Freiheit statt Frontex – Flüchtlinge und MigrantInnen im Kampf für globale Bewegungsfreiheit / Freedom not Frontex – Refugees and Migrants in their Struggle for global Freedom of Movement
Artikel von Hagen Kopp, erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 11/2013 – und darunter die englische Übersetzung des Beitrags
Es gibt aktuell nicht nur schreckliche Nachrichten über das »Schicksal« von Flüchtlingen zu berichten, sondern, so die These von Hagen Kopp, wir erleben eine »transnationale Verdichtung und Verstetigung« von Kämpfen um Migrationsrechte und Rechte in der Migration, und dies nicht nur von Organisationen, die sich um die Unterstützung von Flüchtlingen bzw. MigrantInnen kümmern, sondern vor allem auch von MigrantInnen selbst – sei es innerhalb oder außerhalb der Grenzen der »Festung Europa«. Er sieht dabei nicht nur eine quantitative Zunahme, sondern am Horizont eine neue Qualität der Proteste… »No Fingerprints« – gemeinsam ihre Hände hochwerfend skandierten etwa 250 Flüchtlinge, vornehmlich aus Eritrea, lautstark immer wieder diesen Slogan und zogen mit selbstgemalten Transparenten über die Haupteinkaufsstraße und den Hafen bis zu den Touristenstränden. Sie hatten zuvor das zwei Kilometer außerhalb gelegene und eigentlich geschlossene Lager gemeinsam verlassen, nachdem sie sich dort als große Gruppe über zehn Tage lang allem Druck der Behörden standgehalten hatten, ihre Fingerabdrücke abzugeben. Nun gingen sie in die Öffentlichkeit, und es war eine beeindruckende Demonstration zivilen Ungehorsams, die am 20. Juli 2013 auf jener Insel stattfand, die dann zehn Wochen später – angesichts der Bootstragödie am 3. Oktober mit über 360 Opfern – erneut zum medialen Symbol des tödlichen EU-Grenzregimes wurde: Lampedusa.
Die kleine italienische Insel, näher an der nordafrikanischen Küste gelegen als an Europa, gerät seit Jahren in die Schlagzeilen, wenn überfüllte Boote ihre Küste erreichen oder auf dieser riskanten Route verunglücken. Weniger bekannt ist, dass alle Neuankommenden auf Lampedusa zunächst interniert werden, eingesperrt in einem großen Lager, um sie mit Fotos und Fingerabdruckabnahme zu registrieren und – wenn möglich – sofort wieder in ihr Herkunftsland abzuschieben. Vor diesem Hintergrund kam es hier in den letzten Jahren mehrfach zu Revolten, im Herbst 2011 wurden mehrere Gebäude dieses Knastes von tunesischen Abschiebegefangenen in Brand gesetzt.
»Dublin II« heißt die EU-Verordnung, nach der alle Flüchtlinge an das EU-Land ihrer ersten Registrierung gebunden bleiben. Auf dessen Grundlage werden mittlerweile Tausende, die weiterreisen zu Ihren Verwandten und Bekannten nach Nordwesteuropa, in die Länder des Transits, also nach Italien, Polen oder Ungarn zurückgeschoben. Der »No Fingerprint«-Protest der Flüchtlinge auf Lampedusa kam dieser Registrierung zuvor, eine kollektive Antizipation und Verweigerung gegen den »Fluch des Fingers«. Und sie hatten Erfolg: Nachdem sie über Nacht und einen weiteren Tag den Platz vor der Kirche besetzt hatten, konnten sie in stundenlangen Verhandlungen die Garantie für ihren Transfer auf das italienische Festland durchsetzen, ohne Abgabe ihrer Fingerabdrücke! Es war die gemeinsame Entschiedenheit dieser großen Gruppe, die diesen Erfolg ermöglicht hat; zudem fiel der Protest in ein günstiges Zeitfenster. Denn nur zwei Wochen zuvor hatte der Papst überraschend die Insel besucht und in klaren Worten »die globale Gleichgültigkeit« gegenüber den Boatpeople kritisiert sowie mehr Unterstützung für die Flüchtlinge gefordert. Vor diesem Hintergrund wollten Regierung und Behörden zumindest zeitnahe Konflikte offensichtlich vermeiden, zumal es auf Lampedusa seit Mai 2012 eine progressive Bürgermeisterin gibt, die bei den Verhandlungen ebenfalls im Sinne der Protestierenden vermittelte.
»Aufstand der Unsichtbaren…«
Es war die größte Demonstration zur Unterstützung von Flüchtlingen, die es je in Deutschland gab, als am 2. November in Hamburg über 15 000 Menschen auf die Straße gingen, um für das Bleiberecht von »Lampedusa in Hamburg« (siehe express 10/2013) und gegen das tödliche EU-Grenzregime zu protestieren. Fast täglich fanden und finden in Hamburg ganz unterschiedliche Aktionen statt, nachdem der SPD-geführte Hamburger Senat unter Olaf Scholz eine Woche nach dem »Oktober-Unglück vor Lampedusa« mit gezielten Razzien gegen schwarzafrikanische MigrantInnen begann. Dass der Widerstand trotz und gegen diese repressive und sture Haltung immer breiter und entschiedener wurde, hat exemplarische Bedeutung. Wenn sich der kollektiv angelegte Kampf in Hamburg durchsetzt, könnte dies entscheidend zur weiteren Ermutigung und Stärkung der selbstorganisierten Flüchtlingsproteste beitragen.
