Wachsende Repression gegen die Klimabewegung

Dossier

Energiecharta-Vertrag kündigen - Klimakiller-Pakt kündigen„… „Angesichts der Klimakrise und der wachsenden Proteste schaltet der Staat bei der Bekämpfung der Klimabewegung in den Aufstandsbekämpfungsmodus um und verschärft die Gangart: Es ist ganz offensichtlich, dass die Repressionsorgane mit der Inhaftierung der Jänschwalde-Blockierer*innen und den schikanösen Haftbedingungen nichts anderes bezwecken, als andere Menschen aus den Klimakämpfen einzuschüchtern und von entschlossenem Engagement abzuhalten.  (…) „Das gilt auch für die Prozesse gegen die Aktivist*innen von Ende Gelände, bei denen der Staat nicht einmal vor der Verfolgung von Pressevertreter*innen und Abgeordneten zurückschreckt: Weder die Pressefreiheit noch der besondere Status von parlamentarischen Beobachter*innen werden anerkannt, wenn der Staat die Interessen der Kohlekonzerne durchsetzen will…“ Pressemitteilung von Rote Hilfe e.V. vom 19. Oktober 2022 externer Link und die Auflistung der wichtigsten aktuellen Fälle daraus sowie zu viele weitere Fälle:

  • 2023 sind weltweit mindestens 196 UmweltaktivistInnen ermordet worden / ab dem 27. September läuft vor dem Landgericht Mönchengladbach der Prozess wegen Blockade des Kohlekraftwerks Neurath weiter New

    • Repression gegen Klimagerechtigkeitsbewegung gegen das Kohlekraftwerk Neurath geht weiter
      Die Prozesse gegen die Aktivist*innen, die das Kohlekraftwerk Neurath im November 2021 blockierten, gehen weiter: Ab dem 27. September 2024 läuft vor dem Landgericht Mönchengladbach die Berufungsverhandlung gegen eine Klimagerechtigkeitsaktivistin, die in erster Instanz vom Amtsgericht Grevenbroich zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden war.
      Berufungsverhandlung gegen Klimaaktivist*innen wegen Kohlekraftwerksblockade:
      Die Prozesse gegen die Aktivist*innen, die das Kohlekraftwerk Neurath im November 2021 blockierten, gehen weiter: Ab dem 27. September 2024 läuft vor dem Landgericht Mönchengladbach die Berufungsverhandlung gegen eine Klimagerechtigkeitsaktivistin, die in erster Instanz vom Amtsgericht Grevenbroich zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden war. Die Vorwürfe: „Störung öffentlicher Betriebe“ und „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ im Zuge einer Ankettaktion, die den Betrieb des Kraftwerks für mehrere Stunden lahmlegte. Der Protest gegen die Kohleindustrie soll als Exempel statuiert werden, um die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung einzuschüchtern.
      In der ersten Instanz verhängte das Amtsgericht Grevenbroich drakonische Strafen. Zwei Aktivist*innen wurde zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Begründung: die politische Überzeugung der Angeklagten. Diese Urteile zeigten bereits, dass die Justiz einen harten Kurs gegen Aktivist*innen fährt, die für den Erhalt der Lebensgrundlagen kämpfen. In der Berufungsverhandlung gegen die andere Person wurde die Strafe auf 120 Tagessätze reduziert, aber dennoch bleibt der staatliche Verfolgungseifer unübersehbar.
      Die Rote Hilfe e. V. beobachtet diese Repressionsentwicklung mit großer Sorge. (…)Am 27. September 2024 startet der erste Prozesstag im jetzigen Berufungsverfahren mit einer Kundgebung vor dem Landgericht Mönchengladbach. Weitere Verhandlungstermine sind am 11. und 25. Oktober. Die Rote Hilfe e. V. ruft dazu auf, Solidarität zu zeigen und die Aktivist*innen in ihrem Kampf gegen die Kriminalisierung von Protest zu unterstützen.“ Pressemitteilung vom 24.09.2024 bei Rote Hilfe e. V. externer Link
    • Mutiger Kampf gegen Umweltzerstörung: 196 Aktivist:innen ermordet
      „Im Jahr 2023 sind weltweit mindestens 196 Umweltaktivist:innen ermordet worden. Die brutale Realität betrifft Menschen, die ihre Gemeinschaften und die Umwelt schützen wollen. Damit ist die Zahl der getöteten Umweltverteidiger seit 2012 auf insgesamt 2.106 gestiegen. Besonders alarmierend ist die Lage in Lateinamerika, wo 85 Prozent der Morde verzeichnet wurden. Kolumbien war dabei das tödlichste Land mit 79 Morden, gefolgt von Brasilien (25), Mexiko (18) und Honduras (18). Der jüngste Bericht von Global Witness zeigt, dass die Zerstörung des Amazonas und die Nachfrage nach Rohstoffen wie Agrarprodukten, Mineralien und fossilen Brennstoffen diese Tötungen antreiben. Besonders indigene Völker stehen im Visier, da sie oft gegen illegale Abholzung, Bergbau und Agrarbetriebe kämpfen, die ihre Lebensräume bedrohen.  Ein gravierendes Beispiel ist Kolumbien: Im Jahr 2023 haben 79 Umweltaktivist:innen – deutlich mehr als die 60 des Vorjahres – ihr Leben verloren. Trotz eines politischen Wandels, der mit der Hoffnung auf verbesserte Schutzmaßnahmen für Aktivist:innen verbunden war, bleibt die Lage höchst kritisch. Dieser Anstieg markiert die höchste Zahl von Tötungen, die je in einem einzelnen Land von Global Witness verzeichnet wurde. In Kolumbien findet im Oktober der Biodiversitätsgipfel der Vereinten Nationen statt. Viele Menschen hoffen, dass dieser Gipfel nicht nur ein Symbol bleibt. Auch in Mexiko, das 2021 noch die meisten Morde verzeichnete, blieb die Zahl der Tötungen mit 18 im Jahr 2023 bedenklich hoch, und die Umstände für Umweltschützer:innen bleiben gefährlich. Der Bericht betont, dass viele dieser Morde ungesühnt bleiben. Die Straflosigkeit, besonders in Ländern wie Kolumbien und Mexiko, verschärft die Situation weiter. Weltweit spielen indigene Völker eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Klimakrise. Sie schützen 80 Prozent der weltweiten Biodiversität, doch werden sie oft nicht in Entscheidungen einbezogen, die ihr Überleben betreffen. Der Bericht fordert daher Regierungen und Unternehmen auf, konkrete Maßnahmen zum Schutz der Aktivist:innen zu ergreifen und sicherzustellen, dass die wahren Täter zur Rechenschaft gezogen werden. (…) Um den tödlichen Trend umzukehren, fordert Global Witness einen verstärkten internationalen Druck, insbesondere durch das Escazú-Abkommen, das den Schutz von Umweltschützern in Lateinamerika stärken soll. Doch viele Länder haben es noch nicht ratifiziert.“ Beitrag von Katharina Hempfing vom 23. September 2024 bei amerika21 externer Link, siehe:

  • Lehrbuchhafter Journalismus als Hausfriedensbruch: Carlotta Steinkamp verurteilt wegen Waldbesetzung
    • Carlotta Steinkamp verurteilt wegen Waldbesetzung: Pressefreiheit im Baumhaus
      „Das Wuppertaler Landgericht verurteilte die Fotojournalistin Carlotta Steinkamp am Dienstagabend in einem Berufungsprozess zu einer Geldstrafe von 1200 Euro. Der Fotografin wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Was war passiert? Seit dem Sommer 2019 hielten Klimaaktivist*innen ein Stück des Waldgebiets Osterholz im Westen von Wuppertal besetzt. Sie wollten damit eine Erweiterung des benachbarten Kalksteinbruchs verhindern. Im Januar 2021 endete die Besetzung mit einem großen Räumungseinsatz. Über die Räumung berichtete Carlotta Steinkamp. Das wurde ihr zum Verhängnis. Der Steinbruchbetreiber erstattete Anzeige gegen alle Aktivist*innen, die sich auf seinem Betriebsgelände befunden hatten. Steinkamp war dort nicht als Aktivistin, sie hatte Kameraequipment dabei und trug eine Warnweste mit der Aufschrift »Presse«. Allerdings befand sie sich am zweiten Tag der Räumung auf einer Plattform auf einem Baum. Nach Aufforderung der Polizei kam sie dort herunter, musste danach aber eine Personalienfeststellung erdulden. Der Steinbruchbetreiber stellte Strafanzeige gegen Steinkamp wegen Hausfriedensbruchs. Die Bitte ihres Anwalts, das Verfahren einzustellen, lehnte er ab. Vor Gericht erklärte der Steinbruchbetreiber, dass ein Artikel von ihr in der »Jungen Welt«, in dem sie über das Klettern, Bauen und Zusammenleben der Waldbesetzer berichtete, für ihn nicht journalistisch, sondern aktivistisch sei. (…) In einem neunstündigen Prozess wurden zahlreichen Zeugen, zumeist Polizist*innen, gehört, die Situation der Räumung wurde rekonstruiert. Am Ende schloss sich das Gericht der Wertung der Staatsanwaltschaft an. Steinkamp hätte sich als Journalistin nicht in einem Baum aufhalten dürfen und mit der Polizei kommunizieren müssen. Diese hätte ihr einen angemessenen Platz zugewiesen. Eine Revision gegen das Urteil ist möglich. Dann müsste das Oberlandesgericht entscheiden.“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 4. September 2024 in Neues Deutschland online externer Link, siehe dazu auch:
    • Lehrbuchhafter Journalismus als Hausfriedensbruch
      „… Um zu verstehen, was an diesem Dienstag mit einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro vor dem Wuppertaler Landgericht seinen vorläufigen Tiefpunkt fand, sollte man einige Jahre zurück blicken. Im Sommer 2019, die Klimabewegung befand sich gerade auf ihrem Höhepunkt, Fridays for Future mobilisierte Hunderttausende, besetzten in Wuppertal einige Aktivist*innen ein Stück des Osterholz im Westen der Stadt. Teile des Waldgebiets sollten einer Erweiterung des benachbarten Kalksteinbruchs Oetelshofen weichen. Die Waldbesetzung wurde erstmal hingenommen und wuchs. Carlotta Steinkamp, die in Hannover Fotojournalismus und Dokumentarfotografie studiert, wurde auf diese und weitere Waldbesetzungen in Frankfurt, bei Ravensburg und in der Altmark aufmerksam und begleitete sie dokumentarisch. Auch Ende Januar 2022, als das Osterholz von der Polizei geräumt wurde. (…) Dass die Polizei freie Journalist*innen vom Protestgeschehen fernhält, passiert immer wieder. In guten Fällen entschuldigt sich die Polizeiführung dafür am Ende. Nicht so bei Carlotta Steinkamp und dem Osterholz. Mehr als ein Jahr nach der Besetzung erhält sie einen Strafbefehl. (…) FREELENS Vorstandsmitglied Roland Geisheimer hat alle Gerichtstermine in der Sache verfolgt. Mit dem Urteil ist er unzufrieden: »Carlotta Steinkamp hat nichts anderes getan, als ihren Job ordentlich zu machen.« Es sei »lehrbuchhaft« gewesen, wie sie nah an den Protestierenden war, immer wieder Zeit in Baumhäusern verbracht habe und sich ein Bild von den Menschen hinterm Protest gemacht habe. »Der Staatsanwaltschaft wie auch dem Gericht sind solch eine nahe Berichterstattung scheinbar fremd oder ein Dorn im Auge. Undenkbar für den Vorsitzenden Richter ist es, dass man als Journalistin in ein Baumhaus klettert und dort seiner journalistischen Arbeit nachgeht«, erklärt Geisheimer. Staatsanwaltschaft und Gericht hätten sich zum »Erfüllungsgehilfen« eines Waldbesitzers gemacht, der »eine sehr eigene Interpretation von Pressefreiheit vor Gericht präsentierte.« Was Roland Geisheimer sagt, passt gut zu den Schlussworten von Carlotta Steinkamp. Sie verweist auf sogenannte Slapp-Klagen, die Unternehmen oft tätigen, um Kritiker*innen einzuschüchtern. Steinkamp fragt sich, ob es auch darum geht, sie einzuschüchtern, ob eine politische Motivation hinter dem Verfahren steht. Was für sie nicht in Frage steht, ist der Kampf um die Pressefreiheit. »Ich werde weiterhin für meine Pressefreiheit einstehen, so wie für die aller Journalist*innen.« Carlotta Steinkamp ist seit Juni im Vorstand von FREELENS, leitet die Young Professionals, im Oktober beginnt sie eine Hospitanz als Redaktionsfotografin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zeit, um vor Gericht darüber zu debattieren, ob sie wirklich Journalistin ist, hat sie eigentlich nicht mehr. Aber eine Revision ist möglich.“ Beitrag von Paula Kern vom 5. September 2024 bei FREELENS.com externer Link
  • Urteil: Fast zwei Jahre Haft ohne Bewährung für Klimaaktivist nach Sitzblockaden
    „… Nach der Teilnahme an Sitzblockaden ist ein 65-jähriger Aktivist der Klimagruppe „Letzte Generation“ in Berlin zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Ein Jahr und zehn Monate Gefängnis ergingen gegen den Mann am Amtsgericht Tiergarten, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Er habe sich der Nötigung, versuchten Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gemacht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im Prozess ging es um Straßenblockaden, an denen sich der 65-Jährige beteiligt und laut Angaben der Sprecherin teils auch an die Fahrbahn geklebt hatte. Insgesamt seien 40 Fälle abgeurteilt worden. (…) Relativ zu Beginn habe das Gericht einen Verständigungsvorschlag gemacht. Dem Mann sei gegen ein Geständnis eine Haftstrafe von einem Jahr mit Bewährung angeboten worden, hieß es. Die Verteidigung habe dem aber nicht zugestimmt. Die „Letzte Generation“ schrieb in einer Mitteilung, der 65-Jährige wolle gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Es zeige sich, dass die Justiz nicht wisse, wie sie mit dem Protest umgehen solle. Mit dem Urteil entferne man sich von Recht und Gesetz, hieß es vonseiten der Verteidigung des Angeklagten in der Mitteilung. „Statt einer von Verfassung wegen gebotenen Abwägung der gegeneinander streitenden Grundrechte wird hier Feindstrafrecht angewendet.“ Erst im Juli war eine Klimaaktivistin nach Farbattacken und Straßenblockaden in Berlin zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden.“ Meldung vom 27. August 2024 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Erste Verfassungsbeschwerde der Letzten Generation gegen die Verurteilung von Sitzblockaden
    • RAZ: Verfassungsbeschwerde(n): Hintergrund zur ersten Verfassungsbeschwerde der Letzten Generation
      „Als Verein koordinieren wir die, im Falle unserer betreuten Bewegungen (wie z.B. der Letzten Generation) geführten Verfahren und dementsprechend auch Verfassungsbeschwerden. Zur Vorbereitung setzen sich im Regelfall diverse Expert:innen für Verfassungsrecht und Strafrecht zusammen, um die Begründung gemeinsam zu erarbeiten. Mitte August wurde nun die erste Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung von Sitzblockaden der Letzten Generation durch die Schauspielerin und Aktivistin Irma Trommer und der Kanzlei akm Rechtsanwält*innen aus Berlin erhoben. (…) In diesem ersten Fall, der am 15. August 2024 beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde, geht es um ein ursprüngliches Urteil des Amtsgericht Tiergarten vom 6. Juni 2023. Nachdem Berufung am Landgericht Berlin und Revision vor dem Kammergericht gescheitert sind, wird nun das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall beschäftigt werden. Das Urteil erging für beide Fälle wegen Nötigung (§ 240 I StGB), weil bei der Blockade Autofahrende an der Weiterfahrt gehindert wurden und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB), wobei die Gerichte die Widerstandshandlung darin sahen, dass Irma Trommer sich mit Sekundenkleber an der Straße festgeklebt hat. Dies sind in Berlin die gängigen Vorwürfe gegen Aktivist:innen der Letzten Generation. Die Verfassungsbeschwerde rügt die Verletzung von Grundrechten. In den vorangegangenen Entscheidungen wurde nicht hinreichend gewürdigt, dass die Blockaden im Rahmen einer nach Art. 8 GG grundrechtlich geschützten Versammlung stattfanden und die Anwendung des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) auf das Festkleben an der Straße den Tatbestand des Deliktes so ausweitet, dass damit das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot für Strafgesetze verletzt ist. Die ordentlichen Gerichte weigern sich außerdem bis dato bis in die letzten Instanzen, Grundsätze der Abwägung von Rechtsgütern im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung einer vermeintlichen Nötigung, die das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat, im Rahmen gewisser Protestbewegungen und -formen anzuwenden. (…)Die Rechtslage zu Straßenblockaden ist nicht eindeutig, auch wenn dies immer wieder von Politiker:innen oder in medialen Vorverurteilungen verlautet wird, die schnellere und teils härtere Verurteilungen fordern. Es bestehen grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen zur Reichweite des Grundrechts auf  Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG). Ungeklärt sind zudem die Auswirkungen anderer Verfassungsgrundsätze: Muss etwa die Verpflichtung der Regierung zum Schutz der Lebensgrundlagen heutiger und zukünftiger Generationen, die sich aus Art. 20a GG i.V.m, den Grundrechten und dem menschenrechtlichen Anspruch auf effektiven Klimaschutz aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, von den Strafgerichten bei Klimaprotesten in der Verwerflichkeit berücksichtigt werden? Art. 8 GG gewährt außerdem allen Deutschen das Recht, sich friedlich und ohne Anmeldung oder staatliche Erlaubnis zur öffentlichen Meinungskundgabe zu versammeln. Hier sind auch Demonstrationen gemeint, die den Verkehr stören und als nervig empfunden werden.Grundrechtsbetätigung und offene Protesträume in Deutschland sind Wesensmerkmale unserer aktiven demokratischen Zivilgesellschaft. Die intensive, höchstrichterliche Auseinandersetzung mit diesen im Kontext der Klimakrise und der Protestform der Staßenblockade ist höchste Zeit, findet Klageführerin Irma Trommer…“ RAZ-Pressemitteilung vom August 2024 externer Link, siehe auch:
    • Nach Klimaprotesten: Blockaderecht? Klimaaktivistin Irma Trommer geht nach Karlsruhe
      Die Klimaaktivistin Irma Trommer geht in die juristische Offensive. Am Donnerstag reichte die Berliner Schauspielerin eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Sie wehrt sich damit gegen ihre Verurteilung wegen Teilnahme an Straßenblockaden der Letzten Generation. (…) Die Verfassungsbeschwerde von Irma Trommer richtet sich gegen ihre Verurteilung wegen Teilnahme an zwei Straßenblockaden der Letzten Generation im Juli 2022. Sie wurde vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten zu einer Geldstrafe verurteilt, was in Berufung und Revision bestätigt wurde. Kern der Beschwerde ist die vermutete Verletzung von Grundrechten, insbesondere der Versammlungsfreiheit. Trommer argumentiert, dass die Straßenblockaden von Artikel 8 des Grundgesetzes geschützt seien. Zudem wird die Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte wegen des Festkleben auf der Straße als Verletzung des Bestimmtheitsgebots für Strafgesetze kritisiert. Die Beschwerde zielt darauf ab, eine höchstrichterliche Klärung zur Bewertung von Klimaprotesten in Form von Straßenblockaden zu erreichen…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 15.08.2024 in ND online externer Link
  • Gericht weist Journalisten-Beschwerden wegen abgehörten Pressetelefons zurück: Der Streit um das abgehörte Pressetelefon der Letzten Generation geht weiter 
    „… Ab Oktober 2022 bis April 2023 hatte die bayerische Polizei mehrere Telefone der Gruppe Letzte Generation abgehört. Darunter war auch das offizielle Pressetelefon der Klima-Aktivist*innen. Dementsprechend betrafen die Abhörmaßnahmen auch Medienschaffende, die sich mit ihren Fragen an die Letzte Generation wandten. Gegen diesen Eingriff in die Pressefreiheit wehrten sich unter anderem Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gemeinsam mit betroffenen Journalisten. Im November 2023 bestätigte das Amtsgericht München die Maßnahme als rechtmäßig. Jörg Poppendieck vom RBB und Jan Heidtmann von der SZ beschwerten sich daraufhin gemeinsam mit den beiden Organisationen beim Landgericht München I. Nun wies auch diese Instanz die Beschwerden zurück. Die Niederlage empört die Beschwerdekoordinatoren. „Journalist*innen müssen gerade auch bei Recherchen zu kontroversen Protestformen vertrauliche Gespräche führen können, ohne damit rechnen zu müssen, dass die Sicherheitsbehörden mithören“, so der Jurist Benjamin Lück von der GFF. Der Eingriff in Fernmeldegeheimnis und Pressefreiheit sei hier nicht gerechtfertigt. (…) „Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen“, so Nicola Bier von RSF. Nun habe das Landgericht München I die Abhörmaßnahme immerhin als einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit bezeichnet, sie aber dennoch als verhältnismäßig eingestuft. Die Beschwerdeführer prüfen nun gemeinsam mit GFF und RSF weitere rechtliche Schritte. Neben den Beschwerdeführern von GFF und RSF war auch der Bayerische Journalistenverband gegen die Abhörmaßnahme vorgegangen…“ Beitrag von Anna Biselli vom 7. August 2024 bei Netzpolitik.org externer Link, siehe dazu:

