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Italienische Flüchtlingspolitik
Dossier
Human Cargo – neuer Bericht über Menschenrechtsverletzungen von Flüchtlingen in Italien: Behandelt wie menschliche Fracht – Italien weist Schutzsuchende nach Griechenland zurück. Der Griechische Flüchtlingsrat und PRO ASYL veröffentlichen Bericht über willkürliche Zurückweisungen von italienischen Häfen nach Griechenland. Der Bericht bei Pro Asyl basiert auf Zeugenaussagen von über 50 Schutzsuchenden, die mindestens einmal in dieser Weise von Italien nach Griechenland zurückgewiesen wurden. Ältere Beiträge zum Thema finden sich in der Rubrik „italienische Flüchtlingspolitik“ im LabourNet-Archiv und aktueller Zusammenhang im Dossier: Und der nächste Schritt sind Kopfprämien? Italien schließt Antiflüchtlingsabkommen mit Libyen. Mit welcher Bande da? sowie Dossier: [Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden – siehe hier zur Lage der Flüchtlinge und der FlüchtlingsretterInnen in Italien:
- Gescheitert: Italien zieht Personal aus Flüchtlingslagern in Albanien ab – Die Justiz machte ihr zweimal einen Strich durch die Rechnung
„… Italien zieht einen Großteil des Personals aus seinen umstrittenen Aufnahmezentren für Migranten in Albanien ab. Wie mehrere italienische Medien übereinstimmend berichteten, verlassen anderthalb Monate nach der Inbetriebnahme der Flüchtlingslager die meisten Beschäftigten des für den Betrieb und die Verwaltung der Zentren zuständigen Unternehmens Medihospes noch an diesem Wochenende Albanien. (…) Aus dem Innenministerium in Rom verlautete der Nachrichtenagentur Ansa zufolge, das Personal sei zwar reduziert worden, die Lager blieben aber weiter geöffnet und betriebsbereit. (…) Die rechte Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war zuletzt zweimal mit ihrem Plan gescheitert, über die Asylanträge von Mittelmeer-Migranten außerhalb der EU entscheiden zu lassen. Gerichte hoben zweimal hintereinander die Inhaftierung von Migranten in den Lagern auf, nachdem sie zuvor von den Behörden auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer gestoppt worden waren. Sie wurden danach nach Italien überstellt. Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der außerhalb der EU-Grenzen Lager errichtet hat, um dort Asylanträge in einem beschleunigten Verfahren und nach italienischem Recht abzuwickeln. Das „Albanien-Modell“ der Rechtsregierung von Regierungschefin Meloni ist umstritten. Andere europäische Regierungen verfolgen es allerdings genau. So auch in Deutschland. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das italienische Modell als „interessant“ bezeichnet.“ Meldung vom 24. November 2024 im MiGAZIN - Erneut stoppt ein Gericht in Italien die Aussetzung von MigrantInnen in Aufnahmelagern in Albanien: Geflüchtete aus Bangladesch und Ägypten dürfen nach Italien
- Unterbringung von Migranten:Gericht stoppt erneut Melonis Albanien-Pläne
„Niederlage für Italiens Ministerpräsidentin Meloni: Erneut ist die Unterbringung von Migranten in Aufnahmelagern in Albanien gestoppt worden. Erneut ist die Unterbringung von Migranten aus Italien in Aufnahmelagern in Albanien juristisch gestoppt worden. Ein Gericht in Rom weigerte sich am Montag, dem Festhalten von sieben Männern in den von Italien betriebenen Zentren zuzustimmen und verwies den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser solle nun die Vereinbarkeit der italienischen Gesetzgebung mit dem europäischen Recht prüfen, hieß es in dem Urteil der Richter aus Rom. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen der italienischen Regierung erfuhr, sollen die Flüchtlinge aus Ägypten und Bangladesch in Kürze zurück nach Italien zurückgebracht werden. Vize-Regierungschef Matteo Salvini prangerte ein „politisches Urteil“ an, das sich nicht „gegen die Regierung, sondern gegen die Italiener und ihre Sicherheit“ richte. Salvini steht ebenso wie die ultrarechte italienische Regierungschefin Giorgia Meloni für eine migrationsfeindliche Politik…“ Meldung vom 11.11.2024 beim ZDF - Weitere Niederlage für Meloni: Flüchtlinge dürfen nach Italien
„Eigentlich will Rom pro Jahr über bis zu 36.000 Asylanträge außerhalb der EU entscheiden lassen. Aktuelle Bilanz: null. Scheitert nach den britischen Ruanda-Plänen in Europa gerade das nächste Modell? (…)
Die Entscheidung liegt jetzt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Zuvor wird vermutlich Anfang Dezember Italiens oberstes Gericht, der Kassationsgerichtshof, ein Urteil fällen. Im Kern geht es darum, welche Staaten in Asylverfahren als sogenannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden – und wer darüber entscheidet. Gilt nationales Recht oder europäisches Recht? Meloni vertritt die Auffassung, dass die Festlegung von Listen sicherer Herkunftsländer hoheitliche Aufgabe ihrer Regierung sei – nicht der Justiz. Die italienischen Gerichte verweisen bislang auf ein anderslautendes Urteil des EuGH…“ Beitrag von Christoph Sator vom 12.11.2024 im Migazin
- Unterbringung von Migranten:Gericht stoppt erneut Melonis Albanien-Pläne
- Flüchtlingslager in Albanien: Italien startet nach Niederlage vor Gericht neuen Versuch – obwohl sich Gerichte in Bologna und Catania bereits gegen den Meloni-Erlass stellten
„Italiens rechte Regierung startet nach einer Niederlage vor Gericht einen neuen Versuch, Migranten in Lagern in Albanien unterzubringen. Eine neue Gruppe von Menschen ist auf dem Weg dorthin. Nach einer ersten Pleite startet Italiens Rechtsregierung einen neuen Versuch, Mittelmeer-Migranten außerhalb der EU in Flüchtlingslagern unterzubringen. Ein italienisches Marineschiff nahm am Mittwoch acht Menschen in internationalen Gewässern an Bord und steuerte den albanischen Hafen von Shengjin an, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete. Die Männer hatten zuvor versucht, in Booten „irregulär“ nach Italien einzureisen. (…) Es ist unklar, ob auch dieses Mal die italienische Justiz den Plänen der Regierung in Rom einen Strich durch die Rechnung machen wird. Gerichte in Bologna und Catania stellten sich bereits gegen den neuen Meloni-Erlass.“ Meldung vom 07.11.2024 im Migazin („Flüchtlingslager in Albanien: Italien startet neuen Versuch“) - „Volkswille“ vor Recht: Italienisches Gericht stoppt Deportationslager in Albanien – Meloni definiert nun „sichere Herkunftsstaaten“ per Dekret
- Vorlage von Gericht aus Bologna: Melonis Albanien-Pläne beschäftigen den EuGH
„Italiens Pläne für Flüchtlingslager in Albanien werden in der EU aufmerksam verfolgt. Jetzt geht es vor den Europäischen Gerichtshof. Ein Gericht in Bologna zieht einen Vergleich mit Nazi-Deutschland.
Die Pläne der italienischen Rechts-Regierung zur Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU werden nun auch zu einem Fall für die europäische Justiz. Auf Antrag eines Gerichts in Bologna soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einen neuen Erlass prüfen, mit dem die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihr Vorhaben retten will. Ihr erster Versuch, über die Asylanträge von Migranten in einem Lager in Albanien entscheiden zu lassen, war an der italienischen Justiz gescheitert. Die beiden erst kürzlich eröffneten Lager stehen jetzt wieder leer. Das Gericht in der norditalienischen Stadt Bologna legte die Sache dem EuGH die Sache am Dienstag vor, um den erst eine Woche zuvor von der Meloni-Regierung verabschiedeten Erlass prüfen zu lassen. Dabei geht es insbesondere um eine darin verankerte Liste von 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern von Migranten. Solche Listen sind auch in anderen Ländern der Europäischen Union umstritten. Melonis Umgang mit Mittelmeer-Flüchtlingen wird innerhalb der EU aufmerksam verfolgt. (…) Das Gericht in Bologna verwies nun auf eine EuGH-Entscheidung, wonach ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn tatsächlich alle gesellschaftlichen Gruppen im gesamten Land sicher sind. Zur Erläuterung zogen die Richter einen Vergleich mit Nazi-Deutschland: „Deutschland unter dem Naziregime war für die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ein äußerst sicheres Land: Abgesehen von Juden, Homosexuellen, politischen Gegnern, Menschen mit Roma-Volkszugehörigkeit und anderen Minderheitengruppen konnten sich mehr als 60 Millionen Deutsche eines beneidenswerten Zustands der Sicherheit erfreuen.““ Meldung vom 30.10.2024 der LTO-Redaktion - Meloni sucht einen Ausweg aus der Albanien-Krise
„Wer entscheidet über die konkrete Ausgestaltung der Asylpolitik, die Regierung oder die Gerichte? Für Italiens Regierungschefin ist die Antwort klar: sie selbst. Das will sie jetzt mit einer Gesetzesänderung absichern. (…)
Über das Wochenende hatten Meloni und ihre Minister Zeit, sich einen neuen Weg zu überlegen, der sie an ihr erklärtes Ziel führen soll, möglichst viele Flüchtende von Italien fernzuhalten – genauer gesagt: sie daran zu hindern, überhaupt erst italienischen Boden zu betreten. Wie sich am Abend herausstellte, reagiert die Regierung mit einer Mischung aus Verfahrensregeln oder Richter-Beschimpfung. So wird die Liste der sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ um einige kritische Staaten gekürzt und im übrigen in einem Regierungsdekret festgeschrieben, also einem Rechtsakt mit Gesetzeskraft. (…) Deshalb halten es Experten auch für fraglich, ob es reicht, wenn die Regierung ihre Rechtsauffassung nun in ein Dekret oder ein Gesetz gießt – der Widerspruch zum europäischen Recht bleibt bestehen, und dieses geht auch in Italien vor. Das allerdings sind Zusammenhänge, für die die Regierungsparteien erkennbar wenig Verständnis haben. Es stehe der Justiz nicht zu, Entscheidungen einer Regierung zu korrigieren, die den Willen des Volkes zum Ausdruck bringt, sagt der Justizminister Carlo Nordio, ein Parteifreund Melonis. Die Richter wiederum bestreiten, dass sie politisch agieren. Ihnen lasse die europäische Rechtslage gar keine andere Wahl. Dazu der Justizminister am Montag Abend bei einer Pressekonferenz: Das Urteil aus Luxemburg sei „sehr komplexen und detailliert“ und zudem auf Französisch verfasst, es sei „von den Richtern wahrscheinlich nicht gut verstanden oder gut gelesen“ worden. Die Richter stehen erkennbar im Fokus des Meloni-Lagers. Sie gelten als Gegner und werden von manchen Politikern sogar auf frühere politische Äußerungen hin oder die Mitgliedschaft in politischen Organisationen überprüft…“ Artikel von Marc Beise, Rom, vom 21. Oktober 2024 in der Süddeutschen Zeitung online - „Volkswille“ vor Recht: Gericht in Rom erklärt nach Albanien ausgelagerte Asyl-Schnellverfahren für illegal – ein Schlag für Meloni und von der Leyen.
„Auf EU-Gipfel wurde die Genfer Konvention in Frage gestellt. Immer mehr Rechtsbrüche zur Flüchtlingsabwehr.
Aktuelle Pläne der EU-Kommission zur Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten haben Ende vergangener Woche einen ernsten Rückschlag erhalten. Ein Gericht in Rom hat den Abtransport mehrerer Flüchtlinge in Lager in Albanien für unzulässig erklärt; von dort aus sollten sie nach einer Ablehnung ihrer Asylanträge in Schnellverfahren unmittelbar in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Dies sei mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht vereinbar, heißt es in dem Urteil des italienischen Gerichts. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor erkennen lassen, sie ziehe eine Ausdehnung des „Albanien-Modells“ in der gesamten EU in Betracht. Darüber hinaus erwägt von der Leyen die Einrichtung von Abschiebelagern in Drittstaaten, in die abgelehnte Asylbewerber deportiert werden sollen. (…) Bei diesen handelt es sich um Deportationslager, in die Flüchtlinge abtransportiert werden sollen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, deren Abschiebung aus der EU in ihre Herkunftsländer oder in angeblich sichere Drittstaaten aber nicht unmittelbar möglich ist. Um sie dennoch so schnell wie möglich außer Landes zu schaffen, sollen sie nach von der Leyens Plänen künftig in die erwähnten Deportationslager in Drittstaaten verlegt werden können. Den bislang konkretesten Vorstoß haben die Niederlande unternommen, deren Rechtsaußenregierung vor kurzem „das strengste Asylregime aller Zeiten“ angekündigt hat. Flüchtlinge sollen, so heißt es, zwangsweise in wenigen großen Lagern untergebracht und ausschließlich mit einem unabweisbaren Minimalbedarf versorgt werden. Zudem verlangt Den Haag ein Opt-Out aus der gemeinsamen EU-Asylpolitik, um die Landesgrenzen komplett abschotten zu können. Über den Bau eines ersten Deportationslagers verhandelt die niederländische Regierung zur Zeit mit Uganda. Wohin die Flüchtlinge von dort aus weiterdeportiert würden, das läge im Belieben der Regierung in Kampala. (…) Mittlerweile dringen erste EU-Regierungen darauf, das Asylrecht gänzlich außer Kraft zu setzen, oder haben sogar schon damit begonnen. Finnland hat seine Grenze zu Russland im April komplett geschlossen, nimmt dort keine Asylanträge mehr entgegen und hat es sich vom finnischen Parlament explizit genehmigen lassen, Flüchtlinge, denen der Grenzübertritt dennoch gelingt, zurückzuschieben. Dies ist weder mit internationalem noch mit EU-Recht vereinbar, wird aber von Brüssel umstandslos toleriert. Polen will das Asylrecht für alle, die aus Belarus einreisen oder einreisen wollen, gänzlich aussetzen. Zur Begründung heißt es, Belarus führe einen „hybriden Krieg“, indem es Flüchtlinge in Richtung Westen ziehen lasse; dagegen müsse man sich zur Wehr setzen. Polens stellvertretender Innenminister Maciej Duszczyk spricht sich zudem dafür aus, „eine solche Lösung auch im europäischen Recht“ zu verankern.[8] Noch einen Schritt weiter will Dänemark gehen. Dessen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen plädierte auf dem EU-Gipfel am Donnerstag dafür, die Genfer Konvention außer Kraft zu setzen; sie erklärte: „Die Regeln, die nach dem Zweiten Weltkrieg festgelegt wurden, funktionieren in der heutigen Welt nicht mehr“. (…) Einen Rückschlag haben die EU-Deportationspläne Ende vergangener Woche in Rom erhalten – kurz nachdem ein italienisches Marineschiff die ersten 16 Flüchtlinge in die Lager in Albanien gebracht hatte. Vier von ihnen mussten rasch nach Italien gebracht werden: Zwei waren minderjährig, zwei waren krank. Das Gericht in Rom urteilte nun, auch die übrigen zwölf hätten Anrecht auf ein reguläres Asylverfahren in Italien und müssten daher sofort aus Albanien abgeholt werden. Das Urteil stützt sich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom 4. Oktober 2024, der zufolge ausschließlich solche Staaten als „sicher“ für Flüchtlinge eingestuft werden könnten, bei denen dies für das gesamte Staatsgebiet gelte. Die italienischen Behörden holten am Wochenende die zwölf Flüchtlinge umgehend nach Italien. (…) Die italienische Regierung ist allerdings nicht bereit, sich damit zufriedenzugeben. Sie hat angekündigt, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Zudem erklärte Justizminister Carlo Nordio, die Justiz dürfe keine Regierungsentscheidung für gesetzeswidrig erklären, „die den Willen des Volkes zum Ausdruck bringt“ …“ Bericht vom 21. Oktober 2024 von und bei German-Foreign-Policy.com - Migranten müssen zurück nach Italien. Flüchtlingscamps in Albanien: Gericht stoppt Melonis umstrittenes Experiment
„Sämtliche Bootsflüchtlinge, die Italien in dieser Woche erstmals in Albanien interniert hat, müssen umgehend nach Italien gebracht werden. Dies hat ein Gericht in Rom entschieden.
Am Donnerstag hatte Giorgia Meloni für die beiden italienischen Flüchtlingscamps in Albanien am EU-Gipfel von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und von einigen Regierungschefs noch viel Zuspruch und Schulterklopfen erhalten – und 24 Stunden später kam die eiskalte Dusche: Die Gruppe von 16 Flüchtlingen aus Ägypten und Bangladesch, die in dieser Woche als erste „Gäste“ in den albanischen Lagern interniert wurden, müssen umgehend nach Italien gebracht. Dies hat ein Gericht in Rom entschieden. Begründung: Die beiden Herkunftsländer seien „nicht sicher“; die von der Rechtsregierung geplante schnelle Rückschaffung sei damit unmöglich. Es war das erste Mal, dass ein EU-Staat Asylbewerber in einen Drittstaat außerhalb der Union gebracht hat, um sie von dort aus direkt abzuschieben. (…) Bei Ägypten und Bangladesch handle es sich um Staaten, die nicht überall sicher seien, urteilte das Gericht in Rom. Dasselbe dürfte auch für die meisten der anderen Herkunftsstaaten gelten, deren Migranten nach Albanien gebracht werden sollten. Mit anderen Worten: Der Entscheid des EuGH hat den italienischen Abschiebezentren in Albanien faktisch die juristische Grundlage entzogen.
Bereits die ersten Flüchtlinge mussten nach Italien
Die beiden Lager – ein Empfangslager beim albanischen Hafen Shengjin und ein Abschiebezentrum 20 Kilometer landeinwärts – sind Anfang dieser Woche in Betrieb genommen worden und hatten am Mittwoch die ersten 16 Flüchtlinge aufgenommen, die zuvor von der italienischen Küstenwache auf offener See gerettet bzw. abgefangen wurden. Das umstrittene Experiment mit den extraterritorialen Abschiebezentren hatte für Melonis Rechtsregierung schon schlecht begonnen: Vier der 16 Migranten mussten, kaum hatten sie albanischen Boden betreten, sofort nach Italien gebracht werden: Zwei waren krank und zwei erklärten, sie seien minderjährig…“ Artikel von Dominik Straub vom 18.10.2024 bei RND
- Vorlage von Gericht aus Bologna: Melonis Albanien-Pläne beschäftigen den EuGH
- Italien plant, gegen europäisches Recht, extraterritoriale Asylverfahren in 2 zwei Haftzentren in dem Nicht-EU-Staat Albanien durchzuführen
„Italien hat in Albanien zwei Haftzentren eröffnet. In Kürze sollen dort bis zu 3.000 Asylsuchende gleichzeitig zur Durchführung von Asylverfahren festgehalten werden. Pauschale Inhaftierungen und mangelnder Rechtsschutz sind schon jetzt absehbar. PRO ASYL kritisiert den Deal und lehnt die Auslagerung von Flüchtlingsschutz grundsätzlich ab. Italien plant, extraterritoriale Asylverfahren in dem Nicht-EU-Staat Albanien durchzuführen. Hierfür wurden am 11. Oktober 2024 zwei Haftzentren eröffnet. Konkret bedeutet das: Tausende Menschen, die in Europa Schutz suchen und von der italienischen Marine oder Küstenwache in internationalen Gewässern aufgegriffen werden, sollen in den nächsten fünf Jahren nach Albanien gebracht werden, um ihre Asylverfahren dort in Haftzentren zu durchlaufen. Eine entsprechende Vereinbarung haben die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama im November 2023 unterzeichnet. Mit diesem Konstrukt möchte die italienische Regierung europäisches Recht umgehen – denn die EU-Asylverfahrensrichtline gilt erst bei Anträgen an der Grenze, in Transitzonen oder in Hoheitsgewässern – nicht aber in internationalen Gewässern. Damit verstößt Italien gegen europäisches Recht, das keine extraterritorialen Asylverfahren vorsieht…“ Meldung vom 12.10.2024 von Pro Asyl („Italiens Deal mit Albanien: Kein Modell für Deutschland“) - Neues Gesetz in Italien behindert NGO-Aufklärungsflugzeugen bis zur Beschlagnahme, um das zivile Auge über dem Mittelmeer abzuschalten
„Die Organisation Sea-Watch, die zwei Aufklärungsflugzeuge über dem zentralen Mittelmeer betreibt, verurteilt das jüngste italienische Migrationsgesetz scharf. Sie sieht darin einen direkten Angriff auf alle zivilen Bemühungen, von der EU, Italien und ihren Partnern begangene Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Das Gesetz, das die Festsetzung und Beschlagnahme von NGO-Flugzeugen ermöglicht, ist ein weiterer Versuch, die Öffentlichkeit im zentralen Mittelmeerraum auszusperren und die Aufdeckung Europas tödlicher Migrationspolitik zu verhindern. Die Gesetzesänderung, die am heutigen 3. Oktober in Kraft treten soll, sieht die Festhaltung eines Flugzeugs für 20 Tage bis zu zwei Monaten und in letzter Instanz die Beschlagnahme sowie Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro vor. Das Dekret zwingt von NGOs betriebene Flugzeuge, jeden Notfall auf See nicht nur den nationalen Rettungsleitstellen zu melden, was bereits Standard ist, sondern auch der italienischen Luftfahrtbehörde, die keine Zuständigkeit bei Such- und Rettungseinsätzen (SAR) hat. Die Maßnahme unterstellt fälschlicherweise, dass Organisationen wie Sea-Watch Notfälle nicht rechtzeitig melden, während in der Realität staatliche Akteure die Rettung verzögern. Paul Wagner, Sprecher von Sea-Watch, sagt dazu: „Dieses Gesetz zielt darauf ab, unsere Flugzeuge am Boden zu halten und das zivile Auge über dem Mittelmeer abzuschalten. Gleichzeitig versucht Italien, die Verantwortung für die Seenotrettung auf unsichere Länder wie Libyen oder Tunesien abzuwälzen und verstößt damit gegen internationales Recht. (…) Wir decken die Wahrheit über europäische Regierungen und Frontex auf, und deshalb wollen sie uns aufhalten. Die Gesetzesänderung soll uns einschüchtern, aber wir werden weiter fliegen und die Folgen europäischer Grenzpolitik aufzeigen. Italien kann versuchen, unsere Flugzeuge festzuhalten, an der tödlichen Realität ändert dies nichts“, so Wagner abschließend. (…) Die Organisation fordert die internationale Gemeinschaft auf, diesen offenkundigen Versuch, zivile Aufklärungsarbeit zu behindern, zu verurteilen.“ Sea-Watch-Pressemitteilung vom 3. Oktober 2024 („Sea-Watch: Italien droht NGOs mit Beschlagnahme von Aufklärungsflugzeugen“) - Italienische Behörden setzen Rettungsschiff Sea-Watch 5 für 20 Tage fest wegen „unrechtmäßiger“ Rettung von 289 Personen
„Nach der Rettung von 289 Personen am 31. August 2024, setzen italienische Behörden das Schiff Sea-Watch 5 für 20 Tage fest. Zuvor wurde dem Schiff das fast 1000 Kilometer entfernte Civitavecchia als Hafen zugewiesen, wo die geretteten Menschen an Land gingen. Grundlage der Festsetzung ist das im Januar 2023 eingeführte sogenannte Piantedosi-Dekret, das gezielt und unrechtmäßig die Arbeit ziviler Rettungsorganisationen angreift. (…) Chiara Milanese, Einsatzleiterin auf der Sea-Watch 5: “Italien bestraft uns dafür, dass wir internationales Recht einhalten und die Pflicht zur Rettung befolgen. Den Preis dafür zahlen Menschen auf der Flucht, die ohne Aussicht auf Rettung ertrinken. Wer bringt die Verantwortlichen für den Massenmord im Mittelmeer auf der Anklagebank?”“ Sea-Watch-Meldung vom 4.9.2024 („Rettungsschiff Sea-Watch 5 festgesetzt“) - „Italienisches Guantánamo“: Flüchtlinge ausgelagert nach Albanien – Brüssel hat nichts dagegen, andere EU-Staaten schauen interessiert zu
„Italien will einige Asylverfahren in Albanien abwickeln. Brüssel hat nichts dagegen, andere EU-Staaten schauen interessiert zu, Kritiker sehen in dem Projekt ein „italienisches Guantánamo“.
Höher als der Metallzaun sind nur die Masten mit Überwachungskameras und der Berg Kakarriqi. Tausende Blicke dürften diese schroffen, spärlich mit mediterranem Gebüsch bewachsenen Hänge bald sehnsüchtig abtasten, über den eisgrauen, fünfmal mannshohen Zaun hinweg. In diesem strengstens bewachten Lager Gjader im Norden Albaniens herrscht italienisches Recht, das sieht man auch den Fahrzeugen auf dem Gelände an: Polizia. Oder den Uniformen, auf denen Carabinieri geschrieben steht. In Gjader sollen demnächst Männer gefangen gehalten werden, die ein ganz anderes Ziel ansteuern. Italiens Behörden wollen Bootsflüchtlinge hierher bringen, die sie im Mittelmeer an Bord ihrer Schiffe nehmen. Sollte trotz der Sicherheitsvorkehrungen eine Person aus diesem Lager entfliehen und von Albaniens Polizei gestellt werden, soll diese ihn den Italienern zurückbringen. Auch das sieht der Deal zwischen Rom und Tirana vor.
Die Vereinbarung soll vielen Menschen den angestrebten direkten Weg übers Mittelmeer in die EU verwehren, sie über die Außengrenze umleiten. Albanien ist Beitrittskandidat, aber längst kein EU-Mitglied. Hier will Rom – exterritorial – die Asylanträge prüfen. Dieses Prozedere ist eine Premiere, die auch von anderen EU-Staaten mit wohlwollender Neugier beobachtet wird. Es soll helfen, den Druck auf die Flüchtlingszentren in Italien abzubauen, über den viele seit Jahren klagen. Dazu hatten Italien und Albanien im vergangenen Jahr ein Abkommen geschlossen, das von den Parlamenten beider Länder ratifiziert wurde. Rom trägt dafür alle „direkten und indirekten“ Kosten. Eingeplant sind insgesamt etwa 670 Millionen Euro. (…)
Derweil führt Italiens Botschafter Fabrizio Bucci schwitzend einige Journalisten durch die halbfertige Anlage ohne Schattenspender, in der bereits viele Polizisten finster um sich blicken. Der Diplomat hat eine widersprüchliche Aufgabe. Einerseits will er zeigen, wie human sein Land mit den Flüchtlingen und Migranten umgehen werde. Gleichzeitig erhofft sich Rom auch eine abschreckende Wirkung dieser Lager auf Menschen, die nach Europa wollen.
Enge Schlafcontainer für 3.000 Männer
Platzangst sollte niemand haben, der in einem der Container von Gjader schlafen muss. Jeweils vier Männer sollen sich einen nur 15 Quadratmeter kleinen Raum teilen. Immerhin sind an jedem Container Klimaanlagen montiert. (…) Bis zu 3.000 Männer gleichzeitig sollen in dem Lager unterkommen können – kontrolliert und betreut von 100 Italienern: Carabinieri und Staatspolizisten, außerdem Justizbeamte, Ärzte und Pfleger. Von hier aus sollen sie während ihrer Asylverfahren mit den italienischen Behörden und mit ihren Rechtsanwälten kommunizieren, die teils aus Italien anreisen, teils per Video zugeschaltet mit ihnen in Kontakt treten. Binnen eines Jahres können etwa 36.000 Menschen nacheinander in diesem Lager leben, so der Plan. „Alles, was wir hier machen, ist kompatibel mit der europäischen Gesetzgebung“, beteuert Botschafter Bucci. „Sogar die albanischen Gesetze sind schon auf europäischem Niveau und auch mit den italienischen kompatibel. Wir wenden hier dieselben Gesetze an, wie in den Lagern in Italien.“ Die EU-Kommission betonte, dass sie die Situation aufmerksam verfolge und in Kontakt mit den italienischen Behörden bleibe. (…) Abgewiesene Asylantragsteller will Rom nach maximal 18 Monaten Aufenthalt in Gjader in ihre Heimatländer abschieben. Was aber geschieht, wenn diese sie nicht zurücknehmen wollen? Hier habe man vorgesorgt, erläutert Botschafter Bucci: Bereits auf den Schiffen der italienischen Behörden würden die Geflüchteten sortiert. Nur diejenigen, die aus Ländern kommen, in die man sie aufgrund bilateraler Abkommen auch wieder abschieben kann, werden nach Gjader gebracht. Die Übrigen kommen nach Italien. (…)
Diese Eingrenzung auf internationale Gewässer bedeutet nach Einschätzung von Amnesty International, dass es sich vor allem um Bootsflüchtlinge handle, die nahe der afrikanischen Küste auf die italienischen Schiffe kommen. Die Menschenrechtsorganisation hat das Wohl der Menschen im Blick, die oft tagelang in seeuntauglichen Booten auf dem Meer unterwegs sind, in der prallen Sonne, ohne große Vorräte. Diesen erschöpften und womöglich kranken und traumatisierten Menschen werde eine viel zu lange Schifffahrt bis nach Albanien zugemutet, statt sie zügig zur nächsten italienischen Insel zu bringen.“ Beitrag von Kathrin Lauer und Robert Messer vom 6.08.2024 im Migazin - EU-Kommission verschleppt die Beschwerde gegen Italiens Zuweisung von weit entfernten Häfen und unterstützt dadurch die Behinderung der zivilen Seenotrettung
„Im Rahmen des Beschwerdemechanismus der Europäischen Union (1) sei die Europäische Kommission (EK) ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, innerhalb von 12 Monaten ein italienisches Gesetz zu prüfen, das Such- und Rettungsaktivitäten im zentralen Mittelmeer behindert, kritisieren führende Nichtregierungsorganisationen, darunter zwei Seenotrettungsorganisationen.
Im Juli 2023 reichten die fünf Organisationen – die Vereinigung für juristische Studien zu Immigration (ASGI), EMERGENCY, Ärzte ohne Grenzen (MSF), Oxfam Italien und SOS Humanity – fünf separate Beschwerden über das italienische Gesetzesdekret 1/2023 (2) und die Praxis der italienischen Behörden ein, systematisch weit entfernte Häfen für die Ausschiffung von aus Seenot geretteten Menschen zuzuweisen. Die Nichtregierungsorganisationen argumentierten, dass das Gesetzesdekret und die Praxis entfernte Häfen zuzuweisen, nicht mit den Verpflichtungen der EU-Mitgliedsstaaten nach europäischem und internationalem Seerecht und den Menschenrechten im Einklang stehen und dass sie eine systematische Behinderung der zivilen Such- und Rettungsaktivitäten im Mittelmeer darstellen. “Als Hüterin der Verträge ist die Europäische Kommission verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten das EU-Recht und dessen einheitliche Anwendung respektieren“, sagt Marie Michel, politische Expertin bei SOS Humanity. (…) „Indem die Kommission die Prüfung hinauszögert, duldet sie die systematische Behinderung der Rettung von Menschenleben im Mittelmeer. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren, denn die Zahl der Menschen, die auf See sterben, steigt. (…) Im Rahmen der Praxis der weit entfernten Häfen – die in keiner italienischen Rechtsvorschrift festgeschrieben, aber seit Dezember 2022 gängig ist – werden humanitären Such- und Rettungsschiffen systematisch Häfen in Nord- statt in Süditalien zugewiesen. Dies wirkt sich sowohl auf die geretteten Menschen aus, deren Zustand ohnehin schon äußerst prekär ist, als auch auf die Rettungsschiffe, deren Fahrtzeiten sich dadurch erheblich verlängern. „Die Praxis der weit entfernten Häfen ist ein Verstoß gegen internationales Recht“, sagt Francesca Bocchini, politische Referentin bei EMERGENCY. „Sie verschlimmert das Leiden der geretteten Menschen, indem sie ihren Zugang zu lebenswichtiger Versorgung verzögert; sie zieht finanzielle Ressourcen von lebensrettenden Maßnahmen ab und hält die Rettungsschiffe aus den Gebieten fern, in denen sie am dringendsten benötigt werden.“ Nach Berechnungen von SOS Humanity haben humanitäre Rettungsschiffe seit 2023 durch den zusätzlichen Navigationsaufwand, der erforderlich ist, um entfernte Häfen zu erreichen, insgesamt 520 Tage verloren, die sie für die Rettung von Menschen in Seenot hätten aufwenden können. Das Gesetzesdekret 1/2023 wurde außerdem in 22 Fällen dazu verwendet, humanitäre Rettungsschiffe in italienischen Häfen festzusetzen, bis heute für insgesamt 480 Tage…“ Pressemitteilung vom 19. Juli 2024 bei SOS Humanity („Europäische Kommission: Pflicht verfehlt“) - Politische Repression gegen Seenotrettung nimmt in Italien weiter zu, aber ein juristischer Erfolg erklärt die Festsetzung von „Humanity 1“ als rechtswidrig
- Italien: Politische Repression gegen Seenotrettung nimmt weiter zu
„Rachele ist Juristin und Teil des italienischen Teams von Sea-Watch. In den letzten zwanzig Monaten beobachtete sie, wie sich die migrationspolitische Lage seit der Amtsübernahme von Giorgia Meloni zuspitzt. Obwohl ihre im Wahlkampf angekündigte „Seeblockade“ dank geltendem internationalen Recht nicht möglich ist, gibt es großen Grund zur Sorge. Meloni schreckt vor nichts zurück, um Menschen auf der Flucht daran zu hindern, italienisches Festland zu erreichen. Im Februar letzten Jahres verbreitete der tunesische Präsident Kais Saied Verschwörungstheorien gegen Schwarze Menschen und Flüchtende. Damit befeuerte er eine brutale Hetzjagd im ganzen Land. Unter anderem wurden 1.200 flüchtende Menschen von tunesischen Behörden in die algerische und libysche Wüste abgeschoben, wo viele von ihnen starben. Trotz dieser gewaltsamen Ereignisse nahm die EU im Juli 2023 Verhandlungen mit dem tunesischen Präsidenten auf und unterzeichnete eine Absichtserklärung mit dem Ziel, Migration über das Mittelmeer von Tunesien aus gewaltsam zu stoppen. Und als wäre das nicht schon zynisch genug, bezeichnet Meloni Tunesien als sicheren Ort für Geflüchtete. Somit will sie Pullbacks in ein Land legitimieren, in dem Flüchtende nicht geschützt, sondern verfolgt werden. Dieses Vorgehen zeigt auf bitterste Weise, dass es keine Scheu mehr vor Gewalt gibt, wenn es um Grenzkontrollen der EU geht. Auch auf See verschärft Meloni die Situation: Aufgrund des seit Januar 2023 geltenden Piantedosi-Dekrets unterliegen wir weiteren Vorschriften, die Rettungsmaßnahmen behindern und Menschen in Seenot weiter gefährden. Mitunter müssen wir nach jeder Rettung direkt einen italienischen Hafen ansteuern – selbst wenn wir von weiteren Seenotfällen wissen. Dabei haben wir mehr Rettungskapazitäten: An Bord unserer Sea-Watch 5 ist viel Platz, wir haben Treibstoff, um länger im Suchgebiet zu sein und Ausstattung, um mehr Menschen aus Seenot zu retten. Die Anwendung des Piantedosi-Dekrets stellt einen klaren Verstoß gegen die Rettungspflicht dar, wenn wir von anderen Booten in Seenot wissen. Auf die Spitze getrieben wird diese Regelung durch die Zuweisung weit entfernter Häfen. (…) Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit all unserer juristischen und politischen Expertise gegen diese unmenschliche Praxis vorzugehen. Es werden neue Gesetze und Dekrete kommen, die unsere Arbeit einschränken und Menschen auf der Flucht weiter gefährden. Wir müssen Wege schaffen, diese anzufechten und neue Lösungen finden, die unsere Präsenz auf dem Mittelmeer weiterhin ermöglichen!“ Kommentar vom 28. Juni 2024 bei Sea-Watch.org - Erfolg vor Gericht: SOS Humanity erreicht bahnbrechendes Urteil
„[W]ir haben bahnbrechende Neuigkeiten: Das Zivilgericht in Crotone, Italien, hat final entschieden, dass die Festsetzung unseres Rettungsschiffes, der Humanity 1, im März 2024 rechtswidrig war. Das Urteil bestätigt nicht nur unsere Unschuld, sondern stellt außerdem klar, dass die libysche Rettungsleitstelle und die sogenannte lybische Küstenwache keine legitimen Akteure der Seenotrettung im Mittelmeer sind. Unsere Rechtsanwältin Cristina Laura Cecchini bringt es auf den Punkt: „Die Entscheidung von Crotone korrigiert endlich die Debatte.“ Seit Jahren erleben wir immer wieder den Versuch, unsere lebensrettende Arbeit in schlechtes Licht zu stellen und zu kriminalisieren. Doch nun ist es offiziell: Die sogenannte libysche Küstenwache bricht Völkerrecht und verletzt tagtäglich die Rechte von Menschen auf der Flucht. Das Urteil ist ein Meilenstein für uns und die gesamte zivile Seenotrettung im Mittelmeer…“ Mitteilung von SOS Humanity vom 27. Juni 2024 mit Spendenaufruf per Email, siehe auch:- Finaler Gerichtsentscheid: Festsetzung Humanity 1 war Unrecht!
„Die libyschen Behörden und sogenannte Küstenwache sind keine legitimen Akteure der Seenotrettung, urteilt das Gericht in Italien und bestätigt, dass die Festsetzung im März nicht rechtens war.
Das Zivilgericht im italienischen Crotone (Kalabrien) urteilte am gestrigen Mittwoch, 26. Juni abschließend, dass die Festsetzung des Schiffes der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Humanity am 4. März 2024 rechtswidrig war. Das Gericht stellte auch fest: Die libysche Rettungsleitstelle und die sogenannte libysche Küstenwache können nicht als legitime Such- und Rettungsakteure im Mittelmeer betrachtet werden.
Genau diese werden von der EU und ihren Mitgliedstaaten seit Jahren finanziert und ausgestattet, um flüchtende Menschen im zentralen Mittelmeer völkerrechtswidrig abzufangen und nach Libyen zurückzubringen. Im März war ein Rettungseinsatz des Rettungsschiffes Humanity 1 von der sogenannten libyschen Küstenwache in einem gefährlichen Manöver unterbrochen worden. Dennoch wurde die Humanity 1 später von den italienischen Behörden mit der Begründung festgesetzt, die Crew habe sich den Anweisungen der libyschen Behörden widersetzt. Doch nun ist amtlich, dass die libysche Leitstelle und die sogenannte libysche Küstenwache keine Seenotrettung betreiben. „Die Entscheidung von Crotone korrigiert endlich die Debatte,“ erklärt Cristina Laura Cecchini, Rechtsanwältin von SOS Humanity. „Wir erleben seit Jahren eine kontinuierliche Kriminalisierung der Aktivitäten von zivilen Seenotrettungsorganisationen und eine tiefgreifende Manipulation der Fakten. Das auf den Ereignissen vom März basierende Urteil bestätigt, dass die libyschen Behörden keine Such- und Rettungsaktionen durchführen. Denn sie verletzen tagtäglich die Rechte von Menschen auf der Flucht, auch weil sie die Menschen nicht an einem sicheren Ort bringen, wie es das internationale Recht vorschreibt, sondern nach Libyen. Die italienische Regierung kriminalisiert täglich diejenigen, die auf See Leben retten, und trägt mit seiner Koordination zu illegalen Zurückweisungen bei. Wir hoffen, dass das Urteil dazu beiträgt, diese Manipulation und illegitimen Formen der Kooperationen zu beenden, wie sie Italien mit Libyen und neuerdings auch mit Tunesien praktiziert.“…“ Meldung von 27. Juni 2024 von und bei SOS Humanity
- Finaler Gerichtsentscheid: Festsetzung Humanity 1 war Unrecht!
- Italien: Politische Repression gegen Seenotrettung nimmt weiter zu
- Italien erweitert das Gesetz gegen Rettungsschiffe auf den Luftraum und will damit v.a. die Gegenüberwachung über dem Mittelmeer von Sea-Watch stoppen
„2017 hat die EU-Kommission eine Hintertür für Pushbacks nach Libyen geschaffen. Im gleichen Jahr begann Sea-Watch die Beobachtung dieser Menschenrechtsverletzungen aus der Luft. Damit soll nun Schluss sein. (…)
Ebenfalls seit 2017 beobachtet die Organisation Sea-Watch diese Menschenrechtsverletzungen aus der Luft und informiert die zuständigen maritimen Leitstellen über Boote in Seenot. Damit soll nun Schluss sein: Die italienische Luftfahrtbehörde ENAC hat am Montag eine Anordnung veröffentlicht , die den Einsatz von Flugzeugen ziviler Rettungsorganisationen über dem Mittelmeer verbietet. Zur Begründung heißt es, die Flüge gefährdeten „die Sicherheit von Migranten“. „Das Flugverbot ist politisch motiviert und rechtlich nicht haltbar. Mitten im Europawahlkampf versucht Italien, die letzten Zeug:innen der europäischen Verbrechen im Mittelmeer loszuwerden”, kommentiert Oliver Kulikowski von der Airborne-Abteilung von Sea Watch.
Sea-Watch dokumentiert Beteiligung von Frontex
Laut der Anordnung betrifft das Verbot Flüge im Osten und Westen Siziliens. Davon umfasst ist auch Lampedusa, wo Sea-Watch das zweimotorige Flugzeug „Seabird 2“ stationiert. Es wird von der Schweizer humanitären Piloteninitiative (HPI) betrieben und trägt deshalb das Hoheitszeichen der Schweiz. Auch die „Colibri“ von Pilotes Volontaires aus Frankreich unternimmt Aufklärungsflüge für Sea-Watch im Mittelmeer und ist deshalb ebenso von dem Verbot betroffen. Allein zwischen Januar und März dieses Jahres haben die Sea-Watch-Flieger 40 Einsätze mit insgesamt 205 Flugstunden absolviert. Dabei haben die Besatzungen 2.755 Menschen in Seenot in 47 Booten gesichtet. Alle Vorfälle wurden wie vorgeschrieben an die Leitstellen der benachbarten Seenotrettungszonen in Malta, Italien und Libyen gemeldet. Mehr als 700 Menschen wurden anschließend von der libyschen „Küstenwache“ abgefangen und nach Tripolis zurückgebracht. In mindestens acht Fällen konnte Sea-Watch dabei die Beteiligung der europäischen Grenzagentur Frontex nachweisen.
Gesetz gegen Rettungsschiffe auf Luftraum erweitert
In der Anordnung behauptet die ENAC, der Einsatz von Flugzeugen sei eine „unangemessene Interventionsmaßnahme“ und führe dazu, „dass Migranten von den nordafrikanischen Routen in Rettungsbooten abgeholt werden“. Weiter heißt es, die Seenotrettung obliege allein den dafür zuständigen Behörden. Dazu verweist die Luftfahrtbehörde auf internationale Verträge wie das SOLAS-Übereinkommen zur Rettung von Menschen auf See. Keiner der genannten Verträge verbietet es jedoch, dass zivile Organisationen Rettungsschiffe oder Flugzeuge außerhalb von Hoheitsgewässern betreiben und über entdeckte Seenotfälle die nationalen Leitstellen informieren.
Die Luftfahrtbehörde ENAC untersteht dem italienischen Verkehrsministerium, das von Matteo Salvini geleitet wird. Der rechtsradikale Lega-Politiker war von 2018 bis 2019 Innenminister und hatte zu dieser Zeit bereits erfolglos versucht, die zivilen Seenotretter mit von ihm erlassenen Dekreten an die Kette zu legen. (…) Die Anwälte von Sea-Watch arbeiten bereits daran, gegen die Anordnung vorzugehen. Das Flugverbot kann wie die Repressalien gegen die zivilen Rettungsschiffe vor italienischen Verwaltungsgerichten angefochten werden. In den vergangenen Wochen waren die Organisationen SOS Mediterranée aus Frankreich und SOS Humanity aus Deutschland dazu erstmals erfolgreich. Unter anderem argumentierten die Richter:innen, Italien habe nicht das Recht, Schiffe für angebliche Taten auf hoher See zu sanktionieren, wenn diese nicht unter italienischer Flagge fahren. Auch der Vorwurf, Anordnungen der libyschen Küstenwache nicht zu befolgen, laufe ins Leere, da deren Einsätze nicht als Rettungsaktionen angesehen werden könnten.
Ungeachtet der drohenden Repressalien will Sea-Watch die Gegenüberwachung aus der Luft nicht beenden. Am Mittwochmittag startete die „Seabird 2“ von Lampedusa zu einem Aufklärungsflug. Maßnahmen der italienischen Regierung erfolgten bislang nicht.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 10.05.2024 in Netzpolitik („Sea-Watch: Italien will Gegenüberwachung über dem Mittelmeer stoppen“) – Augenzeug*innen unerwünscht - Der Flüchtlingspakt mit Albanien beginnt mit dem Bau von Flüchtlingslagern als neuem Ziel für die italienische Küstenwache, mit italienischen Beamten, italienischer Polizei…
- Italien / Albanien: Flüchtlingslager im Ausland
„Am Stadtrand von Mailand: Hinter dieser Mauer warten etwa 50 abgelehnte Asylsuchende auf ihre Abschiebung. Teresa Florio ist Juristin und engagiert sich ehrenamtlich für die Rechte von Abschiebehäftlingen. Sie versucht einen Insassen zu kontaktieren, der einen Selbstmordversuch unternommen haben soll. Zugang zu italienischen Abschiebeeinrichtungen gibt es kaum – für Journalisten und Menschenrechtler: Auch der Kontakt zu Anwälten ist für die Insassen meistens nur per Telefon und nur wenige Minuten lang möglich. Sie berichten von Essen, das mit Maden versetzt ist, von Gewaltexzessen, Grundrechte wie das Recht auf Gesundheit oder die persönliche Freiheit werden missachtet, sagt Teresa Florio.
Abschieben – aus Albanien
Das Abschiebelager am Rand von Mailand grenzt direkt an eine Erstaufnahmeeinrichtung: Aufnahme und Abschiebung, Tür an Tür. Eine Einrichtung dieser Art entsteht nun außer Landes, in Albanien, außerhalb der EU. Das heißt: Wenn die italienische Küstenwache Flüchtlinge in internationalen Gewässern aufgreift, werden sie bereits auf dem Schiff in Gruppen eingeteilt: Diejenigen mit einer geringen Bleibeperspektive kommen nach Albanien. Vulnerable Menschen, wie beispielsweise Frauen und Kinder oder Kranke sollen weiterhin in Italien an Land gehen.
Giorgia Meloni hatte ihren Wählern versprochen, die Ankünfte in Italien zu reduzieren. Das soll der Deal mit Albanien nun bringen. Die Kosten: laut Medienberichten etwa 650 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren.
Die Albaner haben selbst eine Fluchtgeschichte, sind aufgeschlossen gegenüber Migranten. Doch wie soll das neue Flüchtlingslager genau aussehen? Wir machen uns auf die Suche. Ein ehemaliges Militärgelände soll für das neue Großprojekt umgebaut werden, hören wir. 3000 Geflüchtete sollen dann hergebracht werden und auf ihren Asylbescheid warten. Wir finden die Hauptzufahrt, kommen aber nicht weiter, Filmen verboten. Auf der anderen Seite des Geländes sehen wir die Baumaschinen. Hier soll also das italienische Aufnahme- und Abschiebezentrum entstehen – mit italienischen Beamten, italienischer Polizei…“ Reportage von Rüdiger Kronthaler, ARD Rom und Anna Tillack, ARD Wien vom 05.05.24 in ARD mit Video, siehe auch: - Geflüchtete in Albanien: Der geparkte Mensch
„Albanien nimmt immer wieder Menschen auf, die in den USA und Europa unerwünscht sind. Nun sollen auch noch Zehntausende Geflüchtete in Lagern interniert werden. Langsam regt sich Widerstand in dem Land, dessen Jugend selbst in Scharen auswandert.“ Reportage von Florian Guckelsberger vom 7. April 2024 im Deutschlandfunk - Siehe Infos zum Flüchtlingspakt mit Albanien hier weiter unten
- Italien / Albanien: Flüchtlingslager im Ausland
- Italien stärkt die Migrationspartnerschaft mit Tunesien und errichtet weitere Rückführungszentren gegen die „Gefahr für die Sicherheit unserer Gemeinschaften“
- Migration: Italien und Tunesien stärken ihre Beziehungen
„Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begab sich am Mittwoch (17. April) auf eine wichtige diplomatische Mission nach Tunis. Dort festigte sie eine Partnerschaft mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saied, um die Herausforderungen der Migration zu bewältigen. „Die Zusammenarbeit mit Tunesien ist in vielerlei Hinsicht eine absolute Priorität für Italien, und sie ist auch ein Teil der Arbeit, die Italien mit dem Mattei-Plan leistet“, erklärte Meloni auf einer Pressekonferenz in Tunis nach dem Treffen mit Saied. Der Mattei-Plan, ein 5,5-Milliarden-Euro-Projekt von Melonis Regierung, zielt darauf ab, die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika zu fördern. Zudem soll er das Wachstum anregen, um die irreguläre Migration nach Europa einzudämmen, und Italien als Energie-Drehkreuz für den Transport von Erdgaslieferungen von Afrika nach Europa positionieren. Tunesien wird in diesem Plan als eine „Priorität“ betrachtet. Meloni betonte, wie wichtig es sei, die Zusammenarbeit mit Tunesien zu verstärken, damit das Land nicht zu einem Ankunftsort für Migranten werde, die nach Europa gelangen wollen. In diesem Zusammenhang sprach sie sich dafür aus, internationale Organisationen einzubeziehen und sich nicht nur auf Rückführungen, sondern auch auf reguläre Migrationsströme zu konzentrieren…“ Artikel von Alessia Peretti und Simone Cantarini bei EURACTIV.it in dt. Übersetzung von Florian Schöneweiß am 18.4.2024 in euractiv.de - Italienischer Innenminister verspricht, die Zahl der Rückführungszentren zu erhöhen
„Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi erklärte am 11. April vor dem Senat, dass die Regierung an der Verbesserung der Maßnahmen zur Rückführung von Migranten arbeitet, einschließlich der Errichtung weiterer Rückführungszentren für Migranten (CPR). „Die Regierung unternimmt besondere Anstrengungen, um die Rückführungsverfahren effektiver zu gestalten und das Netzwerk der Rückführungszentren zu verbessern“, sagte Innenminister Matteo Piantedosi vor dem italienischen Senat. Er fügte hinzu, dass dies eine Erweiterung der bestehenden EU-Gesetze zu Migrationsfragen sei: „Es ist die EU, die die Einrichtung von Rückführungszentren fordert, um eine wirksame Umsetzung von Abschiebungsanordnungen zu gewährleisten und nicht zu anderen Zwecken, da das Fehlen von Haft in solchen Einrichtungen Italien der Verletzung von EU-Vorschriften und folglich Sanktionen aussetzen würde“, betonte er.
Sonderplan der Regierung zur Erhöhung der Aufnahmekapazitäten“
„Die Regierung hat bereits mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Aufnahmekapazitäten der Zentralen Aufnahmestellen zu erhöhen und sie für ihre Aufgaben geeigneter zu machen, unter anderem aufgrund der engen Korrelation zwischen der Zahl der Rückführungen und den verfügbaren Plätzen in den Einrichtungen“, so der Minister weiter. „Die auch im letzten Jahr erfassten Daten bestätigen die absolute Notwendigkeit, eine ausreichende Anzahl von Plätzen in diesen Einrichtungen zur Verfügung zu haben, um die Fähigkeit des Landes zu verbessern, einer Zunahme der irregulären Einwanderung mit einem Anstieg des Prozentsatzes der Rückführungen zu begegnen“, sagte er. „Zu diesem Zweck wird ein spezieller Plan erstellt, um Gebiete zu identifizieren, die für diese Einrichtungen vorgesehen sind, und gleichzeitig werden Sanierungsarbeiten an den bereits aktiven CPRs im ganzen Land durchgeführt, die wiederholt Ziel von Vandalismusakten durch die aufgenommenen Migranten waren.“ Piantedosi fügte hinzu, dass „diese Einrichtungen es ermöglichen, Personen festzuhalten, die, wenn man sie frei zirkulieren ließe, bis zu ihrer Rückführung eine konkrete Gefahr für die Sicherheit unserer Gemeinschaften darstellen würden„…“ engl. Meldung vom 16.4.2024 in Infomigrants (maschinenübersetzt)
- Migration: Italien und Tunesien stärken ihre Beziehungen
- Klagen gegen „Schikane“: Seenotretter wehren sich gegen Italien und starten die Petition #FreeTheShips
„Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hatte im Wahlkampf versprochen, die Migration massiv einzudämmen. Doch Maßnahmen gegen Schiffe von zivilen Seenotrettern werden von Gerichten immer öfter als rechtswidrig einkassiert.
Etwa 50 Personen haben sich versammelt. Anfang April demonstrieren sie vor dem Gerichtsgebäude in Massa. Auf ihrem Banner steht: „Solidarität ist kein Verbrechen“. In der toskanischen Stadt wird derzeit darüber verhandelt, ob die Festsetzung des Rettungsschiffes „Geo Barents“ von „Ärzte ohne Grenzen“ rechtens war. Für diesem Freitag ist ein weiterer Termin angesetzt. Die Hilfsorganisation hatte gegen die Festsetzung Klage eingereicht – nicht die einzige in den vergangenen Wochen. Zuletzt konnten die Seenotretter Erfolge vor Gericht erzielen. (…) Trotz der Teilerfolge vor Gerichten haben die Seenotretter das Gefühl, dass Italien seine Regeln derzeit rigider durchsetzt als zuvor. Sea-Watch spricht gar von einer Eskalation der Behinderung ziviler Seenotrettung. Nachdem in der letzten Märzwoche vier Schiffe zeitgleich festgesetzt waren, hat „Sea-Eye-4“-Einsatzleiterin Julia Schweickert unter dem Hashtag #FreeTheShips eine Petition gestartet, um die Schiffe aus der Blockade zu befreien…“
Beitrag von Almut Siefert vom 04.04.2024 im Migazin – siehe auch die Petition https://innn.it/freetheships - Ein italienisches Gericht hat auch die Festsetzung der Sea-Watch 5 aufgehoben – fordert deshalb Meloni psychologische Überprüfung von RichterInnen?