Von Lampedusa bis Hamburg, auf Plätzen von Berlin bis Wien, in den Internierungslagern in Griechenland oder bereits im Vorfeld des EU-Grenzregimes in Tunesien: Die vielfältigen Kämpfe von Flüchtlingen und MigrantInnen verdichten sich. Spätestens seit Oktober 2012 hat sich auch in Deutschland eine neue Welle kollektiver Proteste entwickelt. Angeführt von selbstorganisierten Flüchtlingen, die zuvor in mehreren Städten lokale Protestzelte und danach einen einmonatigen Marsch quer durch Deutschland organisiert hatten, zogen am 13. Oktober 2012 rund 6 000 DemonstrantInnen durch die Hauptstadt. Die Abschaffung der Lager und der Residenzpflicht sowie ein Stopp aller Abschiebungen bilden die drei Hauptforderungen, für die bundesweit selten zuvor so viele Menschen gemeinsam auf die Straße gegangen sind. Antirassistischer Widerstand findet seitdem eine verstärkte Öffentlichkeit und bleibt dynamisch und ausdauernd: Ein Protestcamp wird in Berlin selbst über den Winter 2012/13 gehalten, die nigerianische Botschaft wird wegen ihrer Kollaboration mit den deutschen Abschiebebehörden besetzt, es folgen Hunger- und sogar Durststreiks, weitere Märsche und Platzbesetzungen selbstorganisierter Flüchtlinge in vielen Orten Deutschlands. »Aufstand der Unsichtbaren«, titelt die taz Anfang August 2013 und veröffentlicht eine Landkarte des Widerstandes. [1]
Empowerment gegen die verordnete Ohnmacht
In mehreren Bustouren bereisen die bereits organisierten Flüchtlinge unzählige Lager und Wohnheime in allen Bundesländern, um die Nichtorganisierten anzusprechen und zu mobilisieren. Asylsuchende müssen in völlig abgelegenen »Dschungel«-Lagern wohnen, also irgendwo im Wald, in heruntergekommenen Kasernen oder überfüllten Containern. Der Landkreis als Grenze, Gutscheine oder Lebensmittelpakete statt Bargeld, und Anspruch auf medizinische Versorgung allenfalls im Notfall: Auf allen Ebenen sollen Asylsuchende zu spüren bekommen, dass sie unerwünscht sind. Systematisch wird ein selbstbestimmtes Leben verweigert. »Break Isolation« lautet deshalb ein zentraler Slogan der Selbstorganisierten gegen das Lagerregime, denn es ist die Vereinzelung der Flüchtlinge, die die Betroffenen in Ohnmacht und Verzweiflung halten soll.
In mehreren Städten haben sich in den letzten Jahren aktive Kerne von FlüchtlingsaktivistInnen gebildet und zunehmend besser vernetzt, insbesondere in der »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen«. Aus eigener Erfahrung wissen sie, dass die Ermutigung im Alltag ein entscheidender Faktor für eine kontinuierliche Selbstorganisierung ist: sich selbstbewusst gegen den verbreiteten Rassismus von Hausmeistern in den Lagern zu wehren, sich von den Sachbearbeitern der Ausländerbehörden nicht mit Abschiebeandrohungen einschüchtern zu lassen, sich einer »Residenzpflicht« zu widersetzen, die allenfalls mit willkürlichen Genehmigungen das Reisen über die Landkreisgrenze hinaus erlaubt. Diese konkreten Erfahrungen der Selbstbehauptung bleiben die überzeugenden Ausgangspunkte bei Besuchen und Treffen direkt in den Lagern, aber auch bei regionalen und bundesweiten Konferenzen.
Und dieser bestehende alltägliche Widerstand gegen die rassistischen Sondergesetze traf im Frühjahr 2012 auf die überraschende Dynamik einer Protestwelle, deren Auslöser der Tod eines Asylsuchenden in Würzburg war. Aus Angst vor Abschiebung und verzweifelt über seine Situation im Lager hatte sich dort ein iranischer Mann das Leben genommen. Seine Bekannten und MitbewohnerInnen waren nicht gewillt, diesen Tod als »bedauerlichen Vorfall« hinzunehmen, als den ihn die Behörden und Medien in üblicher Manier abhandeln wollten. Vielmehr organisierten sie einen hartnäckigen und entschiedenen Protest inmitten der Stadt, klagten damit die unmenschlichen Zustände an und inspirierten mit gegenseitigen Besuchen Flüchtlinge in anderen Städten, ebenfalls die elende Lagersituation zu bestreiken. Würzburg war dann einige Monate später auch der Ausgangspunkt des Protestmarsches nach Berlin, mit über 30 Stationen und 600 km zu Fuß. Er wurde zu einem Marsch der Würde, der nicht nur bei den Flüchtlingen selbst, sondern auch in der medialen Öffentlichkeit eine zunehmende Aufmerksamkeit gewann.
