünf angeklagten Polizistinnen und Polizisten freigesprochen wurden.
Mehrere Redner sagten, der Tod von Mouhamed Dramé sei kein Einzelfall. Sie forderten „strukturelle Veränderungen, um weitere Tötungen durch die Polizei zu verhindern“. Der Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ als Veranstalter der Demonstration, an der auch zwei Brüder des Getöteten teilnahmen, kritisierte „ein Fehlen von Verantwortungsübernahme und Reflexion“. Auch eine „ehrliche, aufrichtige Entschuldigung“ bei der Familie stehe aus.
Die „strukturelle Dimension von tödlicher Polizeigewalt“ müsse Thema sein, so der Solidaritätskreis. Unter anderem müsse eine unabhängige Beschwerde- und Kontrollinstanz gegenüber der Polizei etabliert werden…“ Agenturbeitrag vom 15.12.2024 in der taz online - Freispruch trotz tödlicher Fehler
„Im Verfahren zum Tod von Mouhamed Dramé wurden alle Polizisten freigesprochen. Das Urteil zeigt: Ein Strafverfahren eignet sich kaum dafür, die strukturellen Probleme polizeilicher Gewaltanwendung zu bearbeiten. Aber es macht sie sichtbar. (…)
Sie hätten sich in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befunden, da sie fälschlich von einer Notwehrlage ausgingen, als Dramé nach dem Reizgas-Einsatz mit dem Messer in der Hand auf sie zukam. Daher hätten sie nicht schuldhaft gehandelt. Mit dieser Argumentation lehnt das Gericht einerseits eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der handelnden Beamt:innen ab. Andererseits stellt es verhängnisvolle polizeiliche Fehleinschätzungen fest und kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz aus strafrechtlicher Sicht mindestens in Teilen rechtswidrig war. Schon die Arbeit der Staatsanwaltschaft und die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung konnten grundlegende Probleme polizeilicher Gewaltanwendung in solchen Konstellationen zeigen. In der Öffentlichkeit werden die Freisprüche aber wohl anders verstanden werden.
Manche Polizeieinsätze wenden eine Gefahrensituation nicht ab, sondern stellen sie überhaupt erst her oder verschärfen sie. In der empirischen Polizeiforschung wird das Phänomen als state oder officer created danger beschrieben. So lag der Fall hier: Als die Beamt:innen in Dortmund am späteren Tatort eintrafen, war die Situation statisch – also so, wie die Polizei Situationen eigentlich gerne haben möchte, um sie sicher, effektiv und gut bearbeiten zu können. Es gab keine Dynamik, Dramé konnte sich nicht ohne weiteres entfernen und eine Gefährdung Dritter war nicht gegeben. Dies allerdings änderte sich erst durch den Einsatz des Pfeffersprays. (…) Aus Sicht der Polizeiforschung ist zu fragen, wie polizeiliche Fehleinschätzungen vermieden werden können, die wie hier eine gewaltvolle Eskalation der Situation erst produzieren. Dafür wäre es zentral, ein polizeiliches Vorgehen mit Gewalt zu entnormalisieren. Gewalt fungiert in der polizeilichen Praxis neben der Kommunikation als das gängige Einsatzmittel. Andere mögliche Wege des Vorgehens als der Gewalteinsatz geraten so in den Hintergrund und werden nicht mehr gesehen…“ Gastbeitrag am 17.12.2024 in lto.de von Prof. Dr. Tobias Singelnstein und Hannah Espín Grau und Laila Abdul-Rahman (Hervorhebung von uns) - Fall Mouhamed Dramé: Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
„Der Freispruch für fünf Polizist:innen in Dortmund zeigt erneut: Staatsgewalt ist tödlich – und die falsche Antwort auf psychische Krisen. (…) Das Problem ist: Diesen Polizeieinsatz hätte es so nie geben dürfen. Immer wieder sterben Menschen durch Polizeikugeln. Immer wieder trifft es vor allem Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. Menschen, die nicht zurechnungsfähig sind. Die wie Dramé suizidgefährdet sind. Viele von ihnen erleben weitere Formen von Diskriminierung, etwa Armut oder Rassismus. Am Ende sind sie tot, statt dass ihnen geholfen wurde – weil die Polizei bei ihrem Einsatz selbst erst die Notwehrsituation hervorruft. (…) Seit Jahren schon mahnen Expert*innen, dass bewaffnete Uniformierte, die vorpreschen und dabei womöglich noch Pfefferspray, Taser oder gar Schusswaffen einsetzen, die Situation eskalieren, statt sie zu beruhigen. Immer wieder fordern sie, dass es Notärzt*innen oder psychosoziale Krisendienste sein müssten, welche die Betroffenen zuerst erreichen. Trotzdem sinken die Zahlen nicht – sie steigen…“ Kommentar von Dinah Riese vom 12.12.2024 in der taz online - Mouhamed Dramé: Wut auf Demo über Freisprüche
„Nach Freisprüchen für Polizisten, die Mouhamed Dramé erschossen haben, demonstrieren in Dortmund fast 2000 Menschen
Der Platz vor dem Dortmunder Hauptbahnhof ist voll. Dicht gedrängt stehen sie, tragen Fahnen und Schilder bei sich, auf denen sie »Justice for Mouhamed« fordern. Mouhamed Dramé, ein junger Mann aus dem Senegal, war im Sommer 2022 von einem Polizisten erschossen worden. Die Umstände des Polizeieinsatzes gegen Dramé warfen viele Fragen auf. Ein Prozess gegen die am Einsatz beteiligten Polizist*innen folgte. Am vergangenen Donnerstag wurde das Urteil gesprochen. Freisprüche für alle. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich Gerechtigkeit von dem Prozess versprochen hatten. Die Reaktionen? In erster Linie Wut: Am Donnerstagabend eine Spontandemonstration von 300 Menschen durch die Dortmunder Nordstadt. Demonstrant*innen sprachen anschließend von einer dynamischen Demo. Die Polizei von »aufgeheizter Stimmung«...“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 15.12.2024 in ND online
- Revision gegen Freisprüche
- Keine Justice4Mouhamed im Dortmunder Skandalurteil: Freisprüche für alle 5 Polizist*innen, das Gericht geht noch weiter als die Staatsanwaltschaft und von echter Notwehr aus
- Freisprüche in Dortmund: Keine Gerechtigkeit für Mouhamed. Urteil wird der Kultur tödlicher Polizeigewalt kein Ende setzen.
„Alle fünf Polizist*innen wurden freigesprochen. Die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse.
Der Solidaritätskreis und das Grundrechtekomitee sind fassungslos, wütend und traurig. Es geht nicht um die Angemessenheit von Strafe, sondern um das völlige Fehlen einer Verantwortungsübernahme. Das Gericht billigte mit den Freisprüchen und der Würdigung das Einsatzverhalten aller 5 Beamt*innen., die tödliche Einsatzlogik wurde anerkannt. Die 5 Polizist*innen, die an dem Einsatz beteiligt waren, werden weiterhin ihre Berufe ausüben dürfen und ihren Beamt*innenstatus nicht verlieren. Eine ernsthafte Entschuldigung und Verantwortungsübernahme durch die Polizei stehen auch nach einem Jahr Prozess weiterhin aus.
„Das heutige Urteil wird nicht dazu beitragen, tödliche Polizeieinsätze in Zukunft zu verhindern. Im Gegenteil, das Urteil ist ein Signal an die Polizei: Ihr könnt weitermachen wie bisher, für tödliche Schüsse drohen keine Konsequenzen“ , kritisiert Britta Rabe, die den Prozess für das Komitee für Grundrechte und Demokratie beobachtet hat..
Anna Neumann, Pressesprecher*in des Solidaritätskreises Justice4Mouhamed kritisiert: „Dieses Urteil wird Geschichte schreiben: Zukünftige Urteile werden sich darauf beziehen. Damit rückt eine selbstkritische Reflexion und Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus seitens der Polizei in weite Ferne. Das ist fatal, denn wir brauchen strukturelle Veränderungen, um weitere Tötungen durch die Polizei zu verhindern.“
Mouhameds Familie fordert, dass so etwas nie wieder passiert. Seit Mouhameds Tod sind jedoch bereits zahlreiche weitere Menschen durch oder in den Händen der Polizei gestorben. (…)
Der Kampf um ein würdevolles Gedenken an Mouhamed Dramé, Gerechtigkeit für seine Familie und ein Ende tödlicher Polizeigewalt werden auch nach dem Prozess weitergehen. Dazu ruft der Solidaritätskreis am 14.12, um 13:12 Uhr, mit dem Startpunkt Katharinentreppen, zu einer Demonstration auf, um das Urteil zu skandalisieren und weiterhin Gerechtigkeit für Mouhamed, seine Familie und Betroffenen von tödlicher Polizeigewalt zu fordern. No Justice, no Peace.“ Gemeinsame Pressemitteilung von Solidaritätskreis Justice4Mouhamed und Grundrechtekomitee vom 12.12.24 - Dramé-Prozess: Tödlicher Polizeieinsatz bleibt komplett straflos. Prozess wegen Tod von Mouhamed Dramé endet mit Freisprüchen für fünf Angeklagte
„In Dortmund endete der Strafprozess gegen fünf Polizist*innen, die wegen der Tötung des senegalesischen Geflüchteten Mouhamed Dramé vor Gericht standen, mit vollumfänglichen Freisprüchen. Vor Gericht standen der 55-jährige Einsatzleiter Thorsten H. sowie die vier Beamt*innen Jeanine Denise B., Markus B. (beide 34), Pia Katharina B. (29) und Fabian S. (31). Der Vorsitzende Richter Thomas Kelm erkannte in ihrem Einsatz eine Notwehrlage, da die Polizist*innen das spätere Opfer als gefährlich wahrnahmen. (…) Die Verteidigung verlegte sich unter anderem auf eine Delegitimierung von Zeug*innen, denen widersprüchliche Aussagen unterstellt wurden. Die tödliche Gewalt sei notwendig gewesen, um einen Suizid zu verhindern, war eine der Argumentationen. Am Ende sei der Getötete selbst schuld gewesen, da er sich »falsch verhalten« habe. Selbst Dramés Bewegungen nach den Schüssen, als er schwer verletzt seine Hände zu den Wunden führte, deutete die Verteidigung als »wehrig« und »renitent«. Die Selbstviktimisierung der angeklagten Polizist*innen wurde durch Medien gestützt. Der Todesschütze betonte vor Gericht glaubwürdig, wie sehr er unter den Ereignissen leide und entschuldigte sich bei den Angehörigen. In einem Podcast des WDR und einer niederträchtigen Reportage von Spiegel-TV wurde ihm aber auch viel Raum gegeben, das Geschehen wie einen Unfall darzustellen. Die tödliche Gewalt erscheint dabei nicht als Fehler der Polizei, sondern als unvermeidlich.
In einer Stellungnahme kritisiert der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed, der den Prozess an jedem Verhandlungstag begleitete, strukturellen Rassismus in der Polizei. Ein »shooting bias« führe zu fatalen Fehlern, die insbesondere Menschen mit Migrationsgeschichte, psychischen Krisen oder Armut beträfen. Zudem habe die falsche Darstellung von Dramé als aggressiven »Messertäter« rassistische Vorurteile verstärkt und der Familie Dramé weiteren Schmerz zugefügt. Die Soligruppe verweist auch darauf, dass der Strafantrag gegen den Einsatzleiter Thorsten H. unter der Grenze zum Verlust des Beamtenstatus liegt.
»Das heutige Urteil wird nicht dazu beitragen, tödliche Polizeieinsätze in Zukunft zu verhindern. Im Gegenteil, das Urteil ist ein Signal an die Polizei: Ihr könnt weitermachen wie bisher, für tödliche Schüsse drohen keine Konsequenzen« , kritisiert Britta Rabe, die den Prozess für das Komitee für Grundrechte und Demokratie beobachtet hat, am Donnerstag. (…)
Das Dortmunder Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision durch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist auf Antrag möglich.“ Artikel von Matthias Monroy vom 12.12.2024 in ND online - Spontandemo: Mouhameds Mörder bleiben ungestraft
„In einem empörenden Schauspiel wurden heute vor dem Landgericht 5 Polizist:innen, die am 8.8.2022 den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé töteten, freigesprochen. Kommt heute Abend um 18:30 zum Mehmet-Kubaşık-Platz. Wir wollen unserer Wut Ausdurck verleihen und im Viertel deutlich machen, dass wir dieses Schandurteil nicht akzeptieren…“ Aufruf bei latscher.in zur Demo am 12.12.24 ab 18:30 am Mehmet-Kubaşık-Platz - #Erlaubnistatsbestandsirrtum // #Erlaubnistatsbestandsirrtumsmissbrauch
- Freisprüche in Dortmund: Keine Gerechtigkeit für Mouhamed. Urteil wird der Kultur tödlicher Polizeigewalt kein Ende setzen.
- Das Landgericht Dortmund verkündet am 12. Dezember um 13 Uhr die Urteile zum getöteten Mouhamed Dramé – Anlaß für Mahnwache, Veranstaltungen und die Großdemo durch Dortmund am 14.12.
- Der Solikreis Justice4Mouhamed organisiert wieder eine Mahnwache anlässlich des letzten Prozesstages mit Urteilsverkündung: 12. Dezember 2024 ab 7:30 am Landgericht – Kaiserstraße 34, Dortmund
- [12.12. in Dortmund ] Podiumsgespräch: Der Fall Oury Jalloh
„Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. Der Fall beschäftigt die Justiz bis heute – und das nur, weil die @initiative_ouryjalloh nicht locker ließ, in einzigartiger Weise immer wieder Beweise und Gutachten vorbrachte. Für Angehörige und Freunde ist klar: Das war Mord! Sie kämpfen für Erinnerung, Aufklärung und Konsequenzen. Mamadou Saliou Diallo, Bruder von Oury Jalloh, wird u.a. über die Erinnerungsarbeit sprechen…
Datum: Dezember 12, 2024
Uhrzeit: 7:00 pm – 10:00 pm
Ort: Münsterstr. 54, Dortmund - [13.12. in Dortmund]Kundgebung: Gegen der Neubau der Wache Nord
Am Freitag dem 13.12. von 15 bis 18 Uhr läd die Anarchistische Gruppe zu einer Kundgebung ein, um gegen den geplanten Bau einer neuen Polizeiwache Nord in Dortmund zu protestieren: Der Bau dieser Wache ist nicht nur eine Verschwendung von Ressourcen, sondern eine weitere Eskalation von Rassismus und Gewalt in der Nordstadt.
Datum: Dezember 13, 2024
Uhrzeit: 3:00 pm – 6:00 pm
Ort: Freiherr vom Stein Platz, Dortmund - Demo 14.12.2024 um 13:12 Uhr – Aufruf zur Justice4Mouhamed Demonstration an den Katharinentreppen in Dortmund und Mobimaterial zum Download beim Solidaritätskreis Mouhamed Lamine Dramé Dortmund (mehr Infos auch weiter unten)
- Beim durch Polizeigewalt getöteten Mouhamed Dramé heißt das juristische Zauberwort der Staatsanwaltschaft „Erlaubnistatbestandsirrtum“: Sie fordert Bewährung für den Einsatzleiter und Freisprüche für den Rest
- Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé: Das waren die letzten Plädoyers vor dem Urteil – Unterschiedliches Rassismus-Verständnis wird offensichtlich
„Der Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé steht kurz vor einem Urteil. Am Mittwoch haben die Anwältin der Familie Dramé und die Verteidiger der Angeklagten ihre Schlussvorträge gehalten. Am Montag hatte bereits die Staatsanwaltschaft ihr Schlusspädoyer gehalten und lediglich eine Bewährungsstrafe für den Einsatzleiter gefordert. (…) Für Kritik sorgte bei Grüter auch eine Aussage des Oberstaatsanwalts Carsten Dombert am Montag. Der hatte gesagt, die Angeklagten seien durch Rassismusvorwürfe diskriminiert worden, obwohl sich in dem Verfahren keine Hinweise auf rassistische Einstellungen der Angeklagten ergeben hätten.
Grüter kritisierte Domberts Aussagen als nicht dem aktuellen Forschungsstand entsprechend. Schließlich würden rassistische Stereotype unterbewusst Entscheidungen beeinflussen und Handeln besonders in Stresssituationen leiten. Konkrete Strafforderungen möchte sie als Anwältin der Nebenklage nicht machen. Doch die von der Staatsanwaltschaft geforderte zehnmonatige Bewährungsstrafe sieht sie als zu gering an. Folgt das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, kann der Einsatzleiter als Polizist weiterarbeiten. Denn erst eine Verurteilung von mindestens einem Jahr würde zur Beendigung des Beamtenverhältnisses führen. Der Polizistin, die das Reizgas versprühte, wirft Grüter vor, die Anweisung des Einsatzleiters „blindlinks befolgt“ zu haben. Zeit für Rückfragen habe es sicherlich gegeben, glaubt die Anwältin. (…) Nach dem Prozesstag äußerte sich Grüter als Anwältin der Familie Dramé auf Nachfrage zu dem Prozesstag. Es sei für die Brüder schwer auszuhalten gewesen, die Vorwürfe zu hören, ihr Bruder habe die Polizisten angreifen wollen. Dass die Polizistin ihre Redemöglichkeit genutzt hat, um Anteil zu nehmen, empfindet sie als „anständig“. Es sei schade, dass die anderen Angeklagten das nicht getan haben. Für den 12. Dezember 2024 hat Richter Thomas Kelm ein Urteil in dem Fall angekündigt. Dafür treffen sich alle Beteiligten ein letztes Mal in dem Prozess um 13 Uhr im Landgericht Dortmund.“ Bericht vom 6. Dezember 2024 der Nordstadtblogger-Redaktion mit umfangreicher Darstellung der Plädoyers, siehe auch: - Prozesstag am 09.12-2024 beim Radio Nordpol und beim Solidaritätskreis Mouhamed Lamine Dramé Dortmund
- Bericht vom Prozesstag am 04.12.2024 beim Solidaritätskreis Mouhamed Lamine Dramé Dortmund
- Polizei soll weitgehend davonkommen: Staatsanwaltschaft will nur Einsatzleiter zum Tod von Mouhamed Dramé verurteilt sehen
„Wegen der Tötung von Mouhamed Dramé in Dortmund fordert die Justiz für den damaligen Einsatzleiter Thorsten H. unter anderem wegen fahrlässiger Tötung eine für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von zehn Monaten. Außerdem soll H. 5000 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen. Das machte die Staatsanwaltschaft am Montag vor dem Dortmunder Landgericht in ihrem zweistündigen Schlussplädoyer deutlich. Die anderen Angeklagten sollen demnach straffrei ausgehen, da sie bei der Tat im August 2022 irrtümlich eine Notwehrsituation angenommen hätten. Im Prozess um den Tod des 16-jährigen senegalesischen Flüchtlings stehen fünf Beamt*innen vor Gericht: Der Polizist, der Dramé mit einer Maschinenpistole erschoss, ein weiterer und zwei Polizistinnen die Taser und Pfefferspray eingesetzt haben und der Dienstgruppenführer, der sie dazu angestiftet haben soll. (…) Zur Begründung der vier geforderten Freisprüche erklärten die Staatsanwält*innen Carsten Dombert und Gülkiz Yazir, die Beamt*innen hätten beim Einsatz von Taser und Maschinenpistole lediglich Anordnungen ihres Vorgesetzten mit dem Ziel der Eigensicherung befolgt. Nur der Einsatz von Pfefferspray sei von dem Gruppenführer direkt gegen Dramé befohlen worden. Die ausführende Polizistin hätte zwar widersprechen können, habe die Situation aber nur schwer selbst einschätzen können. Dass der Einsatzleiter H. nicht davonkommen soll, begründet die Staatsanwaltschaft damit, dass dieser durch die Anordnung des als unrechtmäßig bewerteten Einsatzes des Pfeffersprays den fatalen Lauf der Dinge erst in Gang gesetzt habe. Die Staatsanwaltschaft sieht darin Verleitung einer untergebenen Person zur gefährlichen Körperverletzung im Amt. (…) Am Mittwoch plädieren die Angeklagten sowie zwei Brüder von Dramé als Nebenkläger. Am Donnerstag kommender Woche will der Vorsitzende Richter Thomas Kelm dann das Urteil verkünden. In seinem Plädoyer hat der Oberstaatsanwalt Dombert am Montag behauptet, der Prozess sei »von links und rechts« instrumentalisiert worden.“ Artikel von Matthias Monroy vom 2. Dezember 2024 in Neues Deutschland online - Fall Dramé: Staatsanwaltschaft fordert Freisprüche für vier Polizisten
„Der Einsatzleiter soll rechtswidrig den Einsatz von Pfefferspray gegen den 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed Dramé angeordnet haben. Der habe zuvor „statisch“ mit einem Messer im Hinterhof einer Jugendeinrichtung gehockt. Dramé befand sich zu dem Zeitpunkt in einer psychischen Ausnahmesituation und hatte das Messer gegen sich selbst gerichtet. Kontaktversuche von Betreuern und Polizisten waren gescheitert. Dramé sprach lediglich Französisch und Wolof, die Sprache seiner Heimatregion im Senegal. Nachdem eine Polizistin auf Befehl des Einsatzleiters Pfefferspray einsetzte, eskalierte die Situation. Dramé habe sich erhoben und habe sich in die einzig mögliche Fluchtrichtung – in Richtung der Polizisten – bewegt. Daraufhin setzen zwei Polizisten Taser gegen ihn ein. Nur Sekunden später schoss einer der Polizisten sechsmal auf den Jugendlichen. Der starb an den Folgen eines Bauchschusses. (…) Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätte der Einsatzleiter vor Einsatz des Pfeffersprays die Lage neu bewerten und sich Gedanken über ein alternatives Vorgehen machen können. Zum Beispiel ein Spezialeinsatzkommando oder einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Für den Einsatz des Pfeffersprays bestand zu dem Zeitpunkt überhaupt keine Notwendigkeit, so Oberstaatsanwalt Dombert: „Dadurch hat er eine Kette in Lauf gesetzt, die dann zum Tod von Mouhamed Dramé geführt hat.“ Dass für die anderen vier Angeklagten Freisprüche gefordert wurden, lag am sogennanten „Erlaubnistatbestandsirrtum“. „Die Beamten, die die DEIGs eingesetzt hatten und der Schütze unterlagen alle einem Erlaubnistatbestandsirrtum. Das heißt: Sie haben sich eine Situation vorgestellt, die – hätte sie tatsächlich bestanden – sie berechtigt hätte, so einzugreifen, wie sie es getan haben“, erklärte Dombert. Die Polizisten waren in dem Moment, als Dramé sich mit einem Messer in der Hand auf sie zu bewegte, davon ausgegangen, dass sie sich verteidigen müssen. Auch wenn nicht festzustellen war, dass Dramé die Polizisten tatsächlich angreifen wollte. Dieser Punkt war der Staatsanwaltschaft wichtig: Sie hätte keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass der Jugendliche mit einem Angriffswillen auf die Beamten zugestürmt sei…“ Beitrag von David Peters vom 2. Dezember 2024 im WDR - „Der Beitrag verweist am Schluss auf die Unschuldsvermutung bis zum endgültigen Urteil hin. Die ändert jedoch nichts an dem schon jetzt beängstigenden und skandalösen Polizeiverhalten. Hätte nicht ein Schuss gereicht? Warum überhaupt der Einsatz einer Maschinenpistole gegen einen selbstmordgefährdeten Senegalesen? Warum der blödsinnige Einsatz von Pfefferspray? Wer soll und kann noch solchen Polizisten trauen, die sogar unfähig sind – trotz Schießausbildung – jemanden mit einem einzigen gezielten Schuss außer Gefecht zu setzen, ohne jemanden gleich zu töten? Anders gesagt: Unabhängig von der juristischen Sichtweise, können solche Polizisten unmöglich weiterhin aktiv staatlich legitimierte Gewalt ausüben. Für dermaßen berufliche unfähige Kandidaten bleibt nur die Entlassung aus dem Staatsdienst. Dass es sich bei dem Opfer um einen Schutzsuchenden aus Senegal handelt, ist kein Trost und macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil: Es gibt Menschen, die töten bewusst oder aus Fahrlässigkeit. Beim durch Polizeigewalt getöteten Dramé heißt das juristische Zauberwort der Staatsanwaltschaft „Erlaubnistatbestandsirrtum“. Ob das überhaupt gesinnungsmäßig überhaupt angebracht ist bleibt wohl bei soviel möglicher Erlaubnis zum Töten ungeklärt. Irren ist menschlich bzw. polizeilich betrachtet u.U. auch tödlich. Trau also besser keinen Polizisten. Wer weiß, ob du nicht das nächste irrtümlich erschossene Opfer bist… Denn eins steht nun wohl fest: Mehr Vertrauen in die Polizei hat die Staatsanwaltschaft mit ihrer fragwürdigen Verteidigungsstrategie nun wahrlich nicht geschaffen.“ Kommentar von Armin Kammrad vom 3. Dezember 2024 – wir danken!
- „Es macht fassungslos: Eine geschlossen handelnde Polizeieinheit, die sich vorab detailliert über die Eskalationsstufen und den Waffeneinsatz abgestimmt hat, eskaliert eine ruhige Situation ohne Fremdgefährdung & tötet einen jungen Mann. Und wird wegen „Notwehr“ freigesprochen?
#justice4mouhamed
Im Prozess forderte die Staatsanwaltschaft Freispruch für die Polizist*innen, die Mouhamed Dramé 2022 mit Pfefferspray, Tasern und einer Maschinenpistole getötet haben. (…) Lediglich der Einsatzleiter soll wegen Anstiftung zur gef Körperverletzung & fahrlässiger Tötung verurteilt werden. Hier fordert die Staatsanwaltschaft eine milde Strafe von 10 Monaten zur Bewährung. Auch er könnte somit ohne Konsequenzen im Dienst der #Polizei #Dortmund bleiben.
Sollte diese Sichtweise vom Gericht in Dortmund bestätigt werden, wäre das wohl auf absehbare Zeit der letzte Prozess, der wegen Polizeigewalt in solchen – eigentlich eindeutigen – Fällen in NRW geführt worden wäre. Ein fatales Signal. Und ein Freibrief zum Schießen.