- „Gestern wurde die Festsetzung der Sea-Watch 5 ausgesetzt! Das Gericht in Ragusa konnte kein rechtswidriges Verhalten feststellen. Ein weiterer Schlag gegen Italiens Versuch, die zivile Seenotrettung zu kriminalisieren. Während der Blockade ertranken mindestens 145 Menschen im Mittelmeer.“ engl. Tweet von Sea-Watch International vom 29. März 2024
- Italien: Regierung will Psychotests für Richter – eine Richtervereinigung droht dagegen mit Streik
„Giorgia Meloni macht kein Geheimnis daraus, dass sie einen Teil der Justiz in Italien nicht mag. Zu links, zu ideologisch seien viele Richter und Staatsanwälte, findet die Regierungschefin. Ihre Kritik unterstrich Meloni zuletzt in einem Fernsehinterview am Mittwoch. Darin machte sie die Justiz dafür verantwortlich, dass beispielsweise die Regierungsentscheidung zur schnellen Abschiebung abgelehnter Asylsuchender noch nicht umgesetzt ist. „Gegen diese Regelung“, kritisierte Meloni, „hat eine gewisse politisierte Richterschaft mobilisiert, die begonnen hat, die Vorschrift nicht anzuwenden.“ (…) Künftig will die Regierung in Rom Staatsanwälte und Richter auf den Prüfstand stellen. Das Kabinett Meloni hat diese Woche einen Gesetzentwurf beschlossen, über den die linksliberale Zeitung La Repubblica titelt: „Angriff auf die Richterschaft“. Vorgesehen in der neuen Vorschrift ist, dass sich angehende Staatsanwälte und Richter in Italien ab 2026 einem psychologischen Test unterziehen müssen. (…) Die Richtervereinigung ANM macht dagegen mobil und will ihre Mitglieder zum Streik aufrufen. Richterpräsident Giuseppe Santalucia sieht in der Regierungsentscheidung den Versuch, die Glaubwürdigkeit der Justiz zu untergraben: „Ich bin überzeugt, dass es eine Vorschrift ist, die der öffentlichen Meinung suggerieren soll, die Richter müssten stärker kontrolliert werden.“ (…) Das sei ein Misstrauensvotum gegen die Justiz, findet Italiens bekanntester Anti-Mafia-Staatsanwalt, Nicola Gratteri. Und er macht den provokanten Gegenvorschlag, auch Regierungsmitglieder sollten überprüfen werden, ob sie normal seien. Wenn die Politik glaube, Tests bei Richtern seien notwendig, sagt Gratteri, „dann schlage ich vor, dass wir diese Tests für alle öffentlichen Strukturen einführen, also auch für Politiker und vor allem für diejenigen, die Ämter in Regierungsverantwortung haben“. Zusätzlich, spinnt der Anti-Mafia-Staatsanwalt seine Provokation weiter, sollten es für Regierungsmitglieder Alkohol- und Drogentests geben. (…) Die Opposition hat Widerstand dagegen angekündigt. Aber die Regierung gibt sich geschlossen. Die geplante Psychotestvorschrift wird von allen Koalitionsparteien mitgetragen, von Melonis Brüder Italiens, Matteo Salvinis Lega und der von Silvio Berlusconi gegründeten Forza Italia. Die drei Regierungsparteien verfügen in beiden Parlamentskammern über eine deutliche Mehrheit.“ Beitrag von Jörg Seisselberg vom 31. März 2024 bei tagesschau.de
- Richter entscheidet: Festsetzung des Rettungsschiffs Humanity 1 (vorläufig) aufgehoben
„Am gestrigen Montag, den 18. März 2024, hat der zuständige Richter am Zivilgericht im italienischen Crotone (Kalabrien) zugunsten des Eilverfahrens von SOS Humanity entschieden: Die Festsetzung des Rettungsschiffes Humanity 1 am 4. März 2024 war nach seiner vorläufigen Beurteilung nicht rechtens, das Schiff ist ab sofort frei. Die finale Anhörung in dem Verfahren ist für Mitte April angesetzt. Auf der heute stattfindenden Pressekonferenz auf dem Schiff werden die Hintergründe der Festsetzungen von gleich drei Rettungsschiffen innerhalb kurzer Zeit auf Basis falscher Behauptungen durch Behörden nachgezeichnet. Seit den drei Festsetzungen kam es zu rund einhundert Toten auf dem Mittelmeer. „Diese Menschen hätten vielleicht gerettet werden können“, sagt Laura Gorriahn, die Vorstandsvorsitzende von SOS Humanity an Bord in Crotone. „Eines der drei Schiffe hätte diese Menschen finden können, wären sie nicht blockiert gewesen. Das belastet unsere Crew schwer.“…“ Pressemitteilung vom 19.03.2024 bei SOS Humanity , siehe auch:- „Durchbruch: Die unrechtmäßige Inhaftierung von Humanity 1 ist aufgehoben worden! Das Zivilgericht in Crotone begründete die vorläufige, positive Entscheidung in unserem Eilverfahren mit der „offensichtlichen Ungerechtigkeit der erlassenen Maßnahme“. Unser Rettungsschiff ist nach der ungerechtfertigten Festnahme am 2. März nun frei! Das Gericht hat ein unabhängiges Urteil auf der Grundlage der Fakten gefällt – im Gegensatz zu den italienischen Behörden, die die politische Agenda der Regierung Meloni umgesetzt haben, indem sie die zivile Suche und Rettung auf See behinderten. Nach der Ocean Viking ist die Humanity 1 das zweite NRO-Rettungsschiff, das nach der Inhaftierung im Rahmen des Piantedosi-Gesetzes freigelassen wurde. Die Sea-Watch 5 und die Sea-Eye 4 werden derzeit noch zu Unrecht festgehalten. #FreeTheFleet“ Post von SOS Humanity am 18.3.24 auf bsky
- Siehe die Infos zur Festsetzung hier weiter unten
- Italien eskaliert Strafen gegen Rettungsschiff SEA-EYE 4: 60 Tage Festsetzung aufgrund Verhinderung eines illegalen Pushbacks
„Nach der Rettung von insgesamt 145 Personen aus Seenot während zwei Einsätzen am 7. und 8. März setzten italienische Behörden am 11. März das Schiff SEA-EYE 4 für 60 Tage fest und belegten es mit einer Geldbuße von 3.333 Euro. Die Begründung dazu ist nicht haltbar, denn der SEA-EYE 4 ist es völkerrechtlich nicht erlaubt, sich an einem Pushback ins Bürgerkriegsland Libyen zu beteiligen. Dies wäre der Fall gewesen, hätte sie ihre vorangeschrittene Rettung unterbrochen und die 84 Schutzsuchenden an die hinzugekommene, sogenannte libysche Küstenwache übergeben, welche mit Waffen auf das Einsatzboot zielte. De facto bestraft Italien zum wiederholten Male Rettungsschiffe dafür, sich an geltendes Völkerrecht zu halten. Sea-Eye wird sich wie bei früheren Festsetzungen juristisch gegen die Blockade wehren. Italiens oberstes Berufungsgericht bestätigte erst im Februar diesen Jahres, dass Pushbacks nach Libyen völkerrechtswidrig sind und bekräftigte damit die strafrechtliche Verurteilung eines Kapitäns, der 2018 flüchtende Menschen zurück nach Libyen gebracht hatte. Schutzsuchende Menschen dürfen nicht in den jahrelangen, grausamen Bürgerkrieg, aus dem sie geflohen sind, zurückgebracht werden. Denn die Liste an schweren Menschenrechtsverletzungen (bspw. Folter, Sklaverei, Vergewaltigung, willkürliche Hinrichtungen), denen flüchtende Menschen dort ausgesetzt sind, ist lang. Nun bestraft Italien die SEA-EYE 4 und zwei weitere deutsche Seenotrettungsschiffe, die bereits festgesetzt wurden, dafür, sich nicht an Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache gehalten zu haben. (…) Den Seenotfall am 7. März, der zur Festsetzung führte, hatte die SEA-EYE 4 zuerst gefunden und während der Suche keinen Kontakt zur sogenannten libyschen Küstenwache herstellen können. Als die Rettung bereits fortgeschritten war und Menschen aus dem seeuntüchtigen Schlauchboot evakuiert waren, erschienen zwei Küstenwachenschiffe am Einsatzort und verlangten, den Einsatz abzubrechen. Dabei zielte die sogenannte libysche Küstenwache mit Waffen auf die Crew des Einsatzboots. Die Crew der SEA-EYE 4 deeskalierte die Situation und brachte alle Menschen auf ihrem Rettungsschiff in Sicherheit. Am 10. März konnten alle geflüchteten Menschen in Reggio Calabria an Land gehen, wo die SEA-EYE 4 nun festgesetzt ist. Es handelt sich um die bisher längste Verwaltungshaft gegen ein Seenotrettungsschiff aufgrund des Piantedosi-Dekrets.“ Meldung vom 11. März 2024 bei sea-eye.org , siehe auch:- Sinnfreie Zone Mittelmeer: 17-Jähriger stirbt nach Rettung wegen unterlassener Hilfe
„Trotz mehrfachem Bitten helfen EU-Küstenstaaten nicht. In der Folge stirbt ein 17-Jähriger an Bord der „Sea-Watch 5“. Zu alledem setzt Italien das Rettungsschiff auch noch fest. Politisches Ablenkungsmanöver? Seenotretter beklagt sinnfreie Anweisungen am Mittelmeer…“ Meldung vom 10.03.2024 im Migazin - Ziel der Festsetzung von Rettungsschiffen: unsichtbare Tote
„Es ist das zynische Kalkül italienischer Behörden, Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen, um die Zahl der Neuankömmlinge zu senken
Jede wochenlange Festsetzung eines Seenotrettungsschiffes bedeutet, dass Hunderte Menschen in überfüllten, manövrierunfähigen Booten im Mittelmeer gezielt »übersehen« werden können. Das ist das zynische Kalkül hinter den widerrechtlichen Maßnahmen italienischer Behörden in den letzten Tagen. Durch das gezielte Sterbenlassen von Menschen kann man die Zahl der Neuankömmlinge senken, die registriert, versorgt und deren Schutzgesuche geprüft werden müssen…“ Kommentar von Jana Frielinghaus vom 12.03.2024 in ND online
- Sinnfreie Zone Mittelmeer: 17-Jähriger stirbt nach Rettung wegen unterlassener Hilfe
- Die Zahl der Toten im Mittelmeer erreicht mit mehr als 3.000 ein Rekordhoch – und Italien setzt nun auch das Seenotrettungsschiff „Humanity 1“ fest
„Nach der Rettung von fast 80 Menschen aus Seenot im Mittelmeer ist die „Humanity 1“ in Italien festgesetzt worden. Die Behörden hätten am späten Montagabend eine 20-tägige Festsetzung angeordnet, erklärte die Seenotrettungsorganisation SOS Humanity am Mittwoch in Berlin. Die Entscheidung sei damit begründet worden, dass die „Humanity 1“ eine gefährliche Situation für die Menschen in Seenot verursacht habe. „Tatsächlich war es die von der EU finanzierte sogenannte libysche Küstenwache, die das Leben der Flüchtenden im Wasser sowie unserer Rettungscrew gefährdeten“, betonten die Retter. „Wäre die sogenannte libysche Küstenwache nicht aufgetaucht, um Überlebende widerrechtlich nach Libyen zurückzubringen, hätten wir die Rettung geordnet durchgeführt“, erklärte der Kapitän der „Humanity 1“. Weil die Küstenwache jedoch gewaltsam eingegriffen habe, seien die Menschen in Panik ins Wasser gesprungen und die Rettung habe zunächst abgebrochen werden müssen. 77 Menschen wurden schließlich von der Besatzung der „Humanity 1“ gerettet und nach Crotone im Süden Italiens gebracht. Rund 20 Menschen seien gewaltsam an Bord des libyschen Patrouillenboots geholt und nach Libyen zurückgezwungen worden, erklärten SOS Humanity. Überlebende hätten zudem berichtet, dass die Libyer eine Person im Wasser zurückgelassen hätten. (…) Weitere 70 von der „Sea-Watch 5“ aus dem Mittelmeer gerettete Menschen gingen unterdessen in Lampedusa an Land, wie die Betreiberorganisation Sea-Watch in der Nacht zum Mittwoch im sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, mitteilte. Ursprünglich war dem Schiff der Hafen von Reggio Calabria an der Spitze des italienischen Stiefels zugewiesen worden, wegen hohen Wellengangs, der den Weg nach Norden blockierte, hatten die Seenotretter um eine andere Anlaufstelle gebeten. Nachdem die italienische Küstenwache diesen Wunsch rund 36 Stunden lang verweigert habe, habe sie nun alle 70 Geretteten nach Lampedusa gebracht, erklärte Sea-Watch. Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. 2023 kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 3.000 Menschen bei der Überfahrt ums Leben oder sie werden vermisst. Seit Beginn dieses Jahres sind es demnach bereits mehr als 250. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit höher. (…) IOM-Angaben zufolge das vergangene Jahr auf den internationalen Fluchtrouten das tödlichste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2014…“ Meldung vom 6. März 2024 im MiGAZIN („Weiteres Schiff nach Seenotrettung im Mittelmeer festgesetzt“), siehe dazu:- Rettungsschiff nach Bedrohung durch Libyer von Italien festgesetzt
„Das Rettungsschiff Humanity 1 wurde am späten Montagabend, nach der Ausschiffung der 77 Geretteten an Bord, von den italienischen Behörden für zwanzig Tage festgesetzt. Am Samstag hatte die sogenannte libysche Küstenwache in die bereits begonnene Rettung mit Waffengewalt eingegriffen, Panik ausgelöst und Menschenleben gefährdet. Zahlreiche Menschen sprangen oder fielen ins Wasser, die Libyer gaben daraufhin einen Schuss ab. Vermutlich ertrank ein Mensch. Doch nicht die Libyer werden von Italien zur Verantwortung gezogen, sondern die um die Rettung aller Menschen in Seenot bemühte zivile Seenotrettungsorganisation SOS Humanity.
„Unser Schiff wurde festgesetzt, obwohl wir uns zu jeder Zeit an das internationale Recht gehalten haben. Wir waren transparent und haben alle Beweise vorgelegt. Jetzt wird die Humanity 1 aufgrund des Piantedosi-Gesetzes aus einem Grund festgehalten, den mir keine der Behörden erklären konnte“, kritisiert Leo, der Kapitän der Humanity 1, im Hafen von Crotone. (…) SOS Humanity wird die Verdrehung der Fakten voseiten der italienischen Behörden nicht hinnehmen. Die Vorgänge im zentralen Mittelmeer am Samstagnachmittag wurden von dem zivilen Aufklärungsflugzeug Seabird 2 gefilmt und das Video veröffentlicht. Das gefährliche Manöver und die Bedrohung mit Waffen durch die sogenannte libysche Küstenwache, die die Crew der Humanity 1 dazu zwang, den Rettungseinsatz abzubrechen, sind damit zweifelsfrei belegt. Die Festsetzung der Humanity 1 wird von den italienischen Behörden damit begründet, dass die Humanity 1 eine gefährliche Situation für die Menschen in Seenot verursacht hätte. Tatsächlich war es die von der EU finanzierte sogenannte libysche Küstenwache, die das Leben der Flüchtenden im Wasser sowie unserer Rettungscrew gefährdeten.
EU fördert den Rechtsbruch auf dem Mittelmeer
Überlebende unter den 77 Geretteten an Bord der Humanity 1 haben der Crew berichtet, dass die sogenannte libysche Küstenwache eine Person im Wasser zurückließ. Sie ist vermutlich ertrunken. Rund 20 Menschen wurden gewaltsam an Bord des Patrouillenboots gebracht und nach Libyen zurückgezwungen. Dieses libysche Patrouillenboot P662 „Murzuq“, das offenbar insgesamt rund 150 Menschen abgefangen hatte und am Samstag zurück nach Libyen brachte, war im Sommer 2023 von der EU an Libyen geliefert worden. Es stammt laut dem italienischen Journalisten Sergio Scandura aus ehemaligen Beständen der italienischen Guarda di Fianza…“ Meldung vom 06.03.2024 bei SOS Humanity
- Rettungsschiff nach Bedrohung durch Libyer von Italien festgesetzt
- Albanien stimmt Abkommen zu: Künftig darf Italien in Albanien Geflüchtetenlager errichten und Asylanträge prüfen
„Albaniens Parlament hat am Donnerstag das Migrationsabkommen mit Italien ratifiziert. Damit ist der Weg frei dafür, dass Italien auf albanischem Territorium Flüchtlingslager einrichtet. Dorthin werden den Plänen zufolge Menschen gebracht, die von den italienischen Behörden auf hoher See an Bord genommen wurden. In den von Italien betriebenen Zentren werden dann ihre Asylanträge geprüft und, wenn nötig, schnelle Rückführungen ermöglicht. Der Plan wird von Menschenrechtlern kritisiert. (…) Italien verwaltet die Zentren und ist für die Sicherheit darin zuständig. Albanien unterstützt die Behörden bei der äußeren Sicherheit, wie italienische Medien berichteten. (…) Italiens Abgeordnetenkammer – die größere der zwei Parlamentskammern – hatte das Abkommen vor drei Wochen gebilligt. Es basiert auf einer im November unterzeichneten Absichtserklärung der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit Albaniens Regierungschef Edi Rama. Die Opposition in Tirana hatte zunächst versucht, das Gesetz mit einer Klage vor dem albanischen Verfassungsgericht mit dem Argument zu stoppen, dass damit Territorium und Staatsgewalt an ein anderes Land übertragen würden. Das Verfassungsgericht hatte die Klage im vergangenen Monat zurückgewiesen. Die EU-Kommission hatte erklärt, die italienischen Pläne würden nicht gegen das Recht der Europäischen Union verstoßen.“ Meldung vom 22. Februar 2024 in der taz online - Seenotretter in Italien vor Gericht: Prozess gegen Seenotretter der »Mare Jonio« eröffnetet, nach fast 2 Jahren Vorverhandlungen keinerlei Beweise gegen die Iuventa-Crew
- Keinerlei Beweise für die Anschuldigungen gegen die Iuventa-Crew
„Nach fast zwei Jahren Vorverhandlungen gegen die Iuventa Crew wurden am Samstag in dem 10-stündigen Vorverhandlungstag die zwei Hauptbelastungszeug\*innen im Gericht verhört. Die zwei Zeug\*innen sind zwei ehemalige Polizist*innen, die aufgrund von schwerwiegendem Fehlverhalten im Amt, Betrug und Täuschung aus dem Polizeidienst gefeuert worden waren. (…) Im Kreuzverhör der Hauptbelastungszeug\*innen wurde am Samstag deutlich, dass es keinerlei Beweise für die Anschuldigungen gegen die Iuventa-Crew gibt. Die sogenannten Augenzeug\*innenberichte waren vage und widersprüchlich. Nun muss auch der letzten Person klar sein: Dieses Verfahren ist politisch motiviert und muss endlich eingestellt werden. Wir hoffen, dass dies im März passiert, wenn die Vorverhandlungen zuende gehen. Der Richter muss alle Anklagepunkte fallen lassen! Die Kriminalisierung von Flucht und Seenotrettung muss endlich ein Ende haben!“ Meldung vom 16.02.2024 bei der Seebrücke - Seenotretter vor Gericht. Italien: Crew wegen »Beihilfe« angeklagt
„Ein am Mittwoch vor dem Gericht in Ragusa in Sizilien eröffneter Prozess gegen Seenotretter der »Mare Jonio« wird von einer breiten Solidaritätswelle begleitet. Mitglieder des Gewerkschaftsbunds CGIL bildeten um neun Uhr auf der Piazza San Giovanni eine »Solidaritätseskorte«, die die angeklagten Crewmitglieder zum Gericht begleitete. Das Schiff der italienischen »zivilgesellschaftlichen Plattform« Mediterranea hatte 2020 vor der Küste Libyens 27 Asylsuchende aufgenommen. Zuvor hatten diese 38 Tage auf einem Schiff der dänischen Reederei Mærsk verbracht, das sie gerettet hatte. Die gesamte Mannschaft der »Mare Jonio« wird deshalb der »Beihilfe zur illegalen Einwanderung« beschuldigt. Das Gericht legte fest, zweimal im Monat zu tagen, und schloss die Öffentlichkeit aus…“ Artikel von Gerhard Feldbauer in der jungen Welt vom 15.02.2024 - Siehe auch das Dossier „Seenotretter*innen unter Druck: Italien kriminalisiert Iuventa-Crew“ bei ECCHR
- Keinerlei Beweise für die Anschuldigungen gegen die Iuventa-Crew
- Neues Abschiebezentrum: Italiens Parlament billigt Flüchtlingspakt mit Albanien
„Italien will Abschiebezentren für Geflüchtete in Albanien betreiben. Nun billigte das Parlament in Rom das Vorhaben. Kritik kommt von der linken Opposition und Menschenrechtlern. Letztere befürchten automatische Inhaftierungen und schwere Menschenrechtsverstöße. (…) Das Abkommen sieht vor, im Norden Albaniens ein Aufnahmelager und ein Abschiebezentrum für Geflüchtete zu errichten, die versuchen über das Mittelmeer nach Italien zu gelangen. Das Vorhaben muss nun noch vom Senat in Italien abgesegnet werden. Auch eine Abstimmung und Ratifizierung von albanischer Seite steht noch aus.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert die Pläne. Diese würden dazu führen, „dass Menschen in Not langen und unnötigen Überführungen auf dem Seeweg ausgesetzt werden“, sagte Matteo de Bellis, Amnesty-Migrations- und Asylforscher. Die automatische Inhaftierung, die durch das Verfahren wahrscheinlich auch in die Länge gezogen werden könnte, verstoße außerdem gegen das Völkerrecht. (…) In den beiden Zentren, die in der Hafenstadt Shengjin und auf einem ehemaligen Militärflughafen in Gjader entstehen sollen, sollen bis zu 3.000 Personen im Monat aufgenommen werden können. Die Finanzierung der Zentren, vom Bau bis zum Betrieb, soll Italien tragen. (…)
Der Plan sieht demnach vor, dass Geflüchtete, die von Schiffen der italienischen Küstenwache oder der Finanzpolizei in internationalen Gewässern aufgegriffen werden, noch an Bord in zwei Gruppen unterteilt werden. Nach Albanien sollen keine sogenannten vulnerablen Personen gebracht werden. Dazu zählen Frauen, Minderjährige, Menschen mit einer Behinderung, Alte, Eltern mit minderjährigen Kindern, Folteropfer oder Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt sowie Personen mit schweren Erkrankungen. Diese Menschen sollen wie bisher direkt nach Italien gebracht werden. Somit würden nach Albanien lediglich volljährige männliche Geflüchtete gebracht. (…)
Eine Entscheidung muss bis spätestens 6. März gefällt werden. Auch in Albanien sieht man das geplante Abkommen mit Skepsis. Die dortige rechte Opposition fordert sogar, dass sich der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg mit dem Vorhaben befassen soll.“ Meldung vom 25.01.2024 im Migazin - Deutsches Rettungsschiff »Humanity 1« blockiert wegen einer Lüge – SOS Humanity klagt gegen Strafen in Italien
„Seit dem 3. Dezember 2023 ist die unter deutscher Flagge fahrende »Humanity 1« in der Kleinstadt Crotone in Süditalien festgesetzt. Die Besatzung soll gegen ein Anfang des Jahres vom Innenminister Matteo Piantedosi erlassenes Dekret verstoßen haben, wonach ein Rettungsschiff nach einem einzigen Einsatz sofort einen zugewiesenen Hafen ansteuern muss. Nun wehrt sich der Verein SOS Humanity, der das Schiff betreibt, mit einer Klage vor dem Zivilgericht in Crotone. Die Aktivisten wollen erreichen, dass die dreiwöchige Blockade durch die Hafenpolizei und eine Geldstrafe über 3333 Euro zurückgenommen werden. Die »Humanity« ist nicht das erste deutsche Schiff, das von einer solchen Festsetzung und einer Geldstrafe betroffen ist. Auch der Regensburger Verein Sea-Eye sowie der in Berlin ansässige Verein Sea Watch klagen deshalb wegen jeweils drei Fällen vor italienischen Gerichten. Der Fall der »Humanity« ist jedoch besonders. Denn die Behörden werfen dem Kapitän vor, Anweisungen der libyschen Küstenwache in internationalen Gewässern nicht befolgt zu haben. Dadurch seien Menschenleben gefährdet worden. Das sei jedoch falsch, sagt der Verein, und belegt dies mit einer minutiösen Dokumention des in Rede stehenden Einsatzes. (…) Die in vier Einsätzen geretteten 200 Menschen gingen schließlich zwei Tage später in Crotone an Land. Dort soll das Schiff laut der Anweisung bis zum 23. Dezember bleiben. Die nun eingereichte Klage wird daran nichts ändern, denn bis zur Verhandlung können Monate vergehen. Im besten Falle könnten die Gerichte jedoch dafür sorgen, das sogenannte Piantedosi-Dekret wenigstens teilweise auszuhebeln. Denn jeder Tag, den die Rettungsschiffe festgesetzt sind, können sie nicht zu Notfällen auslaufen. Was das bedeutet, hat sich zuletzt am Wochenende gezeigt: Mindestens 61 Menschen sind in der libyschen Such- und Rettungszone ertrunken, weil keine zivilen Organisationen vor Ort waren.“ Artikel von Matthias Monroy vom 19. Dezember 2023 in Neues Deutschland online („Blockiert wegen einer Lüge“)- Wer mehr über den genaueren Ablauf der 4 Rettungsaktionen und den Lügen der italienischen Behörden erfahren will, oder durch Spenden den Widerstand der »Humanity« unterstützen will, findet unter „Unrechtmäßige Festsetzung: Was wirklich passiert ist“ bei sos-humanity.org alles Notwendige
- Umstrittener Flüchtlingspakt: Italien will in Albanien Asylzentren errichten
„Italien will auf albanischem Boden zwei Aufnahmezentren für Geflüchtete errichten, die über das Mittelmeer gekommen sind. Dort sollen ihre Asylanträge geprüft werden. Meloni schafft mit dem Deal Fakten in einer Diskussion, die auch in Deutschland geführt wird.
Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen über das Mittelmeer nach Europa haben sich Italien und Albanien auf ein umstrittenes Flüchtlingspakt geeinigt. In Albanien sollen zwei Aufnahmezentren für Geflüchtete errichtet werden, in denen Asylanträge geprüft und wenn nötig schnellere Rückführungen ermöglicht werden. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Albaniens Regierungschef Edi Rama unterzeichneten in Rom eine entsprechende Absichtserklärung. Sowohl in Italien als auch in Albanien sorgt die Vereinbarung für Kritik. Das Abkommen vom Montag zielt auf Geflüchtete ab, die sich auf Booten übers zentrale Mittelmeer nach Italien aufmachen, wie Meloni der Zeitung „Il Messaggero“ am Dienstag sagte. Die Menschen, die also von Schiffen der italienischen Behörden gerettet und aufgelesen werden, werden künftig direkt zur individuellen Fallbearbeitung nach Albanien gebracht. „Die Einrichtungen werden in der Lage sein, bis zu 3.000 Menschen gleichzeitig aufzunehmen“, so Meloni. Sie hofft, so bis zu 36.000 Asylbewerber pro Jahr nach Albanien bringen zu können. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wurde, würden dann nach Italien gebracht. Ausgenommen von dem Abkommen sind allerdings Minderjährige, Schwangere und andere schutzbedürftige Menschen…“ Meldung vom 08.11.2023 im Migazin , siehe auch:- Asylverfahren in Drittstaaten: Die Verzweifelten irgendwo abladen
„Italien will Schutzsuchende in Albanien verwahren, bis über ihre Asylanträge entschieden ist. Entscheidet sich auch Deutschland für das Modell?
Die Leichenhalle soll direkt neben der Pier entstehen, für die, die auf dem Weg gestorben sind. Für die anderen ist der Parcours genau vorgezeichnet: Warten, Krätze-Screening, medizinische Untersuchung, Warten, polizeiliche Registrierung, Warten, Abtransport in Bussen. 3.500 Quadratmeter groß wird das neue Ankunftszentrum im Hafen der albanischen Kleinstadt Shëngjin, 4 Meter hoch der Zaun, auch das ist schon genau in den Plänen festgelegt. 39 Seiten ist das der taz vorliegende „Protokoll“ stark, das Albaniens Ministerpräsident Edi Rama und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni am Montag in Rom unterzeichneten . Neben dem Registrierungszentrum im Hafen darf Italien bis Frühjahr 2024 noch ein weiteres Lager mit knapp 3.000 Plätzen, auf einem alten Militärgelände etwas weiter nördlich, errichten. Auf Hoher See Gerettete will Italien künftig dorthin, statt auf das eigene Festland bringen. Bewacht von italienischer Polizei sollen bis zu 36.000 Menschen pro Jahr dort den Ausgang ihres italienischen Asylverfahrens abwarten. Am Ende soll die Einreise nach Italien oder, wohl häufiger, die Abschiebung stehen. Ein Coup für Meloni, eine Überraschung für alle anderen. Kein anderer EU-Staat hat bisher einen vergleichbaren Deal mit einem Drittstaat abschließen können…“ Artikel von Christian Jakob vom 11.11.2023 in der taz online
- Asylverfahren in Drittstaaten: Die Verzweifelten irgendwo abladen
- Statt libyscher Küstenwache werden wieder Seenotretter bestraft: Rettungsschiff SEA-EYE 4 zum dritten Mal in Italien festgesetzt
- Seenotrettung: Rom auf Kollisionskurs. Statt libyscher Küstenwache werden wieder Seenotretter bestraft
„Zum dritten Mal haben italienische Behörden eine Geldstrafe und eine 20-tägige Verwaltungshaft für die »Sea-Eye 4« verhängt. Der Verein aus Regensburg, der das Rettungsschiff betreibt, soll abermals 3000 Euro bezahlen. Bei den vorangegangenen Festsetzungen im Juni und September lautete der Vorwurf, die Besatzung habe nach einer Rettung nicht sofort einen zugewiesenen Hafen angesteuert und stattdessen weitere Menschen aus Seenot an Bord genommen. Im aktuellen Fall heißt es, die »Sea-Eye 4« habe vergangenen Freitag auf Hoher See Anweisungen der libyschen Küstenwache missachtet. Der Strafbefehl wurde von der italienischen Finanzpolizei und dem Transportministerium ausgestellt. Der Einsatz am Freitag ereignete sich in internationalen Gewässern, in denen Libyen offiziell für die Seenotrettung verantwortlich ist. Die »Sea-Eye 4« eilte dort einem sinkenden Schlauchboot mit mindestens 52 Personen zu Hilfe. Ein libysches Patrouillenschiff hatte das kleine Boot dabei mehrfach bedrängt. Videomaterial zeigt, dass bei der Flucht vor diesen gefährlichen Manövern mehrere Insassen in Panik gerieten und ins Wasser fielen. Die libysche Miliz forderte die »Sea-Eye 4« unter der Androhung von Gewalt auf, die Schiffbrüchigen nicht zu retten und das Seegebiet Richtung Norden zu verlassen. Trotzdem nahm die Besatzung 48 Überlebende an Bord, darunter ein Kind und zwei Babys. In dem Schlauchboot fanden die Retter außerdem vier Leichen, auch die eines 12-jährigen Mädchens...“ Artikel von Matthias Monroy vom 01.11.2023 in ND online - Rettungsschiff SEA-EYE 4 in Vibo Valentia festgesetzt – Italien verlangt von Sea-Eye, den Anweisungen der sog. libyschen Küstenwache zu folgen
“ Am Montagnachmittag wurde der Kapitän der SEA-EYE 4 darüber informiert, dass das Rettungsschiff erneut mit einer Verwaltungshaft von 20 Tagen und einer Geldstrafe von rund 3.000 Euro bestraft wird. Konkret wirft die italienische Küstenwache der Besatzung des Schiffes vor, den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache keine Folge geleistet zu haben. Tatsächlich forderte die sogenannte libysche Küstenwache unter der Androhung von Gewalt die SEA-EYE 4 in internationalen Gewässern dazu auf, den Kurs zu ändern und das Seegebiet Richtung Norden zu verlassen. Im Folgenden bedrängte die sogenannte libysche Küstenwache ein Schlauchboot mit rund 50 Menschen so sehr, dass Panik ausbrach und Menschen ins Wasser stürzten. Sea-Eye veröffentlichte zu dem Vorfall Videomaterial, das eindeutig zeigt, dass die Libyer gefährliche Manöver in der unmittelbaren Nähe des Schlauchboots vollzogen. (…) Durch das rücksichtslose und aggressive Verhalten der sogenannten libyschen Küstenwache verloren mindestens vier Menschen das Leben. (…) Sea-Eye wird auch gegen die dritte Festsetzung des Rettungsschiffs in 2023 Klage erheben. Außerdem wird die Seenotrettungsorganisation juristisch prüfen lassen, ob die Verzögerungen bei der medizinischen Evakuierung einer von der SEA-EYE 4 geretteten, schwangeren Frau justitiabel sein könnten…“ Mitteilung vom 31. Oktober 2023 vom Sea-Eye e. V.
- Seenotrettung: Rom auf Kollisionskurs. Statt libyscher Küstenwache werden wieder Seenotretter bestraft
- Dekret zur Verschärfung der Asylgesetzgebung gerichtlich für verfassungswidrig erklärt: Meloni nimmt Richter ins Visier – und setzt Rettungsschiff „Open Arms“ erneut fest
- Italien: Rettungsschiff „Open Arms“ erneut festgesetzt
„Italien hat das spanische Flüchtlingsrettungsschiff „Open Arms“ erneut festgesetzt. Wie ein Sprecher der Besatzung mitteilte, darf es den toskanischen Hafen von Carrara für 20 Tage nicht verlassen. Zugleich hätten die Behörden eine Geldstrafe von 10.000 Euro verhängt, weil die „Open Arms“ drei aufeinanderfolgende Einsätze absolviert habe. Laut einem Dekret der italienischen Regierung müssen die Schiffe von Hilfsorganisationen aber direkt nach der ersten Rettung einen zugewiesenen Hafen ansteuern – auch wenn in der Nähe weitere Boote in Not sind. Im August durfte das Rettungsschiff schon einmal für 20 Tage nicht auslaufen.“ Meldung vom 05.10.2023 im Deutschlandfunk - Italien: Regierung greift Richter wegen Flüchtlingsstreit an
„Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat italienische Richter ins Visier genommen, weil sie sich geweigert haben, die Inhaftierung einiger Flüchtlinge anzuordnen. Sie beschuldigt die Richter, das Thema zu politisieren und Italiens Lösungsbemühungen zu vereiteln. Die Spannungen zwischen der Regierung und der Justiz, die beschlossen hat, die Inhaftierung einiger Flüchtlinge, die irregulär nach Sizilien eingereist sind, nicht zu genehmigen, sind groß. Die Regierung ist der Ansicht, dass der verantwortliche Richter versuche, die Bemühungen zur Eindämmung des starken Zustroms von Migranten aus Nordafrika zu untergraben. (…) Gegenstand des Urteils waren die Risiken, die damit verbunden sind, nach Tunesien zurückzukehren, um in Goldminen zu arbeiten. „Es ist nicht das erste Mal, dass so etwas passiert“, aber „wir werden weiterhin die Grenzen verteidigen“, versichert Meloni. Sie betont auch, dass es nicht die Aufgabe der Justiz ist, zu definieren, was ein sicheres oder unsicheres Land wie Tunesien ist…“ Artikel von Federica Pascale in EURACTIV.it übersetzt von Carmen Diaz Rodriguez am 3.10.2023 in euractiv.de , siehe dazu: - „In Italien brodeln die Spannungen, nachdem ein Richter die Inhaftierung von drei Migranten in einem Abschiebezentrum aufgehoben hat. Premierministerin Giorgia Meloni kritisierte die Entscheidung und veranlasste die nationale Richtervereinigung, ihr vorzuwerfen, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben.“ engl. Tweet von InfoMigrants vom 5. Okt. 2023
- „Die italienische Regierung hat ein Dekret zur Verschärfung der Asylgesetzgebung erlassen. Nun hat ein Gericht in Catania bestätigt, dass das Dekret verfassungswidrig ist, gegen EU-Recht verstößt und daher aufgehoben wird. #StopCEAS
Die Beschwerde wurde von einem 20-jährigen Tunesier eingereicht, der auf Lampedusa angekommen war und im Schnellverfahren eine Ablehnung seines Asylantrags erhalten hatte. Er wurde in ein Abschiebezentrum gebracht. Asylbewerber aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten sollen dem Erlass zufolge bis zu 18 Monate in den Abschiebezentren festgehalten werden. Diese Inhaftierung kann nur durch die Zahlung einer Kaution in Höhe von 4938 Euro vermieden werden. Der Richter in Catania befand nun, dass das Dekret in mehreren Teilen rechtswidrig sei. Jedem Menschen muss eine individuelle Prüfung des Asylantrags gewährt werden – auch die Forderung nach Kaution widerspricht der europäischen Rechtsprechung…“ engl. Thread von Seebrücke International vom 3. Okt. 2023
- Italien: Rettungsschiff „Open Arms“ erneut festgesetzt
- Neues Dekret: Italien verschärft Regelungen gegen Geflüchtete – kaum noch möglich
„Aufnahme von Minderjährigen in Erwachsenenlagern und schnellere Ausweisungen. Mit einem neuen Dekret verschärft die rechtskonservative italienische Regierung Regelungen für Geflüchtete. Protest kommt von der italienischen Bischofskonferenz. (…) Minderjährige, die älter als 16 Jahre sind, können von nun an auch in Aufnahmeeinrichtungen für Erwachsene untergebracht werden. Stellt sich nach Überprüfungen heraus, dass jemand bei der Ankunft in Italien falsche Angaben zu seinem Alter gemacht hat, um sich als minderjährig auszugeben, kann laut den neuen Regelungen eine sofortige Abschiebung die Folge sein. Wenn nach der Ablehnung eines Asylantrags ein Ausweisungsverfahren läuft, kann kein erneuter Antrag auf Schutz gestellt werden. Nicht-EU-Bürger, die schon länger in Italien leben, sollen auch bei Straftaten, die keine Gefängnisstrafe nach sich ziehen, schneller ausgewiesen werden können. „Wir weichen nicht von den Schutzmaßnahmen ab“, sagte Innenminister Matteo Piantedosi bei der Vorstellung der neuen Regelungen für Minderjährige. Es sei lediglich vorgesehen, dass der zuständige Präfekt für Über-16-Jährige im Falle von Überfüllung der Zentren für Minderjährige einen „vorübergehenden Aufenthalt“ in Zentren für Erwachsene von höchstens 90 Tagen anordnen könne. Der Schutz und die unterschiedliche Behandlung für Minderjährige hörten jedoch nicht auf. Eine Forderung der Bürgermeister, die Plätze in den Einrichtungen für Minderjährige zu erhöhen, wurde von der Regierung in Rom nicht umgesetzt…“ Meldung vom 28.09.2023 im Migazin- Siehe aktuell auch „“Krisenverordnung“: Abkehr der Bundesregierung vom Koalitionsvertrag und Menschenrechten reicht der italienischen Faschistin Meloni immer noch nicht“ im Dossier: Migrationspakt und GEAS: Neuer Anlauf in der EU-Flüchtlingspolitik (???)
- In Melonis Italien wird das Asylrecht unter Missachtung internationaler Normen verschärft – und erneut ein Seenot-Rettungsschiff festgesetzt
- Kalte Schulter für Flüchtlinge: In Melonis Italien wird das Asylrecht unter Missachtung internationaler Normen verschärft
„Auch im Hochsommer, bei weit über 30 Grad im Schatten, ist die Regierung von Giorgia Meloni äußerst aktiv bei der Bekämpfung ihrer Lieblingsfeinde – der Migranten. Diese, vor allem wenn sie aus Afrika kommen, sind bei der Regierung der Postfaschistin so »beliebt«, weil sie keine Lobby haben – weder in Italien noch im Rest Europas Europa. Dieses Jahr sind bereits über 100 000 Flüchtlinge über das Mittelmeer gekommen – mehr als in jedem anderen Jahr davor. Und das, obwohl Italiens Ministerpräsidentin vor wenigen Monaten lautstark verkündet hatte, dass sie die Schlepper »mit allen Mitteln rund um den Erdball« verfolgen würde. Das hat offensichtlich nicht funktioniert. (…) Mit den für mehr Abschiebungen notwendigen Rückführungsabkommen mit »sicheren Herkunftsländern« geht es nur schleppend voran: Selbst mit Tunesien, dem nordafrikanischen Land, mit dem die Beziehungen am besten sind (sprich: wohin das meiste italienische Geld fließt), funktioniert es nicht so richtig. Tunis hat sich zwar verpflichtet, die Migranten aus Tunesien zurückzunehmen – allerdings nur diejenigen, die tatsächlich die tunesische Staatsbürgerschaft haben, nicht aber diejenigen, für die das nordafrikanische Land nur ein Transitstaat war. (…) Am 7. August hat der Innenminister ein Rundschreiben verschickt, in dem er alle Verantwortlichen auffordert, »sofort« die Aufnahmeprotokolle für diese Personen zu stoppen. Sie sollen keine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und nicht in die regulären Aufnahmezentren geschickt werden. Konkret heißt das, dass Tausende Migranten fortan direkt auf der Straße landen, wo sie entweder verhungern oder betteln können oder aber in die Fänge der organisierten Kriminalität gelaraten. Das Vorhaben widerspricht den italienischen und europäischen Gesetzen und wälzt die finanzielle Last auf die Kommunen ab. Außerdem kann man die »besondere Verwundbarkeit« dieser Personen, die oft schwer traumatisiert sind, dort gar nicht feststellen, da die Gemeinden dafür weder über die Ausstattung noch über geschultes Personal verfügen. Und das alles geschieht unter den wohlwollenden Augen der EU und von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die Giorgia Meloni zu ihrer liebsten Verbündeten im Kampf gegen die »illegale Migration« auserkoren hat. (…) Dieses Jahr sind bereits 2100 Männer, Frauen und Kinder ertrunken – ebenfalls eine Rekordzahl.“ Artikel von Anna Maldini vom 20. August 2023 in Neues Deutschland online - Nach Rettungsaktion: Erneut setzt Italien Seenot-Rettungsschiff fest
„Italien hat erneut ein Seenotrettungsschiff festgesetzt. Grund: Die Crew habe nicht den zugewiesenen Hafen Trapani angesteuert, sondern die näherliegende Insel Lampedusa. Die Crew wehrt sich: Trapani sei wegen Treibstoff- und Wassermangels nicht erreichbar gewesen.
Eine Rettungsaktion der Organisation „Sea Watch“ im Mittelmeer hat für deren Schiff „Aurora“ Konsequenzen: Das Schiff werde für 20 Tage festgesetzt, außerdem eine Geldstrafe verhängt, teilte „Sea Watch“ am Montag in Berlin mit. Das maßgebliche italienische Regierungsdekret sehe als Sanktion eine Zahlung von 2.500 bis 10.000 Euro vor. Die „Aurora“ war wie die Schiffe anderer Rettungsorganisationen am Wochenende an der Bergung von insgesamt mehreren Hundert Flüchtlingen und Migranten aus Seenot beteiligt. „Alle geretteten Personen waren akut von Dehydrierung bedroht, eine Person wurde bewusstlos aufgefunden“, hieß es von „Sea Watch“. Die italienischen Behörden wiesen nach Darstellung der Organisation deren Rettungsschiff zunächst den sizilianischen Hafen Trapani zu. Wegen Treibstoff- und Trinkwassermangels sei dieser aber nicht erreichbar gewesen, bekräftigte die Organisation am Montag ihre bereits am Wochenende geäußerte Einschätzung…“ Meldung vom 22.08.2023 im Migazin - Unterwegs an Europas Grenzen: Italien
„Regelmäßig nehmen Schutzsuchende mit Booten aus Tunesien und Libyen den gefährlichen Weg über das Mittelmeer auf sich, um nach Lampedusa, Sizilien oder auf das italienische Festland zu gelangen. Wir sind genau an diese Orte gereist und haben das von PRO ASYL unterstützte Projekt Maldusa besucht…“ Reportage vom 22.08.2023 bei Pro Asyl
- Kalte Schulter für Flüchtlinge: In Melonis Italien wird das Asylrecht unter Missachtung internationaler Normen verschärft
- 40 Stunden entfernter Hafen durch Italien zugewiesen: Initiativen der zivilen Seenotrettung retten dennoch Hunderte Menschen im Mittelmeer
„… Im Mittelmeer haben private Initiativen am Wochenende nach eigenen Angaben erneut Hunderte Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Allein seit Freitag eilten sie etwa 40 Booten in Seenot zu Hilfe. So unterstützte die Mannschaft der „Aurora“ etwa 485 Menschen in elf Booten in Seenot mit Rettungswesten und Rettungsinseln, bis die italienische Küstenwache eintraf, wie die Organisation Sea-Watch, die das Schiff betreibt, mitteilte. 52 Gerettete nahm die Crew der „Aurora“ an Bord und brachte sie am Sonntag zum Hafen der sizilianischen Stadt Trapani, wie von den italienischen Behörden angeordnet. Die „Geo Barents“ von „Ärzte ohne Grenzen“ absolvierte seit Samstagmittag neun Einsätze in 30 Stunden und nahm dabei in der libyschen Rettungszone und vor der Küste Maltas insgesamt 329 Menschen an Bord. Alle Einsätze seien von den italienischen Behörden koordiniert worden, erklärte die Organisation. Mehrere Boote seien von der tunesischen Stadt Sfax aus gestartet, wo die Regierung immer massiver gegen Geflüchtete aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara vorgeht und die Menschen gegen sie aufhetzt. (…) Mission Lifeline kritisierte die Zuweisung von Vibo Valentia zur Anlandung der Geflüchteten. Der Hafen habe in einer Entfernung von über 40 Stunden Fahrt gelegen. Auch Sea-Watch forderte erneut die Zuweisung von Häfen, die näher an den Einsatzorten liegen. Trapani habe vier- bis fünfmal so weit weg gelegen wie die Insel Lampedusa. Doch um eine Festsetzung durch die Behörden zu vermeiden, habe die Besatzung der Anweisung gefolgt. In den vergangenen Monaten setzten die italienischen Behörden vier Rettungsschiffe für jeweils 20 Tage fest, weil sie einen anderen Hafen als den angeordneten angesteuert hatten…“ Meldung vom 17. Juli 2023 im MiGAZIN („Private Initiativen retten Hunderte Menschen im Mittelmeer“) - Rechtsregierung erschwert Seenotrettung gezielt: SOS Humanity, Sea Eye und Mission Lifeline verklagen Italien wegen Zuweisung weit entfernter Häfen
„Zuletzt wurde der NGO SOS Humanity mit ihrem Schiff Humanity 1 ein 1.300 Kilometer entfernter Hafen zugewiesen, obwohl stark geschwächte, gerettete Menschen an Bord waren. Die im Mittelmeer aktiven Seenotrettungsorganisationen SOS Humanity, Sea Eye und Mission Lifeline klagen gegen Italiens Praxis, den privaten Rettungsschiffen Häfen zuzuweisen, die weit vom Rettungsgebiet entfernt sind. Auf diese Weise werde das Leben der geretteten Menschen gefährdet, kritisierten die Hilfsorganisationen am Sonntag und kündigten ein Klage bei einem Verwaltungsgericht in Rom an. Die privaten Seenotretter klagen seit Monaten über die Behinderung ihrer Arbeit durch die neue Strategie der italienische Rechtsregierung. Neuerlich für Verärgerung sorgte am Sonntag, dass dem Schiff SOS Humanity 1, das in fünf Einsätzen insgesamt 199 Menschen in Seenot gerettet hat, der Adria-Hafen von Ortona in der Region Abruzzen zugewiesen wurde. Ortona liegt 1.300 Kilometer vom Ort der Rettung entfernt. „Der Kapitän hat vergeblich um einen näheren Hafen für die stark geschwächten Überlebenden, die fünf Tage auf See verbracht haben – teilweise ohne Nahrung und Wasser – gebeten. Die Praxis Italiens, systematisch weit entfernte Häfen zuzuweisen, stellt ein vermeidbares Risiko für ihre Gesundheit dar“, kritisierte die NGOs…“ Meldung vom 2. Juli 2023 in derstandard.de („Seenotretter klagen Italien wegen Zuweisung weit entfernter Häfen“) - SEA-EYE 4 nach Rettungseinsätzen in Ortona festgesetzt: Italienische Küstenwache bestraft mit 20 Tagen Verwaltungshaft für die Rettung von 32 Menschenleben
„Am Freitagabend erklärte die italienische Küstenwache gegenüber der italienischen Presse, dass die deutschen Seenotrettungsschiffe SEA-EYE 4 und MARE*GO für 20 Tage festgesetzt worden sind. Kurze Zeit später wurde auch Sea-Eye mit einem Verweis auf ein neues italienisches Gesetz vom 24.02.2023 darüber informiert, dass die SEA-EYE 4 für 20 Tagen in Ortona festgesetzt wird, weil sie in einem Rettungseinsatz 32 Menschenleben gerettet hat.
Laut italienischer Küstenwache wird die Festsetzung damit begründet, dass das Schiff nach der Rettung von 17 Menschen in der libyschen Such- und Rettungszone 32 weitere Menschen in der maltesischen Such- und Rettungszone rettete und nicht so schnell wie möglich den Hafen von Ortona angefahren habe. Die SEA-EYE 4 brach die Anfahrt auf Ortona am Dienstagabend ab und wendete, weil es einen Notruf von einem Boot mit über 400 Menschen in der maltesischen Such- und Rettungszone gab. Das Boot wurde schließlich vom zivilen Suchflugzeug SEABIRD gesichtet. Die Betreiberorganisation Sea-Watch berichtete auf Twitter darüber. Da kein staatlicher Akteur die Koordinierung des Seenotfalls bestätigte und Malta seit vielen Monaten keine Seenotfälle von schutzsuchenden Personen in der maltesischen Such- und Rettungszone koordiniert, war der zusätzliche Rettungseinsatz für Sea-Eye alternativlos. (…) Die Festsetzung der SEA-EYE 4 verhindert nun einen weiteren Rettungseinsatz des Schiffes, obwohl das laufende Jahr tödlicher und gefährlicher für schutzsuchende Menschen ist, als die vergangenen fünf Jahre zuvor…“ Meldung vom 2. Juni 2023 auf sea-eye.org , siehe auch:- Lampedusa: Zwei deutsche Rettungsschiffe von italienischen Behörden festgesetzt
„In Italien haben die Behörden die beiden deutschen Seenotretterschiffe „Mare*Go“ und „Sea-Eye 4“ vorübergehend festgesetzt. Offiziellen Angaben zufolge verstießen die Besatzungen gegen ein Gesetz der italienischen Regierung. Dieses besagt, dass nach einem Rettungseinsatz sofort ein Hafen anzusteuern ist, der von den Behörden zugewiesen wird. Das Schiff „Mare*Go“ hatte demnach die Flüchtlinge nach Lampedusa gebracht, obwohl es den sizilianischen Hafen von Trapani hätte ansteuern sollen. Die „Sea-Eye 4“ soll gesetzeswidrig mehrere Rettungseinsätze hintereinander durchgeführt haben, bevor sie den Zielhafen Ortona in den Abruzzen erreichte.“ Meldung vom 2. Juni 2023 beim Deutschlandfunk
- Lampedusa: Zwei deutsche Rettungsschiffe von italienischen Behörden festgesetzt
- Breiten Protesten zum Trotz: Das menschenverachtende Cutro-Dekret zur Abwehr von MigrantInnen ist Gesetz
„Gestern wurde das sogenannte „Cutro-Dekret“ vom italienischen Parlament verabschiedet und ist nun Gesetz. Sie benannten ein menschenverachtendes Gesetz nach einem tragischen Schiffbruch. Das ist terribe, und so ist der Inhalt. Was kann man von dieser faschistischen Regierung erwarten? Sie wollten nie die Ursachen angehen, die zum Tod Tausender Menschen auf See geführt haben, sondern stattdessen Haft, Unregelmäßigkeit, Ausgrenzung und Abschiebungen verstärken. Strafen für „Bootsfahrer“, die als Sündenböcke für das tödliche EU-Grenzregime missbraucht werden, wurden angehoben. Ein neuer Straftatbestand für „Tod oder Körperverletzung infolge illegaler Einwanderung“ wurde eingeführt, mit Strafen von 20 bis 30 Jahren Gefängnis. Ein „besonderer Schutz“, der bedürftigen Menschen eine Aufenthaltserlaubnis für Italien gewährt, wird schwieriger zu bekommen sein. Zusammen mit anderen Arten von Schutzmaßnahmen können sie nicht mehr in eine Arbeitserlaubnis umgewandelt werden, was Tausende von Menschen, die seit Jahren in Italien leben, zur Unregelmäßigkeit verurteilt. Viele der Gesetze, die Abschiebungen verhindern könnten, wurden gestrichen oder geändert, was die Wahrscheinlichkeit von Abschiebungen erhöht. Faschismus ist eine Politik des Todes, der Gewalt und der Ungerechtigkeit. Heute ist ein schmerzhafter Tag. Wir kämpfen weiter. Immer, #SolidarityAndResistance #NoDecretoCutro“ engl. Thread von iuventa-crew vom 5.5.23 , siehe dazu:- „Das Cutro Dekret ist Gesetz. Nur wenige Tage nachdem über 80 Menschen ihr Leben unmittelbar vor der Küste der Region verloren haben, wurde vom Kabinett ein Vorschlag ausgearbeitet, der nun von der ultrarechten italienischen Regierung verabschiedet wurde.
Es bedeutet für Menschen auf der Flucht schnellere Abschiebungen, weniger internationalen Schutz, mehr Inhaftierungen und noch weniger Chance auf Sicherheit. Wir kämpfen weiter gegen die menschenfeindliche Politik, im Wasser wie am Land!“ Thread von Sea-Watch vom 8.5.23 - “Non sulla nostra pelle” – „Mehr als 4.000 Menschen nahmen an der Demonstration teil, zu der die USB und die Bewegung für Migranten und Flüchtlinge in Neapel aufgerufen hatten. Hunderte von Verbänden, Migrantengemeinschaften und Komitees hatten sich angeschlossen, um die nationale Kampagne „Nicht auf unserer Haut“ als Plattform der Migrantenwelt in Italien neu zu starten. Mehr als 40 Arbeitsmigranten ergriffen das Wort am Mikrofon der Demonstration und protestierten gegen das Cutro-Dekret, das die Aufhebung des besonderen Schutzes zur Folge hat und Tausende und Abertausende von Arbeitnehmern in die Illegalität, Erpressung und Arbeitsausbeutung zurückdrängt, in einem Zustand der totalen Unbestimmtheit für alle ausländischen Einwohner Italiens…“ it. Bericht der USB vom 29.4.2023 und der Aufruf des USB : Unmenschliche Behandlung von Migranten in Italien: Nationale Demonstration in Rom am Freitag, 28. April
- Demos gab es in weiteren Städten, siehe #NonSullaNostraPelle, #decretoCutro und #NoDecretoCutro
- „Das Cutro Dekret ist Gesetz. Nur wenige Tage nachdem über 80 Menschen ihr Leben unmittelbar vor der Küste der Region verloren haben, wurde vom Kabinett ein Vorschlag ausgearbeitet, der nun von der ultrarechten italienischen Regierung verabschiedet wurde.
- Geld und schnellere Abschiebungen: Mit der Ausrufung des Notstands will Italiens Regierung die steigende Zahl von Geflüchteten bewältigen
„Italiens rechte Regierung unter Führung von Giorgia Meloni hat sich mit Sonderrechten ausgestattet, um die nach Italien flüchtenden Menschen effektiver abzufertigen. »Wir haben den Notstand für den Bereich der Einwanderung beschlossen, um schneller wirksamere Maßnahmen zur Steuerung der Migrationsströme zu ergreifen«, erklärte Ministerpräsidentin Meloni laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa am Dienstagabend. Der Notstand soll zunächst für ein halbes Jahr gelten, verbunden damit ist auch die Freigabe von fünf Millionen Euro zur Unterstützung der besonders betroffenen Regionen im Süden des Landes: Sizilien, Kalabrien, Apulien. Damit sollen nach Informationen aus dem Umkreis der Regierung sowohl Unterkünfte für Geflüchtete errichtet, aber auch deren Abschiebung beschleunigt werden. (…) Dabei sind die Zahlen der in Italien angelandeten Geflüchteten gar nicht spektakulär: Zwischen dem 1. Januar und dem 11. April waren es 31 292 Personen, darunter mehr als 3000 unbegleitete Minderjährige, vor allem aus der Elfenbeinküste, Guinea, Pakistan, Ägypten, Tunesien und Bangladesch. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres betrug die Zahl der auf dem Seeweg ankommenden Migranten ein Viertel davon: 7928. Das ist zwar ein beachtlicher Anstieg, aber bei weitem keine Rekordmarke. So waren im Juni 2017 innerhalb von nur 36 Stunden 12 500 Migranten an Bord von 25 verschiedenen Schiffen angekommen. Der damalige Innenminister Marco Minniti von der Demokratischen Partei (PD) fürchtete damals gar um den »demokratischen Halt des Landes«; insgesamt waren 2017 rund 180 000 Menschen in Italien angekommen. Vom vergangenen Freitag bis Montag wurden rund 3000 Geflüchtete gerettet und in Lampedusa oder Kalabrien an Land gebracht. Rekordverdächtig ist dagegen die Anzahl der Schutzsuchenden, die zwischen Januar und März beim Überqueren des zentralen Mittelmeers ums Leben kamen: 441. Nach Angaben der Vereinten Nationen vom Mittwoch war es das tödlichste erste Quartal für Migranten seit 2017. (…) Beobachter spekulieren inzwischen, ob die italienische Regierung der repressiven Linie der britischen Regierung unter Premier Rishi Sunak folgt, die zum Beispiel Geflüchtete nach Ruanda deportieren will. Aber Meloni, deren Partei Wurzeln im italienischen Faschismus hat, braucht keine Vorbilder für einen harten Umgang mit Menschen, die Schutz in Italien suchen: Jahrelang fordert sie eine Seeblockade, die aus Nordafrika kommende Boote mit Schutzsuchenden von europäischen Küsten fernhalten soll. (…) Die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Migranten über die Mittelmeerroute ins Land kommen, und wird nicht müde zu betonen, dass Italien es alleine nicht schaffen könne. »Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst«, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci.“ Artikel von Cyrus Salimi-Asl vom 12. April 2023 in Neues Deutschland online - Knapp 2.000 Asylsuchende erreichen Lampedusa allein am Osterwochenende – italienische Regierung verhängt den Ausnahmezustand – nicht zur Rettung
- „Über 100 Männer, Frauen & Kinder warten in diesem Moment am Hafen von #Lampedusa auf ihren Transfer nach Sizilien. Sie sitzen seit den frühen Morgenstunden hier auf dem kalten Beton. Journalisten können sie fotografieren aber nicht sprechen. Genauso wie im Fluchtlager in der Mitte der kleinen Insel, die 24/7 von Militär umstellt ist und mit drei Schichten von Barrieren (Stahlzaun; Glasplatten; Graben) umgeben, die Kommunikation mit den Menschen nicht möglich macht. Die italienische Regierung verhängte gestern aufgrund der steigenden Ankunftszahlen von Flüchtenden im über das Meer (31.000 dieses Jahr) den Ausnahmezustand. Der Ausnahmezustand gilt für sechs Monate und soll den besonders betroffenen Regionen im Süden zunächst 5 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Mehr Infos folgen.“ Thread von Franziska Grillmeier vom 12.4.23 mit Video und Fotos
- Tot oder eingepfercht. Unterbringungskrise auf Lampedusa spitzt sich zu: Italienische Regierung erwägt Ausrufung von Notstand. Kein Interesse an namenlosen Opfern
„Seit Tunesien im Februar beschlossen hat, »illegale« Asylsuchende nicht mehr zu dulden, legen »zu jeder Tages- und Nachtzeit Boote ab, die in wenigen Stunden die italienische Küste erreichen«, schrieb Il Giornale am Dienstag. So sie denn überleben. »Noch nie haben wir von so vielen Toten gehört«, sagte etwa die in Tunis tätige Ordensfrau Maria Rohrer in einer Mitteilung an das Hilfswerk »Jugend eine Welt«. In den vergangenen drei Wochen sei kein Tag ohne eine Todesnachricht einer der Pfarre bekannten Person vergangen, wird Rohrer von der Katholischen Presseagentur Österreich zitiert. Darunter seien »sechs Studenten, zahlreiche Hausfrauen, Eltern mit zwei Kindern, ein frisch verheiratetes Paar, ein weiteres Paar, bei dem er ertrunken ist und sie gerettet wurde«, gewesen. Dabei ist die tunesische Hafenstadt Sfax der wichtigste Ausgangsort für die Überfahrt zur italienischen Küste und zugleich der gefährlichste, was das Meer betrifft. (…) Auf der anderen Seite des Wassers sind wiederum italienische Gemeinden, die die Hauptlast von Krieg und Krise anderswo zu schultern haben. Hotspot dieser Tage ist einmal mehr die kleine Insel Lampedusa. Insgesamt erreichten Italien auf dem Seeweg mehr als 30.000 Schutzsuchende seit Jahresbeginn – etwa das Vierfache der Anzahl im gleichen Zeitraum 2022. Nach Angaben der italienischen Regierung handelt es sich bei den meisten Ankommenden um ivorische Staatsangehörige, gefolgt von Menschen aus Guinea, Pakistan, Tunesien, Bangladesch und Ägypten. Etwa 1.000 Asylsuchende kamen demnach auch jeweils aus Kamerun, Syrien und Mali. Und das Osterwochenende hat die Situation weiter verschärft, vor allem auf Lampedusa. Nachdem seit Freitag mehr als 2.000 Menschen in Booten die Küste erreicht hatten, steht die Regierung offenbar kurz davor, den Notstand auszurufen. Der Minister für Katastrophenschutz und Meerespolitik, Sebastiano Musumeci, erklärte im Morgenprogramm von Rai, dies sei »sehr wahrscheinlich«. Die Situation sei schwerwiegend, und es müsse etwas getan werden. Nach seiner Einschätzung sei die Lage »in der Vergangenheit nicht so schlimm gewesen«. (…) Die Menschen kommen indes weiter auf der Insel an. Am Dienstag erklärten Sprecher des Hafens von Catania gegenüber La Sicilia, dass sie mit dem Bau riesiger zeltartiger Strukturen beschäftigt seien, um die fast 700 Schutzsuchenden unterzubringen, die in den kommenden Tagen dort erwartet werden. Und auch die Ordensfrau kann bestätigen: »Sie gehen weiter, jeder in der Hoffnung, auf Lampedusa anzukommen.«“ Artikel von Ina Sembdner in der jungen Welt vom 12.04.2023 - Rettung im Ärmelkanal: Knapp 1.000 Bootsflüchtlinge erreichen Lampedusa
“ Auch am Osterwochenende haben sehr viele Schutzsuchende die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer in Richtung Italien gewagt. In nur 24 Stunden kamen auf der Insel Lampedusa knapp 1.000 Menschen an, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Montag meldete. In mehreren Booten erreichten demnach insgesamt 974 Menschen die kleine Insel. Unter ihnen befanden sich den Angaben zufolge viele Kinder. Es seien insgesamt 26 Anlandungen registriert worden. Auch am Montag wurden weitere Ankünfte erwartet. Das Erstaufnahmelager auf Lampedusa sei nach dem Wochenende erneut überfüllt, berichtete Ansa weiter. In dem Migranten-Camp, das eigentlich maximal knapp 400 Menschen aufnehmen kann, sind demnach nun 1.883 Menschen untergebracht.Unterdessen sind nach Angaben der deutschen Hilfsorganisation Resqship am Sonntag in internationalen Gewässern in der Nähe von Malta bei einem Rettungseinsatz zwei Leichen geborgen worden – 25 Personen konnten aus dem Wasser geholt und gerettet werden. Sie wurden an Bord des Motorsegelbootes „Nadir“ der Organisation genommen und nach Lampedusa gebracht. Wie die Geretteten berichteten, war ihr Boot zunächst in Seenot geraten und später untergegangen. Mehrere Menschen würden weiter vermisst, schrieb Resqship auf Twitter…“ Meldung vom 10.04.2023 im Migazin
- Gerichtshof für Menschenrechte: Italien wegen Inhaftierung von Migranten auf Lampedusa verurteilt
„… Die Haft sowie die Haftbedingungen in einem Aufnahmezentrum „für Migranten“ auf der italienischen Insel Lampedusa haben nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Vier tunesische Staatsbürger hatten unter anderem gegen ihre Inhaftierung unter „unmenschlichen“ und „entwürdigenden Bedingungen“ geklagt, wie aus dem Urteil vom Donnerstag hervorgeht. Die italienische Regierung wurde verurteilt, jedem Kläger 8.500 Euro zuzüglich Kosten und Ausgaben zu zahlen, wie die Richter in Straßburg erklärten. Die Kläger waren nach Angaben des EGMR 2017 bei der Überfahrt von Tunesien nach Europa in Seenot geraten. Ein italienisches Schiff rettete sie und brachte sie in einen sogenannten Hotspot, der für die Erstidentifizierung, Registrierung und Befragung von Geflüchteten vorgesehen war. Dort seien die Menschen zehn Tage lang festgehalten worden, ohne dass sie über ihre Rechte aufgeklärt worden seien. Dies verstoße gegen Artikel 5 der Menschenrechtskonvention, wie die Richter erklärten. (…) Die Betroffenen klagten insbesondere über schlechte Hygiene und Platzmangel, wie aus dem Urteil hervorgeht. Die Richter betonten, dass Schwierigkeiten, die sich aus der Fluchtbewegung von Asylbewerbern ergeben könnten, die Mitgliedstaaten nicht von rechtlichen Verpflichtungen zu annehmbaren Bedingungen entbinden würden. Sie stellten in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Artikels 3 der Menschenrechtskonvention fest. Die Kläger erklärten gegenüber dem EGMR auch, ihnen seien Dokumente zur Unterschrift vorgelegt worden, die sie nicht verstanden hätten. Später habe sich herausgestellt, dass es sich um Einreiseverbote gehandelt habe. Daraufhin seien sie nach Tunesien abgeschoben worden. Da die Einzelfälle nicht gesondert geprüft worden seien, stellte der Gerichtshof eine kollektive Ausweisung fest, welche gegen Artikel 4 der Menschenrechtskonvention verstoße.“ Meldung vom 30. März 2023 im MiGAZIN - [Nach Bootsunglück in Süditalien] Seenotretter fordern Frontex-Stopp: Geflüchtete im Mittelmeer hätten gerettet werden können
„In einem offenen Brief an den neuen Frontex-Direktor fordern 20 Organisationen ein Ende des Mittelmeer-Einsatzes. EU-Abgeordneter Markquardt wirft Frontex Mitschuld am Sterben im Mittelmeer vor. (…) 20 Organisationen haben ein Ende des Mittelmeer-Einsatzes der EU-Grenzschutzagentur Frontex gefordert. „Ihre Agentur war in unzählige Skandale verwickelt“, schreiben die NGOs in einem offenen Brief an den neuen Frontex-Direktor Hans Leijtens. Darin zählen die Seenotrettungs- und Menschenrechtsorganisationen unter anderem die Beteiligung von Frontex an gewaltsamen und illegalen Zurückweisungen an der EU-Außengrenze auf sowie die Manipulation interner Berichte über Menschenrechtsverletzungen von Migranten. Leijtens trat sein Amt als Frontex-Direktor am Mittwoch vergangener Woche an. (…) Die NGOs wollen in dem Brief an Leijtens unter anderem wissen, wie Frontex in Zukunft mit Informationen über Menschen in Seenot umzugehen gedenke. Denn obwohl seit 2015 fast ausschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft im Mittelmeer Flüchtlingen in Seenot zu Hilfe kämen und Tausende Menschen gerettet hätten, informiere Frontex die privaten Seenotretter meist nicht, wenn Hilfe gebraucht werde. Stattdessen koordiniere die Agentur Pushbacks mit der sogenannten libyschen Küstenwache. (…) Zudem kritisierten die Organisation erneut die Zusammenarbeit von Frontex mit Libyen, mit der sich die Agentur an Menschenrechtsverletzungen beteilige. Die müssten aufgeklärt und somit verhindert werden, dass Beamte weiter mitverantwortlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien. Bei einem Bootsunglück vor der italienischen Küste waren Ende Februar mindestens 60 Geflüchtete ums Leben gekommen. In diesem Zusammenhang war erneut Kritik an Frontex aufgekommen. Der EU-Abgeordnete Erik Markquardt etwa erklärte: „Lange vor dem Unglück wusste Frontex offenbar bereits von dem Boot, aber es wurde keine koordinierte Rettung eingeleitet. Die Menschen hätten gerettet werden können.“ Meldung vom 6. März 2023 im MiGAZIN , siehe das engl. Statement bei Abolish Frontex - Nach Bootsunglück in Süditalien: Zahl der Todesopfer steigt auf 62 – NGO-Hilfe abgelehnt, Rettungsschiff beschlagnahmt
- Nach Bootsunglück in Süditalien: Zahl der Todesopfer steigt auf 62
„Die Suche nach weiteren Opfern der Katastrophe vor Italiens Küste wird fortgesetzt. Bisher wurden 62 Todesopfer geborgen, unter ihnen viele Kinder. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst. Nach dem Bootsunglück mit vielen Toten vor der süditalienischen Küste suchen Retter seit dem Morgen weiter nach Vermissten. Inzwischen stieg die Zahl der Todesopfer auf 62, wie italienische Behörden der Agentur Reuters mitteilten. (…) Nach Angaben der Rettungsleitstelle haben etwa 80 Menschen das Unglück überlebt. Sie wurden in ein Aufnahmezentrum im Ort Isola di Capo Rizzuto in der Provinz Crotone gebracht. Die Angaben zur Herkunft der Überlebenden korrigierten die Behörden am Abend. Demnach stammen die Menschen unter anderem aus Pakistan, der Türkei, Afghanistan und Somalia – nicht aus dem Iran, dem Irak und Syrien, wie verschiedene italienische Medien im Laufe des Tages berichtet hatten. Das Boot soll vor vier Tagen aus Izmir in der Türkei gestartet sein. Wie viele Menschen sich insgesamt an Bord befanden, ist immer noch unklar. Zu Beginn nannten italienische Medien die Zahl 250, die Behörden gehen mittlerweile aber von 150 bis 180 aus. Demnach werden noch bis zu 40 Menschen vermisst…“ Meldung vom 27.02.2023 bei tagesschau.de - Boot mit Migranten gesunken: Flüchtlingsdrama vor Italiens Küste
„In Sichtweite der italienischen Südküste ist ein Boot mit Migranten an einem Felsen zerschellt. Mehr als 50 Menschen ertranken. Italiens rechte Regierung zeigte sich betroffen, sieht sich aber auch in ihrem Kurs bestärkt. Bei einem verheerenden Bootsunglück vor der Küste Süditaliens sind zahlreiche Migrantinnen und Migranten ums Leben gekommen. Nach offiziellen Angaben wurden bislang 59 Todesopfer geborgen. Mindestens 80 Überlebende konnten gerettet werden. Einige der Überlebenden berichteten, dass etwa 250 Menschen an Bord des Bootes gewesen seien. Andere sprachen von 140 bis 180…“ Meldung vom 26.02.2023 bei tagesschau.de - Italien: 43 Tote bei Bootsunglück im Mittelmeer
„43 Menschen sind bei einem Bootsunglück vor der italienischen Küste ums Leben gekommen, die Rettungsmaßnahmen dauern laut Küstenwache an. Zuvor hatten italienische Behörden erneut ein privates Seenotrettungsschiff beschlagnahmt. Sie mahnen sichere und legale Fluchtwege an. (…) Laut der italienischen Küstenwache ist das Boot an der Küste bei Crotone im Süden Italiens auseinandergebrochen. Die Suche wird mit unter anderem Flugzeugen und dem Einsatz von U-Booten fortgesetzt, hieß es weiter. Sergio Di Dato, Projektkoordinator Flucht und Migration von „Ärzte ohne Grenzen“ Italien, beklagte am Sonntag, dass im Mittelmeer „weiterhin unaufhörlich Menschen durch ein Vakuum an Rettungskapazitäten“ zu Tode kämen. Nur wenige Kilometer vor der italienischen Küste seien Dutzende Menschen ertrunken, die ein sicheres Leben in Europa gesucht hätten. „Es ist inhuman, inakzeptabel und unverständlich, dass wir immer wieder Zeugen von diesen vermeidbaren Tragödien werden.“ „Ärzte ohne Grenzen“ habe den italienischen Behörden angeboten, psychologische Ersthilfe für die Überlebenden zu leisten. Auch die Rettungsorganisation Sea-Watch sprach am Sonntag auf Twitter von einer weiteren „Katastrophe an den Grenzen eines Europas, das Menschen nur die Flucht übers Meer als letzten Ausweg lässt.“ Man sei in Trauer um die Toten und in Gedanken bei Überlebenden und Angehörigen. Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Allerdings geht die rechtsextreme italienische Regierung entschieden gegen private Rettungsorganisationen im Mittelmeer vor. Nur wenige Tage zuvor, hatten italienische Behörden das Rettungsschiff von „Ärzte ohne Grenzen“ im Mittelmeer beschlagnahmt…“ Meldung vom 26.02.2023 beim Migazin - Siehe auch den Tweet von Ärzte ohne Grenzen vom 24. Feb. 2023 : „BREAKING NEWS. Die italien. Behörden haben unser Rettungsschiff #GeoBarents vor dem Auslaufen gestoppt. Uns wurde mitgeteilt, dass das Schiff festgesetzt wird & ein Bußgeld verhängt werden soll. Wir prüfen rechtliche Schritte, um dagegen vorzugehen. Das ist nicht akzeptabel!„
- siehe auch die laufende Berichterstattung von MSF Sea auf Twitter oder Sea-Watch auf Twitter
- Nach Bootsunglück in Süditalien: Zahl der Todesopfer steigt auf 62
- Italien: Parlament stimmt für umstrittene Seenotrettungsvorschrift – „eine unmenschliche Regelung, die zivile Rettungsschiffe kriminalisiert“
„Das umstrittene Dekret zur Seenotrettung im Mittelmeer passierte das italienische Parlament. Es schränkt die Präsenz von Hilfsschiffen ein. Seenotretter und Menschenrechtler kritisieren das Votum der italienischen Abgeordneten. Die italienische Abgeordnetenkammer hat laut Medienberichten für die Umwandlung eines umstrittenen Regierungsdekrets zur zivilen Seenotrettung in ein Gesetz gestimmt. Wie die Zeitung „La Repubblica“ berichtete, stimmten 187 Parlamentarier dafür. 139 Abgeordnete votierten demnach dagegen, drei enthielten sich. Hilfsorganisationen und Menschenrechtler reagierten besorgt. (…) Das Dekret sieht unter anderem vor, dass Schiffe nach einer Rettungsaktion direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern. Weitere Notrufe müssten demnach ignoriert werden. Laut Amnesty International wird der Text nun dem Senat vorgelegt, der Anfang März darüber abstimmen soll. Bereits vor der Abstimmung gab es international Kritik. Am Dienstag riefen 65 Bundestagsabgeordnete in einem Brief ihre italienischen Kollegen dazu auf, „sich für die bedingungslose Einhaltung des Völkerrechts einzusetzen“. Anfang Februar hatte der Europarat Italien aufgefordert, das Dekret zurückzunehmen…“ Meldung vom 16.02.2023 im Migazin – siehe auch:- Abgeordnetenkammer billigt Gesetzesdekret 1/2023: ‚Wird den Verlust von Menschenleben auf See bedeuten‘.