Auf die Plätze…
Kairo, Madrid, New York: 2011 ist das Jahr, in dem die Besetzungen von öffentlichen Plätzen zu einem zentralen Mittel neuer Protestbewegungen werden. Nicht nur in Deutschland haben Flüchtlinge und MigrantInnen diese Form des Widerstandes aufgegriffen. In Amsterdam, Den Haag und Wien wurden im Herbst 2012 ebenfalls Plätze und später Kirchen besetzt. Am 23. März 2013 fanden zeitgleich in Bologna, in Amsterdam und Berlin Demonstrationen mit jeweils einigen tausend Beteiligten statt, und selbst Budapest erlebte seine ersten Flüchtlingskundgebungen. Diese Parallelität ist längst noch kein Ausdruck einer europaweiten Koordination. Dazu sind die jeweiligen Ausgangsbedingungen wie auch die Zusammensetzung und die spezifischen Forderungen der Protestierenden zu unterschiedlich. Doch es entstehen mehr und mehr direkte Verbindungen, gemeinsam ist ihnen jedenfalls der Widerstand gegen Entrechtung und Ausgrenzung im »harmonisierten« europaweiten Migrationssystem. Und nicht selten fließen dabei die Kampferfahrungen entlang der Transitrouten ein. Denn diese neue Welle von Flüchtlingsprotesten und Streiks im Innern der EU korrespondiert mit den ausdauernden sozialen und politischen Kämpfen an den Außengrenzen.
Grenzregime tödlicher Abschreckung
Ob an der griechisch-türkischen Grenze und in der Ägäis, in den Meerengen von Sizilien oder Gibraltar, rund um die Insel Lampedusa oder um die Enklaven Ceuta und Melilla: Die Bilder an den verschiedenen Hotspots, den sogenannten Brennpunkten der Außengrenzen, gleichen sich. Monströse Zaunanlagen und High-Tech-Überwachung, EU-finanzierte Abschiebeknäste und Dauereinsätze der Grenzschutzagentur Frontex prägen die Situation entlang der wichtigsten Nachbarstaaten. Die Ukraine, Türkei, Libyen, Tunesien, Marokko und sogar westafrikanische Länder sind aus der Perspektive der EU wesentliche Stationen der Transitmigration und sollen – mittels ökonomischem Druck und finanziellen Anreizen – so weit als möglich in die Migrationskontrolle eingebunden werden. Diese Externalisierungsstrategie, die Vorverlagerung des Grenzregimes Richtung Süden und Osten, hat tausendfachen Tod und Leid zur Folge – einkalkuliert im Sinne einer EU-Abschreckungsstrategie gegen die »illegale Migration«.
Die tödlichen Ereignisse im Oktober 2005 in Ceuta und Melilla, den spanischen Enklaven in Marokko, gelten gemeinhin als Zäsur, als Zuspitzung der Auseinandersetzungen an einer EU-Grenze. Denn auf den kollektiven Sturm von MigrantInnen zur Überwindung der Zäune reagierten spanische und marokkanische Grenzpolizei mit Plastikgeschossen und sogar scharfer Munition. Mindestens 14 Menschen starben, Hunderte wurden mit Bussen Richtung algerischer Grenze gebracht und dort in der Wüste ausgesetzt. Trotz massiv verschärfter Kontrollen und Repressionen gegenüber TransitmigrantInnen in Marokko und trotz einer wahnwitzigen Aufrüstung der Zaunanlagen in Ceuta und Melilla bleibt diese Grenze bis heute hart umkämpft. Immer wieder schaffen es Einzelne mit Überklettern oder Umschwimmen, und zunächst im April und erneut Mitte September 2013 waren es wieder mehrere Hundert, die mit dem Mut der Verzweiflung die kollektive Überwindung wagten.
Die Hartnäckigkeit der Migrationsbewegungen
Nachdem 2008 und 2009 die ägäischen Inseln ein Hauptziel der MigrantInnen waren, änderte sich die Route im Jahr 2010. Nun wurde die griechisch-türkische Landgrenze entlang des Flusses Evros zum zentralen Ort des Transits. Auch Frontex-Einsatz und sofortige Inhaftierungen konnten die selbstbestimmten Einreisen zunächst nicht stoppen. Die Krise und die geringeren Überlebensmöglichkeiten, systematische Razzien der Polizei und rassistische Pogrome sowie schließlich die Mobilisierung tausender Grenzpolizisten an die Landgrenze haben das Bild im Spätsommer 2012 erneut verschoben. Es kommen weniger, aber nun erneut über See und auf die Inseln, auch wieder nach Lesbos. Dort ist es Solidaritätsgruppen im November 2012 gelungen, ein offenes Aufnahmezentrum für die Ankommenden durchzusetzen [2] . Denn geschlossene Lager und Knäste sind üblicherweise die Realität in Griechenland. Tausende sitzen hier nach den Großrazzien im letzten Jahr fest, und das mittlerweile bis zu 18 Monate, nachdem die griechischen Migrationsgesetze einmal mehr den EU-Normen angepasst wurden. Vor diesem Hintergrund kam es im April 2013 zu massiven Revolten der internierten Flüchtlinge und MigrantInnen.