Die Quintessenz dieser Sichtweise auf #justice4mouhamed: Sobald Polizist*innen aussagen „Ich dachte, ich muss das.“ bzw. „Ich dachte, ich darf das.“ zieht ein Tatbestandsirrtum und sie sind freizusprechen, selbst wenn sie getötet haben. Das ist eine Farce. Und eine tödliche dazu.“ Post von Antifa Medienzusammenhang Dortmund vom 3.12.24 auf bsky - „Einmal mehr bemerkenswert, wie akribisch in einem solchen Fall die einzelnen Handlungen der Beteiligten auseinanderdividiert werden, anstatt wie sonst eher üblich, die Tatbeiträge gegenseitig zuzurechnen und auf das Zusammenwirken abzustellen.“ Post von Tobias Singelnstein vom 3.12.24 auf bsky
- Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé: Das waren die letzten Plädoyers vor dem Urteil – Unterschiedliches Rassismus-Verständnis wird offensichtlich
- In letzten Zügen des Prozesses um den Tod von Mouhamed Dramé spricht die Staatsanwaltschaft nun von Fahrlässigkeit statt Vorsatz – Demo „Justice for Mouhamed“ am 14.12.24 in Dortmund
- Polizeiprozess in Dortmund kurz vor dem Ende. Angeklagte Beamt*innen könnten sich laut Richter »Notwehrsituation vorgestellt haben«
„… Am kommenden Montag sollen die letzten beiden Zeugen vernommen werden, gefolgt vom Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Am Mittwoch folgen die Schlussvorträge der Nebenklage sowie der Verteidigung der angeklagten Polizist*innen. Am 12. Dezember will der Vorsitzende Richter Thomas Kelm das Urteil verkünden. Diesen Zeitplan hat Kelm am Dienstag beim 28. Prozesstag vor dem Landgericht in Dortmund bestätigt. Der polizeiliche Schütze, der den aus dem Senegal stammenden Dramé mit seiner Maschinenpistole erschoss, ist wegen Totschlags angeklagt. Einem mitangeklagten Kollegen und den beiden Kolleginnen wirft die Staatsanwaltschaft wegen Einsätzen von Tasern und Pfefferspray gefährliche Körperverletzung im Amt vor. Der angeklagte Dienstgruppenführer soll seine Untergebenen zu der tödlichen Tat im Garten einer kirchlichen Jugendeinrichtung angestiftet haben. (…) »Wir wissen nicht, was im Kopf des Geschädigten vorging«, sagte der Richter dazu am Dienstag. Es sei im Prozess nicht zu klären gewesen, ob er mit dem Messer in der Hand fliehen oder die Polizei angreifen wollte. »Auf jeden Fall ist es aber so, dass sich die Angeklagten eine Notwehrsituation vorgestellt haben«, sagte Kelm. In einer solchen Konstellation komme für drei der Angeklagten, unter anderem für den Schützen, keine Bestrafung wegen vorsätzlicher Taten mehr in Betracht – wohl aber wegen fahrlässiger Delikte. Auch beim Gruppenführer könne dies zutreffen. (…) Seit einigen Monaten wirbt der Todesschütze in deutschen Medien um Verständnis für seine tödlichen Schüsse auf Dramé. Auch »Spiegel TV« gab ihm dazu vor einem Monat viel Raum. In der Sendung wurde der nd-Autor Friedrich Kraft, der mehrfach vom Prozess und über den Getöteten berichtete, mit falschen Tatsachenbehauptungen und einer aufdringlichen Kameraführung herabgewürdigt. Die Regisseurin Vanessa Nischik hielt ihm unter anderem vor, Mitglied der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe »Defund Police« zu sein. Hierzu hat das Landgericht Hamburg nun eine einstweilige Verfügung erlassen und das Magazin verpflichtet, Passagen aus dem Video zu entfernen. »Mit anderen Worten hatte Spiegel TV nachlässig recherchiert«, erklärt Medienanwalt Jasper Prigge, der Kraft vertritt…“ Artikel von Matthias Monroy vom 27.11.2024 in ND online - Polizeiprozess in Dortmund: Neue Idee zu Tod von Dramé – Staatsanwältin spricht von Fahrlässigkeit statt Vorsatz
„Im Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé hat die Staatsanwaltschaft beim 27. Prozesstermin am Montag vor dem Dortmunder Landgericht eine überraschende Neubewertung des Falls vorgenommen. Bei dem tödlichen Polizeieinsatz vom 8. August 2022 in Dortmund könnte demnach – statt wie bisher vorsätzliches Handeln der angeklagten Polizisten anzunehmen – für die Vorwürfe Totschlag und Körperverletzung auch Fahrlässigkeit in Betracht gezogen werden. Dies hätte ein deutlich geringeres Strafmaß zur Folge. Die Staatsanwältin Gülkiz Yazir gründet diese Neubewertung auf die Annahme eines sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtums. Dies würde bedeuten, dass die Polizist*innen möglicherweise fälschlicherweise von einer Notwehrsituation ausgingen und entsprechend handelten. Yazir regte vor dem Dortmunder Schwurgericht an, den Angeklagten diesbezügliche rechtliche Hinweise zu erteilen. Der aus dem Senegal geflüchtete Mouhamed Dramé war im Innenhof einer Jugendeinrichtung von fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole der Polizei tödlich getroffen worden. (…) Die Anklage gegen die insgesamt fünf Polizist*innen lautet bislang auf gefährliche Körperverletzung im Amt, beim Todesschützen als Hauptangeklagten auf Totschlag. Für Letzteres drohen bis zu 15 Jahre Haft, bei fahrlässiger Tötung wäre eine Geldstrafe oder eine deutlich geringere, möglicherweise zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe möglich. Noch offen ist, ob der Vorsitzende Richter Thomas Kelm die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenen Hinweise auf eine Neubewertung auch erteilen wird. Dies werde er bis zum nächsten Prozesstermin am Dienstag entscheiden. (…) Mit Interviews in verschiedenen Medien versucht der Hauptangeklagte derzeit Verständnis dafür zu wecken, dass er Dramé erschoss. Im Gerichtssaal wurde dazu am Montag eine einstündige Folge des WDR-Podcasts abgespielt. Darin betonte der inzwischen vorläufig suspendierte Polizist, er habe angesichts der als bedrohlich beschriebenen Situation im Innenhof der Jugendeinrichtung keine andere Wahl gehabt, als mit seiner automatischen Waffe zu feuern. Dies bereue er auch nicht.“ Artikel von Matthias Monroy vom 19. November 2024 in Neues Deutschland online - Demo 14.12.2024 – 13:12 Uhr Katharinentreppe – Dortmund Hbf
„… Der Prozess wird vorraussichtlich im Dezember enden, am 02.12 und 12.12 werden die Plädoyers vorgetragen. Am 02.12 ist das Plädoyer der Staatsanwaltschaft und am 12.12 sind die Plädoyers der Verteidigung. Ob auch das Urteil am 12.12 gesprochen wird, wird sich bei den kommenden Gerichtsterminen zeigen. In Reaktion auf diesen Prozess, der keine Gerechtigkeit für Mouhamed und seine Familie bringt, veranstalten wir am 14.12.2024 eine Großdemo in Dortmund…“ Aufruf bei justice4mouhamed - Bericht vom 28. Prozesstag am 26.11.2024
- Radio Nordpol – Beitrag zum 26. Prozesstag
„Der Prozess nähert sich seinem Ende und wie so oft an den letzten Prozesstagen war auch dieser nach nicht einmal 30 Minuten wieder beendet. Ausgesagt hat an diesem Prozesstag der Unfallchirug, der Mouhamed im Klinikum Nord operierte. Zu diesem Prozesstag hat das Radio Nordpol Lisa Grüter, die Anwältin der Nebenklage, interviewt. Außerdem wird mit den Brüdern Sidy und Lassane Dramé sowie ihrem Dolmeter Moustapha über deren Empfindungen und Eindrücke im Gerichtssaal 103 des Dortmunder Landgerichtes gesprochen…“ Siehe das Radio Nordpol-Dossier
- Polizeiprozess in Dortmund kurz vor dem Ende. Angeklagte Beamt*innen könnten sich laut Richter »Notwehrsituation vorgestellt haben«
- Polizeigewalt: Wie starb Mouhamed Lamine Dramé? Neue Details im Prozess gegen Polizisten
„Fast genau zwei Jahre nach dem Tod von Mouhamed Lamine Dramé, dem jungen senegalesischen Flüchtling, der in Dortmund auf ein besseres Leben hoffte, kommen immer mehr Details an die Öffentlichkeit. Durch sie lassen sich allmählich die Umstände, die zu seiner Tötung führten, rekonstruieren. Der 16 Jahre alte Mouhamed war am 8. August 2022 von der Dortmunder Polizei erschossen worden. Dabei sollen die beteiligten Polizisten ihn nicht vor dem Gebrauch von Pfefferspray, Tasern und vor allem Schusswaffen gewarnt haben. Ein Sachverständiger des Landeskriminalamts in Düsseldorf hat am Mittwoch vor dem Schwurgericht des Landgerichts Dortmund über die Funktionsfähigkeit der Maschinenpistole, aus der die tödlichen Schüsse auf Mouhamed abgefeuert wurden, ausgesagt. Demnach war die Maschinenpistole »voll funktionsfähig und wies keine Mängel auf«. Tests im Labor, so der Gutachter, bestätigten eindeutig, dass die Projektile, die Mouhamed getroffen haben, nur aus der Maschinenpistole des sogenannten Sicherungsschützen Fabian S. abgefeuert worden waren. Erörtert wurde auch, ob der Beamte die Maschinenpistole im Einzel- oder Dauerfeuer benutzt hatte. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ein Schütze seine Pistole selbst bedienen muss, um Schüsse abzugeben, oder ob er den »Dauerfeuer-Modus« eingeschaltet hat. Hierbei geht es um die Frage, ob Fabian S. gezielt einzelne Schüsse oder ob er kaum steuerbare Schüsse im Dauerfeuer abfeuern ließ. Das festzustellen, war dem Sachverständigen nicht mehr möglich. Der Gutachter will aber beides nicht ausschließen. Zeugen sagten zuvor aus, dass der »Sicherungsschütze« die Waffe nicht auf Dauerfeuer eingestellt hatte. Als Folge aus der Erschießung des jungen Senegalesen hat das Landesamt für die Ausbildung von Polizisten in NRW ein neues Einsatztraining mit Fokus auf den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen entwickelt. Mouhamed war in einer solchen. Er hatte ein langes Messer gegen seinen Bauch gehalten – in »suizidaler Absicht«, heißt es laut Polizeiangaben. (…)Das Landgericht verhandelt seit vergangenem Dezember gegen fünf beteiligte Beamt*innen unter anderem gegen den Einsatzleiter Thorsten H. sowie den Todesschützen Fabian S. Mouhamed Lamine Dramé starb, nachdem er von fünf Schüssen aus der Maschinenpistole getroffen und zuvor mit Pfefferspray sowie Tasern angegriffen worden war.“ Artikel von David Bieber vom 15. August 2024 in Neues Deutschland online - Einen Tag nach dem 19. und bei weitem nicht letzten Prozesstag jährt sich der Tod von Mouhamed Dramé durch Polizeikugeln zu 2. Mal
- »Mouhamed hat uns so viel Liebe geschenkt«. Vor zwei Jahren starb der aus dem Senegal Geflüchtete Mouhamed Dramé durch Polizeikugeln
„… Heute, zwei Jahre nach dem Tod Mouhameds, sind viele Einzelheiten des todbringenden Einsatzverlaufs bekannt. Gleichzeitig ist vor Gericht ein Kampf um Feinheiten entbrannt. Seit nunmehr 19 Prozesstagen wird darum gerungen, ob Mouhamed in den letzten Sekunden seines Lebens gegangen, gelaufen oder gerannt sei. Ob er sich schnell oder langsam erhob, nachdem er apathisch und zusammengekauert ein Messer gegen seinen Bauch gerichtet hatte. Als sich dann eine Wand von Polizist*innen vor ihm aufbaute und, wie der Prozess zeigte, weder der Einsatz von Pfefferspray, zweier Taser noch der Maschinenpistole angekündigt oder angedroht wurde. Fünf der sechs abgegebenen Schüsse trafen Mouhamed. Für Sidy und Lassana Dramé ist die Prozessteilnahme zur Belastungsprobe geworden. Es sei »ganz und gar nicht gut«, immer wieder die letzten Minuten im Leben des Bruders zu durchleben, konstatiert Lassana an einem sonnigem Tag im Spätjuli. (…) Je besser man Lassana kennenlernt, desto mehr bekommt man ein Gefühl dafür, wie lebensfroh und lustig Mouhamed gewesen sein muss. Gleichzeitig glaubt auch Lassana den Schilderungen vor Gericht, wie sein Bruder vor seinem Tod in eine psychische Ausnahmesituation geriet. Das widerspreche nur gänzlich dem, wie er seinen Bruder erinnere und was dieser ihnen zu Hause erzählte, sagt Lassana. Seiner Mutter Néné Fofana berichte er selbst aber nichts von den inneren Belastungen, die die letzten Monate für ihn und Sidy bereithielten: »Sie macht sich sowieso schon allzu viele Sorgen. Ich muss sie jeden Tag anrufen, um ihr zu sagen, dass alles gut ist.« Sidy und er, sie seien hier für die Familie, für das Dorf Ndiaffate, für alle die Mouhamed kannten und denen sie sich verpflichtet fühlen. Um für Gerechtigkeit zu kämpfen, für ihren Bruder, für Mouhamed Lamine Dramé.“ Artikel von Friedrich Kraft vom 07.08.2024 in ND online , siehe auch:- »Ich werde oft gefragt, ob ich Mouhamed je kennengelernt habe«. Unterstützer*innen des in Dortmund getöteten Geflüchteten wollen, dass an ihn erinnert wird – so wie er war
Interview von Friedrich Kraft vom 07.08.2024 in ND online mit William Dountio (langjähriger Dortmunder Aktivist, Mitbegründer des Solidaritätskreises Justice4Mouhamed und fungiert für die Familie Dramé als Berater, Begleiter und Sprecher) und Lisa Grüter (arbeitet in Dortmund primär als Strafverteidigerin und begleitet Geschädigte in Prozessen mit Polizeibezug)
- »Ich werde oft gefragt, ob ich Mouhamed je kennengelernt habe«. Unterstützer*innen des in Dortmund getöteten Geflüchteten wollen, dass an ihn erinnert wird – so wie er war
- [19. Prozesstag] Getöteter Mouhamed Dramé (†16): Wie lange wurde das Pfefferspay eingesetzt?
„Im Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé sagt ein BKA-Experte aus. Der Mann hat das eingesetzte Pfefferspray-Sprühgerät eingehend untersucht.
Der Fall des bei einem Polizeieinsatz getöteten Mouhamed Dramé wird das Schwurgericht voraussichtlich noch weitere Wochen und Monate beschäftigen. Der Vorsitzende Richter hat die Verteidiger jedenfalls gebeten, ihm Terminvorschläge für mögliche Fortsetzungstage zu unterbreiten. Unterdessen ist die Verhandlung bei der Befragung von Sachverständigen angekommen. Ein Experte des Bundeskriminalamts hatte die bei dem Einsatz benutzte Pfefferspray-Kartusche untersucht und stellte jetzt seine Ergebnisse vor. (…) Nach dem Pfefferspray-Experten will das Gericht in der kommenden Woche einen weiteren Sachverständigen vernehmen. Dieser soll sich mit den verwendeten Elektro-Tasern auskennen. Gleich zwei solcher Geräte waren nach dem Pfefferspray-Einsatz auf den 16-Jährigen abgeschossen worden. Auch diese zeigten aber ganz offensichtlich nicht die gewünschte Wirkung. Bisher hat das Gericht Verhandlungstage bis zum 11. September angesetzt. Es ist damit zu rechnen, dass der Prozess aber deutlich verlängert werden wird.“ Bericht von Martin von Braunschweig vom 07.08.2024 in den Ruhr Nachrichten online
- »Mouhamed hat uns so viel Liebe geschenkt«. Vor zwei Jahren starb der aus dem Senegal Geflüchtete Mouhamed Dramé durch Polizeikugeln
- Bericht vom 18. Prozesstag – 24.07.2024 – am 7. August geht es weiter
„Der heutige 18. Verhandlungstag war ein kurzer Schiebetermin. Geladen war der Elektroingenieur Ralf I. als Sachverständiger des Landeskriminalamts (LKA), zur Auswertung der beiden eingesetzten Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG, “Taser”). Überraschenderweise aktiviert Richter Kelm zu diesem Anlass zum zweiten Mal im Prozess die Dokumentenkamera, sodass es allen Prozessbeteiligten und Zuschauenden möglich ist, die Fotos aus dem Gutachten zu sehen. Der Sachverständige berichtet von der Auswertung der beiden Taser, erst durch die Herstellerfirma AXON, die die Protokolle der beiden Geräte auslas, dann durch das LKA. Die knapp halbstündige Sitzung besteht zu großen Teilen daraus, dass Ralf I. technische Beschreibungen der Waffe aus dem polizeilichen Gutachten verliest. (…) Die Frage ob sich ein Stromkreis geschlossen hat oder nicht, ist insofern relevant, da die Polizei sowohl die zweiten DEIG-Schüsse als die Schüsse aus der MP damit rechtfertigen, dass Mouhamed nach dem ersten Tasereinsatz nicht stehen geblieben ist. (…) Die gesamte Aussage ist sachlich, technisiert, und normalisiert die Waffe Taser. Dabei ist diese als “nicht-tödlich” geführte Waffe sehr umstritten und durchaus tödlich. (…) Nach dem kurzen Bericht endet der 18. Verhandlungstag. Weiter geht es am Mittwoch, den 7. August, am 9:30 vorm Dortmunder Landgericht. Für den nächsten, ebenfalls kurzen, Termin ist eine sachverständige Person für das RSG 8 (Pfefferspray) geladen. Wir freuen uns weiterhin über solidarische Unterstützung im Saal.“ Bericht vom 25.7.2024 bei justice4mouhamed - [14. Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé] Polizistin im Fall Mouhamed Dramé: „Habe das nicht hinterfragt“ – Verteidigung wirft Zeugin Falschaussage vor
- Das war der 14. Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Aufregung im Landgericht Dortmund: Verteidigung wirft Zeugin Falschaussage vor
„Ein neuer Prozesstag, eine neue Einlassung. Zum 14. Mal kamen die Angeklagten im Dortmunder Landgericht zusammen – nach dem Dienstgruppenleiter, dem mutmaßlichen Todesschützen und einem weiteren Polizisten äußerte sich erstmals eine Beamtin, die sich für den unrechtmäßigen Einsatz von Pfefferspray verantworten muss. Ärger gab es auch um zwei Zeug:innen.
Angeklagte Polizistin: „So lange gepfeffert, bis ich eine Reaktion gemerkt habe“
Für den 14. Prozesstag im Fall des von der Polizei erschossenen Mouhamed Dramé stand einiges auf dem Plan. Im Vorfeld ließ eine angeklagte Polizistin mitteilen, dass sie aussagen wolle. Auch zwei Mitarbeiterinnen aus der Jugendhilfeeinrichtung, in der der 16-Jährige bis kurz vor seinem Tod untergebracht war, beschrieben ihre Erlebnisse des Tattages. (…) Für die Nebenklage von besonderer Bedeutung: Sie gab selbst an, das Messer in der Hand Dramés nicht gesehen zu haben, sondern nur über ihre Kolleg:innen über diesen Umstand informiert worden zu sein. Trotzdem setzte sie das Gerät gegen den suizidalen Jugendlichen ein. (…) Für Zündstoff im Gerichtssaal sorgte die Aussage der 29-Jährigen über die Schnelligkeit von Mouhamed Dramé. So gab sie in ihrer polizeilichen Vernehmung an, er sei langsam los gegangen und dann minimal schneller geworden. Diese Aussage bestätigte sie ebenfalls vor Gericht. Anschließend sagte sie: „Ich möchte nicht, dass hier der Eindruck entsteht, er sei gerannt“, so die Sozialarbeiterin. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollten das so nicht stehen lassen. „Es geht hier nicht darum, was sie möchten“, so Oberstaatsanwalt Carsten Dombert. Lars Brögeler, Verteidiger der zuvor gehörten Polizistin, wurde noch deutlicher: Sie habe „absichtsgeleitet“, möglicherweise auf Grundlage einer bestimmten Gesinnung ihre Aussage getätigt. Außerdem habe sie von ihrer Position aus den Pfeffersprayeinsatz gar nicht sehen können, warf Brögeler der 29-Jährigen Zeugin vor…“ Bericht von Julius Obhues vom 6. Juni 2024 bei den Nordstadtbloggern - Polizistin im Fall Mouhamed Dramé: „Habe das nicht hinterfragt“
„Am 14. Verhandlungstag hat die Polizistin ausgesagt, die vor den tödlichen Schüssen auf Mouhamed Dramé Pfefferspray gegen den 16-Jährigen eingesetzt hat. (…) Der Vorsitzende Richter Kelm wollte von der Angeklagten wissen, ob ihr bewusst war, dass es für Dramé nur einen Ausweg aus der Nische, in der er sich befunden hatte, gab – nämlich in Richtung der anderen Polizisten. „Nein“, war die klare Antwort. (…) Ob sie mal überlegt habe, sich dem Befehl zum „einpfeffern“ zu widersetzen oder das in dem Moment hinterfragt hätte? Die Frage schien die Angeklagte schwer zu treffen. Ihre Stimme brach. Es flossen Tränen. Ihr Verteidiger regte eine kurze Verhandlungspause an, doch seine Mandantin wollte sich weiter der Befragung stellen. Sie habe den Einsatz des Pfeffersprays als „zweckmäßig“ empfunden. Einen Anlass diesen Befehl zu verweigern, habe sie nicht gesehen. Bedenken habe sie nicht gehabt, der Dienstgruppenleiter hätte oft Einsätze geleitet und es sei nie etwas schief gegangen…“ Beitrag von David Peters vom 05.06.2024 im WDR
- Das war der 14. Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Aufregung im Landgericht Dortmund: Verteidigung wirft Zeugin Falschaussage vor
- Der 13. Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: „Man ist froh, wenn man überhaupt trifft“ – Todesschütze bittet um Verzeihung, bleibt aber bei Selbstveteidigung
- Der dreizehnte Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: „Man ist froh, wenn man überhaupt trifft“ – Mutmaßlicher Todesschütze äußerte sich erstmals
„Nach genau einem Monat Prozesspause richteten sich am Mittwoch (22. Mai 2024) alle Augen im Gerichtssaal auf den Todesschützen – denn dieser hatte angekündigt, sich zur Sache einzulassen. Erstmals äußerte er sich selbst zu dem tödlichen Polizeieinsatz, bei dem er den jungen senegalesischen Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramé mit einer Maschinenpistole erschoss. Mit emotionalen Worten richtete sich der Polizist auch direkt an die beiden Brüder des 16-jährigen Opfers, die seit Januar an dem Prozess vor dem Dortmunder Landgericht teilnehmen.
Polizist freiwillig als „Sicherungsschütze“ eingeteilt
Die Anspannung war dem 30-Jährigen an diesem besonderen Prozesstag anzumerken. Wie zuvor angekündigt äußerte sich der inzwischen suspendierte Polizist erstmals im Verfahren, in dem neben ihm noch vier weitere Polizist:innen angeklagt sind. Seine Aussage deckte sich größtenteils mit denen der zuvor abgegeben Zeugenaussagen, sowie Einlassungen der Mitangeklagten. (…)
Angeklagter Polizist: „Man ist froh, wenn man überhaupt trifft“
Angesprochen auf den Moment seiner Schussabgabe, erklärte der mutmaßliche Todesschütze vor dem Landgericht Dortmund: Als er gesehen habe, wie Dramé weiterlief, habe er gedacht: „Jetzt muss ich“, so der Angeklagte. 5-6 Schüsse habe er abgegeben, für einen Warnschuss sei keine Zeit gewesen: „Man ist froh, wenn man überhaupt trifft.“ Am Ende hat er getroffen – fünf Mal. Erst durch das Zusammensacken sei das erkennbar gewesen. Der Jugendliche sei dann von zwei Kolleg:innen mit Handschellen fixiert worden. (…)
„Man weiß, man hat einen Menschen getötet, aber es wirkt trotzdem surreal“
Bis dato wirkte der Angeklagte konzentriert und gefasst. Als es um den Moment der Todesnachricht geht, wird es emotional auf beiden Seiten. Der 30-Jährige kämpft, wie auch die Brüder Sidy und Lassana Dramé mit den Tränen. Eine halbe Stunde nach Eintreffen auf der Wache habe er die Nachricht über das Ableben Dramés erhalten. Es habe sich so angefühlt, als bliebe sein Herz stehen. „Man weiß man hat einen Menschen getötet, aber es wirkt trotzdem surreal“, sagte der mutmaßliche Todesschütze sichtlich kämpfend die Kontrolle über seine Emotionen zu behalten. Am Ende wandte sich der Polizist noch direkt an Sidy und Lassana Dramé, die den Prozess seit dem 31. Januar persönlich verfolgen: „Ich will mir nicht vorstellen, wie es ist, auf diese Weise einen Familienangehörigen zu verlieren.” Er sprach der Familie sein aufrichtiges Mitgefühl aus: „Natürlich weiß ich, dass ich für den Tod verantwortlich bin.““ Bericht von Julius Obhues vom 22. Mai 2024 bei den Nordstadtbloggern - Prozess um Fall Mouhamed Dramé: Todesschütze bittet um Verzeihung
„Im Prozess um tödlichen Polizeieinsatz gegen Geflüchteten sagte der Beamte aus, der die Schüsse abgegeben hatte (…) Er ist der erste Angeklagte, der um Entschuldigung bittet. Den völlig unprofessionellen Einsatz in der Dortmunder Nordstadt am 8. August 2022 könne er nie mehr vergessen, erzählt S. Das Gesicht des Jungen habe er »jeden Tag vor Augen«. Er habe immer gehofft, dass ihm »sowas nie passieren wird«, sagt er und blickt dabei den beiden Dramé-Brüdern in die Augen. Im Kern teilt der Hauptangeklagte jedoch die Darstellung der Mitangeklagten, die auf Selbstentlastung hinauslaufen. (…) Warum er nicht auf Beine oder Füße geschossen habe, wird er gefragt. »Man zielt auf die Körpermitte, weil sie das Größte ist, was man treffen kann.« Diese Aussage hatte Nebenklageanwalt Thomas Feltes schon beim Prozessauftakt im Dezember gegenüber »nd« bestätigt. Dennoch irritiert die unverblümte Aussage von Fabian S.: »Man ist froh, wenn man überhaupt etwas trifft.«…“ Bericht von David Bieber vom 23.05.2024 in ND online - Todesschüsse in Dortmund: Ein verstörender Prozess
„Im August 2022 erschoss die Polizei den Geflüchteten Mouhamed Dramé. Vor Gericht offenbart sich in den ersten Prozesstagen das Versagen des Staates. (…)
Eine Verurteilung wäre das Ende seiner Polizeikarriere. Schon zu Prozessbeginn hat der Todesschütze seinen Anwalt Christoph Krekeler deshalb erklären lassen, er habe sich von dem 16-Jährigen bedroht gefühlt. „In dieser Situation“, betonte Krekeler, „kam es meinem Mandanten auf die Hautfarbe von Mouhamed Dramé überhaupt nicht an.“ Nicht nur Aktivist:innen werfen der Polizei dagegen „strukturellen Rassismus“ vor. Nichts anderes habe Mouhamed Dramé das Leben gekostet, glauben sie. Denn der Polizeieinsatz, den Zeug:innen und Beschuldigte vor Gericht immer wieder schildern und der den Teenager das Leben kostete, wirkt bei jeder Beschreibung erneut verstörend. (…)
Reizgas ohne Alternative?
Verstörend wirkte auch, wie Thorsten H. den von ihm geleiteten, katastrophal gescheiterten Einsatz am 11. Prozesstag im April beschrieb. Plan sei gewesen, Dramé durch massiven Pfeffersprayeinsatz dazu zu bringen, sich die Augen zu reiben und dafür das Messer fallen zu lassen, erklärte der Dienstgruppenleiter. Zur Eigensicherung seien außerdem zwei „Distanzelektroimpulsgeräte“, also Elektroschocker, sowie die Maschinenpistole in Stellung gebracht worden. Alternativlos sei der von ihm angeordnete Pfeffersprayeinsatz gewesen, glaubt Einsatzleiter H. noch heute. Schließlich habe er unter massivem Zeit- und damit Handlungsdruck gestanden: „Soll ich warten, bis sich Herr Dramé ein Messer in den Bauch rammt? Und 11 Polizisten stehen drumrum und tun nichts“, fragte er vor Gericht. „Das kann nicht Sinn der Sache sein.“…“ Artikel von Andreas Wyputta vom 22.5.2024 in der taz online
- Der dreizehnte Prozesstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: „Man ist froh, wenn man überhaupt trifft“ – Mutmaßlicher Todesschütze äußerte sich erstmals
- Warum gibt es vor Gericht keine Gerechtigkeit?
