Augsburg gegen Demonstrationsfreiheit: „Mit einer liberalen Demokratie nicht zu vereinbaren“ Ein überhartes Vorgehen gegen demokratischen Protest hat in Augsburg Tradition

Frauenstreik 2020: Nur gemeinsam sind wir stark!„Als die Augsburgerin Michaela Strattner im März 2022 eine Frauenrechtsdemonstration anmeldete, verfügte die städtische Versammlungsbehörde strenge Auflagen. Sogar das Spielen von Musik und die Lautstärke von gerufenen Parolen beschränkte die Stadt. Nach Ansicht der Polizei  hielt sich die Demo zum Frauentag nicht an alle Auflagen, die Polizei zeigte Strattner an. Das Amtsgericht Augsburg verhängte daraufhin einen Strafbefehl in Höhe von 1.200 Euro gegen die Anmelderin. Dagegen wehrt sich Michaela Strattner, am Donnerstag findet die Verhandlung statt. Versammlungsrechtler zeigen sich angesichts des Vorgangs alarmiert. Schon allein die Auflagen für die Demonstration seien fragwürdig, die Vorwürfe gegen die Anmelderin auch…“ Beitrag von Markus Reuter vom 23. November 2022 bei Netzpolitik.org externer Link und mehr daraus:

  • Weiter aus dem Beitrag von Markus Reuter vom 23. November 2022 bei Netzpolitik.org externer Link: „(…) Im Strafbefehl, den netzpolitik.org einsehen konnte, sind die Auflagen der Demonstration aufgeführt. So durften Lautsprecheranlagen und Megafone „nicht für reine Unterhaltungs-/Vergnügungszwecke, sondern nur für direkte Versammlungszwecke“ verwendet werden. Weiterhin verfügte die Versammlungsbehörde, durch das „Rufen von Parolen, Benutzen von Lärm- und ähnlichen Geräten darf es zu keiner unzumutbaren Lärmbelästigung von Passanten und Anwohnern oder Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs kommen“. Zudem sollten „alle Reden und auch von Ton-/Bildträgern abgespielte Texte, Videos und Musikstücke“ den „öffentlichen Frieden“ wahren. So dürfe nicht zum „Hass gegen Bevölkerungsteile aufgestachelt werden oder zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen aufgerufen werden, indem Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.“ (…) Der Strafbefehl sei eine „bemerkenswert oberflächliche, jedem Referendar als ungenügend angekreidete gerichtliche Entscheidung“, sagt auch der Verwaltungsrechtler und Herausgeber von Publikationen zum Versammlungsrecht, Michael Breitbach. Die im Strafbefehl genannten Versammlungsauflagen hält er für juristisch fragwürdig. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Peer Stolle, Anwalt für Versammlungsrecht in Berlin und Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälte Vereins (RAV). Er bezeichnet den Strafbefehl als „absurd“. Gegenüber netzpolitik.org sagt er, dass die Auflagen gegen die Demonstration zu weitreichend und zu unbestimmt gewesen seien – und deswegen die Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt hätten. (…) Für den Berliner Rechtsanwalt ist letztlich klar: „Diese Demonstrationsauflagen aus Augsburg konterkarieren den Wesensgehalt der Versammlungsfreiheit und sind letztlich mit einer liberalen Demokratie nicht zu vereinbaren“. (…) Es ist nicht das erste Mal, dass die Augsburger Polizei unverhältnismäßig hart gegen die Zivilgesellschaft der Stadt vorgeht. So veranlasste sie im Jahr 2020 unter anderem eine Hausdurchsuchung bei einer 15-jährigen Schülerin, weil sie diese im Verdacht hatte, im Rahmen einer Greenpeace-Aktion im Jahr 2019 mit Kreide auf die Straße gemalt zu haben. In einem anderen Fall hatte ein Klimaaktivist einen Zeitungsartikel der Schleswig-Holsteiner-Zeitung unter einem Facebook-Post des Augsburger AfD-Lokalpolitikers Andreas Jurca verlinkt. Dieser fühlte sich offenbar von dem Vorschaubild „Du bist so 1 Pimmel“ beleidigt und erstattete Anzeige gegen den Aktivisten. Für die Augsburger Polizei war die Verlinkung des Medienartikels Anlass genug für eine Razzia in der Wohnung des Aktivisten im April 2022. Die Beamt:innen beschlagnahmten dabei auch private Geräte des Aktivisten, der für das Augsburger Klimacamp aktiv ist. Diese beiden Fälle sind auf einer Webseite dokumentiert.“

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=206381
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