Mit dem Sturz des Diktators Ben Ali haben sich in Tunesien zahlreiche neue zivilgesellschaftliche Akteure entwickelt, darunter die Organisationen der Angehörigen der vermissten und ertrunkenen Harragas [3] , die mit ihren Protesten nicht nur Aufklärung über das Schicksal ihrer Verwandten und FreundInnen verlangen. Sie fordern gleichzeitig die Abschaffung des EU-Visumsregimes und kritisieren die eigene Regierung für deren Kollaboration mit der EU. »Wir haben die Revolution für Würde und Demokratie gemacht«, formulierte die Sprecherin einer Gruppe tunesischer Mütter von Verschwundenen im Juli 2012 auf einer internationalen Versammlung. Und weiter: »Die Regierung ist tatenlos, unsere Söhne haben die Revolution gemacht, aber wir haben immer noch keine Ergebnisse über ihren Verbleib. Es wird eine zweite Revolution geben, wenn sich die Situation nicht ändert.« Als im September 2012 erneut ein Boot kurz vor Lampedusa kentert und 79 tunesische MigrantInnen – darunter auch Kinder – sterben, kommt es kurz darauf in El Fahs, einem der Herkunftsorte der Opfer, zu einem lokalen Aufstand mit Streiks und Blockaden. Gleichzeitig protestieren immer wieder TransitmigrantInnen aus subsaharischen und ostafrikanischen Ländern, die während des Bürgerkrieges aus Libyen nach Tunesien geflohen und dann gezwungen waren, dort in Choucha, direkt an der Grenze, in Zeltlagern des UNHCR in der Wüste zu leben. Sie fordern die Weiterreise in ein für sie sicheres Aufnahmeland, und viele schaffen es auch, als anerkannte Flüchtlinge sogenannte Resettlement-Plätze in den USA oder Europa zu bekommen. Doch einigen hundert Flüchtlingen wird dieser Status bzw. die Weiterreise verweigert, seit Januar 2013 befinden sie sich im Dauerprotest, im April 2013 sogar mittels Hungerstreik vor dem UNHCR-Büro in Tunis. [4]
Transnationale Kampagnen und Strukturen
Spendenkampagnen westeuropäischer Netzwerke hatten im Januar und November 2013 ermöglicht, dass die TransitmigrantInnen aus Choucha mit Bussen zu Protesten ins 500 km entfernte Tunis fahren konnten. Doch transnationale Solidarität geht längst über das Sammeln von Geld hinaus. Drei Beispiele: Mit einem Nobordercamp auf Lesbos 2009 entstanden nicht nur vielfältige Kontakte vor allem in die afghanische und ostafrikanische Migrationscommunity, die sich über die Konfrontation mit Dublin II in weitere gemeinsame Kämpfe verlängert hat. Es gab auch einen Schub für Monitoring- und Unterstützungsprojekte entlang dieser – statistisch gesehen – wichtigsten Migrationsroute von der Türkei über Griechenland Richtung Nordwesteuropa. [5]
Mit der Buskarawane für Bewegungsfreiheit und gerechte Entwicklung von Bamako nach Dakar Anfang 2011 [6] gelang ein neuer Schritt in der euro-afrikanischen Zusammenarbeit. Insbesondere mit Gruppen in Mali hat sich ein kontinuierlicher Austausch stabilisiert.
Und mit dem arabischen Frühling ergaben sich neue Möglich- und Notwendigkeiten in der Kooperation mit Organisationen in Nordafrika. Mit dem Fall der Wachhundregimes in Tunesien und Libyen und angesichts der rigiden EU-Visumspolitik stiegen wieder vermehrt MigrantInnen in Boote, um via Lampedusa und Sizilien nach Europa zu gelangen. Viele kamen und kommen dabei ums Leben, immer wieder auch deswegen, weil die Grenzschützer die Rettung verweigern. Vor diesem Hintergrund startete im Juli 2012 mit »Boats4People« eine symbolische Kampagne euro-afrikanischer Solidarität gegen das tödliche Grenzregime auf See. Dieses findet nun mit »Watch The Med«, einem transnationalen Monitoringprojekt gegen das Sterben-Lassen im Mittelmeer, eine praktisch orientierte Fortsetzung. [7]
Denn stehen die Nobordercamps, Karawanen und Solidaritätsboote in den umkämpften Grenzräumen für öffentlichkeitswirksame Aktionen und eher symbolische Interventionen, so haben sich aus den vereinzelten Kontakten und Kooperationen längerfristige Strukturen entwickelt, die sich zunehmend besser vernetzen. Das so gewonnene Wissen findet vielfache Umsetzungen, so z.B. in dem virtuellen Fluchthilfe-Leitfaden von »Welcome to Europe«, der zur konkreten Unterstützung von Flüchtlingen und MigrantInnen »on the move« nützliche Adressen und praktische Informationen aus allen wichtigen Transit- und Zielländern in vier Sprachen anbietet. [8] Ende letzten Jahres wurde eine »Transborder-Map« erstellt, eine Karte, die einen ersten Überblick bietet über die wachsende Anzahl sich vernetzender Initiativen entlang der Außengrenzen der EU [9] . Sie soll demnächst zu einer interaktiven Plattform ausgebaut und ergänzt werden, um die Kämpfe und Kampagnen für globale Bewegungsfreiheit in einem gemeinsamen Rahmen sichtbar zu machen.