„Am 22. Mai 2024 findet am Dortmunder Landgericht der 13. Prozesstag für die fünf Polizeibeamt*innen statt, die im Fall der Tötung von Mouhamed Lamine Dramé angeklagt sind. Zu diesem Anlass veröffentlichen die Initiativen Solidaritätskreis Justice4Mouhamed, Defund the Police Dortmund und Justice Collective aus Berlin gemeinsames Infomaterial. Mit einem Flyer und einem Plakat veranschaulichen die Initiativen den systemischen Rassismus, in den der Fall eingebettet ist und weshalb sie vor Gericht keine Gerechtigkeit erwarten. Das Material zeigt, weshalb das Narrativ der vermeintlichen Rechtmäßigkeit von Polizei und Justiz fehlerhaft ist. Anthony Obst vom Berliner Justice Collective erklärt diesbezüglich: „Gerichte sind keine neutralen Orte. Die Idee, dass dort so etwas wie »neutrale« Rechtssprechung auf Basis demokratisch ausgehandelter Regelwerke stattfindet, ist ein liberaler Mythos. Dieser hat wenig mit der Realität zu tun. Welche Menschen überhaupt im Gericht landen und wie dort mit ihnen umgegangen wird, steht eng mit sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Verbindung.“
Auch wenn im Fall der Tötung des 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé nun fünf Polizist*innen auf der Anklagebank sitzen, haben sie gute Chancen, glimpflich davonzukommen. Denn, so Obst weiter: „Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge werden Polizist*innen nur äußerst selten für Gewaltanwendung zur Verantwortung gezogen.“ Im Gegensatz dazu – so zeigt es das Infomaterial – werden zum Beispiel Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft öfter und härter von Gerichten verurteilt, als deutsche Staatsbürger*innen in vergleichbaren Fällen. (…)
Für die Angehörigen ist der Prozess eine enorme Belastung
Im Gerichtsprozess um die Tötung von Mouhamed Lamine Dramé wird diese Herausforderung deutlich. Aus Sicht der Angehörigen findet bei dem Prozess eine Täter-Opfer-Umkehr statt, bei der Mouhamed zu einer angeblichen Bedrohung für die Polizei gemacht wird. Die beiden Brüder Sidy und Lassana Dramé fühlen sich vom Gericht weder respektiert noch wertgeschätzt (…)
Ohne Einsicht oder Reue erklären die Beschuldigten, der Einsatz, bei dem sie Mouhamed töteten, sei aus ihrer Sicht gut gelaufen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die Brüder öfters unter Tränen den Gerichtssaal verlassen. Sie würden gerne ein Statement abgeben, doch dies wird ihnen vom Gericht bisher verwehrt…“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 22. Mai 2024 des Solidaritätskreises Justice4Mouhamed, Defund the Police Dortmund und Justice Collective Berlin zum Prozesstag am 22.05.2024 am Dortmunder Landgericht - Der 11. Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Einsatzleiter rechtfertigt polizeiliches Vorgehen und zeigt kein Bedauern: „Einsatz gut gelaufen“
- Dienstgruppenleiter sagt im Fall Dramé aus: „Einsatz gut gelaufen“
„Im Prozess gegen fünf Polizistinnen und Polizisten vor dem Landgericht Dortmund haben erstmals zwei der Angeklagten ausgesagt. Sie halten ihr Vorgehen für gerechtfertigt. (…)Am elften Verhandlungstag äußerten sich erstmals zwei der Angeklagten zum Geschehen. „Wir waren der Ansicht, als wir noch vor Ort waren, dass der Einsatz gut gelaufen ist“, erklärt der angeklagte Dienstgruppenleiter. Er ist wegen der Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt. (…)
Keine Bedenken an der Einsatztaktik
Als Dienstgruppenleiter habe er vor Ort eingeteilt, welcher Polizisten sich mit Taser, Pfefferspray und Maschinenpistole ausrüsten. Rund 20 solcher Einsätze habe er pro Jahr, sagt der Dienstgruppenleiter, der seit 1985 Polizist ist, vor Gericht aus. Davon werde in drei bis vier Fällen das Pfefferspray eingesetzt, dies sei immer ein Erfolg gewesen. Bedenken an der geplanten Einsatztaktik habe es bei ihm und den anderen Polizisten nicht gegeben. (…) Auf Nachfrage des Richters gab der Angeklagte an, er habe Dramé erst aufgefordert das Messer wegzulegen, als bereits Pfefferspray eingesetzt worden war. Gewarnt wurde Dramé davor auch nicht.
Nebenklage: Man hätte Lage statisch halten können
Rechtsanwältin Lisa Grüter, die die Angehörigen von Mouhamed Dramé als Nebenkläger vertritt, wollte vom Dienstgruppenleiter wissen, warum man denn die Lage nicht statisch gehalten, sondern das Pfefferspray eingesetzt hätte. In einer statischen Lage hätte man möglicherweise Spezialisten hinzuziehen können. „Was soll ich statisch halten? Soll ich darauf warten, dass Herr Dramé sich das Messer in den Bauch rammt und dann stehen da 12 Polizisten rum?“, antwortet der Dienstgruppenleiter trotzig. Wie lange Dramé vor dem Eintreffen der Polizei in der Nische hockte, ist bisher nicht ganz klar. (…) Für Lisa Grüter fehlte in beiden Aussagen aber etwas: „Ich habe nicht gehört, dass jemand hier bereut, dass ein Mensch am Ende zu Tode gekommen ist.“ Laut Grüter hätte die Möglichkeit bestanden juristisch zu differenzieren: „Dass man seinen Einsatz zwar für rechtmäßig hält, aber gleichzeitig das tragische Endergebnis menschlich ausgesprochen bedauert.“…“ Beitrag von David Peters vom 17.04.2024 im WDR - Nach tödlichen Schüssen in Dortmund: Einsatzleiter rechtfertigt polizeiliches Vorgehen im Fall Mouhamed Dramé
„… Im Prozess um einen Polizeieinsatz in Dortmund, bei dem im August 2022 ein junger Flüchtling erschossen worden war , hat der Einsatzleiter das Vorgehen der Polizisten gerechtfertigt. Weil er fürchtete, der 16-jährige Mouhamed Dramé aus dem Senegal würde sich selbst verletzen, habe er den Einsatz von Pfefferspray angeordnet, sagte der wegen des Einsatzes angeklagte Dienstgruppenleiter am Mittwoch vor dem Landgericht Dortmund. Taser und Maschinenpistolen seien gemäß der Einsatzbesprechung zur Sicherung eingesetzt worden, so der 55-Jährige. Bedauern über das Geschehen brachte der Einsatzverantwortliche in seiner Aussage nicht zum Ausdruck. (…) Seit Ende Dezember 2023 läuft vor dem Landgericht Dortmund der Prozess gegen fünf Polizistinnen und Polizisten wegen ihres Vorgehens bei einem Einsatz im August 2022: Dramé war von der Polizei im Hof einer Jugendhilfeeinrichtung mit einer Maschinenpistole erschossen worden, kurz nachdem er von den Einsatzkräften mit Pfefferspray und Tasern angegangen worden war. Die Staatsanwaltschaft hält den Einsatz für unverhältnismäßig und wirft dem Schützen Totschlag, den übrigen Polizisten gefährliche Körperverletzung sowie dem Einsatzleiter Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung vor. (…) Der 34-jährige Polizist, der wegen des Tasereinsatzes angeklagt ist, äußerte ebenso keine Bedenken zum polizeilichen Vorgehen: Er selbst habe eigenmächtig beschlossen, den ihm zuvor zugewiesenen Taser zu benutzen, als der 16-Jährige nach dem Pfeffersprayeinsatz aufsprang: »Für mich war schon Gefahr für Leib und Leben gegeben. Ich wusste nicht, was er mit dem Messer vorhat«, so der 34-Jährige.“ Meldung vom 17. April 2024 im Spiegel online - Das war der elfte Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Einsatzleiter und Taser-Schütze äußerten sich – erste Zeugenaussagen nicht verwertbar
Umfangreicher Bericht von Paulina Bermúdez vom 18. April 2024 bei den Nordstadtbloggern
- Dienstgruppenleiter sagt im Fall Dramé aus: „Einsatz gut gelaufen“
- Verhandlungstag am 17. April (mit Mahnwache) mit Aussagen der angeklagten Polizist*innen: „Die späten Einlassungen gehören zur Verteidigungsstrategie“
„Am nun kommenden Mittwoch, den 17. April 2024, wird vor dem Landgericht Dortmund zum 11. Mal in der Anklage gegen fünf Polizist*innen verhandelt. Das Gericht um den vorsitzenden Landgerichtsrichter Thomas Kelm soll Recht sprechen in der Frage, wie der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé am 8. August 2022 von Polizist*innen der Dortmunder Nordstadtwache getötet wurde.
Das Gericht verhandelt seit Mitte Dezember 2023. Nach Monaten der Beweiserhebung wollen zwei der angeklagten Polizist*innen nun endlich Einlassungen zur Sache machen. „Die Einlassungen der Angeklagten kommen spät. Das überrascht uns nicht. Denn wir gehen davon aus, dass die Polizist*innen auf der Anklagebank jede Möglichkeit nutzen, sich in ihrer Sichtweise auf ihren tödlichen Einsatz vor 1,5 Jahren bestmöglich vorzubereiten,“ sagt Bo, Sprecher*in des Solidaritätskreises Justice4Mouhamed. „Die späten Einlassungen gehören zur Verteidigungsstrategie.“
Nach vier Monaten vor Gericht kennen die Angeklagten inzwischen die Aussagen fast aller Tatzeug*innen, darunter vor allem auch die ihrer eigenen Kolleg*innen, die mit am Einsatz beteiligt waren.
„Wir erwarten von einem Gericht, das die Tragweite des Prozesses ernst nimmt, dass es die Einlassungen der Angeklagten und die Aussagen ihrer Berufskolleg*innen in genau diesen Rahmen einordnet – als strategische Prozessführung der Verteidigung. Die Kammer muss endlich prüfen, wie glaubwürdig das bisher von den Polizist*innen Geschilderte dazu passt, dass am Ende des kurzen Einsatzes ein Mensch durch sie getötet wurde.“
Das zu erwartende große Interesse, welches den Einlassungen der Angeklagten im Prozessgeschehen folgen wird, hat aber einen Haken: „Diese große Aufmerksamkeit ist der Familie Dramé und der Geschichte von Mouhamed Lamine Dramé, noch an keinem einzigen Prozesstag zuteil geworden.“ Im Gegenteil: dem ausdrücklichen Wunsch von Sidy und Lassana Dramé, als Nebenkläger ein Statement abzugeben, wurde von Richter Kelm oder der Staatsanwaltschaft keine Berücksichtigung geschenkt. „Seit Sidy und Lassana Dramé im Gerichtssaal dabei sein können, sind sie nicht einmal angesprochen, begrüßt oder überhaupt nur wahrgenommen worden. Gericht und Verteidigung tun so, als seien sie Luft,“ ergänzt Alex, Unterstützer*in im Solidaritätskris Justice4Mouhamed. (…)
Die beiden Brüder blicken besorgt auf den kommenden Prozesstag: „Wir rechnen mit gut vorbereiteten Aussagen seitens der Polizisten, welche in unserer Erwartung keinen Beitrag dazu leisten werden, die Realität des Geschehenen abzubilden,“ so Sidy Dramé. Sie bitten um zahlreiche Unterstützung am kommenden Prozesstag.
Für den Verhandlungstag am 17. April ist eine Mahnwache des Solidaritätskreises Justice4Mouhamed vor dem Landgericht sowie die solidarische Prozessbeobachtung geplant. Der Gerichtsprozess wird von Beginn an durch den Solidaritätskreis, dem Grundrechtekomitee, NSU-Watch sowie anderen zivilgesellschaftlichen Initiativen und Einzelpersonen solidarisch begleitet.“ Pressemitteilung vom 16.04.2024 bei justice4mouhamed in Zusammenarbeit mit dem Grundrechtekomitee und NSU-Watch NRW - Während mittwochmorgens fünf Dortmunder Polizisten wegen der Tötung Mouhamed Dramés vor Gericht stehen, erschießen abends Kollegen einen Wohnungslosen
- Das war der zehnte Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé:
Rettungssanitäter:innen: „Wir haben gar nicht geglaubt, dass das so ein großes Ding wird!“
„Erneut wurde der Fall des 2022 bei einem Polizeieinsatz getöteten Jugendlichen Mouhamed Lamine Dramé vor dem Dortmunder Landgericht verhandelt. Am zehnten Prozesstag (3. April 2024) sagte die Besatzung des Rettungswagens aus. Sie hatten den Niedergeschossenen medizinisch erstversorgt und ihn in den Schockraum des Unfallklinikums Nord gebracht.
„Suizid mittels Messer“: Rettungswagen rückte ohne Blaulicht und Horn an
Die junge Besatzung des Rettungswagens gab an, sich am 8. August 2022 auf dem Rückweg aus dem Klinikum Nord befunden zu haben, als sie mit dem Stichwort „Suizid“ zur Holsteiner Straße im Dortmunder Norden gerufen worden seien. Sie hätten sich schnellstmöglich dorthin begeben – das Martinshorn und Blaulicht hätten sie bewusst nicht eingesetzt. Was dann geschah, schilderten die Zeugen vor Gericht aus ihren jeweiligen Perspektiven. (…)
Er sei durch den Torbogen in den Hinterhof der Einrichtung gerannt, wo er den Jugendlichen auf dem Bauch am Boden liegend, mit den Händen auf dem Rücken gefesselt, vorfand.
Traf das Pfefferspray den Jugendlichen? – Rettungssanitäter stellte gerötete Augen fest
„Der Patient war augenscheinlich wehrig, deshalb bin ich zuerst zu seinem Kopf gegangen, um ihm zu zeigen, dass wir da sind“, erklärte der 29-Jährige. Er habe dann schnell einen „Bodycheck“ vorgenommen, habe den Geschädigten kurz untersucht, denn Patient:innen würden auf der Trage auf den Rücken gelegt. Dabei habe er vier Schussverletzungen an Arm, Schulter, Bauch und Gesicht wahrgenommen…“ Bericht von Paulina Bermúdez vom 4. April 2024 bei den Nordstadtbloggern - Polizeitoter in Dortmund – was bisher bekannt ist: Während mittwochmorgens fünf Dortmunder Polizisten wegen der Tötung Mouhamed Dramés vor Gericht stehen, erschießen abends Kollegen einen Wohnungslosen
„Am späten Mittwochabend lag zunächst nur eine knappe gemeinsame Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft vor: An der Rheinoldikirche in der Dortmunder Innenstadt habe es gegen 19.40 Uhr eine »Bedrohungssituation für Einsatzkräfte« gegeben. Der Gebrauch einer Dienstwaffe habe eine Person verletzt, die Polizei Recklinghausen übernehme die Ermittlungen zum Sachverhalt. Ihre Spurensicherer sind danach bis spät in die Nacht in weißen Overalls am Tatort zu beobachten, am Donnerstagmorgen die traurige Gewissheit: Die angeschossene Person – ein 52-jähriger Wohnungsloser – ist kurz nach der Tat verstorben. (…) Für die Ruhrgebietsmetropole ist dies kein neues Thema: Seit Dezember 2023 müssen sich vor dem Dortmunder Landgericht fünf an der Tötung Mouhamed Lamine Dramés beteiligte Polizist*innen juristisch verantworten, so auch an diesem Mittwoch. (…) Noch während der von Innenminister Herbert Reul ausgerufenen »Pilotphase« für die polizeiliche Nutzung von Tasern kommt es im Oktober 2022 zum ersten offiziellen Taser-Toten in NRW: Ein Mann verstirbt nach dessen Einsatz in Dortmund Dorstfeld. Ebenfalls ein wohnungsloser Mann. Reul und seine mitregierenden NRW-Grünen weiten den Taser-Einsatz in Folge dennoch weiter aus. (…) Auch das jüngste Opfer tödlicher Polizeigewalt scheint ersten Eindrücken nach verhinderbar gewesen zu sein. (…) Am Donnerstag verbreiten sich in sozialen Medien dann, trotz gegenteiliger Bitten der Polizei, Videos der Tat. (…) Zu sehen ist ein sichtlich aufgebrachter und neben sich stehender Mann, der sich mit einem Gegenstand der Baustelle bewaffnet hat. Zuvor soll es einen Streit zwischen ihm und einem anderen Wohnungslosen gegeben haben, der jedoch bereits durch Passantinnen geschlichtet worden sein soll. Schreie der Polizistinnen sind zu hören, mindestens vier Waffen sind auf den Mann gerichtet, das Agieren der Polizei wirkt auf den kurzen Videos planlos bis hektisch. (…) [Da] fällt ein Schuss aus nächster Nähe. Scheinbar abgegeben vom Polizisten, der in einem Abstand von etwa zwei Metern unmittelbar vor dem Opfer steht. So lässt sich aus dem Video, aber auch dem Einschussloch folgern, das am Folgetag in der Kirchenmauer zu begutachten ist. Der heranrennende Polizist schreckt zurück, reißt die Arme vors Gesicht, landet selbst nur knapp nicht in der Schusslinie. Das Opfer sackt zusammen, das Baustellenschild knallt zu Boden, eine geschockte Passantin ist zu hören: »Die haben ihn erschossen.« Schließlich schreit ein Beamter die Umherstehenden an: »Alle zurück!« (…) Erneut steht nun also das Einsatzverhalten und besonders der Umgang mit dynamischen Lagen und Menschen in Extremsituationen der Dortmunder Polizei im Fokus. »Leider« müsse man sagen, erstaune es nicht, dass das Opfer abermals ein Wohnungsloser sei, so Anna Flaake, Pressesprecherin von »Schlafen statt Strafen« im Gespräch mit »nd«. Der jetzige Fall weise viele Parallelen zu den vorherigen auf, erneut sei offensichtlich, dass die Polizei Dortmund nicht empathisch oder kommunikativ agiere, sondern einzig Waffengewalt als Konfliktlösungsmethode in solche Einsätze mitbrächte. Gerade in der Innenstadt Dortmunds sei zuletzt »ein orchestriertes, hartes Vorgehen von Ordnungsamt und Polizei beobachtet worden, mit dem Ziel, die obdachlosen Menschen von dort zu vertreiben«. (…) Zwei Tage nach dem tödlichen Polizeieinsatz, riefen die Initiativen »Schlafen statt Strafen«, der »Solidaritätskreis Justive4Mouhamed« und andere Gruppen ab 19 Uhr zu einer Kundgebung an der Rheinoldikirche auf. An dieser wollten auch zwei Wohnungslose teilnehmen, die sich am Donnerstag bedrückt den Tatort anschauten und ihre Namen lieber nicht in der Zeitung lesen wollen. »Die haben doch, die haben doch … Die hätten ihn doch überwältigen können!«, sagt der eine mit stockender Stimme. »Bei elf Leuten, die werden doch geschult für so was«, entgegnet der andere. »Oftmals kommen sie aber doch mit so einer Situation nicht klar, weil sie überfordert sind. Aber dann haben sie den falschen Beruf!«“ Beitrag von Friedrich Kraft vom 5. April 2024 bei Neues Deutschland online
- Das war der zehnte Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé:
- Der 7. Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Weitere Polizeikräfte sagen vor Gericht aus – 6 Schüsse ohne Vorwarnung
- Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: Sechs Schüsse ohne Vorwarnung
„… Der von der Polizei am 8. August 2022 von der Polizei in der Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung St. Antonius erschossene Mouhamed Dramé ist bei dem Einsatz offenbar nicht deutlich gewarnt worden – weder vor dem bevorstehenden Einsatz von Pfefferspray und Elektroschockpistolen, sogenannten „Tasern“, noch vor Schüssen aus einer Maschinenpistole. Das hat der am Einsatz beteiligte Polizeibeamte Hassan Abu R. am siebten Prozesstag am Mittwoch als Zeuge vor dem Landgericht Dortmund ausgesagt. Bestätigt wurden damit Aussagen von zwei Zivilpolizisten, die bereits eine Woche zuvor als Zeugen befragt wurden – und sich ebenfalls nicht an entsprechende Androhungen erinnern konnten. Der seit Dezember 2023 laufende Prozess soll klären, wer für den Tod des aus dem Senegal stammenden 16-jährigen Geflüchteten verantwortlich ist. Angeklagt sind fünf Polizist:innen: der Maschinenpistolen-Schütze Fabian S. wegen Totschlags, drei seiner Kolleg:innen wegen gefährlicher Körperverletzung und ihr Einsatzleiter wegen Anstiftung dazu. (…) Auslöser der Schüsse war offenbar der massive Einsatz von Pfefferspray unmittelbar zuvor. Der sei erfolgt, damit Mouhamed Dramé „an seine Augen greift und dabei das Messer loslässt“, sagte der Beamte Hassan Abu R. als Zeuge. Direkt danach sei Dramé schnell nach rechts in Richtung der Polizist:innen gelaufen – also in die einzige Richtung, die ihm zur Flucht vor dem Reizgas blieb: Der 16-Jährige stand auf dem Gelände der Jugendhilfeeinrichtung in einer Art Sackgasse. Hinter und links neben ihm waren Gebäudemauern, vor ihm ein hoher Metallzaun. (…) Die Polizist:innen aber werteten die Bewegung als gefährlichen Angriff – schließlich soll Dramé das Küchenmesser noch immer in der Hand gehalten haben. Dabei verwiesen die als Zeugen gehörten Beamten immer wieder auf die sogenannte Sieben-Meter-Regel: Die besage, dass auf einen mit einem Messer bewaffneten Angreifer präventiv und aus Selbstschutz zu schießen ist, wenn dieser eine Distanz von sieben Metern unterschreitet. Mit einem Zeitabstand von nur 0,7 Sekunden wurde Mouhamed Dramé deshalb mit zwei Tasern und der Maschinenpistole beschossen. Der Polizeibeamte Hassan Abu R. hält auch den Gebrauch der MP5 noch heute für richtig: „Hätte Herr S. nicht geschossen“, sagte er am Mittwoch vor dem Dortmunder Landgericht, „hätte ich geschossen“.“ Artikel von Andreas Wyputta vom 7. März 2024 in der taz online - Der siebte Verhandlungstag im Fall Mouhamed Lamine Dramé: Weitere Polizeikräfte sagen vor Gericht aus – ein Zeuge macht widersprüchliche Angaben
„Am siebten Prozesstag im Fall des von der Polizei erschossenen Mouhamed Lamine Dramé waren erneut Polizist:innen als Zeugen vor dem Dortmunder Landgericht geladen. Teilweise kam es dabei zu Ungereimtheiten im Vergleich zu älteren Aussagen der Beamt:innen. Die Nebenklage zeigte sich empört. (…) Der Zivilbeamte entfernte sich vom unmittelbaren Geschehen, woraufhin – nach klarer Aufforderung des Einsatzleiters – durch den Zaun Pfefferspray eingesetzt wurde. Allerdings nicht mit dem erhofften Erfolg: Das Sprühgerät habe mehr Niesel als Strahl ausgegeben, auch deshalb sei er fest davon überzeugt, dass Dramé davon nicht getroffen wurde. Dies widerspricht den Aussagen anderen Zeug:innen, die gesehen haben wollen, dass der Jugendliche sich nach dem Reizgas-Einsatz über den Kopf und durch das Gesicht wischte. Nach Einsatz des Pfeffersprays soll Mouhamed Dramé aufgesprungen und auf die Beamt:innen zu gerannt sein. Das Messer solle er dabei mit der Spitze nach unten gehalten haben. Das ist widersprüchlich zu seiner Aussage kurz nach der Tat: In der damaligen Vernehmung wolle der Polizist keine Messerhaltung erkannt haben…“ Bericht von Julius Obhues vom 6. März 2024 bei Nordstadtbloggern - Mouhamed Dramé: Prozess wegen Polizeigewalt: Opfer als Gefahr dargestellt
„Nach Tod eines 16-jährigen Geflüchteten müssen sich fünf Beamte wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten…“ Bericht von David Bieber vom 8.03.2024 in ND online
- Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: Sechs Schüsse ohne Vorwarnung
- Bericht vom 6. Prozesstag am 28.02.2024 zum Tod von Mouhamed Dramé: Polizei kündigte Einsatz tödlicher Waffen nicht an – am 6. März geht es weiter (Mahnwache)
- Tod von Mouhamed Dramé: Polizei kündigte Einsatz tödlicher Waffen nicht an
Sechster Prozesstag wegen des Todes von Mouhamed Dramé in Dortmund bringt neue Details
“ William Dountio kämpft seit dem Tod von Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund für Gerechtigkeit. Der engagierte Aktivist mit kamerunischen Wurzeln ist nach dem sechsten Prozesstag gegen fünf Polizeibeamte am Mittwoch enttäuscht. Dountio glaubt nicht daran, dass das Landgericht Dortmund Gerechtigkeit schaffen wird für den am 8. August 2022 brutal durch eine Maschinenpistole erschossenen, erst 16 Jahre alten senegalesischen Flüchtling. Für Ernüchterung sorgten am Mittwoch die Aussagen von zivilen Beamten. Sie waren vor der Erschießung von Dramé als erste Kräfte am Einsatzort vor der katholischen Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt. (…)
Insgesamt waren an dem tödlichen Polizeieinsatz zwölf Beamte beteiligt, nur fünf von ihnen sind angeklagt – die am Mittwoch gehörten Zeugen gehören nicht dazu. Beide waren zum ersten Mal im Zeugenstand, es war auch das erste Mal, dass überhaupt Polizisten vor Gericht aussagten. Vor ihren Kollegen auf der Anklagebank schilderten sie den unprofessionellen Einsatz, an dessen Ende Dramé durch fünf Kugeln starb, aus ihrer Sicht. Ihre Aussagen stützen die Version der Verteidigung der Angeklagten, wonach der jugendliche Dramé bedrohlich gewirkt habe und angeblich »schnell« auf die Beamten zugelaufen sei. Die Zivilbeamten bestätigten aber auch, dass sie sich Mouhamed gegenüber nicht als Polizisten erkennbar gemacht haben (…)»Die Zeugenaussagen klangen mechanisch, wie von einem Roboter gesprochen«, erklärt Dountio im Gespräch mit dem »nd«, die Polizisten schienen auf den Prozess »gut vorbereitet« gewesen zu sein. (…) Beide Zivilpolizisten sagten aus, dass sie nicht gehört hätten, dass auch nur einer der beteiligten Beamten den Einsatz von Pfefferspray, Taser und Schusswaffe angedroht hätten, wie es bei der Polizei eigentlich vorgeschrieben ist. So hatten es auch zuvor die Zeugen aus der Jugendhilfeeinrichtung berichtet. Wie bereits an vorherigen Sitzungstagen gab es Kritik an den Zuständen am Landgericht. So geht der Vorsitzende Richter herablassend mit Zeugen und Nebenklägern um. Die Rede ist auch von rüpelhaftem Verhalten von Justiz-Mitarbeitern…“ Artikel von David Bieber vom 29.02.2024 in ND online – siehe auch: - Bericht vom 6. Prozesstag – 28.02.2024 auf justice4mouhamed.org in Stichworten. darunter: „… Nach dem Einsatz sei allen beteiligten Polizist*innen „unwohl“ gewesen, gesprochen hätten alle miteinander über den Vorfall – mit wem und über was, konnten oder wollten die Zeugen jedoch nicht erinnern. Nachfragen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage thematisieren Whatsappkommunikationen untereinander, diese scheinen noch prozessrelevant werden zu können.