It. Protest von Amnasty Italien vom 15.2.2023 - „Das italienische Parlament hat dafür gestimmt, das Dekret in ein Gesetz umzuwandeln. Eine unmenschliche Regelung, die zivile Rettungsschiffe kriminalisiert – entgegen Völker- und Menschenrechten. Ein Propaganda-Gesetz, das noch mehr Tote auf dem #Mittelmeer verursachen wird.“ Tweet von Sea-Watch vom 15.2.23
- Abgeordnetenkammer billigt Gesetzesdekret 1/2023: ‚Wird den Verlust von Menschenleben auf See bedeuten‘.
- Weitere Geflüchtete tot geborgen: Europarat rügt Italiens Dekret zur Seenotrettung als menschen- und völkerrechtswidrig
„… Der Europarat hat Italien aufgefordert, sein neues Dekret zur zivilen Seenotrettung zurückzunehmen. Sie sei besorgt, die Regelungen behinderten lebensrettende Einsätze von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer, schrieb die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovi , in einem Brief an den italienischen Innenminister Matteo Piantedosi. Italien verstoße damit gegen das Menschen- und Völkerrecht, hieß es in dem Schreiben vom 26. Januar. Auch der Sachverständigenrat des Europarates kommt zu dem Schluss, das Dekret sei nicht mit Europarecht vereinbar. Italien wies die Vorwürfe zurück. Die italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte Anfang Januar per Dekret einen sogenannten Verhaltenskodex für die zivile Seenotrettung verabschiedet. Das Dekret sieht unter anderem vor, dass Schiffe nach einer Rettungsaktion direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern. Weitere Notrufe müssten demnach ignoriert werden. Mijatovi kritisierte, die Umsetzung des Dekrets, gepaart mit der Praxis, Schiffen weit entfernte Häfen zuzuweisen, hätten die absehbare Folge, dass den Menschen auf „der tödlichsten Migrationsroute die lebensrettende Hilfe der NGOs vorenthalten“ bleibe. (…) Das italienische Innenministerium wies die Forderung des Europarates nach einer Rücknahme des Dekrets entschieden zurück. In einer Antwort an Mijatovi hieß es, die neuen Regeln hinderten die Nichtregierungsorganisationen nicht daran, multiple Einsätze auf dem Meer zu leisten. Auch seien sie nicht verpflichtet, mögliche weitere Hilferufe zu ignorieren, falls sie schon Menschen an Bord genommen haben. Vielmehr sollten die neuen Normen „die systematische Aufnahme von Migranten vor den libyschen und tunesischen Küsten mit dem Ziel, diese ausschließlich nach Italien zu bringen, verhindern“…“ Meldung vom 7. Februar 2023 im MiGAZIN , siehe:- Italien: UN-Experte fordert Ende der Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern, die an Seenotrettungseinsätzen beteiligt sind
engl. Presseerklärung vom 9.2.2023 der UNO („Italy: Criminalisation of human rights defenders engaged in sea-rescue missions must end, says UN expert“) - und z.B. die laufende Berichterstattung von Sea-eye.org
- Italien: UN-Experte fordert Ende der Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern, die an Seenotrettungseinsätzen beteiligt sind
- Wegweisendes Urteil zur Schiffskatastrophe von 2013: Für den Tod von 268 Schutzsuchenden sind italienische Küstenwache und Marine verantwortlich
„Mit gemischten Gefühlen reagieren die drei Menschenrechtsorganisationen PRO ASYL, borderline-europe und WatchTheMed/Alarm Phone auf ein Urteil in Italien zu einem Schiffsunglück im Jahr 2013 vor Lampedusa: Zwar urteilte der Gerichtshof in Rom, dass sich die italienische Küstenwache und die Marine der vorsätzlichen Unterlassung der Rettung schuldig gemacht haben und so für den Tod von 268 Flüchtlingen verantwortlich sind. Doch die beiden Angeklagten, Kapitän Leopoldo Manna und Fregattenkapitän Luca Licciardi, entgingen einer Verurteilung, weil der Fall verjährt ist. Nun muss geprüft werden, ob in einem zivilrechtlichen Verfahren der italienische Staat zu Entschädigungsleistungen für die Opfer verpflichtet werden kann. „Notrufe auf See müssen ernst genommen und Rettungsoperationen unverzüglich eingeleitet werden. Das ist die zentrale Botschaft dieses Prozesses, die sich nicht nur an die italienischen sondern an alle Küstenwachen und Einsatzkräfte im Mittelmeer richtet“, bewerten PRO ASYL, borderline-europe und WatchTheMed/Alarm Phone das Urteil vom 16. Dezember 2022. (…) Zum Hintergrund: Acht Tage nach der bekannteren Bootstragödie vor Lampedusa am 3. Oktober 2013 ertranken 268 Flüchtlinge, darunter 60 Kinder, bei einem weiteren Unglück vor der italienischen Insel: Am 11. Oktober 2013 geriet ein Boot mit mehr als 400 syrischen und palästinensischen Bootsflüchtlingen aus Libyen kommend in akute Seenot. Das Boot war vorher von einem libyschen Schnellboot verfolgt und beschossen worden. Über fünf Stunden hinweg setzten die Menschen auf dem Boot verzweifelte Notrufe über ein Satelliten-Telefon an die Küstenwachen in Italien und Malta ab. Ein nur 17 Seemeilen entferntes italienisches Marineschiff wurde bewusst von der italienischen Seenotrettungs-Einsatzzentrale nicht zum Unfallort beordert. (…) Im Urteil vom 16. Dezember 2022 wird betont, dass der Schiffbruch hätte verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen ihre Pflichten erfüllt und gemäß internationalem Recht gehandelt hätten. (…) Sehr ausführlich haben die Richterinnen ihr Urteil auf 87 Seiten begründet und den Verlauf des verhandelten Schiffbruches detailliert nachgezeichnet. Die Präsidentin der Zweiten Strafkammer Anna Maria Pazienza und die Richterinnen Maria Concetta Giannitti und Chiara Bocola sind zu dem Schluss gekommen, dass die italienische Marine und Küstenwache sich der vorsätzlichen Unterlassung der Rettung schuldig gemacht haben. Ihre Entscheidung, nicht einzugreifen, hat zu der hohen Zahl von toten Frauen, Männern und Kindern geführt…“ Pressemiteilung vom 19. Januar 2023 von und bei Pro Asyl - Sind Fluchthelfer Schwerverbrecher?
„… Die Justiz bestraft in Italien diejenigen, die es unterließen, Geflüchtete zu retten, und klagt in Griechenland gleichzeitig jene an, die es taten. Ein Widerspruch, zumal sowohl Italien als auch Griechenland zur Europäischen Union gehören und somit einheitliche Rechtsstandards bei Grundrechten haben müssten. Tatsächlich ist es noch komplizierter, denn auch in Italien stehen Retter im Fokus der Strafverfolgung. Es kommt wohl auf den Zeitpunkt an, wann die Rettung verweigert wurde. Das gibt scheinbar den Ausschlag dafür, ob sie als Straftat gewertet wird. (…) Die verurteilten Rettungsverweigerer in Italien müssen indes keine Haftstrafe fürchten. Ihre strafrechtliche Verantwortung ist verjährt. (…) Aktuell stehen in Italien Retter, darunter auch Crew-Mitglieder des Rettungsschiffs Iuventa, vor einem Strafgericht. Einer der größten Prozesse gegen 21 Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen soll nach dem Willen des Staates belegen, dass sie „Beihilfe zur unerlaubten Einreise nach Italien“ geleistet haben und somit die Rettung durch nichtstaatliche Retter de facto verbieten. Der Prozess stockt. Vor allem, weil es an Übersetzerinnen und Übersetzern mangelt und die Angeklagten so nicht richtig am Prozess teilnehmen können. (…) In einem ähnlich gelagerten Prozess in Griechenland auf der Insel Lesbos kann eine der prominentesten Angeklagten überhaupt nicht am Prozess teilnehmen. Sahra Mardini darf nicht nach Griechenland einreisen, weil sie als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen wird. Der Fall Sahra Mardini hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Die frühere syrische Wettbewerbsschwimmerin hatte 2015 zusammen mit ihrer Schwester Yusra ein Flüchtlingsboot nach einem Motorschaden schwimmend an Land gezogen. Yusra Mardini nahm später zweimal, 2016 und 2021, als Schwimmerin des olympischen Flüchtlingsteams an Olympischen Spielen teil. Das Leben der Schwestern, die über die Balkanroute bis nach Deutschland gelangten, wurde von Netflix unter dem Titel „Die Schwimmerinnen“ verfilmt. Während Yusra sich dem Schwimmsport widmete, kehrte Sahra nach Griechenland zurück, um selbst aktiv Geflüchteten zu helfen. Sie ließ sich vom Studium, das sie begonnen hatte, beurlauben und zog kurzzeitig auf die Insel Lesbos. Sie begrüßte die Geflüchteten an den Ufern, stieg oft ins Wasser, um ihnen zu helfen, übersetzte und organisierte Waschmaschinen für die Lager. Ihre Verhaftung erfolgte im Sommer 2018 am Flughafen, als sie zum Studium nach Berlin zurückkehren wollte. Zusammen mit ihr angeklagt ist auch der deutsch-irische Rettungsschwimmer Sean Binder. Binder, Mardini und zwei weitere Angeklagte kamen für 106 Tage in die berüchtigte Haftanstalt Korydallos bei Athen. Gegen Kaution wurden sie freigelassen. Sie gehören zu einer Gruppe von 24 Angeklagten, denen vor Gericht Schwerverbrechen und weitere Straftaten vorgeworfen worden sind. Die Hauptverhandlung wegen Vergehen wie Spionage, Dokumentenfälschung und illegales Abhören von Funkfrequenzen, bei denen bis zu 25 Jahre Gefängnis drohen, endete am 14. Januar mit einem Urteil. Die Anklagepunkte wurden fallen gelassen, weil die Richter die Anklageschrift als zu vage einstuften und bemängelten, dass sie nie richtig in die jeweiligen Sprachen der Angeklagten übersetzt worden sei. Menschenrechtsgruppen hatten die Anklagen von vornherein als Farce kritisiert.(…) Die abschreckende Wirkung ist EU-Konsens, was sich in Griechenland, Italien und auch an der polnischen Grenze zu Belarus manifestiert. Griechenland verstärkt den Grenzzaun an der Landgrenze zur Türkei. An den Seegrenzen sind Zäune nicht möglich. Hier werden Flüchtlingsboote nachweislich durch staatliche Sicherheitskräfte abgedrängt. Die als Push-Backs bezeichneten Aktionen werden immer wieder dokumentiert, wie zum Beispiel aktuell für einen Vorfall nahe Kreta, bei dem zwischen dem 20. und 21. Oktober 2020 ein Boot mit 197 Geflüchteten abgedrängt wurde…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 20. Januar 2023 bei Telepolis - Geheime Gefängnisse auf Fähren: Angekettet übers Meer bei Pushbacks von Italien nach Griechenland
„… Ein schmaler Metallschacht, ausgelegt mit Pappkartons, darauf ein dünnes Laken. Ein düsterer Ort im Unterdeck einer Fähre, die Reisende über das Mittelmeer transportiert. Offenbar wurden in diesem engen Raum Flüchtlinge gefangen gehalten, die von Italien nach Griechenland zurückverfrachtet werden. Es gibt mehrere solcher Orte auf den Fährschiffen: Nicht mehr benutzte Toilettenräume oder ein einfaches Metallregal am Rande eines Parkdecks. Sie alle dienen offenbar dazu, Asylsuchende festzuhalten – manche mehr als 30 Stunden lang, teils angekettet, ohne die Möglichkeit, zu schlafen oder auf die Toilette zu gehen. Dies geht aus einer gemeinsamen Recherche des ARD-Magazins Monitor mit Lighthouse Reports, SRF, Al Jazeera und Domani hervor. Immer wieder berichten Betroffene und Hilfsorganisationen davon, dass Asylsuchende in solchen inoffiziellen Gefängnissen eingesperrt werden. Auch Balooch erzählt davon. Er ist 17 Jahre alt, kommt aus Afghanistan und haust gemeinsam mit anderen Flüchtenden in einer Fabrikruine in der griechischen Hafenstadt Patras. Keine Fenster, es regnet rein, ist kalt. Toiletten gibt es in der alten Fabrik keine, erzählt er. Es riecht nach Schimmel und Moder. Ein paar halbzerfetzte Zelte gegen die Kälte und den Regen stehen auf dem kalten Beton. Nach der Flucht vor Krieg und Taliban in Afghanistan versucht Balooch nun, wie viele andere, diesem Elend in Griechenland zu entkommen. Unter Lkw versteckt versuchen die Flüchtlinge, sich im Hafen von Patras auf Fähren zu schmuggeln, um so nach Italien zu gelangen. Balooch hat es schon einmal geschafft, erzählt er, doch in Italien wurde er entdeckt. Die Grenzpolizei habe ihn nur kurz festgehalten und dann – ohne jegliches Verfahren – zurück auf die Fähre gebracht. „Auf der Fähre steckten sie mich in einen kleinen Raum. Es war dunkel, es gab keine Matratze, kein Bett, nur einen kleinen Ventilator. Essen oder Wasser habe ich nicht bekommen“, berichtet Balooch. Die Fahrten von Italien zurück nach Griechenland dauern lange, teilweise mehr als 30 Stunden. Andere Flüchtlinge berichten von ähnlichen Erlebnissen, teilweise seien sie sogar mit Handschellen die ganze Fahrt über gefesselt gewesen. (…) Erminia Rizzi arbeitet in Bari als Rechtsberaterin für Asyl- und Migration. Für sie ist klar, dass von angemessenen Verfahren überhaupt keine Rede sein könne. Die Grenzpolizei schirme ankommende Flüchtlinge komplett ab, bevor die Menschen dann zurück auf die Schiffe gebracht würden. Alles laufe enorm intransparent ab, daher gebe es auch keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Menschen ohne jegliches Verfahren wieder zurückgeschickt würden, so Rizzi. Dabei schreibt das europäische Recht genau vor, wie mit ankommenden Flüchtenden innerhalb der EU umgegangen werden muss. Dabei gehe es nicht ausschließlich darum, in welchem Land Menschen zuerst angekommen sind, sagt die Juristin Dana Schmalz. Geprüft werden müsse auch, ob es überhaupt rechtmäßig sei, Menschen nach Griechenland zurückzuschicken. „Es gab jetzt immer wieder Urteile, auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Bedingungen für Asylsuchende und sogar auch für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland unzulänglich sind“, so Schmalz. (…) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Italien bereits 2014 wegen kollektiver Zurückweisungen ohne angemessene Verfahren verurteilt. Der Gerichtshof entschied damals, dass Italien rechtswidrig Asylsuchende, die als blinde Passagiere auf Schiffen ins Land gekommen waren, zurück nach Griechenland geschickt hatte, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, in Italien einen Asylantrag zu stellen…“ Bericht von Lisa Seemann und Julia Regis vom 19. Januar 2023 bei tagesschau.de („Geheime Gefängnisse auf Fähren Angekettet übers Meer“) – siehe dazu auch:- den entsprechenden Monitor-Beitrag vom 19. Januar 2023 um 21:45 Uhr
- Angekettet auf der Fähre: Wie Italien illegal Flüchtlinge abschiebt
„Fährschiffe transportieren tausende Touristen zwischen Italien und Griechenland. Unter Deck passiert gleichzeitig Unmenschliches: Flüchtlinge werden angekettet und in Schächten oder defekten Toiletten eingesperrt…“ SRF Investigativ (Reportage ohne Datum)
- Lampedusas Bürgermeister schlägt Alarm: An den Küsten Süditaliens stranden vermehrt Bootsflüchtlinge. Die Regierung lässt die aufnehmenden Kommunen im Stich
„Filippo Mannino ist verzweifelt. Er ist Bürgermeister von Lampedusa, Italiens südlichster Insel, die seit eh und je der erste Anlaufpunkt für Migranten ist, die über das Mittelmeer kommen. In den ersten Tagen des neuen Jahres sind über 2000 Menschen, vor allem aus Afrika, aber auch aus Pakistan und Syrien, auf seiner Insel gelandet. »Ich fordere Innenminister Matteo Piantedosi auf, zu uns nach Lampedusa zu kommen. Wenn er auch nur einen Tag an meiner Seite verbringt, wird er mit eigenen Augen sehen, wie dramatisch und unhaltbar die Lage auf unserer Insel ist«, sagte er in einem Interview mit der Zeitung »La Repubblica«.
Vier Tote wurden rund um die Insel aus dem Mittelmeer geborgen – darunter auch ein kleiner Junge, der wohl noch nicht mal ein Jahr alt war. Die Menschen kommen in kleinen Booten, in denen sie zu über 100 sitzen, und werden von der Küstenwache oder auch von Fischern an Land gebracht. »Die großen und sicheren Schiffe der Menschenrechtsorganisationen haben wir hier noch nie gesehen«, sagt Mannino – und bezieht sich auf das jüngste Dekret der ultrarechten Regierung: Damit wird unter anderem Rettungsschiffen von Nichtregierungsorganisationen untersagt, mehr als eine Seenotrettung pro Einsatz zu leisten; außerdem sollen die Schiffskapitäne den Geflüchteten »nahelegen«, bereits an Bord einen Asylantrag zu stellen – nämlich für das Land, unter dessen Flagge das jeweilige Schiff fährt. Die Regierung Meloni gab vor, mit diesen neuen Regeln die Anzahl der in Italien ankommenden Geflüchteten zu reduzieren. Jetzt wird deutlich, dass das reine Augenwischerei war. (…) Auf der Insel gibt es eine Erstaufnahme-Einrichtung für 400 Personen. Tatsächlich halten sich dort aber immer etwa 1500 Menschen auf. Die hygienische Situation ist unhaltbar, und Proteste der »Gäste« gibt es jeden Tag. »Wir haben hier eine kleine Krankenstation mit zwei Ärzten«, erklärt der Bürgermeister weiter. »Beide sind permanent im Einsatz. Außerdem haben wir zwei Krankenwagen, die praktisch immer zwischen dem Hafen und der Krankenstation pendeln, und wenn dann ein Lampedusaner Hilfe braucht, ist niemand frei.« Mannino fordert deshalb ein Sondergesetz für Lampedusa, mehr Personal und vor allem mehr Geld. Ähnliche Probleme gibt es auch in Roccella Jonica im Süden Kalabriens…“ Artikel von Anna Maldini, Rom, vom 10.01.2023 im ND online - „Aufforderung zum Ertrinkenlassen“: Neues Regierungsdekret Italiens greift Flüchtende und Rettungsorganisationen an
„… Das am 28.12.2022 beschlossene Dekret zielt direkt auf zivile Seenotrettungsorganisationen ab und nennt explizit Schiffe, die systematisch oder nicht nur gelegentlich Such- und Rettungseinsätze durchführen als Geltungsrahmen. Es beinhaltet verwaltungsrechtliche Sanktionen, die von Geldstrafen bis 50.000€, Festhalten des Schiffes bis zur Beschlagnahme und Einziehung des Schiffes reichen. Das Dekret schreibt unter anderem vor, dass zivile Rettungsorganisationen unmittelbar nach Ausführung einer ersten Rettung einen sicheren Hafen anfordern und diesen unverzüglich ansteuern müssen. Werden zivile Rettungsschiffe nach erster abgeschlossener Rettung in einen Hafen gezwungen, während weitere Menschen in Seenot sind, verstößt dies jedoch gegen die im Völkerrecht verankerte Pflicht einer jeden Kapitän:in zur Rettung. Das Unterlassen dieser Pflicht ist strafbar. „Das neue Dekret der italienischen Regierung ist eine Aufforderung zum Ertrinkenlassen. Schiffe in den Hafen zu zwingen, verstößt gegen die Pflicht zur Rettung, sollten noch weitere Menschen in Seenot sein. Wir werden uns auch diesem Versuch entgegenstellen, zivile Seenotrettung zu kriminalisieren und Flüchtende ihrer Rechte zu berauben.“ sagt Oliver Kulikowski, Sprecher von Sea-Watch. Zudem sollen laut Dekret Kapitän:innen ziviler Rettungsschiffe verpflichtet werden, von Geretteten eine Erklärung über ihre Bereitschaft zur Beantragung internationalen Schutzes einzuholen. Dies entbehrt allerdings jeder rechtlichen Grundlage. Vielmehr hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) klargestellt, dass Schiffskapitän:innen nicht für die Feststellung des rechtlichen Status der geretteten Personen verantwortlich sind. Vielmehr sollten sie die geretteten Personen darüber informieren, dass die Kapitän:in nicht befugt ist, einen Asylantrag anzuhören, zu prüfen oder zu entscheiden. Jede Person hat das Recht auf Zugang zu fairen Asylverfahren, wozu unter anderem der Zugang zu Übersetzer:innen, die Wahrung der Privatsphäre bei den Anhörungen, die Gewährleistung des Zugangs zu einem angemessenen Rechtsbeistand und die Bereitstellung geeigneter Rechtsmittel gehören – das alles ist auf Rettungsschiffen nicht umsetzbar. Bereits zuvor hatte die italienische Regierung ihre Praxis in Bezug auf die Zuweisung sicherer Häfen geändert: Rettungsschiffen werden gezielt weit entfernte Orte zur Ausschiffung geretteter Personen zugewiesen, was einen erneuten Einsatz verzögert und so die eklatante Rettungslücke im Mittelmeer weiter vergrößert. „Die politisch motivierte Zuweisung weit entfernter Häfen gefährdet die Gesundheit geretteter Menschen und soll Rettungsschiffe möglichst lange vom Mittelmeer fernhalten. Die italienische Regierung macht sich dadurch direkt für gesundheitliche Folgen an Bord der Rettungsschiffe verantwortlich“, so Hendrike Förster, Ärztin bei Sea-Watch. Auch in diesem Jahr haben laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) über 2000 Menschen ihr Leben auf der Flucht über das Mittelmeer verloren, über 25.000 seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2014.“ Pressemitteilung vom 28. Dezember 2022 von und bei Sea-Watch , siehe auch:- Sea-Eye kritisiert Italiens neuen Verhaltenskodex für Seenotrettungsorganisationen
„Italien greift massiv in die Rechte des Flaggenstaates Deutschland, das Europarecht und Menschenrechtsgarantien ein. Mit neuen Verhaltensregeln will die italienische Regierung zum Jahresende die Arbeit für zivile Seenotrettungsorganisationen weiter erschweren und greift dabei laut Rechtsexpert*innen aus Sea-Eye’s Legal Team massiv in die Rechte des Flaggenstaates Deutschland, das Europarecht und internationale sowie regionale Menschenrechtsgarantien ein…“ Meldung vom 30. Dezember 2022 bei Sea-Eye
- Sea-Eye kritisiert Italiens neuen Verhaltenskodex für Seenotrettungsorganisationen
- Italien führt gesetzlich neuen Verhaltenskodex für NGO-Seenotrettungen ein, der unter Strafandrohung Rettungsaktionen behindern soll
„Italien plant die Einführung eines verbindlichen Verhaltenskodex für NGO, die an der Rettung von Migranten im Mittelmeer beteiligt sind. Humanitäre Gruppen warnen, dass dies sie davon abhalten wird, Leben auf See zu retten. Die italienische Regierung setzt ihr Programm zur Eindämmung der irregulären Migration fort, die in diesem Jahr mehr als 90.000 Menschen in die Häfen des Landes gebracht hat. Am Wochenende bestätigte Innenminister Matteo Piantedosi, dass neue Gesetze eingeführt werden, die Hilfsschiffe dazu zwingen, gerettete Migranten sofort im Hafen abzuliefern, ohne darauf zu warten, weitere Menschen auf See aufzusammeln oder Migranten auf größere Schiffe umzuladen. Die Regierung strebt an, das so genannte „Flow Decree“ bis Ende des Jahres in Kraft zu setzen, sagte Piantedosi gegenüber den Medien. Im Gegensatz zu einem früheren freiwilligen Verhaltenskodex für private Rettungsboote, der 2017 in Italien eingeführt wurde, wird der neue Kodex gesetzlich verankert werden. Piantedosi sagte, das Hauptziel der Bestimmungen sei es, eine klare Unterscheidung zwischen Schiffen zu treffen, die Rettungsaktionen durchführen, und solchen, die „systematisch nach Menschen suchen, die mit Menschenhändlern unter einer Decke stecken“. „Oft scheint das Verhalten einiger Nichtregierungsorganisationen eher auf eine organisierte Kampagne ausgerichtet zu sein, um Migranten aus Libyen und anderen Ländern nach Italien zu bringen, als auf die Durchführung tatsächlicher Rettungsaktionen“, sagte er. Piantedosi sagte, die Regel, dass Migranten sofort von Bord gehen müssen, stehe im Einklang mit internationalen Konventionen, die besagen, dass eine Rettung erst dann abgeschlossen ist, wenn die Menschen an einen sicheren Ort gebracht wurden. Er sagte auch, dass dies dazu beitragen werde, dass die Migranten ohne Verzögerung die nötige Betreuung erhalten.
Nichtregierungsorganisationen, die nach einer Rettungsaktion nicht um einen sicheren Ort bitten, dürfen keine italienischen Häfen anlaufen, erklärte der Minister. Wenn sie weiterhin in italienische Gewässer einlaufen und damit gegen den Kodex verstoßen, können sie mit einer Geldstrafe belegt und ihre Schiffe sogar beschlagnahmt werden. (…) In Zukunft wird sie keine andere Wahl haben, als nach jeder Rettung in den Hafen zurückzukehren, was sie wertvolle Ressourcen kostet. „Die Unterbrechung unserer Missionen nach jeder kleinen Rettung und die sofortige Rückkehr an Land wird unweigerlich auch zu deutlich höheren Treibstoffkosten und viel Zeitverlust führen“, warnte Hermine Poschmann von Mission Lifeline. Nach Ansicht der NGO passt der Verordnungsentwurf auch zu einem kürzlich von der Europäischen Union vorgelegten Aktionsplan, dessen Ziel es sei, die zivile Seenotrettung zu behindern. Axel Steier, Vorstandsmitglied von Mission Lifeline, fügte hinzu: „Es besteht die Gefahr, dass die Verpflichtung zur Einhaltung des Internationalen Seerechts völlig untergraben wird.“ engl. Artikel von Marion MacGregor vom 19.12.2022 von infomigrants.net („Italy introduces new rules for NGO sea rescues“, maschinenübersetzt). Siehe auch:- Seenotrettung ohne Trojaner
„Zur Verfolgung von Seenotrettungsorganisationen haben italienische Behörden mindestens 40 Telefone abgehört, berichtet das Magazin »The Intercept« unter Berufung auf 30 000 Seiten Akten aus einem Ermittlungsverfahren. Außerdem wurden die Telefone von Mitgliedern von Ärzte ohne Grenzen mit Trojanern einer italienischen Firma angegriffen. Weitere Informationen besorgte sich die Polizei aus beschlagnahmten Handys, Laptops und Festplatten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Dutzende, wenn nicht Hunderte Aktivisten in weiteren Ermittlungen auf diese Weise ausgeforscht wurden…“ Kommentar von Matthias Monroy vom 21.12.2022 im ND online - Ausgerechnet die italienische Regierung tritt im Prozess gegen die Iuventa-Retter wegen „Beihilfe zur unerlaubten Einwanderung“ als Kläger (!) auf
- Seenotrettung ohne Trojaner
- Erste Machtprobe der ultrarechten italienischen Regierung auf dem Rücken der Boots-MigrantInnen: Erst ein Hungerstreik verhilft zum geltenden Recht – EU schweigt
- Erst Hungerstreik, dann Rettung – Migranten verlassen auch „Humanity 1“ und „Geo Barents“
„Im Hafen von Catania spielten sich unter Bootsmigranten dramatische Szenen ab. Männer traten in Hungerstreik. Deutsche Retter riefen Gerichte an. Italien blieb zunächst hart – ehe es am Abend doch noch erlösende Nachrichten gab. Freude und Leid sind vor der süditalienischen Küste nur wenige Seemeilen und wenige Stunden voneinander entfernt. Während fast 250 Menschen auf zwei Schiffen im Hafen von Catania verzweifelt darauf warteten, endlich von Bord gelassen zu werden, hat die Crew der deutschen „Rise Above“ alle 89 Migranten an Land gebracht. (…)Migranten verlassen auch „Humanity 1“ und „Geo Barents“: Am Abend war es dann soweit. Nach zwei Tagen Warten erlaubten die italienischen Behörden, dass 35 Menschen von der deutschen „Humanity 1“ und 213 von der norwegischen „Geo Barents“ an Land gehen durften. Anders als am Wochenende hätten nun medizinische Gründe dafür gesprochen. „Rettung abgeschlossen“, meldete eine Helferin von Ärzte ohne Grenzen unter dem Jubel der Crew. Kurz darauf bestätigte Petra Krischok vom deutschen Verein SOS Humanity, dass alle Geretteten an Land seien. (…)
SOS Humanity reicht Asyl-Eilanträge ein
Wie es nun weitergeht, war am Dienstagabend zunächst unklar. Die Crew hatte davor versucht, den 35 Männern Mut zu machen und die Angst zu nehmen, dass sie nach Libyen gebracht werden könnten, wo sie ihre Überfahrt in Booten angetreten hatten. Viele sagten, dass sie lieber ertrinken würden, als in das Bürgerkriegsland zurück zu müssen. Die Organisation SOS Humanity leitete bereits juristische Schritte ein. Bei einem Gericht in Catania wurden Asyl-Eilanträge für die 35 Migranten gestellt. Ein Anwalt reichte daneben beim Verwaltungsgericht in Rom Beschwerde gegen einen Erlass des Innenministeriums der neuen italienischen Regierung ein. Der Erlass sieht vor, dass die „Humanity 1“ die italienischen Gewässer wieder verlassen und alle Migranten mitnehmen muss, bei denen keine Notsituation vorliege…“ Meldung vom 09.11.2022 bei tagesschau.de und zuvor: - Hungerstreik auf der „Humanity 1“
„Die Lage der Migranten vor Sizilien verschärft sich weiter: Auf der „Humanity 1“ im Hafen von Catania sind Dutzende Männer in den Hungerstreik getreten. Sie wollen an Land gehen – Italien lehnt dies ab. Zwei Wochen nach Amtsantritt der ultrarechten Regierung in Rom droht der erste große Konflikt zwischen der migrantenfeindlichen Rechtskoalition und den internationalen Seenotrettern zu eskalieren. Zwei NGOs in der sizilianischen Stadt Catania sind aufgefordert worden, mit ihren Schiffen und einem Teil der geretteten Menschen den Hafen wieder zu verlassen. Beide weigern sich. (…) SOS Humanity hat bereits juristische Schritte eingeleitet. Bei einem Gericht in Catania wurden Asyl-Eilanträge für die 35 Migranten gestellt. Ein Anwalt reichte daneben beim Verwaltungsgericht in Rom Beschwerde gegen einen Erlass des Innenministeriums ein. Dieser sieht vor, dass die „Humanity 1“ die italienischen Gewässer wieder verlassen und alle Migranten mitnehmen muss, bei denen keine Notsituation vorliege. So eine Einschätzung sei bei einem „sehr oberflächlichen, medizinischen Check“ gemacht worden, kritisierte SOS-Humanity-Sprecherin Krischok.
Nur wenige Meter neben dem deutschen Schiff ist die „Geo Barents“ von Ärzte ohne Grenzen vertaut. Dort müssen sogar mehr als 200 Menschen an Bord ausharren. „Help“, schrieben sie auf Kartonschilder. Drei Männer sprangen am Montag ins Hafenbecken, um an Land zu schwimmen. Zwei weigerten sich danach, auf das Schiff zurückzukehren. Sie übernachteten deshalb in einem Kleintransporter auf der Mole, einer Aufschüttung am Hafen.
Ein viertes Schiff, die „Ocean Viking“, machte sich mit 234 Migranten an Bord auf den Weg nach Frankreich, weil von Rom nach tagelangem Warten keine Antwort auf das Gesuch nach einem Hafen auf Sizilien kam. Die Organisation SOS Méditerranée sprach von einem „kritischen und dramatischen Versagen aller europäischen Staaten“. Einige der Geretteten seien schon mehr als zwei Wochen auf dem Schiff…“ Meldung vom 08.11.2022 bei tagesschau.de - „In Italien widersetzt sich gerade der Kapitän des Rettungsschiffes #Humanity1 der Anweisung, Gerettete wieder zurück aufs Mittelmeer zu bringen. Mit seinem Mut beweist er mehr Rückgrat, als die Europäische Union.
Denn in Italien wird die Zeit wird wieder zurückgedreht: Seit mehreren Wochen spielt die italienische Regierung wieder Machtspiele mit den Leben geflüchteter Menschen. Und selbst im Hafen dürfen nicht alle Menschen von Bord: Nach langem Warten konnte am Samstagabend die Humanity 1 endlich mit 179 Geflüchteten in den Hafen von Catania einlaufen. Der Kapitän wurde aber (rechtswidrig) angewiesen, mit 35 Geflüchteten wieder zurück auf hohe See fahren.
Die Geretteten müssen endlich von Bord gehen dürfen.
Und natürlich muss Italien sich auf eine deutlich schnellere Verteilung der geretteten Menschen verlassen können.
Das ist aber niemals ein Argument, Gerettete wochenlang auf einem Schiff ausharren zu lassen.“ Thread von Julian Pahlke vom 8.11. - Siehe auch die dringenden Pressemitteilungen von SOS MEDITERRANEE (engl.)
- Erst Hungerstreik, dann Rettung – Migranten verlassen auch „Humanity 1“ und „Geo Barents“
- Schwere Zeiten für Italiens Papierlose: Unter illegalisierten Geflüchteten wächst die Angst
„Der Kampf gegen die »Illegalen« steht seit eh und je ganz oben auf der Liste, die die Ultrarechte in Italien abarbeiten will. Seit sie an der Regierung ist, vergeht kaum ein Tag, an dem sich nicht der eine oder andere Minister dementsprechend äußert. Die Töne sind jetzt zwar »staatstragender« geworden, aber die Substanz bleibt die gleiche. Und die Flüchtlinge, die in Italien leben, sind entsprechend besorgt. (…) Während der Wahlkampagne hatte Giorgia Meloni häufig über das »Problem« der Migranten gesprochen. Ihr Rezept: Sie wolle eine Seeblockade rund um die italienischen Küsten errichten. Vielleicht auch, weil man ihr inzwischen klar gemacht hatte, dass dies de facto unmöglich ist und gegen die italienische Verfassung und eine Unzahl von internationalen Gesetzen verstoßen würde, hat sie dieses Thema nach den Wahlen nicht mehr in den Mund genommen. Heute richtet sich die Politik der Regierung in erster Linie gegen die »ausländischen« Seenot-Rettungsschiffe, die im Mittelmeer Schiffbrüchige aufnehmen. Diese sollen nicht mehr in italienische Häfen einlaufen dürfen und ihre »Fracht« direkt in den jeweiligen Heimathafen bringen. Auch das ist reine Propaganda und praktisch nicht möglich, da die aufnehmenden Schiffe aus Norwegen oder sogar aus Bangladesch stammen und das internationale Seerecht vorsieht, dass sie »den nächsten sicheren Hafen« ansteuern dürfen. In der Zwischenzeit wurde aber das Memorandum mit Libyen verlängert, das seit 2017 eine enge »Zusammenarbeit« zwischen der italienischen und der libyschen Küstenwache vorsieht. Faktisch bedeutet das, dass Italien ein Land ohne wirkliche Regierung finanziert und aufrüstet, wo Warlords herrschen und wo – das hat auch die Uno bezeugt – Migranten regelmäßig ausgeraubt, misshandelt und vergewaltigt werden…“ Artikel von Anna Maldini, Rom, vom 08.11.2022 im ND online - Nach den Wahlsiegen der rechtsnationalistischen Parteien in Italien: „Das Leben für Migranten in Italien wird schlimmer werden.“
Wie der Migrationsforscher Christopher Hein im Interview von Nils Sandrisser am 3. Oktober 2022 im MiGAZIN darlegt, erwartet er nach den Wahlsiegen der rechtsnationalistischen Parteien in Italien eine Verschärfung der italienischen Flüchtlingspolitik, aber keine große Konfrontation mit der EU: „… Mit oder ohne Salvini wird es einen Rollback geben. Meloni hat wiederholt von einer Seeblockade gesprochen. Ohne dass man weiß, was das genau bedeuten soll. Aber diese Sprache ist ein klarer Hinweis auf die Richtung, in die die zukünftige Migrations- und Asylpolitik gehen wird. Hilfsorganisationen dürften wieder diffamiert werden als Schlepper und Profiteure des Flüchtlingselends. Diese ganze Rhetorik wird wieder da sein, aber es wird nicht nur Rhetorik sein, sondern konkrete Maßnahmen werden folgen. Die Möglichkeiten, überhaupt Asyl zu erhalten, dürften geringer werden. (…) Italien hängt finanziell von der EU ab. Und Meloni ist nicht Salvini. Sie hat Interesse daran, den Nimbus als Neofaschistin abzustreifen und wird vorsichtig sein in Hinsicht auf eine Politik, die Grundwerten der EU zuwiderläuft. Insofern wäre es schon gut, wenn vonseiten der anderen EU-Staaten Zeichen gesetzt werden, dass sie offen sind für italienische Interessen. Seit Anfang August beteiligen sich 22 Staaten – nicht nur aus der EU, sondern beispielsweise die Schweiz oder Norwegen – an einer IT-Plattform, über die Flüchtlinge auf diese Länder verteilt werden. Allerdings nicht nur Flüchtlinge aus Italien, sondern aus fünf Mittelmeerländern. Das ist aber alles freiwillig, und faktisch haben nur zwei Länder schon mit Übernahmen begonnen, nämlich Deutschland mit 3.500 und Frankreich mit 3.000. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber allein in Italien sind in den vergangenen Monaten mehr als 70.000 Migranten und Flüchtlinge angekommen. Wünschenswert wäre, dass das bestehende freiwillige Abkommen in die Tat umgesetzt wird und dass die Zahl der Umzuverteilenden erheblich steigt. Das könnte den Druck der öffentlichen Meinung auf die zukünftige italienische Regierung erheblich sinken lassen. (…) Neben Polen waren ja auch andere osteuropäische Staaten und Österreich gegen den Verteilungsschlüssel. Eine Chance für ein verpflichtendes Abkommen zur Umsiedlung von Asylsuchenden ist erst einmal nicht in Sicht.“ - Sea-Watch 3 blockiert – Italien ignoriert EuGH-Urteil
„Reggio Calabria: Nach der Rettung von 428 Personen aus Seenot blockierten die italienischen Behörden am Mittwochabend, den 21. September 2022, die Sea-Watch 3. Erst Anfang August erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) jene willkürlichen Hafenstaatkontrollen für unzulässig. Um Seenotrettung zu behindern, fokussieren sich die italienischen Behörden in ihrer Begründung erneut auf die Anzahl der geretteten Menschen und ignorieren das EuGH Urteil. Während einer regulären Hafenstaatkontrolle Anfang August 2022 wurden bei der Sea-Watch 3 kleinere Mängel festgestellt. Nach Ankunft im Hafen von Reggio Calabria erwartete Sea-Watch daher eine kurze Prüfung, bei der die Behebung der entsprechenden Mängel nochmals bestätigt werden sollte. Stattdessen führten die italienischen Behörden eine umfangreiche Hafenstaatkontrolle durch, die nach 13,5 Stunden in der wiederholten Blockade der Sea-Watch 3 mündete. In der Vergangenheit wurden Rettungsschiffe nach Hafenstaatkontrollen mit absurden Begründungen festgehalten: Es fehle eine imaginäre Zertifizierung oder es seien zu viele gerettete Menschen an Bord. Um gegen diese willkürlichen Blockaden vorzugehen, reichte Sea-Watch 2020 Klage ein, welche daraufhin an den EuGH weitergeleitet wurde. Am 1. August 2022 erklärte der Gerichtshof schlussendlich, dass Seenotrettung stets eine Pflicht darstelle und Hafenstaatkontrollen künftig nicht mehr willkürlich gegen NGOs eingesetzt werden dürften. In seinem Urteil betonte der EuGH, dass Italien keine erfundene Zertifizierung verlangen kann, die unter deutscher Flagge nicht existiert. Auch die Anzahl der geretteten Personen stellt keinen triftigen Grund für eine Blockade dar. Zwar dürfen weiterhin Hafenstaatkontrollen durchgeführt werden, doch nur innerhalb vorgesehener Fristen oder mit triftigem Grund. Wider dem Urteil benutzen die italienischen Behörden erneut ein kreatives Argument, um Such- und Rettungsbemühungen im Mittelmeer zu behindern. Indem sie die Anzahl der geretteten Personen mit der Sicherheit des Schiffes in Verbindung bringen, argumentieren die italienischen Behörden, dass eine zu große Anzahl an geretteten Menschen „eine Gefahr für Personen, Eigentum oder die Umwelt“ (Zitat aus dem Inspektionsbericht) darstelle, da diese angeblich die Sicherheit des Schiffes schmälere. Tatsächlich aber überprüfen und bewerten die Schiffskapitän:innen und Sea-Watch bei jeder einzelnen Rettungsaktion die Sicherheit des Schiffes neu und gewährleisten, dass alle Einsätze sicher durchgeführt werden. Aus der absurden Argumentation, zu viele Menschen gerettet zu haben, folgt, man solle Menschen lieber dem Ertrinken überlassen. Dabei wird ignoriert, dass es die Pflicht eines:einer jeden Kapitän:in ist, Hilfe auf See zu leisten. Hinzu kommt, dass sich die italienischen Behörden selbst widersprechen: Indem sie die Besatzung der Sea-Watch 3 über eine Woche lang auf einen sicheren Hafen warten lassen sowie ihre eigene Pflicht zur Seenotrettung im zentralen Mittelmeer aktiv ignorieren, bringen sie die geretteten Menschen und die Crews der Such- und Rettungsschiffe aktiv in Gefahr – und nicht andersherum…“ Bericht vom 23. September 2022 von und bei Sea-Watch- Siehe auch unser Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- und zum EuGH-Urteil hier unten:
- EuGH-Urteil zu Sea-Watch: Italien darf Rettungsschiffe nicht grundlos kontrollieren
„… Behörden dürfen Schiffe humanitärer Organisationen künftig nur noch aus triftigem Grund kontrollieren. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Montag in Luxemburg entschieden. Das Urteil schaffe „Rechtssicherheit für die Seenotrettung“, sagte Sea-Watch-Sprecher Oliver Kulikowski dem „Evangelischen Pressedienst“. Die Organisation hatte geklagt, weil italienische Behörden im Sommer 2020 die beiden Schiffe „Sea-Watch 3“ und „Sea-Watch 4“ über Monate festgehalten hatten. Staaten dürfen in ihren Häfen dem Urteil zufolge grundsätzlich auch Schiffe humanitärer Organisation kontrollieren. Für eine Kontrolle müssten die Behörden „jedoch konkret und detailliert nachweisen, dass belastbare Anhaltspunkte für eine Gefahr für die Gesundheit, die Sicherheit, die Arbeitsbedingungen an Bord oder die Umwelt vorliegen“, entschieden die Richter. Mit dieser Entscheidung ist das Gericht der Rechtsauffassung des EuGH-Generalanwalts gefolgt. Er hatte bereits im Februar dieses Jahres sein Gutachten vorgelegt. Sea-Watch wertet das als Erfolg. „Dass Hafenstaatkontrollen weiterhin an NGO-Schiffen stattfinden dürfen, ist gut so. Denn sie sollen der Schiffssicherheit dienen, an der auch uns sehr viel liegt“, teilte die Nichtregierungsorganisation (NGO) auf Twitter mit. Anlass der Klage sei die Willkür der Kontrollen gewesen. Die beiden Schiffe „Sea-Watch 3“ und „Sea-Watch 4“ waren auch mit der Begründung überprüft worden, dass sie eine weitaus höhere Zahl von Personen an Bord aufgenommen hätten als zulässig gewesen sei. Rettungsschiffe steuern oft mit Hunderten Flüchtlingen und Migranten die Häfen an. Das Gericht stellte nun klar, dass die Personenzahl für sich genommen keinen Grund darstellen dürfe, der eine Kontrolle rechtfertige. Außerdem hatten die italienischen Behörden von den Sea-Watch-Schiffen eine Zertifizierung als Rettungsschiff verlangt. Diese Kategorie gebe es in Deutschland aber nur für Rettung im staatlichen Auftrag, nicht für eine zivilgesellschaftliche Initiative, erklärte Kulikowski. Auch das Gericht wies diese Forderung der italienischen Behörden zurück. Die „Sea-Watch 3“ und „Sea-Watch 4“ führen unter deutscher Flagge und erfüllten alle Forderungen des Flaggenstaats. Der Hafenstaat sei nicht befugt, weitere als die vom Flaggenstaat ausgestellten Zeugnisse zu verlangen, heißt es in der Mitteilung des EuGH.“ Meldung vom 1. August 2022 von und bei MiGAZIN mit Link zur EuGH-PM vom 1. August 2022, siehe die Vorgeschichte hier weiter unten - Geheimsache Grenzüberwachung: Italien schränkt Informationsfreiheit drastisch ein
„Italienische Medien erhalten keine Auskunft mehr zur Zusammenarbeit ihres Landes mit der libyschen Küstenwache. Ob dort viele Millionen Euro für Ausrüstung versandet sind, kann jetzt kaum noch aufgeklärt werden. Auch die EU-Grenzagentur Frontex wird dadurch intransparenter. (…) Zukünftig sollen Informationen zur grenzübergreifenden Sicherheitszusammenarbeit vor der Öffentlichkeit geheimgehalten werden. Ein entsprechendes Dekret zur Einschränkung der Informationsfreiheit hat die Innenministerin Luciana Lamorgese bereits Mitte März 2022 unterzeichnet, berichtet die Zeitung Altreconomia. Als Grund gilt die Gefährdung der nationalen Sicherheit oder Verteidigung. Betroffen ist vor allem das zwischenstaatliche „Grenz- und Einwanderungsmanagement“ mit Nachbarländern. So werden etwa Kooperationsabkommen und technische Vereinbarungen von Militär und Polizei nicht mehr herausgegeben. Gesondert erwähnt werden in dem Dekret Informationen über „Probleme in den Grenzgebieten“. (…) Altreconomia ist selbst von der verweigerten Auskunft betroffen. Journalist:innen hatten erfolglos die Herausgabe einer Vereinbarung zur Lieferung von drei Schiffen an die libysche Seepolizei beantragt. Mit einer weiteren Anfrage an die staatliche Agentur für Verteidigungsindustrien (AID) beantragte die Zeitung Einsicht in ein am 21. Oktober 2021 unterzeichnetes Kooperationsabkommen verschiedener italienischer Grenzbehörden und der AID für Projekte in Libyen. Dabei geht es um Ausrüstung für die libysche Küstenwache. Zuständig ist dafür die Zentraldirektion für Einwanderung und Grenzpolizei, die dem von Lamorgese geführten Innenministerium untersteht. Im vergangenen Jahr hatte die Abteilung neue Technik zur Meeresüberwachung nach Libyen geschickt. Die mit EU-Mitteln finanzierten Anlagen sind in Containern installiert und sollen Funktionen einer mobilen Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Center – MRCC) übernehmen. Darin sind auch Funkgeräte der deutschen Firma Rohde & Schwarz verbaut. In einer ersten Stufe hatte die EU für die Einrichtung einer solchen Leitstelle 46 Millionen Euro bewilligt, 2018 folgten weitere 15 Millionen Euro. Womöglich sind die Mittel aber zweckentfremdet oder anderswo versickert, denn weder die EU-Kommission noch der EU-Rat können mitteilen, wo sich die von ihnen finanzierte Leitstelle befinden soll. Zuständig für die Verwaltung der EU-Gelder an Libyen ist die Agentur für Verteidigungsindustrien AID, die nun von dem neuen Dekret profitiert. (…) Die Anweisung soll sogar Handlungen betreffen, die italienische Behörden im Rahmen der „internationalen polizeilichen Zusammenarbeit“ durchführen. Laut Altreconomia hat das Dekret deshalb auch Auswirkungen auf Frontex-Missionen. Demnach dürfte die in Warschau ansässige Europäische Grenzagentur auf Informationsfreiheitsanfragen keine Dokumente mehr herausgeben, wenn diese Italien betreffen. Damit würde die ohnehin schon eingeschränkte Transparenz bei Frontex weiter beschnitten. (…) „Immer wieder und in zunehmendem Maße verweigern europäische Regierungen und Institutionen den Zugang zu migrationsbezogenen Informationen“, kommentiert Luisa Izuzquiza von Frag den Staat gegenüber netzpolitik.org. „Die Absicht ist klar: Sie wollen sich davor schützen, für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das italienische Geheimhaltungsdekret ist eine schwere Eskalation und muss sofort aufgehoben werden“.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 27. Juli 2022 bei Netzpolitik.org - Empörung über Zustände: Migranten-Camp auf Lampedusa wird geräumt
„Das überfüllte und vermüllte Migranten-Camp auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa wird geräumt und soll gereinigt werden. Die Zustände in dem Erstaufnahmelager sorgen für heftige Kritik – auch von den UN. Die italienischen Behörden haben damit begonnen, das Flüchtlingscamp von Lampedusa zu räumen. Am Morgen brachte ein Marineschiff 600 Migranten von der kleinen Mittelmeerinsel zwischen Tunesien und Süditalien nach Porto Empedocle auf Sizilien. Danach kehrte das Schiff um, um weitere 600 Menschen aufzunehmen und wegzubringen. Das Innenministerium von Rom hatte mit einer entsprechenden Anweisung auf die jüngsten Berichte und Entwicklungen auf Lampedusa reagiert. Auch ein Schiff der Finanzpolizei wurde für die Transporte angefordert. In dem Flüchtlings-Hotspot waren Ende der vergangenen Woche gut 1800 Menschen gezählt worden – dabei ist in dem Camp eigentlich nur für rund 350 Leute Platz. Weil auf Lampedusa in der neuen Woche wieder viele neue Flüchtende aus Nordafrika erwartet werden, soll das Lager schnellstmöglich geleert und gereinigt werden. Spätestens am Dienstag sollen alle Menschen auf andere Camps in Italien verteilt sein…“ Meldung vom 10.07.2022 bei tagesschau.de , siehe auch:- „Das Erstaufnahmelager in #Lampedusa wird seit gestern geräumt, nachdem es deutlich überbelegt war. Ende der vergangenen Woche waren etwa 1800 Menschen in dem Camp untergebracht, das eigentlich nur für rund 350 Menschen Platz hat. Die Notlage im Hotspot auf #Lampedusa ist auch der mangelnden Solidarität der nordeuropäischen EU-Staaten geschuldet – selbst innerhalb Italiens werden die Inseln im Süden oft alleingelassen…“ Thread von Seebrücke vom 11.7.22
- EuGH-Generalanwalt: Italien durfte Sea-Watch-Schiffe kontrollieren – und ein Kommentar von Armin Kammrad
„… Die Schiffe der deutschen Seenotrettungsorganisation Sea-Watch dürfen laut dem Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) grundsätzlich in italienischen Häfen kontrolliert werden. Auch das monatelange Festhalten der „Sea-Watch 3“ und „Sea-Watch 4“ war demnach möglicherweise rechtens, wie der EuGH am Dienstag in Luxemburg mitteilte. (AZ: C-14/21 und C-15/21) (…) Im Zentrum des Rechtsstreits stehen die Fragen, ob Italien seine Kompetenzen überschritten hat und ob die Schiffe als Rettungsschiffe oder Frachtschiffe zu sehen sind. Davon hängt ab, welche Anforderungen gestellt werden können. Genutzt werden die „Sea-Watch 3“ und die „Sea-Watch 4“ zur Seenotrettung, registriert sind sie im Flaggenstaat Deutschland als Frachtschiffe. Der EuGH-Generalanwalt wies nun darauf hin, dass es zwar im EU-Recht keine Klassifikation als Seenotrettungsschiff gebe. Doch wenn ein Schiff nicht entsprechend seiner Zertifizierung – hier also als Frachter – betrieben werde, könne das Personen, Sachen oder die Umwelt gefährden. Grundsätzlich könne es daher auch im Hafen festgehalten werden. (…) Gleichzeitig machte der Generalanwalt klar, dass eine schematische Gegenüberstellung zwischen der Zahl der für ein Frachtschiff normalerweise zulässigen Personen und der Zahl der Beförderten einschließlich der Flüchtlinge und Migranten nicht ausreicht. Vielmehr müsse Italien jeweils den Einzelfall prüfen. Die Kontrolle dürfe nicht in die Zuständigkeit des Flaggenstaats eingreifen und die Erfüllung der Pflicht zur Seenotrettung nicht beeinträchtigen. Die EuGH-Richter müssen den Schlussanträgen der Generalanwälte nicht folgen, tun es aber oft. Im Licht des Urteils muss dann Italiens Justiz den Fall abschließen.“ Meldung vom 22. Februar 2022 beim MiGAZIN , siehe dazu:- Kommentar von Armin Kammrad vom 24. Februar 2022
„Die Meinung des EuGH-Generalanwalt wirkt konstruiert und überzeugt rechtlich nicht – trotz allgemeinen einlenkenden Bemerkungen zur Verhältnismäßigkeit. Erstens fehlt, was denn überhaupt kontrolliert werden darf, was rechtlich als Kontrolle überhaupt zulässig sein soll, und ob man sich – wie im Fall Italiens – an das rechtlich Zulässige auch gehalten hat. Zweitens macht es einen gewaltigen Unterschied, ob ein Schiff nun in einem vertretbaren Zeitraum kontrolliert oder ohne Kontrollaktivitäten einfach nur festgehalten wird. Zwar nennt der Generalanwalt als Rechtfertigung für eine Kontrolle die Möglichkeit der Gefährdung von Personen, Sachen oder Umwelt – ohne diese aber ins realistische Verhältnis zu eben dieser Gefährdungen setzen, die aufgrund fehlender staatlicher und europäischer Menschenrettung besteht. Schließlich geht es im Reicht eigentlich um Gleichberechtigung und Gleichbehandlung: In wiefern entspricht z.B. die von Italien geduldete und unterstützte libysche Seenotrettung den so hohen Ansprüchen? Worin besteht hier die angeblich so wichtige Kontrolle? In der bewussten Gefährdung gerade jener Werte, die dem Generalanwalt so wichtig sind? Der Generalanwalt verkennt den rechtlichen Charakter von Notmaßnahmen eben zum Schutz von Personen, Sachen und Umwelt. In den hier konkret zur Entscheidung anstehenden italienischen Schikanemaßnahme ging es doch ganz offensichtlich gerade um eine Verhinderung Schutz. Oder ersetzte Italien durch eigene Schutzmaßnahme die von Sea-Watch wenigstens in der Zeit von deren Behinderung durch Kontrolle? Der EuGH sollte in seiner endgültigen Entscheidung bedenken, dass es keinen guten Eindruck macht, wenn man/frau Aktivitäten legalisiert, die einzig darauf abzielen, dass Menschen ertrinken statt gerettet zu werden.“ Wir danken!