Herausforderungen und Perspektiven
Eine Woche nach der Tragödie vom 3. Oktober hatte Wolfgang Niedecken, Sänger der Gruppe BAP, in der Talkshow »hart, aber fair« einen bemerkenswerten Vergleich formuliert: Er sagte, dass der grausame Tod der Boatpeople vor Lampedusa zum »Fukushima der Flüchtlingspolitik« werde, also einen Wendepunkt zur Abkehr von einer grausamen Abschottungspolitik markieren möge. Angesichts der gegebenen Realitäten erscheint dies als weiterer frommer Wunsch. Denn während der Papst sichere Fähren für die Bedürftigen fordert, entscheiden die Verantwortlichen in Brüssel, Frontex zu stärken und die Überwachung mittels Eurosur [10] zu intensivieren. Sie tun das – mit der Erfahrung von 20 Jahren »Bordermanagement« – im wohlkalkulierten Wissen, dass mehr Kontrolle zu mehr Tod und Leid führen wird.
Doch es ist nicht allein der mediale Aufschrei und der ungewohnt kritische öffentliche Diskurs der vergangenen Wochen, der hoffen lässt. Es sind und bleiben vor allem die anhaltenden selbstorganisierten Kämpfe von Flüchtlingen und MigrantInnen, die Mut machen. Wir erleben zurzeit eine transeuropäische Verstetigung und Verdichtung der Kämpfe um Bewegungsfreiheit, die für die neuere Migrationsgeschichte einmalig erscheint. Perspektivische Fragen nach konkreten Durchsetzungsstrategien sowie nach verstärkter europaweiter Koordination stehen bei aktuellen bundesweiten und internationalen Treffen und Konferenzen ganz oben auf der Tagesordnung. Es gab und gibt erste kleine Erfolge: sei es – wie eingangs erwähnt – im Kampf gegen Dublin II, seien es erste Resettlement-Plätze, die für die Aufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden, sei es die Abschaffung von Gutscheinsystemen und Essenspaketen in Niedersachsen und Bayern, sei es die Aufhebung der Residenzpflicht innerhalb einzelner Bundesländer. Dass diese Zugeständnisse nicht der beabsichtigten reformistischen Befriedung und Spaltung dienen, sondern zur weiteren Dynamik und Stärkung der Bewegung genutzt werden können, stellt sich als eine der Herausforderungen. Zudem wird unter FlüchtlingsaktivistInnen bereits intensiv diskutiert, wie in den kommenden Monaten ein europaweit koordinierter Protest-Zyklus in Gang zu bringen sein könnte. Wenn es darüber hinaus gelingt, diese migrations- und flüchtlingspolitischen Kämpfe verstärkt mit Kampagnen gegen die allgemeine Krisen- und Austeritätspolitik zu verbinden, wie dies u.a. bei der Vorbereitung der Blockupy-Aktionstage im Mai 2014 in der Diskussion ist, könnte dies spannende Impulse für eine notwendige Debatte zum Zusammenhang von Entrechtung und Prekarisierung bringen, und umgekehrt die Flüchtlingsproteste aus einem nicht nur moralischen, sondern gesamtgesellschaftlichen Kontext im Zusammenhang von Kämpfen gegen das Krisen- und Grenzregime stärken. Jedenfalls bestehen für die nächste Zeit durchaus gute Chancen, die »Festung Europa« nachhaltig zu schleifen.
Hagen Kopp,
kein mensch ist illegal/Hanau
Anmerkungen: Dieser Text ist eine überarbeitete und stark aktualisierte Version eines Artikels, der im Mai 2013 im Forum Wissenschaft veröffentlicht wurde.
Anmerkungen:
1 Unter http://kompass.antira.info/ findet sich ein monatlicher Newsletter der antirassistischen Bewegung mit einem jeweiligen Überblick über die Flüchtlingskämpfe.
3 Arabischer/nordafrikanischer Begriff für MigrantInnen, die sich ohne Visum auf den Weg machen, übersetzt als »Grenzverbrenner«.
4 http://chouchaprotest.noblogs.org/ und http://voiceofchoucha.wordpress.com/
6 http://afrique-europe-interact.net
10 Eurosur (European border surveillance system) ist ein Überwachungssystem der Europäischen Union, bei dem Drohnen, Aufklärungsgeräte, Offshore-Sensoren und Satellitensuchsysteme eingesetzt werden sollen. Ab Dezember 2013 soll das System in sieben, an das Mittelmeer angrenzenden Ländern eingesetzt werden.
Refugees and Migrants in their Struggle for global Freedom of Movement
“No Fingerprints” – While collectively raising their hands and walking with self-painted banners along the main shopping street and harbour towards the tourist beaches, 250 refugees, mainly from Eritrea, again and again chanted this slogan at the top of their voice. They all had just left the camp at a distance of two kilometres outside of the city that was supposedly locked, after – as a large group and against all coercive measures of the authorities – having refused for a period of more than ten days to submit their fingerprints. On 20 July 2013 they went public and it was an impressive demonstration of civil disobedience that took place on the island of Lampedusa, which ten weeks later would again become the media symbol of the EU’s deadly border regime in connection with the 360 casualties of the boat tragedy of 3 October.