Beschwerden wirken: Richter Kelm zeigt erstmals Lichtbilder auf dem Bildschirm, sodass alle Prozessbeteiligten, Presse und Zuschauer*innen das Geschehen mitverfolgen können…“ - Es geht weiter nächsten Mittwoch, 6. März, ab 7:30 mit einer Mahnwache vor der Kaiserstraße 34 und am 9:30 im Saal 130 des Landgericht Dortmunds (Eingang Hamburger Straße 11). Gehört werden sollen dann weitere am Einsatz beteiligte Polizist*innen.
- Tod von Mouhamed Dramé: Polizei kündigte Einsatz tödlicher Waffen nicht an
- 5. Prozesstag am 20. Februar am LG Dortmund: Ein Zeuge bricht unter Tränen zusammen: „Warum kommen die sofort mit solchen Waffen?“
- Sechs Schüsse aus der MP. Polizist:innen haben den 16-Jährigen Mouhamed Lamine Dramé im August 2022 erschossen. Im Prozess zeigt sich, wie hektisch die Polizei vorging
„… Am gestrigen Mittwoch, dem 5. Prozesstag, sind als Zeug:innen noch einmal die Mitarbeiter:innen von „St. Antonius“ geladen. Den Einsatz haben sie teils aus direkter Nähe miterlebt. Ihre Aussagen machen nicht nur deutlich, wie schnell, hektisch und nervös die Polizist:innen in der migrantisch geprägten Dortmunder Nordstadt gehandelt haben – sondern auch, wie schwierig es wird, die Frage nach der Verantwortung für die tödlichen Schüsse zu klären.
Ein Zeuge bricht unter Tränen zusammen
So kann sich der Einrichtungsleiter als erster Zeuge nicht mehr an die Gesichter der Polizist:innen erinnern. Welcher Beamte, welche Beamtin also was an diesem schrecklichen Montagnachmittag vor eineinhalb Jahren getan hat, kann Alexander G. deshalb nicht sagen. Als zweiter Zeuge folgt Moritz P., der die zur Hilfe gerufenen Polizist:innen auf Anweisung seines Chefs am Tor der Einrichtung in Empfang nahm und deshalb 2 kurze Einsatzbesprechungen mithören konnte. Doch der Sozialarbeiter, der nicht mehr bei „St. Antonius“ arbeitet, ist vom Erlebten offensichtlich noch immer traumatisiert – am 4. Prozesstag ist er bei einer intensiven Befragung unter Tränen zusammengebrochen. An die Inhalte der Einsatzbesprechungen der Polizei kann P. sich nicht mehr erinnern. „Ich weiß nicht mehr, was erörtert wurde“, sagt er leise. „Desorientiert, nicht zielorientiert“ habe Mouhamed Dramé gewirkt, als er sich nach dem massiven Einsatz von Pfefferspray „langsam“ in Richtung der Polizist:innen bewegt habe, erklärt Moritz P. allerdings mit Bestimmtheit. Dem widerspricht jedoch ein weiterer Mitarbeiter der Einrichtung: „Schnell“ sei der Suizidgefährdete auf die Beamt:innen zugegangen. Für die Frage, ob der Polizist an der Maschinenpistole in Notwehr gehandelt hat, kann das von entscheidender Bedeutung sein.
Der Prozess, in dem ein Urteil wohl erst im Sommer fallen dürfte, wird kommenden Mittwoch fortgesetzt. Was noch heute zu spüren ist, ist blankes Entsetzen: „Ich habe mich gefragt: Die sollen doch helfen“, sagt eine weitere Zeugin über die Polizist:innen. „Warum kommen die sofort mit solchen Waffen?“…“ Artikel von Andreas Wyputta vom 21.2.24 in der taz online , siehe auch die Kritik an der Prozeßführung: - „++ Nicht gut auf so vielen Ebenen: Schlechte Voraussetzungen für eine angemessene Prozessführung & Beweiserhebung im Strafverfahren zum Tod v. Mouhamed Lamine Dramé ++ Am 21.2. setzte die Strafkammer am LG Dortmund die Hauptverhandlung fort. Erste Eindrücke zum gestrigen 5. Prozesstag. Schon um kurz nach 7h waren Menschen dem Aufruf v. @solikreismouhamed.bsky.social gefolgt, den Prozess gegen 5 Angeklagte Polizeibeamt*innen am LG Dortmund kritisch zu begleiten. Wie in den Wochen zuvor wird es der Öffentlichkeit aber weiterhin schwer gemacht, im Gerichtsaal teilzunehmen…“ Thread von NSU-Watch NRW vom 22.2.24 auf bsky
- Sechs Schüsse aus der MP. Polizist:innen haben den 16-Jährigen Mouhamed Lamine Dramé im August 2022 erschossen. Im Prozess zeigt sich, wie hektisch die Polizei vorging
- Brüder des getöteten Mouhamed erstmals bei Prozess – am 3. Verhandlungstag sagen Zeugen, Mouhamed sei, schon am Boden, vom Einsatzleiter getreten worden
„Zur Verfahrenseröffnung am 19. Dezember hatte der Richter noch lapidar angemerkt, die Nebenkläger seien augenscheinlich »nicht persönlich« erschienen. Am Mittwoch nahmen Sidy und Lassana Dramé schließlich neben ihren Rechtsbeiständen im Dortmunder Landgericht Platz. Als Nebenklage werden die beiden Senegalesen im Prozess gegen Polizisten wegen der Tötung ihres Bruders Mouhamed von der Rechtsanwältin Lisa Grüter und dem Professor und Kriminologen Thomas Feltes unterstützt. Vor der 39. Großen Strafkammer des Landgerichts müssen sich fünf Polizisten und Polizistinnen für die Tat verantworten. Sie sollen den aus dem Senegal Geflüchteten am 8. August 2022 auf dem Hof einer katholischen Jugendhilfeeinrichtung mit Pfefferspray traktiert, getasert und anschließend mit fünf Schüssen einer Maschinenpistole getötet haben. Insgesamt waren an dem Einsatz elf Polizisten beteiligt. Angeklagt sind der 30-jährige Todesschütze Fabian S. wegen Totschlags, zwei seiner Kolleginnen (34 und 29 Jahre) und ein Kollege (34 Jahre) wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt sowie der Dienstgruppenleiter (55 Jahre), der dazu angestiftet haben soll. Für viele Besucher*innen waren die Verhandlungstage eine Zumutung. Zwecks strikter Trennung von den Angeklagten müssen sie einen separaten Eingang nutzen. An der Sicherheitsschleuse herrscht ein teils ruppiger Umgangston, die vom Gericht verfügte Sitzungsordnung wird willkürlich ausgelegt. Zugang zu Toiletten gibt es nicht. Auffallend ist auch der oftmals lapidare bis despektierliche Umgangston von Richter Thomas Kelms; seine Verfahrensführung bezeichnen die Beteiligten als intransparent. (…) Für Bestürzung im Saal sorgte die Aussage der Zeugen, Mouhamed sei, am Boden vor Schmerzen krampfend, noch mit Handfesseln fixiert und dort vom Einsatzleiter einmal leicht getreten worden. Dabei habe der Polizist gesagt: »Wird schon alles gut werden.« Mit dem Eintreffen der Dramés in Dortmund erhält der »Fall Mouhamed« eine neue Dimension. Anwältin Grüter schildert gegenüber Journalist*innen: »Die Familie hat jetzt das erste Mal den Täter*innen in die Augen geschaut.« Sie habe nicht den Eindruck, »dass Rücksicht darauf genommen wird, dass die Angehörigen des Toten nun anwesend sind«, ergänzt sie mit Blick auf die Prozessführung. Am Vortag ihres ersten Prozessbesuchs hatten die Brüder Sidy und Lassana Dramé in einem Pressegespräch berichtet, was sie am meisten beschäftigt: Mouhamed sei »eines der ruhigsten Kinder« der Familie gewesen. Dass er getötet worden sei und man ihm dann seitens der Polizei noch »Aggressivität« unterstellt habe, belaste gerade ihre Mutter bis heute. »Er hat uns so viel Liebe geschenkt; würden wir jetzt über ihn reden, über gute Seiten von ihm – wir würden den ganzen Tag hier sitzen.«“ Bericht von Friedrich Kraft vom 31. Januar 2024 in Neues Deutschland online Siehe zuvor die Pressemeldung vom 29. Januar 2024 bei #justice4mouhamed :Zwei Brüder von Mouhamed Lamine Dramé sind in Deutschland und werden am Gerichtsprozess teilnehmen - Kritik an unzumutbaren Bedingungen für die interessierte Öffentlichkeit am Landgericht Dortmund im Strafprozess gegen fünf Polizist*innen
„Seit dem 19. Dezember 2023 läuft am Landgericht Dortmund der Strafprozess gegen fünf Polizist*innen, die im Zusammenhang mit dem Tod des Jugendlichen Mouhamed Lamine Dramé im August 2022 angeklagt sind. Der Prozess stößt auf ein sehr großes öffentliches und mediales Interesse. Am 3. Prozesstag, dem 17. Januar 2024 hatte die Nebenklage als Konsequenz aus den Abläufen des vorherigen Prozesstages beantragt, Beweismittel wie Bilder und Dokumente auf dem im Saal dafür vorgesehenen großen Bildschirm zu zeigen, damit Verfahrensbeteiligte sowie die interessierte Öffentlichkeit – in Gestalt von Publikum und Pressevertreter*innen – bestmöglich dem Prozessverlauf folgen können. Dieses lehnte das Gericht ab, mit der Begründung, dies sei kein absoluter Revisionsgrund und Verfahrensbeteiligte könnten die Beweismittel am Richtertisch begutachten. Das Gericht mag rechtlich nicht dazu verpflichtet sein, neben den Verfahrensbeteiligten auch der Öffentlichkeit zu ermöglichen, den Prozessverlauf ausreichend nachvollziehen und einordnen zu können. Nachvollziehbarkeit ist jedoch unabdingbarer Teil der von Familie und Unterstützer*innenkreis geforderten umfassenden Aufklärung, Anerkennung und Verantwortungsübernahme der Tat. „Eine derartige Entscheidung sendet ein fatales Signal fehlenden Respekts dem großen öffentlichen Interesse gegenüber, das dem Prozess zu jedem Prozesstag zuteil wird. Mit seiner ablehnenden Haltung vermittelt das Gericht gar den Eindruck, die gesellschaftliche Bedeutung dieses Prozess anlässlich tödlicher rassistischer Polizeigewalt nicht anerkennen zu wollen“, kommentiert Britta Rabe, politische Referentin. beim Grundrechtekomitee. (…) Da es trotz zahlreicher tödlich endender Polizeiinterventionen nahezu nie zu gerichtlicher Aufarbeitung kommt, ist eine kritische Beobachtung derartiger Prozesse dringend geboten. Insgesamt zählten Initiativen für das Jahr 2022 deutschlandweit 30 Fälle von Polizeieinsätzen mit tödlichem Ausgang. Davon verstarben allein 10 Menschen durch die Hand der Polizei Nordrhein-Westfalen. Es sind zumeist Menschen in psychischen oder sozialen Ausnahmesituation, von Rassismus Betroffene oder Menschen im Asylsystem, die durch die Polizei ihr Leben verlieren. Die meisten dieser 30 tödlichen Polizeieinsätze des Jahres 2022 sind weder umfassend aufgeklärt, noch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und die Mehrheit der Vorgänge blieben ohne Konsequenzen für die Beamt*innen.“ Beitrag des GrundrechteKomitees vom 25. Januar 2024 - Erste Zeugenaussagen im Fall Dramé am 17. Januar: „Eines der schlimmsten Erlebnisse meines Lebens“ – 4. Prozesstag am 31.01.24
„Am dritten Verhandlungstag am Landgericht Dortmund gegen fünf Polizisten, die am tödlichen Einsatz um Mouhamed Dramé beteiligt waren, haben die ersten Zeugen ausgesagt. Einer der beiden hatte die tödlichen Schüsse unmittelbar miterlebt. (…) Dann habe er gehört, wie die Polizisten ihr weiteres Vorgehen besprechen: Man wolle erst versuchen Dramé anzusprechen. Falls das nicht erfolgreich sei, ihn mit Pfefferspray „aus der Reserve locken“, so der Zeuge. Zuletzt, erzählt der Sozialarbeiter, habe sich der Einsatzleiter an einen Polizisten gewandt. Dieser habe später die tödlichen Schüsse auf Dramé abgegeben. „Du bist unsere Last Chance, unser Last Man Standing“, soll der Einsatzleiter zu dem späteren Schützen gesagt haben. (…) Dramé sei in der Nische zwischen Kirche und Zaun gewesen und habe sich ein Küchenmesser in Richtung seines Bauches gehalten – „ganz klar in der Absicht der Selbstverletzung“, schildert der Teamleiter. (…) Immer wieder gab Gast Informationen während des Telefonats an die Leitstelle durch, während die Einsatzkräfte bereits unterwegs waren. Er berichtete, dass Dramé Französisch und Spanisch sprechen würde und wo er sich genau befinde, erzählte der Teamleiter. Dazu stand er auch mit seinen Mitarbeitern im Innenhof durch ein offenes Fenster in Kontakt. Später habe er er durch dieses Fenster gesehen, wie sich die gerufenen Polizisten im Innenhof aufstellten. Dramé konnte er nicht sehen. Dann sei alles ganz schnell gegangen, berichtet Gast. Taser seien eingesetzt worden. „Du meine Güte“, habe er laut Protokoll im Gespräch mit der Leitstelle gesagt. Dann fielen die Schüsse…“ Beitrag von David Peters vom 17.01.2024 im WDR – siehe auch:- #justice4mouhamed
- https://justice4mouhamed.org/prozessbegleitung/ mit Terminen und Pressespiegel
- Medien zum 2. Prozesstag am 10.1.24:
- https://www.nordstadtblogger.de/zweiter-prozesstag-die-fuenf-angeklagten-polizeibeamtinnen-schwiegen-zu-den-vorwuerfen/
- https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/schuesse-auf-mouhamed-richter-aeussert-sich-zur-notwehr-frage-w829483-2001062995/
- https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/zweiter-prozesstag-drame-anklagte-schweigen-100.html
- Prozess um den Tod vom Mouhamed Dramé hat mit einer Kundgebung begonnen, Fortsetzung am 10.1.2024 – Spendenkampagne für Prozessteilnahme der Familie Dramé
- Erster Verhandlungstag im Fall Mouhamed Dramé endete nach 30 Minuten
„Staatsanwaltschaft bewertet Einsatz von Reizgas, Tasern und Maschinenpistole als ungerechtfertigt
Ein kurzer Verhandlungstag eröffnete am Dienstag (19. Dezember 2023) den Prozess gegen fünf der am Einsatz beteiligten Polizeikräfte im Fall des getöteten Senegalesen Mouhamed Lamine Dramé. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass sie den Einsatz der Taser, des Reizgases und der Maschinenpistole als ungerechtfertigt ansehe. Der Rechtsanwalt Christoph Krekeler verlas zum Schluss der Verhandlung ein Statement seines Mandaten. Die Erklärung des mutmaßlichen Schützen sorgte sowohl bei der Rechtsanwältin der Familie Dramé, als auch bei anwesenden Prozessbeobachter:innen für Unverständnis. (…)
Richter Thomas Kelm verkündete im Anschluss an das Verlesen der Anklageschrift, dass sämtliche Zeugenaussagen der angeklagten Polizeibeamt:innen potentiell nicht verwertbar seien. Grund sei, dass die Beschuldigten eingangs nicht als solche vernommen worden seien, sondern lediglich als Zeug:innen. Konkret würde dies bedeuten, dass die Angeklagten erneut aussagen müssten.
William Dountio von der zivilgesellschaftlichen Initiative Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ organisierte die Kundgebung vor dem Landgericht mit. Ab 12 Uhr fanden sich dort – trotz des Dauerregens – etwa dreißig Personen ein, die Gerechtigkeit für den getöteten Jugendlichen forderten und auf den Wunsch der Familie aufmerksam machten, am Prozess teilnehmen zu können. Dountio nahm die Nachricht des Richters mit Besorgnis zur Kenntnis: „Ich wünsche mir, dass, wenn die Angeklagten neu aussagen müssen, die Vernehmungen gründlich durchgeführt werden“, äußerte er. (…) „Wenn man eine Person erschossen hat und dann ein Statement macht, sollte man um Verzeihung und Versöhnung bitten, um Frieden für die Familie der Person.“ Dountio bemängelte, dass der Schütze nur sein eigenes Leid hervorgehoben habe und fragt „Wo ist der Platz für die Familie Dramé in diesem Statement?“ Er ergänzte: „Die Familie, die auf solch eine brutale Art und Weise 8.000 Kilometer von hier entfernt ihren Sohn, Bruder und Cousin verloren hat. Wo ist der Schmerz und die Empathie für sie? Das habe ich da nicht gehört, deswegen war es einfach eine Frechheit.““ Bericht von Paulina Bermúdez vom 20. Dezember 2023 bei den Nordstadtbloggern - Prozess zu tödlichen Polizeischüssen: Fünf Beamte vor Gericht
„Der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé wurde 2022 von der Polizei in Dortmund erschossen. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Polizeiarbeit auf.
Im lang erwarteten Prozess gegen fünf Dortmunder Polizist:innen ist am Dienstagnachmittag vor dem Landgericht Dortmund die Anklageschrift im Fall Mouhamed Lamine Dramé verlesen worden. Der 16 Jahre alte Geflüchtete aus dem Senegal war am 8. August 2022 bei einem Polizeieinsatz in Dortmund erschossen worden. (…) Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist groß. Vor dem Haupteingang des Landgerichts halten Aktivisten am Dienstag eine Mahnwache ab und zeigen dabei Plakate mit dem Konterfei von Mouhamed Dramé. Im Schwurgerichtssaal ist an diesem ersten der elf angesetzten Verhandlungstermine jeder Platz besetzt. Der Hauptangeklagte Fabian S. und seine vier Kolleg:innen werden über den Keller in ein Nebenzimmer geführt. Als der Prozess beginnt, decken sie ihr Gesicht mit einer Aktenmappe ab.
Anklage gegen die Polizei
Der Fall wirft grundsätzliche Fragen über Polizeieinsätze gegen Personen auf, die sich in akuten psychischen Krisen befinden. Zudem schwingt die Frage mit, ob auch auf einen weißen Jugendlichen geschossen worden wäre. Der Verteidiger von Fabian S. war so auch gleich zu Beginn bemüht, klarzustellen, dass die Hautfarbe während des Einsatzes keine Rolle gespielt habe.
Die Staatsanwaltschaft wiederum findet in der Anklageschrift deutliche Worte: Eine Notwehrsituation, die die letztlich tödliche Intervention hätte rechtfertigen können, sehen die Ermittler nicht. Auch den Einsatz von Pfefferspray und Tasern bewerten die Ermittler als unverhältnismäßig. Auf die Notwehrsituation wird aber wohl der junge Polizist S. plädieren. Sollte er wegen Totschlags verurteilt werden, drohen im zwischen 5 und 15 Jahren Haft. Damit würde er aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zwei seiner Kolleginnen und ein Kollege sind wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt angeklagt worden. Ihnen wird in einem Fall der „ungerechtfertigte Einsatz von Pfefferspray und in zwei weiteren Fällen der ungerechtfertigte Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten“ – also Tasern – zur Last gelegt. Ihrem Dienstgruppenleiter wird vorgeworfen, sie zu diesen gefährlichen Körperverletzungen im Amt angestiftet zu haben. Ihnen droht je nach Strafmaß eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren. Sollte ihr Fall als weniger schwer beurteilt werden, könnten Geldstrafen verhängt werden…“ Artikel von David Bieber vom 19.12.2023 in der taz online - Der Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ plant, an jedem weiteren Prozesstag eine Kundgebung vor dem Landgericht auf der Kaiserstraße zu veranstalten.
- Der nächste Verhandlungstag ist für den 10. Januar 2024 um 9.30 Uhr angesetzt.
- Berichte von der Mahnwache vor dem Landgericht auf dem Twitter-ACC von Solidaritätskreis Mouhamed
- Spendenkampagne für Prozessteilnahme der Familie Dramé
„Wir sind auf eure Hilfe angewiesen! Während wir uns auf allen Ebenen darum kümmern, der Familie eine Einreise und Prozessteilnahme zu ermöglichen und gleichzeitig unsere Prozessbegleitung vorbereiten, brauchen wir Geld. Viel Geld. Allein die Ungewissheit des Verfahrensverlaufs und der Dauer erschweren Vieles – im besten Falle schaffen wir uns Rücklagen!“ Aufruf bei #justice4mouhamed mit Link zu betterplace - „Dieses organisierte Wegsehen macht die Probleme nicht kleiner, sondern größer“
„Rund eine Million psychisch kranker Geflüchteter lebt in Deutschland – die meisten werden nicht versorgt. Dafür gibt es jetzt harte Kritik, auch aus der Regierung selbst. Doch das verantwortliche Ministerium duckt sich weg.
In Deutschland leben rund eine Million Geflüchtete, die psychisch krank sind – doch nur ein Bruchteil erhält professionelle Hilfe. Das hatte eine Anfang Dezember veröffentlichte CORRECTIV-Recherche offengelegt . Jetzt reagieren Politikerinnen und Politiker mit scharfer Kritik an den Verantwortlichen in der Politik – aus der Opposition, aber auch aus der Bundesregierung selbst. Das verantwortliche Gesundheitsministerium dagegen duckt sich weg…“ Beitrag von Anette Dowideit und Gabriela Keller vom 19. Dezember 2023 bei Correctiv aus Anlass des Prozesses
- Erster Verhandlungstag im Fall Mouhamed Dramé endete nach 30 Minuten
- #justice4mouhamed: 498 Tage nach den tödlichen Polizeischüssen nun der Prozessbeginn am 19.12.2023 gegen 5 Polizist*innen – mit Kundgebung in Dortmund
„498 Tage nach den tödlichen Polizeischüssen müssen sich ab dem 19.12.2023 fünf der insgesamt über zehn beteiligten Beamt*innen der Wache Nord vor dem Dortmunder Landgericht verantworten. Der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed wird den gesamten Prozess kritisch begleiten und dokumentieren und ruft zur solidarischen Prozessbeobachtung auf.
Am Tag des Prozessauftakts am Dienstag, den 19.12.2023, ist eine Kundgebung vor dem Dortmunder Landgericht angemeldet. Interessierte, die Öffentlichkeit sowie Pressevertreter*innen sind willkommen zu Kaffee oder Tee, der Prozess selbst startet um 14 Uhr. Ob nun im Gerichtssaal oder vor dem Gebäude: Hier gilt es wie seit fast 500 Tagen – JUSTICE FOR MOUHAMED!
Wünsche der Familie
Wie seit Beginn unserer Arbeit, sieht sich der Solidaritätskreis auch weiterhin der Familie Mouhameds verpflichtet und steht in engem Kontakt mit ihnen. Ihr Wunsch ist auch eine zentrale Forderung des Solidaritätskreises: Ihnen muss die Chance gegeben werden, als offizielle Nebenkläger*innen im Verfahren an diesem teilzunehmen. Darüber hinaus wünscht sich die Familie eine Symbolkraft des Verfahrens über die Bestrafung der Beschuldigten hinaus. Mouhameds Geschichte soll ein Präzendenzfall werden: Die Familie fordert, dass die Polizei endlich die Verantwortung übernimmt und anerkennt, dass Mouhamed zu Unrecht erschossen wurde. Die Tat darf nicht als Notwehrhandlung konstruiert werden: Nicht Mouhamed war der gewalttätige Angreifer, sondern die ihm eigentlich zur Hilfe gerufenen Polizist*innen! Die Familie erwartet Gerechtigkeit in der Weise, dass Mouhameds Fall sich niemals wiederholen darf. (…)
Was wird verhandelt?
Der Dienstgruppenleiter des Polizeieinsatzes ist wegen Anstiftung zur Körperverletzung angeklagt. Zwei Polizistinnen und einem Polizisten wird wegen des Einsatzes von Pfefferspray bzw. Tasern gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Der Polizist, der direkt (0,7 Sekunden) nach dem zweiten Taser-Einsatz Mouhamed mit 6 Schüssen aus einer Maschinenpistole erschoss, ist wegen Totschlags angeklagt. Der Einsatzleiter als Gesamtverantwortlicher in der Hierarchie sowie einsatztaktisch vor Ort, sieht sich demnach mit der geringsten Anklage konfrontiert: Einzig sein dezidierter Befehl zum Einsatz des Pfeffersprays („Einpfeffern…das volle Programm“) ist hierbei juristisch angeklagt. Seine Einsatzkonzeption, die Einteilung des sogenannten Sicherungsschützen, der ebenfalls von ihm angeordnete Angriff mit Tasern – all dies findet in der Anklage gegen ihn keine Beachtung…“ Pressemeldung des Solidaritätskreises Mouhamed vom 30.11.2023 , siehe auch:- Death In Custody DE am 30. Nov. auf Twitter dazu : „Am 19. Dezember beginnt der Strafprozess gegen 5 Polizist*innen, die den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé brutal erschossen haben! Nichts in der Welt macht ihn wieder lebendig. Zumindest aber müssen die Täter*innen in Uniform zur Rechenschaft gezogen werden.“
- 1. Prozesstag: Dienstag 19.12.2023 ab 14 Uhr, ab Vormittags KUNDGEBUNG vorm Landgericht Dortmund
- Dortmund am 12.8.: Rund 1.500 Menschen erinnern an den Tod von Mouhamed Lamine Dramé und demonstrieren gegen Polizeigewalt überall
- »The System is Rotten to the Core« – Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen fordert Dortmund weiterhin Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé
„„Mouhamed – das war Mord“ skandierten etwa 1500 Menschen auf der Großdemo am 12. August 2023 lautstark trotz Starkregens. Zur Demonstration, die am Samstag in der Dortmunder Innenstadt gegenüber dem Hauptbahnhof startete, waren Menschen und Initiativen aus ganz Deutschland dem Aufruf des Solidaritätskreis Justice4Mouhamed gefolgt, um Mouhamed Lamine Dramé zu gedenken. Mouhamed, der sich im Alter von 14 Jahren auf die Flucht begab, um seine Familie im Senegal zu unterstützen, wurde am 8. August 2023, von der Dortmunder Polizei brutal erschossen.