    • Der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) reicht Verfassungsbeschwerde gegen das Abhören des Pressetelefons der „Letzten Generation“ ein
      „Vorletztes Jahr ordnete ein Richter des Amtsgerichts München die Überwachung der Telefonanschlüsse der „Letzten Generation“ an, um gegen sieben Mitglieder wegen des Verdachts auf Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Organisation zu ermitteln. Die Ermittler überwachten daraufhin auch Journalist*innen, die auf dem Pressetelefon der „Letzten Generation“ anriefen. Recherchen des Magazins BJVreport zeigten, dass 171 Journalist*innen betroffen waren. Erkenntnisse über schwere Straftaten gewannen die Ermittler beim Abhören des Pressetelefons offenbar nicht. „Der Staat darf vertrauliche Gespräche von Journalist*innen nicht pauschal abhören. Das ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit“, sagt der BJV-Vorsitzende Harald Stocker. „Wir verurteilen scharf, dass hier keine sorgfältige Abwägung stattfand.“ Beim Abhören von Journalist*innen gelten andere Maßstäbe als bei Privatanschlüssen, über die sich Aktivisten zu Protesten verabreden. Journalist*innen sind Berufsgeheimnisträger und haben nach Paragraf 53 der Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht. Zwar dürfen auch sie abgehört werden (§ 160a StPO), aber nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, und auch nur dann, wenn keine anderen Aufklärungsmöglichkeiten gegeben sind. Das Landgericht München I wies diese Woche die Beschwerde eines BJV-Mitgliedes gegen die pauschale Abhöraktion ab. Der BJV vertritt das Mitglied juristisch. Dazu Stocker: „Es ist zwar ein kleiner Fortschritt, dass nun anerkannt wurde, wie tief die Überwachung des Pressetelefons in die Pressefreiheit eingreift. Diesen Eingriff nachträglich für rechtens zu erklären, ohne dass das Amtsgericht München ihn gewissenhaft abgewogen hätte, darf kein Vorbild für künftiges Vorgehen sein.“ Der BJV will mit der Verfassungsbeschwerde erreichen, dass jedes Gericht von Anfang an jeden schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit sorgfältig abwägt…“ BJV-Pressemitteilung vom 9. August 2024 externer Link
    • Siehe frühere Meldungen dazu hier weiter unten
  • Die GFF und KlimaaktivistInnen erheben erneut Verfassungsbeschwerde in Bayern  gegen den Rufmord durch den Verfassungsschutz
    • Bayern: Zweite Verfassungsbeschwerde gegen Verfassungsschutzgesetz
      Die GFF und Klimaaktivisten erheben erneut Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz. Hauptargument: Der Geheimdienst dürfe persönliche Daten unter zu niedrigen Voraussetzungen an private Stellen weitergeben. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Klimaaktivisten aus Bayern haben Verfassungsbeschwerde gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) soll erneut klären, welche Befugnisse die Inlandsgeheimdienste haben dürfen und welche nicht. Im Zentrum der Beschwerde steht eine Regelung, die es dem bayerischen Inlandsgeheimdienst erlaube, persönliche Daten unter sehr niedrigen Voraussetzungen an private Stellen wie zum Beispiel den Arbeitgeber oder den Vermieter weiterzugeben, so die GFF. Dies könne schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben, einschließlich des Arbeitsplatzverlustes oder sozialer Ausgrenzung.
      Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung bedroht
      Die GFF argumentiert, dass „ein so gravierender Eingriff in das Grundrecht, über die eigenen Daten zu bestimmen, nur in Ausnahmefällen wie zur Abwehr einer Gefahr gerechtfertigt sein“ könne. Das Ziel der Verfassungsbeschwerde der GFF ist es, dass das BVerfG klare Maßstäbe und strenge Grenzen für die Informationsweitergabe durch Geheimdienste an private Stellen festlegt. (…)
      Die GFF moniert, dass Inlandsgeheimdienste in der Vergangenheit immer wieder versucht hätten, Protestbewegungen und zivilgesellschaftliches Engagement als extremistisch zu diskreditieren. Ein Beispiel hierfür sei die Einstufung der Klimabewegung „Ende Gelände“ als „linksextremistischen Verdachtsfall“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die erweiterte Befugnis zur Übermittlung persönlicher Daten an private Stellen, wie sie das bayerische Verfassungsschutzgesetz nun vorsehe, verstärke diese Einmischung in demokratische Prozesse erheblich. „Damit wird demokratische Teilhabe ausgebremst und der Schutz der Privatsphäre gefährdet“, so die GFF
      …“ Meldung vom 02.08.2024 bei LTO externer Link
    • Rufmord durch den Verfassungsschutz
      „Du bekommst einen Job oder eine Wohnung nicht, weil der Verfassungsschutz sich bei Vermieter:innen oder Arbeitgeber:innen meldet und vor deinem Aktivismus warnt? Das ist nach dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz möglich. Dagegen erhebt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) mit Klima-Aktivist:innen Verfassungsbeschwerde. Begleitet wird das Verfahren von der Roten Hilfe.
      Die GFF und Klima-Aktivist:innen haben eine Verfassungsbeschwerde gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz eingereicht. Die Beschwerde richtet sich gegen ein Gesetz, das dem bayerischen Inlandsgeheimdienst (VS) ermöglicht, persönliche Daten unter sehr niedrigem Vorwand an private Stellen wie Arbeitgeber:innen oder Vermieter:innen weiterzugeben. Das kann für die Betroffenen katastrophale Folgen haben, z. B. die sofortige Entlassung aus dem Job oder die Absage der neuen Wohnung. Das ist ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und dient dem VS dazu, Aktivist:innen in ihrem Privatleben zu treffen, dort wo sie wohnen oder arbeiten. In der Regel erfahren die Betroffenen nichts von der Intervention des Geheimdienstes und können sich somit noch nicht mal dagegen wehren. Bundesweit und in anderen Bundesländern gibt es für die Datenweitergabe vom VS an private Stellen sehr strenge Vorschriften, so dass dies nur in Ausnahmefällen erfolgt – nicht so in Bayern. Das will die Verfassungsbeschwerde jetzt ändern. Geführt wird diese von fünf Aktiven aus der Münchner Klimabewegung, darunter Jonny Parks von Ende Gelände und Lisa Poettinger vom Antikapitalistischen Klimatreffen. Die Rote Hilfe begleitet das Verfahren, da auch deren Aktive und Mitglieder von einer Datenweitergabe durch den VS betroffen sein können. Die RH wird im bayerischen Verfassungsschutzbericht als linksextremistische Vereinigung geführt. Aktive und Mitglieder der RH machen sich daher Sorgen, dass ihr Engagement und ihre Mitgliedschaft in der Roten Hilfe vom VS kriminalisiert wird und sie z. B. bei ihren Arbeitgeber:innen denunziert werden…“ Pressemitteilung vom 04.08.2024 von Rote Hilfe externer Link
    • Siehe auch Informationen zur Klage bei GFF externer Link
    • Gefährliche Anrufe beim Arbeitgeber: Der bayerische Verfassungsschutz hat weitreichende Befugnisse zur Information privater Stellen. Dagegen klagen jetzt Klima-Aktivist:innen.
      „Fünf linksradikale Klimaaktivist:innen klagen beim Bundesverfassungsgericht dagegen, dass der bayerische Verfassungsschutz unter erleichterten Voraussetzungen Arbeitgeber, Vermieter und andere private Stellen informieren darf. Dies verletze ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die fünf Personen aus München gehören unter anderem der Gruppe „Ende Gelände“ an, die vom Verfassungsschutz als linksextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird. Sie halten diese Einstufung zwar für falsch, allerdings ermöglicht sie den Aktivist:innen, gegen eine Neuerung im bayerischen Verfassungsschutzgesetz zu klagen, da sie als vermeintliche Extremist:innen hiervon potenziell betroffen sind. Seit August 2023 darf der bayerische Verfassungsschutz Informationen an private Stellen weitergeben, „wenn dies erforderlich ist zur Verhütung oder Beseitigung sonstiger erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Empfängers“. Die Kläger:innen befürchten, dass der Verfassungsschutz zum Beispiel ihre Arbeitgeber über ihre vermeintlich verfassungsfeindlichen Aktivitäten informiert. Auch Vermieter, Veranstalter oder Banken könnten kontaktiert werden. Der Verfassungsschutz kann den privaten Akteuren zwar keine Vorgaben machen, aber je nach persönlicher Einstellung könnten sie Arbeitsverhältnisse und Wohnungen kündigen, Aufträge stornieren und Hausverbote aussprechen. Dies könne bis zur Vernichtung beruflicher Existenzen reichen. (…) Die 69-seitige Verfassungsbeschwerde, die der taz vorliegt, wurde von der Gesellschaft für Freiheitssrechte (GFF) koordiniert und von Rechtsanwalt David Werdermann verfasst…“ Artikel von Christian Rath vom 3. August 2024 in der taz online externer Link
    • Bayern: Neue Beschwerde gegen Anschwärzklausel im Verfassungsschutzgesetz
      „… Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Klimaaktivisten haben eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) eingereicht. Die Eingabe beim Bundesverfassungsgericht richtet sich gegen eine Vorschrift, die es dem bayerischen Inlandsgeheimdienst erlaubt, persönliche Daten unter nur sehr niedrigen Hürden an private Stellen wie Arbeitgeber oder Vermieter weiterzugeben. Das könnte schwerwiegende Folgen wie den Verlust des Arbeitsplatzes oder soziale Ausgrenzung für die Betroffenen haben, moniert die GFF. Sie wertet dies als einen erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Eine solche Praxis könne allenfalls zur Abwehr einer Gefahr gerechtfertigt sein, meint die Bürgerrechtsorganisation. Das höchste deutsche Gericht sollte daher generell „klare Maßstäbe und strenge Grenzen für die Informationsweitergabe durch Geheimdienste“ an Private festlegen. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz könne Bürger insgesamt bereits umfassend überwachen, gibt David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF, zu bedenken. Durch die neue Vorgabe im BayVSG dürfe der Inlandsgeheimdienst gesammelte Daten nun sogar „ohne Kenntnis der Betroffenen an das gesamte private und berufliche Umfeld“ übermitteln. Er könnte so etwa heimlich dafür sorgen, dass Aktivisten ihren Job verlieren oder aus Vereinen ausgeschlossen werden. Solche Methoden hätten in einer Demokratie nichts zu suchen. (…) Die demokratische Teilhabe werde so ausgebremst, die Privatsphäre gefährdet. Denn immer wieder versuchten Inlandsgeheimdienste, Protestbewegungen und zivilgesellschaftliches Engagement als extremistisch zu diskreditieren. Als linksextrem eingestufte Organisationen hatten 2017 schon einmal mit Unterstützung der GFF Verfassungsbeschwerde gegen das BayVSG erhoben. Die Karlsruher Richter erklärten daraufhin 2022 weite Teile der darin festgeschriebenen Überwachungskompetenzen für verfassungswidrig. Dies gilt etwa für die Befugnisse zur Wohnraumüberwachung, zu heimlichen Onlinedurchsuchungen per Staatstrojaner, zur Handyortung und zum Einsatz verdeckter Mitarbeiter. Das Verfassungsgericht schuf so zugleich neue Standards für die Arbeit der Inlandsgeheimdienste allgemein. Der bayerische Gesetzgeber besserte daraufhin nach, senkte aber zugleich die laut GFF „ohnehin schon vagen Anforderungen für die Informationsweitergabe an Private“ bei der gerichtlich verordneten Reform ab.“ Beitrag von Stefan Krempl vom 4. August 2024 bei heise online externer Link
  • Beschluss des Landgerichts Hamburg: Präventivgewahrsam für Aktivist der Letzten Generation war rechtswidrig, Ingewahrsamnahme grundsätzlich unverhältnismäßig
    „Eine Ingewahrsamnahme soll Menschen von zukünftigen Straftaten abhalten. Bei Klimaaktivisten verfehle sie dieses Ziel, stellte das Landgericht Hamburg nun fest, und sei daher unverhältnismäßig.
    Neun Tage lang saß Lennart Wenzel, 28, im vergangenen Jahr in einer Zelle der Hamburger Untersuchungshaftanstalt. Er wurde in Präventivgewahrsam genommen, die Justiz wollte ihn so daran hindern, sich erneut auf einer Straße festzukleben. Es wäre seine sechste Blockade gewesen, seitdem er sich der Letzten Generation angeschlossen hat. Nun hat das Hamburger Landgericht festgestellt: Der Präventivgewahrsam war in Wenzels Fall rechtswidrig. (…) Darin heißt es, ein Präventivgewahrsam sei nur begründet, wenn »nachvollziehbare, bestimmte Tatsachen vorliegen«, die annehmen lassen, »dass der Schaden sofort oder in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten wird«. Diese besonderen Anforderungen seien in Wenzels Fall nicht erfüllt gewesen. (…)
    Die Ingewahrsamnahme des Betroffenen sei zudem auch nicht »unerlässlich« gewesen. Unerlässlich nämlich sei eine Ingewahrsamnahme als äußerstes Mittel der Gefahrenabwehr nur dann, wenn die Gefahrenabwehr nur auf diese Weise möglich und nicht durch eine andere Maßnahme zu ersetzen sei. Das Landgericht stellt darüber hinaus fest: Bei Klimaaktivisten zeige sich, dass eine Ingewahrsamnahme »weder die betroffenen Personen noch weitere Aktivisten von der Teilnahme an nachfolgenden Aktionen abgehalten« hätte. Der Gewahrsam sei zwar geeignet, »Taten für den Zeitraum der Ingewahrsamnahme zu verhindern«, sei aber unverhältnismäßig, weil weitere Taten im Anschluss an den Gewahrsam nicht erschwert würden…“ Meldung vom 19.07.2024 im Spiegel online externer Link („Präventivgewahrsam für Aktivist der Letzten Generation war rechtswidrig“)
  • Soli-Petition für Ende Gelände jetzt Online: Über 100 Gruppen gegen Einstufung als linksextremistischer Verdachtsfall – nun können alle mitzeichnen
    Über 100 Gruppen stellen sich in Solidaritätserklärung hinter Ende Gelände ++ Einstufung von Ende Gelände ist Kriminalisierung legitimen Protests ++ Sprecherin: „Aktionen sind gelebter Verfassungsschutz“
    Über 100 Gruppen und Organisationen stellen sich in einer Solidaritätserklärung hinter das Bündnis Ende Gelände, das vor einem Monat vom Verfassungsschutz als linksextremistischer Verdachtsfall eingestufte wurde. In der Erklärung heißt es, die Gruppen seien erschüttert über die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Dass ein Bündnis wie Ende Gelände, das seit fast zehn Jahren für globale Klimagerechtigkeit einstehe, derart kriminalisiert würde, sei ein fatales Signal für die Demokratie in Deutschland. Unterzeichnet haben die Erklärung neben den Parteijugenden Jusos und Linksjugend solid auch die Letzte Generation, ROBIN WOOD sowie das Komitee für Grundrechte und Demokratie…“ Pressemitteilung vom 17.07.2024 bei Ende Gelände externer Link zu:

    • Ende Gelände ist Teil der Klimabewegung: Gegen die Kriminalisierung legitimen Protests!
      Soli-Petition auf der Petitionsplattform WeAct externer Link an Thomas Haldenwang (Verfassungsschutzpräsident) und Nancy Faeser (Bundesinnenministerin)
    • Siehe erste Infos hier weiter unten
  • Zum Missbrauch von § 129 des StGB: „Wegstrafen können wir die Klimakrise nicht“
    Katrin Höffler, Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie und Rechtssoziologie an der Universität Leipzig, kritisiert im Interview von Beate Streicher im Amnesty Journal vom 8. Juli 2024 externer Link den Einsatz von Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs gegen die Klimabewegung und zivilgesellschaftliches Engagement u.a. mit folgender Begründung: „… Die Vorschrift darf nicht politisch instrumentalisiert werden. Bezüglich der Weite der Norm sehe ich Reformbedarf. Es gibt eine lange Geschichte des Einsatzes gegen Umweltaktivist*innen. Oft kommt es am Ende nicht zu einer Verurteilung, aber man konnte umfangreich ermitteln. Zudem werden potenzielle Unterstützer*innen eventuell davon abgehalten, sich zu engagieren, aus Sorge vor einer Kriminalisierung als „Mitglied/Unterstützer*in einer kriminellen Vereinigung“. Gleichzeitig kann man bei Wirtschaftskriminalität im großen Stil mit dem Mikroskop nach Ermittlungen wegen Paragraf 129 StGB suchen. Obwohl die hierbei verursachten Milliardenschäden eine echte Gefahr für Demokratien sind. (…) Meines Erachtens fällt die Letzte Generation nicht unter die Norm, aber einzelne Staatsanwaltschaften wie München, Flensburg und Neuruppin sehen das anders. Durch die aufgeheizte Stimmung und die Ermittlungsverfahren kommt es zu einer Stigmatisierung von Protest und zivilgesellschaftlichem Engagement. Doch auch unbequemer Protest ist durch unsere Verfassung geschützt, funktionierende Demokratien leben davon. Klimaaktivist*innen möchten den Staat nicht ersetzen oder bekämpfen, haben also ­keine extremistischen Ziele, sondern ­fordern ihn vielmehr zum Handeln auf. Es gibt handfeste Indizien dafür, dass die Ermittlungen nach Paragraf 129 StGB der gesamten Klimabewegung schaden. Zivilgesellschaftliches Engagement kann so erstickt werden. (…) Bis zu einer Gesetzesreform ist es wichtig, Paragraf 129 StGB im Einklang mit der Verfassung eng auszulegen. Allgemein greift der Ruf nach härteren Strafen zu kurz. Deren Wirkung wird einerseits überschätzt, das wissen wir aus der kriminologischen Forschung, andererseits ist politischer Protest ein hohes Gut in einer Demokratie. Gerade bei Zielen wie dem Klimaschutz, die in unserer Verfassung festgelegt sind, geht der Ruf nach dem Strafrecht auch in die falsche Richtung. Eine gute Klimapolitik wäre die beste Kriminalpolitik, denn dann enden die Proteste. Auch die Medien sollten mehr über die Klimakrise selbst als über die Strafverfahren gegen die Klimaproteste berichten. Dass in Sachen Klimaschutz viel mehr getan werden muss, ist ja keine Einzelmeinung von Aktivist*innen, sondern wissenschaftlicher Konsens, und es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Wegstrafen“ können wir die Klimakrise nicht.“
  • Verfassungsschutz gegen Klimaprotest: Ende Gelände wird zum Verdachtsfall 
    Die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen setzen auf zivilen Ungehorsam und besetzen Tagebaue. Der Bundesverfassungsschutz stellt sie nun unter Beobachtung. (…) Im aktuellen Jahresbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz wird Ende Gelände nun attestiert, sich von der Interventionistischen Linken inzwischen abgekoppelt zu haben: Das Bündnis habe eine eigene Struktur etabliert und sei mit 70 Ortsgruppen inzwischen größer und mobilisierungsfähiger als die IL. Und: Es sei eine „zunehmend eigenständige Verschärfung zu Aktionsformen bis hin zu Sabotage erkennbar“. (…) Der Verfassungsschutz kritisiert auch, dass sich Ende Gelände an den Protesten gegen die Räumung von Lüzerath beteiligte: Dort sei der Versuch unternommen worden, demokratischen Protest zu radikalisieren und „als Bühne für ihre Gewalt zu nutzen“. Bei der Räumung sei die Polizei „massiv“ angegriffen worden, auch mit Steinen und Brandsätzen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appellierte am Dienstag, dass Jugendorganisationen von Parteien die Zusammenarbeit mit Ende Gelände beenden sollten – in der Vergangenheit hatten sich auch die Jusos, die Grüne Jugend oder Solid mit dem Bündnis solidarisiert…“ Artikel von Konrad Litschko vom 18.6.2024 in der taz online externer Link, siehe auch:

    • Verfassungsfeindlicher Klimaaktivismus? Warum die Verdachtsfalleinstufung der Gruppe „Ende Gelände“ rechtswidrig ist 
      Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bearbeitet ausweislich des nun vorgestellten Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2023 (S. 165) „Ende Gelände“ als linksextremistischen Verdachtsfall. Die klimaaktivistische Gruppierung wird so öffentlich mit dem Stigma der Verfassungsfeindlichkeit belegt, zukünftig darf sie auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach § 8 Abs. 2, § 9 BVerfSchG beobachtet werden. (…) Der Verdacht des BfV gegenüber „Ende Gelände“ dürfte sich darauf beziehen, dass es sich um eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) gerichtete Bestrebung handelt (die weiteren in § 3 Abs. 1 genannten Beobachtungsgründe kommen offensichtlich nicht in Betracht). (…) Das BfV begründet die Einstufung von „Ende Gelände“ als verfassungsfeindlich nun mit kapitalismus-, staats- und polizeikritischen Positionen, die in zwei 2022 aus der Gruppierung heraus veröffentlichten Schriften deutlich wurden (S. 165 f.). Unabhängig von der Frage, ob diese Positionierungen überhaupt eine hinreichend konkrete politische Version erkennen lassen und ob sie für „Ende Gelände“ insgesamt sprechen: Dass die Staats- und Wirtschaftsordnung in ihrer gegenwärtigen Gestalt als ungeeignet angesehen wird, um effektiven Klimaschutz zu verwirklichen, kann nach den Maßstäben des NPD-Urteils nicht für die Verfassungsfeindlichkeit genügen. In einer aktuellen Pressemitteilung externer Link, die auf die Einstufung reagiert, gibt „Ende Gelände“ an, sich für „Rechte auf ein würdevolles Leben auch in Zukunft“ einzusetzen und insbesondere von der Bundesregierung zu fordern, sich an den Klimabeschluss des BVerfG zu halten. Dass „Ende Gelände“ eine politische Ordnung anstreben würde, in der Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht mehr gelten sollen, lässt sich nicht ernsthaft behaupten. (…) Vielleicht geht es dem BfV bei „Ende Gelände“ aber auch weniger um die politischen Fernziele. Konkrete Aussagen, wie eine alternative Ordnung aussehen sollte, finden sich bei „Ende Gelände“ ohnehin nicht. Im Fokus dürften vielmehr die von der Gruppe selbst als „ziviler Ungehorsam“ bezeichneten Aktionsformen, Blockaden und Besetzungen fossiler Infrastruktur stehen. Tatsächlich kann es unabhängig von der Verfassungsfeindlichkeit der politischen Fernziele für die Beobachtung einer Gruppe durch den Verfassungsschutz genügen, dass sie auf bestimmte Handlungsformen zurückgreift – nämlich dann, wenn sie auf physische Gewalt setzt (…) In der neueren Rechtsprechung zur Versammlungsfreiheit ist anerkannt, dass jenseits der klassischen Demonstration auf der Straße auch unkonventionelle Protestformen am „Ort des Geschehens“, beispielsweise auf Autobahnen und in Wäldern, geschützt sind. Auch dass der fragliche Ort im Privateigentum steht, steht dem Grundrechtsschutz nicht von vornherein entgegen. (…) In der gewaltfreien Ausrichtung unterscheidet sich „Ende Gelände“ gerade von anderen, dezidiert militanten Gruppen des klimaaktivistischen Spektrums. Dass der Verfassungsschutzbericht die „Guerilla Activists Fighting for Anarchy“ (GAFFA) aufführt, die sich zu mehreren Brandanschlägen in Tagebauen bekannt hatten (S. 167), erscheint nachvollziehbar – die Beobachtung von „Ende Gelände“ nicht…“ Artikel von Dr. Jakob Hohnerlein vom 26.6.2024 im Verfassungsblog externer Link
    • Ende Gelände über Verfassungsschutz: „Das ist ein krasser Zustand“
      Der Verfassungsschutz stuft Ende Gelände als linksextremen Verdachtsfall ein. Die Sprecherin der Organisation, Jule Fink, kritisiert die Entscheidung. (…) Es ist schon gruselig, dass der Verfassungsschutz jetzt das Recht hat, uns zu überwachen und verdeckte Ermittler*innen in unsere Gruppen einzuschleusen. Die Menschen, die sich fernab der Großstädte in kleinen Ortsgruppen engagieren, sind oft die einzigen in ihrer Region, die sich für Klimaschutz und gegen rechts einsetzen. Dass die sich jetzt genau angucken müssen, wer da eigentlich zu ihren Treffen kommt, macht uns wütend. (…)
      [Am „System Change Camp“, also dem jährlich stattfindenden Klimacamp von Ende Gelände, stört sich der Verfassungsschutz in seinem Bericht besonders.]
      Auf den Camps veranstalten wir unter anderem Workshops zu den Themen Antikolonialismus, Klimagerechtigkeit oder der Notwendigkeit eines anderen Wirtschaftssystems. Das jetzt so darzustellen, als wäre es gegen die Verfassung, ist absurd. Die Verfassung schützt nicht kapitalistische Profite, sondern Grundrechte.
      [Das Bundesamt behauptet, linksextreme Gruppen nutzten Klimaproteste als Zugang ins bürgerliche Spektrum. Was entgegnen Sie?]
      Das klingt wie eine absurde Verschwörungstheorie. Dass Klimagerechtigkeit im Kapitalismus nicht möglich ist, hat der Club of Rome schon in den 80ern festgestellt, es ist keine extreme Position. Diejenigen Kräfte im Staat, die die Interessen fossiler Konzerne schützen wollen, propagieren oft vereinfachende Konzepte wie grünen Wasserstoff oder E-Autos als Lösung. Wir müssen aber grundsätzliche Fragen stellen, etwa nach Wachstum und planetaren Grenzen. Dafür gibt es auch Rückhalt in bürgerlichen Gesellschaftsschichten. (…)
      Das sind Repressionen, die uns unter Druck setzen und in unserer Arbeit behindern sollen. Natürlich erhöhen sie den Druck. Für uns ist aber klar, dass wir weitermachen und einen Umgang damit finden werden. Wir müssen uns mit sichereren Kommunikationskanälen auseinandersetzen und uns genau anschauen, wer was von uns wissen möchte
      …“ Interview von Katharina Schipkowski vom 29. 6. 2024 in der taz online externer Link
    • Verfassungsschutzbericht und die Einstufung des Bündnisses Ende Gelände als »Verdachtsfall«: Verdächtig organisiert
      Was der Verfassungsschutz in seiner Pressemitteilung über das linke Bündnis Ende Gelände schreibt, soll wohl bedrohlich klingen. Es habe sich radikalisiert und greife zu Aktionsformen bis zur »Sabotage von Infrastruktur«. Deswegen hat der Verfassungsschutz das Bündnis zum Verdachtsfall hochgestuft. Der Geheimdienst hat nun die Möglichkeit, Ende Gelände mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu überwachen. Nun umfasst der gesamte Verfassungsschutzbericht über 400 Seiten und auf sechs davon geht es um das Bündnis für Klimagerechtigkeit. Das Jahr 2023 mit der Räumung von Lützerath wird nacherzählt. Über Sabotageaktionen von Ende Gelände findet sich kein Wort. Stattdessen setzt sich der Geheimdienst mit zwei programmatischen Schriften des Bündnisses auseinander. Mit Zitaten belegt er eine antikapitalistische und polizeikritische Haltung. (…) Mit der Hochstufung von Ende Gelände zeigt der in letzter Zeit als Anti-AfD-Kämpfer sogar unter Linken beliebte Verfassungsschutz sein hässliches und über Jahrzehnte bekanntes Gesicht als Geheimdienst, der erfolgreichere linke Organisationsversuche ausspäht und öffentlich diffamiert. Ende Gelände wird sich davon nicht beirren lassen, die Strukturen sind dafür zu gefestigt.“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 18.06.2024 in ND online externer Link
    • Spendenaufruf von Ende Gelände externer Link (IBAN: DE48 4306 0967 1120 8464 00)
  • Umweltaktivist*innen wehren sich gegen Unterlassungsklage der LEAG – Solidaritätsdemonstration vor Prozessbeginn in Cottbuss
    Nicht einschüchtern lassen! Umweltaktivist*innen wehren sich gegen Unterlassungsklage der LEAG, diese lässt sich auf keine Einigung ein – SLAPP-Vorwurf bestätigt + Solidaritätsdemonstration vor Prozessbeginn in der Cottbusser Innenstadt
    Am Dienstag, den 2. Juli 2024, verteidigten sich zwei Aktivist*innen vor dem Landgericht Cottbus gegen eine Unterlassungsklage der Lausitz Energie AG (LEAG). Die LEAG hatte eine umfassende Unterlassungserklärung gefordert, die ein unbegrenztes Betretungsverbot für sämtliche Betriebsflächen der Lausitz Energie Bergbau AG und der Lausitz Energie Kraftwerke AG beinhaltete. Bei Zuwiderhandlung sollte eine Vertragsstrafe von 250.000 € pro Person drohen. Der Gegenstand der heutigen Verhandlung ist eine Unterlassungserklärung, die sich zum einen auf das Gelände der Lausitz Energie Bergbau AG und zum anderen auf das Gelände der Lausitz Energie Kraftwerke AG bezieht. Die Beklagten hatten die Unterlassungserklärung für die Bergbau AG bereits unterschrieben, lehnen jedoch eine Unterzeichung für die Kraftwerke AG ab, da sie von der Aktion nicht beeinflusst wurde. „Der Verlauf der Verhandlung bestätigt, dass es sich bei der Klage um eine „SLAPP“ (Strategic Lawsuit Against Public Participation) handelt. Die Unterlassungsklage der Lausitz Energie Kraftwerke AG dient der Abschreckung und soll präventiv demokratisches Engagement unterbinden.“ sagt Anwalt Thorsten Deppner nach der Verhandlung. Dies ist eine strategische Klage, um zivilen Protest zu kriminalisieren und die kritischen Stimmen der Aktivist*innen mundtot zu machen. Während die LEAG keine ausreichende Begründung für einen gestörten Betriebsablauf der Kraftwerke lieferte, stellte sie die beiden Beklagten unter Generalverdacht für jegliche kürzlich stattgefundenen Anti-Kohle-Aktionen. Die Anwältin der LEAG gaben vor Gericht zu, dass das Durchsetzen der gesamten Unterlassungserklärung zur Abschreckung weiterer ziviler Proteste dient. Vor dem Hintergrund alarmierender Ergebnisse bei der EU-Wahl und mehr Sitzen von Rechtsextremen und Neofaschist*innen im EU-Parlament ist ein Schutz von zivilgesellschaftlichem Engagement besonders dringend. (…) Die Demonstration, die im Vorfeld des Prozesses stattfand, startete um 10:00 Uhr am Bahnhof Cottbus und führte zum Landgericht. Die Demonstration betonte die Bedeutung des Themas und die Solidarität mit den betroffenen Aktivist*innen. Der Richter sprach kein Urteil aus und setzte einen Termin zur Entscheidungsverkündung für den 19. September an…“ Pressemitteilung vom 2.7.24 (per e-mail) von ENDE GELÄNDE, ROBIN WOOD und Interventionistische Linke
  • Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage gegen fünf Mitglieder der „Letzten Generation“ wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1)
    • Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage wegen Krimineller Teilvereinigung innerhalb der „Letzten Generation“
      Die Staatsanwaltschaft Neuruppin externer Link hat heute mitgeteilt, daß sie „gegen fünf Mitglieder der ‚Letzten Generation‘ (Beschuldigter J., Beschuldigte H., Beschuldigter B., Beschuldigter P., Beschuldigter S.) im Zusammenhang mit Angriffen gegen Raffinerieanlagen der PCK GmbH Schwedt […] wegen des Vorwurfes der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB sowie der Störung öffentlicher Betriebe, Nötigung, Sachbeschädigung und anderer Straftatbestände erhoben [hat].“ Wow – wegen „Angriffen“! Das hört sich an, als hätten wir eine neue Stadtguerilla… Weiter teilte die Staatsanwaltschaft mit: „Der Tatvorwurf betrifft die Beschuldigten als Mitglieder einer Teilgruppe der ‚Letzten Generation‘, die sich in Differenzierung zur gesamten Gruppierung der ‚Letzten Generation‘ zur Begehung von Straftaten einigen Gewichts bereit erklärt und sich an diesen beteiligt haben. Es besteht hinreichender Tatverdacht, dass die fünf Beschuldigten mit anderen Mitgliedern dieser Teilgruppe übereinkamen, über einen längeren Zeitraum, der zumindest bis Mai des Jahres 2023 andauerte, gemeinsam und zum Teil unter strikter Aufgabenverteilung Straftaten, die zumindest im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind, zu begehen. Der Personenzusammenschluss war nicht nur auf längere Dauer angelegt, sondern diente zudem der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.“ Damit kommt jetzt in dem Neuruppiner Verfahren eine unrühmliche Konstruktion, die schon gegen die Sozialdemokratie des Deutschen Kaiserreichs zur Anwendung kam und auf deren Brisanz ich bereits im vergangenen Jahr aus Anlaß des Münchener § 129 StGB-Ermittlungsverfahrens gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ hinwies…“ Beitrag von Detlef Georgia Schulze vom 21.05.2024 im taz-blog externer Link
    • Angeklagt: Bildung einer Kriminellen Vereinigung – Staatsanwaltschaft Neuruppin klagt Letzte Generation an
      „… Während die Saarländer:innen eimerweise Schlamm aus ihren Kellern tragen und sich zur Europawahl ein menschenfeindlicher Rechtsruck abzeichnet, werden Mirjam Herrmann, Henning Jeschke, Jakob Beyer, Edmund Schultz und Lukas Popp für ihren friedlichen Protest für eine sichere Welt und gegen die verantwortungslose Politik Deutschlands angeklagt.
      Das Bündnis Menschen gegen Öl ruft die Zivilgesellschaft Deutschlands zu einer Versammlung am Washington Platz mit Blick auf das Regierungviertel morgen, am 22.05. um 16 Uhr, auf.
      Henning Jeschke, Teil der Letzten Generation und Angeschuldigter, sagt kurz nach Veröffentlichung der Anklageschrift: “Mir ist das Blut in den Adern gefroren, als mein Anwalt mich eben über die Anklage informiert hat. Seit Dezember 2022 stand die Anklage im Raum, über Monate wurden wir im Unklaren gelassen. Tausende Menschen haben sich selbst angezeigt und vor der Staatsanwaltschaft gegen die Anklage Stellung bezogen. Was für ein vernichtendes Signal an alle Menschen, die sich in dieser Menschheitskrise friedlich engagieren, uns als kriminelle Vereinigung vor Gericht zu zerren.” Auch Mirjam Herrmann, ebenfalls angeschuldigt durch die Staatsanwaltschaft Neuruppin, äußert sich: “Was zur Hölle: Wissenschaftler:innen schlagen panisch Alarm, unser selbsternannter Klimakanzler belächelt nur jene, deren Existenz durch den extremen Regen im Saarland zerstört wurde. Und jetzt soll ich die Kriminelle sein, weil ich friedlich protestiert habe. Weil es verdammt nochmal nicht reicht, bunte Schilder am Straßenrand hochzuhalten, wenn unser Leben auf dem Spiel steht. Ich hab einfach eine verdammte Angst vor Politik und Justiz, die sich gerade zusammentun, um mit aller Gewalt das tödliche fossile Weiter-So zu verteidigen.”…“ Pressemitteilung vom 21. Mai 2024 der Letzten Generation externer Link (Hervorhebung von uns)
  • Klimaproteste als „kriminelle Vereinigung“? Offener Brief zur Reform des §129 StGB zum Mitzeichnen: Verteidigen wir unser Recht auf Protest!
    Protest kann stören – und das soll er auch! Denn Protest führt zu Veränderungen, macht auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam und mobilisiert viele Menschen. Unbequemer Protest darf nicht einfach rechtlich eingeschränkt, kriminalisiert oder verboten werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass § 129 StGB – der Strafvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung – nicht länger gegen friedlichen, politischen Protest angewendet wird. Schick jetzt eine Mail an Justizminister Buschmann!  Wir fordern:
    – Es muss sichergestellt werden, dass § 129 StGB nicht gegen friedliche Protestierende angewandt wird.
    – Das Justizministerium muss kriminalisierende Aussagen und Forderungen nach Strafverfolgung nach § 129 StGB unterlassen und sicherstellen, dass Protestierende nicht mehr kriminalisiert werden.
    – Das Justizministerium muss endlich einen Reformvorschlag vorlegen, der verhindert, dass § 129 StGB gegen politischen Protest benutzt wird.
    Paragraph 129 StGB und seine Vorgänger wurden immer wieder gegen politisch unliebsame Bewegungen eingesetzt, wie z.B. gegen Klimaproteste und Arbeiter*innenbünde. Zahlreiche Initiativen arbeiten schon sehr lange daran, politischen Protest zu entkriminalisieren. Denn: Menschenrechte und Demokratie brauchen Protest…“ Aktion von Amnesty externer Link: Sende einen Appell ans deutsche Justizministerium: Protest muss geschützt werden!
  • Meinungsfreiheit nicht ausreichend berücksichtigt: BVerfG kassiert Urteil gegen Klimaaktivisten Samuel Bosch
    „Samuel Bosch versteckte sich vor der Polizei, nachdem er wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Aus dem Arrest heraus plante er weitere Projekte. Nun hat Bosch mit einer Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung Erfolg. (…) Im Frühjahr 2021 besetzte er mit anderen Klimaaktivisten über viele Monate den Altdorfer Wald mit Baumhäusern, um seine Rodung für den Kiesabbau zu verhindern. Im Sommer 2022 legte er mit einer Straßenblockade vor dem Nürnberger Hauptbahnhof den Verkehr mit rund 50 weiteren Aktivisten über drei Stunden lahm. Und im Sommer 2023 brachten er und andere Aktivisten in Ravensburg Banner an Zementsilos an. Für seine Protestaktionen stand er mehrfach vor Gericht und wurde bereits wegen Containerns von Lebensmitteln, übler Nachrede und Hausfriedensbruch verurteilt. Eine seiner neueren Aktionen beschäftigte jetzt auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Er hatte die Regierung von Schwaben in Augsburg unter anderem als korrupt bezeichnet. Gegen seine diesbezügliche Verurteilung wegen übler Nachrede hatte er Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a Grundgesetz (GG)) eingereicht. Die Karlsruher Richter gaben Bosch am Donnerstag recht und ordneten eine neue Verhandlung am Amtsgericht (AG) Augsburg an (Beschl. v. 04.04.2024, Az. 1 BvR 820/24), weil das Gericht die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz (GG) nicht hinreichend berücksichtigt habe. (…) Die Karlsruher Richter betonten, dass damit nicht entschieden sei, ob die Aussage über den hohen Regierungsbeamten zulässig gewesen sei. Der Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) sei bislang auch nicht Teil des Verfahrens gewesen. Auf den Aspekt des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) gingen sie in der Entscheidung nicht im Detail ein. (…) Nach Angaben der Klimaschützer musste der verurteilte Aktivist wegen der Verfassungsgerichtsentscheidung nun vorzeitig aus dem Arrest entlassen werden, den er gerade absaß. Seinen Aktivismus kann er daher jetzt wieder außerhalb der Göppinger Mauern fortführen.“
    Beitrag von Charlotte Hoppen vom 5. April 2024 bei LTO externer Link
  • Die Staatsanwaltschaft Neuruppin prüft, ob sie Letzte Generation als kriminelle Vereinigung im Sinne des „Mafia-Paragraphen“ anklagt – bis 28.3. kann noch protestiert werden
    Anklage Kriminelle Vereinigung rückt näher – Aufruf zur Stellungnahme: Seit Monaten kündigt die Staatsanwaltschaft Neuruppin an, gegen 5 Unterstützer:innen der Letzten Generation Anklage erheben zu wollen. Ihnen wird vorgeworfen, Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein. Zum Einsatz kommt hier der Paragraph 129 StGB, der eigentlich der Bekämpfung organisierter Kriminalität dienen soll. Statt der Bezeichnung “Mafia-Paragraph” gerecht zu werden, wird er erstmals im “Kampf” gegen gewaltfrei protestierende Klimaaktivist:innen angewandt.
    Nun erhielten die Anwält:innen der Beschuldigten Post von der Staatsanwaltschaft mit der Aufforderung, innerhalb einer Frist von vier Wochen Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Unter www.menschengegenoel.org ist jetzt die Zivilgesellschaft dazu aufgerufen, Position zu beziehen. Die deutsche Regierung lässt in Komplizenschaft mit den fossilen Konzernen dieses Landes die Klimakatastrophe eskalieren. Unterstützer:innen der Letzten Generation stellen sich dem entgegen, haben Öl-Pipelines den Hahn zugedreht, den Flugverkehr gestoppt und den Alltag unterbrochen.
    Darunter auch Mirjam Herrmann (26), Henning Jeschke (24), Lukas Popp (25), Jakob Beyer (30) und Edmund Schultz (60).
    Nun sollen sie angeklagt werden. Nicht für ihre konkreten Taten der Zivilcourage – den Flugverkehr aufzuhalten, Pipelines zuzudrehen und den Alltag zu unterbrechen – sondern weil sie sich mit vielen anderen zusammengetan haben, um in der Krise gemeinsam etwas zu verändern…“ Pressemitteilung vom 4.03.2024 von „Menschen gegen Öl“ externer Link mit weiteren Informationen – sorry, jetzt erst mitbekommen, aber noch ist es nicht zu spät eine Stellungnahme externer Link abzugeben
  • Klimaschützer*innen unter Druck: Repressionen nehmen global zu – nun auch durch Anti-Terror-Behörden der EU – und Polizeigewalt gegen Kinder in Berlin
    • Mit Knie auf Kopf fixiert: Polizeigewalt gegen Letzte Generation?
      Kritik an Bundespolizei für Einsatzverhalten gegen minderjährige Aktivisten der Letzten Generation am Samstag in Berlin
      Bei einer Farbaktion der Letzten Generation am Samstagmorgen hat ein Polizist der Bundespolizei einer minderjährigen Aktivistin sein Knie auf den Kopf gedrückt. Das zeigt ein Video, dass die Protestgruppe am Samstag auf Youtube veröffentlichte externer Link . Darauf ist zu erkennen, wie ein Beamter die junge Frau zu Boden bringt. Nachdem er sie mit dem Knie auf ihrem Kopf fixiert hat, sagt sie zweimal mit schwacher Stimme: »Könnten Sie bitte Ihr Knie von meinem Kopf nehmen.« 40 Sekunden lang bleibt der Polizist jedoch in dieser Position, dann bricht das Video ab. Der Vorfall ereignete sich im Rahmen eines Polizeieinsatzes gegen die Protestgruppe, die an der Fassade des Kanzleramtes mit orangener Farbe den Schriftzug »Hilfe! Eure Kinder« und Handabdrücke hinterließ. Mehrere Aktivisten legten und setzten sich vor der Wand auf den Boden, andere saßen, wie auf einem von der Gruppe veröffentlichten Foto und in dem Video zu erkennen ist…“ Artikel von Nora Noll vom 03.03.2024 in ND online externer Link
    • Klimaschützer*innen unter Druck: Repressionen nehmen global zu – Die Bewegung reagiert mit Knastschulungen und Beratung
      „Knapp eine Million Euro – auf diesen Betrag kommt man, wenn man die Geldstrafen, die gegen Aktivist*innen der Letzten Generation bislang ergangen sind, zusammenrechnet. Hinzu kommen mehrere hundert Tage Gefängnis, die sie bisher absitzen mussten – meist als Präventivhaft, also ohne, dass sie verurteilt wurden. Allein die Staatsanwaltschaft des Landes Berlin hat schon mehr als 3.700 Verfahren gegen die Letzte Generation geführt. Bundesweit dürften es insgesamt bislang um die 5.000 Verfahren sein – weitere kommen Woche für Woche hinzu. Das schwerste strafrechtliche Instrument, das die Bundesrepublik jemals gegen Klimaschützer*innen eingesetzt hat, trifft die Letzte Generation seit dem vergangenem Jahr: die Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung durch die Staatsanwaltschaften München und Neuruppin. Menschen- und Umweltrechtsorganisationen wie Amnesty International und Green Legal Impact kritisieren schon seit Monaten, dass demokratische Teilhabe und Grundrechte auch in Deutschland beschnitten werden – vor allem Klimaaktivist*innen seien von zunehmender Repression betroffen. Die rechtliche Grundlage dafür bieten die in den vergangenen Jahren verschärften Polizeigesetze der Länder und des Bundes. (…) Auch die Bewegung hat ihren Umgang mit den staatlichen Repressionen verändert. Anhänger*innen von Extinction Rebellion und der Letzten Generation versuchen in der Regel erst gar nicht, sich der Strafverfolgung zu entziehen, sondern sie für sich zu nutzen. Auch das erklärt die hohe Zahl an Verfahren gegen Aktivist*innen. Doch sie gehen nicht unvorbereitet in Strafprozesse oder Gefängnisaufenthalte: Die Bewegung reagiert mit Workshops und Unterstützungsangeboten auf die verschärften Strafen. (…) Holger Isabelle Jänicke hat Gefängnistrainings entwickelt, die sich speziell an die Letzte Generation richten. „Das A und O sind mentale Stärke und ein gutes Unterstützernetzwerk“, sagt Jänicke. Er*sie selbst saß mal neun Monate lang im Knast, Anfang der 1980er war das, nach Blockaden gegen den Raketenstützpunkt Mutlangen in Baden-Württemberg. Nach der Freilassung habe Jänicke angefangen, Interessierten beizubringen, wie die Kommunikation im Knast funktioniert, wie die Tage ablaufen und welche Rechte Insassen haben. (…) Die Trainings seien Monate im Voraus ausgebucht. (…) Immer härteres staatliches Durchgreifen gegen Klimaaktivist*innen ist nicht nur ein deutsches Phänomen. Line Niedeggen hat sich auf Hilfe für Protestierende spezialisiert, die davon betroffen sind – aber global. Dafür hat sie die Organisation Climate Activist Defenders gegründet. (…) Climate Activist ­Defenders berät Klimaaktivist*innen in rechtlichen Fragen und bürokratischen Prozessen, hilft finanziell, schult Betroffene in Sachen digitale Sicherheit und vermittelt Kontakte zu lokalen Netzwerken auf der ganzen Welt. Von indigenen Gemeinschaften, die weltweit am stärksten von Klimarepressionen betroffen seien, könnten Aktivist*innen in Europa viel lernen, so Niedeggen. Und: „Das Wichtigste ist in jedem Fall, Betroffene nicht mit den Folgen allein zu lassen.“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 1. März 2024 in der taz online externer Link
    • Brüssel gegen zivilen Ungehorsam bei Umweltprotesten
      Ein EU-Papier warnt vor »gewalttätigen Extremisten« in der Klimabewegung – Gegenwind kommt von einem UN-Sonderberichterstatter
      Seit vielen Jahren sind die weltweit rasant steigenden Temperaturen und Wasserstände auch in der radikalen Linken ein Thema. Die Praxis besteht aus Blockaden, Demonstrationen, aber auch Sachschäden bei Verursachern des Klimawandels. Viele Gruppen, Netzwerke und Kampagnen organisieren sich dabei über europäische Ländergrenzen hinweg. Deshalb wollen sich nun die Anti-Terror-Behörden der EU mit dem grenzüberschreitenden zivilen Ungehorsam beschäftigen. Kommende Woche diskutieren Gesandte aus den Innenministerien aller 27 EU-Staaten »die Rolle des Klimawandels und der Umweltbedenken bei der Radikalisierung gewalttätiger Extremisten und Terroristen« und beschließen Maßnahmen. Zur Vorbereitung hat der scheidende EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung (Counter Terrorism Coordinator, CTC) Ilkka Salmi ein Papier vorgelegt, das verschiedene Akteure von rechts und links benennt.
      Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch hat das Dokument veröffentlicht externer Link . Darin werden die im Visier stehenden Akteure benannt: die Interventionistische Linke und Ende Gelände aus Deutschland, Soulèvements de la Terre aus Frankreich, Just Stop Oil und Plane Stupid aus Großbritannien sowie die in mehreren Ländern aktiven Netzwerke Last Generation und Extinction Rebellion. Zwar stellt das Papier fest, dass »die Aktionen dieser Gruppen in ihrer jetzigen Form nicht als Terrorismus eingestuft werden können« und durch Linksradikale keine Menschen zu Schaden kommen. Jedoch böten diese einen fruchtbaren Boden für die zunehmende »Radikalisierung« (…) Das Thema soll etwa regelmäßig in der Ratsarbeitsgruppe »Terrorismus« behandelt werden, dazu sollen die Polizeiagentur Europol und das EU-Geheimdienstzentrum Informationen über »Ideologien und Motivationen gewaltbereiter extremistischer Akteure« sammeln. Die Behörden sollen »mit gleichgesinnten Drittländern« zusammenarbeiten und »bewährte Praktiken austauschen«. Gemeint sind hier vermutlich die USA, denn in dem CTC-Papier heißt es, dass Aktionsformen europäischer Gruppen vom »Ökoterrorismus« inspiriert seien, wie ihn etwa Earth First oder die Animal Liberation Front praktizierten. Außerdem soll Europol eine Internet-Meldestelle für »gewalttätige extremistische Online-Inhalte mit Bezug zum Klimawandel und der Umwelt« betreiben…“ Artikel von    Matthias Monroy vom 01.03.2024 in ND online externer Link
  • Umweltbewegung im Visier: 9 Monate Haft ohne Bewährung für Klimagerechtigkeitsaktive im Block-Neurath-Prozess
    • Umweltbewegung im Visier: Wieder Haftstrafe im Block-Neurath-Prozess
      Seit Anfang 2023 stehen in Nordrhein-Westfalen mehrere Klimagerechtigkeitsaktivist*innen vor Gericht, denen vorgeworfen wird, im November 2021 an einer Blockade des Kohlekraftwerks Neurath beteiligt gewesen zu sein. Bereits in einem ersten Prozess vor dem Amtsgericht Grevenbroich hatte die Richterin am 3. April 2023 neun Monate Haft ohne Bewährung verhängt. Am 19. Dezember 2023 endete der Prozess gegen eine weitere Angeklagte mit einem identischen Urteil: Dieselbe Richterin verurteilte sie ebenfalls zu einer Haftstrafe von neun Monaten, die auch in diesem Fall nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. (…) Bisher erhielten insgesamt vier Aktivist*innen Anklageschriften wegen „Störung öffentlicher Betriebe“ und „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Der zweite Vorwurf beruht allein auf dem Anketten im Gleisbett, weil die Einsatzkräfte dadurch nicht problemlos räumen konnten.
      Die Prozesse vor dem Amtsgericht Grevenbroich waren von einen eindeutig politisch motivierten Verfolgungswillen bestimmt, der sich schon in den schikanösen Kontrollen von Prozessbeobachter*innen zeigte. Zudem wehrte die Richterin regelmäßig Anträge der Verteidigung ab und ignorierte die zahlreichen Erinnerungslücken der Polizeizeug*innen. Nachdem sie bereits im ersten Prozess die Forderung der Staatsanwaltschaft übertroffen und am 3. April 2023 neun Monate Haft ohne Bewährung verhängt hatte, war für die jetzige Verhandlung wieder ein hohes Urteil zu erwarten. Die betroffene Aktivistin hat angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.
      Auch gegen das Urteil vom 3. April war Berufung eingelegt worden, die seit dem 27. Oktober vor dem Landgericht Mönchengladbach verhandelt wird. Hier wird im Januar mit einem Urteil gerechnet. Ein weiterer erstinstanzlicher Prozess vor dem Amtsgericht Grevenbroich soll am 15. Januar 2024 beginnen…“ Pressemitteilung der Roten Hilfe vom 20.12.23 externer Link, siehe auch:
    • 9 Monate ohne Bewährung „Die gute Dame ist draußen und tanzt“
      Meldung und Kommentar von 19. Dezember 2023 der Antirepressionsgruppe Rheinisches Revier externer Link
    • „++EIL++ In dem @BlockNeurath Verfahren wurde das Urteil bekräftigt: 9 Monate Haft für Klimagerechtigkeisaktive ohne Bewährung wegen, legitimen stilllegen eines Konzerns #RWE der unser aller Lebensgrundlage zerstört. Unsere Antwort muss darauf entschlossen folgen. #blockneurathTweet von Janus Petznik vom 19.12.23 externer Link
  • Humanistische Union: Keine Kriminalisierung friedlicher Klimaproteste
    Gegen eine Kriminalisierung friedlicher Klimaproteste wendet sich die Bürgerrechtorganisation Humanistische Union (HU). Einen entsprechenden Antrag der des HU-Regionalverbandes Marburg zur Mitgliederversammlung 2023 hat die Bürgerrechtsorganisation am vergangenen Sonntag (15. Oktober) mit großer Mehrheit verabschiedet.
    Mit Besorgnis beobachtet die Humanistische Union (HU) den Umgang mit gewaltfreien Klimaprotesten. Gewalt als Mittel zur Auflösung friedlicher Blockaden ist für die HU nicht hinnehmbar. Nicht alle Mitglieder der ältesten Bürgerrechtsorganisation Deutschlands befürworten alle Aktionsformen der sogenannten „Letzten Generation“. Vor Allem das Aufkleben von Menschen auf Straßen birgt auch die Risiken einer Selbstgefährdung, die die HU nur als Ausdruck großer Verzweiflung deuten kann. Angesichts des fortdauernden Rechtsbruchs der Bundesregierung beim Klimaschutz ist diese Verzweiflung für die HU jedoch durchaus nachvollziehbar. Mit Befremden nimmt die HU zur Kenntnis, dass die schärfsten Angriffe auf die Klimaproteste der „Letzten Generation“ aus der Politik kommen und damit ausgerechnet von Leuten, die selbst für den fortgesetzten Verfassungsbruch verantwortlich oder mitverantwortlich sind. Gerade sie haben kein Recht, andere für angewandte Kritik an ihrem eigenen Handeln anzugreifen. Insbesondere den Kriminalisierungsversuchen gegen Aktive von Klimaprotesten steht die HU ablehnend gegenüber…“ Pressemitteilung vom 17. Oktober 2023 von und bei Humanistische Union externer Link
  • Bei den Razzien gegen die Letzte Generation wurden mehr Objekte durchsucht als bisher bekannt – auch »Fridays for Future« indirekt betroffen 
    Die bayerische Justiz ermittelt gegen die Letzte Generation wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dabei geraten auch Personen ins Visier, die Kontakt zur Gruppe abstreiten. Sie wehren sich jetzt. Bei den Razzien gegen die Letzte Generation wurden mehr Objekte durchsucht als bisher bekannt. Darunter waren auch Räumlichkeiten von Firmen, die nach eigener Auskunft keine Verbindung zur Letzten Generation hatten und haben – und die nun rechtlich dagegen vorgehen. (…) Zusätzlich [zur Letzten Generation] nahmen die Ermittler aber, wie nun bekannt wird, auch noch andere Unternehmen ins Visier. Nach SPIEGEL-Informationen waren jeweils Überweisungen an Zitrusblau und On Fire Anlass für die Durchsuchungen. Die Überweisungen kamen vom Konto eines Zahlungsdienstleisters, über den auch die Letzte Generation ihr Geld verwalten soll, waren aber wohl nicht direkt der Letzten Generation zuzuordnen. (…) Zur Frage, ob es einen belegbaren Zusammenhang zur Letzten Generation gebe, wollte sich die Generalstaatsanwaltschaft unter Verweis auf das andauernde Ermittlungsverfahren nicht äußern. Nach SPIEGEL-Informationen sollen die Überweisungen im Zusammenhang mit dem Klimastreik von Fridays for Future stehen. (…) Auf dem Datenträger, den die Ermittler konfisziert haben, könnten sich Informationen über Unterstützer des Klimastreiks von FFF befunden haben, die Material für eine Demonstration bestellt haben. Auch dazu äußerte sich die Generalstaatsanwaltschaft nicht. Fridays for Future selbst teilte mit: »Diese Durchsuchung trifft die breite Zivilgesellschaft. Wir akzeptieren nicht, dass Menschen, die sich bei demokratischen und breiten Klimaprotesten beteiligen wollen, sich künftig fragen müssen, ob ihre Privatadressen durch die Generalstaatsanwaltschaft konfisziert werden.« (…) Die Anwältin von der Behrends sagte: »Die Ermittlungsbehörden und das Gericht nahmen es somit in Kauf, dass jegliches zivilgesellschaftliches Engagement gegen die Klimakrise in die strafrechtlichen Ermittlungen einbezogen wurde.« Stephan Hüttner, Chef von On Fire, sagte: »Diese Einschüchterung von Privatpersonen und Unternehmen der Zivilgesellschaft ist besorgniserregend.« Und Fridays for Future teilte mit: »Wir widersprechen durch die Beschwerde zusammen mit den zwei betroffenen Firmen in aller Deutlichkeit dem Vorgehen der Behörden. Und wir schlagen Alarm: Die Versuche, die Klimabewegung in die Ecke zu drängen, gefährden die demokratischen Grundrechte aller.«“ Artikel von Jonas Schaible vom 2. Oktober 2023 im Spiegel online externer Link („Auch »Fridays for Future« indirekt von Durchsuchungen betroffen“)
  • Klimaproteste und die Letzte Generation: Versammlungsfreiheit geht vor 
    „… Die Proteste der Aktivist*innen der „Letzten Generation“ wühlen die politischen Institutionen seit Monaten auf. Justiz und Polizei begegnen ihnen mit zunehmender Repression, bis hin zum strafrechtlichen Vorwurf, die „Letzte Generation“ sei eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Strafgesetzbuch. Viele der Mitglieder stehen immer wieder vor Gericht im Zusammenhang mit ihren Aktionen, insbesondere wegen des Vorwurfs der Nötigung und auch des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamt*innen. Der Freistaat Bayern nimmt viele der Beteiligten für Tage oder Wochen in Präventivgewahrsam, dessen Dauer von bis zu zwei Monaten der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer so genannten Popularklage am 14. Juni 2023 (Aktenzeichen Vf. 15-VII-18) als zulässig erachtete. Diese betraf indes nicht die gegen Klimaaktivisten genutzten Regelung im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz, was in der Presse hierzu zumeist nicht beachtet wurde. (…) Den sich anklebenden Klimaaktivist*innen ist durchaus bewusst, dass ihr Verhalten (noch immer) als strafrechtlich relevante Nötigung angesehen wird. Das Ankleben wird als Akt des zivilen Ungehorsams verstanden. Ob dieser sich nicht besser gegen die Herrschenden statt andere Bürger*innen richten sollte, ist eine gewichtige Frage, die politisch oder aktivismusstrategisch zu diskutieren ist. Die Versammlungsfreiheit wird hiervon nicht berührt. Straßenblockaden können bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen mit verfassungsrechtlich zulässigen Maßnahmen nach dem Versammlungsrecht beschränkt oder aufgelöst werden, wobei die Grundrechtsgewährleistungen aus Art. 8 GG strikt zu beachten sind und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dabei hohes Gewicht zukommt. Ob die so genannte Zweite Reihe-Rechtsprechung zu Nötigungen dauerhaft aufrechtzuerhalten ist, erscheint fraglich, wird derzeit aber wohl von der Mehrzahl der Gerichte bejaht. Hier ist auf eine Korrektur der Rechtsprechung zu hoffen und darauf hin zu arbeiten. Die zunehmende Kriminalisierung des Protests und die insbesondere in Bayern mögliche Unterbindung durch Präventivgewahrsam von bis zu zwei Monaten zeigt, wie nervös viele Landesparlamente und -regierungen wie auch Versammlungsbehörden und Polizei angesichts dieser Proteste und des öffentlichen Drucks zu dessen Beendigung inzwischen sind. Hier wird zunehmend mittels Straf-, Versammlungs- und Polizeirecht versucht, Protest zu unterbinden, statt den politischen Streit zu befördern. Der Ruf nach „der ganzen Härte des Rechtsstaats“, wie vielfach gefordert, kehrt die Idee des Rechtsstaates in sein Gegenteil um: rule by law statt rule of law sind die Devise, nicht erst in dieser aufgeregten Debatte. Die Politik liefert mit immer neuen Sicherheitsgesetzen und Verschärfungen der geltenden Gesetze gern. Vielleicht wäre auch ein wenig Demut der Blockierten einmal gut, die kein Grundrecht auf Leichtigkeit des Verkehrs haben und Staus und Verzögerungen auch sonst alltäglich akzeptieren (müssen).“ Beitrag von Clemens Arzt aus ‚Vorgänge‘, der Zeitschrift der Humanistischen Union, Nr. 241 vom September 2023 externer Link
  • [Die wirkliche Gefahr für den sog. „demokratischen Rechtsstaat“] Nazis gegen Fridays: Klimaktivist:innen erhalten zunehmend Morddrohungen von Neonazis 
    „… Viel wurde sie heraufbeschworen, die Gefahr einer Radikalisierung der Klimabewegung. Doch Fridays for Future gehen noch immer brav angemeldet auf die Straßen, Ende Gelände belässt es bei gewaltfreien Aktionen und die Letzte Generation mag radikal aufopferungsvoll oder nervig sein, aber nicht gefährlich – und schon gar keine „Klima-RAF“. Daran ändern politisch motivierte Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nichts. Vielmehr deuten Expert:innen genau jene Ermittlungen der bayerischen und brandenburgischen Staatsanwaltschaften als Ausdruck einer radikalisierten gesellschaftlichen Stimmung gegen die Klimaaktivist:innen. Der Wind, der ihnen entgegenschlägt, ist rauer geworden, im Netz und auf den Straßen. Wie radikal und gefährlich das werden kann, machte zuletzt Tino Pfaff, Weimarer Mitgründer von Extinction Rebellion, auf Social Media öffentlich. Ende August erhielt er Morddrohungen auf sein Handy: „Bei dir beharren wir darauf, dich zu quälen und im Anschluss zu töten“, steht da etwa. Der taz sagt Pfaff: „Der Täter nimmt dabei Bezug zu meinem Klimaaktivismus und fordert, dass ich damit aufhöre“. Auch Anrufe mit Stimmenverzerrer habe es gegeben. Eine NPD-Nähe habe der Verfasser der Drohungen selbst hergestellt, seine Umtriebe in Netzwerken, die der antisemitischen Verschwörungsideologie einer New World Order anhängen, konnten nachvollzogen werden. Pfaff gilt bei den Behörden inzwischen als gefährdete Person. (…) Für Pfaff ist der Hass nicht neu, aber dieser habe zuletzt eine „ganz andere Qualität“ erreicht. (…) Im realen Leben merkt Pfaff noch eine andere Veränderung: „Wurde ich früher auf der Straße als ‚Zecke‘ beschimpft, heißt es heute einfach: ‚Du Grüner‘.“ Für viele sei das inzwischen ein Schimpfwort für alles Linke und Progressive. (…) Zur Zielscheibe geworden ist insbesondere die Letzte Generation, nicht nur bei rechten Hatern im Netz, sondern auch bei Politiker:innen und etablierten Medien. (…) Die Stimmung ist massiv gekippt“, sagt auch Jakob Springfeld, Mitgründer von FFF Zwickau. Inzwischen „finden auch vermeintlich unpolitische Leute alles schlecht, was nach Klimaschutz klingt.“ Dabei war es für ihn schon zum Start der Gruppe 2019 nicht leicht: „Man ist 16, hat kein Bock, dass das Klima zerstört wird, und ist dann plötzlich mit Nazis konfrontiert.“ Fotos von ihm wurden veröffentlicht, Nazi-Aufkleber an den Briefkasten seiner Eltern geklebt. Zu einer FFF-Aktion gab es gar eine Gegendemo mit laufendem Dieselgenerator und Bratwurstgrillen. Geprägt werde die Antistimmung durch die AfD, die die Klimakrise leugne und den Protest als unbegründet zurückweise, so Springfeld. Doch Begriffe wie „Klimahysterie“ kämen auch aus CDU oder FDP…“ Artikel von Erik Peter vom 15. September 2023 in der taz online externer Link – dies zeigt sehr anschaulich, von wem die wirkliche Gefahr für den sog. „demokratischen Rechtsstaat“ ausgeht.
  • Klarer Verstoß gegen die Menschenrechte: Rund um die Autoausstellung IAA 27 Klimademonstrantinnen in Bayern in Präventivgewahrsam
    • Im Vorfeld der Autoausstellung IAA: 27 Klimademonstrantinnen in Bayern präventiv in Haft
      „… Nach Angaben der Letzten Generation haben bayerische Behörden derzeit insgesamt 27 Unterstützer und Unterstützerinnen der Gruppe ohne Prozess oder Urteil ins Gefängnis gesteckt. Damit habe sich die Zahl der Aktivistinnen in Präventivhaft nahezu verdoppelt, schreibt die Gruppe in einer Mitteilung. Sie sitzen demnach in den Justizvollzugsanstalten Stadelheim und Memmingen ein. Ein großer Teil von ihnen wurde offenbar im Zusammenhang mit der Internationalen Automobilausstellung IAA in Gewahrsam genommen, die vom 5. bis 10. September in München stattfinden soll. Die Letzte Generation hatte Proteste gegen die Messe angekündigt. Zumindest sind 16 der Betroffenen laut Letzter Generation bis zum 10. September in Gewahrsam. Elf weitere sollen länger einsitzen. Zehn von ihnen waren laut Münchner Polizei während einer Blockade am Freitag in Gewahrsam genommen worden. Das Amtsgericht München habe anschließend angeordnet, dass sie bis zum 30. September im Gefängnis bleiben. (…) Der sogenannte Präventiv- oder Unterbindungsgewahrsam ist sehr umstritten. (…) Diese Form des Freiheitsentzuges ist umso problematischer, da den Protestierenden, sollten sie für eine Blockade verurteilt werden, keine Haft droht. Die entsprechenden Verfahren enden regelmäßig lediglich mit Geldstrafen. Carla Rochel, die Sprecherin der Letzten Generation, schreibt dazu in der Mitteilung: „Die Frage, die wir uns als Gesellschaft in diesem Moment stellen müssen, lautet: Finden wir es in Ordnung, dass Protest für unser aller Grundrecht auf Leben mit Knast statt Klimaschutz beantwortet wird?“ Artikel von Kai Biermann vom 2. September 2023 in der Zeit online externer Link – Knast bei Gefährdung der Profite der Autoindustrie durch Protest in Bayern nun legal? Siehe dazu:
    • Amnesty International: Präventivgewahrsam für Klimaschützer*innen ist klarer Verstoß gegen die Menschenrechte
      „Amnesty International kritisiert die Anwendung des sogenannten Präventivgewahrsams im Zuge der Internationalen Automobil-Ausstellung in München als Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze und gegen internationale Menschenrechte. (…) Paula Zimmermann, Expertin für Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei Amnesty International in Deutschland, sagt: „Menschen über Wochen einzusperren, um sie davon abzuhalten an Protesten teilzunehmen, ist weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen noch mit den Menschenrechten vereinbar. Dabei geht es offensichtlich nicht um Gefahrenabwehr, sondern um Abschreckung. Und das darf in einem Rechtsstaat nicht die Antwort auf friedlichen Protest sein. Denn auch störender Protest ist von der Versammlungsfreiheit geschützt. In Bayern werden Menschen unterschiedlichster Alters- und Berufsgruppen ohne konkreten Strafvorwurf gemeinsam mit schweren Straftäter*innen in Justizvollzugsanstalten eingesperrt. Dieses Vorgehen basiert auf der Einschätzung der Polizei und von Haftrichter*innen, die meist nur wenige Minuten lang mit dem Fall befasst sind. Das ist klar ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Person. Die Betroffenen müssen ihr Leben unterbrechen, können im Nachhinein dafür stigmatisiert werden und leiden teils psychisch unter dem Freiheitsentzug. Der Arbeitsplatz kann in Gefahr geraten, Sorgearbeit für Familien und Verwandte kann nicht verrichtet werden. Amnesty International lehnt dieses Vorgehen gegen friedliche Demonstrierende als menschenrechtswidrig ab und plädiert für eine Evaluation des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes mit Blick auf den Präventivgewahrsam.“ In Bayern regelt das Polizeiaufgabengesetz unter anderem, dass Personen bis zu 30 Tage in Präventivgewahrsam genommen werden können, was dann nochmals um einen Monat verlängert werden kann. Der sogenannte Präventivgewahrsam wurde ursprünglich eingeführt, um schwersten Gewaltstraftaten und Terrorgefahren begegnen zu können. Seit nunmehr über einem Jahr wird er insbesondere in Bayern regelmäßig gegen friedlich Demonstrierende eingesetzt, die auf die Klimakatastrophe aufmerksam machen wollen. Auch in anderen Bundesländern sollte dringend davon abgesehen werden den Präventivgewahrsam auszuweiten.“ Pressemitteilung von Amnesty International vom 4. September 2023 externer Link
    • Siehe auch unser  Dossier: #BlockIAA 2023 am  5.-10. September in München: Autokonzerne entmachten, Klima schützen!
  • FragDenStaat leakt Gerichtsbeschlüsse zur „Letzten Generation“: Wie das Gericht Grundrechte ausspart und die Justiz einschüchtert 
    Dokumente aus laufenden Strafverfahren darf man in Deutschland eigentlich nicht veröffentlichen. Doch es gibt Dokumente, die gehören an die Öffentlichkeit…
    Kaum eine aktivistische Initiative erhitzte in den vergangenen Jahrzehnten die deutschen Gemüter so sehr wie die „Letzte Generation“. Ihre Aktionen und Straßenblockaden sollen die Bundesregierung zum Kampf gegen die Klimakatastrophe animieren, riefen bundesweit aber vor allem zahlreiche Schmerzgriffe, Taliban-Vergleiche und allerlei Selbstjustiz hervor. Im Mai ließ die Generalstaatsanwaltschaft München die Wohnungen und Aufenthaltsorte von sieben Menschen der „Letzen Generation“ durchsuchen. Polizist*innen trugen Computer und Telefone aus den Zimmern, beschlagnahmten Bankkonten und die Website. Auch die Telefonate der „Letzten Generation“ mit Journalist*innen ließ die Generalstaatsanwaltschaft München monatelang abhören. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: „Die letzte Generation“ habe eine kriminelle Vereinigung gebildet, strafbar mit bis zu fünf Jahren Gefängnis. Wie begründet ein Gericht diese Maßnahmen? Das ist eine wichtige Frage. Sie sollte öffentlich diskutiert und bewertet werden. Doch so einen Gerichtsbeschluss zu veröffentlichen, ist eigentlich gegen das Gesetz. Ich mache es trotzdem. Hier veröffentliche ich erstmals die Beschlüsse des Münchner Amtsgerichts zu den Durchsuchungen, Beschlagnahmungen und Abhörmaßnahmen gegen die „Letzte Generation“. In diesen Dokumenten sieht man: Grundrechte wie die Pressefreiheit hat das Gericht gar nicht geprüft, als es beschloss, dass die Aktivist*innen durchsucht und abgehört werden dürfen. (…) Eine Veröffentlichung von derartigen amtlichen Dokumenten aus Strafverfahren ist eigentlich nach § 353d Nr. 3 StGB verboten. Deswegen schreckten Medien in Deutschland bisher davor zurück, aus den Beschlüssen zu zitieren und diese im Detail zu besprechen. Ein striktes Veröffentlichungsverbot für die Dokumente dürfte in Bezug auf die freie Berichterstattung der Presse jedoch verfassungswidrig sein und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte kann eine Veröffentlichung von Dokumenten aus Strafverfahren nur dann verboten sein, wenn sie die Wahrheitsfindung der Gerichte oder die Unschuldsvermutung beeinträchtigt. Außerdem muss dies mit dem Informationsinteresse der Presse abgewogen werden. Nach dieser Rechtsprechung müsste die Veröffentlichung der Beschlüsse zur „Letzten Generation“ erlaubt sein. Das Strafgesetzbuch erwähnt diese Kriterien aber nicht. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Veröffentlichungsverbot in älteren Entscheidungen noch durchgewunken hat, wies der Bundesgerichtshof jüngst in seinem Urteil zu Tagebüchern im „Cum-Ex“-Skandal auf den Konflikt mit der Pressefreiheit hin. Der Straftatbestand muss daher dringend reformiert werden oder von den Gerichten verfassungskonform und im Einklang mit europäischen Menschenrechten ausgelegt werden. (…) Der bayerische Ermittlungseifer könnte vor allem politisch motiviert sein. Der Ermittlungsrichter schreibt in den Beschlüssen in Bezug auf eine Aktion, dass Politiker eine strafrechtliche Ahndung gefordert hätten. Offenbar vermutet das Münchner Amtsgericht hinter der „Letzten Generation“ linke Aktivist*innen. So steht im Durchsuchungsbeschluss, die Polizeibeamt*innen sollten u.a. nach Gegenständen, Unterlagen und Dateien suchen, „die Aufschluss über links-radikales verfassungswidriges Gedankengut“ der Beschuldigten geben…“ Pressemitteilung von Arne Semsrott vom 22. August 2023 bei FragDenStaat externer Link mit darin befreien Dokumenten – sehr wichtige Verlinkung, weil wegen § 353d Nr. 3 StGB u.U. mit einem Nachspiel verbunden. In unseren Augen steckt hinter dem Paragraphen vorrangig der Versuch die Justiz politisch zu instrumentalisieren. Hierzu liefert dieser Fall ein gutes Beispiel: Ermittlungsverfahren und Geheimhaltung nicht um Tatbestände zu ermittelt, sondern um solche zu konstruieren bzw. nach öffentlicher Behauptung irgendwie rechtlich abzusichern.
  • Fluggesellschaften prüfen Schadenersatzklagen gegen Letzte Generation, die „Schäden“ werden auf mehrere Millionen Euro geschätzt 
    „Nach der Blockade am Flughafen Düsseldorf durch Aktivisten der Klimaschutzgruppe Letzte Generation prüfen die Fluglinien Eurowings, Condor und Tuifly Schadenersatzklagen. Ein Sprecher von Eurowings bestätigte die Pläne der »Rheinischen Post«. Der Hamburger Luftfahrtexperte Gerald Wissel schätzte, dass es bei den Klagen um eine Millionensumme gehen werde. »Insgesamt kann es zu Schadensersatzforderungen in Höhe einiger Millionen Euro kommen«, sagte Wissel. (…) Der Flughafen Düsseldorf hatte demnach zuvor mitgeteilt, er habe Strafanzeige wegen »gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung, Nötigung und Hausfriedensbruch« erstattet. Bei einer Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr drohe eine Strafe von bis zu zehn Jahren Haft, schreibt das Blatt. Jedoch sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, dass zwar wegen des Verdachts der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs ermittelt werde, es derzeit aber »keine zureichenden Hinweise auf einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr« gebe, da dies eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert voraussetzen würde. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei das nicht der Fall gewesen, weil Flugzeuge rechtzeitig umgeleitet wurden oder gar nicht gestartet seien…“ Meldung vom 30. Juli im Spiegel online externer Link („Fluggesellschaften prüfen Klagen gegen Letzte Generation“)
  • Kraftwerksblockade Jänschwalde im Herbst 2022: 4 Monate Haft ohne Bewährung für die anonymen Klimaaktivist*innen „Ava“ und „Ralph“ 
    Am Mittwoch ging der Berufungsprozess gegen die anonymen Klimaaktivist*innen „Ava“ und „Ralph“ zu Ende. Das Landgericht Cottbus verhängte 4 Monate Haft ohne Bewährung gegen die beiden Aktivist*innen die im Herbst 2022 das Kohlekraftwerk Jänschwalde blockiert hatten.
    Mit dem heutigen Verhandlungstag geht der Berufungsprozess zu Ende, wozu Ralph sagt: „Ich freu mich, dass der Prozess heute vorbei ist, aber bin wütend über die 4 Monate Haft. Ich kann nur hoffen, dass alle endlich erkennen wie dringlich die Klimakrise bekämpft werden muss. Die letzten Tage wurden fast täglich neue weltweite Temperaturrekorde gebrochen, bei so vielen Starkregenereignissen und Unwettern muss doch langsam klar sein, dass wir die ersten Auswirkungen der Klimakrise hautnah mitbekommen. Wer da wirklich noch weiterhin auf Kohleverbrennung setzt, verzockt fahrlässig die Zukunft von uns allen.“
    Bereits am 23.6. verhandelte das Landgericht Cottbus den Fall der beiden anonymen Klimaaktivist*innen. Die Anklage lautet auf Hausfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung und Störung öffentlicher Betriebe. An beiden Prozesstagen wurde vor dem Gericht eine Kundgebung in Solidarität mit den angeklagten Aktivist*innen abgehalten. Auch im Zuschauer*innen-Raum wurde Unterstützung bekundet. Nachdem am ersten Verhandlungstag ein Antrag des Angeklagten auf Verlegung des Prozesses in den Tagebau Jänschwalde abgelehnt wurde, brachten die Aktivist*innen am zweiten Verhandlungstag eine symbolische Kohlegrube, in Form von schwarzem Sand, mit in den Gerichtssal. An beiden Verhandlungstagen gab es während der Gerichtsverhandlung immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Veteidigung und Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft vor, unlautere Absprachen mit der Rechtsabteilung der LEAG getroffen zu haben. Eine Anwältin der LEAG war am ersten Prozesstag im Publikum und besprach sich in den Pausen mehrmals mit der Staatsanwältin…“ Mitteilung von UNFREIwillige Feuerwehr vom 12.7.2023 (per e-mail), siehe weitere Infos auf deren Homepage externer Link und erste Meldung dazu hier weiter unten
  • Telekommunikationsüberwachung: Polizei soll monatelang die Letzte Generation abgehört haben – auch das offizielle Pressetelefon war betroffen 
    „… Die bayerische Polizei hat laut einer Recherche der Süddeutschen Zeitung (Paywall) seit Oktober 2022 insgesamt 13 Telefonanschlüsse abgehört, die die Letzte Generation nutzt. Außerdem hätten die Behörden Standortdaten ermitteln sowie E-Mails mitlesen dürfen. Die SZ beruft sich dabei auf interne Unterlagen. (…) Laut SZ habe ein Ermittlungsrichter die Überwachungsanordnung mindestens im Januar einmalig verlängert – bis zum 26. April. Das Vorgehen passt zum Image des Paragrafen zur kriminellen Vereinigung. § 129 des Strafgesetzbuches gilt auch als „Schnüffelparagraf“. Zu entsprechenden Verurteilungen kommt es recht selten, dafür eröffnet er den Behörden ein breites Überwachungsarsenal. (…) Besonderes Interesse hatten die Ermittelnden offenbar auch an den Gesprächen der Aktivist:innen mit Medienschaffenden. Dem Bericht zufolge hörte das Bayerische Landeskriminalamt das offizielle Pressetelefon der Gruppe ab, die Gerichtsbeschlüsse dafür fertigte das Amtsgericht München an. Für Abhörmaßnahmen, die Journalist:innen betreffen, gelten wegen der Pressefreiheit hohe Hürden. Doch in den Gerichtsbeschlüssen finde sich zu einer Abwägung dazu kein Wort, so die SZ. Stattdessen sei die Überwachung der Telefonnummer laut den schriftlichen Ausführungen des Ermittlungsrichters „erforderlich und unentbehrlich“, um Einblick in die Strukturen der Letzten Generation zu bekommen. Viel gebracht hat dieser massive Eingriff in Privatsphäre und Pressefreiheit offenbar nicht. Die SZ zitiert einen Vermerk des Landeskriminalamts zu der Anschlussüberwachung: „Erkenntnisse über bevorstehende Aktionen, welche nicht bereits durch Pressemitteilungen oder -Konferenzen veröffentlicht wurden, konnten im Rahmen der Überwachung nicht festgestellt werden.“ Bayern führte 2020 die bundesdeutsche Statistik bei Telekommunikationsüberwachung mit 3.216 Erstanordnungen und 460 Verlängerungsanordnungen an. In 124 der Verfahren ging es dabei um „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung“, zu denen auch die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gehört. Beitrag von Anna Biselli vom 23. Juni 2023 in Netzpolitik.org externer Link
  • RAV-Kongress: Keine Kriminalisierung der Klimaaktivist*innen! Für einen gesellschaftlichen Dialog statt staatlicher Hetze! Solidarität mit der Letzten Generation! 
    Die Reaktionen auf die Aktionen der „Letzten Generation“ haben in den letzten Monaten das gesellschaftliche Klima erheblich verschärft. Mit diffamierenden Bezeichnungen wie „Klimaterroristen“ und der Forderung nach harten Strafen fand eine durch weite Teile der Politik geschürte Hetzkampagne statt. Dies kommt einer innenpolitischen Feindbestimmung gleich. Als Folge dieser Stimmungsmache nimmt die Gewaltbereitschaft von Bürger*innen und Polizeibeamt*innen gegen die Aktivist*innen deutlich zu. Nicht die gravierenden politischen Versäumnisse in der Klimapolitik bestimmen den Diskurs, sondern allein die Kriminalisierungsversuche. Wer jetzt den § 129 StGB (kriminelle Vereinigung) anwenden will und härtere Strafen fordert, redet der Einschränkung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit das Wort. Hier bricht sich ein autoritäres Staats- und Demokratieverständnis Bahn…“ Resolution des RAV-Kongresses vom  17.6.2023 externer Link
  • Solidarität mit der „Letzten Generation“! Wir fordern die Einstellung aller Verfahren und die Abschaffung von §129!
    Als zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich seit Jahrzehnten für die Freiheits-, Grund- und Menschenrechte einsetzen, sind wir schockiert von den jüngsten Kriminalisierungsversuchen gegen die „Letzte Generation“. Diese gehen dieses Mal vom Freistaat Bayern aus. Am 24. Mai 2023 wurden bei Aktivist*innen der „Letzten Generation“ bundesweit erneut Hausdurchsuchungen durchgeführt: Sieben Personen werden des Tatvorwurfes der Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gemäß §129 Abs. 1 S. 1, 2 StGB beschuldigt. Im Dezember 2022 waren wegen angeblichen Verdachts des §129 bereits bundesweit Wohnungen durchsucht worden, ausgegangen von der Staatsanwaltschaft Neuruppin in Brandenburg. Nun wurde zudem die Webseite der „Letzten Generation“ vorüber-gehend abgeschaltet und Bankkonten und anderes Vermögen der Gruppe wurden beschlagnahmt. (…) Diese rein juristische Auseinandersetzung vernachlässigt jedoch die politische Motivation. So verkommt die juristische Betrachtung zu einer affirmativen Legitimation von Bayerns Vorstoß: Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Nutzung des §129 angemessen ist, sondern nur noch, auf welche Tatbestände dieser Paragraph begründet angewendet werden könne und auf welche nicht. Die Absurdität des behördlichen Hypereifers bleibt dabei weitgehend außen vor und verschließt sich der Beurteilung als ein politisch motivierter Akt. Dabei schlägt den Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung seit Monaten öffentliche und medial verstärkte Wut vor allem wegen des Festklebens auf Straßen entgegen. Diese Formulierung ist wortwörtlich zu verstehen – geschieht es doch immer häufiger, dass Autofahrer*innen auf Protestierende einschlagen oder sie von der Straße schleifen – die anwesende Polizei greift teilweise nicht ein. Bereits vor dem Kriminalisierungsvorstoß aus Brandenburg im vergangenen Jahr beschworen einzelne Politiker*innen und Medien eine „Radikalisierung“ der Gruppe, dies gipfelte gar unter anderem in absurden Bezeichnungen wie „Klima-RAF“. Indes, die „Letzte Generation“ klebt munter weiter und will sich einfach nicht radikalisieren. Um die anhaltenden Aktionen und die zumindest teilweise antreffende Unterstützung zu stoppen, wird daher das Werkzeug §129 ausgepackt, und die „Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ ermittelt.
    Wenn sich die Gruppe nicht selbst radikalisiert, macht man sie per Definition zu Radikalen.
    Der Paragraph 129 ist grundrechtlich gesehen ein Skandal. Er dient der legitimierten Ausforschung und Einschüchterung und der Kriminalisierung von politischer Aktivität. Im bayrischen Landtagswahlkampf kann die CSU sich vermutlich Stimmen von ihrem Klientel erhoffen, darunter Autofahrer*innen aus Leidenschaft, denen das Festkleben der Aktivist*innen auf „ihren“ Straßen seit langem ein Dorn im Auge ist. (…) Dem weltweiten Trend zunehmender Kriminalisierung und brutaler Gewalt gegen diejenigen, die aufbegehren, um die Klimakatastrophe abzuwenden, sollten wir alle solidarisch und bestimmt entgegentreten. Denn es geht ums Überleben. Wir fordern die Einstellung aller Verfahren gegen die „Letzte Generation“ und andere Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung und die Abschaffung des §129!Pressemitteilung vom 15. Juni 2023 beim Grundrechtekomitee externer Link zur Gemeinsame Erklärung des Komitees für Grundrechte und Demokratie, der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) und dem Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung – wir schließen uns an!
  • Verfassungsgerichtshof weist Klage gegen Präventivgewahrsam ab [Die Klage gegen den Begriff der „drohenden Gefahr“ sei unzulässig]
    „… Der im bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) verankerte Präventivgewahrsam ist mit der bayerischen Verfassung vereinbar. Das entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof in München. Der Bund für Geistesfreiheit München und der Bund für Geistesfreiheit Bayern hatten in ihrer 2018 eingereichten Popularklage vor allem den Präventivgewahrsam und den seither im Gesetz verankerten Begriff der „drohenden Gefahr“, der als Voraussetzung für einige polizeiliche Maßnahmen ausreicht, als verfassungswidrig kritisiert. (…) Was den Präventivgewahrsam betrifft, so entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, ein Freiheitsentzug als „Ultima Ratio“ sei zulässig. In seiner im Gesetz ausgestalteten Form sei er auch mit Blick auf die Dauer nicht grundsätzlich verfassungswidrig, um höhere Rechtsgüter zu schützen, so die Begründung von Gerichtspräsident Hans-Joachim Heßler. Das bedeutet: Jemanden für einen Monat, maximal zwei, vorbeugend in Gewahrsam zu nehmen, um mögliche Straftaten zu verhindern, ist demnach zwar ein schwerwiegender, aber kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Person. Immer wieder betonten die Richter, dass der Freiheitsentzug nur als allerletzte Möglichkeit zulässig sei, um auf länger andauernde Gefahren reagieren zu können. Das gebe das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit her. Außerdem komme ein Präventivgewahrsam von zwei Monaten in der Praxis äußerst selten vor – und es könne der, der in Gewahrsam genommen wurde, ja auch jederzeit dagegen klagen. (…) Assunta Tammelleo vom Bund für Geistesfreiheit München zeigte sich sehr überrascht nach der Urteilsverkündung: „Ich bin Demokratin und ich habe Sorge um diese Demokratie“, so Tammelleo wörtlich auf BR24-Anfrage. Die Kriterien für den Präventivgewahrsam seien völlig undefiniert – für Tammelleo damit reine Willkürmaßnahmen. Dies sei aber nicht das letzte Wort, da habe sie Vertrauen in den Rechtsstaat. Der Bund für Geistesfreiheit München und der Bund für Geistesfreiheit Bayern hatten argumentiert, das Polizeiaufgabengesetz verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, den Grundsatz der Gewaltenteilung und mehrere Grundrechte. Zudem rügte der Bund für Geistesfreiheit, dass es eine Haft auf den Verdacht hin, jemand könnte möglicherweise, in einem Rechtsstaat nicht geben dürfe. (…) Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat sich über die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs „sehr gefreut“. (…) Auch der Landesvorsitzende des bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Jürgen Köhnlein, begrüßte die Entscheidung: „Gerade im Zusammenhang mit Aktionen von Klimaaktivisten hat sich diese Befugnis im Polizeiaufgabengesetz zur Verhinderung von weiteren Straftaten bewährt“, so Köhnlein. (…) Über den Begriff der „drohenden Gefahr“, nach dem die Polizei auch schon tätig werden darf, wenn noch nicht klar ist, wann und wo zum Beispiel ein Anschlag stattfinden könnte, haben die Richter dagegen nicht entschieden. Die Klage sei diesbezüglich unzulässig, denn dem Bund für Geistesfreiheit sei es nicht gelungen, darzulegen, dass durch die erweiterten Befugnisse der Polizei hier in Grundrechte eingegriffen werde. (…) Mit der Entscheidung ist die juristische Debatte um das Gesetz aber noch nicht vorbei. Weitere Klagen gegen das Gesetz sowie sogenannte Meinungsverschiedenheiten der Oppositionsparteien SPD und der Grünen sind noch anhängig.“ Beitrag von Daniel Knopp vom 14. Juni 2023 bei BR24 externer Link – siehe:

  • Urteil gegen Klima-Aktivistin Lynn: „Ein zweiter Schock“ – wer Polizeigewalt anprangert, wird wegen Verleumdung angezeigt 
    Die Klima-Aktivistin Lynn machte öffentlich, was ihr auf einer Osnabrücker Polizeiwache passiert ist. Daraufhin wurde sie wegen Verleumdung verurteilt.
    Den 3. Mai 2023 wird „Lynn“ nicht vergessen. Es ist der Tag, an dem sie verurteilt wird, vom Amtsgericht Osnabrück, in einem Verfahren, das sie als „kalt“ und „kontextlos“ empfindet, in dem sie sich unverstanden fühlt. Die 23-Jährige ist Klima-Aktivistin bei Extinction Rebellion; Lynn ist ihr Aktionsname. (…) Der Frieden ist vorbei, als die Polizei eintrifft. Zwei Polizisten ziehen Lynn von der Straße, obwohl sie einwilligt, freiwillig aufzustehen. Was auf der Wache folgt, beschreibt Lynn kurz danach als Einschüchterungsversuch, als Machtmissbrauch, als Grenzüberschreitung: „Ich musste mich ausziehen. Zeitweilig stand ich da völlig nackt.“ Weil Lynn davon erzählt (taz berichtete externer Link), reicht die Polizei Verleumdungsklage ein. Am 3. Mai erlebt Lynn einen „zweiten Schock“: Die Richterin glaubt der Polizei. Mehr noch: Sie geht weit über den Strafantrag der Staatsanwältin hinaus. Statt 70 Tagessätze verhängt sie 120. Würde das Urteil rechtskräftig, stünde in Lynns Lebenslauf dadurch eine Vorstrafe…“ Artikel von Harff-Peter Schönherr vom 10.6.2023 in der taz online externer Link („Urteil gegen Klima-Aktivistin Lynn: „Ein zweiter Schock““)
  • Razzien, Kontosperrung und Beschlagnahme von Spendengeldern sowie Netzzensur gegen „Letzte Generation“ – und breite Solidarität (auch von uns) 
    • Durfte die Polizei „letztegeneration.de“ kapern? Darf die Polizei eine Webseite für ihre eigene Warnung nutzen? Ein Gerichtsbeschluss wirft neue Fragen auf. 
      „Die Generalstaatsanwaltschaft München ließ Ende Mai nicht nur bundesweit Wohnungen von Klimaaktivisten durchsuchen, sie kaperte auch die Webseite der „Letzten Generation“. Dort prangte im Netz plötzlich ein Warnhinweis: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar!“ Und: Wer immer an die Organisation spende, mache sich wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung strafbar. Die Beschlagnahme einer Webseite ist in Deutschland ein außergewöhnlicher Vorgang. Dass die Staatsanwaltschaft eine öffentliche Webseite abschalten und stattdessen eine eigene Warnung verbreiten lässt – die zudem in ihrer ersten Fassung vorverurteilend über das Ziel hinausschoss – ist bemerkenswert. Die Beschlagnahme segnete ein zuständiger Richter am Amtsgericht München am Vortag der Razzia ab. Die Begründung des Beschlusses, der LTO vorliegt, wirft weitere Fragen auf.* Gestützt wird die Beschlagnahme auf die Vorschriften zu Beweismitteln, eine Kette von Paragraphen der Strafprozessordnung (94 Abs. 2, 98 Abs. 1 StPO). (…) „Die Beschlagnahme der Internetseite der Letzten Generation war und ist völlig unverhältnismäßig und aufgrund der mangelhaften Begründungstiefe und Klarheit zum konkreten Umfang der Maßnahme auch sonst rechtswidrig“, sagt die Wuppertaler Strafrechtsanwältin Andrea Groß-Bölting, die gegen den Beschluss vorgeht und den Domaininhaber der Webseite vertritt, also die Person, auf die die Webseite registriert ist. (…) Der Beschluss erlaube weder einen Weiterbetrieb der Seite noch das Aufbringen eines Banners und erst recht nicht die aktive Nutzung zur eigenen Öffentlichkeitsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft, so Groß-Bölting. „Das Maß des Eingriffs in Rechte zahlreicher unverdächtiger Nutzer der Webseite wird nicht thematisiert. Der Beschluss und seine Umsetzung lassen rechtsstaatliche Mindeststandards vermissen.“ (…) Für ihren Mandaten sagt Groß-Bölting: „Im Beschluss ist zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit eine Abwendungsbefugnis für die Beschuldigten und den Drittbetroffenen geregelt. Allerdings konnten die Betroffenen hiervon rechtswidrig keinen Gebrauch machen, weil der Beschluss ihnen gar nicht vor Beginn der Maßnahme bekannt gegeben wurde.“ (…) Das Bundesverfassungsgericht habe staatlichen Stellen etwa in seinen Entscheidungen zu Produktwarnungen einen weiten Spielraum eingeräumt, solange es um reines Informationshandeln geht. „Eigenmächtige behördliche Vorabverurteilungen außerhalb eines Strafverfahrens und nicht nachprüfbare Behauptungen sind davon allerdings nicht gedeckt“, sagt Kipker. Gut möglich, dass der Fall um die Webseite der „Letzten Generation“ nun Gerichten die Gelegenheit verschafft, für Klarheit zu sorgen, wann unter welchen Voraussetzungen Webseiten gekapert werden dürfen – und wann nicht.“ Beitrag von Markus Sehl vom 7. Juni 2023 bei LTO online externer Link – potenziell auch fürs LabourNet relevant
    • Kriminalisierung der Letzten Generation mit Hilfe des Paragrafen 129: Nicht nur die Beschlagnahme der Website und Vorverurteilung war ein „Behördenfehler“