The small Italian island, situated closer to the North-African coast than to Europe, has been making the front pages for years, when overcrowded boats reached its coast or were wrecked on this risky route. It is less known that all the newcomers on Lampedusa are at first interned, incarcerated in a large camp, in order to register them by taking their photos and fingerprints and, if possible, to immediately deport them again to their country of origin. Against this background insurgences occurred repeatedly here over the last years, in the fall of 2011 several buildings of this prison were put on fire by Tunisian deportation prisoners.
„Dublin II” is the name of the EU Regulation according to which all refugees remain bound to the EU country where they were first registered. Meanwhile thousands of people who are travelling towards their relatives and acquaintances in North-Western Europe, are returned to these transit countries, e.g. to Italy, Poland or Hungary, on the basis of this regulation. The “No Fingerprints” protest of the refugees on Lampedusa prevented this registration, a collective anticipation and refusal of the “Curse of the Fingers”.
And they were successful: after having occupied the square in front of the church for a night and a day, they were able to obtain the guarantee for their transfer to the Italian mainland, in negotiations that went on for hours and without submitting their fingerprints! It was the joint resolve of this large group that led to this success. The protest also occurred at an opportune moment, since only two weeks earlier the pope had made a surprise visit to the island and had, in no uncertain terms, criticized “the global indifference” towards the boat people and demanded more support for the refugees. Against this background the government and the authorities obviously wanted at least to avoid new conflicts, all the more since as of May 2012 Lampedusa has a progressive mayoress who during the negotiations mediated in favor of the protestors as well.
“Revolt of the Invisibles…”
It was the largest demonstration in support of refugees that was ever held in Germany, when on 2 November 2013 more than 15,000 people took to the streets in Hamburg, to protest in favour of the right to stay of the “Lampedusa in Hamburg” group and against the deadly EU border regime. Almost every day very diverse actions were and still are taking place in Hamburg, after the SPD-governed Hamburg Senate under Olaf Scholz started – one week after the October accident in front of Lampedusa – raids against black African migrants. The fact that the resistance became increasingly broader and more determined, despite and against this repressive and stubborn behaviour, is of exemplary significance. If the collectively organized struggle in Hamburg gains increasing acceptance, this could be a decisive contribution to the encouragement and strengthening of the self-organized refugee protests.
From Lampedusa to Hamburg, on squares from Berlin to Vienna, in the internment camps in Greece or already in the forecourt of the EU border regime in Tunisia: the multiple struggles of refugees and migrants are growing stronger. No later than October 2012 Germany also saw the development of a new wave of self-organized protests. Led by self-organized refugees – who before this had organized local protest tents in several cities, followed by a one-month march straight across Germany – about 6,000 demonstrators passed through the capital on 13 October 2012. The abolishment of the camps and of the “Residenzpflicht”/residence obligations and a stop to all deportations were the three main demands, for which hardly ever before so many people throughout Germany jointly took to the streets. Since then the anti-racist resistance has increasingly been in the public eye and remains dynamic and persevering. In Berlin a protest camp was even kept up throughout the winter, the Nigerian embassy was occupied for its collaboration with the German deportation authorities, followed by hunger and even thirst strikes, more marches and the occupation of squares by self-organized refugees in many cities throughout Germany. “Revolt of the Invisibles” the heading of the newspaper (taz) read in early August 2013; the newspaper also published a map of the resistance [1].
Empowerment against the prescribed powerlessness
In several bus tours the already organized refugees travel along innumerable camps and shelters in all the German federal states, to talk to and mobilize those who are not organized yet. Asylum seekers have to live in remote “jungle”-camps, meaning somewhere in the woods, and in shabby barracks or overcrowded containers. The regional district as the internal border, coupons or food parcels instead of cash money and a claim to medical care at the most in case of emergencies; in all respects asylum seekers are made to feel unwanted. They are systematically refused a self-determined life. A central slogan of the Self-Organized against the camp regime is therefore “Break Isolation”, because it is the isolation of refugees which is supposed to keep the victims powerless and desperate. Over the past years active cores of refugee-activists have sprung up in several cities and are increasingly well connected in networks, in particular in the “Caravan for the Rights of Refugees and Migrants”. From their own experience they know that the encouragement in daily life is a decisive factor for a continued self-organisation: to defend oneself assertively against the racism propagated by caretakers in the camps, not to become intimidated by the deportation threats uttered by civil servants of aliens departments, to resist a “Residenzpflicht” which at the most with arbitrary permits allows one to travel beyond the regional district limits. These real experiences of self-assertion remain convincing points of departure during visits and meetings in the camps, but also during regional and nationwide conferences. And in the spring of 2012 this existing day-to-day resistance against (special)racist laws, came up against the surprising dynamics of a wave of protests caused by the death of an asylum seeker in Würzburg. Out of fear of deportation and desperate about his situation in the camp, an Iranian man had committed suicide there. His acquaintances and co-occupants did not intend to accept his death as an “unfortunate event”, which was the way in which the authorities and the media wanted to deal with it in their usual manner. They rather organized a stubborn and determined protest in the middle of the city and in doing so denounced the inhumane circumstances. With mutual visits they also inspired refugees in other cities to bring the wretched situation in the camps to a standstill by striking. A few months later Würzburg was also the point of departure of the protest march to Berlin, which march had more than 30 stops and was 600 kilometres on foot. It became a March of Dignity, which not only among the refugees themselves, but also in the public media gained increasing attention.