Der Solidaritätskreis ist sehr glücklich darüber, dass die Demonstration so divers aufgestellt war. Beispielsweise war der sehr kämpferische erste Block von BIPoC (Black Indigenous People of Colour) besetzt. Des weiteren gab es einen leisen Block der Anti-Ableistischen Aktion Ruhr sowie einen symbolischen leeren Block für diejenigen, die fehlen, und in Folge fortgesetzter Gewalt, Diskriminierung und Traumatisierung ihren politischen Ausdruck nicht auf die Straße bringen können. (…) Insbesondere in der belebten Innenstadt sorgte der bunte Demonstrationszug für viel Aufmerksamkeit, Passant*innen applaudierten spontan. Zahlreiche Transparente und Bilder, die von den Teilnehmenden hochgehalten wurden, waren zu sehen. „Die große Trauer, Wut und Verzweiflung ist auch nach einem Jahr ungebrochen und wir sind überwältigt von dieser breiten Beteiligung. Die vielen Gesichter und Namen sollen uns allen in Erinnerung bleiben.“ so Anna Neumann von der Pressestelle des Solidaritätskreises. (…) In Zukunft hat der Solidaritätskreis noch einiges vor, denn er unterstützt die Familie Dramé bei der Nebenklage. So müssen sich fünf der zwölf Polizist*innen, die im Einsatz waren, in einem anstehenden Prozess vor Gericht verantworten. Der Schütze ist wegen Totschlags angeklagt, drei weitere Beamt*innen wegen gefährlicher Körperverletzung; der Einsatzleiter wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung. Flexible Flugtickets sind bereits gekauft, damit die Familie dem Prozess beiwohnen können. Sie wollen die Polizist*innen sehen, die ihren geliebten Verwandten erschossen haben, ihnen Fragen stellen und eine Entschuldigung. Mouhameds Familie ist es zudem ein Anliegen, den Ort an dem ihr Sohn und Bruder starb zu sehen, um Abschied nehmen zu können. „Wir kritisieren, dass es für solche Fälle keine humanitären Visa gibt, die eine Einreise für die Angehörigen erleichtern und denken, dass die Politik und die Stadt in diesem Punkt Verantwortung übernehmen müssen. Wir empfinden es als Skandal, dass Angehörige zusätzlich zu diesem schmerzlichen Verlust, Zeit und Kosten für Visa aufbringen müssen“, so Anna Neumann Presseperson des Solidaritätskreises…“ Umfangreiche Pressemitteilung des Solidaritätskreises vom 12.08.2023 , siehe auch: - Dortmund: Hunderte Menschen erinnern an Tod von Mouhamed durch Polizeischüsse
„Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in Dortmund an den von der Polizei erschossenen 16-jährigen Flüchtling Mouhamed Dramé erinnert. Sie forderten eine lückenlose Aufklärung und eine Verurteilung der beteiligten Polizisten. (…)
Zu einer Demonstration, die vom Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ organisiert wurde, kamen rund 700 Menschen, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Organisatoren der am Hauptbahnhof gestarteten Demo schätzten die Zahl der Teilnehmer deutlich höher ein und sprachen von rund 1.500 Unterstützern. (…)
Die Bodycams der Polizisten waren den Ermittlungen zufolge während des Einsatzes nicht eingeschaltet. Verschiedene Details des Einsatzes hatten sich im Laufe der Ermittlungen anders dargestellt, als zunächst von der Polizei angegeben. Eine Rekonstruktion des Tatablaufs offenbarte massives Polizeiversagen. Experten fordern deshalb verstärkt eine Einschaltpflicht für Bodycams. „Immer noch bleibt es den Beamten überlassen, das ist mangelhaft, das muss geändert werden“, sagte Polizei-Experte Rafael Behr. „Denn wir haben Grund, den Erzählungen der Polizei zu misstrauen, gerade nach solchen Fällen.“ Da brauche es objektive Beweismittel. Behr ist Professor für Polizeiwissenschaften mit den Schwerpunkten Kriminologie und Soziologie am Hochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg. Prof. Claus Melter hatte die Vermutung geäußert, dass die Polizei bei einem weiß und christlich gelesenen Jugendlichen anders gehandelt hätte…“ Bericht vom 13.08.2023 im Migazin - Gedenken an Mouhamed: Wache Nord – Mörder! 1500 Menschen fordern in Dortmund Gerechtigkeit für erschossenen Mouhamed
„»Ihr seid Mörder und Faschisten, ihr seid keine Sicherheit!« und »Wache Nord-Mörder« schallt es den Polizist*innen entgegen, die hinter einem Absperrgitter vor der Nordstadwache stehen. Von hier rückten am 8. August 2022 die Polizist*innen aus, die das Leben von Mouhamed Lamine Dramé beendeten. (…) Am Jahresende soll der Prozess gegen fünf beteiligte Polizisten beginnen. Einem Beamten droht eine Verurteilung wegen Totschlags.
Dass es überhaupt zu einem Prozess kommen wird, dürfte maßgeblich auch den Aktivitäten des Solidaritätskreises »Justice4Mouhamed« zu verdanken sein. Schon kurz nach der Tat begannen die Aktivist*innen, Öffentlichkeit herzustellen, suchten den Kontakt zu Zeug*innen und bauten den Kontakt zu Mouhameds Familie im Senegal auf. Zu Beginn der Demonstration am vergangenen Samstag wurde eine Botschaft von Verwandten verlesen. Sie beklagten, dass der Prozess noch nicht begonnen habe und es von Seiten der Stadt Dortmund keine Kontaktversuche gegeben habe. Außerdem bedankte sie sich bei den Unterstützer*innen in Deutschland. Eine andere Rednerin beim Auftakt der Demonstration war die abolitionistische Wissenschaftlerin Vanessa E. Thompson. Sie sprach über die Rolle der Polizei im kolonialen Kapitalismus und darüber, dass der herrschende Rassismus immer wieder Tote produziere, ob im Mittelmeer oder in deutschen Polizeiwachen. (…) Die Nordstadtwache, an der am Samstag viele Demonstrant*innen ihre Wut besonders lautstark artikulierten, stand in der Vergangenheit immer wieder im Zentrum der Kritik von links. 2012 starb der Schwarze Ousman Sey dort im Gewahrsam. Auch in den Folgejahren gerieten Beamte der Wache immer wieder in die Schlagzeilen, meistens waren überharte Einsätze gegen Migrant*innen der Grund. Bei einer Zwischenkundgebung an der Nordstadtwache kritisierte die Initiative Death in custody, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung sich für ihre Lehren aus dem Tod Mouhameds feiere. Zwei Stunden mehr Einsatztraining im Jahr und ein Erlass der die Einschaltung von Body-Cams empfehle, seien allerdings nicht mehr als »kosmetische Alibi-Reformen«. Dass die Polizeigewalt in Nordrhein-Westfalen nicht plötzlich aufgehört hat, das belegte ein Redebeitrag von Unterstützer*innen des 19-jährige Bilel G. aus Herford. 34 Mal hatten Polizist*innen im Juni auf ihn geschossen. Er wird wohl sein Leben lang gelähmt bleiben…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 13.08.2023 in ND online - Siehe auch die Bildergalerie von PM Cheung auf flickr
- und #do1208 #justice4mouhamed
- »The System is Rotten to the Core« – Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen fordert Dortmund weiterhin Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé
- „Es gibt 1000 Mouhameds!“ Auf zur Gedenkdemo für Mouhamed L. Dramé. am 12. August in Dortmund – es gibt aber auch Liveberichterstattung
- Am Samstag wird es eine moderierte Liveberichterstattung von der Demonstration in Dortmund geben: Ab 14 Uhr auf https://radio.nrdpl.org
- verfolge auch #justice4mouhamed #do1208
- Mahnwache für 16-jährigen Mouhamed: Experte: „Denn wir haben Grund, den Erzählungen der Polizei zu misstrauen“ und fordert Bodycam-Einschaltpflicht
„Mahnwache in Dortmund ein Jahr nach den tödlichen Polizeischüssen auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé. Experte fordert Bodycam-Pflicht für Polizisten für objektive Beweise. Aussagen von Polizisten könne man nicht trauen.
Ein Jahr nach Polizeischüssen auf einen 16-Jährigen haben Menschen in Dortmund an den getöteten Jugendlichen erinnert. Am Dienstagnachmittag fand in der Nähe des damaligen Einsatzortes eine Mahnwache statt, zu der ein Solidaritätskreis aufgerufen hatte. Menschen legten Bilder und Blumen ab, wie ein dpa-Reporter berichtete. Darüber hinaus hatte das Bündnis zum Austausch eingeladen. An einem „offenen Mikrofon“ sollten Erfahrungen und Gedanken geteilt werden, berichteten die Veranstalter. Für Samstag hat der Solidaritätskreis außerdem zu einer Demonstration in der Dortmunder Innenstadt aufgerufen. (…) Claus Melter von der Fachhochschule Bielefeld hegt den Verdacht, dass beim Tod des sechzehnjährigen Mouhamed D. die Polizei unprofessionell gehandelt hat und der Jugendliche ohne Not oder gar aus rassistischen Motiven getötet worden sein könnte. Die Polizei habe mit außergewöhnlich großem Aufgebot, massiver Bewaffnung und scheinbar ohne psychologische Unterstützung und Sprachmittlung gehandelt. „Es ist schwer vorstellbar, dass bei einem Anruf einer Jugendhilfeeinrichtung bei einem, als weiß und christlich angesehenem suizid-gefährdetem Jugendlichen, ähnlich gehandelt worden wäre“, erklärt Melter. Als Konsequenz fordert der Polizei-Experte Rafael Behr eine Einschaltpflicht für die Bodycams der Beamten. „Immer noch bleibt es den Beamten überlassen, das ist mangelhaft, das muss geändert werden“, sagte Behr am Dienstagmorgen im WDR. „Denn wir haben Grund, den Erzählungen der Polizei zu misstrauen, gerade nach solchen Fällen.“ Da brauche es objektive Beweismittel. Behr ist Professor für Polizeiwissenschaften mit den Schwerpunkten Kriminologie und Soziologie am Hochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg…“ Meldung vom 09.08.2023 im Migazin
- Am Todestag von Mouhamed Dramé verbietet das Ordnungsamt das Verteilen von Flyern und nimmt den Flyerverteiler gefesselt fest – auf nach Dortmund am 12.8.!
- „Am Todestag Mouhameds waren wir gerade auf dem Nordmarkt. Er ist das zentrale Organ der Nordstadt, hier treffen sich Alt und Jung. Viele Gespräche, Tränen in den Augen mancher Leute – die Nordstadt weiß welcher Tag heute ist. Tja, und dann kam das Ordnungsamt der @stadtdortmund
AM ERSTEN JAHRESTAG wurden uns gewaltsam Flyer und Plakate entrissen, eine Person in Handschellen fast eine Stunde in den Räumlichkeiten des O-Amtes seiner Freiheit beraubt. Ein Skandal! So sieht man aus, wenn man dem Andenken Mouhameds auf dem Nordmarkt Raum gibt
Die @stadtdortmund beschlagnahmt also am 08.08 Flyer „zum Aufruf einer Gedenkveranstaltung“ am selben Tag. Noch während sie daneben standen sahen sie, wie breit die Anteilnahme ringsherum war. Merkt ihr noch irgendwas??
Während der fast einstündigen Freiheitsberaubung wurde uns mehrfach Kontakt zu einem Rechtsbeistand verwehrt, beobachtende Zeug*innen wurden behindert, Trinkwasser auch erst lange verweigert. Wir sind wütend und fassungslos und fordern von @stadtdortmund eine Stellungnahme! Aber uns gehts allen gut!...“ Thread von Solidaritätskreis Mouhamed vom 8.8. mit Fotos und Videos - Todestag von Mouhamed Dramé: Stadt widerspricht Initiative: Ordnungsamt handelte korrekt
„… Nach den Vorwürfen des „Solidaritätskreises Mouhamed“, einem Mitglied der Initiative gewaltsam Flyer für eine Gedenkdemonstration am Sonntag zu Unrecht der Freiheit beraubt zu haben, widerspricht die Stadt der Darstellung. „Nach dem aktuellen Kenntnisstand ist kein rechtlich zu beanstandendes Verhalten erkennbar“, teilte eine Stadtsprecherin t-online mit. Mitglieder der Initiative, die sich um Gerechtigkeit im Fall eines vor einem Jahr durch Polizeischüsse getöteten 16-jährigen Jugendlichen aus dem Senegal einsetzt, waren am Dienstag in der Nordstadt unterwegs, um für eine Demonstration Werbung zu machen. Die Flyer seien während des laufenden Wochenmarktes auf dem Nordmarkt verteilt worden. „Dies ist nach der Wochenmarktsatzung der Stadt Dortmund nicht gestattet, sodass die Marktaufsichten nach Beschwerden mehrerer Markthändler den Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt Dortmund um Unterstützung gebeten haben“, so die Stadtsprecherin. (…) Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Die beiden Personen, die die Flyer verteilt haben, zeigten sich äußerst unkooperativ, sowohl bei der Ansprache durch Händler und Marktaufsicht als auch durch den kommunalen Ordnungsdienst. Aufforderungen, die Flyer abseits des Wochenmarktes zu verteilen und sie auszuhändigen, kamen sie nicht nach.“ Daraufhin wurden die Flyer sichergestellt. Eine der betroffenen Personen hat erheblichen Widerstand geleistet und sei daher zur Eigensicherung der eingesetzten Kräfte mit Handfesseln fixiert und in ein Büro der Ordnungsbehörde in unmittelbarer Nähe gebracht worden.“…“ Beitrag von Thomas Terhorst vom 09.08.2023 bei t-online - „Jetzt wird es dreist: Laut @stadtdortmund ist das Ordnungsamt nur „Beschwerden von Markthändler*innen“ nachgekommen als sie die Flyer von @solimouhamed gewaltsam konfiszierten. Diese Beschwerden gab es nicht! Das war eure Initiative! Das ist eure Verantwortung! #justice4mouhamed…“Tweet von amzdo vom 8. Aug. 2023
- Gedenken an Mouhamed in Dortmund: Wann brennt es? Sebastian Weiermann zu einem fragwürdigen Ordnungsamtseinsatz
„Am Dienstag war es ein Jahr her, dass Mouhamed Lamine Dramé von Polizisten in der Dortmunder Nordstadt erschossen wurde. Kurz nach der Tat gründete sich der Solidaritätskreis Mouhamed. Die Gruppe kämpft für Aufklärung, hält Kontakt zu Mouhameds Familie und setzt sich gegen rassistische Polizeigewalt ein. Ausgerechnet einem Mitglied dieser Gruppe wurden an Mohameds Todestag vom Dortmunder Ordnungsamt Flyer entrissen, der Flyerverteiler wurde eine Stunde auf einer Wache gefesselt festgehalten. Das Ordnungsamt begründet die Maßnahme mit dem Polizeirecht – sie diene der Gefahrenabwehr. Während Dortmunds Oberbürgermeister im Rathaus darüber spricht, dass man die Umstände von Mouhameds Tod aufarbeite, spielen Mitarbeiter des Ordnungsamts in der Nordstadt die brutalen Sheriffs. Offenbar fehlt es am Bewusstsein dafür, wie sensibel das Thema Polizeigewalt in dem Viertel ist. Polizei und Stadt können froh sein, mit dem Solidaritätskreis auf eine Gruppe zu treffen, die auf politische Arbeit setzt. In Frankreich brannte kürzlich tagelang das halbe Land nach einem Fall von rassistischer Polizeigewalt. Hier könnte das auch bald passieren.“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 8.08.2023 in ND online
- „Am Todestag Mouhameds waren wir gerade auf dem Nordmarkt. Er ist das zentrale Organ der Nordstadt, hier treffen sich Alt und Jung. Viele Gespräche, Tränen in den Augen mancher Leute – die Nordstadt weiß welcher Tag heute ist. Tja, und dann kam das Ordnungsamt der @stadtdortmund
- 8.8.2022: Polizeimord an Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund – 8.8.2023: Nordstadttalk und Erinnern an Mouhamed – 12.8.2023: Bundesweite Gedenkdemo „Es gibt 1000 Mouhameds!“
- 8.8.2023: EIN JAHR NACH DEN SCHÜSSEN – Nordstadttalk und Erinnern an Mouhamed
„Am 8.8.2023 jährt sich der brutale Mord an Mouhamed. Wir wollen deswegen gemeinsam an den lebensfrohen Jungen erinnern und sind daher ab 14:30 Uhr auf dem Kurt-Piehl-Platz. Mouhameds Familie wünscht sich ein buntes, lebendiges Erinnern mit Musik und Austausch. Deswegen haben wir unterschiedliche Menschen eingeladen, mit denen darüber gesprochen werden kann, was wir nach einem Jahr fühlen und denken, was sich verändert hat und was sich noch verändern muss, damit in Dortmund Alle sicher leben können. Es wird musikalische Beiträge geben und eine Küfa – also Küche für Alle! Wer lieber im Stillen Gedenken eine Blume zum Tatort bringen möchte, ist dazu auch herzlich eingeladen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Mouhamed nicht vergessen und sein Leben gefeiert wird.“ Einladung beim Solikreis justice4mouhamed - 12.8. 2023: Bundesweite Gedenkdemo – Es gibt 1000 Mouhameds
„Der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed ruft für den 12.08.2023 zu einer bundesweiten Gedenkdemonstration in Dortmund, anlässlich der sich jährenden Tötung Mouhamed Lamine Dramés durch die Polizei, auf. Am 08.08.2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé von der Dortmunder Polizei erschossen
Lügen der Polizei!
Die Polizei versuchte bewusst den Tatergang zu vertuschen. Innenminister Reul stellte sich hinter die Beamt*innen, indem er ohne zu hinterfragen die Schilderungen des Polizeiberichts übernahm. Mouhamed wurde als aggressiver Gewalttäter und das Handeln der Polizei als Notwehr dargestellt. Mittlerweise ist bewiesen: Die Polizei tötete Mouhamed, von dem keine Gefahr ausging, und eskalierte eine statische Situation! Nun sind die verantwortlichen Polizist*innen angeklagt.
Keine Einzelfall!
Rassifizierte Menschen, Personen in psychischen Ausnahmezuständen und solchen in deprivierten Lebenslagen werden einmal mehr Opfer von mitunter tödlicher Polizeigewalt. Es geht um institutionellen Rassismus und Klassismus! Die Ermordung Mouhameds hat Struktur!
Defund & Abolish the Police!
2022 gab es in Deutschland mindestens 36 Fälle tödlicher Polizeigewalt. Tagtäglich finden rassistische Kontrollen, sowie gewalttätige Übergriffe durch die Polizei im Zusammenhang ihrer Einsätze statt.Wir brauchen andere Strukturen der gegenseitigen Unterstützung, Solidarität und Sorge umeinander. Keinen repressiven Polizeistaat. Die Polizei zu rufen bedeutet keine Sicherheit!
Polizeigewalt tötet!
Wir kämpfen für Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé und wollen am 12.08. gemeinsam auf die Straße gehen, um Mouhamed und all den Betroffenen von Polizeigewalt zu gedenken und ein starkes Zeichen gegen rassistische Polizeigewalt zu setzen! Erinnern heißt kämpfen!…“ Aufruf von Solikreis justice4mouhamed zur Demo ab 14 Uhr an den Katherinentreppen vor dem Dortmund Hbf - Der Solikreis hat den gesamten Monat zum Aktionsmonat ausgerufen – siehe alle Veranstaltungen
- 8.8.2023: EIN JAHR NACH DEN SCHÜSSEN – Nordstadttalk und Erinnern an Mouhamed
- [ZDF-Doku] Tödlicher Polizeieinsatz: Warum musste Mouhamed sterben?
„Der 16-jährige Mouhamed droht, sich in einer Jugendhilfeeinrichtung das Leben zu nehmen. Die Polizei wird gerufen, kurz darauf ist der Junge tot. Getötet von Kugeln aus einer Polizeiwaffe.“ ZDF-Doku von Marcel Siepmann und Aiko Kempen vom 3.5.2023 (Videolänge 29 min)
Die Doku schaut hinter das Narrativ des aus dem Ruder gelaufenen Einzelfall|es. Wie ist die #Polizei aufgestellt, was den Umgang mit Menschen in Krisensituationen angeht? Gibt es strukturelle Probleme mit Gewalt, Rassismus, Lücken in der Ausbildung, falsche Einsatzstrategien? Siehe zu dem angesprochenen Geheimdokument der Polizei NRW, das fragdenstaat ausgegraben haben:- [Umstrittenes Geheimdokument der Polizei NRW] Umgang mit psychischen Krisen: Tödliche Polizeieinsätze
„… Es sind fünf Schüsse aus der Maschinenpistole eines Polizisten, die Mouhamed Lamine Dramé töten. (…) Mouhamed Dramé wurde von den Menschen getötet, die ihn davon abhalten sollten, sich umzubringen. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen Menschen von Polizist*innen erschossen werden, während sie in einer psychischen Ausnahmesituation sind. Sie drohen etwa, sich umzubringen oder leiden an einer Psychose. Allein aus den letzten drei Jahren gibt es Berichte über mehr als ein Dutzend solcher Fälle. In einer Kooperation mit ZDF Die Spur sind wir der Frage nachgegangen: Wie gut sind Polizist*innen auf solche Situationen vorbereitet? Um das herauszufinden, haben wir 38 Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an Innenministerien, Landespolizeien und Polizeischulen gestellt. Wir haben Schulungsunterlagen, Handlungsanweisungen und interne Vorgaben der Polizei angefordert. Außerdem wollten wir ein genaues Bild davon bekommen, wie groß das Problem im Umgang der Polizei mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen ist. Weil es zwar etliche Berichte über solche Fälle, aber keine offizielle Statistik dazu gibt, haben wir alle Bundesländer um genaue Zahlen gebeten und versucht herauszufinden, welche Daten zu dieser Frage erhoben werden. Erstmals können wir nun auch ein Geheimpapier der Polizei Nordrhein-Westfalen zugänglich machen. Das zuständige Innenministerium hat es mehr als fünf Jahre unter Verschluss gehalten und erst nach einer Klage von uns herausgegeben. Die Polizei NRW müsse „robuster” und „durchsetzungsfähiger” werden, steht in dem Dokument. Expert*innen sehen einen Zusammenhang zwischen solchen Forderungen und einer Entwicklung hin zu Polizeieinsätzen, die nicht mehr auf Deeskalation und Kommunikation ausgerichtet sind. (…) Es ist ein 26-seitiges Expertenpapier von 2017 aus dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW. Darin wird etwa empfohlen, die Polizei müsse „gewaltfähiger” werden. Handlungsleitende These, also die zentrale Idee, für die Zukunft der Polizei laut diesem Papier: „Die Polizei NRW muss an Konsequenz, Stabilität, Führungsstärke und Robustheit deutlich zulegen!” Der Grund für diese neue Härte: Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Polizeibeamt*innen hätten zugenommen, darauf müsse man reagieren. Das zuständige Innenministerium teilt uns mit, dass noch geprüft werde, welche Inhalte aus dem Papier umgesetzt werden. (…) Die Leitlinie „Kommunikation, so lange wie möglich“ sei in der Polizei mehr oder weniger unausgesprochen durch „Einschreiten, so konsequent wie möglich“ ersetzt worden, schreibt Dirk Heidemann in einem Aufsatz anlässlich des Tods von Dramé. Heidemann leitete bis 2022 den Bereich Polizeiliche Führungslehre an der Deutschen Hochschule der Polizei. In seinem Text verweist er auch auf das Geheimpapier über robusteres Auftreten und sieht einen Zusammenhang zwischen diesen Überlegungen und dem tatsächlichen Verhalten von Polizeibeamt*innen im Einsatz: „Ein solcher Rahmen verändert die Annahmen, die einzelne Polizeibeamt/innen auf dem Weg in den Einsatz bilden und die für sie handlungsleitend werden.“ Die Folge: Durchsetzung statt Kommunikation und Verständigung. Gerade einmal zwei Minuten Zeit nehmen sich die Polizeibeamt*innen, um Mouhamed Dramé anzusprechen, bevor sie gewaltsam gegen den bis dahin regungslosen Jugendlichen vorgehen. Wenige Sekunden später ist Dramé tot…“ Beitrag von Aiko Kempen vom 3. Mai 2023 von und bei FragDenStaat mit Link zu dem kompletten NRW-Schulungspapier
- [Umstrittenes Geheimdokument der Polizei NRW] Umgang mit psychischen Krisen: Tödliche Polizeieinsätze
- Eine der wenigen Maßnahmen nach den tödlichen Schüssen in Dortmund: Bodycam- und Podcast-Pflicht (nur Tragepflicht!) für Polizisten in NRW
„Innenminister Herbert Reul (CDU) hat eine Tragepflicht für Bodycams bei der Polizei angekündigt. Dies sei eine der Maßnahmen nach den tödlichen Schüssen auf einen 16-jährigen Geflüchteten in Dortmund, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Für Bodycams gibt es in NRW bisher nur eine Trageempfehlung, keine Pflicht. Die Tragepflicht betrifft rund 18.000 Streifenpolizisten im Land. Eine Pflicht, die Kamera auch jederzeit anzuschalten, wird es aus rechtlichen Gründen aber nicht geben. Auch im Fall des getöteten Jugendlichen in Dortmund hatten Polizisten zwar Bodycams dabei, aber nicht eingeschaltet. Der Einsatz lief zunächst als Einschreiten bei einem Suizidversuch. Der Geflüchtete aus dem Senegal soll zunächst gedroht haben, sich mit einem Messer zu töten. Ein Polizist erschoss ihn mit seiner Maschinenpistole. Der Schütze wurde inzwischen wegen Totschlags, der Einsatzleiter wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und drei Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Spätere Ermittlungen hatten ein massives Polizeiversagen und ein voreiliger Gebrauch von Schusswaffen zutage gebracht. Von dem Getöteten soll, anders zunächst dargestellt, keine Gefahr ausgegangen sein. Experten warfen die Frage auf, ob bei dem Polizeieinsatz Rassismus eine Rolle gespielt haben könnte. (…) Das verpflichtende jährliche Einsatztraining wird laut Reul um zwei Tage auf dann sieben Tage ausgeweitet. Die Zusatzzeit solle genutzt werden, um den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu trainieren. Zudem werde es einen internen Podcast geben, den man sich verpflichtend anhören muss, so Reul. Reul kündigte zudem an, dass schriftliche Anleitungen wie die sogenannte „Wachdienst-Fibel“ überarbeitet werden. So solle besonders die Bedeutung zwischenmenschlicher Kommunikation beim Einschreiten noch stärker betont werden. (…) Nach den tödlichen Polizeischüssen wurden im Auftrag des Innenministeriums alle 48 Polizeieinsätze nachbereitet, die in den letzten fünf Jahren tödlich endeten. Systematische Defizite habe man bei der Analyse nicht festgestellt, sagte Reul.“ Meldung vom 26. März 2023 im MiGAZIN („Bodycam- und Podcast-Pflicht für Polizisten nach Tod eines 16-jährigen Asylbewerbers“) - Anklage gegen fünf Polizisten – Kundgebung am 15.2. in Dortmund „Die Täter*innen werden angeklagt. Wann werden endlich die Strukturen hinterfragt?“
- Tödliche Schüsse auf Mouhamed Dramé: Anklage gegen fünf Polizisten
„Der Polizist, der den 16-jährigen Mouhamed Dramé bei einem Einsatz in der Dortmunder Nordstadt erschossen hatte, und vier seiner Kollegen werden angeklagt. Nach WDR-Informationen müssen sich drei Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, und der Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung dazu. Er soll den Einsatz von Pfefferspray und Tasern gegen den 16-jährigen Mouhamed Dramé befohlen haben. Die Polizisten sollen die Situation nach Ansicht der Staatsanwaltschaft falsch eingeschätzt und unverhältnismäßig gehandelt haben. (…) Für den Kriminologen Tobias Singelnstein kam die Anklageerhebung überraschend: „Dass jetzt hier in dem Fall Anklage erhoben wird, ist durchaus ungewöhnlich. Das kommt relativ selten vor.“ Zwar werde in solchen Fällen standardmäßig ermittelt, laut Singelnstein landen gerade mal zwei Prozent der Verdachtsfälle von rechtswidriger Polizeigewalt auch vor Gericht. Ein Gerichtsprozess würde zwar zu einer transparenten Aufarbeitung dieses Einzelfalls führen. Mögliche strukturelle Probleme innerhalb der Polizei müssten aber politisch aufgearbeitet werden und nicht in einem Strafprozess, so Singelnstein…“ Beitrag von David Peters, Ergänzung Benedikt Strickmann, vom 15.02.2023 beim WDR – siehe dazu: - „+++ Anklage der Mörder*innen von Mouhamed! +++ Lange haben wir gewartet, jetzt ist es klar: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage! Wir haben von Anfang an gesagt: Es war #Mord! Der Todesschütze wird wegen #Totschlag angeklagt, drei weitere Polizist*innen der #Polizei #Dortmund wegen gefährlicher #Körperverletzung, der Einsatzleiter wegen Anstiftung. (…) Aufgrund der Anklage rufen wir morgen zu einer Kundgebung auf! Wir treffen uns um 19 Uhr Gegenüber der Nordwache auf dem Freiherr-vom-Stein-Platz. Wir werden laut sein. Wir werden diesen ersten Erfolg feiern. Und wir werden eine lückenlose Aufklärung fordern!…“ Thread von Solidaritätskreis Mouhamed vom 14.2.