- Kommentar von Armin Kammrad vom 24. Februar 2022
- Italienische Justiz lässt letzte Anklage gegen Carola Rackete fallen
„Die italienische Justiz hat ihre Ermittlungen gegen die frühere Kapitänin der Sea-Watch 3, Carola Rackete, eingestellt. Die Ermittlungsrichterin in Agrigent gab einem Antrag auf Archivierung statt, wie aus dem Dekret des Gerichts hervorging. Damit sei die letzte Anklage gegen Rackete gefallen, teilte die in Berlin ansässige Organisation Sea-Watch mit. Die Entscheidung sei final, da kein Einspruch mehr dagegen erhoben werden könne, sagte ein Organisationssprecher auf Nachfrage…“ Agenturmeldung vom 23. Dezember 2021 in der Zeit online – siehe die Vorgeschichte weiter unten - EU-Entwicklungshilfe: Italien verschenkt Überwachungstechnik an die libysche Küstenwache
„… Die Küstenwache in Libyen hat neue Technik zur Beobachtung des Mittelmeers aus Italien erhalten. Die mit EU-Mitteln finanzierten Anlagen sind in Containern installiert und wurden von dem Hubschrauberträger „San Giorgio“ nach Tripolis gebracht. Die Tageszeitung „Repubblica“ beschreibt die Überführung als „verdeckte Operation“. Jedoch handelt es sich um die seit Langem angekündigte Lieferung einer mobilen Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Center – MRCC). Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des EU-Projekts „Unterstützung der integrierten Grenz- und Migrationsverwaltung in Libyen“ (SIBMMIL) aus Mitteln der Entwicklungshilfe. In einer ersten Stufe hatte die EU dafür 46 Millionen Euro aus dem Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika bewilligt, 2018 folgten weitere 15 Millionen Euro. Damit will die EU die libysche Küstenwache zur besseren Migrationsabwehr ertüchtigen. (…) Die in Containern installierte Informations- und Überwachungstechnik soll helfen, Geflüchtete in kleinen Booten auf dem Weg in Länder wie Malta oder Italien zu entdecken und anschließend nach Libyen zurückzuholen. Hierzu erhält die Küstenwache weitere drei Patrouillenschiffe aus Italien, die ebenfalls aus dem Nothilfe-Treuhandfonds finanziert werden. Der Auftrag für die Lieferung der mobilen Leitstelle ging an die italienische Firma ELMAN. Ihre Ausrüstung besteht aus verschiedenen Kommunikationssystemen, wie sie im weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem (Global Maritime Distress and Safety System – GMDSS) vorgeschrieben sind. Das schreibt die ELMAN auf der eigenen Webseite. Demnach gehören Funkgeräte der deutschen Firma Rohde & Schwarz und Anlagen zum Empfang von Notfall- und Warnmeldungen von der britischen Firma Inmarsat zu dem System. Das italienische Innenministerium soll libysches Personal zur Bedienung der Technik ausbilden. (…) Mit dem containerbasierten MRCC unternimmt die EU einen neuen Versuch, Libyen als Türsteher zur Migrationsabwehr zu instrumentalisieren. Das Einlaufen eines italienischen Hubschrauberträgers in den Hafen von Tripolis ist aber auch ein Signal an die Türkei, die nach Beginn des Bürgerkriegs Truppen und militärische Ausrüstung zur Unterstützung der „Einheitsregierung“ geschickt hatte…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 9. Dezember 2021 bei MiGAZIN – siehe zur Tragweite unser Dossier: [Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden - Wegen Pandemie weniger ausländische Bürger:innen in Italien?
„Im Jahr 2020 wurden massiv weniger neue Aufenthaltsgenehmigungen verteilt als noch in den Jahren zuvor, genauer 106.500, was eine Abnahme von 40% im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Auch ist die Zahl der in Italien lebenden Drittstaatsangehörige um 7% gesunken, von 3.615.826 im 2019 auf 3.372.876 im 2020. Menschen aus den USA (-51%), China (-46.8%) und der Ukraine (-46.4%) haben den bedeutendsten Rückgang verzeichnet. Zudem ist die Zahl der Menschen, die Asyl oder internationalen Schutz erhalten haben, um ganze 51.1% zurückgegangen. Im Jahr 2020 haben nur 13.467 Personen davon profitiert, in den letzten zehn Jahren erhielten im Durchschnitt 48.000 Menschen jährlich Asyl. In dieser Kategorie sind zwei weitere entwicklungen zu beobachten: Erstens eine Zunahme der Ankünfte aus lateinamerikanischen Ländern (El Salvador, Peru, Venezuela und Kolumbien), zweitens eine Verdoppelung von weiblichen Asylsuchenden (von 12% der Geflüchteten im 2016 auf 24% im 2020).
Laut dem Nationalen Statistikamt Istat liegen die Gründe für diese Entwicklungen in der pandemiebedingten Einschränkung des Reiseverkehrs, aber auch in der verzögerten Bearbeitung von Anträgen aufgrund von Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus in der öffentlichen Verwaltung. Nicht erwähnt wird der jedoch politische Wille, Geflüchtete in die „Unsichtbarkeit“ verschwinden zu lassen; denn der in der zweiten Hälfte des letzten Jahres verzeichnete Anstieg von Neuankünften hat nicht dazu geführt, dass mehr Aufenthaltsgenehmigungen verteilt wurden.“ Meldung von Maurizio Coppola vom 26.10.2021 – wir danken! - Italien: Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ nach drei Monaten wieder frei
„… Nach einer dreimonatigen Festsetzung entließ die italienische Küstenwache das Schiff am Mittwochabend aus einer sogenannten Verwaltungshaft, wie die Hilfsorganisation Sea-Eye am Donnerstag mitteilte. Das Schiff solle zeitnah in seinen zweiten Einsatz. Die „Sea-Eye 4“ hatte bei ihrem ersten Einsatz im Mai insgesamt 408 Menschen, darunter 150 Kinder, gerettet und wurde anschließend in Palermo festgesetzt. Wie bei anderen Festsetzungen hätten die italienischen Behörden überhöhte Anforderungen an das Schiff gestellt, dessen Zertifizierung bemängelt und die Abwasser- und Müllentsorgungskapazitäten für unzureichend erklärt. (…) Inzwischen beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit den Festsetzungen. Sea-Eye gehe wie deutsche Behörden davon aus, dass das Vorgehen der italienischen Behörden unrechtmäßig sei. Mit einem Urteil des EuGHs werde jedoch nicht vor einem Jahr gerechnet. Sea-Eye entschied daher, keine Ressourcen in eine weitere Klage zu stecken und in Abstimmung mit den deutschen Behörden die geforderten Anpassungen freiwillig zu erfüllen, um schnellstmöglich wieder Menschen retten zu können…“ Meldung vom 20. August 2021 von und bei MiGAZIN - [Petition] #freeSEAEYE4 – Lasst uns retten – blockierte Schiffe retten keine Leben
„Das zivile Rettungsschiff SEA-EYE 4 ist von der italienischen Küstenwache festgesetzt worden, weil zu viele Menschen gerettet worden sind. Fordere mit uns die sofortige Freigabe des Schiffes, bevor noch mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken. Die SEA-EYE 4 hat im Mittelmeer 408 schutzsuchende Menschen aus Seenot gerettet. Als das Schiff nach der Quarantäne auf See in den Hafen von Palermo einlief, wurde es 12 Stunden lang von der italienischen Küstenwache kontrolliert, bis genügend fadenscheinige Gründe für die Festsetzung gefunden worden sind. Die deutschen Behörden hatten dem Schiff wenige Wochen zuvor die Sicherheit und Tauglichkeit bescheinigt. Im Mittelmeer sind dieses Jahr mehr als doppelt so viele Menschen ertrunken wie letztes Jahr. Die Blockade von Rettungsschiffen sorgt für noch mehr Tote. Fordere mit uns die sofortige Freigabe und unterschreibe jetzt. An die Bundesregierung: Handeln Sie sofort! Die Deutsche Bundesregierung darf dem Sterben nicht länger untätig zusehen. Deshalb erwarten wir, dass die Bundesregierung endlich aktiv wird…“ Petition an die Bundesregierung bei change.org - „Zu viele Menschen gerettet“: Sea Eye 4 in Palermo festgesetzt – aber auch Alan Kurdi und die Sea-Watch 3
„Die deutsche NGO See Eye, bekannt für Seenotrettungen vor der libyschen Küste, gibt über Twitter bekannt, dass ihr Schiff „Sea Eye 4“ von italienischen Behörden nach einer Hafenkontrolle in Palermo festgesetzt wurde. Als Grund nennt sie: „zu viele Menschen gerettet“. Man werde alles tun, um schnellstmöglich in den Einsatz zurückzukehren. Laut dem Vorsitzenden der NGO, Gorden Isler, begründeten die Behörden die Festsetzung „unter anderem“ damit, dass zu viele Menschen auf dem Schiff transportiert wurden. Das Schiff sei nicht für die große Anzahl der geretteten Personen „zertifiziert“, es sei nicht als Rettungsschiff klassifiziert, weswegen andere Regeln gelten, wird von dem NGO-Chef aus dem Bericht zitiert. Die Sea Eye 4 hatte zuletzt über 400 aus Seenot gerettete Migranten nach Palermo gebracht. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, hatte die Crew des Schiffs am Freitag noch als Ehrenbürger ausgezeichnet. Die Behörden sehen die Mission anders – als Verstoß gegen Vorschriften: Die große Anzahl der geretteten Personen stelle eine „ernste Gefahr für das Schiff und die Besatzung“ dar. Unter der deutschen Flagge gebe es die von den italienischen Behörden verlangte Rettungsschiff-Klassifizierung nicht, führt NGO-Chef Isler an. Er fordert eine Unterstützung aus Deutschland in der Angelegenheit, die er als „grotesk begründet“ bewertet. Es ist die Fortsetzung des schon länger andauernden Konfliktes zwischen italienischen Behörden und den NGO, die sich die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer zur Aufgabe gemacht haben. Das Vorgehen der italienischen Küstenschutz- und Hafenbehörden gegen die NGO-Mittelmeer-Missionen trifft, wie man der Tagesschau-Meldung von heute entnehmen kann, derzeit besonders Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren. Außer der Sea Eye 4 sind demzufolge noch die Alan Kurdi, die Sea-Watch 3 und die Sea-Watch 4 festgesetzt. (…) Das Problem, wie man mit den Migranten aus Nordafrika, die mit der Überfahrt ihr Leben riskieren, umgehen soll, die bleibt weiter auf der Tagesordnung der EU, ohne dass sich eine Lösung abzeichnet. Italien, das bislang als einziges europäisches Land sichere Häfen zum Anlaufen der NGO-Schiffe in Frage kommt, weil sich andere Länder wie Frankreich weigern, ihre Häfen zu öffnen, drängt auf eine „andere Strategie der EU“, wie Premierminister Mario Draghi bei einem Treffen mit dem neuen libyschen Regierungschef Abdulhamid Al Dabaiba und dessen Ministerabordnung mitteilte…“ Artikel „Palermo: Italienische Behörden setzen deutsches NGO-Schiff fest“ von Thomas Pany vom 05. Juni 2021 bei Telepolis - Verfahren eingestellt – Carola Rackete habe „Pflicht zur Seenotrettung erfüllt“
„Das Verfahren gegen die ehemalige Seenotretterin Carola Rackete wegen Widerstands gegen ein Kriegsschiff bei einem Anlegemanöver mit geretteten Bootsflüchtlingen in Lampedusa ist eingestellt worden. Das zuständige Gericht gab laut der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Online-Ausgabe) am Mittwoch in Agrigent dem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt. Das Vorgehen von Kapitänin Rackete sei nicht „Widerstand oder Gewalt gegen ein Kriegschiff“ gewesen, erklärte die Untersuchungsrichterin Alessandra Vella dem Bericht zufolge. Überdies habe Rackete mit ihrem Vorgehen die Pflicht zur Seenotrettung erfüllt…“ Meldung vom 19.05.2021 beim RND - Italien: Wieder mehr Bootsflüchtlinge aus Libyen
„… Mit den wärmeren Monaten macht ein ungelöster Konflikt erneut auf sich aufmerksam: die Frage, wie die EU human mit den Bootsflüchtlingen aus Libyen umgehen soll. Am Wochenende sollen „sieben Flüchtlingsboote mit mehr als 1.400 Menschen“ Lampedusa erreicht haben. Bürgermeister Toto Martello fordert, dass die Diskussionen über die Einwanderungsfrage wieder neu aufgenommen wird. (…) Laut offiziellen Zahlen sind dieses Jahr mehr als doppelt so viele Migranten in Italien angelandet als im Vergleichszeitraum 2020. Das italienische Innenministerium verzeichnet bis dato 10.700 Migranten, vor einem Jahr seines zum gleichen Zeitpunkt 4.100 gewesen. Auch die Internationale Organisation für Migration registriert in diesem Jahr 10.763 Flüchtlinge und Migranten, die über die zentrale Mittelmeerroute in Europa angekommen sind – und mit bislang 506 Toten eine weitaus höhere Zahl als im selben Zeitraum 2020. Im letzten Jahr zählte man zu dieser Zeit 149 Tote. (…) Laut den NGOs ist das Vorgehen der italienischen Behörden jedoch weiterhin darauf ausgerichtet, ihre Rettungsaktionen zu behindern. So würden ihre Schiffe aus Sicht der NGOs unter „absurden Vorwürfen“ („zu viele Rettungswesten an Bord“) in italienischen Häfen an der Ausfahrt gehindert. Es gibt weiterhin keine Nachrichten von wesentlichen Verbesserungen der Bedingungen in den Flüchtlingslagern in Libyen, in die Migranten, die von der libyschen Küstenwache vor der Küste aufgegriffen oder gerettet werden, gebracht werden…“ Beitrag von Thomas Pany vom 10. Mai 2021 bei Telepolis - Behandelt wie die Mafia. Die sizilianische Staatsanwaltschaft beschuldigt NGOs, mit libyschen Schleppern zusammengearbeitet zu haben – und hat Journalist*innen abgehört
„Ungeheuerliches wollen die Staatsanwälte im sizilianischen Trapani herausgefunden haben, die jetzt Anklage gegen 21 Personen erhoben haben. Der Vorwurf: Die Beschuldigten – allesamt Mitarbeiter*innen der NGOs Jugend rettet, Save the Children und Ärzte ohne Grenzen – hätten sich bei ihren Rettungseinsätzen im Mittelmeer der „Begünstigung der illegalen Einwanderung“ schuldig gemacht; sprich: sie hätten als Komplizen der libyschen Schlepperorganisationen gearbeitet. Schon diese These ist mehr als verwegen, eine solche Anklage kann nur gegen Personen erhoben werden, die ökonomischen Gewinn aus der Schlepperei ziehen. Diese Klippe umschifft die Staatsanwaltschaft, indem sie darauf hinweist, mehr Rettungseinsätze ließen die NGOs halt auf ein steigendes Spendenaufkommen hoffen. So krude diese Konstruktion ist, so abenteuerlich waren aber auch die Ermittlungsmethoden. Nichts fand die Staatsanwaltschaft dabei, in breitem Maßstab Abhörmaßnahmen anzuordnen, wie sie sonst nur bei Mafia- oder Terrorismusverdacht zum Einsatz kommen. Und kein Problem hatte sie damit, dass auch die Gespräche Dutzender Journalist*innen belauscht wurden. Die Protokolle dieser finden sich jetzt in den 30.000 Seiten der Ermittlungsakten, die die Staatsanwaltschaft beim Gericht hinterlegte. Die Kontakte, die angewählten Nummern, die Gesprächsinhalte, nichts bleibt geheim…“ Artikel von Michael Braun vom 19.4.2021 in der taz online - Zu viele Gerettete an Bord: Italien beschlagnahmt „Sea-Watch 3“
„Erst im Februar konnte die „Sea-Watch“ nach monatelanger Festsetzung wieder zum Einsatz im Mittelmeer starten. Sie rettete dabei 363 Menschen. Jetzt liegt das Schiff wieder fest. Die Seenotretter sprechen von Schikane. Nach nur rund einem Monat auf See ist das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ erneut ausgebremst. Die italienische Küstenwache setzte das Schiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch am Sonntagabend im Hafen von Augusta in Sizilien fest und begründete dies mit Sicherheitsmängeln. Die Seenotretter hatten Anfang März 363 vor der libyschen Küste aufgegriffene Bootsflüchtlinge nach Augusta gebracht. (…) Ein Vorwurf laute nun, dass das Schiff zu viele Menschen transportiert habe, sagte Sea-Watch-Sprecherin Mattea Weihe am Montag dem „Evangelischen Pressedienst“. Das sei absurd, zynisch und extrem frustrierend. Laut italienischem Rundfunk steht außerdem der Vorwurf im Raum, die Besatzung habe im Hafen von Augusta Hydraulik-Öl abgelassen. Im Rahmen einer Hafeninspektion an Bord des Schiffes seien überdies Mängel bei Brand- und Umweltschutzmaßnahmen festgestellt worden. „Es ist wie beim letzten Mal“, sagte Weihe…“ Meldung vom 23.03.2021 beim Migazin - Festgesetzte „Iuventa“: Staatsanwaltschaft klagt deutsche Seenotretter in Italien an
„Sie hätten sich unter anderem über Lichtzeichen mit Schleusern verständigt und diese mit Rettungswesten ausgestattet: 21 Seenotretter deutscher Hilfsorganisationen sollen sich auf Sizilien vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Hafenstadt Trapani erhebt Anklage gegen 21 Seenotretter. Die Ermittlungen gegen Mitglieder der Berliner Hilfsorganisation „Jugend rettet“ sowie gegen „Save the Children“ und „Ärzte ohne Grenzen“ wurden nach Berichten der Tageszeitung „La Repubblica“ vom Donnerstag nun nach vier Jahren abgeschlossen. Im Fall einer Verurteilung wegen Beihilfe zur illegalen Einreise drohen Höchststrafen von bis zu 20 Jahren Gefängnis. Alle Anklagepunkte beziehen sich der Organisation „Solidarity at Sea“ zufolge auf Rettungseinsätze zwischen 2016 und 2017. Die Staatsanwaltschaft wirft den Helfern vor, sich unter anderem über Lichtzeichen mit Schleusern verständigt und ihnen Rettungswesten ausgehändigt zu haben…“ Agenturmeldung vom 4.3.2021 in der Welt online , siehe dazu von Fabian Hillebrand am 4.3. auf Twitter : „Ein ziemlicher Schlag gegen die #Seenotrettung: Nach mehr als drei Jahren Beschlagnahmung und Ermittlungen wird @iuventa10 in Italien angeklagt. Aber auch gegen die nicht gerade kleinen NGOs #Savethechildren und @msf_de. wird Staatsanwaltschaft in Trapani prozessieren. #iuvanta„ - Italien: Gericht hebt Blockade der „Sea-Watch 4“ auf
„… Die „Sea-Watch 4“ kann den Hafen von Palermo nach sechs Monaten wieder verlassen. Das Verwaltungsgericht Palermo hob am Dienstag nach Angaben der Seenotrettungsorganisation die Blockade des Rettungsschiffs bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf. Der EuGH soll über die von Sea-Watch in Palermo eingelegten Rechtsmittel gegen die Festsetzungen ihrer Rettungsschiffe befinden. Das Verwaltungsgericht Palermo hatte im Dezember angeordnet, die Sache an den Europäischen Gerichtshof zu verweisen. Damit bat das italienische Gericht den EuGH um Klärung. Die „Sea-Watch 4“ war im September von den italienischen Behörden festgesetzt worden, nachdem sie bei ihrem ersten Einsatz mehr als 350 Menschen aus Seenot gerettet hatte. Zur Begründung gaben die italienischen Behörden angebliche Sicherheitsmängel an. Sie kritisierten, das Schiff habe zu viele Rettungswesten an Bord und sei im Flaggenstaat nicht als Rettungsschiff angemeldet.“ Meldung vom 3. März 2021 von und bei MiGAZIN , siehe dazu:- Sea-Watch 4 frei!
„… Nach knapp sechs Monaten des Wartens hob das Verwaltungsgericht in Palermo die Festsetzung vorläufig auf. Somit kann das Schiff bald ins zentrale Mittelmeer zurückkehren, um all jenen beizustehen, die aufgrund der unmenschlichen europäischen Grenzpolitik ihr Leben riskieren müssen. Als Gründe für die Festsetzung der Sea-Watch 4 im September nannten die italienischen Behörden nach einer 11-stündigen Inspektion unter anderem, dass das Schiff zu viele Rettungswesten an Bord habe sowie dass das Abwassersystem nicht für die Anzahl möglicher geretteter Personen ausgelegt sei. Entgegen diesen abstrusen Anschuldigungen bestätigten die deutschen Behörden uns jedoch wiederholt, dass das Rettungsschiff alle Sicherheitsvorgaben des deutschen Flaggenstaates erfüllt. Bereits Ende Dezember hatte das regionale Verwaltungsgericht Palermo den Fall an den Europäischen Gerichtshof verwiesen, der die Anwendung der europäischen Richtlinie zur Hafenstaatkontrolle auf humanitäre Schiffe nun grundsätzlich prüfen soll. In seinem Urteil hat das Verwaltungsgericht Palermo bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Festsetzung vorläufig aufgehoben. Die Richterin stellte klar, dass die Sicherheit der Schiffe durch den Flaggenstaat und den*die Schiffskapitän*in gewährleistet ist. Somit werden unsere beiden Schiffe – sowohl die Sea-Watch 4 als auch die Sea-Watch 3 – wieder im zentralen Mittelmeer operieren können! Diese Entscheidung macht Hoffnung, aber sie kommt für viele Menschen, die die gefährliche Reise über das Mittelmeer in den letzten Monaten antreten mussten, zu spät. 2021 sind bereits dreimal so viele Menschen im zentralen Mittelmeer ertrunken, wie das Jahr Tage hat…“ Sea-Watch-Meldung vom 2.3.2021
- Sea-Watch 4 frei!
- Fall festgesetzter Schiffe wird wird an Europäischen Gerichtshof verwiesen
„Gestern hat das Verwaltungsgericht von Palermo angeordnet, die von Sea-Watch eingelegten Rechtsmittel gegen die administrativen Festsetzungen der Sea-Watch 3 und Sea-Watch 4 an den Europäischen Gerichtshof zu verweisen. Damit bittet das Verwaltungsgericht den Gerichtshof um Klärung der von uns eingebrachten Zweifel an der Auslegung des europäischen und internationalen Rechts, insbesondere an der Rechtmäßigkeit der Anwendung der europäischen Richtlinie zur Hafenstaatkontrolle durch Italien auf unsere Schiffe. Es ist ein gutes Zeichen, dass unserem Fall eine europäische Dimension zuerkannt wurde und die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kontrollen, die zum Festhalten unserer Schiffe führten, auf alle im Mittelmeer operierenden zivilen Schiffe ausgeweitet wurden. In seinem Beschluss vom 23. Dezember hat das regionale Verwaltungsgericht den Europäischen Gerichtshof gebeten, über die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Richtlinie 2009/16/EC auf alle humanitären Schiffe unter ausländischer Flagge zu entscheiden. Wir hoffen, dass die Klärung durch den Europäischen Gerichtshof endlich die unrechtmäßige Praxis der administrativen Festsetzungen beendet, die von den italienischen Behörden genutzt wird, um NGO-Schiffe vom Retten abzuhalten. (…) Das Verwaltungsgericht von Palermo hat seine Entscheidung über die Aussetzung der Festsetzungen unserer Schiffe auf den 26. Januar verschoben, um abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof ein beschleunigtes Verfahren anwenden wird.“ sea-watch-Pressemitteilung vom 24.12.2020 - Rettungsschiff »Ocean Viking« wieder frei: Seenotretter dürfen nach fünf Monaten wieder aufs Mittelmeer – neuer Einsatz im Januar geplant
„Die italienischen Behörden haben nach rund fünf Monaten das Rettungsschiff »Ocean Viking« freigegeben. Das von der europäischen Organisation SOS Méditerranée betriebene Schiff war seit dem 22. Juli festgehalten worden. Wie SOS Méditerranée am Montag in Berlin mitteilte, soll die »Ocean Viking« in Kürze von Sizilien aus nach Marseille fahren, um in Frankreich eine Rettungscrew und ein medizinisches Team an Bord zu nehmen. Nach einer zehntägigen Corona-Quarantäne sei für Januar der nächste Einsatz zur Rettung von Flüchtlingen im zentralen Mittelmeer geplant. Ähnlich wie in anderen Fällen ziviler Rettungsschiffe hatten italienische Behörden mehrfach technische Mängel an der »Ocean Viking« beanstandet. Am Montag habe die italienische Küstenwache die dritte Inspektion innerhalb von fünf Monaten vorgenommen und im Anschluss das Schiff freigegeben, erklärte SOS Méditerranée. Geschäftsführer David Starke sagte: »Hunderte Menschen sind in den vergangenen Monaten im Mittelmeer ertrunken, von denen wir und andere blockierte Seenotrettungsorganisationen viele hätten retten können.« Fünf Schiffe von zivilen Organisationen können laut SOS Méditerranée aufgrund von Festsetzungen durch Behörden weiterhin nicht im Einsatz sein…“ Meldung vom 22.12.2020 in neues Deutschland online - Breiter Aufruf italienischer und internationaler Organisationen an italienische Regierung: Recht auf Leben und auf Gesundheit darf nicht von Nationalität und Herkunft abhängig sein!
„… „Wenn aus Seenot gerettete oder selbstständig in Italien angelandete Migrant*innen auf Quarantäneschiffen festgehalten werden, schränkt dies das Recht auf Bewegungsfreiheit ein und widerspricht dem Diskriminierungsverbot. Denn die vollkommen intransparent kommunizierte Maßnahme gilt ausschließlich für ausländische Staatsbürger*innen, die als Migrant*innen nach Italien gelangt sind.“ So lautet der erste der im Dokument „Die Problematik der Quarantäneschiffe für Geflüchtete: Analyse und Forderungen“ formulierten Kritikpunkte. 150 italienische und internationale Organisationen haben es gemeinsam mit Wissenschaftler*innen, Philosoph*innen und Menschenrechtler*innen unterzeichnet. Die Ministerien für Inneres, Verkehr und Gesundheit sowie die Abteilung für Zivilschutz werden darin aufgefordert, das Verfahrensmodell der Quarantäneschiffe abzuschaffen, das Aufnahmesystem zu verbessern und Maßnahmen zu ergreifen, die ohne diskriminierende Unterscheidungen die Sicherheit, Gesundheit und Rechte der betroffenen Personen schützen. (…) Die Unterzeichnenden fordern die Abschaffung der Quarantäneschiffe. Dieses System entspricht offenbar eher geschürten Ängsten als Kriterien eines vernünftigen und menschlichen Umgangs mit der Epidemie. Die Finanzierungen sollten besser in die Sanierung der Aufnahmezentren auf dem Festland investiert werden. Zudem muss die Öffentlichkeit umfassend und transparent über die Situation an Bord der Schiffe und den Umgang mit Minderjährigen und besonders schutzbedürftigen Personen informiert werden. Ferner wird gefordert, den Personen an Bord der Schiffe angemessene rechtliche und medizinische Aufklärung zu gewähren. Weiterhin soll öffentlich versichert werden, dass zukünftig keine bereits auf dem Festland befindlichen Personen mehr auf Quarantäneschiffe gebracht und beim Landgang keine zeitversetzten Zurückweisungs- oder Abschiebungs-bescheide mehr erteilt werden. (…) Da die Quarantäneschiffe ausschließlich für Migrant*innen genutzt werden, wird ein bestimmtes Bevölkerungssegment in Italien zunehmend stigmatisiert. (…) „Das Recht auf Leben und das Recht auf Gesundheit dürfen nicht abhängig von Herkunft und Staatsbürgerschaft variieren. Sorgen wir stattdessen mit vereinten Kräften für ein sicheres und würdevolles Aufnahmesystem.“ So lautet die einhellige Forderung der Unterzeichner*innen…“ Artikel des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein vom 14. Dezember 2020 zu den Forderungen von 140 nationale und internationale NGOs, Hilfs- und Menschenrechtsorganisation, Wissenschaftler*innen und Expert*innen mit Bitte um Verbreitung und Mitunterzeichnung - Sea-Watch wehrt sich gegen unrechtmäßige Festsetzung
„Sea-Watch hat am heutigen Freitag Widerspruch gegen die Festsetzung der Sea-Watch 4 vor dem Verwaltungsgericht in Palermo eingelegt. Italienische Behörden hatten das Rettungsschiff nach einer Hafenstaatkontrolle am 19.09.2020 unter fadenscheinigen Gründen festgesetzt. Allein diese Woche ertranken laut Internationale Organisation für Migration (IOM) mindestens 20 Menschen beim Versuch, über das zentrale Mittelmeer zu fliehen. Als Gründe für die Festsetzung nannten die italienischen Behörden nach einer elf Stunden dauernden Inspektion am 19.09.2020 unter anderem, dass die Sea-Watch 4 zu viele Rettungswesten an Bord habe, sowie dass das Abwassersystem nicht für die Anzahl möglicher geretteten Personen ausgelegt sei. Tatsächlich bestätigten die deutschen Behörden Sea-Watch erst im Juli, dass das Schiff alle Sicherheitsvorgaben des deutschen Flaggenstaates erfüllt. Zudem wird außer Acht gelassen, dass Seenotrettung als akute Nothilfe für alle Schiffe verpflichtend ist. Diese politisch motivierten Inspektionen dienen jedoch nicht der Erhöhung der Schiffssicherheit, sondern allein dem Zweck, Rettungsoperationen im Mittelmeer zu verhindern. Mit der Sea-Watch 4 wird das fünfte zivile Rettungsschiff durch eine Hafenstaatkontrolle an der Rückkehr in den Einsatz gehindert. Der eingelegte Widerspruch zielt darauf ab, die behördlichen Festsetzung der Sea-Watch 4 auszusetzen und anschließend aufzuheben. Die willkürliche Festsetzung verstößt gegen geltende europäische und internationale Seeverkehrsvorschriften über die Sicherheit der Schifffahrt, denen die Sea-Watch 4 in vollem Umfang nachkommt. (…) Im von der EU-Kommission vorgestellten Migrationspakt und den darin enthaltenen ‘Empfehlungen zur Seenotrettung’ wird deutlich, dass Italiens bürokratische Schikane europäisiert werden soll. Im Namen angeblicher Sicherheit will die EU-Kommission die Arbeit von Rettungsschiffen erschweren, obwohl diese nationale wie internationale Registrierungsstandards längst erfüllen – wie es auch im Fall der Sea-Watch 4 vom Flaggenstaat bestätigt wurde. Die eigentliche Problematik wird weiter völlig außer Acht gelassen: Menschen ertrinken im Mittelmeer. Staaten müssen endlich ihrer Pflicht zur Rettung nachkommen, statt Willkür und Schikane gegen zivile Seenotrettungsorganisationen in Abkommen festzuschreiben…“ Sea-Watch-Pressemitteilung vom 23. Oktober 2020 - Italien setzt unlauteren Kampf gegen deutsche Seenotretter*innen fort – Sea-Eye bittet Auswärtiges Amt um Hilfe
„Am Freitagabend setzte die italienische Küstenwache die ALAN KURDI nach einer achtstündigen Hafenstaatskontrolle zum zweiten Mal in diesem Jahr fest . Dem Sea-Eye-Schiff wurde zuvor nach einer mehrwöchigen Werftpause durch spanische und deutsche Fachbehörden die Einsatzbereitschaft attestiert. Kapitän Joachim Ebeling spricht von einer „Salamitaktik“ und sagt weiter: „Wenn man wirklich um die Sicherheit der Menschen, die wir gerettet haben, besorgt wäre, dann würde man nicht bei jeder Gelegenheit stundenlang nach Möglichkeiten suchen, uns festzusetzen“.Durch die Festsetzung sind alle weiteren Missionen des Jahres gefährdet. Gegen die Festsetzung will Sea-Eye umgehend Klage einreichen. (…) Zwar hat die italienische Regierung die drakonischen Strafen Salvinis gegen Seenotretter*innen zurückgenommen, abgeschafft worden, sind sie aber nicht. Stattdessen hält Italien derzeit drei deutsche Rettungsschiffe und ein norwegisches Schiff vom Rettungseinsatz ab. In der Festsetzungsbegründung bemängelt die Küstenwache erneut, dass mehr Personen an Bord waren, als zugelassen…“ Meldung vom 10. Oktober 2020 von und bei Sea-Eye – siehe auch deren aktuelle Meldungen auf Twitter - Zwei Dutzend Flüchtlingsboote in Lampedusa in zwei Tagen
„Innerhalb von 48 Stunden haben rund zwei Dutzend Flüchtlingsboote Lampedusa erreicht. Insgesamt 652 Menschen, darunter sechs Frauen und vier Minderjährige, wurden nach Angaben des italienischen Rundfunks vom Sonntag nach ihrer Ankunft in dem Aufnahmezentrum der Insel untergebracht. Die Einrichtung verfügt über 200 Plätze. Nach Corona-Tests sollten sie demnach auf zwei Quarantäne-Schiffe gebracht werden, von denen eines bereits vor der italienischen Ferieninsel lag. Sieben weitere Flüchtlingsboote erreichten den Angaben nach innerhalb etwa einer Woche die Küste von Kalabrien auf dem italienischen Festland. Mit einem Segelboot seien zuletzt 57 Flüchtlinge aus dem Irak und dem Iran nach Roccella Jonica gelangt...“ Meldung vom 12.10.2020 beim Migazin , ab da im Abo - Salvini-Dekrete gekippt: Italien senkt Strafen für Flüchtlingshelfer
„Nicht-Regierungsorganisationen müssen künftig keine Millionenstrafen mehr fürchten, wenn sie auf dem Mittelmeer gerettete Migranten nach Italien bringen. Die Regierung in Rom billigte in der Nacht ein Dekret, das eine Obergrenze für solche Strafen in Höhe von 50.000 Euro vorsieht. Mit den neuen Regeln werden die vom früheren Innenminister Matteo Salvini eingeführten Vorschriften abgeschafft. (…) Im neuen Dekret ist außerdem vorgesehen, dass Menschen, die in ihrer Heimat Folter oder inhumane Behandlung fürchten müssen, in Italien künftig humanitären Schutz bekommen. Außerdem wird das Recht auf Integration wiedereingeführt. Schiffe, auf denen gerettete Migranten nach Italien gebracht werden, sollen laut Dekret nicht mehr beschlagnahmt werden. Zudem wird klargestellt, dass es verfassungsrechtliche Pflicht sei, Menschen in Seenot zu retten…“ Beitrag von Jörg Seisselberg vom 06.10.2020 bei tagesschau.de - Nach tagelanger Irrfahrt: Flüchtlinge von „Alan Kurdi“ dürfen in Sardinien an Land
„Mit 125 Flüchtlingen an Bord steuert die „Alan Kurdi“ nun Olbia in Sardinien an. Das Innenministerium in Rom erklärte, die Geretteten dürften dort an Land gehen und sollten innerhalb Europas verteilt werden. Nach tagelanger Irrfahrt auf dem Mittelmeer dürfen die Flüchtlinge auf dem deutschen Rettungsschiff „Alan Kurdi“ in Sardinien an Land gehen. Ihnen wurde ein sicherer Hafen in der Stadt Olbia im Norden Sardiniens zugewiesen, wie die Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye am Donnerstagabend mitteilte. Das Schiff werde die Position voraussichtlich am Freitagmorgen gegen 6 Uhr erreichen. Die Ausschiffung der 125 Flüchtlinge an Bord solle dann bis Freitagmittag erfolgen, erfuhr Sea-Eye von der italienischen Küstenwache. „Wir hoffen, dass wir unsere Fahrt nach Marseille nach der Ausschiffung der 125 Geretteten an Bord störungsfrei fortsetzen dürfen“, sagte Gorden Isler von Sea-Eye. Nach der letzten Rettungsaktion im Frühjahr wurde das Schiff mehrere Wochen in Italien wegen angeblicher technischer Mängel festgehalten…“ Meldung vom 25.9.2020 beim Migazin (im Abo) - Schikane: Seenotretter werfen Italiens Behörden systematische Behinderung vor
„Ein Schiff darf Gerettete nicht an Land bringen, ein anderes nicht wieder auslaufen. Die privaten Seenotretter befinden sich erneut im Konflikt mit den italienischen Behörden. Derweil werden Hunderte Geflüchtete zurück nach Libyen gezwungen. Deutsche Seenotrettungsorganisationen haben den italienischen Behörden eine systematische Behinderung ihrer Arbeit vorgeworfen. „Die Gründe für die Festsetzung der ‚Sea-Watch 4‘ sind komplett absurd“, sagte Sea-Watch-Sprecherin Mattea Weihe am Dienstag dem „Evangelischen Pressedienst“. „Und es sind die gleichen Vorwürfe wie bei den anderen drei festgesetzten Rettungsschiffen.“ Die italienische Küstenwache hat Sicherheitsmängel als Grund für das Auslaufverbot aus dem Hafen von Palermo für die „Sea-Watch 4“ angeführt…“ Meldung vom 23.09.2020 beim Migazin (im Abo) - Sea-Watch 4 willkürlich festgesetzt: Die Kriminalisierung ziviler Seenotrettung erreicht einen neuen Höhepunkt
„Die italienischen Behörden haben nach einer Hafenstaatskontrolle in der Nacht auf Sonntag das Rettungsschiff “Sea-Watch 4 powered by United4Rescue” festgesetzt. Sea-Watch, United4Rescue und Ärzte ohne Grenzen verurteilen die Festsetzung aufs Schärfste und fordern die sofortige Beendigung der Kriminalisierung ziviler Seenotrettung. “Die fadenscheinigen Begründungen zeigen erneut, dass es sich nicht um die Überprüfung der Schiffssicherheit handelt, sondern um eine gezielte Verhinderung ziviler Seenotrettung im zentralen Mittelmeer. Obwohl die zuständigen Behörden uns aufgefordert haben, bei Rettungen zu assistieren, blockieren sie nun ein weiteres Schiff. Diese widersprüchliche Logik zeigt erneut, dass die italienischen Behörden keinerlei Skrupel haben, Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen und setzt ein klares Zeichen: Seenotrettungsoperationen sollen verhindert werden, damit kein Mensch die europäische Küste lebendig erreicht”, so Philipp Hahn, Einsatzleiter auf der Sea-Watch 4. Im Rahmen der Kontrolle suchten italienische Inspekteure elf Stunden lang nach Beanstandungen, aufgrund derer sie die Sea-Watch 4 dann festsetzten. Der Hauptvorwurf lautet, die Rettung von Menschenleben entspreche nicht der Registrierung des Schiffes. Die Sea-Watch 4 habe zu viele Rettungswesten an Bord, das Abwassersystem sei nicht für die Anzahl der geretteten Personen ausgelegt. Dass Seenotrettung als akute Nothilfe für alle Schiffe verpflichtend ist, wird außer Acht gelassen. (…) Nachdem bereits die Sea-Watch 3 sowie weitere zivile Rettungsschiffe nach fragwürdigen Hafenstaatskontrollen mit fadenscheinigen Begründungen am Auslaufen gehindert wurden, wurde nun auch das Aufklärungsflugzeug Moonbird von Sea-Watch durch die italienischen Behörden festgesetzt. Somit verhindern die italienischen Behörden gezielt, dass die gravierenden Menschenrechtsverletzungen an der tödlichsten Seegrenze der Welt dokumentiert werden. Niemand soll das Sterben auf dem Mittelmeer mehr bezeugen können…“ Meldung vom 20. September 2020 der Ärzte ohne Grenzen – siehe auch unser Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben - Verzweiflung: Dutzende Flüchtlinge stürzen sich von Rettungsschiff „Open Arms“ vor Palermo
„Verzweiflung auf der „Open Arms“ – vor Palermo springen 76 Menschen über Bord, in der Hoffnung, an Land schwimmen zu können. Vergeblich hatte das Rettungsschiff auf die Notlage aufmerksam gemacht. Geschwächt und verzweifelt, mit Sizilien vor Augen: 76 Flüchtlinge auf dem Rettungsschiff „Open Arms“ haben sich am Donnerstag vor dem Hafen von Palermo über Bord gestürzt, in der Hoffnung, die Küste Europas zu erreichen. Die Lage an Bord des mit rund 280 Geretteten völlig überfüllten Schiffes sei kritisch gewesen, erklärte die spanische Hilfsorganisation Open Arms auf Twitter. Die Crew hatte die in Seenot geratenen Menschen in der vergangenen Woche aus dem Mittelmeer gerettet, aber bislang vergeblich um Erlaubnis zum Einlaufen in einen europäischen Hafen gebeten. „Nach wiederholten Absagen von Malta und nachdem wir Italien darüber informiert haben, dass manche der Geretteten sich in einer extrem schwierigen Lage befinden, sind über 70 der geretteten Personen vor Palermo ins Wasser gesprungen, während wir weiter auf Anweisungen für eine Anlandung warten“, erklärte Open Arms. „Einige Länder pervertieren Verträge und Menschenrechte.“…“ Meldung vom 18.09.2020 beim Migazin - [arte-Reportage] Lampedusa und die Flüchtlinge: Die überforderte Ferieninsel
„… Für die einen ist sie das Einfallstor nach Europa, für die anderen Erholungsort: die Mittelmeerinsel Lampedusa. Durch ihre exponierte Lage ist sie zum Dreh- und Angelpunkt für Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten auf ihrer Reise in eine bessere Welt avanciert. Fast täglich landen im Sommer Boote mit Migranten an. Doch die kleine Insel ist dem Ansturm nicht gewachsen, und die Stimmung in der Bevölkerung angespannt. Viele Insulaner wollen den Flüchtlingen keinen Aufenthalt mehr gewähren, auch wenn dieser nur vorübergehend ist. Corona hat die Situation noch verschärft. Auf Lampedusa gibt es kein Krankenhaus. Sollte das Virus auf die Insel eingeschleppt werden, droht eine Gesundheitskatastrophe. Angela Maraventano betreibt seit Jahrzehnten ein Restaurant am Hafen. Sie lebt vom Tourismus. Die Insel gilt vor allem bei Italienern als Geheimtipp. In ihrer Freizeit macht die ehemalige Lega-Abgeordnete mobil gegen die Flüchtlinge. Sie will erreichen, dass keine neuen Migranten mehr auf die Insel kommen dürfen. Der Widerstand gegen die Neuankömmlinge war nicht immer so heftig. Viele Insulaner haben jahrelang Bootsflüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Der heute fünfjährige Leonardo wurde aus den Armen seiner toten Mutter geborgen und von einem sizilianischen Ehepaar adoptiert. Herzenswärme und Hass liegen auf Lampedusa dicht nebeneinander. Ohne Hilfe ist eine Lösung nicht in Sicht.“ arte-Reportage von Emanuela Casentini und Alessandro Leonardi vom 24. August 2020 beim ZDF (Videolänge: 32 Min., verfügbar bis zum 21. November 2020) - Italien und Tunesien schliessen Abkommen gegen Geflüchtete ab
„Ein weiteres Abkommen zur Stärkung der Festung Europas wurde gestern in Tunis abgeschlossen: Die italienischen Minister*innen Luciana Lamorgese (Inneres) und Luigi Di Maio (Äusseres) trafen den tunesichen Präsident Kais Saied, den Premierminister Hichem Mechichi und die Aussenministerin Selma Enneifer. Begleitet wurden sie von den europäischen Kommissar*innen für Inneres Yilva Johannson und Oliver Verhelji. Das Abkommen sieht finanzielle Hilfen für das kriselnde Tunesien vor, im Gegenzug werden die Kontrollen an den tunesischen Küsten verstärkt.
11 Mio. Euro kommen direkt vom italienischen Staat; Geld, das laut Angaben der Minister*innen in der Empfangspolitik Italiens eingespart wird. Weitere 10 Mio. werden von der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Dieses Geld wird in erster Linie für die Grenzkontrolle eingesetzt: Instandhaltung und Kauf von Patrouillenboote, Ausbildung von Sicherheitskräften, Kauf eines Radar- und Informationssystems, das der Küstenwache erlaubt, die Boote der Geflüchteten aufzuspüren, bevor sie internationale Gewässer erreichen.
Die Zahl der tunesischen Geflüchtete in Ialien hat dieses Jahr stark zugenommen. Von rund 15.000 Neuankünften über das Mittelmeer waren 6.500 tunesische Staatsbürger*innen. Laut Aussenminister Di Maio sollen die Rückführungen von irregulär Geflüchteten wieder erhöht werden, denn bis heute sind in den bilateralen Abkommen mit Ägypten, Marokko, Nigeria und Tunesien „nur 80 Rückführungen wöchentlich vorgesehen. Wer Italien jedoch auf illegalem Weg erreicht, soll keine Möglichkeit der Regularisierung haben. Für Irreguläre gilt einzig und allein die Rückführung.“ Mitteilung von Maurizio C. am 18.8.2020 – wir danken! - Zeltstadt in San Ferdinando schliesst definitiv – ohne alternative Unterkunftsmöglichkeit
„Wie der Bürgermeister von San Ferdinando (Reggio Calabria) Andrea Tripodi in einer Notiz mitteilt, wird am 15. August 2020 die von den öffentlichen Institutionen aufgebauten Zeltstadt der migrantischen Landarbeiter*innen defitiv geschlossen. Weder die Gemeinde, noch die Region oder das Innenministerium haben von alternativen Unterkunftsmöglichkeit gesprochen.
Die Zeltstadt wurde im August 2017 als Antwort auf die zahlreichen irregulären Baracken und Zeltstädte rund um die Felder, auf denen die Migrant*innen arbeiten, von Innenministerium und der Gemeinde San Ferdinando aufgebaut. Sie hätte „Legalität und Sicherheit“ in die Zone bringen sollen, in der jährlich zehntausende migrantischen Landarbeiter*innen vor allem in der Tomaten-, Orangen- und Clementinenernte tätig sind.