      • „Letzte Generation“ hat (notgedrungen) eine neue Homepage externer Link mit der Liste von Soli-Protesten bundesweit externer Link
      • Razzien gegen „Letzte Generation“: Gemeint ist das solidarische Umfeld
        Die Repression soll vor allem Personen einschüchtern, die nicht in der ersten Reihe stehen. Die Entschlossenen werden nicht aufhören. Ziel ist finanzielle Austrocknung der Gruppe…“ Beitrag von Peter Nowak vom 25. Mai 2023 auf Telepolis externer Link
      • Polizeieinsatz gegen „Letzte Generation“: Immer mehr Ungereimtheiten
        Bei ihrem aufsehenerregenden Vorgehen gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ sind bayerischen Behörden schwere Fehler unterlaufen. Die Razzien werfen Fragen auf. (…) Unklar ist zudem, warum die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) den Durchsuchungsbefehl beantragt hatte, also eine übergeordnete Behörde und nicht die Staatsanwaltschaft München I. Die ZET ist vorwiegend für Ermittlungen zu möglichen Straftaten zuständig, denen eine terroristische und extremistische Motivation zugrunde liegen. Die Generalstaatsanwaltschaft betonte am Mittwoch allerdings, dass es sich nach aktuellem Ermittlungsstand um eine kriminelle Vereinigung handle – „wohlgemerkt nicht um eine terroristische“, sagte ein Sprecher der Behörde der Deutschen Presse-Agentur. Insofern bleibt die Frage offen, warum sich ausgerechnet diese Stelle mit dem Fall beschäftigt. „Da vorliegend ein überregionaler Sachverhalt bestand und das Verfahren ein besonderes öffentliches Interesse erweckt, wurde die Zuständigkeit aufgrund der besonderen Bedeutung der Sache von der ZET selbst als begründet angenommen“, heißt es in einer Antwort der Generalstaatsanwaltschaft an t-online…“ Artikel von Alexander Spöri vom 25.05.2023 bei t-online externer Link
      • Strafverteidiger über Letzte Generation: „Geht um Stigma des ‚Kriminellen‘“
        Im Interview von Erik Peter vom 24.05.2023 in der taz online externer Link erläutert der Rechtsanwalt Lukas Theune, warum er die Razzien für politisch motiviert hält: „… Die Letzte Generation hat sich zum Ziel gesetzt, Aufmerksamkeit für die Folgen des Klimawandels zu schaffen und Druck auf die Bundesregierung auszuüben, die Klimaziele, zu denen sie sich nach dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet hat, einzuhalten. (…) Die allermeisten Aktionen, die im Namen der Letzten Generation verübt werden, sind Straßenblockaden. Ob die eine Straftat sind oder nicht, lässt sich pauschal nicht sagen, da gilt es den Einzelfall zu prüfen. Für die Blockierer:innen spricht die Versammlungs- und Meinungsfreiheit und auch Artikel 20a des Grundgesetzes, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Dagegen steht das Grundrecht jener, die an der Weiterfahrt gehindert sind. Das muss abgewogen werden. (…) Weil der Tatbestand des Paragrafen 129 so unfassbar weit definiert ist, hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung aber klargestellt, dass die Voraussetzungen für Ermittlungen nur dann vorliegen, wenn die Straftaten eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten. Und das ist ganz offensichtlich nicht so. Die Aktionen werden mitten am Tag mit Gesicht in der Kamera begangen, um die Bundesregierung anzuhalten, ihrem Verfassungsauftrag nachzukommen. Es geht nicht darum, die Regierung zu stürzen oder Einzelne in ihren Grundrechten zu treffen. (…) Paragraf 129 war aufgrund seiner schwammigen Formulierung schon immer politisch sehr auslegbar. Bei Ermittlungsbehörden ist er so beliebt, weil er wahnsinnig umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen ermöglicht, die weit über das hinausgehen, was Ermittlungen etwa wegen Nötigung erlauben, etwa Telefonüberwachung, Hausdurchsuchung oder GPS-Peilsender. Ganz selten kommt es zu Anklagen oder gar Verurteilungen, aber darum geht es auch nicht. Vor allem geht es auch um ein Stigma des „Kriminellen“. Damit kann man sich der Erfordernis entziehen, sich inhaltlich mit den Positionen der Gruppe auseinanderzusetzen. Wer kriminell ist, ist raus aus dem Diskurs. (…) Der Paragraf 129 ist mit Geburt des Strafgesetzbuches 1872 eingeführt worden und diente ursprünglich der Verfolgung der gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie. Der Reichsgesetzgeber wollte den Sumpf des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, der gerade seinen 160. Geburtstag feiert, trockenlegen. 2017 wurde eine Ausweitung beschlossen. Die EU wollte, dass Vereinigungen verfolgt werden müssen, deren Zweck die Begehung von Straftaten ist, die von mindestens vier Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind und die sich einen finanziellen Vorteil verschaffen wollen. Diese Einschränkung des finanziellen Vorteils setzte die Große Koalition aber nicht um.“
      • Razzien bei der Letzten Generation: Stöbern in offenen Büchern
        „Die Durchsuchungen bei Klimaaktivist*innen zielt auf ihre Einschüchterung. Der Vorwurf, sie gefährdeten die öffentliche Sicherheit, ist absurd. Es ist ein verräterischer Satz in der Mitteilung des Bayerischen Landeskriminalamts, das die Ermittlungen gegen die Letzte Generation aufgrund des Vorwurfs der Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung führt: „Aufgrund zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung“ seien die Ermittlungen eingeleitet worden, die am Dienstag zu 15 Hausdurchsuchungen bundesweit führten. Die Motivation ist eindeutig: Weil die öffentliche Meinung zunehmend auf eine Verfolgung der Aktivist:innen drängt, greift der Staat jetzt durch. Wie sehr die Ermittler ein Zeichen der Stärke setzen wollten, zeigt auch die Beschlagnahmung der Website der Klimaschutzgruppe und die Weiterleitung auf eine eigene Seite, auf der tatsächlich stand: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar!“ Ganz so, als könnten Polizeibehörden oder die Oberstaatsanwaltschaft darüber entscheiden und nicht Gerichte. (…) Weder bedeuten Staus diese Bedrohung noch ihre symbolischen Aktionen an Pipelines, in Museen oder an Flughäfen. Die Letzte Generation legt offen, dass die Bundesregierung am Klimaschutz scheitert. Nun zeigt sie unfreiwillig auch noch, dass dieser Staat lieber seine Rechtsstaatlichkeit untergräbt, als endlich zu handeln.“ Kommentar von Erik Peter vom 24. Mai 2023 in der taz online externer Link
      • Das @LKA_Bayern/ StA haben Internetseite der #LetzteGeneration beschlagnahmt – mit eigenem Text dazu. Obwohl bislang nur  Anfangsverdacht besteht, steht dort  „Letzte Generation stellt kriminelle Vereinigung dar!“ Das widerspricht #Unschuldsvermutung und offenen Ermittlungen.
        Update: LKA-Bayern / StA haben Formulierung geändert:
        Grundlage der Warnung war der Durchsuchungsbeschluss des AG München.
        Die GenStA München hat inzwischen die Änderung des Inhalts veranlasst
        .“ Thread von Felix W. Zimmermann vom 24. Mai 2023 externer Link, siehe dazu:

        • Beschlagnahmte Website: Behördenfehler bei Razzia gegen „Letzte Generation“
          Im Zuge der Durchsuchungen bei Mitgliedern der „Letzten Generation“ haben die Behörden auch deren Website beschlagnahmt. Die Generalstaatsanwaltschaft München räumte nun ein, dabei einen Fehler begangen zu haben. (…) Zuvor hatte das Bayerische Landeskriminalamt die Website der „Letzten Generation“, die mit Protestaktionen auf den Klimawandel aufmerksam machen will, beschlagnahmt und auf eine Webseite der Polizei Bayern umgeleitet. Dort war anschließend ein Hinweis eingeblendet gewesen, auf dem es hieß: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar! (Achtung: Spenden an die Letzte Generation stellen mithin ein strafbares Unterstützen der kriminellen Vereinigung dar!)“ (…) Der Strafrechtler Mark Zöller von der Ludwig-Maximilians-Universität München erklärte auf Anfrage, er halte die Formulierung „für absolut unzulässig“. Ob die „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung im Sinne des deutschen Strafgesetzbuchs eingestuft werden könne, sei stark umstritten und gerichtlich nicht ansatzweise geklärt. „Alles andere ist reine Vorverurteilung und mit dem für staatliche Stellen geltenden Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot unvereinbar“, so Zöller weiter…“ Beitrag von Marcus Engert vom 24.05.2023 in tagesschau.de externer Link
      • Hausdurchsuchung bei Letzte Generation stiftet Verunsicherung
        „… Die Hausdurchsuchungen und vor allem “Kontobeschlagnahmebeschlüsse” riechen eigentlich nach einem Vereinsverbot – das ist ein scharfes Schwert in der wehrhaften Demokratie. Aber: Bayern darf den “Aufstand der Letzten Generation” nicht verbieten. Denn bei bundesweit tätigen Vereinigungen ist die Bundesinnenministerin zuständig. Also, so scheint es, konstruiert der Freistaat ein Ermittlungsverfahren wegen “Kriminelle Vereinigung”. Das scharfe Schwert eines Vereinsverbots ist das Gegengewicht zur grundgesetzlichen Vereinigungsfreiheit (Artikel 9) (…) Die staatlichen Maßnahmen gegen den gewaltfreien zivilen Ungehorsam des “Aufstand der Letzten Generation” erinnern an Maßnahmen in autoritären Staaten mit restriktiven NGO-Gesetzen oder mit absichtlich beschränkenden Regeln zu Finanzierungen aus dem Ausland. Solche Aktivitäten werden weltweit als ein Trend des schrumpfenden Spielraums zivilgesellschaftlicher Freiheiten beschrieben (shrinking spaces)…“ Pressemitteilung vom 24.5.2023 externer Link der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V.
      • Als Reaktion auf Razzia: „Letzte Generation“ ruft zu Protesten auf
        Nach der bundesweiten Razzia gegen die „Letzte Generation“ hat Sprecherin van Baalen zu Protesten aufgerufen. Die Aktivisten seien nicht kriminell. Innenministerin Faeser verteidigte den Einsatz: Man lasse „sich nicht auf der Nase herumtanzen“. (…) Aimée van Baalen, Sprecherin der Aktivisten, forderte bei einer Pressekonferenz alle Bürger dazu auf, sich am Mittwoch in einer Woche an Protestmärschen in vielen Städten zu beteiligen. Heute sollen bereits erste Demonstrationen in Berlin, München und Augsburg stattfinden…“ Beitrag vom 24.05.2023 bei tagesschau.de externer Link, siehe auch:

        • Letzte Generation reagiert auf bundesweite Hausdurchsuchungen
          Reuters-Video der Pressekonferenz vom 24.5.23 externer Link bei youtube
        • „Letzte Generation“: Stellungnahme zu den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Bayern & unseren weiteren Planungen
          Die 15 Hausdurchsuchungen heute haben alle Unterstützer:innen der Letzten Generation getroffen. Bei einer Unterstützerin, Carla Hinrichs, wurde heute früh die Wohnungstür von über fünfundzwanzig Beamt:innen aufgebrochen. Mit gezogner Waffe stürmten die Beamt:innen in Carlas Zimmer, in welchem sie noch im Bett lag. Das alles macht uns Angst. Aber wir können es uns nicht erlauben, in dieser Angst zu verharren. Denn die Bundesregierung führt uns in eine Klimahölle, und die Regierung Scholz drückt weiterhin aufs Gaspedal. Wir müssen zusehen wie unsere Lebensgrundlagen weiterhin zerstört werden – und mit ihnen unsere Freiheit und unsere Demokratie. WIR werden weiterhin dafür einstehen, Leben zu schützen. Deshalb werden wir den Protest auf das ganze Land ausweiten. Wir rufen alle Menschen dieses Landes auf, sich nächsten Mittwoch an einem Protestmarsch in einer Stadt in ihrer Nähe zu beteiligen. Schon heute um 17 Uhr findet ein Protestmarsch in Berlin, morgen in Leipzig, übermorgen in München statt. Alles, was wir tun, tun wir transparent. Wir stehen mit unseren Namen und Gesichtern für unseren Protest. Wir kündigen an, was wir vorhaben. Wir führen Gespräche mit Politiker:innen, mit der Polizei, mit Kirchenoberhäuptern. Was ist daran kriminell? Wir bereichern uns nicht – im Gegenteil, wir zahlen laufend Strafen für das, was wir tun. Unsere gesamte Arbeit ist öffentlich: Ein Organigramm unserer Struktur. Die Namen der Bürger:innen, die mitmachen. Unsere Forderungen: Ein Gesellschaftsrat, der uns sozialgerecht aus der Klimakrise führt. All das steht auf unserer Website. Die Website, die heute auf Weisung der Justiz vom Netz genommen wurde…“ Umfangreiche Stellungnahme vom 24.5.23 dokumentiert bei FSK externer Link
      • Eigentlich müsste es doch so laufen: Verstoß gegen Klimaschutzgesetz: Bundesweite Razzia gegen Vereinigung „Bundesregierung“
        Endlich wird dieser Bande das Handwerk gelegt! Die Polizei hat heute in Berlin eine Großrazzia gegen die mutmaßliche kriminelle Vereinigung „Bundesregierung“ durchgeführt. Nach Behördenangaben besteht der Verdacht des gezielten und mehrfachen Verstoßes gegen das 2019 in Kraft getretene Klimaschutzgesetz…“ Postillon-Meldung vom 24.5.23 externer Link
    • „Letzte Generation“: Bayerische Generalstaatsanwaltschaft veranlasst bundesweite Razzia
      Einsatzkräfte von Polizei und Justiz haben bundesweit Wohnungen und Büros von Mitgliedern der Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“ durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft München veranlasste die Razzien zusammen mit der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus.
      Das Landeskriminalamt Bayern ermittelt gegen insgesamt sieben Personen. Sie sollen eine kriminelle Vereinigung gebildet oder unterstützt haben. Rund 170 Einsatzkräfte suchten unter anderem in Hessen, Hamburg, Sachsen, Bayern und Berlin nach belastenden Beweisen, stellten Vermögenswerte und Kontounterlagen sicher. Zudem wurde auf Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft die Homepage der Gruppe abgeschaltet, wie ein Polizeisprecher sagte. Konkret wird den Personen vorgeworfen, eine Spendenkampagne für die „Letzte Generation“ gestartet haben, um Straftaten zu finanzieren. So seien fast eineinhalb Millionen Euro zusammengekommen. Zwei Personen sollen außerdem versucht haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu beschädigen. Die Aktivisten sind unter anderem wegen Blockadeaktionen auf Straßen und Autobahnen umstritten. Polizeigewerkschaft spricht von „konsequentem“ Handeln
      Die Klimaschutzgruppen „Extinction Rebellion“ und „Ende Gelände“ äußerten sich solidarisch mit der „Letzten Generation“ und kritisierten die Durchsuchungen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft bezeichnete die Razzia dagegen als konsequent. Die Justiz greife durch; dies sei das richtige Signal eines wehrhaften Rechtsstaates, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Wendt in Berlin…“ Meldung vom 24.05.2023 im Deutschlandfunk externer Link
    • Bundesweite Durchsuchungen und Maßnahmen zur Vermögenssicherung bei „Letzter Generation“
      Pressemitteilung vom 24.05.2023 des Bayerischen Landeskriminalamtes externer Link
    • „… Homepage der Organisation abgeschaltet
      Ziel der Durchsuchungen sei das Auffinden von Beweismitteln zur Mitgliederstruktur der „Letzten Generation“, die weitere Aufklärung ihrer Finanzierung sowie die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Festnahmen erfolgten nach Angaben des LKA bisher nicht. Die Einsätze verliefen ersten Informationen zufolge friedlich. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft wurde auch die Homepage der Gruppe beschlagnahmt und abgeschaltet…“ aus dem Beitrag vom 24.05.2023 in tagesschau.de externer Link: „Bundesweite Razzia gegen „Letzte Generation““
    • Siehe den Twitter-Account von Letzte Generation externer Link und für Reaktionen, Demoaufrufe wie Solidarität (auch unsere) #LetzteGeneration
    • Protest: „Du willst die Letzte Generation unterstützen und bist in Berlin oder Umgebung? Dann komm gleich dazu! Erst gibt es Essen und Programm und im Anschluss einen Protestmarsch: 13:30 – 16:00 Uhr Brunch in der Reformationskirche Wiclefstraße 31, 10551 17 Uhr Protestmarsch, Treffpunkt Siegessäule, Bismarck-Denkmal
      Wir alle sind die #LetzteGeneration vor den Kipppunkten…“ Tweet von Letzte Generation vom 24.5. externer Link
    • Spendenaufruf: „Nach Sperrung mehrerer unserer Konten ist aktuell die beste Möglichkeit uns zu unterstützen, eine Spende an die gemeinnützige Initiative Gesellschaftsrat Jetzt...“ Tweet von Letzte Generation vom 24.5. externer Link zu: Spende jetzt, dass die gemeinnützige Arbeit für die Anliegen der letzten Generation weitergehen kann: https://gesellschaftsrat.jetzt/spenden/ externer Link
    • Durchsuchungen in sieben Bundesländern: Razzien bei „Letzte Generation“ und Homepage abgeschaltet
      Die Polizei hat in sieben Bundesländern Objekte der Aktivistengruppe „Letzte Generation“ durchsucht, deren Homepage wurde abgeschaltet. Der Vorwurf: Spendensammeln für eine kriminelle Vereinigung. Diese Einstufung bleibt umstritten. (…) Zentraler Vorwurf im Zusammenhang mit den Durchsuchungen ist laut Polizei und Generalstaatsanwaltschaft, dass die Beschuldigten eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die Letzte Generation organisiert und so mindestens 1,4 Millionen Euro eingesammelt haben sollen. Dieses Geld sei nach bisherigen Erkenntnissen „überwiegend auch für die Begehung weiterer Straftaten“ eingesetzt worden. Woher das Geld stamme, sei Gegenstand der Ermittlungen. Wie viel davon beschlagnahmt wurde, sagte die Polizei zunächst nicht. Ziel der Durchsuchungen sei auch „das Auffinden von Beweismitteln zur Mitgliederstruktur“ gewesen, hieß es. Angesiedelt sind die Ermittlungen bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München betonte aber, dass das nicht bedeute, dass man die Letzte Generation als extremistisch oder terroristisch einstufe. „Wir gehen nach jetzigem Ermittlungsstand davon aus, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt – wohlgemerkt nicht um eine terroristische“, sagte der Sprecher. Dies wolle man gerichtlich prüfen lassen. 
      Ist die „Letzte Generation“ eine kriminelle Vereinigung?
      Die Frage nach der Einstufung der „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Strafgesetzbuch (StGB) ist umstritten und bislang gerichtlich nicht geklärt. Bejaht wurde von einigen Gerichten ein Anfangsverdacht. Gegenstimmen verweisen hingegen darauf, dass der Straftatbestand des § 129 StGB nach BGH-Rechtsprechung eine Erheblichkeitsschwelle überschreiten müsse und „terrorismusähnliches“ Handeln erfordere. Diese Schwelle sei bislang wohl nicht überschritten, so etwa der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner…“ Meldung vom 24.05.2023 bei LTO online externer Link
    • Letzte Generation: Danke, bayerische Justiz!
      „… Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus vermutet, dass die »Letzte Generation« eine kriminelle Vereinigung ist und ließ deshalb bundesweit Wohnungen durchsuchen, auf der Suche nach Beweisen für diesen Verdacht. Staatliche Stellen offenbaren mit so einem überzogenen Vorgehen ihre Unfähigkeit, mit der Klimakrise und denjenigen, die darauf hinweisen, umzugehen. Die »Letzte Generation« wird von diesen Vorwürfen profitieren. Viele Menschen werden die Gruppe unterstützen, selbst wenn sie ihre Methoden nicht einmal für zielführend halten. Denn wer mit ungerechtfertigter Repression überzogen wird, erntet oft Solidarität. Das wird auch die bayerische Staatsanwaltschaft lernen.“ Kommentar von Sebastian Weiermann vom 24.05.2023 in ND online externer Link
    • Verfolgt sind wir alle – Solidarität mit der Klimabewegung!
      Vergangene Woche lehnte das Landgericht Potsdam eine Beschwerde von „Letzte Generation“ ab und bestätigte damit einen Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft Neuruppin: Bei „Letzte Generation“ könne es sich um eine „Kriminelle Vereinigung“ nach §129 StGB handeln. Die deutsche Strafverfolgung hat ihren SUV in den nächsten Gang geschalten. Schon lange bevor sich Genoss:innen an Bilderrahmen geklebt haben, ist auch die Klimabewegung ins Visier geraten…“ Soli-Erklärung vom 23.5.2023 bei Soli-Antifa-Ost externer Link – also schon zuvor…
  • Potsdam: Landgericht sieht Anfangsverdacht krimineller Vereinigung bei „Letzte Generation“-Aktivisten 
    „Im April 2022 haben Klima-Aktivisten die Raffinerie PCK in Schwedt attackiert, Monate später gab es deshalb Razzien. Eine Beschwerde der „Letzten Generation“ dagegen hat das Landgericht Potsdam abgewiesen – und zugleich juristisches Neuland betreten. Das Landgericht in Potsdam hat eine Beschwerde wegen der Großrazzia gegen Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation abgewiesen. Die Staatsschutzkammer des Gerichts habe den Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung bestätigt, sagte Cyrill Klement, Sprecher der Staatsanwaltschaft Neuruppin, am Montag. Es ist das erste Mal, dass ein Gericht in Deutschland diese Einschätzung vornimmt. (…) Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am 13. Dezember elf Wohnungen und Räume von Mitgliedern der Letzten Generation in mindestens sechs Bundesländern durchsucht. Eine Durchsuchung habe laut Staatsanwaltschaft in Brandenburg stattgefunden – nach rbb-Informationen in Cottbus. Grund seien mehrere Attacken von Klimaaktivisten auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt gewesen, wie Klement erläuterte. Dabei sei unter anderem die Ölzufuhr unterbrochen worden. In einigen Fällen sei es beim Versuch geblieben. Der Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung könne dadurch gegeben sein, wenn sich Beschuldigte wiederholt zu Straftaten verabredeten, sagte Staatsanwalt Cyrill Klement nach den Razzien Ende vergangenen Jahres. (…) Bei einer kriminellen Vereinigung muss es sich zunächst einmal um drei Personen handeln, erklärt Klaus Hempel aus der ARD-Rechtsredaktion. „Diese müssen die Vereinigung gegründet haben, um Straftaten zu begehen. Der Zweck dieser Vereinigung muss genau darauf hinauslaufen.“ Der Zusammenschluss muss demnach auch auf Dauer angelegt sein. Im vorliegenden Fall sollen sich mehrere Personen gezielt zusammengeschlossen haben, um immer wieder die Öl-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) zu attackieren, um dort den Ölhahn zuzudrehen. Das wäre nach Angaben Hempels das „gezielte Verabreden zu Straftaten“. Man könnte aber auch in Frage stellen, ob es sich wirklich um die Bildung einer kriminellen Vereinigung handelt. Denn den Klima-Aktivisten gehe es in erster Linie nicht darum, Straftaten zu begehen.“ Beitrag vom 15. Mai 2023 bei rbb24 externer Link – wir sind einfach nur sprachlos, aber:

    • Justizsenatorin sieht Klärungsbedarf: Ist die letzte Generation eine kriminelle Vereinigung?
      Die Berliner Justizsenatorin Badenberg dringt auf eine schnelle Klärung, ob die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung einzustufen sei. Derweil geht der juristische Streit weiter. Bedarf es einer Erheblichkeitsschwelle?…“ Beitrag der LTO-Redaktion vom 22.05.2023 externer Link
  • [Von Bild u.a. bejubelt] Vier Monate Haft für Klima-Aktivistin 
    Richterin toppt Forderung der Staatsanwaltschaft. Verteidiger legt Rechtsmittel ein. Doch es gibt etwas, das der Verurteilten mehr Angst macht als das Gefängnis.
    Die Verurteilung von Maja Winkelmann wegen einer Klebeaktion in der Galerie des Berliner Kulturforums und einer Verkehrsblockade schlägt hohe Wellen. „Erstes Knast-Urteil gegen Klima-Chaotin“, titelt am heutigen Donnerstag die Boulevardzeitung BZ, die sich selbst als „Stimme Berlins“ bezeichnet. Die 24-Jährige hatte sich im August 2022 am Rahmen des Gemäldes „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach dem Älteren (1472–1553) festgeklebt und wurde dafür am Mittwoch wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung zu vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. (…) Bemerkenswert ist, dass die Richterin damit die Forderung der Staatsanwaltschaft deutlich übertraf, denn diese hatte für eine Geldstrafe von 900 Euro in 90 Tagessätzen zu je 10 Euro plädiert. Selbst, wenn die Angeklagte dafür eine Ersatzfreiheitsstrafe in voller Höhe abgesessen hätte, wäre sie „nur“ auf drei Monate Haft gekommen. Die Höhe der Tagessätze richtet sich nach dem Einkommen, das bei Aktivistinnen der Klima-Initiative „Letzte Generation“ in der Regel nicht hoch ist, weil sich deren Aktivitätslevel beim zivilen Ungehorsam kaum mit einem Vollzeitjob vereinbaren lässt. (…) Eine Sprecherin der Initiative kritisierte am Mittwochabend, dass die Richterin eine schlechte Sozialprognose auch mit weiteren laufenden Verfahren gegen Maja Winkelmann begründet hatte: „Besonders schockierte uns, dass die Richterin strafverschärfend Sachverhalte berücksichtigte, die sie nicht heranziehen darf, wie etwa weitere laufende Ermittlungsverfahren oder die aktuellen Proteste der Letzten Generation in Berlin.“ Der Verteidiger der jungen Frau hatte einen Freispruch gefordert und legt gegen das Urteil Rechtsmittel ein…“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 27. April 2023 in Telepolis externer Link
  • Rechtliche Grenze überschritten: Klimaschützer dürfen nicht vorsorglich in Gewahrsam genommen werden 
    Das Landgericht Hamburg hat am Mittwoch, 29. März 2023, entschieden, dass Klimaschützer nach einer Fahrbahnblockade auf den Hamburger neuen Elbbrücken nicht vorsorglich für zehn Tage in Gewahrsam genommen werden dürfen, wenn keine unmittelbar bevorstehende vergleichbare Tat droht (Az.: 301 T 103/23 externer Link und weitere). Das Ausschöpfen der zehntägigen Maximaldauer der polizeilichen Ingewahrsamnahme ist nach Ansicht des Gerichts nicht zulässig. Die Ingewahrsamnahme darf nur dann erfolgen, wenn konkrete Hinweise auf eine bevorstehende Tatbegehung vorliegen.
    Hintergrund:
    Zwei Klimaschützer hatten sich auf der Fahrbahn der neuen Elbbrücken festgeklebt, um gegen die Klimapolitik zu protestieren. Die Polizei hat sie in Gewahrsam genommen. Vom Amtsgericht Hamburg wurde zur Verhinderung erneuter Blockadesaktionen eine zehntägige Ingewahrsamnahme angeordnet, die bis zum 4. April 2023 0.00 Uhr dauern sollte. (…) Das Urteil des Landgerichts Hamburg stellt klar, dass die Ingewahrsamnahme bei Klimaprotesten nicht generell ausgeschöpft werden darf, um irgendwann drohende Gefahren durch erneute Blockadeaktionen zu verhindern…“ Meldung vom 30.03.2023 in JuraForum.de externer Link
  • Prozessfortsetzung wegen Klimagerechtigkeitsaktion „BlockNeurath“ am Amtsgericht Grevenbroich am Di, 31.01.23 um 11:15 Uhr 
    „… am Dienstag geht in Grevenbroich der Gerichtsprozess gegen die*n Klimaaktivist*in Emberiza Schoeniclus weiter, die*r an der Blockadeaktion am Kraftwerk Neurath im November 2021 beteiligt gewesen sein soll. Der Prozess soll genutzt werden, um aufzudecken, dass RWE mit seiner klima- und umweltschädlichen Stromerzeugung täglich für mehrere Tote verantwortlich ist. Außerdem wollen die Aktivist*innen zeigen, dass ihre Aktion aufgrund eines akuten Notstands nicht strafbar war. (…) Am ersten Verhandlungstag hatte Emberiza Schoeniclus eine politische Einlassung mit Bezug auf die Klimawandelfolgen im Globalen Süden, aber auch in Deutschland vorgelesen. Nach der Vernehmung einiger Polizei- und RWE-Zeugen war die Verhandlung unterbrochen worden. Am Dienstag, den 31.01.23 geht die Verhandlung um 11:15 Uhr am Amtsgericht Grevenbroich weiter. Begleitend gibt es eine solidarische Mahnwache vor dem Gericht...“ Pressemeldung von blockieren_schockieren vom 30.1.23 per e-mail – siehe frühere dazu hier weiter unten
  • Marco Brás Dos Santos: „Ich bin auch bereit, dafür Opfer zu bringen“
    Marco Brás Dos Santos dokumentierte im November 2019 den Protest des Aktionsbündnisses „Ende Gelände“, bei der eine vierstellige Zahl von Aktivist*innen den Braunkohletagebau Vereinigtes Schleenhain südlich von Leipzig blockierte. Das Betreiberunternehmen Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (Mibrag) reagierte mit Strafanzeigen nicht nur gegen Aktivist*innen, sondern auch gegen Brás Dos Santos und weitere Journalist*innen. Kürzlich wurde er vom Amtsgericht Borna zu zehn Tagessätzen von jeweils 15 Euro auf Bewährung verurteilt. Mit luhze-Autor Niklas Pfeiffer hat er über Pressefreiheit, ihre Gefährdung und Verantwortung im Journalismus gesprochen.
    [Wieso willst du das Urteil nicht anerkennen, obwohl das Strafmaß vergleichsweise gering ist?]
    So wie andere Kolleg*innen auch bin ich der Ansicht, dass wir nichts Rechtswidriges getan haben. Wir befinden uns in einer rechtlichen Grauzone, in der einerseits das Eigentumsrecht der Mibrag ins Gewicht fällt, andererseits aber das Recht auf Pressefreiheit, das heißt, Aktionen von öffentlichem Interesse zu begleiten. In diese Grauzone sticht die Mibrag hinein und stellt Anzeigen. Und wir denken, es ist wichtig, das Recht auf Pressefreiheit vor Gericht zu erkämpfen und damit klare rechtliche Verhältnisse für solche journalistische Arbeit zu schaffen. (…) Im Rahmen dieser Prozesse sind wir vor allem durch „Ende Gelände“ darauf gekommen, dass dahinter eine Strategie steckt: sogenannte Strategic Lawsuits Against Public Participation (SLAPP). Es handelt sich um Klagen gegen Medienverteter*innen, die damit eingeschüchtert werden sollen, um kritische Berichterstattung zu unterbinden. Das ist weltweit ein Phänomen. Dagegen haben sich bereits Gruppen und Bündnisse formiert und teilweise beginnen die Gesetzgeber, wie zum Beispiel die EU-Kommission, auf das Problem zu reagieren. (…) Die Praxis ist bekannt. Es kommt immer wieder vor, gerade bei Klimaprotesten im Westen, dass Journalist*innen Polizeigewalt ausgesetzt sind oder von Unternehmen wegen Hausfriedensbruchs angezeigt werden, Schadensersatzansprüche geltend gemacht oder Unterlassungserklärungen gefordert werden. Das Kind hatte bislang noch keinen Namen und wir haben das jetzt klar als SLAPP-Strategie identifiziert. Nun wollen wir das im Rahmen der Prozesse, die aktuell rund um die Mibrag geführt werden, bekannter machen…“ Interview von Niklas Pfeiffer vom 25. Januar 2023 in luhze externer Link mit Journalisten Marco Brás Dos Santos über kritische Berichterstattung und Einschränkungen der Pressefreiheit
  • Zweiter Prozesstag gegen Aktivisti der Blockade des Kohlekraftwerks Neurath 2021 am 24.1. – Der Termin heute wurde abgesagt. Es geht am 31.01 Um 11:15 Uhr weiter
    Am Amtsgericht Grevenbroich findet am 24. Januar um 11 Uhr der zweite Prozesstag des Strafverfahrens gegen ein Klimaaktivististi statt. Die Blockade des Braunkohlekraftwerks Neurath 2021 wird vorgeworfen. Durch zahlreiche Beweismittel soll gezeigt werden, dass die Blockade nicht nur legitim, sondern auch juristisch nicht rechtswidrig war. Das Kraftwerk Neurath trägt nicht nur zum Klimawandel bei, sondern gefährdet u.a. durch Feinstaubbelastung das Leben und die Gesundheit der Menschen in der Region. „RWE ist der tödlichste Kohlekonzern Europas. Allein das Kraftwerk Neurath tötete 2019 statistisch durch seinen Betrieb einen Menschen am Tag durch Luftverschmutzung.“, sagt Mira Wendig eine weitere Angeklagte. (Quelle: https://beyond-coal.eu/database/ externer Link)
    Eine Support-Person kündigt an: „Wir werden den Prozess nutzen, um RWE öffentlich anzuklagen für das Verschulden dieser Todesfälle, die weltweite Vernichtung von Lebensgrundlagen und um unsere Forderung eines sofortigen Kohleausstiegs zu verbreiten.“ Aktivist*innen hatten am im November 2021 die Schienen und damit Kohlezufuhr zum Braunkohlekraftwerk Neurath blockiert. Das Kraftwerk musste teilweise runtergefahren werden und mindestens 8000 Tonnen CO2 wurden eingespart. RWE gab einen Schaden von 1.4 Mio. Euro an. Zeitgleich tagte die 26. Klimakonferenz der UN in Glasgow. „Repression kann die Bewegung für Klimagerechtigkeit nicht aufhalten, Solidarität ist unsere stärkste Waffe.“, sagt Mira Wendig. Unterstützer*innen der Angeklagten sind ab 10 Uhr mit einer Mahnwache vor dem Gericht zugegen.“ PM vom 23.1.2023 (per e-mail), siehe @BlockNeurath auf Twitter externer Link
  • Strafprozesse und Mahnwache am Amtsgericht Grevenbroich am 17.1. und 31.1.2023 wegen Neurath-Blockade 2021  Hallo liebe Klimabewegte! Letztes Mal kurzfristig abgesagt, stehen nun weitere Strafprozesstermine gegen Aktivistis fest, denen die Neurath-Blockade 2021 vorgeworfen wird. Kommt am Di, 17.1. und am Di, 31. 1. ab 10 Uhr zum Amtsgericht Grevenbroich und begleitet die Prozesse – wenn ihr nicht gerade in Lützerath oder an anderen Stellen damit beschäftigt seid, das weitere Abbaggern von Kohle zu verhindern! Im November 2021 hatten Aktivistis unter dem Motto „BlockNeurath“ anlässlich der Weltklimakonferenz COP 26 in Glasgow mit einer kleinen Aktionsgruppe die Kohleversorgung des Kraftwerks Neurath im Rheinischen Braunkohlerevier blockiert und RWE damit gezwungen, das Kraftwerk teilweise herunterzufahren. Durch die Aktion hat das Kraftwerk über 8000 Tonnen CO2 weniger in die Luft geblasen und laut RWE ist ein Schaden von 1.4 Mio Euro entstanden! Juchu!. (…) Wir werden den Prozess politisch nutzen, um RWE für die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit anzuklagen. Dafür ist es wichtig, dass es eine große öffentliche Aufmerksamkeit gibt – deshalb verbreitet diesen Aufruf! Was könnt ihr tun, um uns zu unterstützen? Kommt zu den Prozessterminen nach Grevenbroich am Di, 17.1. und Di, 31.1. jeweils Start um 11 Uhr: Entweder mit rein in den Gerichtssaal (Achtung – vielleicht nur gegen Personalienabgabe am Eingang!), oder zur Mahnwache vor dem Gerichtsgebäude (ab 10 Uhr)  Ein weiterer Prozesstermin für ein*e weiter*e Betroffene*n wurde für den 14.2. angesetzt – dieser wird vermutlich noch verschoben…“ Aufruf bei AntiRRR externer Link – siehe auch Block Neurath externer Link
  • Strafurteil gegen Journalisten wegen Berichterstattung über Braunkohleproteste von Ende Gelände – dju wirft Energiekonzern MIBRAG Geheimdienstmethoden vor 
    Der Leipziger Journalist Marco Bras dos Santos wurde heute wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Das Amtsgericht in Borna hielt ihn für schuldig, im November 2019 unbefugt das Betriebsgelände des Energiekonzerns Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) betreten zu haben. Damals hatten mehr als 1.000 Aktivist*innen des Bündnisses Ende Gelände Braunkohlebagger im Tagebau Vereinigtes Schleenhain in der Nähe von Leipzig blockiert. Bras dos Santos hatte für das Leipziger Stadtmagazin kreuzer über die Klimaproteste berichtet. Die MIBRAG, deren Eigentümer Daniel Křetínský ein ambivalentes Verhältnis zur Pressefreiheit nachgesagt wird, zeigte ihn daraufhin wegen Hausfriedensbruchs an. Das Gericht ließ die Anklage zu und fällte heute ein Strafurteil gegen den Journalisten.
    Dazu der Journalist Marco Bras dos Santos: „Eine demokratische Gesellschaft ist ohne Pressefreiheit nicht denkbar. Dass Medienschaffende von Energiekonzernen wie der MIBRAG mit Klagen überzogen werden können, zeugt von einem antidemokratischen Verständnis. Es ist der Sinn von Journalismus, im öffentlichen Interesse von wichtigen Ereignissen zu berichten. Genau das sind die Aktionen von Ende Gelände. Nicht umsonst hat der Journalist Tim Wagner für ein Foto von dieser Aktion den Preis des ‚Sächsischen Pressefoto des Jahres 2019‘ erhalten. Die Fachjuri bewies damit das Rückgrat, das von dem Amtsgericht in Borna nicht zu erwarten war. Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass die nächst höheren Gerichtsinstanzen in Sachsen zu einem anderen Urteil kommen würden. Den Kampf um die Pressefreiheit gilt es in Karlsruhe oder Straßburg zu führen.“
    Nach der Aktion von Ende Gelände hatte die MIBRAG die regionalen Medien nach Presseberichten durchsucht und Strafanzeigen insbesondere gegen Journalist*innen erstattet, die Fotos von der Blockade des Tagebaus veröffentlicht hatten. Jörg Reichel von der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) unterstreicht, dass die Anzeige durch die MIBRAG die Pressefreiheit ebenso bedroht wie das Urteil des Amtsgerichts: „Die MIBRAG macht mit den Klagen gegen die Pressefreiheit deutlich, dass sie als Unternehmen noch nicht in der Demokratie angekommen ist. Sie stellt sich nicht dem demokratischen Dialog, indem Journalist*innen und auch parlamentarische Berichterstatter vor Gericht gezerrt werden. Es mutet befremdlich an, dass die MIBRAG nun zu Geheimdienstmethoden greift, Berichterstattung auswertet und Journalist*innen anzeigt. Die Pressefreiheit gilt auch in den Revieren der MIBRAG. Der Tagebau ist ein Gebiet für Spaziergänger und Hundebesitzerinnen, das bis heute frei zugänglich für jeden Menschen ist. Nur für Journalist*innen soll das verboten sein? Es gibt keinen Hausfrieden im Tagebau, weil es ein öffentlich zugängliches Gelände ist. Die MIBRAG kann sich nicht dem gesellschaftlichen Dialog entziehen, indem sie die Berichterstatter*innen über die Umweltproteste kriminalisiert. Ein Ja zum demokratischen Dialog heißt auch, die Pressefreiheit dort hinzunehmen, wo sie den Finger in die Wunde legt.“
    Die MIBRAG gehört dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský. Er ist im Energiesektor groß geworden. Immer wieder hat er mit dem Aufkauf von Medien in Tschechien, aber auch in Frankreich von sich reden gemacht. Mit seinem Agieren hat er vielfach die Kritik auf sich gezogen, Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen zu wollen, indem er die redaktionelle Unabhängigkeit und damit die Freiheit der Presse infrage stelle.
    Dazu Jörg Reichel von der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju): „Der mehrheitliche Eigentümer der MIBRAG, der tschechische Oligarch Daniel Křetínský, steht für Angriffe auf die Pressefreiheit in Europa. Křetínský hat im April 2022 massiv in die Pressefreiheit des französischen Magazins Marianne eingegriffen und zwang die Redaktion, die Schlagzeilen auf der Titelseite zu ändern. In der Erklärung der Redaktion wird Křetínský beschuldigt, gegen die Regeln der Medienfreiheit verstoßen zu haben. 2020 hat sich die Redaktion von ‚Le Monde‘ mit Händen und Füssen gegen die Einflussnahme von Křetínský gewehrt und ein Vetorecht für zukünftige Anteilskäufe erstritten.“ (…)
    Im Amtsgericht Borna läuft derzeit eine Reihe von Strafprozessen wegen der damaligen Braunkohleproteste des Aktionsbündnisses Ende Gelände. Die MIBRAG hatte insbesondere gegen öffentliche Personen Anzeige erstattet wie Journalist*innen und Landtagsabgeordnete. Vor dem Prozess gegen Bras dos Santos waren bereits zwei Strafurteile ergangen. Die beiden Verurteilten haben Rechtsmittel eingelegt, um die Rechtmäßigkeit vom Landgericht überprüfen zu lassen. Auch Marco Bras dos Santos will das Urteil nicht hinnehmen.“ Pressemitteilung von 02.12.2022 bei Ende Gelände externer Link, siehe auch:

    • Ende Gelände Prozesse: Marco Brás dos Santos verurteilt
      Was Sicherheitsbehörden in Sachsen von dem Schutz der Pressefreiheit halten, das hat sich herauskristallisiert am vergangenen Freitag am Amtsgericht in Borna. Dort stand Marco Bràs dos Santos vor Gericht, ein freier Journalist, der u.a. auch für den Leipziger Kreuzer arbeitet. Für diese Zeitung war Marco Brás dos Santos auch im November des Jahres 2019 unterwegs – als mehr als 1 000 Aktivist*innen den Braunkohletagebau „Vereinigtes Schleenhain“ nahe Leipzigs besetzt haben. Um dort für mehr Klimagerechtigkeit und gegen den weiteren Ausbau von Braunkohlerevieren zu protestieren. Die Aktivist*innen vom Bündnis „Ende Gelände“ haben noch am selben Tag nach Verhandlung mit Polizeikräften und Vertreter*innen des ansässigen Kohlekonzerns Mitteldeutsche Braunkohle AG (MIBRAG), den Tagebau friedlich verlassen. Erst im Nachgang trudelten die Anklagen zu Hausfriedensbruch ein, die die MIBRAG erhoben hatte. Aber nicht nur Aktivist*innen erhielten die gutgemeinten gelben Zettelchen. Auch Journalist*innen und Parlamentarier*innen, die die Aktion begleitet haben, bekamen Post. Darüber sprachen wir mit dem Journalisten Marco Bràs dos Santos.“ Interview vom 5.12.2022 beim Radio Corax externer Link Audio Datei
  • Pressefreiheit vor Gericht: Energiekonzern MIBRAG will Journalisten wegen Berichterstattung über Braunkohleproteste verurteilt sehen. Prozess am 02.12.2022 in Borna bei Leipzig 
    Am Freitag, dem 02.12.2022, steht der Leipziger Journalist Marco Bras dos Santos in Borna vor Gericht. In dem kleinen Amtsgericht bei Leipzig läuft derzeit eine Reihe von Strafprozessen wegen Braunkohleprotesten im November 2019. Bras dos Santos hatte für das Leipziger Stadtmagazin kreuzer recherchiert. Deshalb war er vor Ort, als 1.000 Aktivist*innen des Bündnisses Ende Gelände die Kohlebagger im Tagebau Vereinigtes Schleenhain nahe Leipzig blockierten. Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) zeigte ihn daraufhin wegen Hausfriedensbruchs an. Das Gericht ließ eine Anklage zu, obwohl sie Presse- und Meinungsfreiheit berührt. Das dürfte den Strafprozess für Medien und Jurist*innen gleichermaßen interessant machen. Denn das Grundgesetz garantiert den besonderen Schutz journalistischer Berichterstattung, wenn es um Ereignisse von öffentlichem Interesse geht wie Protestaktionen zur Klimakrise.
    Dazu der betroffene Journalist Marco Bras dos Santos: „Im Journalismus reicht es nicht, Pressemitteilungen von Polizei und Konzernen abzuschreiben.  Wir Journalist*innen müssen vor Ort sein, recherchieren und uns ein eigenes Bild machen. Dass Medienschaffende dafür von Energiekonzernen mit Klagen überzogen werden, zeugt von einem antidemokratischen Verständnis. Eine demokratische Gesellschaft ist ohne Pressefreiheit nicht denkbar. Sollte es zu der erwartenden Verurteilung kommen, dann hat das Gericht konkurrierende Rechtsnormen zum Nachteil der Pressefreiheit ausgelegt. Was wiegt schwerer:  Das Recht auf Eigentum oder die Presse- und Meinungsfreiheit. Bis das nicht letztinstanzlich geklärt ist, sollte sich keine Journalistin und kein Journalist davon einschüchtern lassen.“
    Die MIBRAG hatte insbesondere gegen öffentliche Personen Anzeige erstattet wie mehrere Journalist*innen, die Pressesprecherin von Ende Gelände Sina Reisch und zwei Landtagsabgeordnete. Inzwischen sind zwei Strafurteile ergangen. Die beiden Verurteilten haben Rechtsmittel eingelegt, um die Rechtmäßigkeit vom Landgericht überprüfen zu lassen. Ein weiterer Fotojournalist hat sich am Ende seines Prozesses entschieden, das Verfahren gegen eine Geldbuße einstellen zu lassen. Er war im Auftrag der Leipziger Volkszeitung vor Ort gewesen, die seine Fotos  veröffentlichte. Das reichte der MIBRAG für eine Anzeige und dem Gericht für die Eröffnung des Strafverfahrens...“ Pressemitteilung vom 30. November 2022 bei Ende Gelände externer Link
  • Und darin die Auflistung der wichtigsten aktuellen Fälle: „… Seit der Blockade des Braunkohlekraftwerks in Jänschwalde am 19. September 2022 sind Ava, Ralph und Carlo in Haft und befinden sich inzwischen in Luckau-Duben bzw. Cottbus-Dissenchen. Indem gegen die drei Klimaaktivist*innen eine zweimonatige Untersuchungshaft angeordnet wurde, wollen die Repressionsorgane ihren Willen brechen und sie zur Preisgabe ihrer Personalien zwingen. Zusätzlich werden die drei Gefangenen mit Schikanen überzogen: Schon unmittelbar nach der Festnahme sahen sich alle bei der Aktion Festgenommenen mit rechtswidrigen Maßnahmen konfrontiert – von der Verweigerung elementarer Rechte wie einem Anruf bei einer Vertrauensperson bis hin zu systematischem Schlafentzug. In den beiden brandenburgischen Justizvollzugsanstalten wird Ava, Carlo und Ralph veganes Essen verweigert, sodass ihnen Mangelernährung droht. Zeitgleich laufen vor dem Amtsgericht Borna Prozesse wegen der Proteste von Ende Gelände (EG), die im November 2019 auf dem sächsischen Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ stattfanden. Neben der Pressesprecherin von EG und anderen Aktivist*innen stehen auch LINKE-Landtagsabgeordnete sowie Pressevertreter*innen vor Gericht: Die Abgeordnete Jule Nagel wurde bereits am 13. Oktober 2022 zu 15 Tagessätzen à 150 Euro verurteilt, wogegen sie Rechtsmittel einlegen wird. Die Prozesse gegen ihren Fraktionskollegen Marco Böhme und gegen die Journalisten Dirk Knofe und Marco Bras dos Santos sind für die nächsten Wochen terminiert…“
  • Es ist uns unmöglich, all die Repressionsfälle aus der Rubrik Klimastreiks und -kämpfe auszulisten…

Siehe auch unser Dossier: Strategie- und Justizdebatte zur Klimapolitik: „Die Deutschen haben die Pflicht, ungehorsam zu sein“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=205551
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