- Tödliche Schüsse auf Mouhamed Dramé: Anklage gegen fünf Polizisten
- Lieber schnell schießen. Nach tödlichen Schüssen auf jungen Senegalesen: Fünf Polizeibeamte aus Dortmund angeklagt
„Nach rund einem halben Jahr stehen die Ermittlungen zu den tödlichen Schüssen eines Polizisten in Dortmund auf den 16 Jahre alten senegalesischen Flüchtling Mouhamed Lamine Dramé vor dem Abschluss. Das berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Justizkreise. Laut dem Blatt soll die Dortmunder Staatsanwaltschaft kurz vor Anklageerhebung gegen fünf der zwölf an dem katastrophalen Einsatz beteiligten Polizisten stehen. Unter den Beschuldigten befinden sich demnach der Todesschütze und der Einsatzleiter. Die Vorwürfe sollen von gefährlicher Körperverletzung im Amt über Anstiftung bis hin zu Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise Totschlag reichen. (…) Laut dem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Einsatz gegen Dramé »unverhältnismäßig abgelaufen« sei. Bereits den Einsatz von Pfefferspray bewerte die Strafverfolgungsbehörde als überzogen. Die Beamten vor Ort hätten vielmehr ein »Kriseninterventionsteam und einen französischen Dolmetscher« herbeirufen müssen, um die Situation zu beruhigen und unter Kontrolle zu bringen. Folge man dieser Argumentation, wird in dem Bericht betont, sei bereits »der Taser-Einsatz unrechtmäßig« gewesen, ganz gleich, ob ein Messer im Spiel gewesen sei oder nicht. Vor dem Hintergrund, dass Dramé sich erst vier Monate in der BRD aufgehalten hatte und aufgrund seiner Fluchterfahrung – beim Überqueren des Mittelmeers war sein Bruder ertrunken – offensichtlich traumatisiert war, hätte dieses Vorgehen sicherlich Chancen für Deeskalation geboten. Doch das Blatt zieht dies in Zweifel. Unter Aufbietung von anonymen »Insidern« und parteiischen »Polizeiexperten« erarbeitet es ein die Polizei in Schutz nehmendes »Framing« des Falls. So werde sich in Kreisen von Strafverteidigern gefragt, »wie ein Kriseninterventionsteam hätte helfen können«, wo doch selbst die Betreuer nicht zu Dramé durchgedrungen seien. Zudem hätte das alles viel Zeit gekostet, in der wer weiß was alles hätte passieren können. Eine Perspektive, die ein Polizeihandeln nach dem Motto: »Lieber schnell schießen, als lange warten« rechtfertigen würde…“ Artikel von Bernhard Krebs in der jungen Welt vom 02.02.2023 , siehe auch:- Polizisten droht Anklage. Beamte müssen sich wohl bald wegen Tötung eines jungen Geflüchteten in Dortmund verantworten
„Nach Angaben aus Justizkreisen stehen die Ermittlungen zum Tod eines 16-jährigen unbegleiteten Flüchtlings aus dem Senegal, der Anfang August 2022 in der Dortmunder Nordstadt von einem Polizisten erschossen wurde, vor dem Abschluss. Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Carsten Dombert, der Presseanfragen lange ins Leere laufen ließ, sagte bereits Anfang des Jahres auf nd-Nachfrage, dass Ende Januar 2023 die »Abschlussentscheidung in diesem Verfahren voraussichtlich erfolgen wird«. Durchgesickert ist, dass fünf beschuldigten Beamten der Prozess gemacht werden soll. An dem Einsatz waren insgesamt zwölf Polizisten beteiligt.Vor allem der Todesschütze und der Einsatzleiter stehen im Fokus. Die Vorwürfe reichen von gefährlicher Körperverletzung im Amt über Anstiftung bis hin zu Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise Totschlag. Weder die Dortmunder Polizei noch die Staatsanwaltschaft wollten dazu Stellung nehmen…“ Artikel von David Bieber vom 01.02.2023 im ND online
- Polizisten droht Anklage. Beamte müssen sich wohl bald wegen Tötung eines jungen Geflüchteten in Dortmund verantworten
- Polizeiarbeit neu denken. Die Polizei hat in Dortmund einen 16-Jährigen erschossen. Es fehlt die politische Resonanz „Triggerwarnung. Ein Wort, das vor negativen Reizen warnt. Mich triggert es, mehr über den Tod von Mouhamed Lamin Dramé zu erfahren, der im August in Dortmund von Polizisten erschossen wurde. Wenn Ohnmachtsgefühle aufkommen, dann wird Privates politisch. Zur Wahl steht dann Verdrängen oder Analysieren. Ich wähle Letzteres, um die Tragweite dieses Empfindens zu deuten. Es ist ein Aufarbeiten in Erinnerung an einen 16-Jährigen, der grundlos sterben musste. (…) Längst überfällig ist es, konstruktiv über Alternativen zum staatlichen Gewaltmonopol zu sprechen und die gängige Vorstellung von Institution und Herrschaft zu hinterfragen. Doch ist ein Austausch darüber hierzulande schwierig und wenig anschlussfähig, weil sich viele Menschen Alltagssituationen wie einen Verkehrsunfall oder häusliche Gewalt ohne Klärung der Polizei nicht vorstellen können. Aber genau das sind die Situationen, in denen marginalisierte Menschen ebendiese nicht gerne rufen, aus Angst vor möglichen negativen Folgen, die leider keine Einzelfälle sind. Sie sind in Chroniken nachzulesen und zeigen, warum es Gegenkonzepte zum Status quo braucht, zeitgemäße und inklusive Strategien und Abläufe. Es geht um ein kritisches Polizieren, das künftig Leben sichern würde. Und es würde die Familien würdigen, die ihre Kinder beerdigen mussten. Ihr Schmerz hat Kontinuität. So erinnert das Leid von Mouhameds Mutter an das von Mariama Djombo Jalloh, die Mutter von Oury Jalloh, der 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte. Sie starb 2012 in Guinea, wenige Wochen nachdem sie nach Deutschland gereist war, um vor dem Magdeburger Landgericht den Strafprozess gegen den Polizeibeamten zu verfolgen, der mutmaßlich für den Tod ihres Sohnes verantwortlich war. Bis heute ist er nicht offiziell geklärt. Minutiös rekonstruierte ihn das Recherchekollektiv Forensic Architecture zuletzt in einer Ausstellung im Frankfurter Kunstverein, dann in Berlin dieses Jahr. Ihr Ergebnis ist eindeutig.“ Kolumne von Hadija Haruna-Oelker vom 4. Dezember 2022 in der Frankfurter Rundschau online , siehe auch:
- Die Forderung nach Aufklärung der tödlichen Polizeischüsse auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé wird lauter, nicht nur in Nordrhein-Westfalen
„Ein bundesweites Protestbündnis hat gestern Abend mit einer Demonstration am Rande der Innenministerkonferenz in München auf den Tod des Jungen aus dem Senegal aufmerksam gemacht. Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, findet die Ergebnisse aktueller WDR-Recherchen „verstörend“. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) will sich derzeit nicht mehr zu dem Fall äußern. (…) Dountio organisiert mit vielen Helfern den Dortmunder „Solidaritätskreis Mouhamed“, eine Initiative, die sich viel vorgenommen hat. Etwa alle diese Menschen, die sich jetzt in Dortmund melden, miteinander zu vernetzen und gemeinsam Forderungen aufzustellen, die weit über die Forderungen nach Aufklärung der tödlichen Polizeischüsse in der Dortmunder Nordstadt hinausgehen. Dountio und seine Mitstreiter fordern eine bundesweite Konferenz, die sich mit dem Umgang der Polizei mit schwarzen Menschen und People of Color, aber auch mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen auseinandersetzt. Sie sagen, hätte es ein besseres Hilfsangebot, eine bessere psychologische Unterstützung für Mouhamed, aber auch für die eingesetzten Polizisten gegeben, wären die tödlichen Schüsse am 08. August vielleicht nie gefallen. (…) Für diese Forderungen und Botschaften sind in München gestern Abend hunderte Menschen am Rande der Innenministerkonferenz in München auf die Straße gegangen. (…) Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul von der CDU möchte sich im Rahmen der Münchener Innenministerkonferenz nicht weiter zum „Fall Dramé“ äußern, teilt Reuls Pressesprecher auf WDR-Anfrage mit. Der Minister wolle nicht jede Woche einzelne Details der laufenden Ermittlungen kommentieren. Reul wolle sich erst wieder dazu einlassen, wenn die Dortmunder Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgeschlossen habe. Vielleicht äußert sich der nordrhein-westfälische Innenminister dann auch zu den Forderungen des Dortmunder „Solidaritätskreis Mouhamed“, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, möglicherweise Konsequenzen zu ziehen. Die fordert mittlerweile auch Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. (…) Der Dortmunder Integrationsrat hat jetzt beschlossen, die Familie von Mouhamed Dramé bei einer Reise nach Dortmund finanziell zu unterstützen. Es sei der große Wunsch der Familie Dramé aus dem Senegal, den Ort zu besuchen, an dem Mouhamed erschossen wurde, sagt Ratsmitglied Jacques Armel Dsicheu Djiné von den Grünen: „Bei einer Reise der Angehörigen nach Dortmund sollen Gespräche mit der Dortmunder Stadtspitze, afrikanischen Communities aus Dortmund und der Polizeibehörde ermöglicht werden“. Für die Reise stellt der Integrationsrat 5.000 Euro zur Verfügung. Damit sollen Flüge für Mouhameds Vater und den Bruder bezahlt werden. Ein wichtiges Zeichen, sagt William Dountio vom Solikreis für Mouhamed. Vielleicht könne man in gemeinsamen Gesprächen mehr Sensibilität füreinander entwickeln, irgendwann möchte er sogar ein Handbuch mit gemeinsam erarbeiteten Lösungsvorschlägen entwerfen…“ Beitrag von Christof Voigt vom 01.12.2022 im WDR - Kämpferische Großdemo in Dortmund: 2500 Menschen fordern Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé
„Unter dem Motto „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“, gedachten rund 2500 Menschen dem im August von der Dortmunder Polizei ermordeten Mouhamed Lamine Dramé. Außerdem wurde deutlich gemacht: Es handelt sich um ein strukturelles Problem, nicht um einen Einzelfall. Friedlich, aber kraftvoll und lautstark kamen unterschiedliche Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen, die sich kritisch mit dem gewalttätigen Vorgehen der Polizei und den dahinterliegenden rassistischen und autoritären Strukturen beschäftigen und Aufklärung für zahlreiche, durch Einsätze verursachte Todesfälle fordern. Die vom Bündnis Justice4Mouhamed organisierte Demonstration startete an den Katharinentreppen gegenüber des Dortmunder Hauptbahnhofs mit einem emotionalen Redebeitrag der Familie Dramé…“ PM vom 20.11.22 beim Bündnis Justice4Mouhamed , siehe auch:- Mehrstündiger Protest: Demo zog friedlich durch große Teile der Innenstadt. „Justice4Mouhamed“ setzt ein Zeichen gegen Polizeigewalt und fordert Aufklärung
„Etwa drei Monate ist es her, dass der Tod des sechzehnjährigen Senegalesen Mouhamed D. für Entsetzen sorgte. Neue Details zu dem tödlichen Polizeieinsatz wurden seitdem publik und anfängliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes verdichteten sich immer mehr. Nun veranstaltete das Solidaritätsbündnis „Justice4Mouhamed“ eine Demonstration in Gedenken an alle Opfer von Polizeigewalt. Dem Aufruf folgte eine vierstellige Zahl von Menschen. Der Solidaritätskreis spricht von 2500 Teilnehmenden…“ Demo-Bericht von Paulina Bermúdez am 19. November 2022 bei den Nordstadt-Bloggern mit Fotos
- Mehrstündiger Protest: Demo zog friedlich durch große Teile der Innenstadt. „Justice4Mouhamed“ setzt ein Zeichen gegen Polizeigewalt und fordert Aufklärung
- Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: 16-Jähriger wurde offenbar nicht gewarnt
„Der 16-Jährige Mouhamed Dramé soll vor den tödlichen Polizeischüssen im August in Dortmund nicht von den eingesetzten Polizeibeamten gewarnt worden sein. Auch der Einsatz von Reizgas und Elektroschocker ist nach exklusiven WDR-Informationen von den Polizisten offenbar nicht angekündigt worden. Am Einsatz beteiligte Polizisten haben ausgesagt, dass Mouhamed zu keinem Zeitpunkt aggressiv gewesen sei. Erst nachdem der Einsatzleiter angeordnet hat, den 16-Jährigen mit Pfefferspray zu anzugreifen, ist die Situation eskaliert. Und zwar innerhalb von Sekunden. (…) Aus dem Dortmunder Polizeifunkverkehr vom 08. August geht hervor, dass zwischen dem Einsatz des Pfeffersprays und den fast zeitgleichen Taser- und Maschinenpistolen-Schüssen nicht einmal 20 Sekunden lagen. Und das, obwohl Mouhamed bis dahin ruhig in einer Ecke saß, keine anderen Menschen bedroht hatte. Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes sagt, dass Mouhamed in dieser Situation nicht gefährlich für die Polizisten war. Dass der Junge dann ohne Vorwarnung angegriffen worden sei, sieht Feltes sehr kritisch: „Damit wurden wichtige Standards beim Einsatz von Pfefferspray, Taser oder auch der Schusswaffe verletzt. Vor allem wenn eine Schusswaffe eingesetzt wird, muss entsprechend davor gewarnt werden, muss gegebenenfalls ein Warnschuss abgegeben werden, die Zeit dafür war hier vorhanden.“ Das Argument, das musste alles sehr schnell gehen, gelte in diesem Fall nicht, so der Jurist: „Denn der Jugendliche konnte weder fliehen, noch hatte er die Absicht zu fliehen. Mouhamed war keine Gefahr für die Beamten, das haben sie auch erkannt und mussten sie auch erkennen.“ (…) Auch Lisa Grüter, die Anwältin von Mouhameds Familie, sagt, dass die Situation erst durch den Einsatz des Pfeffersprays eskaliert sei. Bis dahin sei die Lage völlig ruhig und statisch gewesen, Mouhamed sei plötzlich von der Polizei mit Pfefferspray eingesprüht worden: „Ohne Vorwarnung, ohne Androhung. Und dann reagiert er darauf, in dem er sich aufrichtet und umguckt, was da überhaupt passiert ist.“ Dann habe er den einzig möglichen Weg eingeschlagen, der ihm offen stand: „nämlich auf die Beamten zu, die dort mit Waffen auf ihn gewartet haben.“ Keine 20 Sekunden später fallen die tödlichen Schüsse aus der Maschinenpistole eines Polizisten, der genau dort gestanden hat. (…) Das müsse unbedingt demnächst öffentlich vor Gericht aufgearbeitet werden. Ob es zur Anklage gegen beteiligte Polizisten kommt, will die Dortmunder Staatsanwaltschaft in den kommenden Wochen bekannt geben, ein genaues Datum gibt es noch nicht…“ Beitrag von Christof Voigt vom 18. November 2022 beim WDR mit diversen Links zu Audio-Beiträgen, siehe dazu:- Mouhamed stirbt ,planmäßig‘: Erschießung ohne Bedrohungslage
„Presseartikel dokumentieren den aktuellen Ermittlungsstand um die Umstände, die zur Erschießung des 16-jährigen Jugendlichen geführt haben: Demnach ging von Mouhamed zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung aus. Vielmehr macht ein Artikel des Spiegel deutlich, dass es sich um die planmäßige Durchführung eines vierstufigen Einsatzplanes handelte, denn die Dramaturgie des Einsatzes gab die direkte Reihenfolge von Pfefferspray, Tasereinsatz und Erschießung vor. Ein solches planmäßiges Vorgehen kann nur mit Rassismus erklärt werden: Denn die Vorstellung einer Bedrohungslage ist bereits in den Köpfen der Beamt*innen, ehe sie den Hinterhof der Jugendhilfeeinrichtung erreichen. Dieser Bericht, nur einen Tag vor der Großdemonstration, die in Gedenken an den von der Polizei ermordeten Mouhamed stattfinden soll, untermauert die Forderungen des Demobündnisses Justice4Mouhamed. (…) Doch nicht nur einzelne Beamt*innen haben das Leben Mouhameds auf dem Gewissen, sondern sein Tod ist die Konsequenz einer repressiven, rassistischen und diskriminierende Einsatzlogik der Polizei mit hohem Gewaltpotential. Mouhameds Tod zeigt, wie strukturell falsch eine stark militarisierte Polizei in Einsätze geht. In der Dortmunder Nordstadt kann dies besonders gut beobachtet werden, denn sie entwickelte sich zum Experimentierfeld verschiedenster Repressionsstrategien…“ Pressemitteilung vom 19.11.22 von #justice4mouhamed zu den Berichten des WDR und SPIEGEL am 18.11.2022
- Mouhamed stirbt ,planmäßig‘: Erschießung ohne Bedrohungslage
- Großdemonstration in Gedenken an Mouhamed Lamine Dramé am 19. November: „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“
„Das Solidaritätsbündnis Justice4Mouhamed ruft am 19. November zur Großdemonstration auf, um des von der Polizei erschossenen 16-Jährigen zu gedenken. An der Demo werden auch Familien von anderen Opfern von Polizeigewalt sowie Initiativen aus ganz Deutschland teilnehmen. (…) Mit der Kampagne „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“ fordern wir als Solidaritätsbündnis nicht nur die Aufklärung des Mordes an Mouhamed, sondern auch eine Aufklärung der zahlreichen weiteren Polizeieinsätze, bei denen Menschen zu Tode gekommen sind. „Wir betrachten den Tod von Mouhamed nicht als tragisches Einzelschicksal, sondern exemplarisch für strukturelle Polizeigewalt“, so Sarah Claßmann, Aktivistin im Solidaritätsbündnis. Rassistische Strukturen, fehlende Deeskalationsstrategien im Umgang mit psychisch erkrankten Personen, Ableismus und Sexismus führen dazu, dass die Polizei vielen Menschen nicht die versprochene Sicherheit bietet, sondern Polizeieinsätze gewaltvoll – oder wie in Mouhameds Fall sogar tödlich – verlaufen. Wir als Solidaritätsbündnis wollen wissen, warum ein verzweifelter Jugendlicher durch die Polizei mit dieser Brutalität erschossen wurde und fordern Konsequenzen für die am Einsatz beteiligten Beamt*innen sowie eine komplette Schließung der Polizeiwache Nord. In Fällen tödlicher Polizeigewalt muss es unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen geben. Außerdem unterstützen wir die Familie von Mouhamed bei der Nebenklage gegen die Beamt*innen und durch Spenden. Wir wollen alle Familien und Freund*innen, die Angehörige durch Polizeigewalt verloren haben, bei ihrem Kampf um Gerechtigkeit bestärken…“ Pressemitteilung vom 14.11.22 auf der Bündnisseite #justice4mouhamed- Die Demonstration startet am 19. November 2022 um 13:30 Uhr an den Katharinentreppen gegenüber dem Dortmunder Hauptbahnhof und endet am Friedensplatz in der Innenstadt.
- [Dortmund am 19.11.22] Bundesweite Demo; »Es gibt 1000 Mouhameds – Sie verdienen Gerechtigkeit!«
Aufruf zur bundesweiten Demo am 19.11 gegen Polizeigewalt/ für Gerechtigkeit für den im August von Cops ermordeten Mouhamed Dramé, der von mehr 30 Initiativen getragen wird. Siehe auch #justice4mouhamed #do1911
- Neue Erkenntnisse der Ermittler: Erster Schuss traf Mouhamed D. fast gleichzeitig mit dem Taser
„… Im Fall um den von der Polizei erschossenen Mouhamed D. (16) in Dortmund gibt es neue Erkenntnisse: Laut einem Bericht für den Rechtsausschuss des Landtags fiel der erste Schuss aus der Maschinenpistole nur 0,717 Sekunden nach einem „wahrnehmbaren Tasergeräusch“. Das habe die Analyse einer Tonaufnahme ergeben. Am 8. August hatte ein Zeuge den Notruf der Polizei gerufen und war in der Leitung geblieben. So entstand ein Mitschnitt eines Teils des Einsatzes. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat laut Justizministerium die Tonspur untersucht. „Verwertbare Sprachgeräusche“ der beteiligten Polizisten habe man nicht heraushören können. (…) Laut dem Bericht an den Landtag wurden inzwischen auch die Handys der beteiligten Polizisten untersucht. Sie waren beschlagnahmt worden. Es haben sich laut Ministerium keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Beamten sich über die Handys nach dem tödlichen Einsatz zu ihren Aussagen abgesprochen haben könnten. Letztlich scheint eine wichtige Frage nicht zu klären zu sein: in welcher Hand der 16-Jährige sein Messer hielt. Dazu gebe es keine belastbaren Aussagen. Nur ein einziger Zeuge sei sich sicher, dass der Jugendliche es in der rechten Hand hielt…“ Meldung vom 9. November 2022 in den Ruhr Nachrichten online - Tödlicher Taser-Einsatz in Dortmund: Polizei handelte gegen Dienstvorschriften
„… Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft, warum ein Polizei-Einsatz in der Dortmunder Nordstadt am 8. August aus dem Ruder lief und ein 16jähriger Flüchtling aus dem Senegal dabei erschossen wurde. 12 Polizeibeamtinnen und -beamte waren zur Stelle, um einen Jugendlichen davon abzubringen, sich selbst mit einem Messer zu verletzen. Damit hatte er nach bisherigem Kenntnisstand zuvor gedroht. Da die direkte Ansprache offenbar nicht weiterhalf, versuchte die Polizei den Flüchtling erst mit Pfefferspray, dann mit zweimaligem Beschuss aus einem Distanzelektroimpulsgerät (DEIG), dem sogenannten Taser, zu überwältigen. Dem WDR-Magazin Westpol liegt exklusiv die Dienstanweisung für den Einsatz dieser Waffe vor. Darin heißt es: „Grundsätzlich nicht geeignet sind DEIG zur Bewältigung von dynamischen Lagen im Kontext von Bedrohungen oder Angriffen mit Hieb-, Stich, Schnitt- oder Schusswaffen.“ (Dienstanweisung der NRW Polizei) (…) Tatsächlich hat in diesem Fall die Schützin einmal ihr Ziel verfehlt. Ein zweiter Schütze traf den Jugendlichen zwar, aber ohne dass ein Stromschlag ausgelöst wurde. Ein dritter Schütze erschoss den Jugendlichen dann mit einer Maschinenpistole. Ob von dem Jugendlichen auf dem abgelegenen Hinterhof überhaupt eine Bedrohung ausging, muss jetzt die Staatsanwaltschaft klären. Sie ermittelt gegen insgesamt 5 beteiligte Beamte. (…) Polizeiwissenschaftler Martin Thüne hält den [Taser-]Einsatz für illegitim, wenn nicht eine „gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben drohe“. Außerdem verbiete er sich bei Minderjährigen, bei Schwangeren, bei psychisch Kranken und anderweitig vorgeschädigten Personen. In den Dienstanweisungen wird auch darauf hingewiesen, dass die Person nicht in Bewegung sein und keine andere Person gefährdet sein dürfe. (…) Polizeiwissenschaftler Thüne stellt die Frage: „Wenn man das jetzt alles abzieht, was bleibt dann noch übrig?“ Er zweifele deshalb daran, dass Aufwand und Risiko den Nutzen überhaupt noch rechtfertigen. (…) Verschärft wird die Diskussion um den Taser seit drei Wochen durch einen weiteren Todesfall. Wieder in Dortmund. Dort war ein 44jähriger Mann nach einem Taserbeschuss ums Leben gekommen. (…) In NRW haben die Koalitionsparteien CDU und Grüne vereinbart, die Einsatzerfahrungen bis 2024 wissenschaftlich und unabhängig überprüfen zu lassen. Beide Parteien haben gegenüber Westpol eingeräumt, das könnte auch den völligen Verzicht auf den Taser zur Folge haben. Damit würde dann ein mindestens 60 Millionen teures Missverständnis beendet.“ Beitrag von Bernd Neuhaus und Torsten Reschke vom 6. November 2022 beim WDR , siehe auch das Video des Westpol-Beitrags vom 06.11.2022 - Stand der Aufklärung des Mordes an Mouhamed Lamine Dramé durch die Dortmunder Polizei
„… Derzeit laufen die Ermittlungen weiter: So sollen die Einsatzbeamt*innen ihre Aussagen untereinander abgesprochen haben, auch mit Polizeipräsident Lange gab es im Nachgang der Tat eine Dienstbesprechung. Wichtig ist die Rekonstruktion einer Timeline des Einsatzes zwischen Eintreffen der Polizei und den tödlichen Schüssen: Sie dokumentiert, dass es faktisch keine Bemühungen der Polizei, keine Handlungen, die dem Schutz des Lebens Mouhameds gegolten hätten, gegeben haben kann. Die tödlichen Schüsse fielen entweder so kurz nach dem Taser-Einsatz, dass Mouhamed keinerlei Chance hatte, darauf zu reagieren, oder eventuell sogar zeitgleich. Inzwischen wird gegen den Einsatzleiter und mehrere Polizist*innen ermittelt, gegen den Todesschützen wegen Totschlags.Zumindest der Einsatz des Pfeffersprays und des ersten Tasers werden höchstwahrscheinlich zu Strafverfahren führen. Ob die Staatsanwaltschaft hier die Folgerung zieht, dass diese Handlungen auch unmittelbar zum Tod Mouhameds geführt haben ist noch unklar. Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsergebnis ist für November angekündigt. Nebenher beschäftigt sich das Landesparlament NRW in verschiedenen Ausschüssen mit Mouhameds Tod. Der politische Druck wächst, das Innenministerium und leitende Polizeibeamt*innen reagieren mit Beschwichtigungen und (bisher leeren) Reformversprechen…“ Beitrag vom 3.11.2022 bei #justice4mouhamed - Dortmund: Erschossener Jugendlicher hatte weder Alkohol noch Drogen im Blut – Kriminologie Feltes spricht vom Totschlags- oder gar Mordvorwurf
„Der von der Polizei in Dortmund erschossene 16-Jährige hatte weder Alkohol noch Drogen im Blut. Eine Vorlage für den Rechtsausschuss, die dem WDR vorliegt, zitiert ein entsprechendes toxikologisches Gutachten. Bislang wurde vermutet, dass Mouhamed D. sich bei dem Vorfall in der Dortmunder Nordstadt am 8. August 2022 möglicherweise unter Drogeneinfluss weiter auf die Polizeibeamten zubewegt hatte, obwohl er zuvor mit einem Taser beschossen worden war. Thomas Feltes, Professor für Kriminologie an der Ruhr-Uni Bochum, ist überzeugt, dass der Elektroschocker heftige Schmerzen verursacht haben muss. Und man müsse „davon ausgehen …, dass wir eine Schmerzreaktion haben, die nicht als Angriff interpretiert werden kann.“ Feltes glaubt auch, dass für die Polizisten ohnehin keine Gefahr bestanden hat, weil der Junge in einem abgeschlossenen Bereich war. „Dieses Gelände ist umzäunt, der Junge hätte nicht dort weggekonnt.“ Seine Konsequenz: „Wir reden hier jetzt tatsächlich über einen Totschlags- oder gar Mordvorwurf, der im Raum steht.“ (…) Und laut Gutachten stand der 16-Jährige nicht unter Drogen- und Alkoholeinfluss, als er Polizisten mit einem Messer bedroht haben soll. Das könnte entscheidend sein bei der Frage, ob die Schüsse verhältnismäßig waren. Der zuständige Staatsanwalt kritisiert, dass das toxikologische Gutachten weitergegeben wurde, da die Ermittler bislang noch längst nicht alle nötigen Details in dem Fall zusammengetragen hätten. Unter anderem fehle noch die Auswertung der Tonspuranalyse, die klären soll, wann die tödlichen Schüsse gefallen sind…“ Meldung vom 26.10.2022 beim WDR mit dem Video von WDR Westpol - Es geht um das Überleben: Wie kann tödliche Polizeigewalt gestoppt werden?