Wie gewerkschaftliche Aktivist*innen vor Ort berichten, füllte sich die institutionelle Zeltstadt während den letzten Monaten der Corona-Krise aufgrund der weit verbreiteten Prekarität auch mit Migrant*innen, die nicht in der Landwirtschaft tätig sind. Sicherheitsabstände und Hygienevorschriften konnten nie eingehalten werden. Mit der Lockerung des Lockdowns sind nun zahlreiche Migrant*innen weitergezogen, um in anderen Regionen in der Ernte zu arbeiten. Die rund 200 übrig gebliebenen Migrant*innen von San Ferdinando werden aber ihrem eigenen Schicksal überlassen – das Ziel der „Legalität und Sicherheit“ ist somit beim weitem verfehlt.“ Mitteilung von Maurizio C. am 11.8.2020 – wir danken! - Der grösste COVID19-Herd Italien|s ist in einer Asylunterkunft in Treviso
„Bei 309 Tests 233 Refugees und 11 Sozialarbeiter*innen positiv. Ein Ausdruck nicht nur der tiefen Gesindheitskrise, sondern auch der gescheiterten Empfangspolitik, die Menschen in Massenlagern unterbringt (das Asylzentrum ist eine alte Kaserne) und ihre Bewegungsfreiheit einschränkt. Regierung und Opposition heizen jedoch den fremdenfeindlichen Diskurs an und schließen weiterhin die Häfen“ Thread von Maurizio C. vom 10.8.2020 bei Twitter - Rettungsschiff „Ocean Viking“ der Nichtregierungsorganisation „SOS Méditerranée“ im sizilianischen Hafen Porto Empedocle festgesetzt – Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt vorläufiges Ende der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer
„Die italienischen Behörden haben am 22. Juli das Schiff der zivilen Seenotrettungsorganisation „SOS Méditerranée“ 11 Stunden lang im Hafen von Porto Empedocle auf Sizilien untersucht und dann auf unbestimmte Zeit festgesetzt. Für „SOS Méditerranée“ handelt es sich um eine „neue Stufe behördlicher Schikane mit dem Ziel, die lebensrettenden Einsätze der zivilen Seenotrettungsschiffe zu blockieren“. Vorgeschobene Sicherheitsmängel und die Feststellung, das Schiff habe mehr als die im Zertifikat für die Ausrüstung von Frachtschiffen angegeben 42 Personen befördert, weist die Nichtregierungsorganisation entrüstet zurück. Die letztere Begründung entlarve einen schwerlich überbietbaren Zynismus. Die „Ocean Viking“ sei kein Passagierschiff, sondern sehe sich dem Seerecht verpflichtet, nämlich alle Menschen aus Seenot zu retten und in einen sicheren Hafen zu bringen. Jedes gegenteilige Handeln wäre strafbar im Sinne von unterlassener Hilfeleistung auf See. Die Besatzung der „Ocean Viking“ hatte 180 aus Seenot gerettete Menschen in den sicheren Hafen von Porto Empedocle gebracht, nachdem sie zuvor neun Tage auf die Erlaubnis der italienischen Behörden zum Einlaufen gewartet hatte. Die Geflüchteten wurden auf ein Quarantäneschiff verlegt, die Besatzung der „Ocean Viking“ auf ihrem Schiff unter Quarantäne gestellt. Nach deren Ablauf war geplant wieder in See zu stechen. Doch das verhinderten die Behörden durch ihre Anweisungen. (…) Die Liga appelliert an die Europäische Union, deren Vorsitz Deutschland momentan innehat, endlich wirksame und menschenrechtskonforme Maßnahmen zu ergreifen, um der seit vielen Jahren skandalösen, menschenverachtenden „Todesursache Flucht“ ein Ende zu setzen. Die Liga bekundet ihre uneingeschränkte Solidarität mit SOS Méditerranée und ruft dringend dazu auf, durch Spenden den Einsatz für ihre humanitäre Rettungsaktionen sicherzustellen.“ Pressemitteilung vom 7.8.2020 - Lampedusa ist wieder ein Hauptziel von Flüchtlingen
„Wegen wachsender Spannungen in Tunesien und mangelnder Seenotrettung im südlichen Mittelmeer erreichen wieder so viele Flüchtlinge Lampedusa wie seit Jahren nicht mehr. Rufe nach mehr Rettungskapazitäten und legalen Fluchtrouten verhallen ungehört. Eine staubige Straße führt vom Hafen von Lampedusa durch vertrocknete Felder und Olivenhaine zum Flüchtlingslager. Das Tor ist verschlossen. Die Bewohner dürfen das Camp nicht verlassen, doch im hinteren Teil des Geländes gibt es seit jeher Löcher im Zaun. Wenn sie tatsächlich eingesperrt wären, würden die Spannungen unter den oft traumatisierten Flüchtlingen eskalieren, sagt die ehemalige Bürgermeisterin der Insel, Giusi Nicolini. Um die öffentliche Ordnung zu bewahren, seien die Löcher im Zaun immer toleriert worden. Anlass zu Streit um einen Platz im Schatten oder eine der wenigen funktionierenden Duschen gibt es in diesem Sommer mehr denn je, denn das über 100 Plätze verfügende Lager beherbergt bis zu 1.200 Menschen. Traumatisierte Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten schlafen im Freien auf Matratzen ohne Laken. Aus Libyen und Tunesien kommen ständig neue Bootsflüchtlinge an. Allein im Juli waren es 5.000 Menschen. Ein Quarantäne-Schiff, das 700 Migranten aufnehmen sollte, musste wegen schlechten Wetters mit nur 350 Tunesiern an Bord wieder ablegen…“ Reportage von Bettina Gabbe vom 07.08.2020 beim Migazin (ab da nur im Abo) - Sea-Eye verklagt Italiens Ministerium
„Nach „Alan Kurdi“-Festsetzung: Sea-Eye reicht Klage gegen italienisches Verkehrsministerium und Hafenbehörde von Palermo ein. Das Sea-Eye-Schiff Alan Kurdi liegt derzeit im spanischen Hafen von Burriana, berichtet der Verein in einer Pressemitteilung. Zuvor wurde es über sieben Wochen in Palermo festgehalten. Drei Missionen musste Sea-Eye deshalb bereits absagen. Die italienische Küstenwache setzte das Schiff nach der Rettung von 150 Menschen am 5. Mai in Palermo fest und argumentierte mit „gravierenden Sicherheitsmängeln“. Mit ähnlichen Bescheiden setzten die italienischen Behörden später auch die Rettungsschiffe Sea-Watch 3 von Sea-Watch, die Ocean Viking von SOS Mediterranee und die Aita Mari von Salvamento Marítimo Humanitario fest. Sea-Eye hat deshalb nun Klage eingereicht. „Der Festsetzungsbescheid der italienischen Verkehrsbehörde ist unserer Meinung nach rechtswidrig und schafft juristische Unsicherheiten, die weitere Einsätze der Alan Kurdi verunmöglichen sollen. Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Verpflichtung“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. (…) Seerechtsexpert*innen des Instituts für Seerecht und Seehandelsrecht der Universität Hamburg erstellten ein kurzes Rechtsgutachten, das auf die angeblichen Mängel einging, die im Rahmen der Festsetzung durch die italienische Küstenwache vorgetragen worden sind. Dieses Gutachten stützt die Rechtsauffassung der BG Verkehr. „Zur Festsetzung der Alan Kurdi ist zu sagen, dass die von den italienischen Behörden nicht konkret benannten Regelungen zum Teil in dieser Form nicht einmal existieren, weshalb nur abstrakt zum Beispiel auf „SOLAS“ verwiesen wird“, sagt Seerechtsexperte Valentin Schatz…“ Beitrag vom 05. August 2020 bei mittelbayerische.de und die Meldung von Sea-Eye - Mehrere Flüchtlingsboote erreichen Lampedusa innerhalb einer Nacht
„Die von der EU erhoffte Abschreckungswirkung durch die Einstellung von staatlicher Seenotrettung bleibt offenbar aus. Acht Flüchtlingsboote haben in nur einer Nacht die italienische Insel Lampedusa erreicht. Das Aufnahmezentrum der Insel ist mehrfach überfüllt. Innerhalb einer Nacht haben 200 Flüchtlinge in acht Booten Lampedusa erreicht. Die Hälfte von ihnen habe aus eigener Kraft den Hafen der Insel erreicht, die andere Hälfte sei von örtlichen Einsatzkräften auf dem offenen Meer gerettet worden, berichtete der italienische Rundfunk am Montag. Das über knapp 100 Plätze verfügende Aufnahmezentrum der italienischen Ferieninsel ist seither mit knapp 1.000 Migranten erneut überfüllt. Für den Abend wurde mit der Ankunft eines Quarantäne-Schiffs für Bootsflüchtlinge gerechnet. Die italienischen Behörden brachten unterdes 300 Flüchtlinge mit einer öffentlichen Fähre nach Porto Empedocle auf Sizilien…“ Meldung vom 04.08.2020 beim Migazin (im Abo) - Umstrittene Flüchtlingspolitik: Immunität von Salvini aufgehoben
„Matteo Salvini sorgte mit seiner Politik gegen private Seenotretter für Kontroversen. Jetzt hat der Senat in Rom die Immunität des italienischen Ex-Innenministers aufgehoben. Ihm werden Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Der italienische Senat hat die Immunität von Ex-Innenminister Matteo Salvini aufgehoben. Für die Aufhebung stimmte eine Mehrheit der kleineren zweiten Parlamentskammer, der Salvini als Senator angehört. Mit der Aufhebung wird ein zweiter Prozess gegen den Chef der rechten Partei Lega ermöglicht. Hintergrund ist die Flüchtlingspolitik des ehemaligen italienischen Innenministers von Juni 2018 bis Anfang September 2019. Im Detail geht es um ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vor einem Gericht in Palermo. Als italienischer Innenminister hatte Salvini das private Rettungsschiff „Open Arms“ längere Zeit auf dem Meer blockiert. Das spanische Schiff hatte damals viele Flüchtlinge an Bord. (…) Im Falle einer Verurteilung drohen dem ehemaligen Innenminister bis zu 15 Jahre Haft sowie ein Verbot seiner politischen Tätigkeit…“ Meldung vom 30.07.2020 bei tagesschau.de - Refugees: Die grenzenlose Arroganz der italienischen Regierung
„In der Nacht von gestern auf heute sind auf unterschiedlichen Kleinbooten rund 350 Migrant*innen in Italien angekommen. Weitere 85 Menschen wurden von der italienischen Küstenwache in Zonen des Mittelmeeres gerettet, die nicht in ihrer Zuständigkeit liegt; weitere 60 in italienischen Gewässer. Wie Alarm Phone mitteilt, werden weitere 41 Menschen vermisst, die sich seit vier Tagen auf der Überfahrt befanden. Die Abfahrten aus Tunesien und Libyen haben in den letzten Wochen wieder zugenommen. Die Regierungsverantwortlichen Italiens reagierten sogleich: „Es handelt sich effektiv um einen schwierigen Moment. Diese ständigen Neuankünfte sind inakzeptabel, wir machen alles mögliche.“ (Inneministerin Luciana Lamorgese) Aussenminister Luigi Di Maio hingegen greift die EU an: „Ich fordere von der EU eine Antwort: In einer solchen Situation, in der ein hohes Gesundheitsrisiko herrscht, erwarten wir eine sofortige Verteilung der angekommenen Geflüchteten auf alle europäischen Länder. In Italien steht die soziale Kohäsion auf dem Spiel.“ Dass es sich nicht um eine „neue Notlage“ handelt, beweist die Tatsache, dass Geflüchtete seit Jahrzehnten über Italien Europa erreichen wollen. Die Krise der überfüllten Empfangseinrichtungen ist nicht das Resultat der Zunahme der Ankünfte aus Tunesien und Libyen, sondern das einer politischen Entscheidung, die Einrichtungen unterzufinanzieren und infrastrukturell schlecht auszustatten. Anstatt also von einem Tag auf den anderen dem tunesischen Staat 30 Millionen Euro zu überweisen, so wie es Innenministerin Lamorgese an einem Treffen in Tunis am Montag gemacht hat, um die Abfahrten von Geflüchteten zu stoppen, ginge es darum, diese finanzielle Mittel in eine menschliche Aufnahmepolitik von Geflüchteten zu investieren. Von dieser Regierung ist das jedoch kaum zu erwarten.“ Mitteilung vom 30.7.2020 von Maurizio C. (Twitter: @Mau_Ri_83) – wir danken! - Quarantäne mit Militärhilfe. Sizilien: Geflüchtete entfliehen unmenschlicher Isolation. Soldaten sollen Überwachung übernehmen
„Nachdem am Montag erneut rund 100 Geflüchtete aus ihrer Coronaquarantäne in einem überfüllten, fensterlosen Zelt auf der italienischen Insel Sizilien geflohen sind, soll das Militär die Überwachung der Aufnahmeeinrichtungen übernehmen. Innenministerin Luciana Lamorgese kündigte laut Nachrichtenagentur ANSA an, Hunderte Soldaten nach Sizilien zu schicken. Laut Zeitungsberichten befanden sich in dem für 100 Menschen ausgelegten Zelt im sizilianischen Porto Empedocle mehr als 500 Flüchtlinge, die dort eine 14tägige Quarantäne absitzen sollten. Das Innenministerium teilte am Dienstag mit, die meisten der Flüchtigen seien gefunden worden. Bei keinem der bisher Getesteten wurde das Coronavirus festgestellt. Die Bürgermeisterin von Porto Empedocle, Ida Carmina, verurteilte die unmenschlichen Bedingungen und forderte die Regierung und die Europäische Kommission zum Handeln auf. Bereits am Sonntag hatten sich 184 Menschen aus einer anderen Einrichtung in der sizilianischen Stadt Caltanissetta teils barfuß abgesetzt. Bürgermeister Roberto Gambino kündigte an, er wolle an das Innenministerium schreiben: »Ich fordere, dass niemand mehr nach Caltanissetta kommt.« Das Lager sei ungeeignet. (…) Nach Angaben von Di Maio sind 125 der 184 am Sonntag Geflohenen bislang von der Polizei gefunden worden. Ministerin Lamorgese kündigte an, die Regierung werde »in den nächsten Tagen« ein Marineschiff zu einer Quarantäneeinrichtung für Geflüchtete umfunktionieren. Unterdessen erreichten in der Nacht zu Dienstag weitere Geflüchtete die Insel Lampedusa. 128 Menschen in drei Booten waren von Patrouillenbooten der Küstenwache aufgespürt worden und wurden zum Aufnahmelager gebracht. Die für 95 Personen ausgelegte Einrichtung ist mit 872 Insassen erneut völlig überfüllt.“ Agenturmeldung in der jungen Welt vom 29.07.2020 - Fortgesetzte Tragödie auf Lampedusa: Politik ignoriert unhaltbare Zustände im Auffanglager für Flüchtlinge und Migranten auf der Mittelmeerinsel
„Das Auffanglager von Lampedusa ist hoffnungsvoll überfüllt – mal wieder, muss man sagen. Dort, wo eigentlich Platz für 95 Migranten ist, sind heute fast 1000 untergebracht. Und die dadurch prekäre Lage auf der kleinen Mittelmeerinsel ist – auch das nicht zum ersten Mal – ein gefundenes Fressen für die populistische Rechte in Italien, die mit Vorliebe die Angst vor Migranten schürt. (…) In den vergangenen Monaten beschäftigte die Öffentlichkeit anderes und das Schicksal der Migranten hat niemanden so richtig interessiert. Weder die Regierung, die sich vor allem mit der Pandemie und ihren verheerenden Auswirkungen konfrontiert sah, noch die rechte Opposition, die unter diesen Umständen wohl keine Möglichkeit sah, aus dem Flüchtlingsdrama richtig Kapital zu schlagen. Das hat sich jetzt geändert. Vor allem die Lega, die im vergangenen halben Jahr in den Umfragewerten ständig gesunken ist, hat sich nun wieder auf ihr Lieblingsthema besonnen und verknüpft nun Flüchtlinge mit Corona nach dem Motto: »Die bringen uns die Krankheit ins Land.« Aber auch Totò Martello, Bürgermeister von Lampedusa und von einer Mitte-Links-Koalition gewählt, kritisiert die Regierung. »Die Lage ist unerträglich geworden. Die Regierung muss für die Insel den Notstand ausrufen, und wenn sie es nicht tut, dann mache ich es eben. Das Auffanglager kann keine Migranten mehr aufnehmen und die Verantwortung für diese Situation liegt weder beim Bürgermeister, noch bei der Stadtverwaltung und erst recht nicht bei den Einwohnern«. Er fordert, dass die Regierung in Rom eine Luft- und Seebrücke einrichtet, um die Flüchtlinge sofort nach ihrer Ankunft aufs Festland zu bringen. »So wie die Lage jetzt ist, können wir die Migranten noch nicht einmal alle identifizieren, geschweige denn auf Corona testen«. (…) Am Wochenende kam die derzeitige, parteilose Innenministerin Luciana Lamorgese nach Lampedusa, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie versprach, etwas zu tun und wird möglicherweise ein ausgedientes Kreuzfahrtschiff schicken, auf dem die Migranten die zweiwöchige Quarantäne verbringen können.“ Artikel von Anna Maldini vom 27. Juli 2020 in neues Deutschland online - 1.000 Migranten in Hotspot von Lampedusa
„Die lokale Flüchtlingsunterkunft bietet nur Platz für 95 Menschen. Oppositionschef Matteo Salvini kritisiert die Zunahme der Migrantenzahlen. Auf der süditalienischen Insel Lampedusa wächst die Zahl der Boote mit Migranten, die direkt die Insel erreichen. Circa 1.000 zum Großteil tunesische Migranten sind seit Mittwoch auf der Insel eingetroffen. Sie wurden im Hotspot Lampedusas untergebracht. Fünf Boote mit insgesamt circa 100 Migranten an Bord erreichten in der Nacht auf Freitag die Insel, wie die Behörden mitteilten. Wegen der hohen Zahl an Ankünften kam es zu Problemen bei der Identifizierung der Migranten in der Flüchtlingseinrichtung, in der es eigentlich für nur 95 Personen Plätze gibt. Die Behörden beschlossen, dass 200 tunesische Migranten die Insel in Richtung Sizilien verlassen werden…“ Meldung vom 24. Juli 2020 in derstandard.de , siehe auch: - Jede Stunde erreicht ein Flüchtlingsboot Lampedusa
„Die italienische Insel Lampedusa erreicht derzeit pro Stunde durchschnittlich ein Boot mit Flüchtlingen. Das Aufnahmezentrum mit 100 Plätzen ist mit knapp 1000 Menschen überfüllt…“ Agenturmeldung vom 25.7.2020 in der Welt online - Ocean Viking in Italien festgesetzt – SOS MEDITERRANEE verurteilt diese zynische Maßnahme zur Verhinderung ihrer lebensrettenden Einsätze
„Am Mittwochabend, 22. Juli, wurde das Rettungsschiff der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS MEDITERRANEE, die Ocean Viking, nach einer elfstündigen Inspektion im Hafen von Porto Empedocle, Sizilien, von den italienischen Behörden auf unbestimmte Zeit festgesetzt. Für SOS MEDITERRANEE ist dies eine neue Stufe behördlicher Schikane mit dem Ziel, die lebensrettenden Einsätze der zivilen Seenotrettungsschiffe zu blockieren. SOS MEDITERRANEE verurteilt diese Behinderung von ziviler Seenotrettung, die allerding nichts Neues darstellt: In der Corona-Pandemie erklärten Anfang April zunächst Italien und Malta ihre Häfen für „unsicher“, die damit faktisch für rettende Schiffe geschlossen waren. Kurz darauf erhielten zivile Seenotrettungsorganisationen in Deutschland einen Brief aus dem Bundesinnenministerium mit dem Appell, derzeit „keine Fahrten aufzunehmen“, und „bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen“. Auf Hafenstaatkontrollen (Port State Controls – PSC) folgten jeweils Festsetzungen der Rettungsschiffe Alan Kurdi (der deutschen NGO Sea-Eye), Aita Mari (der italienischen NGO Salvamento Maritimo Humanitario/Maydayterrano) und Sea-Watch 3 (der gleichnamigen deutschen NGO) – aufgrund angeblicher Sicherheits- bzw. technischer Mängel. Nun also auch das 69m lange, ehemalige Versorgungsschiff von Bohrinseln, die unter norwegischer Flagge fahrende, von SOS MEDITERRANEE mit maritimer Crew gecharterte Ocean Viking. (…) „Es ist offensichtlich, dass die italienischen Behörden in den vergangenen Monaten angebliche Sicherheitsmängel vorgeschoben haben, um die zivilen Rettungsschiffe vom Mittelmeer zu verdrängen“, sagt Verena Papke, Geschäftsführerin von SOS MEDITERRANEE Deutschland. Durch die Festsetzung der Ocean Viking ist aktuell kein ziviles Rettungsschiff mehr im zentralen Mittelmeer im Einsatz. Doch die Menschen fliehen weiter über das zentrale Mittelmeer – die tödlichste Fluchtroute der Welt. SOS MEDITERRANEE fordert daher die sofortige Freigabe ihres Rettungsschiffs, um zeitnah wieder im Einsatz sein zu können…“ Pressemitteilung von SOS MEDITERRANEE vom 23. Juli 2020 mit der Möglichkeit sich durch Beteilung an einer Petition sich mit SOS MEDITERRANEE zu solidarisieren - Mittelmeer: Italien setzt Rettungsschiff „Alan Kurdi“ fest
„Das Seenotrettungsschiff Alan Kurdi darf den Hafen von Palermo offenbar bis auf weiteres nicht verlassen. Dies habe die italienische Küstenwache verfügt, wie die Organisation Sea-Eye mitteilte. Bei einer Hafenstaatskontrolle seien technische und betriebliche Mängel festgestellt worden, die vor dem Hintergrund der Corona-Krise dazu führen dürften, dass das Schiff im Mai keinen Einsatz mehr durchführen kann. Sea-Eye kritisierte die italienischen Behörden scharf. Das Schiff habe in den vergangenen 16 Monaten vier Überprüfungen in Italien und Spanien bestanden; üblich sei eine Kontrolle pro Jahr. (…) Es sei zudem zynisch, die Geretteten an Bord zunächst tagelang festzuhalten, um dann dem Schiff zu attestieren, dass es für ihre Versorgung ungeeignet sei. „Tatsache ist, dass die Crews der Alan Kurdi insgesamt 688 Menschen das Leben retteten, ohne dass einem Crewmitglied oder einem Geretteten etwas zugestoßen wäre. Viele dieser Menschen hätten ohne die Alan Kurdi nicht überlebt.“…“ Meldung vom 6. Mai 2020 in der Süddeutschen Zeitung online , siehe auch:- Traurige Rekorde. UN besorgt über festsitzende Migranten auf Schiff im Mittelmeer
„Auch während der Corona-Pandemie versuchen Menschen über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Auf einem Handelsschiff sitzen 78 Menschen fest. Für „Alan Kurdi“ ist die Odyssee beendet. Die Crew spricht von traurigen Rekorden. Die Internationale Organisation für Migration hat sich sehr besorgt über das Schicksal von 78 festsitzenden Menschen auf dem Handelsschiff „Marina“ im Mittelmeer geäußert. Das Handelsschiff mit den geschwächten Migranten an Bord erhalte keine Erlaubnis zum Einlaufen in einen Seehafen, sagte die IOM-Sprecherin Safa Msehli am Dienstag in Genf dem Evangelischen Pressedienst. Die Menschen seien per Boot aus dem Bürgerkriegsland Libyen geflohen. Am Sonntag habe die „Marina“ die Migranten gerettet. Sie hätten eine gefährliche und entbehrungsreiche Reise hinter sich. Die EU-Staaten müssten einen klaren und sicheren Mechanismus finden, damit aus Seenot gerettete Migranten und Flüchtlinge an Land gehen können. Im Zuge der Corona-Pandemie schlossen Länder in Europa ihre Grenzen, auch Seehäfen sind weitgehend gesperrt...“ Meldung vom 06.05.2020 beim Migazin (im Abo)
- Traurige Rekorde. UN besorgt über festsitzende Migranten auf Schiff im Mittelmeer
- „Aita Mari“ und „Alan Kurdi“: Flüchtlinge auf Quarantäne-Schiffe verlegt
„Nach sechstägigem Warten auf eine Lösung dürfen die Flüchtlinge der „Aita Mari“ auf ein Quarantäne-Schiff vor der sizilianischen Küste. Auch die Flüchtlinge von der „Alan Kurdi“ sind inzwischen auf einem Quarantäne-Schiff. Die mussten zwölf Tage warten. Die am Ostermontag geretteten Flüchtlinge der „Aita Mari“ sind am Sonntag auf ein Quarantäne-Schiff verlegt worden. Die italienischen Behörden ordneten den Verbleib der 34 Geretteten für vierzehn Tage auf der Fähre „Rubatino“ an. Dort versorgt das Rote Kreuz seit Freitag auch 146 Gerettete der „Alan Kurdi“, dem Rettungsschiff der Regensburger Organisation Sea-Eye. Das Passagierschiff werde während der gesamten Quarantäne-Periode eine Seemeile vor dem Hafen von Palermo bleiben, teilte der italienische Katastrophenschutz mit. Die Sicherheit von Besatzung und Geretteten könne wegen der Corona-Pandemie nicht an Land gewährleistet werden, betonte das Transportministerium in Rom, in dessen Auftrag die Verlegung auf das Quarantäne-Schiff erfolgte. Aufgrund des derzeitigen Gesundheitsnotstands entsprächen die italienischen Häfen nicht den Anforderungen des Internationalen Abkommens für Seenotrettung an einen „Place of Safety“…“ Meldung vom 20.04.2020 beim Migazin (im Abo), siehe auch:- Migranten wechseln von „Alan Kurdi“ auf größeres Schiff
„Die Irrfahrt von 150 Menschen auf dem deutschen Rettungsschiff hat vorerst ein Ende. Eine italienische Fähre nahm die Flüchtlinge auf, um sie medizinisch zu versorgen. Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye hat nach der Rettung von knapp 150 Flüchtlingen vor der Küste Libyens Unterstützung von Italien bekommen. Eine italienische Fähre nahm 146 gerettete Migrantinnen und Migranten von dem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff Alan Kurdi auf. Drei Menschen waren nach einem Suizidversuch bereits vorher von der italienischen Küstenwache drei Personen an Land gebracht worden. Wie das italienische Verkehrsministerium mitteilte, sollen die Migranten nun zunächst auf der größeren Fähre Raffaele Rubattino in Palermo auf das Coronavirus getestet werden. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Möglich ist eine Verteilung der Geretteten auf andere EU-Länder nach einer Zeit in Quarantäne. Die Situation auf der Alan Kurdi sei bereits seit Tagen untragbar gewesen, sagte der Sea-Eye-Missionsleiter Jan Ribbeck. „Wir sind unendlich erleichtert, dass diese Blockade endlich endet“, sagte Ribbeck…“ Agenturmeldung vom 18. April 2020 in der Zeit online
- Migranten wechseln von „Alan Kurdi“ auf größeres Schiff
- Quarantäne-Schiff nicht in Sicht: Dramatische Szenen auf Rettungsschiff „Alan Kurdi“
„Durch die Corona-Krise ist die Seenotrettung im Mittelmeer kaum noch möglich. Rettungsschiffe haben es extrem schwer. Denn Italien und Malta haben ihre Häfen geschlossen. Mehr als 140 Flüchtlinge müssen seit zehn Tagen an Bord ausharren. (…) Drei Personen mussten von der „Alan Kurdi“ weggebracht werden. Dabei sollen sich dramatische Szenen abgespielt haben, als sich drei Boote der italienischen Küstenwache näherten. „Sie deuteten an, ins Wasser springen zu wollen, um die italienischen Boote zu erreichen und ließen sich kaum beruhigen.“…“ Beitrag vom 17.04.2020 beim Migazin (im Abo) - Italien verspricht Quarantäne-Schiff für Flüchtlinge und lässt warten
„Das spanische Rettungsschiff „Aita Mari“ hat am Ostermontag 47 Flüchtlinge aus einem sinkenden Schlauchboot gerettet. Nach Angaben der Hilfsorganisation „Salvamento Maritimo Humanitario“ befand sich unter den Geretteten eine Schwangere, sechs Migranten seien bewusstlos gewesen. Das Boot ist demnach eines von vier Booten, die vor mehreren Tagen Notrufe abgesetzt hatten. Die 149 Flüchtlinge der „Alan Kurdi“ mussten unterdessen am Montag auf dem deutschen Rettungsschiff ausharren, obwohl die Italien ihnen tags zuvor ein Quarantäne-Schiff zugesagt hatte. Die Migranten könnten aufgrund der Gesundheitslage nicht in einem italienischen Hafen an Land gehen, teilte der italienische Katastrophenschutz mit. Die „Alan Kurdi“ befindet sich derzeit in internationalen Gewässern vor der sizilianischen Stadt Palermo. Der italienische Rundfunk berichtete unter Berufung auf das römische Innenministerium, Deutschland sei bereit, die Migranten im Anschluss an die Quarantäne aufzunehmen…“ Beitrag vom 14.04.2020 beim Migazin (im Abo) - Gemeinsame Erklärung zur italienischen ‘Unsafe-Harbor’-Verordnung: “Alle Leben müssen gerettet werden, an Land wie auf See!”
„Vor zwei Tagen, am 7. April, erließen die italienischen Ministerien für Verkehr, Gesundheit, Inneres und das Außenministerium eine dringliche Verordnung.¹ Dieser zufolge sei Italien aufgrund der andauernden Covid-19-Krise nicht in der Lage, die völkerrechtlich vorgeschriebenen “sicheren Orte” für die Anlandung von aus Seenot geretteten Personen zur Verfügung zu stellen. Eine gemeinsame Erklärung von vier NGOs, die sich in der Seenotrettung im Mittelmeer engagieren: Die Organisationen Sea-Watch, Ärzte ohne Grenzen, Open Arms und Mediterranea bringen ihre Bestürzung über die Entscheidung der italienischen Regierung zum Ausdruck, den aktuellen medizinischen Notstand zu instrumentalisieren und ihre Häfen für ausländisch geflaggte Schiffe mit geretteten Menschen an Bord zu schließen. Diese Maßnahme scheint wieder einmal konkret auf die zivile Such- und Rettungsflotte abzuzielen. Mit dem alleinigen Ziel, die Such- und Rettungsaktivitäten im Mittelmeer zu stoppen – und ohne das Angebot von Alternativen, das Leben derer zu retten, die aus Libyen fliehen – spricht Italien seinen eigenen Häfen die seerechtliche Definition des “sicheren Ortes” ab, die allen europäischen Häfen zuzuschreiben ist. Damit setzt sich Italien mit Ländern gleich, die sich im Krieg befinden oder in denen die grundlegenden Menschenrechte nicht gewahrt werden. Gleichzeitig findet eine willkürliche Verweigerung der Zufahrt in territoriale Gewässer statt. (…) In einer Zeit, in der Italien Solidarität im Kampf gegen Covid-19 einfordert und Unterstützung sowohl von seinen internationalen Partnern als auch von NGOs erhält, sollte die Regierung die gleiche Art von Solidarität gegenüber den Menschen zeigen, die ihr Leben auf See riskieren müssen, weil sie keine Alternative haben. Keine der Organisationen, die diese Erklärung unterzeichnen, ist derzeit mit ihren Schiffen auf See, da durch die gegebene Situation die Rettungseinsätze umstrukturiert werden müssen und um der Covid-19-Pandemie mit geeigneten Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen entgegentreten zu können. Wir sind uns der Notsituation, in der wir uns alle befinden, mehr als bewusst. Alle unterschreibenden Organisationen haben dem italienischen Gesundheitssystem Ressourcen und Personal zur Verfügung gestellt, um das Land in dieser tragischen Situation zu unterstützen. Trotzdem wartet ein Schiff der zivilen Seenotrettung mit 150 Menschen an Bord, darunter einer Schwangeren, auf einen sicheren Hafen. Der gegenwärtige Gesundheitsnotstand entbindet uns nicht von der Verpflichtung, so bald wie möglich eine sichere Anlandung für die ‘Alan Kurdi’ zu gewährleisten…“ Erklärung vom 9.4.2020 bei Sea-Watch e.V. - Coronavirus-Pandemie: Flüchtlingsrettung ausgesetzt – Italien macht in der Corona-Krise seine Häfen dicht – Proteste in Lampedusa
„Während der Corona-Krise sollen keine privaten Rettungsschiffe mehr auslaufen, um im Mittelmeer Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Die Bundesregierung hat nach Angaben eines Sprechers bereits Ende März aus Rom die Information erhalten, dass Seenotretter aufgrund der Corona-Pandemie derzeit keine Häfen in Italien mehr ansteuern könnten. Die Bundesregierung habe Organisationen, die Schiffe unter deutscher Flagge betreiben, entsprechend informiert. Auch die anderen Anrainer-Länder am Mittelmeer lassen demnach keine Rettungsschiffe mehr einlaufen. Das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ von der deutschen Organisation „Sea Eye“ lief am Montag trotz der Corona-Krise aus und rettete rund 150 Menschen. Die Regensburger Hilfsorganisation appellierte anschließend an die Bundesregierung, für die Geretteten Verantwortung zu übernehmen. Der Sprecher sagte dazu, die Bundesregierung sei derzeit mit allen Beteiligten im Gespräch, um eine Lösung zu finden. (…)Die Bundesregierung sei für das unter deutscher Flagge fahrende Schiff verantwortlich, teilte das italienische Verkehrsministerium mit. Man sei sicher, dass Deutschland dieser Verpflichtung nachkomme. Die italienische Regierung sei „gemäß der Prinzipien der Solidarität und Brüderlichkeit“ zur Kooperation bereit. Italien argumentiert, dass man in der aktuellen Gesundheitskrise die sanitäre Versorgung der Migranten nicht garantieren könne. (…) In Lampedusa kam es laut italienischen Medienberichten zu Protesten von Einwohnern, die sich wegen der Corona-Pandemie gegen die Ankunft von Migranten wehrten. Dem Sender „Tg24“ zufolge hatten einige Neuankömmlinge trotz Quarantäne-Auflagen das Aufnahmezentrum verlassen…“ Beitrag vom 08.04.2020 bei tagesschau.de - Italien: Oberstes Gericht bestätigt Vorgehen von Kapitänin Rackete
„… Die ehemalige Seenotretterin Carola Rackete hat nach Auffassung des obersten italienischen Kassationshofs ihre Pflicht erfüllt, als sie die im vergangenen Juni von der „Sea Watch 3“ geretteten Flüchtlinge ohne Genehmigung nach Lampedusa brachte. „Die Pflicht zur Hilfe erschöpft sich nicht im Akt, Schiffbrüchige der Gefahr zu entziehen“, betonten die Richter am Donnerstag in Rom. Vielmehr müssten die Geretteten überdies in einen sicheren Hafen gebracht werden, hieß es in ihrer Urteilsbegründung im Fall der deutschen Kapitänin. Hintergrund ist das Berufungsverfahren der Staatsanwaltschaft Agrigent gegen die Freilassung Racketes im vergangenen Sommer. Nachdem der römische Kassationshof – die letzte Berufungsinstanz in Italien – das Vorgehen der ehemaligen Seenotretterin und damit ihre Entlassung aus dem Hausarrest bereits im Januar für rechtens erklärt hatte, veröffentlichte er nun die Urteilsbegründung…“ Meldung vom 21. Februar 2020 im MiGAZIN – siehe Hintergründe weiter unten im Dossier - Nach der Rettung durch „Sea Watch 3“: Deutschland holt 11 Geflüchtete – nach Monaten! – aus italienischem Lager
„Elf Flüchtlinge durften von Italien nach Deutschland reisen, nachdem sie monatelang warten mussten. Das berichtet das Rechercheteam „Investigate Europe“. Knapp ein halbes Jahr nachdem sie von der „Sea Watch 3“ aus dem Mittelmeer gerettet worden waren, durften elf Geflüchtete aus Italien nach Deutschland reisen. Vor zwei Wochen hatte das Rechercheteam „Investigate Europe“ im Tagesspiegel berichtet, dass die Bundesregierung die Menschen monatelang in einem italienischen Lager unter unmenschlichen Zuständen warten ließ, obwohl sie eine Aufnahme zugesagt hatte. Die elf Personen – unter ihnen eine schwangere Frau – hatten keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung oder Winterkleidung, da Italien sie als Durchreisende behandelte. Das Bundesinnenministerium bestätigte „Investigate Europe“, dass insgesamt 132 Menschen nach Deutschland gebracht worden waren, darunter auch „medizinische Notfälle“. Sie waren während des Sommers und Herbstes von den Rettungsschiffen „Sea Watch 3“, „Ocean Viking“, „Open Arms“ und „Cigala Fulgosi“ gerettet worden. Sie werden nun auf Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin verteilt. (…) Die Geflüchteten kommen aus Ländern wie Gambia, Guinea, Ghana und Syrien. Sie werden nun ein Asylverfahren durchlaufen. Wird ihr Asylgesuch abgelehnt, „müssen sie die Bundesrepublik wieder verlassen und werden zügig in ihre Herkunftsländer zurückgeführt“, teilt das Innenministerium mit. Die Organisation Sea Watch übte Kritik. „Das deutsche Innenministerium hat seine Zusage zur Übernahme der Flüchtlinge als letztes der beteiligten Länder eingehalten“, sagte Sprecherin Haidi Sadik…“ Artikel von Nico Schmidt vom 20.12.2019 beim Tagesspiegel online - Sea-Watch 3 ist frei: Sea-Watch gewinnt Berufungsprozess vor dem italienischen Zivilgericht
„Sea-Watch hat die Berufung vor einem italienischen Zivilgericht gegen die unrechtmäßige Beschlagnahmung seines Schiffes Sea-Watch 3 gewonnen, welches seit Ende Juni in Italien festsaß. Das heutige Urteil bestätigt nicht nur die fehlende rechtliche Grundlage für das Festsetzen des Schiffes, sondern die politische Motivation dahinter. Sea-Watch hat sofort mit den Vorbereitungen für ein Auslaufen des Schiffs begonnen, um die Rettungsaktionen so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Nach einer langen Geschichte der Kriminalisierung, Einschüchterung und Blockade ist das heutige Gerichtsurteil eine weitere Bestätigung der Rechtmäßigkeit unserer Arbeit, die Sea-Watch auch von allen EU-Mitgliedsstaaten als Mindestforderung erwartet. “Das Urteil hat einmal mehr bewiesen, dass es zivile Rettungsorganisationen wie Sea-Watch sind, die sich an Recht und Gesetz halten. Wir erwarten, dass in Zukunft auch die EU-Staaten internationales Recht respektieren und die Kriminalisierung ziviler Rettung beenden”, sagt Vorstandsvorsitzender Johannes Bayer…“ Meldung vom 19.12.2019 bei Sea-Watch – siehe die Hintergründe weiter unten - 182 Flüchtlinge der „Ocean Viking“ werden auf sechs Länder verteilt
„Deutschland, Frankreich und vier weitere Länder haben sich auf die Aufnahme der Flüchtlinge der „Ocean Viking“ geeinigt. Die Menschen wurden vor der libyschen Küste gerettet. 182 von der Besatzung der „Ocean Viking“ gerettete Flüchtlinge werden auf sechs Länder verteilt. Deutschland und Frankreich werden jeweils 50 von ihnen aufnehmen, wie das italienische Innenministerium am Mittwochabend mitteilte. Weitere 20 Gerettete kommen demnach in Portugal, jeweils zwei in Irland und Luxemburg unter. Die übrigen 58 Migranten würden auf Kosten der katholischen Kirche in deren Einrichtungen in Italien untergebracht. Das Schiff, das von „Ärzte ohne Grenzen“ und SOS Méditerranée betrieben wird, hatte die Menschen vor der libyschen Küste gerettet und war am Dienstag nach mehreren Tagen im Mittelmeer im Hafen der sizilianischen Stadt Messina eingelaufen. 35 Gerettete waren bereits am Dienstag vergangener Woche von Malta an Land gelassen worden. Sie waren am Tag davor in der maltesischen Such- und Rettungszone von einem kleinen Holzboot gerettet worden. Die 182 Flüchtlinge, darunter mehrere Frauen und 14 Kinder, mussten weiter auf dem Schiff ausharren…“ Meldung vom 27.9.2019 beim Migazin
- Kurs Lampedusa: Flüchtlinge auf der „Ocean Viking“ dürfen in Italien an Land / Das italienische Sicherheitsdekret bleibt im Prinzip
„Das Rettungsschiff „Ocean Viking“ darf Lampedusa anlaufen. Am Tag zuvor hatte Innenminister Seehofer angekündigt, Deutschland werde Italien künftig ein Viertel der Flüchtlinge abnehmen. Die mehr als 80 Migranten auf dem Rettungsschiff „Ocean Viking“ im Mittelmeer dürfen nach Medienberichten in Italien an Land. Die italienische Regierung habe dem Schiff den Hafen der Insel Lampedusa zugewiesen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa. Unklar sei noch, ob das von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée betriebene Schiff direkt dort einlaufen solle oder Boote der Küstenwache die Menschen an Land bringen würden. Die „Ocean Viking“ hatte am vergangenen Sonntag zunächst 50 Menschen gerettet. Danach übernahm sie weitere 34 Bootsflüchtlinge von der Segeljacht „Josefa“, die die Organisation Resqship zuvor aus Seenot gerettet hatte. Nur zwei Menschen, eine hochschwangere Frau und ihr Mann, durften bisher von Bord und wurden nach Malta gebracht. Die Erlaubnis, Lampedusa anzulaufen, folgt einer Ankündigung aus Deutschland, künftig jeden vierten Flüchtling aufzunehmen, der über das Mittelmeer in Italien ankommt. „Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern“, hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt: „Ich habe immer gesagt, unsere Migrationspolitik ist auch human. Wir werden niemanden ertrinken lassen…“ Agenturmeldung vom 14.09.2019 beim Spiegel online – neben Frankreich erklärten sich auch Deutschland, Italien, Portugal und Luxemburg zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit. Deutschland und Frankreich wollen demnach zusammen die Hälfte der Migranten der »Ocean Viking« einreisen lassen, während Italien jeden zehnten Flüchtling an Bord des Schiffes aufnehmen will – siehe dazu auch:- Seehofer: „Unsere Migrationspolitik ist auch human“
„… Das strikte Nein des früheren Innenministers Salvini wurde aber offenbar mit ihm in die Ferien geschickt, bis sich die Umstände wieder ändern. Wie geht es weiter, hat das „unwürdige Geschacher um Menschenleben“, das der deutsche Außenminister Maas im Juli anprangerte, ein baldiges Ende? Der Bürgermeister von Lampedusa reagiert empört auf die Lösung im Fall der Ocean Viking. Sizilien wäre als sicherer Hafen sehr viel näher gewesen, hält Salvatore Martello der Regierung in Rom vor. „So läuft die Sache nicht. Die Insel kann nicht die Lösung für alle Probleme sein. Der Minister hat die falsche Adresse … Wir sind keine Idioten.“ Die Ocean Viking, die sich seinen Angaben nach bereits 20 Seemeilen nördlich von der Insel Linosa befand, werde auf diese Weise gezwungen, nach Lampedusa zurückzukehren. Die Migranten würden aber dann von dort aus zurück nach Sizilien gebracht, so Martello. „Welchen Sinn hat das alles?“ Bürgermeister Martello, „links und als Fischer hat er das Meer im Herzen“ (Spiegel), ist kein Parteigänger Salvinis und auch Migranten gegenüber offen. Es sind im Sommer mehr über „Geisterschiffe“ nach Lampedusa gekommen, als es die Öffentlichkeit bekannt wurde, wird Martello nicht nur im Spiegel, sondern auch in anderen Berichten wiedergegeben. Die Hotspots auf der Insel seien überlastet und die Stimmung der Bevölkerung sei wütend auf Rom, weil man dies dort gar nicht zur Kenntnis nehme und nicht helfe, so Martello Anfang Juli. Der neue Innenminister Lamorgese mache offenbar so weiter, sagt er jetzt. Seine Kritik, die auf eine Wirklichkeit verweist, die außerhalb der Diskussionen mit ihren Lagerspektakel-Fragen („Für oder gegen Seenotrettung“, „Für oder gegen die Aufnahme von Migranten“ usw.) und der Topmeldungen der Medien liegt, ist ein Beispiel dafür, wie kompliziert die Verhältnisse in Italien sind, ganz besonders die Machtverhältnisse (was alleine schon die Umstände zeigten, wie Salvini in die Ferien geschickt wurde). Das andere, auf der Machtebene höher angesiedelte Beispiel wäre, dass Spitzen der Regierungspartei 5-Sterne-Bewegung sich sträuben, das Sicherheitsgesetz, das den NGO-Schiffen einen Sperrriegel vorsetzte und das sie in der Koalition mit Salvini unterzeichnet haben, einfach wieder einzukassieren. Die Forderung tauchte mit dem Ausscheiden der Lega und der Bildung der neuen Regierung auf...“ Artikel von Thomas Pany vom 14. September 2019 bei telepolis - SOS MEDITERRANEE wird 82 Gerettete in Lampedusa an Land bringen. Nach 14 Monaten ist die Ocean Viking das erste zivile Rettungsschiff, dass autorisiert Gerettete an einen sicheren Ort in Italien bringt
„Am Samstagmorgen, den 14. September, informierte die Seenotrettungsleitstelle Rom SOS MEDITERRANEE, dass die in zwei Einsätzen im zentralen Mittelmeer 82 Geretteten in Italien an Land gehen können. „SOS MEDITERRANEE begrüßt die Entscheidung und ist erleichtert, dass die 82 geretteten Menschen an Bord der Ocean Viking in Lampedusa an Land gehen können“, sagt David Starke, Geschäftsführer von SOS MEDITERRANEE Deutschland. Sechs Tage nach der ersten Rettung hat eine Allianz europäischer Mitgliedsstaaten eine Ad-Hoc-Lösung gefunden. „Die Zuweisung eines sicheren Ortes, der sich auch als solcher qualifiziert, ist eine gute Nachricht„, erklärt Nicola Stalla, Einsatzkoordinator an Bord der Ocean Viking. „Aber mehrere Tage oder gar Wochen warten zu müssen, tolerieren wir nicht. Wir fordern die europäischen Staaten nachdrücklich auf, einen wirksamen, koordinierten und vorhersehbaren Mechanismus einzuführen, der die Ausschiffung von im Mittelmeer geretteten Menschen an einem sicheren Ort garantiert“, fügt er hinzu. Die Zuweisung eines sicheren Ortes ist im Völkerrecht verbrieft. (…) SOS MEDITERRANEE fordert die europäischen Mitgliedsstaaten auf: auf den dringenden Bedarf an Such- und Rettungskapazitäten im zentralen Mittelmeerraum zu reagieren; einen koordinierten, gemeinsamen und nachhaltigen Ausschiffungsmechanismus, der den Schutz menschlichen Lebens gewährleistet, einzurichten; die Kriminalisierung der im Mittelmeerraum tätigen humanitären und zivilen Organisationen einzustellen…“ Pressemitteilung vom 14. September 2019
- Seehofer: „Unsere Migrationspolitik ist auch human“
- Panikattacken: Flüchtlinge auf „Alan Kurdi“ drohen von Bord zu springen – Malta und Italien blockieren weiter
„Die Lage auf dem deutschen Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit 13 Flüchtlingen an Bord spitzt sich offenbar zu. Zwei minderjährige Gerettete litten unter schweren Panikattacken und hätten wiederholt versucht, von Bord zu springen, teilte die Hilfsorganisation Sea-Eye mit, die das Schiff betreibt. Malta weigere sich aber weiterhin, die Koordinierung des Rettungseinsatzes zu übernehmen. Auch Italien habe die Einfahrt in einen sicheren Hafen verboten. „Offenbar hält die neue Regierung in Rom an dem harten Kurs gegen zivile Rettungskräfte fest“, sagte Einsatzleiter Jan Ribbeck. Das italienische Innenministerium habe mitgeteilt, das Dekret des früheren Innenministers Matteo Salvini, das hohe Strafen für private Seenotretter vorsieht, besitze weiter Gültigkeit…“ Meldung vom 6. September 2019 beim Migazin
- Friedenspreisträger: Italienischer Ex-Bürgermeister darf in sein Dorf zurück
„Mit seinem Einsatz für Migranten setzte Domenico Lucano ein Zeichen für Toleranz – und zog den Zorn von Matteo Salvini auf sich. (…) Kaum ist sein ärgster politischer Gegner aus dem Amt, darf Domenico Lucano alias „Papa Mimmo“ wieder in sein Dorf zurück. Ein Gericht in der kalabrischen Stadt Locri hat ein Verbot aufgehoben, wonach der wegen seines Einsatzes für Zuwanderer bekannt gewordene frühere Bürgermeister seine Gemeinde Riace nicht mehr betreten durfte. Das berichtet die Nachrichtenagentur Ansa. Als Bürgermeister des nahe der Fußspitze des italienischen Stiefels gelegenen Ortes hatte Lucano in dem von Entvölkerung geplagten Dorf Hunderte Migranten aufgenommen und ihnen Arbeit verschafft. Er wurde dafür mit dem Friedenspreis der Stadt Dresden ausgezeichnet…“ Meldung vom 5. September 2019 beim Spiegel online
- Italien lässt Flüchtlinge an Land – Rettungsschiff „Eleonore“ erhält Hafeneinfahrt und wird beschlagnahmt – Alan Kurdi muss warten – Ermittlungen gegen Kapitän der »Eleonore«
„Für diese Flüchtlinge ist die Mittelmeer-Odyssee vorbei. Für andere nicht. Die Versprechen von EU und Bundesregierung für schnelle Lösungen zeigen bislang keine Wirkung. Italien hat am Montag über 130 Flüchtlinge an Land gelassen. Das deutsche Rettungsschiff „Eleonore“ legte mit über 100 Migranten an Bord in der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo an, nachdem der Kapitän nach einem Unwetter den Notstand an Bord ausgerufen hatte. Allerdings wurde das Schiff der Organisation Mission Lifeline von den italienischen Behörden beschlagnahmt, wie Kapitän Claus-Peter Reisch per Twitter mitteilte. Die Flüchtlinge hatten seit ihrer Rettung vor einer Woche auf engstem Raum auf dem Schiff ausgeharrt. Innenminister Matteo Salvini hatte der Crew die Einfahrt in italienische Gewässer verboten. Die Bundesregierung und die EU erklärten, sich um eine schnelle Lösung für die Geretteten zu bemühen. Die italienische Küstenwache brachte derweil die verbleibenden 31 Flüchtlinge des italienischen Rettungsschiff „Mare Jonio“ an Land. Zuvor waren bereits eine Frau und zwei Männer aus medizinischen Gründen an Land gelassen worden. (…) Der italienische Innenminister Salvini drohte der Besatzung der „Eleonore“. Mit Verweis auf ein sogenanntes Sicherheitsdekret, das hohe Strafen für Flüchtlingsretter vorsieht, sagte er, Gesetze und Grenzen müssten eingehalten werden. „Wenn jemand meint, dass er ohne Konsequenzen drauf pfeifen kann, hat er sich getäuscht und sich im Minister geirrt“, erklärte Salvini. Er werde weiterhin alles tun, um Italien zu verteidigen. (…) Nach der Beschlagnahmung der „Eleonore“ rief Mission Lifeline zu Spenden für ein neues Schiff auf. Bereits das erste Schiff der Organisation, die „Lifeline“, wurde vergangenen Sommer nach der Rettung von 234 Flüchtlingen von Malta beschlagnahmt. Währenddessen wartete die „Alan Kurdi“ der deutschen Seenotrettungsorganisation Sea-Eye weiter auf die Erlaubnis für die Einfahrt in italienische oder maltesische Gewässer. Die Besatzung hatte am Samstag in der maltesischen Rettungszone 13 Flüchtlinge gerettet, darunter acht Minderjährige…“ Meldung vom 3. September 2019 beim Migazin , siehe dazu:- Ermittlungen gegen Kapitän der »Eleonore«
„Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Ragusa hat Ermittlungen gegen den Kapitän des deutschen Rettungsschiffs »Eleonore«, Claus-Peter Reisch, aufgenommen. Nachdem er am Vortag mit mehr als 100 Migranten an Bord in der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo angelegt hatte, stehe er im Verdacht der Begünstigung illegaler Einwanderung, berichtete der italienische Fernsehsender TGCOM24 am Dienstagabend auf seiner Internetseite. Der Kapitän der »Eleonore« hatte nach einem Unwetter den Notstand an Bord ausgerufen…“ Agenturmeldung vom 04.09.2019 beim ND online
- Ermittlungen gegen Kapitän der »Eleonore«
- Bootsunglück vor Libyen / Italien und Malta weisen Rettungsschiff „Eleonore“ mit 100 Flüchtlingen ab
„Nach einem Bootsunglück vor der libyschen Küste im Mittelmeer wird befürchtet, dass mehr als 40 Flüchtlinge gestorben sind. Mehrere Tote seien geborgen worden, und etwa 40 Menschen würden vermisst, teilte das UN-Hilfswerk für Flüchtlinge (UNHCR) am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit. Etwa 60 Menschen seien gerettet worden. Die libysche Küstenwache und örtliche Fischer hätten sich seit dem frühen Morgen an der Rettungsaktion beteiligt. Unter den Toten sind laut der Internationalen Organisation für Migration auch Kinder. Das deutsche Rettungsschiff „Eleonore“ mit rund 100 Flüchtlingen an Bord sucht unterdessen dringend einen sicheren Hafen im Mittelmeer. Der italienische Innenminister Matteo Salvini verbot dem Schiff der Organisation Mission Lifeline, in italienische Hoheitsgewässer einzufahren. Nach Angaben des Kapitäns Claus-Peter Reisch untersagte zugleich Malta, dass ein Versorgungsschiff Wasser und Lebensmittel an die „Eleonore“ liefert. „Man möchte offenbar, dass unsere Gäste und wir verhungern und verdursten“, twitterte er. Laut der Crew verweigerte auch Malta die Einfahrt in seine Gewässer. Das Schiff war am Dienstagabend noch zehn Seemeilen von der 12-Meilen-Zone Maltas entfernt…“ Meldung vom 28. August 2019 beim Migazin
- Siehe auch unser Dossier: [Petition von “Pro Activa Open Arms”] Europa der offenen Arme. Einfahrt in sichere Häfen gewähren
- Senat in Italien billigt Gesetz: Härtere Strafen für Seenotretter / Italiens „Sicherheitsdekret“ macht bis zu 140.000 Flüchtlinge obdachlos
„… Künftig können Retter von Migranten im Mittelmeer in Italien noch härter bestraft werden, wenn sie mit ihren Schiffen unerlaubt in die Hoheitsgewässer des Landes fahren. Ein entsprechendes Sicherheitsgesetz hat der italienische Senat gebilligt. Dieses sieht Strafen in Höhe bis zu einer Million Euro vor und ermöglicht den Behörden auch, Schiffe zu konfiszieren. Die Regierung hatte für die schnellere Verabschiedung des Gesetzes die Vertrauensfrage gestellt. Durch diesen Schritt wurden keine weiteren Änderungen an dem bereits von der Abgeordnetenkammer abgenickten Entwurf vorgenommen. (…) Die neuen Maßnahmen sind höchst umstritten. Nicht nur die Hilfsorganisationen, sondern auch die Vereinten Nationen kritisierten das Dekret…“ Meldung vom 5. August 2019 bei tagesschau.de , siehe dazu:- detailierter den Artikel von Thomas Pany vom 06. August 2019 bei telepolis – siehe dazu auch:
- Italiens „Sicherheitsdekret“ macht bis zu 140.000 Flüchtlinge obdachlos
„Das „Sicherheitsdekret“ der italienischen Regierung macht ungezählte Flüchtlinge obdachlos. Sie sammeln sich täglich hinter dem römischen Bahnhof Tiburtina. Ein Elendstreff, dessen Zustrom stetig wächst. Es fehlt an allem – doch es gibt auch Hilfe. (…) Auf Betreiben des italienischen Innenministers Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega verabschiedete das Parlament im vergangenen Herbst das so genannte Sicherheitsdekret. Es kürzte Mittel für Aufnahmeeinrichtungen, so dass dort keine Sprachkurse mehr angeboten werden. Überdies wurde der Kreis der Berechtigten drastisch eingeschränkt. Zudem wurde die Möglichkeit abgeschafft, abgelehnten Asylbewerbern humanitären Schutz zu gewähren…“ Artikel vom 7. August 2019 beim Migazin
- Aufnahme von fünf EU-Ländern: Italien lässt die über 100 Bootsflüchtlinge auf der italienischen „Gregoretti“ an Land / Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit 40 Menschen vor Lampedusa
„Die Bootsflüchtlinge auf der „Gregoretti“ können aufatmen: Sie dürfen in Italien an Land. Aber für die 40 Menschen auf dem deutschen Rettungsschiff „Alan Kurdi“ ist noch keine Lösung in Sicht. (…) Aber die nächsten Flüchtlinge warten bereits: Das private deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ rettete am Morgen 40 Menschen vor der libyschen Küste von einem Schlauchboot. Laut Salvini erklärten sich Deutschland, Portugal, Frankreich, Luxemburg, Irland und Einrichtungen der katholischen Kirche in Italien bereit, die Flüchtlinge der „Gregoretti“ aufzunehmen. (…) In der Nacht zum Sonntag gab dann der Innenminister grünes Licht zum Einlaufen in den Hafen von Augusta auf Sizilien, den verbliebenen Flüchtlingen verbot er jedoch, das Schiff zu verlassen. Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Catania am Dienstag ergaben, dass es an Bord der „Gregoretti“ unter den Geretteten 29 Krankheitsfälle gab, darunter Tuberkulose und Krätze. Zwei weitere Flüchtlinge durften daraufhin an Land. Zuletzt waren laut Salvini noch 116 Flüchtlinge an Bord, die Küstenwacht sprach von 115. (…) Der „Alan Kurdi“ will Salvini indes die Einfahrt in italienische Gewässer wie zuvor auch anderen privaten Rettungsschiffen verbieten. Deren Besatzung hatte am Morgen 29 Seemeilen vor der libyschen Küste 40 Bootsflüchtlinge aus Nigeria, Mali, dem Kongo und der Elfenbeinküste gerettet. Das unter deutscher Flagge fahrende Schiff kontaktierte unmittelbar nach der Rettung die Seenotleitstellen in Libyen, Valletta auf Malta und Rom, erhielt aber bis zum Nachmittag keine Antwort, wie eine Sprecherin des Regensburger Vereins Sea-Eye, der das Schiff unterhält, dem epd sagte. Sollte bis zum Abend eine Antwort ausbleiben, wollte der Kapitän eine Entscheidung treffen. Der geografisch nächstgelegene sichere Hafen wäre der Sprecherin zufolge Lampedusa…“ Meldung vom 1. August 2019 beim Migazin
- Flüchtlinge vor Italien: Salvini weist eigene Küstenwache ab
„Italiens Innenminister Salvini fährt seinen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik auch gegen die eigenen Behörden. Er verbot einem Schiff der Küstenwache mit Migranten an Bord, in Lampedusa anzulegen. Ein Schiff der italienischen Küstenwache mit rund 140 Migranten an Bord wartet auf Erlaubnis zur Einfahrt in einen italienischen Hafen. Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega kündigte an, die Erlaubnis erst zu erteilen, „wenn eine Verteilung aller 140 Migranten in ganz Europa schriftlich feststeht“, wie italienische Medien berichten. Salvini rief die EU-Staaten zur Aufnahme der geretteten Migranten auf, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Aus Kreisen des Innenministeriums hieß es, dass die Regierung in Rom die EU-Kommission offiziell darum gebeten habe, die Verteilung der Migranten an Bord zu koordinieren…“ Meldung vom 26.07.2019 bei tagesschau.de – siehe zur ursprünglichen Meldung unser Dossier: [Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden
- „Sea-Watch 3“-Kapitänin Rackete verklagt Salvini
„Sea-Watch 3-Kapitänin Rackete hat Italiens Innenminister Salvini wegen Verleumdung und Anstiftung zum Verbrechen verklagt. Er nutze sein Amt, um über die sozialen Medien eine „Botschaft des Hasses“ zu verbreiten. Carola Rackete hatte es angekündigt, ihre Anwälte haben jetzt die Klageschrift fertiggestellt. Darin beschuldigt die Kapitänin des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“ Italiens Innenminister Matteo Salvini unter anderem der Verleumdung in besonders schweren Fällen…“ Beitrag von Jörg Seisselberg, ARD-Studio Rom, vom 11.07.2019 bei tagesschau.de
- Wie Lampedusa mit Migranten umgeht: „So macht man das unter Leuten vom Meer“
„Nach dem Trubel um die deutschen Rettungsschiffe kehrt auf Lampedusa der Alltag ein: Bürger helfen Flüchtlingen, die über das Mittelmeer kommen – unabhängig von der großen Politik in Rom. Unterstützung erhalten sie von ihrem Bürgermeister. (…) „Wir empfangen die Geflüchteten an der Mole, bringen ihnen Wasser, Essen, Decken, Spielzeug für die Kinder“, sagt La Rosa. Sie gehört zu einer Gruppe von Freiwilligen, die sich im Forum Lampedusa Solidale engagieren. „Es heißt, wir Weißen müssten uns vor den Migranten in Sicherheit bringen“, sagt sie – und weist diesen Gedanken gleich zurück: „Wir wollen die Menschlichkeit zurück in dieses System bringen.“ (…) Martello hat in diesen Tagen oft Schwierigkeiten, die Realität vor seinem Rathaus mit der großen Politik zusammenzubringen. „Als Rom beschloss, dass in Italien keine Flüchtlingsschiffe anlegen dürfen, geschah das in Lampedusa trotzdem“, sagt er, „gehört Lampedusa etwa nicht zu Italien?“, fragt er. Der Bürgermeister hat genau beobachtet, was passierte, als die „Sea-Watch 3“ tagelang vor seiner Insel lag und nicht einlaufen durfte. „Die Küstenwache war an Bord der ‚Sea-Watch 3‘, und sie hat den Hafen beobachtet“, sagt Martello. Zur gleichen Zeit hätten die kleinen Flüchtlingsbarkassen aus Libyen und Tunesien – der Bürgermeister spricht von „Geisterschiffen“ – wie immer problemlos im Hafen angelegt. Und die Sicherheitsbehörden wollen nichts bemerkt haben? Er finde das „seltsam“, sagt Martello. Seine Insel ist für Salvini offenbar nur interessant, wenn er seinen Konflikt mit Rettungsorganisationen in die Öffentlichkeit tragen kann…“ Aus Lampedusa berichtet Frank Hornig am 10.07.2019 beim Spiegel online
- Italien bereitet dreifache Blockade im zentralen Mittelmeer vor
„Angesichts erwarteter Bombardierungen von Tripolis und Umgebung durch die Haftar-Truppen und die Vereinigten Arabischen Emirate, angesichts der Bombardierung des Internierungslagers Tajoura am 02.07.2019 mit 60 bis 100 Toten und unzähligen Verletzten, angesichts der Annahme, dass mehr Internierte ausbrechen und fliehen könnten, angesichts der Zunahme von Flüchtlingsbooten, die aus Libyen und Tunesien eigenständig Italien erreichen, hat die italienische Regierung eine dreifache Blockade des zentralen Mittelmeers beschlossen. Die ersten Teile des Blockadeplans sollen sofort umgesetzt werden, da Flüchtlingsboote auf dem Weg sind. Die erste Linie der Seeblockade sieht vor, dass Kriegsschiffe der italienischen Marine und Patrouillenboote der Guardia di Finanza den Zugang der italienischen Häfen und Küsten blockieren. Ein Durchbrechen des Zufahrtsverbots, wie es die „Mare Jonio“, die „Sea Watch 3“ und die „Alex“ praktiziert haben, soll sich nicht wiederholen. Auch selbständige Flüchtlingsboote sollen vor Erreichen der Häfen und Küsten aufgebracht werden. Die zweite Linie der Seeblockade sollen Kriegsschiffe der italienischen Marine und Patrouillenboote der Guardia di Finanza vor der libyschen und tunesischen Küste aufbauen. Sie sollen ablegende Flüchtlingsboote aufspüren und die Koordination der Push-Backs durch die sogenannte libysche und auch durch die tunesische Küstenwache übernehmen. Die dritte Linie der Seeblockade hätte die sogenannte libysche und die tunesische Küstenwache zu bilden. Die Libyer sollen 10 italienische Patrouillenboote zusätzlich erhalten…“ Beitrag vom 8. Juli 2019 von und bei Forschungsgesellschaft Flucht & Migration e.V.
- „Und wenn die „Sea-Watch 3″ Rostock angesteuert hätte?“ – Unser Kommentar dazu
„Stellen wir uns mal Folgendes vor: Rostock-Warnemünde in diesen Tagen. Eine leichte Brise zieht über das Meer. Die Menschen liegen am Strand oder schwimmen im Wasser, genießen ihren Urlaub. Am Horizont taucht ein Schiff auf, steuert mit hohem Tempo auf die Hafeneinfahrt zu. Zwei Schiffe der Bundespolizei fahren ihm entgegen, legen sich quer. Mit Mühe wird eine Kollision verhindert. Am Strand hört man die Ansage: „Verlassen Sie sofort die deutschen Hoheitsgewässer!“ Das Schiff hat auch einen Namen: „Sea-Watch 3“. An Bord 50 Flüchtlinge, gerettet aus dem Meer. Mitten in der Ostsee. Jetzt lässt die Kapitänin den Anker fallen. Was nun? (…) Wahrscheinlich passiert das Gleiche wie auf Lampedusa. Auf der Mole würden sich zwei Gruppen bilden. Die eine würde die sofortige Aufnahme der Flüchtlinge fordern, die andere dagegen lautstark protestieren. „Refugees welcome“ contra „Ausländer raus“. In Berlin würde der Innenausschuss zusammentreten. Die Journalisten versammeln sich davor. Die immer gleichen Fragen: Darf das Schiff in Warnemünde anlegen? Dürfen die Flüchtlinge an Bord deutschen Boden betreten? Die AfD sagt nein. Grüne und Linke sind dafür. Die FDP will es auch zulassen, aber nach rechtsstaatlichen Verfahren. Und die Parteien der Großen Koalition? Ein klares sowohl als auch. Man müsse den Fall ganz genau prüfen. Alle Blicke richten sich auf Horst Seehofer. Würde er das Schiff einfahren lassen und damit ein Zeichen setzen gegen das von ihm kritisierte Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik? Oder würde er der „Sea-Watch 3″ dies verwehren, wie Italiens Innenminister?…“ Kolumne von Tim Herden vom 6. Juli 2019 bei MDR aktuell- Rechtlich ist bei einer Kritik an Italien zunächst zu beachten, dass die deutsche Regierung führend war beim Abbau der Lebensrettung im Mittelmeer und keinesfalls einen Gegenpart zu Salvini verkörpert. Ferner ergibt sich die fehlende Rechtmäßigkeit des Rechtsverständnisses Salvinis aus der EU-Mitgliedschaft Italiens. Damit hat Italien auch Art. 78 AEUV und auch Art. 18 EU-Grundrechte-Charta (beides zum Asylrecht) als bindendes Recht anerkannt (maßgeblich sind hier auch die Grundwerte nach Art. 2 EUV). Sofern Salvini unzufrieden mit der praktischen EU-Flüchtlingspolitik ist, steht ihm der Rechtsweg zum EuGH offen. Das Austragen innereuropäischer Auseinandersetzungen zu Lasten der Seenotrettung ist rechtswidrig. Wenn auch kein legaler Weg für Asylsuchende geschaffen wurde, ist deren gewaltsame Abwehr grundsätzlich rechtswidrig, weil das geltende Asylrecht eine Überprüfung der Berechtigung bindend voraussetzt. Das häufig geäußerte Argument, man wolle ja gerade mit einer radikalen Abwehr Flüchtlingen vor dem Ertrinken und Schlepper gerade schützen, beinhaltet einen eindeutigen Rechtsverstoß. Denn der Grund für die Flucht verschwindet nicht, wenn man Asylberechtigte die praktische Möglichkeit eines Asylantrags komplett verbaut. Auch bezüglich der zunächst ablehnenden EGMR-Entscheidung handelte Carola Rackete korrekt, weil der EGMR seine Ablehnung ausdrücklich vom Zustands der Flüchtlinge an Bord abhängig machte.
Politisch sollte man weder Rassismus nationalisieren noch entschuldigen. Salvini präsentiert nur einen Teil der italienischen Bevölkerung, wie die deutsche private Lebensrettung nur von einem Teil begrüßt wird. Ärgerlich und letztlich auch fragwürdig bleibt ohne Frage der plötzliche Meinungsumschwung mancher deutscher Politiker. Denn Deutschland hätte auch ohne Italien alle Flüchtlinge aufnehmen können, bevor die Sea-Watch 3 Konsequenzen ziehen musste. Nach Art. 1 Grundgesetz bestand für Seehofer dazu sogar eine verfassungsrechtliche Verpflichtung. Auch Deutschland darf danach innereuropäische Differenzen nicht auf den Rücken der Asylsuchenden austragen. Äußerst fraglich ist nun auch, ob Italien noch als sicherer Dublin-Staat behandelt werden kann und Rückführungen nach Italien noch rechtlich möglich sind.