On the squares…
Cairo, Madrid, New York: 2011 was the year when the occupation of public squares became a major means of action for new protest movements. Not only in Germany did refugees and migrants assume this form of resistance; in Amsterdam, the Hague and Vienna, squares and later churches were occupied in the fall of 2012 as well. Demonstrations, each with a few thousand participants, were held simultaneously in Bologna, Amsterdam and Berlin on 23 March 2013 and even Budapest saw its first refugee marches; this parallelism was not yet the expression of a Europe-wide coordination though. For that the respective basic conditions, as well as the composition and specific claims of the protest groups, are too diverse. Yet we saw the development of more and more direct connections; what they at least have in common, within the “harmonized” Europe-wide migration system, is the resistance against having one’s rights taken away and being excluded. And not seldom the struggles experienced along the transit routes are touched upon, because this new wave of refugee protests and strikes inside the EU, corresponds with the persistent social and political struggles at the external borders.
The border regime, a lethal deterrent
Whether at the Greek-Turkish border and in the Aegean, in the straits of Sicily or Gibraltar, around the island of Lampedusa, or around the enclaves of Ceuta and Melilla: the images at the different focus points, the so-called “hotspots” of the external borders, are alike. Monstrous fencings and high-tech surveillance, EU-financed detention camps and permanent deployment of the border agency Frontex characterize the situation along the borders of the major neighboring countries. From the EU perspective, the Ukraine, Turkey, Libya, Tunisia, Morocco and even West-African countries are essential stops of transit migration and must – by means of economic pressure and financial incentives – as much as possible be embedded in the migration control system. This externalization strategy, the removal of the border regime in southward and eastward directions, results in thousands of casualties and much distress being factored in under the EU deterrence strategy against “illegal migration”.
The deadly events of October 2005 in Ceuta and Melilla, the Spanish enclaves in Morocco, are generally considered as the turning point, the intensification of the conflicts at an EU border, since the Spanish and Moroccan border police forces responded to the migrants’ collective storm of the fences with plastic missiles and even live ammunition. At least 14 people died, hundreds of others were brought in the direction of the Algerian border on buses and were left there in the desert. Despite massively increased controls and repressive measures towards transit migrants in Morocco, and despite an insane reinforcement of the fences in Ceuta and Melilla, this border remains severely disputed to this day. Again and again individual people succeed in climbing over or swimming around it and first in April 2013 and then again in mid-September several hundred people – in a last desperate effort – collectively laid their lives on the line trying to get across.
The tenacity of the migration movements
After the Aegean islands had been the migrants’ main target in 2008 and 2009, the route changed in 2010 and the Greek-Turkish land border along the Evros river became the main place of transit. Even the deployment of Frontex and immediate incarceration could at first not stop the self-determined entries. The crisis and the reduced possibilities of survival, systematic police raids and racist pogroms, as well as finally the mobilisation of thousands of border guards at the land border, changed the situation again at the end of the summer of 2012. Now fewer migrants are coming, but again over sea and onto the islands, also again to Lesbos. Solidarity groups on the island succeeded in November 2012 to press ahead with an open welcoming centre for the newcomers [2], this whereas closed camps and prisons usually are the reality in Greece. After the major raids of last year and after another adjustment of the Greek migration laws to EU standards, thousands of people are locked up here and this meanwhile for up to 18 months. Against this background massive revolts of the interned refugees and migrants occurred in April 2013.
With the fall of the Tunisian dictator Ben Ali numerous new actors have sprung up in civilian society, among which the organisations of the family members of missing and drowned Harragas [3], who with their protests do not only demand clarification of the fate of their relatives and friends. They simultaneously ask for the abolition of the EU visa regime and criticize their own government for its collaboration with the EU. “We made the revolution for dignity and democracy”, said the spokeswoman for a group of Tunisian mothers of disappeared people in July 2012 at an international meeting. And further: “The government is passive, our sons have made the revolution, but we still have not heard anything about their whereabouts. There will be a second revolution, if the situation does not change.” When in September 2012 another boat capsized near Lampedusa and 79 Tunisian migrants (among whom also children) died, a local uprising with strikes and blockades occurred shortly after in El Fahs, one of the places of origin of the victims. Simultaneously there are recurring protests of transit migrants from sub-Saharan and east- African countries, who during the civil war fled from Libya to Tunisia and then had to live in the desert, in Choucha near the border, in encampments of the UNHCR. They demanded to be allowed to travel on towards a secure host country and many also managed, as recognized refugees, to obtain so-called resettlement places in the USA or Europe, but a few hundred refugees have been refused this status and/or to travel on. As of January 2013 they are in a permanent protest, in April 2013 even in a hunger strike, in front of the UNHCR’s office in Tunis [4].