„… Deutlich wird: Wenn sich unter Einbindung von Angehörigen und Freund*innen schnell Solidaritätsstrukturen bilden, diese öffentlich sichtbar bleiben, zu Protesten aufrufen, die weitere Aufklärung und das Gedenken organisieren, dann bleiben die Namen und Geschichten präsent. So ist es etwa bei Achidi John, Aman Alizada, William Tonou-Mbobda, Matiullah Jabarkhil, Amed Ahmad oder Christy Schwundeck. Der bis in die Dominanzgesellschaft wohl bekannteste Name ist der von Oury Jalloh. Doch es gibt viele andere, bei denen es von Anfang an still bleibt, um die es schnell still wird oder deren Namen nie bekannt werden. Um überhaupt eine Chance für Aufklärung und ein würdiges Gedenken zu schaffen, braucht es notwendigerweise Menschen, die sich darum kümmern – dauerhaft.
Eine zentrale Rolle in den Solidaritätsinitiativen spielt die Forderung nach Gerechtigkeit – viele tragen das Wort im Namen. Auch der Aufruf zur bundesweiten Großdemonstration am 19. November in Dortmund benennt: »Es gibt 1000 Mouhameds – Sie verdienen Gerechtigkeit!« Doch was würde Gerechtigkeit eigentlich bedeuten? Wäre Gerechtigkeit hergestellt, würde es im Fall von Dortmund doch einmal zu einer Anklage – oder gar einer Verurteilung gegen einzelne Polizist*innen kommen? Oder würde damit nicht eher das herrschaftliche Narrativ gestärkt, dass es sich um einen besonderen Einzelfall handelte, der »gerecht« abgeurteilt wurde?
Welche Gerechtigkeit?
Die Forderung, dass sich Polizist*innen vor Gericht verantworten müssen, ist nicht falsch – erst recht nicht, wenn Angehörige und Freund*innen sich diesen Ort der Auseinandersetzung wünschen. Aber Gerichte sind Orte, an denen bestehende gesellschaftliche Ausschlussmechanismen fortwirken und wo es wahrscheinlich ist, dass die herrschaftliche Version des Geschehens Bestätigung findet. Vor allem sind es Orte, an dem Fragen nach strukturellen Bedingungen, etwa nach institutionellem Rassismus, und nach den Bedürfnissen der Hinterbliebenen keinen Platz finden.“ (…)
Der Kampf für das (Über)leben gehört ins Zentrum der Debatten. Was muss getan werden, damit die Polizei keine Menschen mehr tötet? Unter dieser Fragestellung sprechen wir nicht mehr raumgreifend über ein- und ausgeschaltete Bodycams und unabhängige Ermittlungsstellen, sondern legen den Fokus auf transformative, abolitionistische Fragen: Warum sind Opfer tödlicher Polizeigewalt so häufig Schwarz, migrantisiert, arm, geflüchtet und/oder befinden sich in psychischen Ausnahmesituationen? Wie lässt sich der Kontakt zwischen der Polizei und ihren potenziellen Opfern verringern? Wie lässt sich die Polizei entwaffnen? Auf welche Weise verlagern wir öffentliche Gelder weg von Gewalt- und Straflogiken hin zu Logiken der Fürsorge und welche grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen braucht es darüber hinaus? Was verstehen wir unter Sicherheit und was braucht es, damit alle überall sicher sind?“ Artikel von Michèle Winkler am 18. Oktober 2022 im ak online - Durchsuchungen bei beschuldigten Beamten
„Ein 16-Jähriger wurde in Dortmund von Polizeikugeln tödlich getroffen. Nach einer Zeugenaussage wurde die Dienstwaffe des Einsatzleiters beschlagnahmt. Zudem werten Ermittler die Chats der beschuldigten Beamten aus. (…) Ein Zeuge der Tat gab an, dass, anders als bisher berichtet, nicht nur aus einer Maschinenpistole auf D. geschossen worden sei. Auch der Einsatzleiter soll dem Zeugen zufolge auf den 16-Jährigen geschossen haben. Die Waffe des Einsatzleiters sei, so Innenminister Herbert Reul im Innenausschuss des Landtags, beschlagnahmt worden und soll jetzt auf entsprechende Spuren untersucht werden. (…) Auch kam es bei den insgesamt fünf beschuldigten Beamten am 14. September zu Hausdurchsuchungen, dabei wurden die Mobilfunkgeräte der fünf Polizisten beschlagnahmt, »da die begründete Annahme« bestehe, »dass die Beschuldigten sich per SMS oder WhatsApp ausgetauscht haben«…“ Meldung vom 22.09.2022 im Spiegel online - Fall des 16-jährigen Mouhamed D.: Minister prüft nach tödlichen Schüssen in Dortmund alte Polizeieinsätze
„… Nach den tödlichen Schüssen auf den Jugendlichen Mouhamed D. aus dem Senegal bei einem Polizeieinsatz in Dortmund lässt der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) vergangene Polizeieinsätze untersuchen. In seinem Bericht an den Düsseldorfer Landtag, mit dem sich am Donnerstag der Innenausschuss befassen will, erklärt Reul, dass das polizeiliche Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten federführend beauftragt wurde. Es soll „Schusswaffengebräuche sowie sämtliche Zwangsmaßnahmen mit Todesfolge der letzten fünf Jahre erneut daraufhin“ überprüfen, „ob sich daraus Anhaltspunkte ergeben, die einen Anpassungsbedarf in der Aus- und Fortbildung nahelegen“. Der kommunikative und deeskalierende Umgang von Polizeikräften im Streifendienst mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sei bereits Teil der Ausbildung und soll gestärkt werden, wie es in dem Bericht des Ministers heißt. Seit dem Jahr 2019 würden jährlich im Durchschnitt etwa 15.500 Einsatzanlässe unter dem Stichwort „Suizidversuch“ erfasst – im Jahr 2022 seien es bisher über 10.000…“ Meldung vom 20. September 2022 beim MiGAZIN - Tödliche Polizeischüsse: Polizisten außer Kontrolle? Wurde die Bedrohungssituation von der Polizei selbst geschaffen? Selbst Reul äußert Zweifel am Polizeieinsatz
- Todesschüsse: Innenminister Reul äußert Zweifel am Polizeieinsatz in Dortmund
„Im Fall des von der Dortmunder Polizei erschossenen 16-jährigen Mouhamed D. meldet sich NRW-Innenminister Reul zu Wort. In einem Interview macht er deutlich, dass es immer mehr Gründe für Zweifel gebe. (…) „Bevor nicht alle Fakten klar sind, kann ich noch keine Bewertung abgeben“, betonte der CDU-Politiker in einem „Welt“-Interview. „Obwohl sich auch für mich zunehmend Zweifel ergeben, gilt die Unschuldsvermutung. Ob im Dortmunder Einsatz Fehler gemacht wurden, wenn ja, welche und wer sie dann zu verantworten hat, ist aber noch nicht geklärt.“…“ Meldung vom 18.09.2022 in den Ruhr-Nachrichten online- Thread von amzdo vom 18.9.22 : „Mittlerweile äußert selbst(!!) NRW-Innenminister @hreul Zweifel am Einsatz der Polizei im Falle Mouhameds. Ihr bebildert dies mit Foto von Mouhmed – um dann in der Überschrift Reuls Lieblingsthema der „Clankriminalität“ zu bedienen? Really?! #justice4mouhamed…“
- In Gedenken an Mouhamed D.: Neue Ermittlungserkenntnisse
„… Die Beamt:innen von der Wache aus der Dortmunder Nordstadt behaupteten, dass Mouhamed Lamine Dramé mit einem Messer auf einen Beamten zugelaufen sei. Dies wurde durch die Staatsanwaltschaft widerlegt. Bekannt wurde: Als Mouhamed die aufgesprühte Flüssigkeit über den Kopf lief, wendete er sich einen Schritt (!) nach rechts und damit lediglich von der Beamtin weg, die ihn mit Pfefferspray angriff. Das benutzte Pfefferspray war im Übrigen abgelaufen. Die darauffolgende normale Schutzreaktion nahmen die Bullen als Anlass die Situation weiter zu eskalieren. Unmittelbar danach setzen die Beamt:innen das erste Mal den Taser ein. Auch hier bleibt ein Angriff seitens Mouhamed mehr als fraglich. Zeitgleich zum Einsatz des zweiten Tasers wurden die tödlichen Schüsse abgefeuert. Was erklärt, warum der Taser laut Angaben der Polizei Dortmund keine Wirkung zeigte. Mouhamed wurde also ohne Vorwarnung von der Polizei hingerichtet. Er stellte keine Gefahr für die Einsatzkräfte dar! Gegen 5 der Polizist:innen wird nun endlich ermittelt. Gegen den Schützen wird der Tatbestand des Todschlags geprüft. Wir fragen uns, wann soll Mouhamed überhaupt auf die Beamt:innen losgelaufen sein? Widersprüche, die durch die neuen Erkenntnisse widerlegt wurden. Das es in diesem Fall objektive Beweismittel gibt ist Zufall. Ein Zufall, der für eine teils lückenlosere Aufklärung sorgt. Denn auf die Bodycams aller beteiligter Einsatzkräfte war kein Verlass – diese waren den gesamten Einsatz über nicht eingeschaltet. Heute ist klar, die Aufzeichnungen der Bodycams hätten den Tathergang und die damit verbundene Version der Polizei widerlegt…“ Beitrag von Mean Streets Antifa Dortmund vom 17.9.2022 – eine Zusammenfassung zum Stand, siehe auch:- Thread vom Solidaritätskreis Mouhamed vom 16.9.22 : „1/15 Menschen aus unserem Umfeld haben nochmal zusammengefasst, was aktuell bekannt ist zum Polizei-Mord an Mouhamed. Außerdem haben sie Fragen formuliert die die #Polizei und @hreul noch immer nicht beantworten. Wir fordern: Schluss mit den Lügen!…“
- Tödliche Polizeischüsse: Polizisten außer Kontrolle?
„Georg Restle: „Was genau geschah hinter den Zäunen dieser Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung, als ein 16-jähriger Teenager von vier Kugeln einer Maschinenpistole getroffen und getötet wurde? Abgefeuert von einem Polizeibeamten, der behauptet, aus Notwehr gehandelt zu haben. Wieder so ein Fall, den viele Innenminister gerne als Einzelfall abtun. Wieder ein Fall, bei dem es einen jungen Flüchtling traf. Wieder ein Fall, bei dem alle Bodycams der Polizeibeamten ausgeschaltet waren. Und wieder ein Fall, bei dem sich ein Innenminister sofort schützend vor seine Polizeibeamten stellte. Doch etwas ist dieses Mal anders, es sind Beweismittel aufgetaucht, die die Notwehr-Version der Polizeibeamten schwer in Zweifel ziehen. Jetzt ermittelt sogar die Staatsanwalt in Dortmund gegen fünf Polizeibeamte – und ein Innenminister gerät in Erklärungsnot. (…) Heute – einen Monat später – stellt sich vieles anders dar. Ein neues Beweismittel ist aufgetaucht, die Aufzeichnung eines Telefonats zwischen einem Sozialarbeiter und der Notrufzentrale der Polizei. Quasi ein Tonmitschnitt des gesamten Einsatzes – bis zu den tödlichen Schüssen. Inzwischen widerspricht die Staatsanwaltschaft der ersten Version von Polizei und Innenministerium vehement und ermittelt jetzt gegen fünf der Beamten. Gegen den Schützen prüft die Behörde Ermittlungen wegen Totschlags. Carsten Dombert, Staatsanwaltschaft Dortmund: „Wir gehen davon aus, dass der Einsatz, so wie er abgelaufen ist, und zwar von Beginn an – nicht verhältnismäßig gewesen ist. Es muss eine Zweck-Mittel-Relation hergestellt werden, und die sehen wir hier nicht gegeben.“ Laut Staatsanwaltschaft stellt sich die Situation so dar: Mouhamed hockte alleine im Hof, hielt sich das Messer an den Bauch. Die Polizei sprach ihn an, sprühte dann mit Pfefferspray, so viel, dass ihm die Flüssigkeit über den Kopf lief. Laut Staatsanwaltschaft ist der Junge danach aber offenbar nicht auf die Polizisten zugestürmt, wie zunächst behauptet. Auf MONITOR-Anfrage erklärt die Staatsanwaltschaft: Zitat: „Als dem Jugendlichen die aufgesprühte Flüssigkeit über den Kopf lief, stand er auf, wischte sich mit einer Hand über den Kopf und wendete sich mit einem Schritt nach rechts.“ Also doch kein Angriff? Dennoch reagieren die Beamten laut Staatsanwaltschaft sofort und hart. Zitat: „Unmittelbar danach setzten eine Polizeibeamtin und ein Polizeibeamter die Distanzelektroimpulsgeräte ein.“ Gemeint sind zwei Elektroschocker, sogenannte Taser. Einer davon trifft den Jungen. Doch entgegen der ersten Version der Polizei scheint ein Angriff des Jungen auch danach mehr als fraglich, denn die Staatsanwaltschaft erklärt auf MONITOR-Anfrage ein zentrales neues Detail. Zitat: „Sehr zeitnah – gegebenenfalls sogar zeitgleich zu dem Einsatz des zweiten Geräts – gab ein Polizeibeamter sechs Schüsse aus der mitgeführten Maschinenpistole ab.“ Der Polizist schießt also unmittelbar. Wann soll Mouhamed überhaupt auf die Polizisten losgestürmt sein? Widersprüche aufgrund derer auch Innenminister Reul den Fall heute anders bewertet. Die von ihm verbreitete Version der Polizei – offenbar widerlegt…“ Monitor-Bericht von Lara Straatmann vom 15. September 2022 beim WDR (Videolänge: ca. 10 Min.) - Tod eines 16-Jährigen durch Polizeikugeln: Zweifel am Tathergang in Dortmund – Wurde die Bedrohungssituation von der Polizei selbst geschaffen?
„Der Tod des jungen Senegalesen, der am 8. August bei einer Polizeiaktion in der Dortmunder Nordstadt erschossen wurde, wirft weiterhin Fragen auf. Vehement wird seither über polizeiliche Ausbildung, Einsatzstrategien, den besonderen Waffeneinsatz (eine Maschinenpistole vom Typ MP5) und Rassismus debattiert. Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) bleibt von Kritik nicht verschont. (…) Zu den Untersuchungen, die derzeit andauern, gehört unter anderem die Frage, ob wegen der Anordnung und des Einsatzes des Reizstoffsprühgeräts (Pfefferspray) gegen den Verstorbenen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für strafbares Verhalten bestehen. Dies geht aus dem Sachstandsbericht hervor, den Innenminister Reul vergangene Woche sowohl dem Rechtsauschuss als auch dem Innenausschuss des NRW-Landtags vorlegte. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) wurde eingeschaltet. (…) Wie schon angedeutet, haben Rechtsausschuss und Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags sich zwischenzeitlich mit dem Fall beschäftigt. In einer konstituierenden Sitzung tagte am 7. September zunächst der Rechtsausschuss, einen Tag später der Innenausschuss. Der im Internet veröffentlichte Bericht zum Sachstand der Ereignisse enthält zahlreiche neue Ermittlungsdetails, die Zweifel an frühen Darstellungen aufkommen lassen. (…) Was geschah nun wirklich während der Polizeiaktion am 8. August? Oberstaatsanwalt Carsten Dombert stellte gegenüber dem Westfalen-Blatt fest: „Die Lage war statisch. Der Jugendliche saß da und tat nichts.“ Der Jugendliche war alleine im Innenhof. Er saß teilnahmslos mit dem Rücken an der Kirchenmauer und hatte den Kopf gesenkt. Drei Seiten des Hofs sind von Mauern begrenzt, an der vierten Seite standen Polizisten. Der 16-Jährige stellte also keine Gefahr für die Allgemeinheit dar.“ Ibrahim Yetim, Innenexperte der SPD aus Moers, stellt infrage, ob es sich überhaupt um eine Notwehrsituation handelte – oder ob der Einsatz von Pfefferspray und Tasern nicht erst zu der fatalen Eskalation beigetragen habe. „Wie kamen die Polizisten überhaupt auf die Idee, nach dem Eintreffen am Einsatzort eine Maschinenpistole aus dem Kofferraum zu holen?, fragte der Politiker. Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) ergänzte Yetim, durch die Null-Toleranz-Strategie von Herbert Reul hätten sich die Polizisten offenbar befugt gesehen, überhart durchzugreifen. Daher trage auch der Innenminister eine politische Mitverantwortung. „Die Polizisten hätten außer einem Übersetzer auch eine Verhandlungsgruppe oder einen Psychologen anfordern können“, befand Oberstaatsanwalt Dombert. Es habe jedenfalls nicht die Not bestanden, sofort eingreifen zu müssen. Das Dortmunder Westfalen-Blatt bringt die Sache auf den Punkt: Die kritische Situation, die mit dem Tod des 16-Jährigen endete, wurde nach bisherigem Ermittlungsstand offenbar durch die Polizei erst geschaffen.“ Beitrag von Arno Kleinebeckel vom 15. September 2022 bei Telepolis
- Todesschüsse: Innenminister Reul äußert Zweifel am Polizeieinsatz in Dortmund
- Anwältin kritisiert Ermittlungen zum Tod von Mouhamed Dramé – waren an den Ermittlungen zum Tod des 16-jährigen Mouhamed doch Dortmunder Polizisten beteiligt?
„Diesen Vorwurf erhebt die Anwältin der Familie des erschossenen Flüchtlings. Der 16-jährige Mouhamed Dramé war als unbegleiteter Flüchtling aus dem Senegal nach Dortmund gekommen. Hier, im Hof einer Jugendeinrichtung, starb er bei einem Polizeieinsatz durch Schüsse aus einer Maschinenpistole der Dortmunder Polizei. Aus Neutralitätsgründen ermittelt die Polizei Recklinghausen. Doch nach Ansicht der Anwältin Lisa Grüter waren dabei auch Polizisten aus Dortmund involviert. (…) Ende August habe es eine größere Zeugenbefragung in der Straße gegeben, in der die tödlichen Schüsse fielen. Zwar habe die Recklinghäuser Kriminalpolizei die Zeugen konkret befragt, aber Dortmunder Beamte der Nordstadtwache hätten für diese Befragungen Anwohner aus ihren Häusern geholt. Das haben Anwohner der Dortmunder Rechtsanwältin erzählt: „Wenn ich mir überlege, dass das diejenigen sind, die filtern: Wer kommt überhaupt als Zeuge in Betracht, wen bringen wir nach draußen zu unseren Kollegen von der Kripo, wen nicht? Das finde ich schwierig, wenn man auf der anderen Seite um Neutralität bemüht ist.“ (…) Lisa Grüter steht mit dem Vater und dem Bruder von Mouhamed Dramé aus dem Senegal in Kontakt. Viel sagen kann sie der Familie noch nicht, sie hat Akteneinsicht beantragt. Die Akten liegen ihr aber noch nicht vor. (…) Und ganz vordergründig wünsche sich die Familie aktuell, dass Vater und Bruder mal nach Deutschland reisen können, um den Ort zu sehen, an dem ihr Sohn und Bruder verstorben ist. Die Familie des 16-Jährigen bekommt nicht nur juristischen Beistand aus Dortmund sondern auch Unterstützung von Anwohnern. Nachbarn aus dem Viertel, in dem Mouhamed Dramé kurz gelebt hat, haben sich zusammengeschlossen. Mit einem Spendenaufruf haben sie schon knapp 3.000 Euro für seine Familie gesammelt. Außerdem fordern sie mit einer Petition an den Landtag in Düsseldorf, dass eine unabhängige Untersuchungskommission zum Tod der 16-Jährigen eingesetzt wird. Diese Petition haben mittlerweile mehr als 37.000 Menschen im Internet unterzeichnet.“ Beitrag von Christof Voigt vom 8. September 2022 beim WDR - Mouhamed D.: Minister räumt mögliche Fehler beim tödlichen Polizeieinsatz in Dortmund ein
„… Nordrhein-Wesfalens Innenminister Herbert Reul hat beim tödlichen Polizeieinsatz gegen den 16-jährigen Senegalesen Mouhamed D. in Dortmund ein mögliches Fehlverhalten der beteiligten Polizeibeamten eingeräumt. Auf Basis der aktuellen Ermittlungserkenntnisse dränge sich ihm der „Eindruck auf, dass bei diesem Einsatz einige Dinge nicht einwandfrei gelaufen sein könnten“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Innenausschuss des NRW-Landtages in Düsseldorf. Genauere Angaben machte er mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht. Zugleich warnte Reul vor Verallgemeinerungen und Vorverurteilungen. Der Minister kündigte an, dass als Konsequenz aus dem Vorfall die Dienstvorschriften und Handreichungen für die Polizei in NRW daraufhin überprüft würden, inwiefern die Einsatzkräfte auf solche Situationen vorbereitet werden. Auch müsse geprüft werden, ob eine „bessere Qualifizierung“ der Polizistinnen und Polizisten nötig sei, um etwa Einsätze mit suizidalen und fremdsprachigen Personen zu bewältigen. Zudem solle der verstärkte Einsatz der Bodycams der Polizisten geprüft werden. Bei dem Vorfall in Dortmund waren die an den Körpern der Einsatzkräfte befestigten Kameras ausgestellt gewesen…“ Meldung vom 11. September 2022 von und bei MiGAZIN - Tödliche Schüsse in Dortmund: Tonaufnahme aufgetaucht
„Im Fall des bei einem Polizeieinsatz getöteten 16-Jährigen in der Dortmunder Nordstadt gibt es neue Erkenntnisse. Der Staatsanwaltschaft liegt eine möglicherweise entscheidende Tonaufnahme vor. Bei der Tonaufnahme handelt es sich um den Mitschnitt eines Notrufs. Den hatte ein Betreuer der Jugendeinrichtung abgesetzt, in der der 16-jährige Mouhamed Dramé untergebracht war. Weil der Jugendliche mit einem Messer in dem Innenhof der Einrichtung stand, rief der Betreuer die Polizei. Das Telefonat zwischen dem Betreuer und der Leitstelle der Polizei lief weiter, als der Einsatz im Hof eskalierte. Mouhamed Dramé soll sich das Messer vor den Bauch gehalten haben, möglicherweis um sich selbst zu töten. In einem Bericht des Innenministeriums heißt es, dass die Polizisten Pfefferspray und sogenannte Taser gegen den 16-Jährigen einsetzten. Dann schoss einer der Beamten mit einer Maschinenpistole auf den Jungen. Die Schüsse sind auch im Telefonat des Betreuers zu hören. Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Carsten Dombert hofft nun, dass durch eine Auswertung dieser Tonaufnahme durch das Bundeskriminalamt die zeitlichen Abläufe des Einsatzes aufgeklärt werden können. Auf der Aufnahme seien auch Gesprächsfetzen des Einsatzes zu hören, so Dombert…“ Beitrag von David Peters am 02.09.2022 beim WDR - Dortmunder Beamte erschießen 16-Jährigen: Vier weitere Polizisten beschuldigt.
„… Die Ermittlungen im Fall der tödlichen Polizeischüsse auf den 16-jährigen Mouhamed D. in Dortmund weiten sich aus. Die Staatsanwaltschaft Dortmund prüft nun auch den Vorwurf des Totschlags gegen den verantwortlichen Beamten. Zusätzlich wird gegen vier seiner Kolleg:innen ermittelt. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Innenministeriums an den Landtag Nordrhein-Westfalen vor, welcher der taz vorliegt. Am 8. August hatte ein Betreuer der Jugendhilfeeinrichtung von Mouhamed D. die Polizei gerufen, weil er den Senegalesen D. in Suizidgefahr sah. Der 16-Jährige soll sich im Innenhof ein Messer an den Bauch gehalten haben. Als die Beamten eintrafen, soll D. laut Bericht auf Deutsch und Spanisch angesprochen worden sein, aber nicht reagiert haben. Auf Anordnung des Dienstgruppenleiters sei dann Pfefferspray eingesetzt worden, worauf D. aber nur insofern reagiert habe, dass er sich auf die Polizeibeamten zubewegte – anfangs von fünf bis sechs Metern Entfernung aus. Darauf setzten zwei Beamte einen Taser ein, was ebenso wirkungslos blieb. Als der 16-Jährige schließlich zwei bis drei Meter von einem Beamten entfernt gewesen sein soll, habe dieser mit seiner Maschinenpistole auf ihn geschossen. Er starb später trotz Notoperation im Krankenhaus. Gegen den Beamten, der schoss, wurde bereits zuvor wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Nun werden laut Bericht gegen ihn auch Ermittlungen wegen Totschlags geprüft. Zudem wird auch gegen die vier anderen Beamten ermittelt, die mit Pfefferspray oder Taser gegen Mouhamed D. vorgingen. Der Verdacht lautet hier auf gefährliche Körperverletzung im Amt. Gegen den Einsatzleiter, der die Anweisungen für den Einsatz der Waffen gab, wird zudem wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung im Amt ermittelt. (…) Laut des Berichts schweigen bisher alle beschuldigten Polizist:innen zu den Ermittlungen. Demnach waren auch nicht elf Polizeibeamt:innen an dem Einsatz beteiligt, wie bisher bekannt, sondern zwölf – vier davon in zivil. (…) Die Polizei stand nicht nur wegen der tödlichen Schüsse in der Kritik. Auch waren die Bodycams sämtlicher beteiligter Polizeikräfte nicht eingeschaltet. Dies sei im raschen Einsatzgeschehen nicht möglich gewesen, hieß es zunächst. Später lautete die Erklärung, das Filmen bei Suizideinsätzen untersagt sei, weil dies „höchstpersönlichen Lebensverhalte“ betreffe. Auf Demonstrationen wurde dagegen der Vorwurf rassistischer Polizeigewalt erhoben und Aufklärung über den Einsatz eingefordert…“ Artikel von Konrad Litschko vom 1. September 2022 in der taz online - [„Wer war der Junge aus dem Senegal?“] Polizist erschießt Teenager: Tödliche Staatsgewalt
„Vor 11 Tagen tötete ein Polizist in Dortmund den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé. Wer war der Junge aus dem Senegal? Und wie kam es zu seinem Tod? (…)
Bedingt Aufklärung über Mouhameds Flucht nach Deutschland liefern die Akten des Jugendamtes im Rhein-Pfalz-Kreis, wo er nach seiner Ankunft im April erstmals registriert wurde. Demnach soll er sich bereits Ende 2019 aus dem Senegal auf den Weg nach Europa gemacht haben. Gemeinsam mit seinem Stiefbruder sei der Jugendliche nach Zwischenstopps in Mali und Mauretanien Ende 2021 mit einem Boot von Marokko nach Spanien übergesetzt. Sein Stiefbruder sei auf der Fahrt im Mittelmeer ertrunken.