- Rechtlich ist bei einer Kritik an Italien zunächst zu beachten, dass die deutsche Regierung führend war beim Abbau der Lebensrettung im Mittelmeer und keinesfalls einen Gegenpart zu Salvini verkörpert. Ferner ergibt sich die fehlende Rechtmäßigkeit des Rechtsverständnisses Salvinis aus der EU-Mitgliedschaft Italiens. Damit hat Italien auch Art. 78 AEUV und auch Art. 18 EU-Grundrechte-Charta (beides zum Asylrecht) als bindendes Recht anerkannt (maßgeblich sind hier auch die Grundwerte nach Art. 2 EUV). Sofern Salvini unzufrieden mit der praktischen EU-Flüchtlingspolitik ist, steht ihm der Rechtsweg zum EuGH offen. Das Austragen innereuropäischer Auseinandersetzungen zu Lasten der Seenotrettung ist rechtswidrig. Wenn auch kein legaler Weg für Asylsuchende geschaffen wurde, ist deren gewaltsame Abwehr grundsätzlich rechtswidrig, weil das geltende Asylrecht eine Überprüfung der Berechtigung bindend voraussetzt. Das häufig geäußerte Argument, man wolle ja gerade mit einer radikalen Abwehr Flüchtlingen vor dem Ertrinken und Schlepper gerade schützen, beinhaltet einen eindeutigen Rechtsverstoß. Denn der Grund für die Flucht verschwindet nicht, wenn man Asylberechtigte die praktische Möglichkeit eines Asylantrags komplett verbaut. Auch bezüglich der zunächst ablehnenden EGMR-Entscheidung handelte Carola Rackete korrekt, weil der EGMR seine Ablehnung ausdrücklich vom Zustands der Flüchtlinge an Bord abhängig machte.
- Rettungsschiff »Alan Kurdi« darf doch in Malta anlegen. Segelboot »Alex« legt in Lampedusa an – Seehofer fordert Ende der Hafenblockade
„Kurze Irrfahrt auf der Suche nach einem sicheren Hafen: Malta hat sich am Sonntagnachmittag bereiterklärt, alle 65 Migranten an Bord des deutschen Rettungsschiffes »Alan Kurdi« an Land zu lassen. Die Menschen würden umgehend auf andere europäische Länder verteilt, teilten die Behörden Maltas am Sonntag nach Gesprächen mit der EU-Kommission und Deutschland mit. Die Behörden in Malta hatten dem Rettungsschiff zuvor am Sonntagmittag zunächst noch das Anlegen verboten. Gleichzeitig meldete Sea-Eye zu dieser Zeit das drei Geflüchtete an Bord aufgrund der Hitze zusammengebrochen seien und medizinisch versorgt werden müssen. Die Alan Kurdi hatte zuvor angesichts massiver Drohungen der italienischen Regierung ihren Kurs in Richtung der Mittelmeerinsel geändert. Die »Alan Kurdi« fahre wegen des Anlegeverbots der italienischen Behörden in Lampedusa und Strafandrohungen gegen die Besatzung nach Malta, erklärte Sea-Eye. »Wenn die Staats- und Regierungschefs ihre Kritik am italienischen Innenminister ernst meinen, können sie uns auf Malta einlaufen lassen«, wurde Gorden Isler, Einsatzleiter der »Alan Kurdi«, von Sea-Eye zitiert. (…) Zuvor war das Segelboot »Alex« der Hilfsorganisation Mediterranea mit 41 Migranten an Bord trotz Verbots in den Hafen von Lampedusa eingefahren. Dort wartete am Samstagabend ein Großaufgebot von Polizisten auf das Schiff. Zuvor hatte die Organisation den Notstand auf dem Boot ausgerufen. Die hygienischen Bedingungen an Bord seien nicht länger tragbar, schrieb Mediterranea nach zwei Tagen Wartens vor der Küste im Kurzbotschaftendienst Twitter. Lampedusa sei der einzig mögliche sichere Hafen. Innenminister Salvini von der rechtsradikalen Lega schrieb nach dem Andocken des Schiffes bei Twitter, bei der Crew der »Alex« handele es sich um »Schakale«. Er verbot den Menschen, das Schiff zu verlassen. Daraufhin forderte Mediterranea den Vizeregierungschef per Twitter auf, »die unnötige Grausamkeit« zu beenden und alle von Bord zu lassen. Das Segelschiff wurde nach Angaben des italienischen Rundfunks beschlagnahmt. Gegen die Besatzung wurden Ermittlungen wegen Begünstigung illegaler Einwanderung aufgenommen. Die vor der libyschen Küste geretteten 46 an Bord verbliebenen Migranten wurden in den Hotspot von Lampedusa gebracht...“ Beitrag vom 07.07.2019 beim ND online- 65 Gerettete auf der „Alan Kurdi“ – Deutsches Rettungsschiff vor Lampedusa – Hafen dicht
„… Das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit 65 auf dem Mittelmeer geretteten Migranten hat nach Angaben der Organisation Sea-Eye trotz eines Verbots Kurs auf die italienische Insel Lampedusa genommen. Am Samstagvormittag teilte Sea-Eye mit, dass das Schiff inzwischen unmittelbar vor der Insel zum Stehen gekommen ist. „Wir warten in int. Gewässern vor Lampedusa“ hieß es bei Twitter. „Die Guardia di Finanza ist persönlich vorbei gekommen, um Salvinis Dekret zu überbringen: Der Hafen ist zu.“ Zugleich machte die Organisation klar, dass sie sich die Aufnahme der Geretteten in Deutschland wünscht. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) teilte am Samstag mit, dass Deutschland dazu zum Teil bereit sei. (…) Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini hatte zuvor gesagt, die „Alan Kurdi“ könne nicht nach Italien fahren – auch nicht im Fall einer späteren Verteilung der Migranten auf andere europäische Staaten. Er drängte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Brief, Verantwortung für das Schiff zu übernehmen. Nach Angaben von Sea-Eye gaben 39 der 65 Migranten an, noch minderjährig zu sein. Der Jüngste von ihnen sei erst zwölf Jahre alt. Insgesamt 48 der Geflüchteten stammten aus Somalia in Ostafrika, zwei seien Libyer. Einer der Somalier habe erzählt, dass er schon vor drei Jahren aus seiner Heimat aufgebrochen sei, drei Monate für die Durchquerung der Wüste benötigt habe und einen Freund verloren habe, der an der libyschen Grenze erschossen worden sei.(…) Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte die EU-Staaten hinsichtlich der Seenotrettung zum Handeln auf. „Wir brauchen einen Vorstoß mit den Mittelmeerländern und den aufnahmebereiten Mitgliedstaaten der EU“, sagte Müller am Rande eines Treffens der G7-Entwicklungs- und Bildungsminister in Paris, das am Donnerstag und Freitag in der französischen Hauptstadt stattfand. Man habe viel zu lange gewartet und dürfe Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich nicht alleinelassen. „Sea-Watch gestern ist Sea-Watch morgen“, sagte Müller. „Wir fangen dann beim nächsten Schiff wieder mit derselben Diskussion an.“ Ausführlicher Überblick vom 06. Juli 2019 bei Tagesspiegel online mit Updates
- 65 Gerettete auf der „Alan Kurdi“ – Deutsches Rettungsschiff vor Lampedusa – Hafen dicht
- Die italienischen Gewerkschaften mobilisieren zur Solidarität mit Sea Watch 3 und seiner Kapitänin – und zum Kampf gegen Salvinis Unsicherheitsdekret // Bundesweite Demonstrationen für die Rechte von Geflüchteten und #FreeCarola!
- 06.07.19: bundesweite Demos für die Rechte von Geflüchteten und #freecarola! Demonstrationen in 100 Städten mit über 30.000 Menschen, allein in Berlin 8000
„… DIE MENSCHLICHKEIT WIRD ANGEGRIFFEN, ES IST ZEIT ZU HANDELN. WIR RUFEN DEN NOTSTAND DER MENSCHLICHKEIT AUS! DIESER NOTSTAND WIRD SOLANGE ANDAUERN, BIS SICH EUROPÄISCHE STAATEN AUF EINEN SOLIDARISCHE UND HUMANEN VERTEILUNGSMECHANISMUS ALLER GERETTETEN VERSTÄNDIGT HABEN UND ALLE SEENOTRETTER*INNEN WIEDER FREI SIND. Wie Carola werden wir nicht mehr warten. Solange die EU und die europäischen Regierungen untätig sind, werden wir, die Zivilgesellschaft, es sein, die sich schützend vor die Menschenrechte stellt und Widerstand leistet! Wir sind eine europaweite Gesellschaft der offenen Herzen, solidarischen Kommunen und Sicheren Häfen. Wenn die EU nicht in der Lage ist, die Verantwortung zu übernehmen, werden wir es tun. Schließt Euch uns an, werdet aktiv, organisiert Demos und kommt am 06.07. auf die Straßen: Für die Rechte von Geflüchteten, Seenotrettung ist kein Verbrechen und #freecarola…“ Aus dem Aufruf von und bei Seebrücke und ebd. die Karte mit allen Demo-Planungen (wird laufend aktualisiert) - Trotz Freilassung bleibt Sea-Watch ausgebremst
„Die Sea-Watch-Kapitänin Rackete steht nicht mehr unter Hausarrest in Italien, die Vorwürfe gegen sie sind aber nicht vom Tisch. Während Europa über eine Antwort auf die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer streitet, sind die Seenotretter lahmgelegt. Hoffen und Bangen: Nach der Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete aus ihrem Hausarrest in Italien mischen sich Erleichterung und Forderungen nach einem Ende der Strafverfolgung. Rackete erklärte in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter, die Entscheidung sei ein Sieg über die Kriminalisierung von Helfern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, man begrüße die Freilassung sehr. Die 31-jährige Kapitänin muss sich aber weiter vor Gericht verantworten. Im Raum stehen Vorwürfe, dass Rackete illegale Einwanderung begünstigt haben soll und dass ihr Schiff beim Anlegen in Lampedusa ein Boot der Finanzpolizei touchierte. Der nächste Gerichtstermin ist für Dienstag anberaumt, die „Sea-Watch 3“ bleibt weiter beschlagnahmt. (…) Der italienische Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf die Entscheidung. „Für die italienische Justiz ist es offenbar kein Grund ins Gefängnis zu gehen, wenn man die Gesetze ignoriert und ein Boot der Finanzpolizei rammt“, erklärte er in einem Facebook-Video. Die „kriminelle Kommandantin“ werde ausgewiesen, da sie eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sei. Rackete wartet nach Sea-Watch-Angaben derweil in Italien auf ihren nächsten Gerichtstermin. (…) Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte die Freilassung Racketes einen „Punktsieg für Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit“. Zivile Seenotretter dürften nicht kriminalisiert werden. Der EKD-Migrationsexperte Manfred Rekowski bekräftigte, der Einsatz der Helfer sei „kein Verbrechen, sondern die Reaktion auf ein politisches Versagen im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen an den europäischen Außengrenzen“…“ Meldung vom 4. Juni 2019 bei MiGAZIN - Carola ist frei, die Sea-Watch 3 beschlagnahmt
„Carola ist frei! Erleichtert haben wir gestern Abend erfahren, dass Alessandra Vella, zuständige Ermittlungsrichterin in Agrigent, weitestgehend unsere Rechtsauffassung teilt. So verwarf sie den Vorwurf, Carola habe Gewalt gegen Kriegsschiffe angewendet und vertrat die Auffassung, dass Carola „in Erfüllung einer Pflicht“ – der Pflicht, Leben auf See zu retten – gehandelt habe. Ganz wichtig: Die Richterin betonte, dass Carolas Entschluss, Lampedusa als nächsten „Place of Safety“ (POS) anzulaufen, notwendig war. Libyen und Tunesien könnten nicht als sichere Häfen angesehen werden. Darüber hinaus vertrat Vella die Auffassung, dass das erst vor drei Wochen eilig erlassene Salvini-Dekret, das jene mit 50.000 € Strafe bedroht, die Flüchtlinge in Italien an Land gehen lassen, nicht auf Rettungseinsätze anwendbar sei, da es sich auf Schlepper beziehe. Zur juristischen Einordnung ist es wichtig zu verstehen, dass Frau Vella nur über die Inhaftierung zu befinden hatte. Carola wird sich dennoch, vermutlich ab Mitte Juli, vor Gericht verantworten müssen…“ Sea-Watch-Meldung vom 3.7.2019, siehe auch die Meldung vom 3.7.19 von und bei Pro Asyl : „Notstand der Menschlichkeit“ - Sea-Watch-Kapitänin: Rackete kommt wieder frei
„Die Kapitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Rackete, kommt wieder frei. Ein italienischer Ermittlungsrichter hob den Hausarrest gegen die 31-Jährige auf. Innenminister Salvini will sie ausweisen. Ein Gericht in Sizilien hat den gegen die deutsche Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete verhängten Hausarrest aufgehoben. Das berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Ansa. Es seien keine weiteren freiheitsentziehenden Maßnahmen angeordnet worden…“ Meldung vom 3.7.2019 bei tagesschau.de - [Pressekonferenz von Sea-Watch am 2. Juli 2019] „Wenn die Geretteten die Hoffnung verlieren, haben wir auf dem Schiff ein Pulverfass“
„Dokumentation der Pressekonferenz von Sea-Watch am 2. Juli 2019 in Berlin zur Festnahme der Kapitänin und der Beschlagnahme des Schiffes. Mit der Festnahme der Kapitänin Carola Rackete und der Beschlagnahme des Schiffes „Sea-Watch 3“ durch italienische Behörden hat die Auseinandersetzung um die Rettung von Flüchtlingen und Migranten aus Seenot im Mittelmeer eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Am 2. Juli 2019 führte die Nicht-Regierungsorganisation (NGO) Sea-Watch in Berlin dazu eine Pressekonferenz durch. Marie Naass, Ruben Neugebauer und Chris Chodotzki stellten zunächst die Lage vor und beantworteten dann Fragen. Deutlich wurde, wie dramatisch Seenotrettungen sind und vor allem, wie politisch der Konflikt ist…“ Eine Dokumentation von Thomas Moser vom 03. Juli 2019 bei Telepolis - UN ist gegen Bestrafung von Seenotrettern. Entscheidung der Ermittlungsrichter über Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete wird am Dienstag erwartet
„Anlässlich des Falls der in Italien unter Hausarrest gestellten Deutschen Kapitänin haben sich die Vereinten Nationen grundsätzlich gegen Strafen für Seenotretter ausgesprochen. Der Sprecher von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric, betonte am Montag in New York zwar, dass er den Einzelfall um Carola Rackete nicht kommentieren wolle, sagte aber: »Seenotrettung ist ein seit langem bestehender humanitärer Imperativ, der auch völkerrechtlich vorgeschrieben ist. Kein Schiff oder Schiffsführer sollte von Geldstrafen bedroht sein, wenn er Booten in Seenot zu Hilfe kommt, bei denen Menschen sonst ihr Leben verlieren würden.« (…) Im Fall der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete wird am Dienstag eine Entscheidung des Ermittlungsrichters erwartet. Nach einer etwa dreistündigen Vernehmung am Montag war offen geblieben, ob die 31-Jährige auf freien Fuß gesetzt oder Haftbefehl für sie erlassen wird. Rackete verbrachte eine weitere Nacht im Hausarrest. (…) Vorwürfe der italienischen Staatsanwaltschaft gegen Kapitänin Carola Rackete: Widerstand gegen ein Militärschiff und Vollstreckungsbeamte; »Sea Watch 3« soll ein Boot der Finanzpolizei touchiert haben; Beihilfe zur illegalen Migration; Menschenhandel. Staatsanwalt Luigi Patronaggio ist der Ansicht, dass es keine gravierenden Probleme auf dem Schiff gegeben habe. »Es gab keine Notlage«, sagte er am Montagabend. Eine ärztliche Versorgung hätte auch außerhalb eines Hafens auf der Sea-Watch stattfinden können. Erst vor wenigen Tagen hatte dies auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt. Die Richter lehnten einen Eilantrag Racketes, mit dem Schiff in Italien anlegen zu dürfen, ab. Ermittelt wird laut Patronaggio nun auch, ob der Rettungseinsatz unweit der libyschen Such- und Rettungszone notwendig war…“ Agenturmeldung vom 2.07.2019 beim ND online - Zwei Wochen vergebliches Bitten – Chronologie der „Sea-Watch 3“
„Kapitänin Carola Rackete und das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ stehen derzeit im Mittelpunkt der Diskussion um Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. MiGAZIN dokumentiert im jüngsten Fall die Ereignisse von der Aufnahme der Flüchtlinge an Bord bis zur Überstellung Racketes nach Sizilien…“ Chronologie vom 2. Juli 2019 beim Migazin - „Die FIOM ist bereit, sich an jeder Aktion zu beteiligen, die der Wiederherstellung der demokratischen Ordnung dient“ – so die Kernaussage der Pressemitteilung „Sea Watch. Re David (Fiom), arresto di Carola atto violento e incostituzionale“ am 29. Juni 2019 bei der größten Metallgewerkschaft Italiens FIOM (im Gewerkschaftsbund CGIL), in der die Festnahme der Kapitänin als ein Akt der Gewalt, der gegen die Verfassung verstößt, bewertet wird. Der Kampf, so wird in der PM ausgeführt, müsse sich gegen das sogenannte Sicherheitsdekret von Minister Salvini richten – und für die Öffnung der Häfen eintreten. Siehe dazu auch die Presseerklärung des Gewerkschaftsbundes CGIL und die Stellungnahme des alternativen SI Cobas Verbandes:
- „Sea Watch: Cgil, con Carola e con tutti coloro che voglio fare della solidarietà e dell’umanità la propria bandiera“ ebenfalls am 29. Juni 2019 bei der CGIL worin sich der Gewerkschaftsbund bei Kapitänin und Besatzung für ihren Einsatz bedankt und unterstreicht, dass sie nicht alleine stünden, sondern die Zahl der Menschen, die die menschenfeindliche Politik der Regierung kritisieren und ihr Widerstand leisten „sehr groß“ sei.
- „Nave Sea Watch: aprire i porti non è solo una “questione umanitaria” ma un atto elementare di solidarietà di classe“ am 29. Juni 2019 bei SI Cobas ist eine Stellungnahme der alternativen Gewerkschaftsföderation, in der unterstrichen wird, man stehe auf der Seite der Besatzung von Sea Watch, die alles richtig gemacht habe, und dass der Kampf um die Öffnung der Häfen verbunden werden müsse mit dem Kampf gegen das faschistoide Sicherheitspaket Salvinis und für gleiche Rechte für alle, die hier ankommen – dies sei nicht nur eine Frage des Humanismus, sondern auch und erst recht der Klassensolidarität.
- München: 30.7., 19 Uhr, Italienisches Generalkonsulat (Möhlstr. 3)
- Montag, 1. Juli 2019 / Düsseldorf ab 16 Uhr am Rathausplatz Düsseldorf: Freiheit für Carola Rackete!
- [1. Juli in Frankfurt] »Ertrinkenlassen ist kein Konsens« – Solidarität mit den SeenotretterInnen und Geretteten auf der »Sea Watch 3« – PRO ASYL und Hessischer Flüchtlingsrat rufen zur Mahnwache vor dem italienischen Generalkonsulat in Frankfurt auf
„Aus Seenot gerettete Menschen sind nach dem Seerecht in den nächsten sicheren Hafen zu bringen. Dass stattdessen das Rettungsschiff »Sea Watch 3« mit 40 aus Seenot Geretteten an Bord seit 16 Tagen vor der Insel Lampedusa an der Anlandung gehindert wird und der italienische Innenminister Salvini währenddessen die RetterInnen zu kriminalisieren versucht, ist unerträglich. PRO ASYL und der Hessische Flüchtlingsrat rufen dazu auf, das italienische diplomatische Personal vor Ort an die menschen- und seerechtlichen Verpflichtungen zu erinnern – zum Beispiel in Form von Mahnwachen vor diplomatischen Vertretungen Italiens in Deutschland. Alle DiplomatInnen sind in ihrer Funktion als RepräsentantInnen ihrer Länder an die internationalen rechtlichen Verpflichtungen gebunden, die ihre Staaten eingegangen sind. In einer Demokratie steht es ihnen gut an, sich gegen Rechtsbrüche der eigenen Regierung zu wenden. Angesichts der Eskalation im aktuellen Fall der »Sea Watch 3« vor Lampedusa beginnen wir vor unserer Haustür und rufen auf zu einer Mahnwache vor dem Italienischen Generalkonsulat, Kettenhofweg 1 in Frankfurt am Montag, 1. Juli 2019 um 11:30 Uhr…“ Pressemitteilung vom 28.06.2019 - Berlin: 1.7.: 07:30 Solidaritäts-Kundgebung/Dauermahnwache #freecarola, italienische Botschaft Hiroshimastr. 1
- Di. 2.7. Kiel: Demonstration „Freiheit für Carola Rackete – Seenotrettung ist kein Verbrechen!“ 19 Uhr HBF
- Freiheit für Frau Rackete. Petition bei Openpetition
- Wir erinnern an das Spendenkonto: Kontoinhaber: Sea-Watch Rechtshilfefonds e.V. IBAN: DE93 4306 0967 1239 3243 00 BIC: GENODEM1GLS
- 06.07.19: bundesweite Demos für die Rechte von Geflüchteten und #freecarola! Demonstrationen in 100 Städten mit über 30.000 Menschen, allein in Berlin 8000
- EGMR-Urteil über Rettungsschiff vor Lampedusa: „Sea-Watch 3“ darf nicht anlegen / Kapitänin will dennoch nach Lampedusa, ihr droht eine Haftstrafe / Spendenaufruf
„Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erneut eine Niederlage einstecken müssen. Der Gerichtshof kam dem Eilantrag des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, in Italien anlegen zu dürfen, am Dienstagabend nicht nach. Die italienischen Behörden müssten Migranten, die wegen ihres Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz brauchten, aber weiterhin Unterstützung zukommen lassen, so der Gerichtshof. Das Schiff hatte die Migranten vor rund zwei Wochen vor Libyen aufgenommen und wartet seitdem mit 42 Geflüchteten an Bord vergeblich vor der sizilianischen Insel Lampedusa auf eine Einfahrtserlaubnis. Da es an Bord keine Menschen mehr gebe, die auf dem Schiff gefährdet seien, werde derzeit kein Grund für die Anwendung der Maßnahmen gesehen, hieß es in der Begründung der Entscheidung. Familien, Schwangere und Kranke hätten das Boot bereits verlassen können…“ Meldung vom 25.6.2019 bei der taz online , siehe dazu:- Flüchtlinge vor Lampedusa: Zwei kranke Migranten verlassen „Sea-Watch 3“
„Seit zwei Wochen harren Dutzende Flüchtlinge vor der italienischen Insel aus. Am frühen Morgen dürfen zwei von ihnen aus medizinischen Gründen von Bord. Doch das Patt um das Schiff dauert an. Das Patt um das Schiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch vor Lampedusa dauert an. In der Nacht auf Freitag durften ein 19 Jahre alter Passagier und sein minderjähriger Bruder aus medizinischen Gründen an Land, wie die Besatzung mitteilte. Damit befinden sich noch 40 Migranten auf der „Sea-Watch 3“. Als Solidaritätsbekundung übernachteten fünf italienische Abgeordnete auf dem Schiff, unter ihnen der frühere Verkehrsminister Graziano Delrio vom sozialdemokratischen PD und der ehemalige Linken-Chef Nicola Fratoianni. Am Freitagmorgen kam in Lampedusa unterdessen ein anderes Flüchtlingsboot mit etwa 15 Personen an. Das Schiff habe ungehindert in den Hafen einfahren können, berichtete der italienische Sender Tgcom24. Die Finanzpolizei habe die Passagiere an der Mole in Empfang genommen…“ Meldung vom 28.06.2019 bei der FAZ online - Sea-Watch: Italiener spenden 220.000 € an deutsche NGO – Nicht alle ItalienerInnen sind Salvini-Fans! Auch wir danken, nicht zuletzt für die damit verbundene Hoffnung…
- Die Werte der EU
„Trotz des eskalierenden Streits um das Rettungsschiff Sea-Watch 3 verweigert die Bundesregierung einem deutschen Städtebündnis die Aufnahme von 42 Flüchtlingen. Mehrere deutsche Städte bitten seit über einer Woche, die Flüchtlinge auf der Sea-Watch 3 aufnehmen zu dürfen; bei diesen handelt es sich teilweise um schwer traumatisierte Folteropfer, die die italienischen Behörden nicht an Land lassen: Rom verweigert nicht nur ihre Aufnahme, es hat die italienischen Hoheitsgewässer kürzlich auch de facto für Rettungsschiffe gesperrt. Aktuell gehen italienische Staatsstellen gegen die Sea-Watch 3 vor, die wegen der gravierenden Notlage der Flüchtlinge an Bord das im internationalen Seerecht verankerte Recht wahrgenommen hat, sich friedlich einem italienischen Hafen zu nähern. Gegen die zunehmend völkerrechtswidrige EU-Flüchtlingsabwehr protestieren immer breitere gesellschaftliche Kräfte, darunter nicht nur internationale Menschenrechtsorganisationen, sondern auch die großen christlichen Kirchen und sogar überparteiliche Bündnisse deutscher Kommunen…“ Bericht vom 28.06.2019 von und bei german-foreign-policy - Deutsche Kapitänin fordert Salvini heraus
„Italien will verhindern, dass die „Sea Watch 3“ mit geretteten Flüchtlingen anlegt. Doch die Kapitänin will dennoch nach Lampedusa, ihr droht eine Haftstrafe. Die „Sea Watch 3“ der gleichnamigen deutschen Hilfsorganisation dümpelt bereits seit zwei Wochen knapp außerhalb der italienischen Hoheitsgewässer vor Lampedusa, dem südlichsten Punkt Europas. Die Insel befindet sich auf Sichtweite des Schiffs, keine zwei Stunden Fahrt entfernt. Auf dem Deck befinden sich auf engstem Raum 42 Flüchtlinge, unter der sengenden Sonne des südlichen Mittelmeers. „Die Migranten sind verzweifelt, einige drohen mit einem Hungerstreik, andere wollen ins Meer springen oder sich die Pulsadern aufschneiden“, betonte die Kommandantin des Schiffs, Carola Rackete, gestern gegenüber der italienischen Zeitung „La Repubblica“. (…) Nach dem wochenlangen Nervenkrieg will Carola Rackete dies nun in Kauf nehmen: Sie erklärte, dass sie die Flüchtlinge trotz des Verbots nach Lampedusa bringen werde. „Ich habe keine andere Wahl, denn die Migranten an Bord sind am Ende ihrer Kräfte“, sagte sie. Auch sie selber ist von der Warterei auf See gezeichnet und sagt, dass sie in der Nacht kaum noch schlafen könne. Rackete weiß, dass sie bei der Missachtung von Salvinis Weisung in Italien nicht nur eine hohe Buße und die Beschlagnahmung ihres Schiffs, sondern auch eine Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Immigration und wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung riskiert. Im Falle einer Verurteilung droht ihr eine langjährige Gefängnisstrafe…“ Artikel von Dominik Straub vom 25.6.2019 beim Tagesspiegel online - Hilf Caro Menschenrechte zu verteidigen und spende an den SeaWatch-Rechtshilfefond: DE93 4306 0967 1239 3243 00
- Flüchtlinge vor Lampedusa: Zwei kranke Migranten verlassen „Sea-Watch 3“
- Salvini sperrt Seenotretter und Migranten aus Anlegeverbot in Italien soll auch für „Sea Watch 3“ und die 53 Geretteten gelten / Petition: Sofortige Aufnahme von Sea-Watch geretteten Geflüchteten durch Rottenburg, Kiel, Berlin!
„Italiens Innenminister will verhindern, dass vor Lampedusa wartende Migranten an Land gehen. Für zehn von ihnen macht er offenbar eine Ausnahme. Erst am vergangenen Dienstag hat eine Gruppe von 97 Migranten, die zuvor im Mittelmeer gerettet worden waren, Malta erreicht. Die Mittelmeerinsel ist zum Brennpunkt der EU-Flüchtlingspolitik geworden, seit die italienische Regierung vor einem Jahr die Häfen für private Seenotretter sperren ließ. Am Freitag fand nun ein Gipfel von sieben südeuropäischen EU-Ländern auf Malta statt, und dabei wurde vor allem eines deutlich: Das harte Vorgehen des italienischen Innenministers Matteo Salvini in den Flüchtlingspolitik spaltet auch die informelle Gruppe der „Med 7“, der Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Malta, Zypern und Griechenland angehören. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der italienische Premierminister Giuseppe Conte und die übrigen Gipfelteilnehmer ihre Differenzen mit allgemeinen Erklärungen über den Schutz der EU-Außengrenzen zu überdecken suchten, hat die EU angesichts der aktuellen Lage eines Schiffs der deutschen Hilfsorganisation „Sea Watch“ ganz konkreten Handlungsbedarf. Die „Sea Watch 3“ liegt 15 Kilometer vor der italienischen Insel Lampedusa in internationalen Gewässern. Nach dem Willen von Salvini soll das Anlegeverbot für Seenotretter auch für das Schiff gelten, das am Mittwoch 53 Migranten vor der libyschen Küste geborgen hatte. Am Nachmittag teilte das italienische Innenministerium jedoch mit, dass zehn der geretteten Migranten in Italien an Land gehen könnten. Innenminister Matteo Salvini habe eine entsprechende Erlaubnis gegeben. Es handele sich unter anderem um drei Minderjährige, zwei Schwangere und zwei kranke Männer. Die „Sea Watch 3“ darf jedoch weiterhin keinen italienischen Hafen anlaufen…“ Artikel von Albrecht Meier vom 15.06.2019 beim Tagesspiegel online , siehe zuvor/dazu:- Sea-Watch fordert Anlandung der 43 geretteten Personen bis zum morgigen Weltflüchtlingstag
„Da ihnen bereits seit 7 Tagen ein sicherer Hafen verweigert wird, befinden sich die 43 von der Sea-Watch 3 geretteten Personen immer noch an Bord des Schiffes. Sea-Watch ruft daher europäische Entscheidungsträger*innen auf, eine Anlandung umgehend zu ermöglichen. Diese unhaltbare Situation darf sich am Weltflüchtlingstag nicht fortsetzen. Die Lösung wäre da, mehr als 60 Städte haben die Bereitschaft erklärt Menschen aufzunehmen…“ Sea-Watch-Pressemitteilung vom 19.6.2019 - Petition: Sofortige Aufnahme von Sea-Watch geretteten Geflüchteten durch Rottenburg, Kiel, Berlin!
„Vor zwei Tagen hat die Sea-Watch als letztes freies ziviles Seenotrettungsschiff 53 Geflüchtete aus akuter Seenot gerettet. Schon wieder darf das Schiff, mit Kindern und einer schwangeren Frau an Bord, keinen Sicheren Hafen anfahren. Das Innenministerium schweigt weiter und kommt seiner Pflicht, die Menschenrechte zu schützen, nicht nach. Im Gegenteil hierzu haben sich bis heute 60 Kommunen bereit erklärt, aus Seenot gerettete Geflüchtete zusätzlich aufzunehmen und in ihren Kommunen willkommen zu heißen. (…) Nur das Innenministerium muss dieser Aufnahme zustimmen. Wir fordern das Innenministerium dazu auf, geben Sie Ihr Ja und lassen Sie die Menschen sofort in Rottenburg, Kiel und Berlin ankommen!“ Petition bei change.org – siehe zum Hintergrund - Kein Zugang zum sicheren Hafen. Regierender Bürgermeister von Rottenburg kritisiert Blockadehaltung der Bundesregierung bei der Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen.
„Die Städte Berlin und Rottenburg machen es vor: Auf dem Seebrücke-Kongress in Berlin haben am Donnerstag und Freitag rund 150 Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft neue Wege für die Umsetzung der kommunalen Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen diskutiert. Den Worten der rund 60 Städte, die sich mittlerweile zu sicheren Häfen erklärt haben, sollen nun Taten folgen, waren sich die Teilnehmer*innen einig. Der Oberbürgermeister des baden-württembergischen Rottenburg hat sich daher am Freitag bereiterklärt, die Geflüchteten, die am Mittwoch von der Sea-Watch 3 aus Seenot gerettet wurden, aufzunehmen. »Ich sehe es als humanitäre Pflicht, den 53 Menschen in Rottenburg einen Sicheren Hafen zu geben«, sagte Neher (CDU). (…) Die Sprecherin der Seebrücke-Bewegung, Maura Magni, bezeichnet die Bereitschaft zur Aufnahme der Menschen als »richtigen Schritt«: »Sichere Häfen sind kein Lippenbekenntnis. Viele weitere Städte sollten nach diesem Beispiel politische Taten folgen lassen«, so Magni. Kurz zuvor hatte sich auf dem Kongress das Bündnis »Städte Sicherer Häfen« gegründet. Zwölf Städte, darunter Rottenburg und Berlin, bekräftigten ihre Bereitschaft zur zusätzlichen Aufnahme von Geflüchteten aus dem Mittelmeer. (…) »Die Bundesregierung spitzt mit ihrer Migrationspolitik die humanitäre Krise auf dem Mittelmeer zu«, meint Seebrücke-Sprecherin Magni. Immer mehr Städte nähmen das jedoch nicht mehr hin. Magni hofft, dass durch das Städtebündnis der Druck auf die Bundesregierung steigt: »Jetzt darf sich auch das BMI nicht länger quer stellen«, fordert sie…“ Bericht von Marie Frank bei neues Deutschland vom 14. Juni 2019 und unser Dossier: Städte der Zuflucht: Mit geöffneten Armen – Immer mehr kommunale Regierungen begehren gegen die europäische Abschottungspolitik auf - Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 15.6.19: 10 gerettete Menschen der #SeaWatch3 wurden gerade aus medizinischen Gründen von den italienischen Behörden übernommen. 43 bleiben an Bord, darunter 3 unbegleitete Minderjährige, der Jüngste erst 12. 43 Menschen mit unveräußerlichen Rechten, dem Recht auf einen sicheren Hafen!
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 15.6.19: Auf der #SeaWatch3 warten wir bereits 3 Tage auf einen sicheren Hafen, während der nächste nur wenige Meilen entfernt ist. Nun kündigt das MRCC Rom eine Gesundheitskontrolle an Bord an. Wir können da aushelfen: Alle brauchen Schutz. Alle brauchen festen Boden unter den Füßen.
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 14.6.19: Die #SeaWatch3 wartet nach wie vor auf einen sicheren Hafen! Unterstützt unsere Freund*innen von @_Seebruecke_ in ihrer Petition, um eine Aufnahme der 53 Geretteten in #Deutschland zu erreichen
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 12.6.19: Die Crew der #SeaWatch 3 hat soeben 52 Menschen aus Seenot gerettet, etwa 47 Meilen vor Zawiya, #Libyen. Das Boot wurde heute Morgen vom @PVolontaires-Flugzeug Colibri entdeckt. Wir werden nicht aufhören, Menschenleben auf See zu verteidigen
- Sea-Watch fordert Anlandung der 43 geretteten Personen bis zum morgigen Weltflüchtlingstag
- Hohe Geldstrafen für Seenotrettung: Der Tod wird in Kauf genommen
„Von der einst linken Hochburg Italien ist nicht mehr viel übrig. Hier gibt die rechte Lega den Ton an und setzt – beflügelt vom Sieg bei der EU-Wahl – weitere Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik durch. Nun hat die Regierung in Rom beschlossen, dass Hilfsorganisationen, die Migranten im Mittelmeer retten, hohe Geldstrafen zahlen müssen, wenn sie italienische Hoheitsgewässer ohne Genehmigung erreichen. Die Folgen sind absehbar. Weil Italien die Seenotrettung behindert, werden immer mehr Menschen auf der Überfahrt von Nordafrika nach Europa ertrinken. Die Lega und ihre Koalitionspartner, die Fünf Sterne, nehmen dies in Kauf. Auch die Bundesregierung befürwortet insgeheim, dass Italien an den EU-Außengrenzen Türsteher spielt. Eine andere Flüchtlingspolitik kann es nur geben, wenn die italienische Linke ihre Krise überwindet…“ Artikel von Aert van Riel vom 12.06.2019 beim ND online – siehe auch:- Hilfsschiffe im Mittelmeer: Italien geht gegen Flüchtlingshelfer vor
„… Italiens rechtspopulistische Regierung verschärft ihre Gangart gegen Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten. Kapitänen, Eignern und Betreibern von Schiffen, die „ohne Genehmigung in italienische Hoheitsgewässer eindringen“, drohen künftig bis zu 50.000 Euro Geldstrafe, wie Innenminister Matteo Salvini nach einer Kabinettssitzung in Rom sagte. Die Rettungsschiffe werden in dem vom Kabinett verabschiedeten Erlass zwar nicht ausdrücklich erwähnt, sie wären von der Regelung aber betroffen. Schiffe, die wiederholt gegen den Erlass verstoßen, würden beschlagnahmt, sagte Salvini. Das Vorhaben muss noch vom Parlament verabschiedet werden, in dem die Koalition aus Salvinis fremdenfeindlicher Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung die Mehrheit stellt. (…) Der Erlass sieht auch härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten vor. Wer Baseballschläger, Stöcke oder Feuerwerkskörper gegen die Beamten einsetzt, muss demnach mit bis zu vier Jahren Haft rechnen. Demonstranten, die ihr Gesicht vermummen, um nicht identifiziert zu werden, können zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 6000 Euro verurteilt werden…“ Meldung vom 12. Juni 2019 bei tagesschau.de
- Hilfsschiffe im Mittelmeer: Italien geht gegen Flüchtlingshelfer vor
- Iuventa: »Uns drohen 20 Jahre Knast«
„Wer in Italien »Beihilfe zur illegalen Einwanderung« leistet, wird hart bestraft. Auch Seenotretter sollen kriminalisiert werden. Hendrik Simon ist einer davon. (…) Es ist natürlich ein mulmiges Gefühl zu wissen, dass im schlimmsten Fall 20 Jahre Knast drohen – für etwas, das eigentlich nicht bestraft werden sollte, etwas, das selbstverständlich sein sollte, nämlich Menschen aus Lebensgefahr zu retten. Deshalb macht es mich eher wütend, weil Schiffe nicht mehr rausfahren können und wir daran gehindert werden, Menschen zu retten…“ Interview von Johanna Treblin vom 01.06.2019 beim ND online (im Abo)
- Abgeschobene Flüchtlinge: Aus Deutschland in die Obdachlosigkeit
„… In kein anderes EU-Land hat Deutschland im vergangenen Jahr so viele Flüchtlinge zurückgeführt wie nach Italien. Doch dort landen viele von ihnen auf der Straße, ohne einen Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung oder medizinische Versorgung. Das ergaben Recherchen des ARD-Magazins möglich macht das ein italienisches Gesetz: Schon wenn ein Asylbewerber eine Sammelunterkunft für kurze Zeit und ohne Angabe von Gründen verlässt, kann ihm das Recht auf Unterbringung entzogen werden. (…) Mindestens 40.000 Flüchtlinge haben deshalb allein in den Jahren 2016 und 2017 ihren Anspruch auf eine Unterkunft verloren. Dies ergibt sich aus Auskünften etwa der Hälfte aller italienischen Präfekturen gegenüber der italienischen Zeitschrift „Altreconomia“. (…) Nach Monitor-Recherchen in verschiedenen italienischen Städten dauert diese Praxis bis heute an und betrifft auch zahlreiche „Dublin-Rückkehrer“ aus Deutschland. (…) Die Verweigerung einer Unterkunft verstoße eindeutig gegen europäisches Recht, wonach Flüchtlingen mindestens Unterkunft, Verpflegung und eine medizinische Grundversorgung gewährt werden müsse, sagt der Europarechtler Thomas Giegerich von der Universität des Saarlandes. Die Bundesregierung müsse die Rückführung von Flüchtlingen nach Italien daher sofort stoppen: „Wenn wir eine Gesetzeslage haben in Italien, die dazu führt, dass Hunderte oder Tausende Asylbewerber in die Obdachlosigkeit, ins Menschenwürde-widrige Existieren geschickt werden, dann darf Deutschland solche Personen nicht mehr nach Italien rückführen, bis die Lage in Italien sich ändert.“ (…) Im Bundesinnenministerium wird aktuell „keine Notwendigkeit gesehen, von der Entscheidungspraxis des BAMF abzuweichen“, heißt es auf Anfrage. Es gelte der „Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten der EU“…“ Bericht vom 23. Mai 2019 bei tagesschau.de zum Monitor-Beitrag vom 23. Mai 2019 in der ARD-Mediathek
- Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH: Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien
„… Gestützt auf Berichte von NGOs, Auskünfte von Kontaktpersonen in Italien, internationale Medien und eigene Beobachtungen (inkl. Dokumentation der Situation von überstellten Personen) geht die SFH von einer zunehmenden Verschlechterung der Situation von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus in Italien aus. Verletzliche Asylsuchende – inkl. Personen, die unter der Dublin-III-VO nach Italien überstellt werden – werden in «normalen» Aufnahmezentren untergebracht. Die Aufnahmezentrender ersten Stufe (für Asylsuchende) haben infolge der neuen Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen mit erheblichen Budgetkürzungen zu kämpfen. Diese Kürzungen führen zu einer enormen Verringerung des Personalbestands und der Betreuung der Asylsuchenden. Der Mangel an medizinischem und psychologischem (Fach-)Personal erlaubt weder die Identifizierung vulnerabler Personen noch deren angemessene Betreuung und Behandlung. Der Zugang zu adäquater medizinischer und psychologischer Versorgung gemäss den rechtlichen Vorgaben ist in Italien nicht sichergestellt. Insbesondere verletzliche Asylsuchende sollten deshalb aus Sicht der SFH nicht nach Italien überstellt werden, da die Aufnahmebedingungen nicht den rechtlich vorgegebenen Mindeststandards entsprechen. Das Salvini-Gesetz, das am 5. Oktober 2018 vorübergehend als Dekretin Kraft getreten und am 1. Dezember 2018 in der italienischen Gesetzgebung aufgenommen wurde, macht es den italienischen Behörden unmöglich, Garantien bezüglich den Aufnahmebedingungen für dieim Rahmen der Dublin-Verordnungzu überstellenden Asylsuchenden abzugeben. Ohne den ErhaltentsprechenderGarantien ist die Überstellung von Familien nach Italien nicht rechtmässig.“ Fazit der SFH-Analyse von Margarite Zoeteweij und Adriana Romer vom 8. Mai 2019
- Flüchtlinge auf Lampedusa an Land gegangen / Salvini empört und will Notverordnung mit Strafen / »Sea-Watch 3« beschlagnahmt
„Vier Tage nach der Rettung von 65 Bootsflüchtlingen durch die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch haben die italienischen Behörden deren Hilfsschiff beschlagnahmt und die Migranten an Land gebracht. Die italienische Finanzpolizei setzte die »Sea-Watch 3« am Sonntag in italienischen Gewässern fest. Die verbliebenen 47 Migranten an Bord wurden am Abend in Motorbooten auf die Insel Lampedusa gebracht. Der rechtsradikale Innenminister Matteo Salvini reagierte empört. Die Hilfsorganisation erklärte: »Die Häfen sind offen! Die italienischen Behörden haben die Anlandung unserer verbliebenen Gäste erlaubt«, schrieb Sea-Watch am Sonntagabend auf Twitter. »Wir sind froh, dass die Verfassung in Italien mehr Macht hat, als ein Minister, der laut UN das Recht bricht. Unser Dank gilt der italienischen Bevölkerung«. Zur Beschlagnahme ihres Schiffes machte Sea Watch keine Angaben. (…) Salvini präsentiert sich hier als Verteidiger Italiens gegen illegale Einwanderung. Er plant derzeit dazu eine Notverordnung, die dem Kabinett womöglich bereits am Montag zur Abstimmung vorgelegt wird. Diese sieht vor, dass der Innenminister die Befugnis erhält, Schiffen die Einfahrt in italienische Gewässer aus Gründen der öffentlichen Ordnung zu untersagen. Geplant ist überdies, dass Hilfsschiffe für jeden Migranten, den sie ohne Erlaubnis nach Italien bringen, 3500 bis 5500 Euro Strafe zahlen müssen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte rief Italien in einem Brief an das Außenministerium in Rom dazu auf, diese Notverordnung nicht zu beschließen…“ Beitrag vom 20.05.2019 beim ND online- Beschlagnahmt und der der Begünstigung illegaler Einwanderung beschuldigt – Sea-Watch-Crew: „Wir haben kein Gesetz gebrochen“
„… Nach einem Rettungseinsatz im Mittelmeer mit 65 Überlebenden muss sich erneut ein Kapitän vor den Behörden verantworten. Nach der Beschlagnahmung des Schiffs „Sea-Watch 3“ hat die Staatsanwaltschaft im italienischen Agrigent am Montag wegen des Verdachts der Begünstigung illegaler Einwanderung Ermittlungen gegen Kapitän Arturo Centore aufgenommen, wie örtliche Medien berichteten. Die Organisation „Sea-Watch“ mit Sitz in Berlin betonte unterdessen: „Wir haben kein Gesetz gebrochen.“ Vielmehr habe sich die Organisation erneut für das Seerecht und die Genfer Flüchtlingskonvention eingesetzt, erklärte der Missionsleiter des Schiffes, Philipp Hahn. (…) Die Bundesregierung wollte den konkreten Fall nicht kommentieren. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, man sei bereit, sich bei der Verteilung der Geretteten solidarisch zu beteiligen. Gemeinsam mit einem Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies er zudem auf die Bemühungen, auf europäischer Ebene zu einer Lösung für die unter Druck geratene Seenotrettung und Verteilung der Migranten zu kommen. Der Sprecher des Innenministeriums betonte zudem, eine pauschale Kriminalisierung privater Seenotretter lehne man ab. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz. Auf See habe jeder das Recht und die Pflicht, Menschen aus Not zu retten, sagte sie. Das Engagement der Retter verdiene Respekt. Gleichzeitig rufe die Bundesregierung aber dazu auf, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, geltendes Recht zu achten und Seenotrettung nicht als Instrument der Steuerung von Migration zu betrachten.“ Beitrag vom 21.5.2019 beim Migazin
- Beschlagnahmt und der der Begünstigung illegaler Einwanderung beschuldigt – Sea-Watch-Crew: „Wir haben kein Gesetz gebrochen“
- Sea-Watch rettet 65 Menschen aus Seenot vor libyscher Küste. Italiens Innenminister Salvini verkündet: »Unsere Häfen sind und bleiben geschlossen«
„Die Hilfsorganisation Sea-Watch hat nach eigenen Angaben 65 Menschen von einem Schlauchboot vor der Küste Libyens gerettet. Unter ihnen seien elf Frauen, eine Person mit Behinderung, zwei Babys, fünf Kinder und acht unbegleitete Jugendliche, teilte die Organisation am Mittwoch mit. Das in Seenot geratene Boot sei zuvor rund 30 Seemeilen vor der libyschen Küste von einem zivilen Aufklärungsflugzeug entdeckt worden. Viele der geretteten Menschen hätten unter Erschöpfung, Dehydrierung und Seekrankheit gelitten, erklärte Sea-Watch. Die Behörden in Malta, Italien und Libyen wurden demnach über die Rettung informiert. Auch die Niederlande, unter deren Flagge das Rettungsschiff »Sea-Watch 3« fährt, seien informiert worden. Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega reagierte umgehend. Er warnte das zivile Rettungsschiff davor, sich italienischem Hoheitsgewässer zu nähern. »Unsere Häfen sind und bleiben geschlossen«, bekräftigte er. Salvini verbietet seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr privaten Hilfsorganisationen, mit ihren Schiffen in Italien anzulegen. (…) Die EU hat die Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer vorerst eingestellt. Auch die meisten Hilfsorganisationen können ihre Rettungsmissionen wegen politisch gewollter Hürden nicht mehr aufrecht erhalten…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 16. Mai 2019 , beachte aktuelle Meldungen bei Sea-Watch
- Salvini lässt Flüchtlinge wieder nicht an Land: Rassistischer Innenminister erbost über Rettung von Flüchtlingen vor libyscher Küste / Auch privates Schiff darf nicht anlegen
„… Der italienischen Küstenwache droht nach der Rettung von 36 Migranten vor der libyschen Küste erneut Streit mit Innenminister Matteo Salvini. Noch vor der Mitteilung der Küstenwache, die Flüchtlinge vor dem drohenden Untergang ihres Boots gerettet zu haben, kündigte der Chef der rassistischen Lega an, dass er die Menschen auf keinen Fall ins Land lassen werde. Es gebe keinen Hafen, den das Patrouillenschiff »Cigala Fulgosi« anlaufen könne, sagte Salvini bei einem Wahlkampfauftritt für die EU-Parlamentswahl. »Ich bin Minister, um die Grenzen zu verteidigen, Schmuggler zu stoppen, Illegale auszuweisen und die Italiener zu schützen«, sagte Salvini. Die Küstenwache erklärte, sie sei unter anderem zum Schutz des italienischen Schiffs »Capri« abgestellt worden, das der libyschen Küstenwache im Hafen von Tripolis logistische Unterstützung gebe. Dabei habe sie rund 140 Kilometer vor der Küste Libyens das kenternde Flüchtlingsboot entdeckt und deren Insassen vor dem Ertrinken gerettet, darunter auch zwei Frauen und acht Kinder. Dies sei »in Übereinstimmung mit dem italienischen und internationalen Recht« geschehen…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 10. Mai 2019 , siehe dazu auch:- Flüchtlinge gerettet – Salvini verärgert
„Im Mittelmeer sind 66 Menschen von der italienischen Küstenwache und einer privaten Organisation vor dem Ertrinken gerettet worden. Für Italiens Innenminister ist das ein Ärgernis – er machte seinem Unmut sofort Luft. Die italienische Marine und ein Schiff einer privaten Rettungsorganisation haben auf dem Mittelmeer Dutzende Flüchtlinge aufgenommen. Die Marine rettete nach eigenen Angaben vor der libyschen Küste 36 Menschen vor dem Ertrinken, darunter zwei Frauen und acht Kinder. Das Schiff „Mare Jonio“ der italienischen Organisation Mediterranea nahm 30 weitere Menschen auf, darunter zwei schwangere Frauen und vier Minderjährige. Der rechte italienische Innenminister Matteo Salvini kündigte noch vor der Mitteilung der Küstenwache über die Rettung an, dass er die Flüchtlinge auf keinen Fall ins Land lassen werde. (…)Entgegen der anfänglichen Weigerung Salvinis ließ Italien die Flüchtlinge später aber schließlich doch an Land. Die 36 von dem Marineschiff aufgenommenen Menschen wurden nach Sizilien gebracht, nachdem sich Deutschland, Frankreich, Malta und Luxemburg dazu bereit erklärt hatten, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Die 30 von der Organisation Mediterranea Geretteten trafen auf der Insel Lampedusa ein…“ Meldung vom 10.05.2019 bei tagesschau.de
- Flüchtlinge gerettet – Salvini verärgert
- Festung Europa: Salvinis Spion
„Eigentlich war es Pietro Gallos Job, auf einem Seenotrettungsschiff für Sicherheit zu sorgen. Dann machte er eine merkwürdige Beobachtung und informierte den heutigen Innenminister. Nun drohen zehn SeenotretterInnen zwanzig Jahre Haft. (…) In den frühen Morgenstunden des 2. August, so wird Gallo später erfahren, wurde im Hafen von Lampedusa die «Iuventa», das Seenotrettungsschiff der deutschen NGO Jugend rettet, von den italienischen Behörden festgesetzt. Als Begründung wurde der Crew eine 551 Seiten lange Akte vorgelegt, die die ErmittlerInnen in Italien über Monate hinweg erstellt hatten. Der Verdacht: Beihilfe zur illegalen Migration nach Italien. Angeführt werden in der Akte drei Verdachtsmomente, der erste datiert vom 10. September 2016. Die vermeintlichen Belege: Zeugenaussagen, Berichte verdeckter ErmittlerInnen, abgehörte Telefongespräche. Ein Name, der immer wieder auftaucht: Pietro Gallo. Eineinhalb Jahre später, im Frühjahr 2019, in einem fensterlosen Büro im römischen Viertel San Giovanni. Pietro Gallo trägt einen blauen Pullover über einem blau karierten Hemd, hat die dünnen grauen Haare nach oben gegelt. Er hat sich zu diesem Treffen bereit erklärt, um seinen Fehler zu erläutern. Einen Fehler, in dessen Anschluss Gallo mit dem Tod bedroht wird und Matteo Salvini italienischer Innenminister ist, während kein einziges Rettungsboot mehr auf dem Mittelmeer kreuzt und zehn ehemaligen Mitgliedern der «Iuventa»-Crew in Italien bis zu zwanzig Jahre Haft drohen. (…) «Ich dachte, dass Salvini seine Möglichkeiten als EU-Parlamentarier nutzt, um auf europäischer Ebene eine humanitäre Lösung zu finden, damit weniger Menschen ertrinken», sagt Gallo. «Jetzt bin ich mir sicher: Er würde nicht davor zurückschrecken, Flüchtlinge an die Wand zu stellen.»… „ Beitrag von Bartholomäus von Laffert vom 9. Mai 2019 aus der WOZ Nr. 19/2019
- Italien beschlagnahmt Hilfsschiff „Mare Jonio“ / 49 Migranten an Bord gingen an Land in Lampedusa
„Nach der Rettung von 49 Migranten im Mittelmeer muss das Rettungsschiff vorerst im Hafen bleiben. Offenbar ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft wegen Begünstigung illegaler Migration. Italienische Behörden haben das Schiff „Mare Jonio“ beschlagnahmt. Das Rettungsschiff wurde in den Hafen von Lampedusa eskortiert, wo 49 zuvor gerettete Migranten an Land gehen sollten. Die Staatsanwaltschaft von Agrigent auf Sizilien ermittele gegen unbekannt wegen Begünstigung illegaler Migration, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Im Innenministerium wurden erste Befragungen der Besatzung noch an diesem Abend für möglich gehalten…“ Meldung vom 19.03.2019 beim Spiegel online- Lektion „Mare Jonio“: Gute Vorbereitung, klarer Kurs, Lob der Entschlossenheit
„Wie ist zu erklären, dass es dem NGO-Schiff „Mare Jonio“ gelang, nicht nur die Rettung durchzuführen, angesichts der auftauchenden sogenannten libyschen Küstenwache, der blockierenden Guardia di Finanza (GdF) und dem wütenden Innenminister Matteo Salvini („Verhaftet sie!“), sondern auch die Geretteten an Land zu bringen und einer sofortigen Verhaftung zu entgehen? Der Kapitän wurde nach Verhör bis heute Nacht um zwei Uhr in der Kaserne der GdF, in Begleitung des Schiffseigners und des Parlamentariers Erasmo Plazzotto, entlassen und ein Verfahren wurde nicht eingeleitet. Warum wurde das NGO-Schiff zunächst „nur“ für 48 Stunden beschlagnahmt? Eine Antwort für den Erfolg findet sich in der Klarheit und Entschlossenheit der Besatzung der „Mare Jonio“ und ihrer politischen Gruppen. (…) Sodann nahm die „Mare Jonio“ das Solidarbündnis zu den Bürgermeistern der von diesen deklarierten offenen Häfen und zu den Parlamentarier*innen beim Wort und ließ sich nicht auf die Polemik und Personalisierung des Innenministers Salvini ein. Durch diese Klarheit und Entschlossenheit entstand in Windeseile eine landesweite Konfrontation gegenüber Salvinis flüchtlingsfeindlichem Kurs. (…) Warten wir den heutigen Tag ab. Wird das Solidarbündnis halten? Wird die Kriminalisierung des Kapitäns der „Mare Jonio“ endgültig abgewendet? Wird es eine positive Wende in der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer geben?“ Beitrag vom 20. März 2019 von und bei FFM-ONLINE – Forschungsgesellschaft Flucht & Migration e.V., siehe dort auch „Mare Jonio“: Kapitän sieht dem Ermittlungsverfahren gelassen entgegen und weitere aktuelle Berichte - Salvini lässt Schiff mit geretteten Flüchtlingen nicht anlegen. Schiff mit 49 Flüchtlingen an Bord steuert auf Lampedusa zu / »Mare Jonio« derzeit das einzige private Hilfsschiff im zentralen Mittelmeer
„Nach der Rettung von 49 Flüchtlingen vor der libyschen Küste durch ein italienisches Hilfsschiff hat Italiens Innenminister Matteo Salvini der Forderung nach einem Anlegen in einem italienischen Hafen eine Absage erteilt. »Die Häfen wurden und bleiben geschlossen«, schrieb Salvini am Montagabend im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das italienische Hilfsschiff »Mare Jonio« hatte die Schutzsuchenden zuvor vor der libyschen Küste gerettet, während die libysche Küstenwache präsent war. Das Hilfsbündnis Mediterranea teilte mit, das Schlauchboot mit den Flüchtlingen an Bord sei rund 40 Seemeilen vor Libyen in Seenot geraten und gesunken. Unter den Geretteten seien zwölf Minderjährige. Die Menschen seien bereits zwei Tage im Mittelmeer unterwegs gewesen und »erschöpft und dehydriert«. Die Organisation bat Italien darum, einen Hafen zum Anlegen zu nennen. Die »Mare Jonio«, die unter italienischer Flagge fährt, steuert demnach auf die italienische Insel Lampedusa zu. Der dortige Hafen sei »der sicherste«. Die »Mare Jonio« ist derzeit das einzige zivile Hilfsschiff im zentralen Mittelmeer…“ Agenturmeldung vom 19.03.2019 beim ND online
- Lektion „Mare Jonio“: Gute Vorbereitung, klarer Kurs, Lob der Entschlossenheit
- Flüchtlingslager abgerissen. Italien: Zukünftige Unterbringung hunderter Bewohner unklar
„Die italienische Regierung hat am Mittwoch ein improvisiertes Flüchtlingslager im Süden des Landes abreißen lassen. Hunderte Menschen mussten ihre Behelfsunterkünfte in San Ferdinando verlassen, während Bulldozer unter den Augen von rund 600 Polizisten das Lager niederrissen, wie Innenminister Matteo Salvini mitteilte. »Wie versprochen… haben wir Worten Taten folgen lassen«, sagte der Vorsitzende der neofaschistischen Lega-Partei. In San Ferdinando waren im vergangenen Jahr vier Flüchtlinge bei Bränden ums Leben gekommen. Nach dem Tod des 29jährigen Senegalesen Moussa Ba hatte die Regierung in Rom angekündigt, das Lager abreißen zu lassen. Bas Leiche war nach einem Feuer in einem Wohnwagen gefunden worden. Das Flüchtlingslager, das am Rande der kalabrischen Stadt Rosarno liegt, hatte zwischenzeitlich mehr als 1.500 Bewohner. Die meisten von ihnen arbeiteten ohne Papiere und unterbezahlt in Olivenhainen und Orangenplantagen. Salvini hatte zwar angekündigt, die Menschen würden umgesiedelt, italienische Medien zitierten dagegen Lagerbewohner, die noch nicht wussten, wo sie künftig leben sollten. Viele von ihnen hatten Angst, von dort nicht mehr zur Arbeit kommen zu können. Die italienische Organisation Ärzte für Menschenrechte (Medu) kritisierte die Räumung des Lagers als rücksichtslos. Ohne einen genauen Plan für die Unterbringung der Menschen werde das Problem in San Ferdinando aber nicht gelöst. Es entstünden ansonsten immer neue »Ghettos«...“ Agenturmeldung in der jungen Welt vom 07.03.2019
- Kein Pardon für Menschenretter: Weil er Geflüchtete im Mittelmeer vor dem Ertrinken rettete, wird gegen den Bremer Hendrik Simon in Italien ermittelt. Ihm drohen 20 Jahre Haft.