Transnational campaigns and structures
In January and November 2013 a donation-campaign of west-European networks made it possible for the transit migrants of Choucha to go in busses to protests in the city of Tunis 500 km away. But transnational solidarity has long since gone beyond fund raising. Three examples: with a Noborder camp on Lesbos in 2009, not only multiple contacts developed – in particular with the Afghan and east- African migration communities – which were maintained in further joint struggles concerning Dublin II. There was also an impetus for monitoring and support projects along this, statistically considered, most important migration route from Turkey, via Greece, towards north-western Europe [5].
With the Bus Caravan for Freedom of Movement and Just Development from Bamako to Dakar in early 2011 [6] a new step was made in the Euro-African cooperation. In particular with groups from Mali a continuous and stable interchange has developed. And with the Arab Spring new possibilities and necessities ensued in the cooperation with organizations in North Africa. With the fall of the watchdog regimes in Tunisia and Libya and in view of the rigid EU visa policy, increasing numbers of migrants boarded boats again, in order to try to reach Europe via Lampedusa and Sicily. Many died and still die in doing so, more and more often also because border guards refuse to safe them. Against this background Boats4People was started in July 2012, a symbolic campaign of Euro-African solidarity against the deadly border regime at sea, which is now followed by “Watch The Med”, a practice-oriented, transnational monitoring project against the left-to-die policy in the Mediterranean [7].
For if the Noborder camps, caravans and solidarity boats in the disputed border regions are considered as publicity-effective actions and yet rather symbolic interventions, the contacts and cooperation have meanwhile evolved into longer lasting structures which are increasingly well-linked. The knowledge obtained in this way finds many applications, such as for instance in the virtual guideline of Welcome to Europe, which website offers useful addresses and practical information from all major transit and target countries in four languages, as a concrete support for refugees and migrants who are on the move [8]. At the end of last year a “Transborder Map” was created, a map which offers a first overview of the increasing number of linked initiatives along the external borders of the EU [9]. It will soon be supplemented and elaborated into an interactive platform, which makes the struggles and campaigns for global freedom of movement visible in a joint framework.
Challenges and perspectives
A week after the tragedy of 3 October, Wolfgang Niedecken, singer of the rockband BAP, made a remarkable comparison in a German talk show (“hart, aber fair”): he wished that the gruesome death of the boat people near Lampedusa might turn into a “Fukushima of refugee politics”, meaning that it might mark a turning point away from the gruesome exclusion politics. Considering the given reality this would seem another case of wishful thinking, since while the pope was demanding secure ferries for the people in need, the responsible politicians in Brussels decided to reinforce Frontex and to intensify surveillance by means of Eurosur [10] . Having twenty years of experience in border management, they do this full well knowing that more control will lead to more deaths and distress.
Yet it is not only the outcry in the media and the uncommonly critical public discourse of these last weeks, that gives us hope, first and foremost the continuous self-organized struggles of refugees and migrants are encouraging. At the moment we see a trans-European perpetuation and condensing of the struggles for freedom of movement, which seem unique for the more recent history of migration. Perspective questions concerning concrete enforcement strategies, as well as improved Europe-wide coordination are at the very top of the agenda at current nation-wide and international meetings and conferences. There were and there are small successes: be it – as mentioned at the top – the struggle against Dublin II, be it more resettlement places being made available for the reception of refugees, be it the abolition of coupon systems and food parcels in Lower Saxony and Bavaria, be it the abolition of the “Residenzpflicht” inside the federal states. That these concessions do not serve the intended reformative pacification and division, but can be used for further dynamics and the strengthening of our movement, will be one of the challenges.
Moreover the way in which, in the next months, a Europe-wide coordinated protest cycle could be started off, is already intensively debated. If we would moreover succeed in strengthening the link between these struggles of migrants and refugees with campaigns against the general crisis- and austerity-politics – in the way this is being discussed e.g. in the preparation meetings for the Blockupy Action Days for May 2014 – this could result in an exciting impetus for the necessary debate of the connection between the deprivation of rights and precarity. On the other hand it could strengthen the refugee protests, not only from a moralistic point of view, but also from a general social context to interconnect struggles against the crisis and the border regime. Anyway in the near future, there are indeed chances to permanently demolish “Fortress Europe”.
Hagen Kopp, kein mensch ist illegal/Hanau
Notes: This text is a revised and strongly updated version of an article which was published in Forum Wissenschaft in May 2013.
[1] At http://kompass.antira.info/ there is a monthly newsletter of the antiracist movement with a respective overview of the refugee struggles.
[3] Arabic/north-African word for migrants who start travelling without a visa, which in translation means “He/she who burns borders”.
[4] http://chouchaprotest.noblogs.org/ and http://voiceofchoucha.wordpress.com/
[5] http://infomobile.w2eu.net/
[6] http://afrique-europe-interact.net
[8] http://w2eu.info/
[10] Eurosur (European border Surveillance system) is a surveillance system of the EU, which is intended to make use of drones, reconnaissance equipment, offshore sensors and satellite search systems. As of December 2013 the system will become operative in seven countries bordering on the Mediterranean.