Angekommen in Spanien wohnte er offenbar in einer Unterkunft für Asylsuchende in Sevilla. Weil es ihm dort nicht gefallen habe, soll er sich entschlossen haben, mit dem Zug über Paris nach Deutschland zu fahren. Die deutsch-französische Grenze habe er zu Fuß überquert und sich in den nächstbesten Zug gesetzt, bevor er sich in Worms bei der Polizei meldete. Von dort wurde er am 30. April nach Zornheim gebracht, ein kleines Dorf südlich von Mainz. Dort gab Mouhamed an, seine beiden Eltern seien im Senegal gestorben.
Diese Information wurde zunächst von der Stadt Dortmund verbreitet. Weil es in den umliegenden Einrichtungen keinen Platz für ihn gab, wurde Mouhamed schließlich am 1. August in die katholische Jugendeinrichtung St. Elisabeth in der Dortmunder Nordstadt gebracht.
Die Informationen über Mouhameds Flucht aus der Akte des Jugendamts beruhen auf seinen eigenen Aussagen. Sie lassen sich nur schwer überprüfen. Eine Woche nach seinem Tod wurde bekannt: Er hat noch nahe Angehörige im Senegal. Auf der Suche nach Familienmitgliedern haben mehrere senegalesische Nachrichtenseiten Bilder von Mouhamed verbreitet. Daraufhin meldeten sich sein Vater und sein Bruder. Sie stehen derzeit in Kontakt mit der senegalesischen Botschaft in Berlin und haben den Wunsch geäußert, Mouhamed in seinem Heimatdorf im Westen des Landes zu beerdigen…“ Artikel von Aaron Wörz vom 19.8.2022 in der taz online – mit guten Einblicken auch in die Dortmunder Nordstadt (wo übrigens Helmut Weiss gewohnt hatte) – und die dortige (berüchtigte) Polizei - Nach Tod des 16-jährigen Mouhamed D.: „Bei einem weiß und christlich gelesenen Jugendlichen hätte die Polizei anders gehandelt.“
„Nach dem Tod des 16-jährigen Mouhamed D. durch Polizeischüsse in Dortmund reißen Forderungen nach Aufklärung nicht ab. Experten fordern jetzt in einer Petition eine unabhängige Untersuchungskommission. Sie werfen der Polizei Rassismus vor. (…) Erstunterzeichner Prof. Dr. Claus Melter von der Fachhochschule Bielefeld hegt den Verdacht, dass beim Tod des sechzehnjährigen Mouhamed D. die Polizei unprofessionell gehandelt hat und der Jugendliche ohne Not oder gar aus rassistischen Motiven getötet worden sein könnte. Den Initiatoren der Petition ist es unerklärlich, dass das Großaufgebot von elf Polizist:innen den Schwarzen, muslimisch gelesenen Jugendlichen, der nach Aussagen der Polizei keine Gefährdung für die Öffentlichkeit darstellte, nicht mit stichfester und schusssicherer Kleidung überwältigen, oder ihn erst durch nichttödliche Schüsse kampfunfähig machen konnte. „Es handelte sich um eine psychologische Krisensituation, um möglichen Suizid. Hier ist psychologische Unterstützung nötig“, erklärt Prof. Melter gegenüber MiGAZIN. Bei Mouhamed D. habe die Polizei mit außergewöhnlich großem Aufgebot, massiver Bewaffnung und scheinbar ohne psychologische Unterstützung und Sprachmittlung gehandelt. „Es ist schwer vorstellbar, dass bei einem Anruf einer Jugendhilfeeinrichtung bei einem, als weiß und christlich angesehenem suizid-gefährdetem Jugendlichen, ähnlich gehandelt worden wäre“, erklärt Melter. Gerade bei solchen kritischen Fällen, sehen Melter und seine Mitunterzeichner:innen die Gefahr, dass bei polizeilicher Gewalt in Deutschland nicht angemessen ermittelt werde. Es käme laut Melter hier vielfach „systematisch zu wenigen Verfahren und noch weniger Verurteilungen. Insbesondere bei rassistischer Polizeigewalt“. (…) Nicht dokumentiert in der Statistik ist auch die Zahl rassistisch motivierter Polizeigewalt. Deshalb machen es sich Arbeitsgruppen wie „Death In Custody“ zur Aufgabe, rassistische Staatsgewalt sichtbar zu machen und Druck auf die Behörden auszuüben. Um den Fall des 16-jährigen aus Dortmund rassismuskritisch und unabhängig aufzuarbeiten, fordert die Petition eine Kommission, in der auch Vertreter:innen von Migrantenselbstorganisationen, Selbstorganisationen geflüchteter Personen und Schwarzer Menschen, sowie rassismuskritische und unabhängige Experten aus verschiedenen Disziplinen beteiligt sind…“ Artikel von Sophia Hiss am 17.08.2022 im Migazin - Nach Tod in Dortmund Betroffenheit im Senegal: Neue Details bekannt – Massive Kritik am Vorgehen der Dortmunder Polizei
„Nach Bekanntwerden des Todes des jungen Mouhamed Lamine Dramé, der erst eine Woche zuvor nach Dortmund gekommen war, kam es in seiner Heimatstadt Ndiaffate, südöstlich der Hauptstadt Dakar gelegen, zu Kundgebungen. Mouhamed war am Montag letzter Woche in Dortmund von der Polizei erschossen worden. Er soll erst mit Suizid gedroht haben und dann mit einem Messer auf die Beamten losgegangen sein. (…) In einem Gespräch mit senegalesischen Journalisten widerspricht Mouhameds Vater vehement der Behauptung, sein Sohn sei psychisch instabil und aggressiv gewesen. (…) Knapp 6000 Kilometer südlich ist man erschüttert ob des Todes des Jugendlichen. »Im Senegal haben wir viele offene Fragen zu dem Polizeieinsatz. Wieso etwa schaffen es offensichtlich elf gut ausgerüstete Dortmunder Polizisten nicht, einen einzelnen Minderjährigen kampfunfähig zu machen, ohne ihn dabei zu töten?«, fragt etwa der senegalesische Journalist Coumba Ndoffene, der den Fall für die dortige Presse intensiv begleitet. Und schiebt nach: »Hätte man ihm nicht einfach in die Beine schießen können? Und wieso hat der Teaser-Einsatz und das Pfefferspray, das von der Dortmunder Polizei eingesetzt wurde, nicht gewirkt?« Wegen des schwerwiegenden Verdachts, dass beim Tod des 16-Jährigen unprofessionell gehandelt und der Senegalese ohne Not oder gar aus rassistischen Motiven getötet worden sein könnte, haben 60 Forscher in einer Online-Petition den Landtag in Düsseldorf aufgefordert, eine unabhängige Untersuchungskommission zum Tod Mouhamed Lamine Dramés einzuberufen. Bis Mittwochmittag hatten etwa 32 000 Menschen die Petition auf der Plattform change.org unterschrieben. Nach Ansicht der Forscher seien der Einsatz und die Tötung des Jugendlichen »absolut unverhältnismäßig und unprofessionell« gewesen. Für Irritationen hat ebenso gesorgt, dass die Kameras an den Westen der beteiligten Polizisten nicht eingeschaltet waren. Laut Innenministerium war der Einsatz zunächst nicht für eine Bodycam geeignet – da der Jugendliche sich mit einem Messer augenscheinlich umbringen wollte. Eine Dienstanweisung der NRW-Polizei besagt, dass das Filmen dieser »höchstpersönlichen Lebenssachverhalte« unzulässig sei. Als die Situation dann kippte und der 16-Jährige mit dem Messer auf die Polizisten zuging, wurde die Lage für die Beamten demnach binnen Sekunden so stressig, dass keiner an die Bodycam gedacht habe, heißt es vom NRW-Innenministerium.“ Artikel von David Bieber vom 17. August 2022 in neues Deutschland online - Nach dem tödlichen Polizeieinsatz in Dortmund gerät (auch) die Militarisierung der Polizeit in den Fokus – und (mal wieder) ausgeschaltete Bodycams
- Freund und Sterbehelfer. Bodycams der Polizei bei Erschießung von 16jährigem in Dortmund ausgeschaltet. Zwei Maschinenpistolen in jedem Streifenwagen in NRW
„Es gibt keine Videoaufnahmen von dem Polizeieinsatz, bei dem Montag vergangener Woche in Dortmund der 16jährige senegalesische Flüchtling Mouhamed Lamine Dramé erschossen wurde. Der Grund: Keiner der elf eingesetzten Beamten hatte seine Bodycam eingeschaltet. Es habe sich um eine »dynamische Lage« gehandelt, in der die Beamten im Zuge einer Stresssituation vergessen hätten, die Kamera einzuschalten, übte sich das Polizeipräsidium Dortmund in einem internen Bericht an das nordrhein-westfälische Innenministerium, von dem zuerst der Kölner Stadtanzeiger am Montag abend berichtete, in Rechtfertigungsversuchen. Mit an den Uniformen befestigten Kameras sollen die Polizisten per Knopfdruck heikle Einsatzsituationen auf Video aufzeichnen. Die Absicht dahinter ist allerdings nicht, ihr Handeln besser dokumentieren zu können, sondern – wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) 2019 betont hatte – Polizisten vor Übergriffen zu schützen. Da die Polizei von Betreuern der Jugendhilfeeinrichtung, in der Dramé lebte, wegen möglicher suizidaler Absichten des Jugendlichen gerufen worden war, sei der Einsatz zunächst nicht für eine Bodycam geeignet gewesen, heißt es laut dpa aus Ermittlerkreisen. Als der Jugendliche dann mit einem Messer auf die Beamten zugegangen sei, soll die Lage binnen Sekunden so eskaliert sein, dass keiner der Polizisten seine Kamera eingeschaltet habe. (…) Die Maschinenpistole sei für weitere Distanzen geeignet und treffsicherer als Pistolen, verteidigte Reul in dem Schreiben ausdrücklich den Einsatz solcher Kriegswaffen durch die Polizei. Nachdem diese zunächst auf eine »gegenwärtige abstrakte Terrorgefahr« anlassbezogen von Polizisten etwa auf Weihnachtsmärkten mitgeführt wurden, seien seit Juli 2018 alle Funkstreifenwagen in NRW dauerhaft mit je zwei MP bestückt worden. »Das ist ein ungeheures Maß an Waffen«, zeigte sich die SPD-Abgeordnete Müller-Witt am Dienstag gegenüber jW erschrocken. »Wir wollen eine Erklärung, warum solche Aufrüstung nötig sein soll.« Laut Koalitionsvertrag der »schwarz-grünen« NRW-Landesregierung müssen Bodycams schon beim Einsatz von Elektroschockern eingeschaltet werden. »Ich erwarte, dass sie auch beim Maschinenpistoleneinsatz eingesetzt werden«, so Müller-Witt. Derweil forderte Biplab Basu, Mitbegründer der Berliner Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), dass Bodycams nur in Ausnahmefällen bei Einsätzen nicht eingeschaltet sein sollten und das aufgezeichnete Material sowohl der Behörde als auch den potentiellen Opfern von Polizeigewalt zugänglich sein müsse. (…)
Der getötete Dramé, der im Frühjahr 2022 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in die BRD gekommen war, wird auf Wunsch von Angehörigen im Senegal beerdigt. Dort hatten Demonstranten am Sonntag in der Ortschaft Ndiaffate »Gerechtigkeit für Mouhamed« gefordert, wie im Onlinesender Dakaractu TV zu sehen ist.“ Artikel von Nick Brauns und Jan Greve in der jungen Welt vom 17.08.2022 - „Starke Defizite in der Polizeipraxis“. Nach dem blutigen Polizeieinsatz in Dortmund fragen viele nach der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes. Die Bodycams waren ausgeschaltet.
„… Nach jüngsten Informationen des KStA waren die Bodycams der elf (oder sogar zwölf) Beamten während des tödlichen Einsatzes in der Dortmunder Einrichtung, wo die tödlichen Schüsse fielen, alle ausgeschaltet. Folglich wurde der Tathergang nicht aufgezeichnet. Solche Kameras gibt es auf den Wachen an Rhein und Ruhr seit 2020. Sie werden in der Regel vorne an der (multifunktionalen) Weste getragen. (…) Eine solche Bodycam für den Polizeieinsatz ist auch mit einem Mikrofon ausgestattet, somit können Einsätze im Falle einer Aufzeichnung in Bild und Ton nachvollzogen werden. Allerdings besteht keine Pflicht für die Beamten, die Kamera einzuschalten, lässt sich ein Bonner Anwalt vernehmen, der seit Jahren Polizisten in Straf- und Zivilverfahren vertritt. Im Fall Mouhamed D. eine bedrückende Feststellung. Das Polizeipräsidium Dortmund begründet dem Kölner Blatt zufolge in einem internen Bericht an das Innenministerium dieses Versäumnis damit, dass es sich bei dem Einsatz am vorvergangenen Montag um eine „dynamische Lage“ gehandelt habe…“ Beitrag von Arno Kleinebeckel vom 17. August 2022 in Telepolis - Wir erinnern an unser Dossier: NRW weitet Befugnisse der Polizei und des Verfassungsschutzes gewaltig aus
- Freund und Sterbehelfer. Bodycams der Polizei bei Erschießung von 16jährigem in Dortmund ausgeschaltet. Zwei Maschinenpistolen in jedem Streifenwagen in NRW
- Petition: Unabhängige Untersuchungskommission zum Tod von Mouhamed D. durch die Polizei
„Wir – Entschieden gegen Rassismus und Diskriminierung e.V. – haben gemeinsam mit Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und anderen Akteur*innen den folgenden Aufruf gestartet, den Sie mitunterzeichnen können, um der Forderung nach einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Tötung von Mouhamed D. durch die Polizei Nachdruck zu verleihen. (…) Wieso konnten die elf Polizist*innen nicht mit stichfester und schusssicherer Kleidung den Jugendlichen überwältigen? Wieso haben die dafür ausgebildeten Polizist*innen (siehe oben) ihn nicht erst durch nichttödliche Schüsse kampfunfähig gemacht, ohne ihn zu töten? Der Einsatz und die Tötung des Jugendlichen aus dem Senegal erscheint absolut unverhältnismäßig und unprofessionell. Es gibt viele offene Fragen. (…) Aufgrund des schwerwiegenden Verdachtes, dass beim Tod des sechzehnjährigen Mouhamed D. unprofessionell gehandelt und der Jugendliche ohne Not oder gar aus rassistischen Motiven getötet worden sein könnte, braucht es eine vom Landtag NRW beauftragte und autorisierte unabhängige Untersuchungskommission, welche den Tod des Jugendlichen untersucht. An der Kommission sollen Personen aus Migrant*innen-Selbst-Organisationen, Selbstorganisationen geflüchteter Personen und Schwarzer Menschen, sowie rassismuskritische und unabhängige Kriminolog*innen, Soziolog*innen, Jurist*innen, Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Gewerkschafter*innen und Polizist*innen beteiligt sein.“ Petition bei change.org an den Landtag NRW von Prof. Claus Melter, Malika Mansouri und Ayse Dogan - (Uns bekannte) nächste Termine:
- Beerdigung von Mouhamed Lamine Dramé ist am Mo 15.08.22, 12:00h Hauptfriedhof Dortmund, muslimischer Teil
- Montag, 15. August 18h am Oranienplatz in Berlin und 21.8., 1500 h Görlitzer Park, Eingang Skalitzer Str.
- 15.8., 19.00 h in Leipzig im Rabet
- Aktionen bundesweit listet Death In Custody DE auf Twitter
- … bitte #justice4mouhamed verfolgen
- Pfefferspray – Taser – Maschinenpistole
Ein in Gänze lesenswrter Kommentar von Arno Kleinebeckel vom 12. August 2022 in Telepolis - Das Opfer hat endlich einen Namen: Mouhamed Dramé – bundesweite Demos für #justice4mouhamed und viele Fragen
- Die nächste Protestkundgebung in Dortmund wegen des 16-Jährigen aus dem Senegal, der am Montag in Dortmund von einem Polizisten mit einer Machinenpistole erschossen worden ist: Freitag ab 16 Uhr Kundgebung auf dem Friedensplatz in der Dortmunder Innenstadt
- Aktionen bundesweit listet Death In Custody DE auf Twitter
- Weitere Nachrichten/verlinkte Berichte/Kommentare sind auf Twitter unter dem Hashtag #justice4mouhamed
- Die Forderungen aus der Demo als Grafik dokumentiert von Antifa Medienzusammenhang Dortmund am 10.8.22 auf Twitter
- „Wir haben Fragen! Wir verlangen Antworten! Warum wurde der 16-jährige Mouhamed Dramé von der #Polizei #Dortmund mit einer Maschinenpistole erschossen?…“ Thread von amzdo vom 12.8.2022
- Aus einer Kundgebung gegen Polizeigewalt wird ein Demonstrationszug: 400 Teilnehmer:innen ziehen vor die Wache Nord
„… Nach den spontanen Protesten am Dienstagabend gab es am Mittwoch eine weitere Kundgebung – wieder direkt in Blickweite auf die Wache Nord. Unter dem Motto „Trauer und Wut auf die Straße!“ fand eine Protestaktion am Steinplatz gegenüber der Andreaswache statt. Auch dort wurde Aufklärung und Gerechtigkeit für den 16-jährigen Senegalesen Mouhamed D. gefordert. Rund 300 Menschen nahmen daran teil.“ Bericht von Paulina Bermudez vom 10. August 2022 bei den Nordstadtbloggern - Tödlicher Einsatz in Dortmund Kriminologe kritisiert Vorgehen der Polizei
„»Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar«: Kriminalitätsforscher Thomas Feltes übt nach dem Tod eines 16-Jährigen durch fünf Schüsse aus einer Polizei-Maschinenpistole scharfe Kritik an dem Einsatz. (…) Die Maschinenpistole sei vor allem für Amoklagen gedacht, nicht für Einsätze gegen psychisch auffällige Jugendliche. Das martialische Auftreten von elf Polizisten mit der automatischen Waffe mache sehr wohl einen Unterschied, weil es bei einem Menschen – vor allem, wenn er kein Deutsch verstehe – den Eindruck eines Angriffs erwecke. »Bei solchen Einsätzen sollte immer ein Psychologe oder Psychiater dabei sein«, sagte Feltes. Der Einsatz zeige zudem, dass Pfefferspray und Taser oft nicht die erhoffte Wirkung zeigen. Pfefferspray habe bei psychisch Kranken sogar einen paradoxen Effekt: »Sie empfinden das als unmotivierten Angriff und starten einen Gegenangriff. Es ist immer das gleiche Muster«, so Feltes. (…)Die Polizei in der Dortmunder Nordstadt, einem sozialen Brennpunkt, sei »nicht gerade für Zurückhaltung bekannt«, sagte Feltes. Er kritisierte, dass in den Köpfen der Polizisten die Maxime fest verankert sei, »das Problem jetzt und sofort zu lösen«. In solchen Fällen sei es aber oft besser, die Lage zu stabilisieren und sich, wenn möglich, zurückzuziehen, sagte der Kriminalitätsforscher. (…) Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat in dem Fall Aufklärung und generell die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen gefordert. Die Bundes- und Landespolizeibehörden bräuchten unabhängige Polizeibeauftragte, die auch anonyme Beschwerden entgegennehmen, teilte der DAV mit…“ Artikel vom 10.08.2022 im Spiegel online - »Aus Neutralitätsgründen…« Sebastian Weiermann will unabhängige Ermittler bei Polizeigewalt
„In Nordrhein-Westfalen sind zwischen Mittwoch und Montag drei Menschen in der Folge von Polizeieinsätzen gestorben. Ein negativer Höhepunkt für Polizeigewalt mit tödlichen Folgen. Zweimal wurden Menschen erschossen, einmal könnte Pfefferspray tödlich gewesen sein. Alle drei Getöteten sollen aggressiv gewesen sein, zwei trugen Messer bei sich. Möglicherweise blieb den Polizisten keine andere Wahl. Sich darüber sicher zu sein, fällt schwer. Wie es in Mitteilungen der Polizei heißt, ermittelt »aus Neutralitätsgründen« eine andere Polizeibehörde. Im Kreis Recklinghausen ermitteln jetzt die Kollegen aus Dortmund, in Dortmund die Kollegen aus Recklinghausen. Das ist keine unabhängige Aufklärung. Statistiken belegen, dass Polizisten nach tödlichen Einsätzen fast nie belangt werden…“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 09.08.2022 im ND online - Nach tödlichem Polizeieinsatz – Angst bei jugendlichen Geflüchteten
Stellungnahme vpm 11. August 2022 von BAfF e.V. (Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V.)
- Wir verweisen auf die Berichterstattung von Autonome Antifa 170 auf Twitter
- Auch am 10.8.findet ab 18.30 eine Demo von der Nordwache Freiherr-v.-Stein-Platz, 44147 Dortmund (hinterm Hbf. nach rechts) zum Polizeipräsidium, Markgrafenstraße102, 44139 Dortmund (2,6 km) statt.
- Beamt:innen setzten Pfefferspray, Taser und Maschinenpistole ein: Polizeieinsatz in der Nordstadt eskaliert: 16- Jähriger erliegt seinen Schussverletzungen
„Ein Polizeieinsatz in der Dortmunder Nordstadt endete am Montagnachmittag (8. August 2022) für einen 16- Jährigen Senegalesen tödlich. Fünf Kugeln aus einer Maschinenpistole der Dortmunder Polizei trafen den Jugendlichen auf dem Gelände der St.-Antonius- Kirche. Kurze Zeit später erlag er seinen Schussverletzungen im Krankenhaus. Der Einsatz wirft viele Fragen auf – und löst auch Proteste aus.
Was ist passiert? Betreuer:innen der Jugendhilfe „St.- Antonius“ in der Holsteiner Straße beobachteten, dass sich einer der Bewohner mit einem Messer auf dem angrenzenden Kirchengelände aufhielt. Da suizidale Absichten nicht auszuschließen waren, kontaktierten die Betreuer:innen gegen 16.15 Uhr die Polizei Dortmund. Elf größtenteils junge Beamt:innen trafen 15 Minuten später auf dem Kirchengelände ein. Die Kontaktaufnahme zu dem jungen Mann erwies sich als schwierig, da dieser aus dem Senegal kam und nur über schlechte Deutschkenntnisse verfügte. Was genau passiert, ist bisher völlig unklar. Keine Hilfe sind die Körperkameras („Bodycams“), mit denen die Beamt:innen ausgestattet waren – sie waren ausgeschaltet. Bestätigt ist jedoch, dass nach dem Einsatz von Pfefferspray und auch Elektrodistanzwaffen („Tasern“) sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole der Dortmunder Polizei fielen. Fünf dieser Schüsse trafen den Jugendlichen in Schulter, Unterarm, Kiefer und Bauch, wie die heutige Obduktion ergab. (…) Warum neben Pfefferspray und Tasern der Einsatz einer Schusswaffe notwendig war, ist Teil der Ermittlungen. Weshalb die Polizei „mit so schwerem Kriegsgerät“ im Einsatz war, wie Oberstaatsanwalt Carsten Dombert die eingesetzte Maschinenpistole im Gespräch mit Nordstadtblogger nannte, soll ebenfalls geklärt werden. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Beamten wegen eines Anfangsverdachts wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge…“ Artikel von Paulina Bermudez vom 9. August 2022 bei den Nordstadtbloggern - Polizei erschießt 16-jährigen in der Dortmunder Nordstadt
„Am Nachmittag des 8. August 2022 haben Polizisten einen Jugendlichen in der Dortmunder Nordstadt erschossen. Die Autonome Antifa 170 fordert eine unabhängige Aufklärung und die Entwaffnung der Polizei. Die Quellen sind noch spärlich, doch allein was die Polizei bisher zugibt, macht fassungslos. Bei einem Einsatz an der Holsteiner Straße haben Beamte das Feuer auf einen 16-Jährigen Jugendlichen eröffnet. Der Junge starb im Krankenhaus an den Polizeikugeln. „Anwohner:innen berichten uns, dass den Schüssen eine mehrstufige Eskalation voraus ging.“ sagt Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170. „Die Beamten haben den Jugendlichen, der sich anscheinend in einer psychischen Ausnahmesituation befand, ein Messer mit sich führte und sich aggressiv zeigte, zunächst mit Pfefferspray und Taser attakiert und dann auf ihn geschossen.“ „Solche Abläufe kommen uns aus Berichten ähnlicher Vorfälle erschreckend bekannt vor,“ so die Pressesprecherin weiter. „Immer wieder eskalieren derartige Einsätze durch den Waffeneinsatz der Polizei, die nicht willens oder fähig ist, deeskalative Einsatzstrategien umzusetzen.“ „Von den von der Polizei im Einsatz getöteten Personen ist ein großer Teil psychisch gestört oder verwirrt gewesen oder befand sich in der konkreten Einsatzsituation bedingt durch Alkohol- oder Drogenkonsum nicht in einem Zustand, in dem er polizeiliche Anweisungen angemessen wahrnehmen oder darauf reagieren konnte. Schätzungen gehen von mehr als der Hälfte der getöteten Personen aus“, schreibt der Kriminologe Prof. Feltes in einem Paper aus dem Jahr 2020. Die Presseprecherin verweist auch auf frühere Kritik, die die Gruppe der Dortmunder Polizei entgegenhält. Schmidt: „Die Nachricht von tödlichen Schüssen durch Dortmunder Polizist:innen fällt in eine Zeit, in der die Polizei aufrüstet. Erst kürzlich wurden den Beamt:innen in der Nordstadt Elektroschockpistolen („Taser“) zur Verfügung gestellt. Diese Fokussierung der Polizei weg von Deeskalationsstrategien und hin zu mehr und ausgefeilteren Gewaltmitteln ist unserer Meinung nach Teil des Problems.“…“ Kommentar vom 8. August 2022 der Autonomen Antifa 170 – Antifaschistische Gruppe aus Dortmund - Am 9. August gibt es ab 18:30 Uhr eine in der Nähe des Tatorts, siehe den Tweet von amzdo und #do0908 – einige der Redebeiträge von der Kundgebung bei Radio Nordpol aus Dortmund