„Als er anfing, Menschen zu retten, machte sich Hendrik Simon keine Gedanken darüber, ob das strafbar sein könnte. Zwischen September 2016 und Mai 2018 ist der Bremer auf drei verschiedenen Schiffen auf hohe See gefahren, um Flüchtende vor dem Ertrinken zu retten. Sechsmal war er im Einsatz, jeweils zwei bis drei Wochen steuerte er das Beiboot, verteilte Schwimmwesten und kümmerte sich um die Computertechnik an Bord. Allein die „Iuventa“ hat auf diese Weise in einem Jahr mehr als 14.000 Menschen das Leben gerettet. (…) Den Seenotrettern mangelt es aber nicht nur an geeigneten Schiffen; vor allem raten ihnen ihre Anwälte ab: Im Juli 2018 wurde Simon und neun weiteren Mitgliedern der Iuventa-Crew mitgeteilt, dass mittlerweile auch gegen sie persönlich ermittelt wird. „Beihilfe zur illegalen Einreise“ heißt der Vorwurf. Als Wiederholungstäter könnte Simon sofort in U-Haft kommen – also bleibt er lieber an Land. „Dass ermittelt wurde, weil wir Menschen geholfen haben, war ein Schock“, erinnert sich Simon. Ein weiterer Schock: Das mögliche Strafmaß. In einem besonders schwerwiegendem Fall wie seinem stehen auf die Beihilfe zur illegalen Einreise in Italien bis zu 20 Jahre Haft. (…) Mit der Höchststrafe muss die Crew wohl kaum rechnen. Tatsächlich wurden bisher alle Helfer, die wegen ähnlicher Vergehen auf See angeklagt wurden, nicht verurteilt. Schließlich geht es bei der Rettung aus Seenot meist um einen Notstand. „Selbst wenn man da Gesetze brechen sollte, wird man eigentlich frei gesprochen, weil es eben wichtiger ist, Menschenleben zu retten“, erklärt Simon. (…) Bei aller Zuversicht, dass ein Prozess gut ausgehen würde – „20 Jahre Haft“, das bleibt eine schwerwiegende Drohung. Würde er, mit diesem Wissen von heute, noch einmal auf See fahren? Lange überlegen muss der Informatiker nicht: „Also ehrlich gesagt: Dass Menschen retten strafbar sein soll, das ist absurd. Und wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der das so ist, dann nehme ich diese Strafe in Kauf.“ Beitrag von Lotta Drügemöller vom 4. März 2019 bei der taz online
- Schiff verwanzt, Telefone abgehört, Spitzel auf Schiff und Sea-Watch-Kapitänin Pia Klemp angeklagt: »Die Vorwürfe sind knüppelhart«
„Pia Klemp hat mehr als 1000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. In Italien wird nun gegen sie wegen Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung ermittelt. (…) Die Ermittlungen laufen wegen des Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung. In Kürze wird es eine Anhörung geben, bei der entschieden wird, ob Laptops und Handys, die im August 2018 von unserem Schiff beschlagnahmt worden sind, ausgelesen werden dürfen. (…) Wir haben durch die italienische Presse davon erfahren. Woher die ihre Informationen hatte, wissen wir nicht. Vermutlich haben italienische Beamten die Daten durchgestochen. Besonders gruselig daran ist, dass vollständige Namen, Geburtsdaten und Wohnadressen weitergereicht worden sind. (…) Im Zuge der Ermittlungen ist dann herausgekommen, dass Ihr Schiff über mehrere Monate verwanzt worden ist. Ja, das war ziemlich beklemmend, schließlich haben wir auf dem Schiff nicht nur gearbeitet, wir haben dort gelebt. Als wir dann erfahren haben, dass das Schiff mehrere Monate verwanzt war, dass Telefone abgehört worden sind, dass vier verschiedene Ermittlungsbehörden, darunter der italienische Geheimdienst, gegen uns gearbeitet haben, dass es Spitzel auf anderen Schiffen gab – das war schockierend, mit welchem Riesenapparat und welchem Aufwand da gegen die Seenotrettung vorgegangen worden ist...“ Interview von Fabian Hillebrand vom 02.02.2019 im ND online – – siehe zum Hintergrund das Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Schon wieder blockiert Italien ein Flüchtlingsrettungsschiff
„… Schon wieder europäisches Tauziehen um ein Rettungsboot auf dem Rücken der Flüchtlinge: Italien hat die niederländische Regierung aufgefordert, eine Lösung für das Schiff »Sea-Watch 3« einer deutschen Hilfsorganisation zu finden. Ein entsprechender Brief sei an Den Haag gegangen, erklärte Innenminister Matteo Salvini am Freitag. Das Boot fährt unter niederländischer Flagge und hatte vor einer Woche 47 Flüchtlinge vor Libyen aufgenommen. Die niederländische Regierung jedoch wies die Verantwortung zurück. »Es ist Aufgabe des Kapitäns der «Sea-Watch3», in der Nähe einen sicheren Hafen zu finden«, erklärte das für Asylfragen zuständige Justizministerium auf dpa-Anfrage in Den Haag. Migranten ohne Recht auf Asyl müssten an der europäischen Außengrenze gestoppt oder zurückgeschickt werden. Ohne eine derartige strukturelle Lösung würden die Niederlande keine Migranten mehr aufnehmen. Die Antwort ist absurd, vor allem, da die Seenotrettungsstelle zuständig ist, der »Sea-Watch3« einen Hafen zuzuweisen. Diese liegt in der italienischen Hauptstadt Rom. (…) In einer Online-Petition fordert »Sea-Watch« die Zuweisung eines sicheren Hafens: »Wir fordern die europäische Kommission auf: Ziehen Sie ein für alle mal einen Schlussstrich unter das würdelose Geschachere mit Menschen«, heißt es in der Petition, die bereits 35.000 Menschen unterschrieben haben. (…) Für die Flüchtlinge an Bord und auch für die Crew ist das Ausharren auf See eine schreckliche Erfahrung. Eine der Kapitäninnen der »Sea-Watch«, Pia Klemp, schildert das gegenüber »nd«: »Es ist wie eine zweite Traumatisierung. Die Menschen sind gerettet, aber müssen über Tage im ungewissen auf dem Schiff ausharren. Manchmal zusammen mit Toten, die wir ebenfalls bergen und an Land bringen«…“ Beitrag von Fabian Hillebrand bei neues Deutschland vom 25. Januar 2019 – siehe zum Hintergrund das Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Italien: Wachsender Widerstand gegen Salvinis Migrationskurs
„Durch neue Sicherheitsgesetze der italienischen Regierung werden einige bisher legale Migranten in die Illegalität getrieben – so die Befürchtung der Bürgermeister vieler große Städte, darunter Palermo und Neapel. Sie wollen das Gesetz blockieren und sich weigern, ihre Häfen für Migranten zu schließen. (…) Dabei geht es Italiens populistischer Regierung gar nicht so sehr um die Zahlen. Es geht darum, Ängste zu schüren und Härte zu zeigen. Zum Beispiel mit dem neuen Sicherheitsgesetz, das das Parlament vor kurzem beschlossen hat. Bis zu 140.000, sogenannte irreguläre Migranten könnten bald ohne Papiere dastehen – dürfen keine Arbeit annehmen, haben kein Aufenthaltsrecht, schätzen Experten. Viele kleinere Flüchtlingsunterkünfte sollen geschlossen werden. Doch es regt sich Protest: Vertreter der katholischen Kirche laufen gegen die Gesetze Sturm. Und auch einige Bürgermeister drohen offen mit Ungehorsam, zum Beispiel Leoluca Orlando, seit Jahren schon Bürgermeister von Palermo: „Dieses Gesetz hat nur den Zweck Legale zu Illegalen zu machen – und sie in die Verzweiflung zu treiben, in die Hände organisierter Banden. Ich habe verfügt, dass das ausgesetzt wird und die Richter sollen entscheiden, ob dieser Beschluss des Parlaments rechtens ist. Und wenn die Richter das nicht klären können, muss eben das Verfassungsgericht entscheiden.“ Und Orlando ist nicht allein: Der Widerstand kommt aus Parma und Florenz, aus Bologna und Mailand. Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris hat seine Bürger aufgefordert, solidarisch zu sein. Er kritisiert, dass Grundrechte eine Frage der Hautfarbe geworden sind und will auch vor das Verfassungsgericht ziehen…“ Artikel von Jan-Christoph Kitzler vom 08.01.2019 beim Deutschlandfunk , siehe zum aktuellen Fall die neuesten Beiträge im Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben und dazu:- Ungehorsame Bürgermeister – Verwaltungschef von Kommunen weigern sich, migrantenfeindliches Sicherheitsgesetz anzuwenden. Breite Solidarität mit Widerstand
„Zahlreiche Bürgermeister in Italien weigern sich, das von Innenminister und Vizeregierungschef Matteo Salvini, eingebrachte rassistische und gegen die Verfassung verstoßende »Sicherheitsgesetz« anzuwenden. Zu ihnen gehören bekannte Linke wie Leoluca Orlando aus Palermo, Luigi de Magistris aus Neapel und Giuseppe Sala aus Mailand. Es gehe nicht nur um die Haltung zu Migranten oder die Öffnung der Häfen für Schiffe mit Flüchtlingen, sondern um »die Bürger- und Menschenrechte für alle«, erklärte Orlando im Internet. Salvini beziehe eine »umstürzerlerische Position«, die von einem »kulturellen Verfall« zeuge, heißt es in der per Facebook verbreiteten Erklärung des Bürgermeisters von Palermo weiter. »Heute beginnt es mit den Migranten, und morgen folgen die anderen.« Mit Bezug auf die faschistische Vergangenheit sagte Orlando, »solche Regimes haben in der Geschichte schon immer mit unmenschlichen ›Rassengesetzen‹ angefangen, die als Sicherheitsgesetze getarnt wurden«. Er kündigte an, gerichtlich dagegen vorzugehen. Auch Mitglieder der in Rom mitregierenden »Fünf-Sterne-Bewegung« (M 5 S) protestierten. Bereits bei der Abstimmung Ende Dezember hatten mehrere Abgeordnete und Senatoren der M 5 S gegen das Gesetz votiert. Auslöser war die beispiellose Brutalität, mit der das Gesetz vor den Weihnachtsfeiertagen gegen Flüchtlinge in Süditalien angewandt worden war. Dort wurden etwa 39.000 Asylsuchende aus »Aufnahmezentren« vertrieben und auf die Straße gesetzt. Die Gemeinden wurden angewiesen, für Schutzsuchende auch keine Kosten mehr zu übernehmen. Hinzu kam, dass Salvini den beiden Schiffen der Organisationen »Sea-Watch« und »Sea-Eye«, die seit zwei Wochen mit 49 Flüchtlingen an Bord im Mittelmeer kreuzen, das Anlaufen italienischer Häfen verbot. Die Kapitäne bezeichnete er als »Komplizen von Schmugglern, Menschen- und Drogenhändlern«…“ Beitrag von Gerhard Feldbauer bei der jungen Welt vom 8. Januar 2019 , siehe dazu: - Italien: Widerstand gegen Salvinis Migrationsgesetz weitet sich aus
„… Der Widerstand gegen das neue Sicherheits- und Migrationspaket der italienischen Regierung wächst. Die Präsidenten der Regionen Toskana, Kalabrien und Piemont haben den Gang zum Verfassungsgericht angekündigt. Sie fordern, dass die Verfassungsmäßigkeit des von Innenminister Matteo Salvini entworfenen Migrationspakets geprüft wird. Nach einem Bericht des Ö1-Morgenjournals hat die toskanische Regionalregierung am Montagabend die Anfechtung beim Verfassungsgericht beschlossen. Auch mehrere linksgerichtete Bürgermeister stemmen sich gegen den Plan. (…) Die Toskana könne nicht nur, sondern müsse gegen das neue Migrations- und Sicherheitsgesetz vorgehen, sagte der Präsident der Region Toskana, der Linkspolitiker Enrico Rossi. Innenminister Salvini betreibe damit Propaganda und löse keine Probleme, so Rossi. Seiner Meinung nach müssten die Migranten in Einwohnerverzeichnissen registriert werden, um ihnen die Hilfestellungen zu ermöglichen, die nach der Verfassung vorgesehen seien…“ Beitrag vom 8. Januar 2019 von der Redaktion ‚Die Presse‘
- Ungehorsame Bürgermeister – Verwaltungschef von Kommunen weigern sich, migrantenfeindliches Sicherheitsgesetz anzuwenden. Breite Solidarität mit Widerstand
- [Italien] Heuchelei der Regierung – Rassistischer Innenminister Salvini lässt Zehntausende Flüchtlinge aus Unterkünften vertreiben
„In Italien hat die Verfolgung von Flüchtlingen durch die Koalitionsregierung von rassistischer Lega und rechter »Fünf-Sterne-Bewegung« in der Weihnachtzeit einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Lega propagierte zu dem christlichen Fest, »die kulturellen Wurzeln und Werte des Abendlandes und insbesondere unseres Landes« hochzuhalten. Zudem pries die Partei die Krippe als »Symbol der Weihnachtsbotschaft, einer Botschaft von Liebe, Frieden und Toleranz gegenüber jedermann«. Davon ausgenommen sind Asylsuchende, wie unter anderem der linksliberalen Zeitung Il Fatto Quotidiano zu entnehmen war. Gegen Flüchtlinge ist noch vor den Feiertagen mit beispielloser Brutalität das im November beschlossene »Sicherheitsgesetz« des Lega-Chefs und Innenministers Matteo Salvini durchgesetzt worden. Etwa 39.000 Asylsuchende wurden aus »Aufnahmezentren« vertrieben und auf die Straße gesetzt. Darunter befinden sich Familien mit Kleinkindern, kranke, z. B. traumatisierte, Menschen. Mehrere Präfekten, darunter in Kalabrien, Basilikata und Sizilien, haben die Gemeinden angewiesen, Flüchtlinge unverzüglich aus den Unterkünften auszuweisen und für sie auch keine Kosten mehr zu übernehmen. Das bisher aus humanitären Gründen gewährte Aufenthaltsrecht wird damit entzogen…“ Artikel von Gerhard Feldbauer in der jungen Welt vom 27. Dezember 2018
- Kapitänin Pia Klemp [und weitere]: Schuldig der Solidarität – dafür drohen der Seenotretterin in Italien jetzt 20 Jahre Haft. Straftatbestand: „Beihilfe zur illegalen Einreise“. Unterstützt “ SOLIDARITY AT SEA“!
„Über 6.000 Seemeilen weit hat Pia Klemp Schiffe durchs Mittelmeer gesteuert, um Ausschau nach Schiffbrüchigen zu halten. Mit ihren Crews hat sie tausenden Menschen das Leben gerettet. Dafür drohen der Seenotretterin jetzt 20 Jahre Haft. Straftatbestand: „Beihilfe zur illegalen Einreise“. Die italienische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen zehn Freiwillige der Organisation Jugend Rettet eingeleitet, eine von ihnen ist Pia Klemp. Sie war es, die im August 2017 die IUVENTA in den Hafen von Lampedusa steuerte, bevor das Rettungsschiff von den italienischen Behörden festgesetzt wurde. In der Untersuchungsakte heißt es, abgehörte Telefonate und Fotos von verdeckten Ermittlern lieferten Beweise dafür, dass die Seenotretter*innen mit Schleusernetzwerken aus Libyen zusammenarbeiteten. Die Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung der IUVENTA sei lückenhaft, sagen Wissenschaftler. Ein Team der Goldsmiths University in London hat die Vorwürfe mit allen verfügbaren Daten abgeglichen und kam zum Schluss: Die Behauptungen sind falsch. Trotzdem muss sich Pia Klemp auf ein langes Verfahren einstellen. Mit den anderen Betroffenen hat sie deshalb das Kollektiv Solidarity at Sea gegründet: um Spenden für die Prozesskosten zu sammeln, um sich mit anderen Kriminalisierten zu vernetzen, um geschlossen aufzutreten, wenn die Anklage im Frühjahr kommt…“ Artikel von Theresa Leisgang vom 20. Dezember 2018 bei Mosaik , siehe auch:- Er steht bald in Italien vor Gericht: Potsdamer Seenotretter droht lange Gefängnisstrafe
„Ein Notfallsanitäter aus Potsdam soll sich in Italien wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung verantworten. Ihm droht eine lange Haftstrafe und eine empfindliche Geldstrafe. Sascha Girke ist übernächtigt, wütend und hat Angst. Dem 39 Jahre alten Potsdamer drohen bis zu 20 Jahre Haft wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Der gelernte Rettungsassistent war bis Mitte 2017 Einsatzleiter bei einer Seenotrettungsmission, die im Mittelmeer tausende Flüchtlinge rettete. Dafür müssen sich er und andere Helfer vermutlich im kommenden Jahr vor einem italienischen Gericht nun verantworten. Vor wenigen Wochen war Girke bereits bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dort wurde ihm die Anklage der italienischen Behörde ausgehändigt, wie er jetzt den PNN erzählte. Die Vorwürfe gehen auf sein Engagement bei diversen Hilfseinsätzen zur Bergung von Flüchtlingen zurück. Unter anderem war er 2016 und 2017 auf dem Rettungsschiff „Iuventa“ der Berliner Hilfsorganisation „Jugend Rettet“ im Einsatz, die nach seinen Worten mehr als 14.000 Menschen aus Seenot rettete – bis die italienische Polizei das Schiff, ein mittels Spenden umgebauter Fischkutter, im August 2017 auf Lampedusa durchsuchte und beschlagnahmte. (…) Genaueres ist noch unklar, eine umfassende Akteneinsicht habe man noch nicht nehmen können. Bekannt sei allerdings schon, dass das Schiff vor der Beschlagnahmung mindestens drei Monate lang verwanzt war, ferner Telefone der Helfer abgehört wurden. „Das macht einem alles Angst.“ Sollte die Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung in eine Verurteilung münden, drohen Girke bis zu 20 Jahre Haft und eine Geldbuße von 15.000 Euro pro nach Italien gebrachter Person. Der Potsdamer Seenotretter und etwa zehn Mitstreiter bereiten nun ihre Verteidigung vor, Tag und Nacht. Dabei gehe es nicht nur um die lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse, sondern dazu gehöre auch die Spendenakquise. Denn die Gerichtskosten in Italien seien hoch, schon allein Kopien der Akten seien teuer. „Unsere Anwälte rechnen mit einer sechstelligen Gesamtsumme“, sagt Girke. Um das alles zu stemmen, gibt es inzwischen eine Internetseite namens „Solidarity at Sea“, auf der zu Spenden für die „Iuventa“-Crew aufgerufen wird…“ Artikel von Henri Kramer vom 20.12.2018 bei PNN - siehe dazu im LabourNet u.a. auch: Jugend rettet. Der Film »Iuventa« ist ein ergreifendes Porträt der Seenotrettung unter extremen politischen Bedingungen
- Er steht bald in Italien vor Gericht: Potsdamer Seenotretter droht lange Gefängnisstrafe
- [Mare Jonio] NGOs schicken neues Schiff aufs Meer
„… Hilfsorganisationen haben gegen den Willen der italienischen Regierung ein neues Schiff aufs Mittelmeer geschickt. Das Beobachtungsschiff des Projekts „Mediterranea“ soll vor allem die „dramatische Lage“ der Migranten auf der Flucht aufdecken, hieß es in einer Mitteilung der Organisatoren am Donnerstag. Die „Mare Jonio“ sei von Italien aus gestartet und werde vor Libyen im Einsatz sein, sagte Ruben Neugebauer, Sprecher der deutschen NGO Sea Watch, die das Projekt unterstützt. Das Schiff „Mare Jonio“ soll unter anderem Zeugenberichte sammeln und aufzeigen „wie Frauen, Männer und Kinder enormen Gefahren ausgesetzt sind“, weil es keine Rettungsschiffe mehr gebe, hieß es in einer Mitteilung der Organisatoren. Das Schiff sei aber auch ausgerüstet, im Notfall Menschen aus Seenot zu retten, ergänzte Neugebauer. „Es geht letztlich darum, Menschen zu retten.“ Beteiligt an der Aktion sind mehrere italienische Organisationen, unterstützt wird es auch von Parlamentariern und der spanischen NGO Proactiva Open Arms. Die Crew komme aus Italien, sagte Neugebauer. Das Schiff soll am Samstag in der Such- und Rettungszone vor Libyen ankommen…“ Meldung vom 5. Oktober 2018 in der taz online
- Todesrate auf dem Mittelmeer so hoch wie nie – Die Blockade der Häfen durch die italienische Regierung lässt die Todeszahlen im Mittelmeer steigen
„Seit Matteo Salvini von der strammrechten Lega-Partei im Juni diesen Jahres als Innenminister im Amt ist, ist privaten Hilfsschiffen und auch denen aus der Berufsschifffahrt, die Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet hatten, die Einfahrt in italienische Häfen verboten. Die Konsequenzen dieser Politik sind tödlich: In den vier Monaten seit Salvini als Innenminister regiert, sind die Todeszahlen gestiegen – auf 8 Tote am Tag. Unter der Vorgängerregierung lag die Quote bei 3.2 Toten am Tag, wie eine Auswertung der Daten durch das Italienischen Institut für internationale Politik ergab. Diesen Trend bestätigen auch andere Zahlen. Laut der Internationalen Organisation für Migration sind im September 19 Prozent der Menschen, die über das Mittelmeer geflohen sind, bei dem Versuch ertrunken. Jeder Fünfte. Es ist die höchste Todesrate, seit es verlässliche Daten gibt…“ Beitrag von Fabian Hillebrand bei neues Deutschland vom 4. Oktober 2018
- Seehofer und Salvini spielen “Migrantentausch”
„Wer hat nun gewonnen – Merkel, Seehofer oder Salvini? Das ist die Frage, nachdem sich Deutschland und Italien auf ein Rücknahmeabkommen geeinigt haben. Es führt zum Migrantentausch – aber nicht zu einer “europäischen Lösung”. Erinnert sich noch jemand an den Flüchtlingsstreit zwischen der Kanzlerin und ihrem Innenminister? Er hätte fast die Regierung gesprengt. Merkel wollte eine “europäische Lösung”, Seehofer wollte Rückführungen an der Grenze zu Österreich. Merkel war damals die “Gute”, Seehofer der “Böse”. Beim EU-Gipfel im Juni kämpfte Merkel – so die deutschen Medien – wie eine Löwin für die “europäische Lösung”. In Wahrheit kämpfte sie um ihre Haut – für bilaterale Rücknahmeabkommen. Zwei solche Abkommen hat sie selbst ausgehandelt, mit Spanien und Griechenland. Nun folgt das dritte, für das Seehofer zuständig war. Und siehe da: es ähnelt wie ein Ei dem Merkel’schen Modell. Für jeden abgewiesenen Migranten aus Bayern kommt ein neuer aus Italien…“ Kommentar vom 13. September 2018 von und bei Eric Bonse – siehe dazu:- Der Rechtsstaat wird gezielt ausgehebelt. PRO ASYL kritisiert die Rücknahmeabkommen der Bundesregierung mit Italien, Spanien und Griechenland.
„»Hier versucht die Bundesregierung am Europa-Recht vorbei einen faktisch rechtsfreien Raum zu schaffen, in dem die Bundespolizei unter Aushebelung der Rechtswegegarantie des Grundgesetzes und des Europa-Rechts handelt. Mit dem nun verabredeten Deal verhindert die Bundesregierung systematisch, dass das Behördenhandeln durch Gerichte korrigiert werden kann. Der 1-zu-1-Handel mit Italien ist ein Kuhhandel auf dem Rücken von Schutzbedürftigen,« sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. »Für jeden nach Italien Zurückgeschobenen soll ein aus Seenot geretteter Mensch in Deutschland aufgenommen werden. Das Recht auf Leben und Rettung aus Seenot wird ausgespielt gegen das Recht auf Asyl!« Eine Zurückweisung geregelt durch ein geheim gehaltenes, bilaterales Abkommen ist nicht rechtens…“ PM vom 13.09.2018
- Der Rechtsstaat wird gezielt ausgehebelt. PRO ASYL kritisiert die Rücknahmeabkommen der Bundesregierung mit Italien, Spanien und Griechenland.
- Flüchtlinge auf der „Diciotti“: Italien will Migranten nach Libyen zurückbringen
„Ein Schiff der italienischen Küstenwache mit 177 Flüchtlingen an Bord darf derzeit in keinem europäischen Hafen anlegen. Seit drei Tagen treibt es vor der Insel Lampedusa. Nun droht Italien, die Migranten zurück nach Libyen zu eskortieren. (…) Das Schiff „Diciotti“ hatte am Donnerstag 190 Migranten von einem Boot in der Such- und Rettungszone Maltas aufgenommen. Die Italiener brachten 13 Menschen, die dringende medizinische Hilfe benötigten, auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa. Die anderen Migranten sollten nach Malta gebracht werden. Dafür wurde dem italienischen Schiff aber von Malta die Erlaubnis verweigert. „Entweder entscheidet sich Europa ernsthaft, Italien konkret zu helfen, angefangen zum Beispiel bei den 180 Einwanderern an Bord der ‚Diciotti‘, oder wir werden gezwungen sein, das zu tun, was das Geschäft der Menschenhändler für immer beendet“, sagte Innenminister Matteo Salvini. „Das heißt, die auf See aufgegriffenen Menschen zurück nach Libyen zu eskortieren.“…“ Meldung vom 19.08.2018 beim Speigel online – siehe dazu auch:- »Diciotti« in Italien: Salvini erhebt Vorwürfe gegen Geflüchtete
„Italiens rechter Innenminister twittert das Migranten nicht vor Hunger und Krieg fliehen. Von den 144 von dem Schiff »Diciotti« in Italien an Land gegangenen Flüchtlingen sind nach Angaben des rechten italienischen Innenministers Matteo Salvini 50 untergetaucht. Sie seien spurlos aus Aufnahmeeinrichtungen verschwunden, schrieb Salvini am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. (…) Die Geflüchteten hätten »so sehr Bedarf an Schutz, einem Dach über dem Kopf und einer Decke gehabt, dass sie entschieden zu gehen und zu verschwinden«, schrieb Salvini. »Das ist die x-te Bestätigung, dass diejenigen, die in Italien ankommen, keine Skelette sind, die vor Krieg und Hunger fliehen«, schrieb der Minister der rassistischen Lega-Partei. (…) Der Minister setzt damit seinen Anti-Flüchtlingskurs fort. Dabei wird aktuell eine Klage geprüft, die ihm fünf schwere Vergehen gegen Menschenrechte vorwirft. In der Anklageschrift wird ihm erpresserische Geiselnahme, schwerer Menschenraub, gesetzeswidrige Freiheitsberaubung und Unterlassung von Amtshandlungen vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 30 Jahre Haft…“ Beitrag von und bei neues Deutschland vom 6. September 2018 - Sizilien: Flüchtlinge der „Diciotti“ an Land gegangen / Ermittlungen gegen den italienischen Innenminister Salvini wegen Freiheitsberaubung
„Zehn Tage nach ihrer Rettung im Mittelmeer dürfen Flüchtlinge auf Sizilien an Land gehen. Gegen den italienischen Innenminister Salvini wird wegen Freiheitsberaubung ermittelt. Die rund 150 Bootsflüchtlinge, die an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache im Hafen von Catania auf Sizilien festsaßen, sind in der Nacht zum Sonntag an Land gegangen. Innenminister Matteo Salvini erteilte nach Berichten des italienischen Rundfunks die dafür nötige Genehmigung, nachdem die Staatsanwaltschaft Agrigent Ermittlungen eingeleitet hatte. Der Chef der rechtsnationalen Lega steht im Verdacht, sich durch das Festsetzen der zehn Tage zuvor im südlichen Mittelmeer geretteten Flüchtlinge der Freiheitsberaubung, der unrechtmäßigen Festnahme und des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht zu haben. Irland und Albanien erklärten sich nach Angaben des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte bereit, je 20 Flüchtlinge der „Diciotti“ aufzunehmen. Die übrigen würden von der katholischen Kirche versorgt. Ursprünglich waren 177 Migranten an Bord des Schiffes, einige von ihnen waren aus Gesundheitsgründen bereits in den Tagen zuvor an Land gelassen worden…“ Beitrag vom 27.8.2018 beim Migazin - Diciotti-Drama: Anklage wegen Freiheitsberaubung? Die Migranten an Bord des Schiffs der italienischen Küstenwache dürfen nicht an Land. Salvini besteht auf der „australischen Lösung“. Di Maio droht der EU
“ 27 Minderjährige durften gestern gegen 23 Uhr im Hafen der sizilianischen Stadt Catania von Bord der Diciotti gehen, um in ein Aufnahmezentrum zu kommen. Das Schiff der italienischen Küstenwache hatte am vergangenen Mittwoch 190 Personen, die aus Libyen geflüchtet waren, von zwei kleineren Patrouillenbooten der italienischen Küstenwache übernommen. (…) Der Streit ist bislang noch nicht beigelegt, nach längerem Hin- und Her wurde gestattet, dass das Schiff der italienischen Küstenwache in einem italienischen Hafen anlanden konnte. Allerdings durfte außer 13 Personen, die klinisch behandelt werden mussten, und den eingangs genannten Minderjährigen und Kindern niemand das Schiff verlassen. (…) Mehr als 140 Personen (die genauen Zahlenangaben sind unterschiedlich) sind noch an Bord. Da es Migranten aus Afrika sind, weigert sich der italienische Innenminister Matteo Salvini, sie in Italien an Land gehen zu lassen. Die EU soll die Neuankömmlinge unter ihren anderen Mitgliedstaaten verteilen, Italien hat in den letzten Jahren schon genug aufgenommen, lautet seine Haltung. (…) Dass die Minderjährigen gestern Nach von Bord gehen konnten, war eine Konsequenz des vorhergehenden Besuchs des Staatsanwalts von Agrigento, Luigi Patronaggio, an Bord der Diciotti. Dieser stellte ein paar Schwierigkeiten fest, wie die Zeitung Corriere della Sierra berichtet. Es gebe aus medizinischer Sicht mehrere Fälle von Krätze. Aus juristischer Sicht gebe es „auf jeden Fall“ die Auflage, dass unbegleitete Minderjährige nach den internationalen Konventionen und dem italienischem Recht von Bord gehen. Darüber hinaus stellte er die Legitimität des erzwungenen Aufenthalts auch der Erwachsenen an Bord der Diciotti infrage…“ Artikel von Thomas Pany vom 23. August 2018 bei telepolis - Nach tagelangem Streit: „Diciotti“ legt auf Sizilien an – Von Bord gehen dürfen die Flüchtlinge dort allerdings noch nicht
„Nach mehreren Tagen im Mittelmeer ist ein Schiff der italienischen Küstenwache mit 177 Migranten an Bord im sizilianischen Catania eingelaufen. Allerdings dürfen die Geretteten das Schiff zunächst nicht verlassen, wie die Nachrichtenagentur Ansa in der Nacht zu Dienstag berichtete. Verkehrsminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung hatte dem Schiff am Montag zwar die Erlaubnis für die Einfahrt in den Hafen gegeben. Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega will die Menschen allerdings nicht an Land gehen lassen, solange es keine „Antworten von Europa“ gebe, verlautete aus Kreisen des Ministeriums. (…) Im Lauf des Tages hatte sich auch die Europäische Union in die Diskussion um das Schiff eingeschaltet. Man versuche, Länder zu finden, die bereit seien, in dem Fall zu helfen, hatte die EU-Kommission mitgeteilt. Sprecherin Tove Ernst schränkte jedoch ein, dass die Kommission keine Befugnis habe, Such- und Rettungseinsätze zu handhaben oder zu sagen, wo die Zuwanderer an Land gehen sollten…“ Meldung vom 21.08.2018 bei tagesschau.de - Migranten aus Libyen: Nun ist die italienische Küstenwache das Problem
„Italiens Innenminister Salvini will weiterhin keine Boote mit Migranten in Italien anlanden lassen, auch nicht, wenn sie an Bord eines Schiffs der eigenen Küstenwache sind. Dieses Mal ist es kein deutsches NGO-Schiff mit einer niederländischen oder gibraltarischen Flagge, das für politische Probleme sorgt, sondern ein Schiff der italienischen Küstenwache. Die „Diciotti“ wartet mit 177 Migranten an Bord vor Lampedusa darauf, dass man ihr einen Anlandungshafen zuweist. Zwischen Italien und Malta gibt es Streit darüber, da sie sich gegenseitig die Verantwortung zuweisen…“ Artikel von Thomas Pany vom 20. August 2018 bei telepolis
- »Diciotti« in Italien: Salvini erhebt Vorwürfe gegen Geflüchtete
- Folgen der italienischen Blockade: Schiffe ignorieren offenbar Hilferufe von Ertrinkenden
„Das Rettungsschiff „Aquarius“ hat Menschen aus Seenot gerettet – darf sie in Italien aber nicht an Land bringen. Güterschiffe sehen sich deswegen offenbar veranlasst, Menschen nicht mehr zu retten. (…) Nun hat Italiens Politik offenbar Folgen für das Prinzip der Seenotrettung insgesamt. Laut Ärzte ohne Grenzen beginnen andere Schiffe im Mittelmeer, Hilferufe von Ertrinkenden zu ignorieren. Gerettete an Bord der „Aquarius“ hätten der Besatzung berichtet, dass sie vor der Rettung fünf Schiffe in der Nähe gesehen hatten – diese aber keine Hilfe leisteten…“ dpa-Meldung vom 13.08.2018 bei T-online
- Illegaler Push-Back: Gerettete nach Libyen verfrachtet. Italienischer Innenminister lobt Schiff für Rückführung
„Ein italienisches Schiff hat Medienberichten zufolge im Mittelmeer gerettete Migranten zurück nach Libyen gebracht. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk erklärte am Dienstag auf Twitter, die Informationen würden geprüft. »Libyen ist kein sicherer Hafen und diese Handlung könnte internationales Recht verletzt haben.« Bei dem Schiff soll es sich um den Schlepper »Asso 28« handeln, der bei einer Ölplattform im Mittelmeer arbeite. Ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bestätigte, dass die »Asso 28« nach Libyen gefahren sei. Einzelheiten seien noch unklar. Libyen hatte Ende Juni eine eigene Such- und Rettungszone eingerichtet, die sich auch auf internationale Gewässer erstreckt. Dort ist nun die Rettungsleitstelle des Bürgerkriegslandes für die Koordination von Einsätzen zuständig und weist Schiffen einem Hafen zu. Italiens Innenminister Matteo Salvini schrieb auf Facebook: »Die libysche Küstenwache hat in den vergangenen Stunden 611 Migranten gerettet und zurückgebracht. Die NGOs protestieren und die Schlepper verlieren ihr Geschäft? Gut so, wir werden so weitermachen!«…“ Agenturmeldung vom 31.07.2018 beim ND online
- Italien ermittelt gegen Flüchtlingsretter
„Betroffen sind deutsche Crewmitglieder der „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend rettet“ sowie Helfer der internationalen Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „Save the Children“. Die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani hat Ermittlungen gegen mehr als 20 Helfer wegen des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien aufgenommen. (…) Außerdem waren zehn der Beschuldigten Crewmitglieder des Rettungsschiffs „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend rettet“. Dieses war bereits vor knapp einem Jahr von den italienischen Behörden auf Grundlage zweifelhafter Belege beschlagnahmt worden…“ Artikel von Martin Knobbe und Andreas Wassermann vom 28.7.2018 beim Spiegel online
- EU-Rettungsmission im Mittelmeer vorerst gestoppt
„Die EU-Mission „Sophia“ zur Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer wird vorerst eingestellt. Nach SPIEGEL-Informationen beorderte der Kommandeur der Mission, der italienische Admiral Enrico Credendino, jetzt alle beteiligten Kriegsschiffe zurück in die Häfen. Mit der Order ist die Mission faktisch gestoppt, vorerst jedenfalls. Betroffen ist auch ein deutsches Versorgungsschiff. Nach SPIEGEL-Informationen befand sich der Tender „Mosel“ bereits vor dem Befehl von Credendino routinehalber in einem Mittelmeerhafen. Dort sollen das Schiff und die deutschen Soldaten nun erstmal bleiben, heißt es in Berlin. Hintergrund für den spontanen Stopp der Mission ist die Weigerung Italiens, von den EU-Militärschiffen gerettete Menschen weiter aufzunehmen. Italien hatte seine Blockadehaltung diese Woche in einem Brief an die EU angekündigt. Kurzfristig anberaumte Beratungen der EU-Partner brachten zunächst keine Lösung. (…) Regelmäßig werden die EU-Soldaten auf den Schiffen auch zu Seenotrettern. Fast 50.000 Flüchtlinge hat die Mission gerettet, fast die Hälfte davon wurde von deutschen Soldaten aus meist seeuntüchtigen Schiffen und Barkassen auf dem Mittelmeer gezogen. Anschließend wurden die Menschen nach Italien gebracht. Genau gegen diesen Automatismus geht Italien jetzt vor, die neue Regierung in Rom fährt einen radikalen Kurs gegen Flüchtlinge und will nicht länger akzeptieren, dass Italien die Hauptlast der ankommenden Menschen trägt. Folglich verbietet Rom privaten Rettern schon länger, gerettete Flüchtlinge nach Italien zu bringen…“ Artikel von Matthias Gebauer und Peter Müller vom 20.07.2018 beim Spiegel online
- Flüchtlinge: Italien verroht
„In Rom wird ein Baby angeschossen, in Rimini werden Strände kontrolliert: Rassismus und Gewalt bestimmen den Umgang mit Geflüchteten in Italien. Und niemand protestiert. (…) Migranten, Invasion, Islamismus: In Italien wird praktisch über nichts anderes mehr gesprochen. Fakten spielen in der Debatte meist keine Rolle. Dabei sprechen die eine ganz andere Sprache: Kamen im ersten Halbjahr 2017 noch rund 170.000 Flüchtlinge an Italiens Küsten an, so waren es in diesem Jahr im selben Zeitraum nur noch rund 51.000. Die Zahl der Toten auf dem Mittelmeer ist dagegen deutlich gestiegen. 629 waren es laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Juni 2018 – 90 mehr als ein Jahr zuvor. Wer es wagt, in italienischen Medien über diese rückläufige Entwicklung zu sprechen, wird als buonista (auf Deutsch: Gutmensch) abgestempelt. Ein Idiot, der die nachvollziehbaren Ängste der „normalen“ Italiener nicht wahrhaben will. Denn Letztere fürchten angeblich, dass die „unkontrollierte Einwanderung die italienische Kultur zerstört“. Die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zu retten, ist für viele Italiener auch keine moralische Pflicht mehr. (…) Es scheint, als sei mit den jüngsten Wahlen jeglicher Anstand verloren gegangen. Rassismus, Hass und Hetze dominieren den öffentlichen Diskurs. Frontmann der permanenten Entgleisungen ist Innenminister Matteo Salvini – und das nicht erst seit dem Wahlsieg seiner Lega im März. Salvini hat es denkbar einfach, denn die Opposition ist quasi nicht existent…“ Artikel von Roberto Brunelli vom 20. Juli 2018 bei der Zeit online
- Italienisch-französische Grenze: Tausende demonstrieren gegen Abschottung
„Die italienische Grenzstadt Ventimiglia war früher Ziel zahlreicher Flüchtlinge, die nach Frankreich wollten – bis Paris deren Einreise stoppte. Nun demonstrierten dort Tausende Menschen gegen eine Abschottung Europas. An Italiens Grenze zu Frankreich haben Tausende Menschen gegen eine Abschottung Europas gegen Flüchtlinge demonstriert. Durch die ligurische Stadt Ventimiglia zogen etwa 3000 Menschen, darunter zahlreiche Italiener, aber auch Franzosen, Deutsche, Niederländer und Spanier. Sie liefen bis zur französischen Grenze. „Für einen würdigen Empfang von Flüchtlingen in einem Europa ohne Grenzen“, stand auf dem Transparent einer Demonstrantin. Die Kundgebung wurde von einem Großaufgebot der Polizei begleitet. Zahlreiche Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern, hatten zu dem vier Kilometer langen Protestmarsch aufgerufen. In einer gemeinsamen Erklärung nannten sie als Ziel „eine Mobilisierung zum Anprangern der Brutalität der nationalen und internationalen Politik zum Umgang mit Migration“. Außerdem forderten sie „ein europäisches Aufenthaltsrecht und das Recht auf Mobilität“ für Migranten innerhalb Europas…“ Bericht vom 14.07.2018 bei tagesschau.de
- Migrationspolitik: Milliardenhilfen und schwarze Listen von Menschenhändlern. Italien verstärkt die Beziehungsarbeit zu Libyen. Ein alter Freundschaftsvertrag, geschlossen zwischen Berlusconi und Gaddafi, wird reaktiviert
„Geht es um Libyen und Migranten, so ist dieser Tage von größeren Summen die Rede. So war der Präsident des Europarlaments, Antonio Tajani, Anfang der Woche zu Besuch in Tripolis, wo er den international anerkannten Regierungschef Sarradsch (auch: Sarraj) traf. In seiner Abschlusserklärung stellte Tajani einmal die Summe von 40 Milliarden in Aussicht, um 500 Milliarden an Gesamtinvestitionen für einen „Marshallplan für Afrika“ zu mobilisieren. (…) Schlagzeilen machte das Treffen mit der Botschaft , dass Italien Investitionen in Aussicht stellt und dafür Migranten nach Libyen zurückschicken kann. Tatsächlich wurde ein Freundschaftsvertrag zwischen Libyen und Italien aus dem Jahr 2008 „reaktiviert“. Damals wurde er zwischen Gaddafi und Berlusconi geschlossen – und 2011 ausgesetzt, als die Nato und auch Italien Milizen unterstützte, die Gaddafis Herrschaft und dessen Leben beendeten. Über die ursprüngliche Hauptmotivation des Freundschaftsvertrags – inwieweit damit hauptsächlich die Kolonialvergangenheit Italiens und eine Wiedergutmachung angesprochen werden sollte -, wird zwar an mancher Stelle diskutiert, unbezweifelbar ist jedoch eine Vereinbarung über Migranten Teil der ursprünglichen Vereinbarung (auf Arabisch hier) war. Diese rückt in der gegenwärtigen Situation in den Mittelpunkt. Nach Medienangaben soll der Freundschaftsvertrag weiterhin enthalten, dass Italien 4,2 Milliarden Euro in Libyen investiert. Damals hatte Libyens starker Mann Gaddafi als Gegenleistung versprochen, Migranten davon abzuhalten, dass sie von Libyens Küsten aus nach Europa aufbrechen und Migranten aufzunehmen, die zurückgeschickt werden. Ob zusätzlich Neues ergänzt wurde, wird der Öffentlichkeit zumindest nicht verraten…“ Artikel von Thomas Pany vom 11. Juli 2018 bei telepolis
- Abschottung mit System: Ermittlungen gegen Crewmitglieder von Jugend Rettet e.V.
„Nachdem das Seenotrettungsschiff IUVENTA von Jugend Rettet e.V. seit vergangenem August unter dem Vorwand einer präventiven Beschlagnahme festgesetzt wurde, erweitert die italienische Staatsanwaltschaft nun ihre Ermittlungen gegen einzelne Crewmitglieder der Organisation. Die Kriminalisierung von Seenotrettung mit dem Ziel der vollständigen Abschottung Europas zeigt ein weiteres Mal ihr grausames und abschreckendes Gesicht…“ Pressemitteilung vom 10.07.2018 von und bei Jugend Rettet (Siehe die Vorgeschichte weiter unten und auch Jugend rettet. Der Film »Iuventa« ist ein ergreifendes Porträt der Seenotrettung unter extremen politischen Bedingungen)
- Rom will Häfen komplett für Rettungsschiffe sperren
„Innenminister Salvini will keine Rettungsschiffe mehr in italiensche Häfen lassen. Schon jetzt untersagt die Regierung in Rom, dass private Seenotrettungshelfer anlegen dürfen. Nun soll dies auch für internationale Grenzschutz- und Rettungseinsätze im Mittelmeer gelten. Den Plan will der Lega-Chef am Donnerstag den Innenministern der anderen EU-Länder beim Treffen in Innsbruck vorlegen. (…) Salvinis Äußerungen sind eine Anspielung auf das in der Nacht zum Sonntag im sizilianischen Hafen Messina vor Anker gegangene irische Marineschiff „Samuel Beckett“. Es hat 106 Flüchtlinge an Bord. Sollte der Innenminister seine Pläne in die Tat umsetzen, wäre auch der EU-Militäreinsatz „Sophia“ davon betroffen. Seit 2015 hatten EU-Schiffe im Kampf gegen Schleuserkriminalität mehrere Zehntausende Menschen im Mittelmeer aus Seenot gerettet. Die Operation war im Juli bis zu Jahresende verlängert worden. Betroffen wäre zudem die Mission „Triton“ der EU-Grenzschutzbehörde Frontex…“ Meldung vom 8. Juli 2018 bei MDR aktuell
- Salvini kündigt Abzug der Küstenwache aus internationalen Gewässern an
„Der italienische Innenminister Matteo Salvini (Lega) kündigt nach Beratung mit dem Infrastruktur-Minister Danilo Toninelli (5Stelle), und der Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta (5Stelle) den Rückzug der italienischen Seenotrettung aus den internationalen Gewässern des zentralen Mittelmeers an. Stattdessen sollten Frankreich, Spanien, Griechenland, Malta, Libyen, Tunesien, die EU mit Frontex-Themis und die Nato diese Arbeit übernehmen. Hinzuweisen ist auf folgenden Hintergrund: Es geht um die Todeszone in der Nähe der libysch-italienischen Off-Shore-Petro-Förderanlagen im zentralen Mittelmeer, wo in den vergangenen drei Jahrzehnten die meisten Boat-people ertrunken sind. Salvini richtet dieses Abzugs-Vorhaben gegen die „radikale linke Schickeria, die Italien in ein Flüchtlingslager verwandeln will“. Um so dringlicher wird es, die Aktivität der NGO-Seenotrettung im zentralen Mittelmeer mit Strategien der Aufnahme von Bootsflüchtlingen in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern zu verbinden…“ Meldung vom 18. Juni 2018 von und bei FFM-Online
- Rettungsschiff „Aquarius“ in Valencia angekommen. Ärzte ohne Grenzen verurteilt Italiens Regierung für die Schließung seiner Häfen
„Nach der politischen Pattsituation über das Schicksal der im Mittelmeer geretteten Menschen verurteilt die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Italiens Regierung für die Schließung seiner Häfen. 630 gerettete Menschen konnten aus diesem Grund nicht in Italien an Land gehen und mussten eine viertägige, beschwerliche Fahrt nach Spanien auf sich nehmen. Europäische Regierungen haben sich für politische Machtspiele entschieden anstatt Leben zu retten. „Valencia ist das Ende einer schrecklichen Tortur für 630 Menschen. Jetzt muss eine ernsthafte europäische Verpflichtung eingegangen werden, Leben zu retten und gerettete Menschen ordnungsgemäß an Land zu bringen. Die Teams an Bord der ‚Aquarius‘ werden weiterhin Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer durchführen“, sagt Karline Kleijer, Notfallkoordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen. „Die Männer, Frauen und Kinder an Bord der ‚Aquarius‘ sind vor Konflikten und Armut geflohen und haben schreckliche Misshandlungen in Libyen überlebt. Sie wurden wie Fracht von einem Boot zum anderen transportiert und ertrugen die schwierigen Bedingungen auf der unnötig langen Fahrt auf See“, sagt Kleijer. „Wir sind Spanien dankbar, dass sie eingegriffen haben, obwohl italienische und andere europäische Regierungen in ihrer humanitären Verantwortung schmählich versagt haben.“…“ Pressemitteilung vom 17.06.2018 , siehe auch die [Petition] Der Streit um Migration darf nicht auf Kosten von Menschen in Not geführt werden und 20.000 in Rom auf der Straße: Basisgewerkschaft mobilisiert erfolgreich gegen Rechtsregierung und ihre Menschenjagd
- Geflüchtete sitzen auf Schiff der US-Marine fest. Erneut kein sicherer Hafen für Migranten / US-Navy verhandelt über weiteres Vorgehen
„Nach der Abweisung der »Aquarius« in Italien sitzen erneut viele gerettete Migranten auf einem Schiff im Mittelmeer fest. Das US-Marineschiff »Trenton« habe mehr als 40 Überlebende und 12 Tote eines Unglücks an Bord und warte immer noch auf eine Anweisung, wohin diese gebracht werden könnten, erklärte die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch am Mittwochabend. Sea-Watch war am Dienstag zu dem Marineschiff gerufen worden und kreuzt in der Gegend. Bisher gebe es keine Zuweisung für einen sicheren Hafen für die Migranten. Eine Sprecherin der US-Navy erklärte, dass man derzeit mit den »internationalen Partnern« in Verhandlungen über das weitere Vorgehen stehe…“ Agenturmeldung vom 14.06.2018 beim ND online
- UN warnen vor Tragödie. „Aquarius“ wird in spanischer Hafenstadt Valencia anlegen
„Für die „Aquarius“ ist eine Lösung gefunden. Ihre Insassen werden im spanischen Valencia anlanden. Doch der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur europäischen Flüchtlingspolitik auf. Das Rettungsschiff „Aquarius“ wird in der spanischen Hafenstadt Valencia anlegen. Das kündigten die spanischen Behörden und die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“, die das Schiff zusammen mit SOS Mediterranée betreibt, an. Italienische Marineschiffe werden nach Anweisung der Seenot-Rettungsleitstelle in Rom 400 der 629 Flüchtlinge und Migranten von der „Aquarius“ übernehmen und sie nach Valencia bringen, wie „Ärzte ohne Grenzen“ erklärte. Die „Aquarius“ selbst werde mit den restlichen 229 Insassen folgen. Seit dem Wochenende harrte das Schiff in Mittelmeer aus, weil die neue italienische Regierung die Häfen für die Retter geschlossen hat. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnte vor weiteren Zurückweisungen von Rettungsschiffen im Mittelmeer. Eine große Tragödie für die verzweifelten Menschen an Bord wäre die Folge, erklärte IOM-Generaldirektor William Swing am Dienstag in Genf. Die Blockade habe keinen „abschreckenden“ Effekt auf andere Menschen, die über das Mittelmeer die Staaten Europa erreichen wollten. Die EU müsse sichere und legale Wege für die Migration schaffen. (…) Der Geschäftsführer der Deutschen Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“, Florian Westphal, wies darauf hin, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Libyen in den Sommermonaten weiter steigen werde. Mit der Sperrung der italienischen Seehäfen und dem wachsenden Druck auf die Seenotretter der Hilfsorganisationen werde bewusst in Kauf genommen, dass die Menschen im Mittelmeer ertrinken werden. „Die Frage ist, bedeutet das Internationale Seenotrecht, nachdem wir handeln, innerhalb der EU noch etwas, oder nicht?“ Der Sprecher der Rettungsorganisation Sea-Watch, Ruben Neugebauer, rief die EU zum Eingreifen auf. „Europa muss Verantwortung übernehmen, einen Verteilmechanismus einführen und Dublin aussetzen“, forderte Neugebauer im WDR-Radio…“ Beitrag vom 13. Juni 2018 beim Migazin
- Italien und EU: Machtkampf über Migranten im Mittelmeer
„Die sozialdemokratische, spanische Regierung hat sich dazu bereit erklärt, 629 Migranten auf dem NGO-Schiff Aquarius in Valencia aufzunehmen, wie auch der EU-Migrationskomissar Avramopoulos bestätigt. Damit ist die Versorgung der Migranten sichergestellt. Der Machtkampf über die Aufnahme von Migranten im Mittelmeer ist damit wohl nur kurz unterbrochen. Akut ist er zwischen Italien und Malta ausgebrochen. Laut dem neuen italienischen Innenministers hadert sein Land in der Sache grundlegend auch mit anderen EU-Ländern: Frankreich und Deutschland, woher NGOs kommen, die im Mittelmeer aktiv sind, sowie Spanien. Zugespitzt hatte sich der Streit über die Aufnahme von Migranten am Wochenende zwischen Italien und Malta. Das von der spanisch-deutschen NGO SOS Méditeranné gecharterte und von Ärzte ohne Grenzen mitbetreute Rettungsschiff Aquarius war von der Seenotrettungsleitstelle in Rom (MRCC) zu mehreren Notfällen im Mittelmeer gerufen worden und hatte infolge der Aktionen schließlich die 629 Migranten aus Libyen an Bord. Der Streit brach dann darüber aus, wer die in Seenot geratenen und dann geretteten Migranten aufnehmen sollte. Italien weigerte sich, Malta auch. So kam es, dass die Aquarius auf Anweisung der Seenotrettungsleitstelle in Rom – bis zur befreienden Erklärung aus Madrid – „stand-by“ im Mittelmeer auf weitere Anweisungen warten musste, indessen sich der Streit in den sozialen Netzwerken und den Medien hochschaukelte – unterbrochen von Alarmmeldungen, wonach man auf der Aquarius nicht die Mittel habe, um so viele Passagiere an Bord über eine längere Zeit zu versorgen. (…) Frankreich wird seine Mittelmeerhäfen nicht für Flüchtlinge von der libyschen Küste öffnen, Spaniens Hilfsaktion war eine Ausnahme, und auch Deutschlands Regierung wird sich im Augenblick keine Erklärung leisten, nach der man bereit wäre, Migranten von Italien zu übernehmen und sie direkt nach Deutschland zu bringen…“ Artikel von Thomas Pany vom 11. Juni 2018 bei telepolis
- Rettungsschiff Aquarius: „Nahrung und Wasser reichen für zwei Tage“
„Es ist eine dramatische Situation, die sich derzeit im Mittelmeer abspielt: Ein Rettungsschiff wartet auf grünes Licht, um mehr als 600 Flüchtlinge an Land zu bringen. Doch sowohl Italien und als auch Malta verweigern der Aquarius die Anlegeerlaubnis. Beide EU-Staaten sind überfordert angesichts dem nicht abreißenden Flüchtlingszustrom und fühlen sich von Brüssel und Resteuropa in ihrer Flüchtlingspolitik im Stich gelassen. Während sich eine diplomatische Krise zwischen Italien und Malta hochschaukelt, warten mehr als 600 Einwanderer an Bord der Aquarius auf Hilfe. Die Zeit drängt – Nahrung und Wasser auf dem Rettungsschiff reichen für zwei bis drei Tage. Euronews-Reporterin Anelise Borges ist an Bord der Aquarius – als einzige Fernseh-Journalistin…“ Bericht von Andrea Buring & Anelise Borges vom 11. Juni 2018 bei Euronews mit kurzen Video
- Keine Politik auf den Rücken von Geflüchteten: Die „Aquarius“ hat ein Nothafenrecht!
„Weder Italien noch Malta haben das Recht, die Einfahrt des Rettungsschiffs ‚Aquarius‘ zu verweigern. Zweifellos sind die geretteten Geflüchteten in einer Notsituation. In diesen Fällen greift ein völkergewohnheitsrechtliches Nothafenrecht. Ein von mir beauftragtes Bundestagsgutachten bestätigt das“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko anlässlich einer „Schließung“ italienischer und maltesischer Häfen für die „Aquarius“. Die 629 Geflüchteten stammen aus mehreren Rettungsmissionen auf hoher See, rund die Hälfte von ihnen wurde von der italienischen Marine an Bord genommen und an das Schiff „Aquarius“ von der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen übergeben. (…) Der neue italienische Innenminister Matteo Salvini nutzt die Notlage der Geflüchteten für die rassistische Stammtischpolitik seiner Lega Nord. Es ist auch die verfehlte Außenpolitik der Europäischen Union, die Menschen aus afrikanischen Ländern in die Boote treibt. Vielen Geflüchteten würde das Ertrinken erspart, wenn sich die EU-Mitgliedstaaten endlich zu einer eigenen Seenotrettungsmission oder sicheren Einreisemöglichkeiten entschließen würden. Ich begrüße deshalb die Initiativen der Bürgermeister von Neapel und Palermo, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Geflüchteten erklärt haben. Es handelt sich um eine zutiefst menschliche Initiative inmitten einer von Rassismus, Chauvinismus und Nationalismus geprägten Debatte.“ Pressemitteilung 11. Juni 2018 von und bei Andrej Hunko, MdB Linksfraktion , siehe dazu:- Der italienische Verhaltenskodex für private Seenotretter im Mittelmeer: Völker-, europa- und strafrechtliche Aspekte
Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag zur Seenotrettung im Mittelmeer
- Der italienische Verhaltenskodex für private Seenotretter im Mittelmeer: Völker-, europa- und strafrechtliche Aspekte
- Migrationsforscher über Roms Asylpolitik: „Die Italiener haben Verbündete“
„Mehrere EU-Länder dürften die neue Regierung bei ihrem Kurs gegen Einwanderung unterstützen, sagt Andrew Geddes. Was für Pläne wären denkbar? (…) Tatsächlich war Salvinis Vorgänger in Libyen schon sehr aktiv, die Zusammenarbeit ist sehr eng. Libyen hat deshalb in den letzten 12 Monaten Zehntausende Flüchtlinge vom Meer zurückgeholt, die Ankunftszahlen in Italien sind in der Folge um 80 Prozent gesunken. Die neue Regierung wird den Preis zahlen, um diesen Zustand aufrechtzuerhalten und die Hilfszahlungen für Libyen weiter aufstocken. (…) Solche exterritorialen Asylverfahrenszentren sind ein Konzept, dass die EU immer wieder aufbringt. Es ist inspiriert vom australischen Modell auf den Pazifikinseln. Spanien hat davon immer wieder gesprochen und Marokko als Standort ins Spiel gebracht. Und auch Tunesien wird in der Tat immer wieder genannt. Doch es ist extrem schwer vorstellbar, dass die dortige Regierung sich darauf einlassen würde. Für sie würde das bedeuten, auf sehr lange Zeit Verantwortung für alle Menschen übernehmen zu müssen, deren Asylanträge in diesen Zentren abgelehnt werden. Ich sehe nicht, dass es dazu eine Bereitschaft gäbe, auch nicht mit signifikanten finanziellen Anreizen. Hinzu kommt, dass Salvini Tunesien erst am Sonntag geradezu vor den Kopf gestoßen hat. Er sagte, das Land würde „Sträflinge“ nach Italien exportieren – und diese Äußerung kam genau zu der Zeit, als bei einem Schiffsunglück vor Tunesien viele Menschen, die nach Europa unterwegs waren, ertrunken sind. (…) In der Tat sind die Seenotrettungs-NGOs von der Regierung schon länger als Schlepper hingestellt worden. Die Rhetorik des neuen Innenministers Matteo Salvini ist besonders stark. Jetzt ist er in einer mächtigen Position, er wird das fortsetzen und behaupten, dass die NGOs Kriminelle seien und mit Schleppern zusammenarbeiten. Doch diese Strategie hat rechtliche Grenzen…“ Interview von Christian Jakob vom 6.6.2018 bei der taz online
- Migranten: Italiens Priorität lautet „Schickt sie nach Hause“
„Der neue Innenminister Matteo Salvini setzt auf massenhafte Rückführungen, große Einsparungen beim Empfang und auf eine Gegnerschaft zu den NGOs. Mit Matteo Salvini steht nun eine Reizfigur an der Spitze des italienischen Innenministeriums. Mit ihm verbunden sind einerseits Befürchtungen, dass nun eine stramm rechte fremdenfeindliche Migrationspolitik gemacht wird, die auf Angsteinjagen und Populismus gründet. Es sei leicht angesichts dieses Aufstiegs entmutigt zu sein, kommentiert in diesem Sinne Craig Spencer, ein Arzt von der Aquarius, dem Schiff der NGO Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation gehört nicht zu den Lieblingen der neuen Regierung. Anderseits sind aber auch Hoffnungen mit Salvinis Migrationspolitik verbunden, die sich ganz sicher nicht auf das Lager der Lega-Wähler beschränken. Es sind nicht nur Rechte, die mit der Einwanderung vieler Männer nicht zurechtkommen. (…) Italien wurde alleine gelassen, wenn es um die Migranten ging, die über das Mittelmeer gekommen waren, heißt der partei- und länderübergreifende Konsens. Weder von Politikern noch aus den Medien ist zu dieser Äußerung ein lauter und überzeugender Widerspruch zu hören. Auch nicht in Deutschland…“ Beitrag von Thomas Pany vom 4. Juni 2018 bei Telepolis
- [Sea-Eye] Flüchtlingsretter im Mittelmeer „Europa setzt uns unter Druck“
„… Was passiert gerade auf der „Seefuchs“? Mischkowsky: Von der internationalen Leitstelle für Seenotfälle in Rom (MRCC) haben wir den Auftrag erhalten, mit den Flüchtlingen an Bord selbst einen Hafen in Italien anzusteuern, Augusta auf Sizilien, das sind noch 200 Kilometer. Dafür braucht man rund 20 Stunden. Aktuell befinden sich die Menschen ungeschützt an Deck, zusammengepfercht wie die Ölsardinen, die sanitären Verhältnisse sind katastrophal. Es gibt eine Toilette, die Wasser und Nahrungsvorräte gehen gerade zu Ende. (…) Das Boot hat bereits Schlagseite und droht zu kentern, ein Wetterumschwung ist angekündigt. (…) Wir benötigen dringend Unterstützung durch die Übernahme der Flüchtlinge auf ein anderes, großes Schiff. Aber, anders als bisher üblich, sagt MRCC in Rom, sie könnten nicht helfen. Wir glauben dagegen, Italien will keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen. Die Helfer sollen nun selbst so unter Druck geraten, dass sie ihre Aktionen aufgeben. (…) Wir sehen in Europa einen klaren politischen Richtungswechsel. Man will unsere Arbeit unmöglich machen. Wir fahren auch wieder hinaus, notfalls, um einen einzigen Menschen vor dem Ertrinken zu retten“, erklärt der Sea-Eye-Vereinsvorsitzende Tilman Mischkowsky im Gespräch mit Susanne Koelbl bei Spiegel online vom 28. Mai 2018
- Migranten aus Libyen: Italien vor Gericht. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) macht Italien für schwerwiegende Verstöße der libyschen Küstenwache verantwortlich
„Nominell kommt nun Italiens Abriegelungspolitik vor das Menschenrechtsgericht, politisch gesehen steht die ganze EU vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Denn beklagt wird eine Praxis, die nicht nur von Italien, sondern auch von anderen Mitgliedsländern, zum Beispiel Deutschland, aktiv mitgetragen und/oder gefordert wird. Die Forderung nicht nur in Italien, sondern auch innerhalb der EU heißt: Es sollen so wenig Migranten wie irgend möglich aus Libyen über das Mittelmeer nach Italien kommen. Ein wichtiges Hindernis auf dem Weg ist die libysche Küstenwache, die von Italien und der EU unterstützt wird…“ Artikel von Thomas Pany vom 08. Mai 2018 bei telepolis
- Schiff von Jugend Rettet bleibt beschlagnahmt: Kriminalisierung ziviler Seenotrettung
„Die Teltower Flüchtlingshelfer von Jugend Rettet e.V. scheiterten am Dienstag, 24. April, in Rom mit der Klage auf die Rückgabe ihres Schiffs. Der Sprecher der Organisation Julian Pahlke erklärte, man werde weiterhin Menschenleben retten, solange Menschen im Mittelmeer sterben. Die Kriminalisierung ziviler Seenotrettung sei ein Skandal, so Michel Brandt von der Linken, der beobachtend zum Prozess nach Rom reiste. Er fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. Den italienischen Ermittlungsbehörden konstatiert Brandt eine „politische Willkür“ gegenüber der deutschen Hilfsorganisation. Gegen Jugend Rettet wird seit 2017 wegen Beihilfe zur illegalen Migration ermittelt. (…) Die zivilen Rettungsorganisationen sollen von der zentralen Mittelmeerroute verschwinden, erklärte Julian Pahlke von Jugend Rettet. Die Helfer befürchten als Konsequenz aus dem Vorgehen der Behörden eine steigende Zahl an Toten im Mittelmeer. Trotz der Entscheidung des Kassationsgerichts kündigen die Helfer an, sich trotz der Entscheidung über die „Iuventa“ weiter engagieren zu wollen. „Denn solange Menschen im Mittelmeer sterben, werden wir weitermachen“, so Pahlke weiter…“ Beitrag vom 25. April 2018 von und bei Beobachter News (Vorgeschichte siehe weiter unten)
- Wer rettet eigentlich noch Flüchtlinge im Mittelmeer?
„Immer wieder versuchen Menschen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Doch die Zahl der zivilen Retter im Meer ist deutlich gesunken. (…)“Italien zieht sich immer mehr aus der Koordination der Rettungen auf dem Mittelmeer zurück“, sagt SOS-Sprecherin Ciernioch. Ziel sei es, die Einsätze bis 2020 komplett den Libyern zu überlassen. Also einem Land, das im Bürgerkrieg versinkt und in dem die staatlichen Strukturen zerfallen sind. Ausgerüstet und trainiert von der EU soll die libysche Küstenwache Migranten von der Überfahrt abhalten. Amnesty International warf Teilen der libyschen Küstenwache vor, mit Menschenschmugglern zu kooperieren. Ein Menschenleben zählt kaum etwas in dem Land, wo Migranten in Lagern unterkommen, in denen nach Angaben des UN-Menschenrechtskommissars „Folter und schlechte Behandlung systematisch“ sind. Der humanitäre Ansatz, den die italienische Regierung von 2013 an bei der Seenotrettung von Migranten hatte, sei am Ende, erklärt Paolo Cuttitta vom Amsterdam Centre for Migration and Refugee Law. Hilfsorganisationen seien von Partnern zu Gegnern geworden, und die libyschen Behörden führten für Italien das Abdrängen von Flüchtlingen aus. Zeitweise waren nur noch zwei zivile Schiffe im Mittelmeer zur Rettung unterwegs: Die „Aquarius“ und die „Seefuchs“ der Regensburger Initiative Sea-Eye. Es waren einmal mehr als zehn. (…) Dass sich der Zustand der Flüchtenden konstant verschlimmert, bezeugen Hilfsorganisationen und italienische Behörden. Zuletzt brach ein Mann bei der Ankunft in Sizilien zusammen. Er war verhungert. Der Bürgermeister der Stadt Pozzallo, Roberto Ammatuna, fand damals nur folgende Worte: „Sie waren alle nur Haut und Knochen, als würden sie aus einem Konzentrationslager der Nazis kommen.“ Beitrag von Annette Reuther und Simon Kremer vom 23. April 2018 bei der Augsburger Allgemeinen online
- Italienische Behörden beschlagnahmen erneut Rettungsschiff
„… Nach der Rettung von Geflüchteten und einer Konfrontation mit der libyschen Küstenwache ist ein Schiff der spanischen Hilfsorganisation »Proactivia Open Arms« von den italienischen Behörden beschlagnahmt worden. »Die Beschlagnahmung des Schiffes ist präventiv, aber wir sind der kriminellen Vereinigung beschuldigt und sollen illegale Einwanderung fördern«, schrieb dazu der Gründer der in Barcelona ansässigen Organisation, Oscar Camps, in der Nacht zu Montag auf Twitter. Zunächst durfte das Schiff keinen Hafen anlaufen. Nach einer 30-stündigen Wartezeit stimmten die italienischen Behörden zu, das Schiff im sizilianischen Pozzallo anlegen zu lassen. Der Grund für das Ringen dürften die über 200 Geflüchteten an Bord gewesen sein. Camps zufolge hatte die Besatzung der »Proactivia Open Arms« die Geflüchteten in internationalen Gewässern, 73 Seemeilen vor der libyschen Küste gerettet. In dieser Entfernung zur Küste gelten libysche Gesetze nicht mehr und weder italienische noch libysche Küstenwache sind zuständig. Dennoch sei man von der libyschen Küstenwache bedroht worden und aufgefordert worden, die Geflüchteten zu übergeben. Als sich die Crew nach eigenen Angaben weigerte, die Menschen herauszugeben, seien sie mit Schüssen bedroht worden. (…) Die Organisation Mission Lifeline, die selbst ein Rettungsschiff betreibt, reagierte empört. »Nachdem die sogenannte Libysche Küstenwache in internationalen Gewässern die Besatzung des Rettungsschiffs mit Waffen bedrohte und die Herausgabe von Schiffbrüchigen verlangte, um diese zurück nach Libyen zu bringen, ist mit der Beschlagnahme eine neue Stufe des Rechtsbruchs erreicht«, erklärte Mitbegründer Axel Steier…“ Bericht von und bei neues Deutschland vom 19. März 2018
- Flüchtlinge in Italien: Ein Euro für jede Kiste Mandarinen
„Viele Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, stranden in Süditalien. Dort werden viele von ihnen als Tagelöhner bei der Ernte von Zitrusfrüchten ausgebeutet. Hilfe kommt von den Gewerkschaften. (…) Einen Euro pro Kiste Mandarinen verdienen Erntehelfer im süditalienischen Kalabrien. Mit 25 Euro pro Tag und ohne Sozialabgaben beträgt der Lohn die Hälfte des tariflichen Minimums. Weder verschärfte Gesetze gegen die illegale Anwerbung von Tagelöhnern noch Polizeikontrollen auf den Plantagen beendeten bislang die Ausbeutung. „Niemand kümmert sich um die Menschen hier, auch die Kirche schläft“, klagt Bartolomeo Mercuri, Vorsitzender des Vereins „Il Cenacolo“ aus dem benachbarten Maropati, der Mahlzeiten und Nahrungsmittel an die Bewohner des Zeltlagers verteilt. Die strengeren Gesetze zeigten keine Wirkung. „Die Lage hier wird immer schlimmer, es kommen immer mehr Menschen, aber es gibt weniger Arbeit“, sagt Mercuri. (…) Die illegale Anwerbung der Tagelöhner wird nach Gewerkschaftsangaben von Clans der Ndrangheta, der kalabresischen Mafia, organisiert. Die junge Gewerkschafterin Celeste Logiacco zeigt keine Angst vor den Clans und den illegalen Arbeitsvermittlern. Morgens um fünf geht die Mitarbeiterin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL zu den Sammelstellen für Erntehelfer. „Sie wollen wissen, wie sie an eine Aufenthaltsgenehmigung kommen und wie Verträge hier funktionieren, wir beraten sie“, schildert die junge Frau ihre Aufgabe…“ Bericht von Bettina Gabbe vom 2. März 2018 bei Migazin
- Italien: 10.000 Geflüchtete leben unter menschenunwürdigen Bedingungen – Bericht zeigt Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten an der französischen Grenze
„… Für den Bericht „Harmful Borders“ haben Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen im August und September 2017 in der Stadt Ventimiglia nahe der französischen Grenze 287 Geflüchtete befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass Geflüchtete trotz des formal noch gültigen Schengen-Abkommens regelmäßig nach Italien zurückgezwungen werden und in Ventimiglia in informellen Siedlungen ohne ausreichenden Zugang zu Hilfsgütern und medizinischer Versorgung hausen. Fast jeder vierte Geflüchtete berichtete von Gewalt an der Grenze, meist durch italienische und französische Grenzpolizisten. Der Bericht „Out of Sight“ dokumentiert darüber hinaus 20 Todesfälle von Geflüchteten in den vergangenen beiden Jahren beim Versuch, die Grenzen zu Frankreich, der Schweiz und zu Österreich zu überqueren. (…) „Wir erkennen keine längerfristigen Strategien, die Grundbedürfnisse einer relativ übersichtlichen Zahl von Menschen zu gewährleisten, die unter unmenschlichen Bedingungen leben“, sagt Tommaso Fabbri, Projektleiter für Ärzte ohne Grenzen in Italien. „Stattdessen beobachten wir immer häufiger eine Kriminalisierung von Flüchtlingen und Migranten sowie der Menschen, die ihnen helfen. Die europäische und italienische Politik sollte den geflüchteten Männern, Frauen und Kindern helfen und ihnen nicht schaden. Es ist Zeit, den Kurs zu ändern.“…“ Pressemitteilung vom 8. Februar 2018 von und bei Ärzte ohne Grenzen mit Links zu den beiden englischsprachigen Berichten „Harmful Borders“ und „Out of Sight“
- [Sterbenlassen auf See!] Italien zieht Rettungskräfte aus Zentralem Mittelmeer zurück
„Wie der Corriere della Sera meldet, haben das italienische Innenministerium, Frontex und die EU ein Abkommen abgeschlossen, das die Seenotrettung im Zentralen Mittelmeer aufgibt und bereits am 1. Februar 2018 in Kraft treten soll. Die neue Operation unter dem Namen Themis löst die Operation Triton (seit 2014) ab und sieht vor, dass italienische Patrouillen nur noch im italienischen Küstenbereich von 24 Meilen Patrouille fahren sowie dass gerettete Boat-people nicht mehr nach Italien, sondern in den „nächsten“ Hafen gefahren werden sollen. Bei der Eile, mit der dieses Abkommen abgeschlosssen wurde, ist kaum damit zu rechnen, dass die italienische Küstenwache umfassend einbezogen wurde. Tunesische Häfen stehen nicht für die Aufnahme von Flüchtlingen bereit, die nach Europa aufgebrochen sind. So ist mit einer sprunghaften Zunahme der Unsicherheiten bei Seenotrettungen auf dem Mittelmeer und mit sehr viel mehr Ertrunkenen in den kommenden Wochen und Monaten zu rechnen – falls sich keine umfassende Gegenbewegung formiert.“ Meldung vom 31. Januar 2018 bei ffm-online – Forschungsgesellschaft Flucht & Migration – entscheidend dabei: Es fehlt ein Wort: Statt NÄCHSTER SICHERER HAFEN nur noch NÄCHSTER HAFEN. Die neue Operation Themis von Frontex und EU widerspricht damit internationalem See- und Völkerrecht. Und Rückzug der ital. Patrouillen bedeutet Sterbenlassen auf See! Siehe dazu:- Wie die EU die Seenotrettung abschaffte
„Geheime Überwachung und zwielichtige Befehle – mit einer mehrmonatigen Kampagne entfernte die Europäische Union zivile Seenotretter aus dem Mittelmeer. Erstmals veröffentlichte Dokumente zeigen jetzt, wie italienische Behörden gegen „Jugend Rettet” vorgingen. Auch wenn deutsche Medien kaum noch darüber berichten: Weiterhin sterben Flüchtlinge im Mittelmeer. Alleine im Januar 2018 ertranken fast 200 Menschen auf der Flucht nach Europa. Die EU-Mitgliedsstaaten versuchen von ihrem Versagen abzulenken, statt Menschenleben zu retten. Die Flucht über das Mittelmeer wurde in den vergangenen Monaten systematisch durch die EU erschwert. Libysche Milizen haben nicht nur einheimische Gewässer, sondern auch daran anschließende internationale Gewässer zum Sperrgebiet für zivile Seerettungsmissionen erklärt. Die Ursachen für die Flucht aus Libyen bleiben bestehen: Die Verhältnisse in libyschen Lagern sind menschenverachtend. Die EU schreckt nicht davor zurück, mit der libyschen Diktatur zu kooperieren. Um die Mittelmeerroute von Libyen nach Europa zu sperren, nahmen EU-Mitgliedsstaaten auch Nichtregierungsorganisationen ins Visier – erstmals veröffentlichte Dokumente zeigen jetzt, wie die Seerettung im vergangenen Jahr Schritt für Schritt kriminalisiert wurde…“ Bericht von Arne Semsrott vom 31. Januar 2018 bei jib-collective.net - Sehenswert dazu auch der Bericht von Nikolaus Steiner „Kriminelle Seenotretter? Der Fall IUVENTA“ bei Monitor vom 1. Februar 2018 (Videolänge: ca. 5 Min., abrufbar bis zum 1. Februar 2019)
- Wie die EU die Seenotrettung abschaffte
- Italien stattet die organisierte libysche Kriminalität mit Drohnen aus…
„„Mit dem Einsatz von Drohnen treibt Italien die Aufrüstung der libyschen Küstenwache voran. Die Europäische Union unterstützt die Maßnahmen: Im dieses Jahr beendeten EU-Forschungsprojekt ‚Closeye‘ wurde die Nutzung größerer Drohnen vor der libyschen Küste vorbereitet. Auch die Grenzagentur Frontex war daran beteiligt, Portugal steuerte weitere unbemannte Aufklärer bei. Von den zukünftigen Drohnenflügen profitiert auch das Militär in Libyen, das die Küstenwache befehligt“, erklärt der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko. Die italienische Marine schult Angehörige der libyschen Küstenwache zur Teilnahme an einem militärischen Chat-System. Italien errichtet in Tripolis außerdem ein maritimes Lagezentrum für die libysche Küste, das bald an das europäische System ‚Seahorse Mediterranean‘ zur Überwachung des Mittelmeers angeschlossen wird. Das Vorhaben wird von der EU-Kommission finanziell unterstützt“ – so beginnt die Pressemitteilung „Unnötige Aufrüstung: Nach U-Booten schickt Italien Drohnen zur Migrationskontrolle vor Libyen“ von Andrej Hunko vom 21. Dezember 2017 auf seiner Webseite. Darin wird unter anderem auch noch fest gehalten: „Jede Unterstützung der libyschen Küstenwache hilft der Truppe bei der brutalen Verfolgung Geflüchteter. Das beweist auch die Antwort des Auswärtigen Amtes zu einem Einsatz am 6. November, bei dem die Besatzung eines libyschen Patrouillenbootes abermals für Tote gesorgt hat. Acht der dreizehn Besatzungsangehörigen durchliefen zuvor Ausbildungsmaßnahmen in EUNAVFOR MED“.
- Neues aus Italien: Zwischen Kriminalisierung der Seenotrettung und libyschem Bürgerkrieg
„Noch immer wird die Arbeit von privaten Seenotrettungsorganisationen durch italienische Behörden blockiert, gleichzeitig werden dubiose libysche Milizen unterstützt. Der dortige Bürgerkrieg verschärft die Lage von Flüchtlingen währenddessen immer weiter…“ Bericht von Judith Gleitze vom 01.11.2017 bei Pro Asyl
- Seenotretter in Not. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer über faule Kampagnen und überladene Schiffe
„… Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass sich an grundlegende völkerrechtliche Grundlagen gehalten wird. Die zivile Seenotrettung ist im Moment tatsächlich in Gefahr. (…)Italien unterstützt mit seinem Einsatz eine libysche Bürgerkriegsfraktion. Das sorgt für neue Spannungen im Land und kann den Konflikt weiter eskalieren lassen. Die Gegenleistung für die Unterstützung ist das Zurückhalten von Flüchtlingen. Die libyschen Milizen – nichts anderes ist die sogenannte Küstenwache – sind teilweise korrupt und stehen mit Schleppern in Kontakt. Sie leisten die Drecksarbeit für Rom und die EU und werden dafür ausgerüstet…“ Interview von Sebastian Bähr vom 09.08.2017 beim ND online mit Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Siehe auch unser Dossier zu Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Stoppt das Sterben, nicht die Rettung! #freeiuventa
„Am 31.07.17 wurde das Schiff IUVENTA der Seenotrettungsorganisation Jugend Rettet von italienischen Behörden beschlagnahmt. In einem dazugehörigen Durchsuchungsbeschluss wird von einer möglichen Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern gesprochen. Dieser Vorfall ereignete sich, kurz nachdem die NGO den vorgelegten „Code of Conduct“ des italienischen Innenministeriums nicht unterzeichnet hatte. Verschiedene NGOs haben den „Code of Conduct“ nicht unterzeichnet, weil sie befürchten, dass dadurch ihre Arbeit unzulässig eingeschränkt wird und sie in Konflikt mit dem Völkerrecht geraten. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt zu dem Schluss, dass der „Code of Conduct“ völkerrechtswidrig ist. Aber das Bild in der Öffentlichkeit wird durch solche Anschuldigungen trotzdem nachhaltig geschädigt. Dabei sind es gerade diese Organisationen, die gültigen Menschenrechten auf Leben und Sicherheit auf hoher See Geltung verschaffen. (…) Die Iuventa muss unverzüglich an Jugend Rettet zurückgegeben werden, damit sie weiter Geflüchtete aus Seenot retten können. (…) Die europäische Staatengemeinschaft muss die Seenotrettung mit Schiffen im Mittelmeer übernehmen, damit die NGOs die Arbeit einstellen können. Bis es eine wirksame staatliche Rettungsmission gibt, müssen die Seenotrettungs-NGOs unterstützt werden, statt sie mit haltlosen Anschuldigungen zu überziehen. (…) Wir fordern sichere und legale Fluchtwege nach Europa. Es ist unerträglich, dass Menschen die Flucht aus Krisengebieten oft mit ihrem Leben bezahlen müssen…“ Statement zum Mitzeichnen auf der Aktionsseite – siehe zwei Hintergrundbeiträge zu Iuventa:- Anti-Flüchtlings-Schiff auch in Tunesien nicht willkommen. Fischer verhindern mit ihrem Protest Einlaufen der »C-Star« / Verbindungen zwischen Identitären und Ermittlungen gegen »Jugend rettet« offengelegt
„… Die »C-Star« ist auch in Tunesien nicht willkommen. In der Küstenstadt Zarzis im Südosten des Landes spannten Fischer Banner mit der Aufschrift »No Racists« an ihre Boote, um zu zeigen, was sie von der Identitären-Mission »Defend Europe« halten. Ihr Protest war erfolgreich: Das Schiff mit den völkisch-nationalistischen Aktivisten an Bord lief den Hafen am Sonntag nicht an, wie die AFP berichtete. (…)Angeführt wurde der Protest in Zarzis von der Fischervereinigung. »Wir werden den Kanal schließen, der (den Schiffen) zur Versorgung dient«, drohte deren Vorsitzendee Chamseddine Bourassine. »Das ist das Mindeste, was wir tun können angesichts dessen, was im Mittelmeer geschieht, angesichts des Sterbens von Muslimen und Afrikanern«, so Bourassine gegenüber einem AFP-Reporter. Die Agentur berichtete, dass zudem der 2015 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Gewerkschaftsdachverband UGTT am Montag dazu aufrief, die Landung der »C-Star« abzuwehren. »Lasst nicht das Rassismus-Schiff die tunesischen Häfen besudeln! Vertreibt sie, wie es eure Brüder in Zarzis und Sfax getan haben!«, schrieb UGTT… „ Beitrag von Katja Herzberg bei neues Deutschland vom 7. August 2017 - Lebensretter werden zu Kriminellen erklärt
„Italien beschlagnahmt deutsches Hilfsschiff. Der Kampf der Europäischen Union gegen die unabhängigen Seenotrettungsorganisationen eskaliert
Mit der Beschlagnahme des deutschen Rettungsschiffes „Iuventa“ durch italienische Behörden Anfang August wurde ein neuer Höhepunkt in der seit Monaten anhaltenden Kampagne europäischer Regierungen gegen die privaten Seenotretter erreicht. Nach zahllosen verbalen Angriffen nun ein erster handfester Übergriff auf die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die im Mittelmeer jeden Tag Männer, Frauen und Kinder aus Afrika vor dem Ertrinken retten. Als Beihilfe zur ungesetzlichen Einreise wird das denunziert. Flüchtlinge werden illegalisiert und Helfer kriminalisiert…“ Artikel von Thomas Moser vom 07. August 2017 bei telepolis - Bundesregierung muss tätig werden: Free Iuventa!
„Das Auswärtige Amt muss sich dafür einsetzen, das von Italien beschlagnahmte Schiff der Organisation Jugend Rettet e.V. herauszugeben. Der Brandenburger Verein wird zum Spielball einer europäischen Migrationspolitik, die über Leichen geht. Rettungskapazitäten von EU-Mitgliedstaaten vor der libyschen Küste werden heruntergefahren, während die kriminellen libyschen Küstenwachen technisch und logistisch unterstützt werden“, kritisiert der europapolitische Sprecher Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Andrej Hunko. Die italienische Staatsanwaltschaft ließ das Rettungsschiff „Iuventa“ am Mittwoch vor Lampedusa beschlagnahmen. Als angebliche Beweise gegen die RetterInnen dienen abgehörte Gespräche, Fotos vom Diebstahl eines Außenbordmotors durch Schleuser und Aussagen eines Spitzels, der womöglich Verbindungen zu den rechtsradikalen „Identitären“ hat. Gegen weitere Rettungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen, wird ebenfalls ermittelt…“ Pressemitteilung von und bei Andrej Hunko vom 07. August 2017 - Beweise gegen „Iuventa“ gefälscht?
„Wenige Tage nach der Beschlagnahme des Schiffes Iuventa der Teltower Organisation Jugend Rettet werden Zweifel an der Version der Staatsanwaltschaft Trapani laut. Sie beziehen sich auf die in den meisten Medien verbreiteten Fotos und Videos der italienischen Staatspolizei. Der Fotograf und Reporter Eric Marquardt, der selbst an Bord von Rettungsschiffen war und Missionen dokumentiert hat, ist sich sicher: Beweise einer Kollusion zwischen Schleppern und der Crew der Iuventa liefern sie nicht. (…) Das Bild zeige keine „Schmuggler“, sondern gewaltbereite Diebe, die die Gelegenheit nutzen, um den Außenbordmotor des Flüchtlingsbootes abzuziehen. „Solche Situationen sind leider alltäglich“, schreibt Marquardt: „Oft können die NGOs, die nicht bewaffnet sind, nicht gegen diese Engine-Fisher vorgehen und sind ihnen selbst schutzlos ausgeliefert.“ Tatsächlich habe er bei seiner Fahrt auf der Seefuchs der Regensburger Organisation Sea-Eye festgestellt: Es gebe „zahlreiche Nachweise für die Zusammenarbeit von libyscher Küstenwache mit Schleppern oder Engine-Fishern“. (…) Marquardts Fazit: Die Zusammenarbeit zwischen libyscher Küstenwache und Schleppern wird von Italien und der EU „offenbar in Kauf genommen, weil die Milizen die ‚Drecksarbeit‘ vor der libyschen Küsten machen“. Von seltsamen Zufällen ist aber auch bei Famiglia Cristiana die Rede. Das italienische Magazin hat in einem am Freitag online veröffentlichten Dossier auf eine interessante Verbindung aufmerksam gemacht: Zwischen den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Trapani gegen Jugend Rettet und Defend Europe, einer von der rechtsradikalen sogenannten Identitären Bewegung ins Leben gerufenen Organisation…“ Beitrag von Marian Schraube vom 05.08.2017 im Blog der Freitag-Community
- Anti-Flüchtlings-Schiff auch in Tunesien nicht willkommen. Fischer verhindern mit ihrem Protest Einlaufen der »C-Star« / Verbindungen zwischen Identitären und Ermittlungen gegen »Jugend rettet« offengelegt
- Die Partner im EU-Krieg gegen Flüchtlinge: Libysche Fundi-Geschäftemacher
„Was öffentlichkeitswirksam als »Krieg gegen Schlepper« verkauft wird, ist faktisch ein »Krieg gegen Flüchtlinge«. In Libyen herrschen Rechtlosigkeit und Willkür. Folter und Vergewaltigungen sind in den Flüchtlingshaftlagern an der Tagesordnung. Die von der italienischen Regierung und der EU forcierte Strategie ist darauf ausgerichtet, Menschen an der Flucht aus den dortigen Zuständen in Richtung Europa zu hindern“ – aus der Stellungnahme „Krieg gegen Schlepper? Krieg gegen Flüchtlinge!“ am 03. August 2017 bei ProAsyl , worin abschließend bemerkt wird: „Italien will die Arbeit der Seenotrettungsorganisationen nun – mit Rückendeckung der EU – nicht nur massiv beschränken, sie sollen vor allem aus der Zone vor Libyen abgedrängt werden. Denn die privaten Organisationen retten nicht nur Leben, sondern sind zumindest partiell auch die einzigen Beobachter der menschenverachtenden Kooperation mit den libyschen Kräften. Und Zeugen von menschrechtsverletzenden Aktionen vor Libyen will Italien, will die EU mit Sicherheit nicht haben…“
- Gutachten: Kodex für Seenotretter verstößt gegen Völkerrecht
„… Der Versuch Italiens, Hilfsorganisationen bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer einzuschränken, verstößt einem Bundestags-Gutachten zufolge gegen Völkerrecht. Das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sieht die EU-Staaten völkerrechtlich in der Pflicht, bei der Rettung von Menschen aus Seenot zusammenzuarbeiten. Dazu gehöre auch, zivilen Schiffen mit Flüchtlingen an Bord einen Nothafen anzubieten. Damit stützt das Gutachten die Position der Hilfsorganisationen. Italien hat damit gedroht, den Schiffen der privaten Seenotretter das Einlaufen in italienische Häfen zu verweigern, wenn diese nicht einen Verhaltenskodex unterzeichnen, den die Regierung Anfang Juli vorgelegt hatte. In dem Gutachten schreiben die Wissenschaftliche Dienste, zwar hätten die EU-Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum. Dieser dürfe aber nicht dazu führen, dass die Koordinierung von Rettungsaktionen blockiert wird oder ins Leere läuft…“ Beitrag vom 4. August 2017 von und bei Migazin mit kostenlosen Download der im Beitrag erwähnten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages
- Abschottung schlägt Völkerrecht
„… »Wir tun das, was eigentlich Aufgabe der Regierung wäre.« So ist ein Interview mit dem Berliner Rechtsradikalen Robert Timm in der »Jungen Freiheit« überschrieben. Der deutsche Kopf der »Identitären Bewegung« spricht dort über die Behinderung der Seenotretter im Mittelmeer. Für ihn bedeutet es »Grenzschutz«. Timm ist Besatzungsmitglied auf dem Schiff »C-Star«. Mit weiteren völkischen Kadern aus ganz Europa will er die bereits unter politischem Beschuss stehenden Hilfsorganisationen von ihrer Arbeit abhalten. Dabei läuft jedoch nicht alles nach Plan. Nachdem der Bürgermeister der sizilianischen Hafenstadt Catania den Rechtsradikalen keine Infrastruktur zur Verfügung stellen wollte, kam nun auch von Kreta eine Absage. »Dieser Ort hat gezeigt, dass Faschismus hier nicht durchkommt«, erklärte kürzlich Theodosios Kalantzakis, Bürgermeister der Küstenstadt Ierapetra. (…) Die italienische Regierung scheint sich derweil die Worte der »Identitären Bewegung« zu Herzen zu nehmen. Nachdem der Großteil der im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen am Montagabend die Unterschrift unter einen von Rom geforderten »Verhaltenskodex« verweigerte, beschlagnahmten italienische Behörden am Mittwoch das Rettungsschiff »Iuventa« der deutschen Organisation Jugend Rettet. (…) Während die öffentliche Aufmerksamkeit sich mit den Vorwürfen gegen die Rettungsorganisationen beschäftigt, geht das Sterben im Mittelmeer indes weiter. Mitarbeiter der Rettungsorganisation SOS Méditerranée bargen am Dienstag acht Leichen aus einem Schlauchboot…“ Beitrag von Sebastian Bähr bei neues Deutschland vom 4. August 2017
- Viele Seenotretter verweigern sich Italiens Verhaltenskodex / Initiativen wollen Einsätze wie bisher fortsetzen / Rom droht mit der Sperrung seiner Häfen
„Mehrere nichtstaatliche Hilfsorganisationen haben die Unterschrift unter den umstrittenen Verhaltenskodex der italienischen Regierung für Flüchtlingsretter im Mittelmeer verweigert. »Ärzte ohne Grenzen« erklärte am Dienstag zur Begründung, ebenso wie in Krankenhäusern akzeptiere man auf den Schiffen grundsätzlich keine bewaffneten Polizisten. »Ärzte ohne Grenzen ist eine unabhängige, neutrale und unparteiliche private Hilfsorganisation. Die Präsenz von bewaffneten Personen in einem unserer Projekte gefährdet unsere Neutralität und unsere Arbeit. Sie kann uns selbst zum Ziel eines Angriffs werden lassen«, so Florian Westphal, Geschäftsführer der deutschen Sektion von »Ärzte ohne Grenzen«. Italien droht den privaten Rettern mit der Sperrung seiner Häfen, wenn sie den Kodex nicht befolgen. (…) Westphal kündigte an: »Wir werden weiter Such- und Rettungseinsätze unter der Koordination der Leitstelle für Seenotrettung in Rom (MRCC) und in Übereinstimmung mit allen relevanten internationalen Gesetzen sowie dem Seerecht durchführen.« Der Verhaltenskodex schränke dagegen die ohnehin zu kleinen Hilfskapazitäten weiter ein…“ Beitrag vom 1. August 2017 in neues Deutschland online – siehe dazu:- Gutachten belegt: Völkerrecht steht über aufgezwungenem „Verhaltenskodex“ für Rettungsmissionen
„„Der italienische ‚Verhaltenskodex‘ für Rettungsmissionen im Mittelmeer ist eine politische Kampfansage, juristisch ist er aber bedeutungslos. Denn immer noch gilt das unverbrüchliche Völkerrecht. In den meisten Fällen können Geflüchtete auf den Rettungsschiffen nicht medizinisch behandelt werden. Dann greift beispielsweise das Nothafenrecht“, kommentiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion anlässlich eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag zur Seenotrettung im Mittelmeer. Italien drängt Rettungsmissionen im Mittelmeer zum Unterschreiben eines „Verhaltenskodex“. Geflüchtete dürften nicht mehr an größere Schiffe übergeben, sondern müssten in Häfen nach Italien gebracht werden. Dort sollen die HelferInnen Befragungen der Behörden erdulden. Schließlich zwingt der „Verhaltenskodex“ auch zur Einwilligung, die Polizei mitfahren zu lassen. (…) Wenn der Vertrag nicht unterschrieben wird, entsteht auch keine rechtliche Bindung. Es gelten wie üblich das Völkerrecht, die SAR-Konvention und das UN-Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See. Ich befürchte, dass sowohl Italien als auch die Europäische Union trotzdem weiter an der Gängelung der Retter arbeiten. Soweit bekannt, haben die Europäische Kommission und die Grenzagentur Frontex den ‚Verhaltenskodex‘ anerkannt. Wir müssen deshalb mit allen Mitteln verhindern, dass die dort enthaltenen Forderungen in Ratsschlussfolgerungen münden…“ Pressemitteilung von Andrej Hunko vom 1. August 2017 mit Link zum Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags - Anm.: Der ganze Vorgang enthüllt eine extrem gefährliche Tendenz. In allen völkerrechtlichen Vereinbarungen – inkl. dem Grundgesetz – stehen die Menschenrechte an oberster Stelle; mit Blick besonders in die deutsche Geschichte, ist das kein Zufall. Die Menschenrechte wurden zwar bereits in der Vergangenheit immer wieder ignoriert, zu Gunsten einer menschenrechtsfeindlichen Wirtschaftspolitik uminterpretiert und auch propagandistisch ausgeschlachtet. Neu an der Behandlung von privaten Rettungsaktion durch die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik ist jedoch der Versuch einer Legalisierung der Behinderung oder gar des Verbots Menschen in offensichtlicher Lebensgefahr zu retten. Hier geht es nicht mehr nur um unterlassener Hilfeleistung (die gibt es auch im Sozialrecht, vgl. Hartz IV), sondern darum, aus Gründen vermeintlicher Systemstabilität Menschen (wieder) legal sterben zu lassen. Dass Problem „Flüchtlinge“ enthüllt nur eine heimliche Veränderung, der als unverbrüchlich deklarierten moralischen Prämisse, deren offene Aufgabe bisher als völlig undenkbar erschien. Dabei sollte niemand sich etwas vormachen: Als unerwünscht und als Belastung werden nicht nur die Flüchtlinge verstanden. „Die Flüchtlinge“ dienen nur als Versuchsobjekt um zu testen, wie weit man gegen kann, um unerwünschte Menschen bewusst sterben zu lassen und welche Ideologie sich für solche Zielsetzung am erfolgreichsten einsetzen lässt. Außerdem benötigt auch die deutsche Kriegspolitik wieder Menschen, die „für das Vaterland“ andere umbringen und selbst bereit sind für solche Wahnvorstellungen zu sterben.
- Gutachten belegt: Völkerrecht steht über aufgezwungenem „Verhaltenskodex“ für Rettungsmissionen
- Migranten aus Libyen: Italien will die Öffnung europäischer Häfen. Deutschland und andere EU-Länder sind dagegen. Sie fürchten die „Sogwirkung“
„Die italienische Regierung läuft in der Frage der Aufnahme von Migranten gegen eine Bastion an. Mit Notrufen und Drohungen sucht sie Entgegenkommen von anderen EU-Staaten. Die jüngste Drohung lautet, dass man in einem „einseitigen Akt aus der Operation Triton aussteigen“ könnte, wie es über italienische Medien verbreitet wurde. Ende Juni gab es den Notruf mit der Drohung, ein Hafenverbot für NGO-Schiffe zu erlassen. (…) Doch hat sich der Vertreter des größten und mächtigsten EU-Landes ganz unmissverständlich gegen diese Forderung gestellt: „Eine sogenannte Regionalisierung der Rettungsaktionen der Regierungen unterstützen wir nicht“, wird Bundesinnenminister Thomas de Maizière zitiert. Deutschland ist nicht alleine mit dem „Nein“, auch Frankreich, die Niederlande und Belgien sind dagegen. (…) Rom wird trotzdem nicht lockerlassen. Man sei am Limit, heißt es seit Wochen.“ Artikel von Thomas Pany vom 12. Juli 2017 bei Telepolis
- Hilflosigkeit der EU: Deutliche Kritik an geplantem Kodex für Seenotretter im Mittelmeer
„Nichtstaatliche Organisationen retten Tausenden schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mittelmeer das Leben. Italien will sie dazu zwingen, einen Verhaltenkodex zu unterschreiben, der ihnen Fehlverhalten unterstellt. Der von Italien geforderte Verhaltenskodex für nichtstaatliche Retter von Flüchtlingen im Mittelmeer stößt auf Kritik. Hilfsorganisationen und Politiker warnten am Donnerstag davor, dass ein solches Regelwerk zu mehr toten Flüchtlingen führen könne…“ Artikel von Natalia Matter vom 7. Juli 2017 beim Migazin
- Europäische Werte
„In einer erneuten Zuspitzung der deutsch-europäischen Flüchtlingsabwehr droht die Regierung Italiens mit der Sperrung ihrer Häfen für Rettungsboote mit Flüchtlingen an Bord. Man sei nicht bereit, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen, wenn die anderen EU-Staaten dabei keine angemessene Unterstützung leisteten, erklärt das Innenministerium in Rom. Weit davon entfernt, helfend einzugreifen, konzentriert sich Berlin weiterhin auf teure Maßnahmen zur Flüchtlingsabwehr; neben der libyschen Küstenwache sollen dazu künftig südlibysche Clans herangezogen werden, die bislang gegen Geld die Weiterreise aus Niger an die libysche Küste ermöglichten, jetzt aber – gegen Bezahlung aus Brüssel – Flüchtlinge systematisch aufgreifen und festsetzen sollen. Sowohl der libyschen Küstenwache wie auch südlibyschen Clans werden schwere Menschenrechtsverbrechen an Migranten vorgeworfen. In Kürze könnten Flüchtlinge es auch noch mit Faschisten aus Europa zu tun bekommen: Aktivisten der sogenannten „Identitären“, einer Modeströmung der extremen Rechten, wollen mit einem Schiff im Mittelmeer intervenieren – um dort Rettungsboote mit Flüchtlingen zu stoppen. Zugleich steigt die Zahl der auf der Überfahrt über das Mittelmeer umgekommenen Migranten weiterhin stark an; sie liegt nach Berechnungen von Flüchtlingsorganisationen, addiert man die Todesopfer der Jahre seit 2000, womöglich bereits bei mehr als 37.000…“ Eigener Bericht vom 30.06.2017 bei German-Foreign-Policy
- Migration aus Libyen: Italien erwägt Hafenverbot für NGO-Schiffe
„Das Land ist politisch mit der Aufnahme der Migranten überfordert. Die Debatte sucht sich mit den Seenotrettern „Sündenböcke“ für eine Härte-Situation, die keine leichten Lösungen bietet (…) Alle sollen es hören: Italien weist jetzt laut auf die Option hin, dass es seine Häfen für NGOs schließen könnte. Dort sitzt die Hauptbotschaft. Dass der ständige Repräsentant Italiens bei der EU, Maurizio Massari, formell das Mandat bekam, um das dringliche Thema „Flüchtlinge aus Libyen“ beim EU-Kommissar für Migration Dimitris Avramopoulos anzusprechen, ist nicht der „Weckruf“. (…) Es wird immer nur beteuert, wie sehr man sich der schwierige Lage Italiens bewusst ist, dass das Land allein gelassen werde und dass man helfen müsse, aber recht viel mehr als eine Aufstockung von Unterstützungszahlungen hat die EU nicht anzubieten. Die Solidarität der EU-Mitgliedstaaten ist bei der Aufnahme von Flüchtlingen bekanntlich sehr begrenzt. (…) Seegrenzen sind keine Landgrenzen. Dass die Forderung nach Schließung der Häfen für Flüchtlings-Schiffe der NGOs nicht offiziell erhoben wird, sondern über Quellen aus Regierungskreisen in die Öffentlichkeit gebracht wird, hat seinen Grund darin, dass der Regierung sehr wohl bewusst ist, dass dies auf rechtliche Probleme stößt. Es geht um die Botschaft: „Wir haben genug, wir sind überfordert, wir können auch anders, drastischer.“…“ Artikel von Thomas Pany vom 29. Juni 2017 bei telepolis
- Migranten in Italien: Die neuen Sklaven Europas
„In Italien, das mit großem Einsatz Migranten aufnimmt, werden dieselben Migranten gnadenlos ausgebeutet. Große Teile der Landwirtschaft leben von diesen Ausgebeuteten. Nicht nur in Süditalien – aber dort funktioniert das System besonders perfide…“ Reportage von Jan-Christoph Kitzler vom 29.06.2017 beim Deutschlandfunk
- Roms Bürgermeisterin will keine Migranten mehr aufnehmen. Die ewige Stadt erlebt eine gravierende Krisensituation, es herrscht EU-Verdruss
„Roms Bürgermeisterin, Virginia Raggi (Movimento 5 Stelle), will keine Migranten mehr aufnehmen. Mit einem Schreiben an das Innenministerium forderte sie, dass keine weiteren nach Rom geschickt werden. Im Zuge der landesweiten Umverteilung und dem ungeheuren Zustrom, unterliegt Rom seit vielen Monaten einem enormen Druck und sei einfach nicht mehr in der Lage, weitere Migranten aufzunehmen. „Ich hoffe sehr, dass die Regierung das berücksichtigt“, betont Raggi. Es gebe zu große soziale Spannungen und es sei an der Zeit, auf die Bürger Roms zu hören. Jeder zweite Römer lehne mittlerweile die Aufnahme weiterer Migranten ab. Luigi Di Maio, Parteikollege und möglicher Kandidat für das Premierministeramt, unterstützt die Forderung der Bürgermeisterin und wendet sich mit Inbrunst an ganz Europa, denn das Thema der Europäischen Union und das der Immigration seien eins: „Wenn wir das Migrantenproblem nicht lösen, werden die italienischen Bürger sich mehr und mehr davon überzeugen, dass Europa nichts bringt.“ Inzwischen gleiche das Land einem Dampfkochtopf, der bald explodieren wird…“ Artikel von Jenny Perelli vom 26. Juni 2017 bei telepolis
- Bericht von Amnesty International: Italienische Polizei soll Flüchtlinge misshandelt haben
„Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der italienischen Polizei schwere Misshandlungen von Flüchtlingen vor. Sicherheitskräfte sollen Menschen mit Schlägen und Elektroschockgeräten zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke gezwungen haben. In einigen Fällen liefen die Misshandlungen auf Folter hinaus. (…) Sicherheitskräfte hätten Flüchtlinge mit Schlägen und Elektroschockgeräten zur Abgabe von Fingerabdrücken gezwungen, heißt es in einer Untersuchung, die in Rom vorgelegt wurde. In einigen Fällen liefen die Misshandlungen „auf Folter hinaus“. Die Befunde beruhen auf der Befragung von rund 170 Flüchtlingen. Zu den Misshandlungen kam es laut Amnesty in den so genannten „Hotspots“…“ Beitrag bei der Tagesschau online vom 3.11.2016 . Siehe dazu:- Hotspot Italy: How EU’s flagship approach leads to violations of refugee and migrant rights
Beitrag von Amnesty International mit Download-Möglichkeit für besagten Bericht vom 3. November 2016 - Amnesty: Italian police tortured migrants to meet EU target
Bericht von Nikolaj Nielsen beim eu-observer vom 3. November 2016 , der deutlich formuliert: es sind die Vorgaben der EU zur Erfassung von Asylsuchenden, die solche Gewaltanwendung ermöglichen
- Hotspot Italy: How EU’s flagship approach leads to violations of refugee and migrant rights
- Flüchtlinge in Italien: Am Limit
„Zwar sind seit fast einem Jahr Kriegsschiffe der EU im Einsatz, um Schlepper zu überführen – trotzdem ist die Zahl der Flüchtlinge, die in Europa ankommen, nicht kleiner geworden. Die Lager in Italien sind restlos überfüllt. Viele Flüchtlinge wollen weiter in andere Länder, aber dürfen es nicht. Dazu kommt der Protest der Einheimischen…“ Beitrag vom 16.08.2016 beim Deutschlandfunk
- Flüchtlinge in Italien: Chaos im überforderten Durchgangsland
“Weil Deutschland, Österreich und Frankreich ihre Grenzen momentan besonders streng kontrollieren, kampieren Hunderte Flüchtlinge in Italiens Bahnhöfen. Die Zustände sind katastrophal. Rechtspopulisten versuchen, von dem Chaos zu profitieren…” Beitrag von Tilmann Kleinjung auf tagesschau.de vom 12. Juni 2015 . Aus dem Text: “… Italien sei ein Durchgangsland, sagt der Asylrechtsexperte Gianfranco Schiavone. Die Leute täten alles, um ihre Fingerabdrücke nicht in Italien erfassen zu lassen, damit sie woanders einen Asylantrag stellen können. In Italien kamen vergangenes Jahr rund 170.000 Menschen an, aber nur 70.000 Menschen stellten einen Asylantrag. Alle anderen haben ihren Antrag in anderen europäischen Ländern gestellt. (…) Doch der Weg in die anderen europäischen Länder ist aktuell blockiert. Wegen des G7-Gipfels in Elmau zu Wochenbeginn (letzter Woche) und der hochkarätig besetzten Bilderberg-Konferenz in Tirol wird an den deutschen und österreichischen Grenzübergängen strenger kontrolliert. Auch Frankreich weist an seiner Grenze zu Italien potenzielle Flüchtlinge konsequent zurück…” Siehe auch:
- Protest afrikanischer Flüchtlinge an italienisch-französischer Grenze
“Italienische Polizisten haben am Samstag einen Sitzstreik von rund 200 Flüchtlingen an der italienisch-französischen Grenze beendet, mit dem diese ihre Einreise nach Frankreich erzwingen wollten…” Artikel bei der Neuen Luzerner Zeitung Online vom 13. Juni 2015
- Tod im Mittelmeer: Die italienische Flucht nach vorn
“500 bis 600 tote Flüchtlinge liegen seit Wochen am Grund des Mittelmeers, eingeschlossen in dem gekenterten Boot, das sie in die Tiefe zerrte. Rom will die sie, die den jüngsten Grenzskandal ausgelöst haben, nun doch bergen lassen…” Beitrag von Regina Kerner in der Frankfurter Rundschau vom 20. Mai 2015 . Aus dem Text: “…Was die Augen nicht sehen, tut dem Herz nicht weh“, lautet ein italienisches Sprichwort. Es passt gut auf das, was geschah, nachdem Mitte April mehr als 700 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrunken sind. Nur 26 Leichen wurden geborgen, die anfängliche Betroffenheit über das Leid der Opfer verflog rasch. Europa konzentriert sich jetzt auf den Streit über die Verteilung von Flüchtlingen. (…) Jetzt aber will Italiens Premier Matteo Renzi die Leichen doch bergen lassen. „Wir werden das Boot hochholen. Ich will, dass die ganze Welt sieht, was geschehen ist“, verkündete er am Dienstagabend im Fernsehen. 15 bis 20 Millionen Euro werde die Bergung aber schon kosten. Renzi: „Ich hoffe, dass Europa zahlt, wenn nicht, machen wir das.“ …“
- Flüchtlinge in Italien: Im Käfig gefangen
„Im Auffanglager am Stadtrand von Rom warten Flüchtlinge auf ihre Abschiebung. Aus Protest gegen ihre ausweglose Lage nähen sich 13 Marokkaner die Münder zu…“ Artikel von Regina Kerner vom 08. Februar 2014 in der FR online
- Flüchtlingsproteste in Italien: Protest mit zugenähtem Mund
„Die Lebensbedingungen in italienischen Auffanglagern sind erbärmlich. Nun rebellieren Flüchtlinge mit verzweifelten Aktionen. Ein linksdemokratischer Politiker hat sich für drei Tage in ein Lager in Lampedusa eingeschlichen…“ Artikel von Patricia Arnold, Mailand, in der NZZ online vom 26. Dezember 2013
- Migranten mit Kriminellen gleichgesetzt. Lage auf Lampedusa und neue Protestaktionen schüren Debatte um Flüchtlingspolitik in Italien
„Erst wurde bekannt, dass Flüchtlinge im Auffanglager in Lampedusa zum Teil wie Tiere behandelt werden und jetzt haben acht Migranten in einem Heim in Rom einen grausamen Protest inszeniert.
Aus einem Feuerzeug haben sie sich eine Art Nadel gebastelt; dann haben sie Fäden aus einer alten Decke gezogen und sich anschließend damit den Mund zugenäht: Acht Nordafrikaner – vier Tunesier und vier Marokkaner – haben so dagegen protestiert, dass sie seit Monaten in Rom in einem Auffanglager festgehalten werden und dort darauf warten müssen, dass sie offiziell identifiziert werden. Sie alle waren illegal nach Italien gekommen und werden jetzt wie Kriminelle behandelt…“ Artikel von Anna Maldini, Rom, aus neues deutschland vom 23. Dezember 2013 , dokumentiert beim Friedensratschlag
- Lampedusa: Das Geschäft mit den Flüchtlingslagern
„Wegen menschenunwürdiger Zustände bekommt das Lampedusa-Camp einen neuen Betreiber. Doch auch die Zustände in den übrigen 26 Flüchtlingszentren in Italien sind kaum besser…“ Artikel von Regina Kerner in der FR online vom 21. Dezember 2013
- Ermittlungen nach Lampedusa-Video: „Das ist Italien?“
„Mit seinem Video über die menschenunwürdigen Zustände im Flüchtlingslager auf Lampedusa hat der syrische Flüchtling Khalid für weltweite Empörung gesorgt. Nun ermittelt die italienische Justiz wegen Nötigung. Die EU droht Italien Konsequenzen an…“ Artikel von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom, vom 18.12.2013 bei tagesschau.de , dort auch das Video
- Flüchtlinge auf Lampedusa: Die Insel der kleinen Gesten
Hilfesuchende Flüchtlinge, eine hilfsbereite Bevölkerung, eine überforderte Bürgermeisterin, eine inaktive Regierung: zu Besuch in Lampedusa. Artikel von Michael Braun in der taz vom 23.10.2013
- Flüchtlingsdrama vor Italien: Trauerfeier ohne Überlebende
„In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde den Toten des Schiffsunglücks vor Lampedusa gedacht. Die Überlebenden durften nicht teilnehmen. Ihnen blieb nur der Protest. Die Trauerfeier für die 366 Opfer der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa hat am Montagnachmittag im sizilianischen Agrigent ohne die Überlebenden des Unglücks stattgefunden. Überlebende und zum Teil Angehörige der Toten hatten morgens auf Lampedusa mit einem Sitzstreik und bei einem Besuch im Rathaus vergeblich versucht, doch noch teilnehmen zu können. Am Nachmittag warfen sie Blumenkränze ins Mittelmeer vor Lampedusa…“ afp-Meldung in der taz online vom 22. 10. 2013
- Italien fliegt „Sensenmann“ gegen Migranten und die Mafia
„Zur Abwehr unerwünschter Migration setzt die Marine moderne Drohnen ein. Flüge finden über hoheitlichem Gewässer statt, für das Italiens Fluglotsen zuständig sind…“ Artikel von Matthias Monroy in telepolis vom 22.10.2013
- Flüchtlingswelle: Sizilien erklärt Notstand
„Italiens Marine hat knapp 500 Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet. Sizilien reagiert mit der Ausrufung des Notstands.
Der Flüchtlingsstrom will nicht abreißen: In den vergangenen Tagen sind knapp 500 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet worden. Sizilien hat nun wegen der steigenden Zahl von Ankömmlingen den Notstand ausgerufen. Dadurch könnten Maßnahmen zum Umgang mit dem Ansturm beschleunigt werden, erklärte Gouverneur Rosario Crocetta. Vor allem geht es darum, zusätzliche Finanzmittel freizugeben, um die Arbeit der Hilfsorganisationen zu sichern…“ Artikel vom 16.10.2013 bei DiePresse.com
- Flüchtlingstragödie vor Lampedusa: Grenzschutz per Flugzeugträger
„Italien will mit einer neuen „humanitären“ Militärmission das Meer sicherer machen. Sein rigides Ausländergesetz bleibt unangestastet. „Sicheres Meer“ heißt die Operation, die Italiens Regierung definitiv am Montagnachmittag verabschieden will. Ministerpräsident Enrico Letta stellte schon am Wochenende klar, dass es sich hierbei um einen „humanitären Militäreinsatz“ handeln soll. Mit einer deutlichen Verstärkung der in der Straße von Sizilien patrouillierenden Schiffe ebenso wie der vor Ort eingesetzten Flugzeuge und Hubschrauber soll eine lückenlose Überwachung des zentralen Mittelmeeres gewährleistet werden…“ Artikel von Michael Braun und Christian Jakob in der taz online vom 14. 10. 2013
- 1.000 Dollar für Überfahrt. Lampedusa: Flüchtlinge von Libyen beschossen
„Die Zahl der Todesopfer bei den Flüchtlingstragödien vor der Mittelmeerinsel Lampedusa wächst immer weiter. Die maltesische Marine hat am Sonntag die Leiche eines dreijährigen Buben aus dem Wasser geholt, der seit Freitagabend vermisst war. Das Kind befand sich mit der Mutter an Bord des Flüchtlingsbootes mit rund 250 Migranten, das am Freitag in maltesischen Gewässern gekentert war. Damit wächst die Zahl der Todesopfer des Unglücks auf 35. Laut mehrerer Berichte soll das Boot nach seiner Abfahrt zudem von der libyschen Küste aus beschossen worden sein…“ Meldung vom 13.10.2013 bei WeltHeute.at
- Der Stiefel ist voll.
Zwei Senatoren wollen illegale Einwanderung als Straftatbestand abschaffen. Dagegen hetzt auch Beppe Grillo in rechtspopulistischer Manier. Kommentar Lampedusa und Beppe Grillo von Michael Braun in der taz online vom 11. 10. 2013
- Drohnen vor Libyen und Tunesien
„Libyen und Italien haben nach Medienberichten ein neues Abkommen zur besseren Überwachung der Seegrenzen geschlossen. Tripolis will auch beim EU-Grenzüberwachungssystem EUROSUR mitmachen. Die libysche Küstenwache wird die Seegrenzen des Landes mehr kontrollieren. Am Montag hat die Regierung hierzu ein Abkommen mit Italien unterzeichnet, das Unterstützungsmaßnahmen vorsieht. Dies meldet die italienische Tageszeitung Il Manifesto. Demnach hat Italien bei dem Treffen in Tripolis zugesichert, Grenzbeamte für maritime Missionen auszubilden. Zuständig ist die Guardia di Finanza…“ Artikel von Matthias Monroy in telepolis vom 10.10.2013
- »One Love« auf der Festungsmauer
„Auf Lampedusa treffen im Sommer zwei Welten aufeinander. Zwischen den Dramen der Boat People und der Normalität der Urlauber liegen oft nur ein paar Meter…“ Reportage von Tobias Müller in der Jungle World vom 10. Oktober 2013
- Flüchtlinge auf Lampedusa rebellieren gegen Unterbringung
„Sie warfen mit Matratzen und wollten Busse mit Neuankömmlingen stoppen: In einem überfüllten Auffanglager haben Flüchtlinge gegen die dortigen Zustände protestiert…“ Artikel vom 8. Oktober 2013 bei der Zeit online
- Lampedusa: Die überforderte Insel
„Die Hoffnungen der Einwohner Lampedusas ruhen auf der Politik: An diesem Mittwoch besuchen EU-Kommissionspräsident Barroso und Innenkommissarin Malström die Insel, und in Rom streitet die Koalition über ein neues Asylgesetz…“ Artikel von Jörg Bremer, Rom, vom 08.10.2013 in der FAZ online
- Lampedusa nach dem Flüchtlingsdrama: Das Ende von Europa
„Eine wütende Bürgermeisterin, trauernde Flüchtlinge und eine Horde von Reportern: Wer die Insel Lampedusa in diesen Tagen besucht, erlebt Menschen zwischen Schockstarre und Überforderung…“ Artikel von Alex Rühle, Lampedusa, vom 9. Oktober 2013 in der Süddeutschen online
- Sterben verboten
„Jeden Tag laufen in meinem elektronischen Briefkasten dutzende E-Mails auf – die meisten befördere ich in den Papierkorb, andere lege ich zu den »Akten«. In den Tagen vor Weihnachten erreichte mich über viele Umwege ein Schreiben mit der Überschrift: »Lampedusa: sterben verboten«. Es handelt sich um einen Offenen Brief, den Giusi Nicolini, die junge Bürgermeisterin der Insel zwischen Sizilien und Libyen, geschrieben hat. Er war an niemand Besonderes adressiert, sondern wie eine Art Flaschenpost ins große Meer des Internets geworfen worden. Als ich ihn gelesen hatte, war mir klar, dass dieser Hilferuf doch einen Adressaten hatte: uns Europäer! Der Brief beginnt folgendermaßen: »Ich bin die neue Bürgermeisterin von Lampedusa. Ich wurde im Mai 2012 gewählt, und bis zum 3. November wurden mir bereits 21 Leichen von Menschen übergeben, die ertrunken sind, weil sie versuchten, Lampedusa zu erreichen...“ Artikel von Anna Maldini in Neues Deutschland vom 04.01.2013 . Aus dem Text: „… Giusi Nicolini schreibt in ihrem verzweifelten Hilferuf weiter: »Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint; mich regt das Schweigen von Europa auf, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl es hier ein Massaker gibt, bei dem Menschen sterben, als sei es ein Krieg.« Ein Schweigen, so meint die Bürgermeisterin, das nicht von Ungefähr komme: »Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik diese Menschenopfer in Kauf nimmt, um die Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen den letzten Funken Hoffnung bedeutet, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.«…“
- Das Sterben an Europas Grenzen beenden! Erheben Sie Ihre Stimme!
„Zur Aktion: Mit dieser E-Mail-Aktion wird der italienische Ministerpräsident Mario Monti aufgefordert, sich für eine Aufklärung der Geschehnisse im August 2009 im Mittelmeer einzusetzen. Damals starben 77 Flüchtlinge einen qualvollen Tod. Sie trieben über 20 Tage mit einem Schlauchboot auf Hoher See zwischen Libyen, Malta und Italien. Am Ende verhungerten und verdursteten sie. Die Angehörigen der Opfer müssen endlich eine Antwort auf ihre Frage nach den Verantwortlichen für die Tragödie erhalten. Bereits am 25. August 2009 verlangte auch der Menschenrechtskommisssar des Europarates Aufklärung. Bis heute fehlt jede Antwort. Gleichzeitig wird der italienische Ministerpräsident gebeten, sich zusammen mit den europäischen Partnerländern für eine zukünftige effektive Seenotrettung zu engagieren.“ E-Mail-Aktion von pro Asyl
- Italien: Flüchtlingsrechte in Seenot!
„Tausende Menschen aus Afrika fliehen jährlich über das Mittelmeer nach Europa aus Angst vor Haft, Misshandlung und Folter, oder weil ihnen in ihrer Heimat kein Leben in Würde möglich ist. Mindestens 1500 Flüchtlinge kamen dabei 2011 ums Leben. (…) Setzen Sie ein Zeichen! Beteiligen Sie sich an unserer Online-Petition und fordern Sie Italien auf, diese Zusammenarbeit mit Libyen zu beenden! Lesen Sie hier den Petitionstext“ – Aktion von und bei Amnesty International
- Flüchtlinge in Italien: Leben im Palast der Schande
„800 afrikanische Flüchtlinge besetzen einen Wohnklotz im Süden Roms. Wo einst Literaturstudenten auf den Gängen wandelten, hausen nun Menschen zwischen stinkendem Müll und zerbrochenen Fenstern. Vom italienischen Staat erhalten sie keine Hilfe – und mancher Bewohner sehnt sich nach einem Platz im Gefängnis…“ Artikel von Julius Müller-Meiningen in Süddeutsche Zeitung online vom 04.08.2012
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