„Menschenfeindlicher Unsinn“: (Nicht nur) Seehofer will „Erstprüfung“ von Asylanträgen an EU-Außengrenzen

Dossier

Corasol: Flucht ist kein Verbrechen - Asylgesetzverschärfung stoppen!Bundesinnenminister Seehofer will, dass Anträge von Asylbewerbern künftig bereits an EU-Außengrenzen geprüft werden, ob sie „überhaupt eine Aussicht“ auf Erhalt eines Schutzstatus haben. (…) Die abgelehnten Menschen sollten von den Außengrenzen direkt in die Herkunftsländer abgeschoben werden. Es brauche für die Erstprüfung europaweit einheitliche Regeln, abgelehnte Bewerber müssten sich zudem rechtsstaatlich wehren können, sagte Seehofer. Bereits an den Außengrenzen sollten die Antragsteller zudem einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden. Erst im nächsten Schritt sollten die Menschen in der EU verteilt werden und im jeweiligen Aufnahmeland in einem Asylverfahren die endgültige Entscheidung fallen, erklärte der Innenminister. Ob dabei grundsätzlich alle Länder Asylbewerber aufnehmen müssten, ließ Seehofer offen. Er verwies auf die Idee, dass sich manche Länder auch durch Geld oder Personal an der Asylpolitik beteiligen können…“ Beitrag vom 30. Oktober 2019 beim Migazin externer Link – siehe dazu auch das Dossier Seehofers harter Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik: Zurückweisungen an der Grenze (europafeindlich und rechtswidrig) und hier u.a. die Kritik von Pro Asyl – und nun eine Neuauflage durch die Ampel-Regierung:

  • Absurd teure Scheinlösungen: Die Politik sucht mit den anvisierten Asylverfahren in Drittstaaten eine Wunderwaffe gegen die AfD-Erfolge. Sogar mit neokolonialem Verhalten New
    „Für die Union war die Sache klar: Es gebe „Handlungsdruck“, meinte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), die Kommunen seien überlastet mit den vielen Flüchtlingen, da „müssen wir liefern“. Markus Söder (CSU) befand, die Grünen müssten „endlich von der Bremse gehen“, damit Deutschland seine Asylverfahren in Drittstaaten verschieben könne.
    Monatelang hatte das Innenministerium die Idee von Dutzenden Expert:innen prüfen lassen. Doch diese seien „skeptisch bis kritisch“ oder lehnten „solche Modelle klar ab“, heißt es in dem Bericht, den Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag der Ministerpräsidentenkonferenz vorstellte. Viele der Fachleute hatten auf die Entrechtungen hingewiesen, auf den „Eindruck neokolonialistischen Verhaltens“, die zweifelhafte Kosten-Nutzen-Relation solcher Modelle. Die Länderchefs juckte das nicht. Sie rangen – mit Ausnahme von Bremen und Thüringen – der Bundesregierung das Zugeständnis ab, bis Dezember „konkrete Modelle“ dafür zu entwickeln. Zu groß ist die Sehnsucht nach einer Wunderwaffe gegen die anhaltenden AfD-Erfolge. Alle gieren nach einer neuen, durchschlagenden Idee, die das Asylproblem endlich lösen soll – und tun in einem Akt kollektiver Selbsttäuschung so, als seien das die Drittstaaten. Die Union will auf sie den kompletten Flüchtlingsschutz der gesamten EU abwälzen. Wäre das die Lösung, wäre sie längst unter Dach und Fach. (…) Die Ampel hatte sich 2021 im Koalitionsvertrag vorgenommen zu prüfen, ob Asylverfahren in Drittstaaten „in Ausnahmefällen“ möglich sind. 2023 kam ihr „Sonderbevollmächtigter für Migrationsabkommen“, der FDPler Joachim Stamp, ins Amt – und plädierte für Asylverfahren in Afrika, auch wenn das „sehr viel Diplomatie und einen langen Vorlauf“ erfordere. (…) Die Antwort ist, dass viele Regierungen Afrikas der Ansicht sind, schon genug Flüchtlinge aufzunehmen – 43 Millionen sind es afrikaweit. Sie halten die europäischen Auslagerungswünsche für kolonialistisch und fürchten, dass so langfristig immer mehr Menschen bei ihnen hängen bleiben. (…) Großbritannien musste Ruanda 370 Millionen Pfund Entwicklungshilfe versprechen, dazu weitere 120 Millionen Pfund, sobald die ersten 300 (!) Menschen umgesiedelt werden. Dazu überweist London bis zu 171.000 Pfund pro umgesiedelter Person, um diese für zunächst fünf Jahre zu versorgen. Bis April 2024 sollen bereits 290 Millionen Pfund geflossen sein, obwohl noch kein einziger Flüchtling nach Kigali kam. Es ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne weitere Länder sich darauf einlassen könnten, für ähnliche Beträge eine überschaubare, vierstellige Zahl an Menschen aus Deutschland aufzunehmen. Ausgeschlossen aber ist, dass sich diese Bereitschaft auch in Größenordnungen erkaufen lässt, die die deutschen Kommunen spürbar entlasten würden – also im mindestens fünfstelligen Bereich, über Jahre. Dabei brauchen die Kommunen wirklich Entlastung: Geld und Personal für Bildung, Integration, Sozialleistungen, Wohnen. Teure Scheinlösungen in Afrika lenken davon ab.“ Artikel von Christian Jakob vom 21. Juni 2024 in der taz online externer Link – mehr ist zur IMK nicht zu sagen
  • Über 300 Organisationen fordern zum Treffen von Bundeskanzler und Ministerpräsident*innen: Menschen schützen statt Asylverfahren auslagern
    In einem gemeinsamen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsident*innen bekräftigen 309 Organisationen – von lokalen Initiativen der Flüchtlingshilfe bis hin zu bundesweiten Organisationen –, dass sie zu einer Gesellschaft gehören wollen, die fliehende Menschen menschenwürdig aufnimmt. Kurz vor deren Treffen fordert das Bündnis den Bundeskanzler und die Ministerpräsident*innen auf, die Auslagerung von Asylverfahren klar abzulehnen und sich stattdessen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für eine zukunftsfähige Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland stark zu machen.
    Am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, werden Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen während ihrer gemeinsamen Tagung über eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren diskutieren. Das Bundesinnenministerium wird einen Sachstandsbericht zu einem Prüfauftrag vorlegen, der bei Bund-Länder-Beratungen im November 2023 beschlossen wurde.
    Die Organisationen warnen vor der Auslagerung von Asylverfahren. Bisherige Versuche zeigen, dass sie zu mehr Leid bei den Betroffenen und Menschenrechtsverletzungen führen, nicht funktionieren und extrem teuer sind. Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht Vielfalt, Offenheit und ein konsequentes Einstehen für die Menschenrechte für alle, so das Bündnis
    …“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 19.06.2024 bei Pro Asyl externer Link
  • „Menschenfeindliche Scheinlösungen“ – lt. Amnesty sind Asylverfahren in Drittstaaten rechtswidrig
    „… Die Organisation Pro Asyl hat Überlegungen zu einer Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union scharf kritisiert. „Das, was in Deutschland und in der EU diskutiert wird, sind Teilausstiege aus dem Flüchtlingsschutz oder die Abschaffung des individuellen Asylrechts“, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp in Frankfurt. (…) Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellte sich klar gegen die laufenden Überlegungen zur Auslagerung von Asylverfahren: „Wir appellieren an die Bundesregierung, menschenfeindlichen Scheinlösungen nicht auf den Leim zu gehen“, hieß es in einer Stellungnahme. Rund 80 Prozent der Schutzsuchenden weltweit fänden ohnehin in den jeweiligen Nachbarländern Zuflucht, erklärte Sophie Scheytt, Referentin für Asylpolitik und -recht bei Amnesty International Deutschland. Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen sei europarechtswidrig, da das europäische Recht keine Anwendbarkeit außerhalb der Europäischen Union vorsehe. Mit Blick auf die zwischen Italien und Albanien getroffene Vereinbarung, sagte Scheytt, sei ein Domino-Effekt zu befürchten. Es sei möglich, dass Menschen, die von Italien dorthin gebracht würden, versuchen würden, über die sogenannte Balkanroute nach Westeuropa zu gelangen. (…) Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hält Asylverfahren in sogenannten sicheren Drittstaaten generell für möglich, allerdings nur unter eng gefassten Bedingungen. Auch der Migrationsforscher Gerald Knaus sieht in solchen Verfahren außerhalb der Europäischen Union einen gangbaren Weg. Diese Meinungen sind in der Wissenschaft allerdings umstritten.“ Meldung vom 26. Februar 2024 im MiGAZIN externer Link

  • Asylverfahren in Drittstaaten: Die Verzweifelten irgendwo abladen – und grundrechtliche Bedenken wegschieben
    • Asylverfahren in Drittstaaten: Die Verzweifelten irgendwo abladen
      Italien will Schutzsuchende in Albanien verwahren, bis über ihre Asylanträge entschieden ist. Entscheidet sich auch Deutschland für das Modell?
      Die Leichenhalle soll direkt neben der Pier entstehen, für die, die auf dem Weg gestorben sind. Für die anderen ist der Parcours genau vorgezeichnet: Warten, Krätze-Screening, medizinische Untersuchung, Warten, polizeiliche Registrierung, Warten, Abtransport in Bussen. 3.500 Quadratmeter groß wird das neue Ankunftszentrum im Hafen der albanischen Kleinstadt Shëngjin, 4 Meter hoch der Zaun, auch das ist schon genau in den Plänen festgelegt. (…) Auf Hoher See Gerettete will Italien künftig dorthin, statt auf das eigene Festland bringen. Bewacht von italienischer Polizei sollen bis zu 36.000 Menschen pro Jahr dort den Ausgang ihres italienischen Asylverfahrens abwarten. Am Ende soll die Einreise nach Italien oder, wohl häufiger, die Abschiebung stehen. Ein Coup für Meloni, eine Überraschung für alle anderen. Kein anderer EU-Staat hat bisher einen vergleichbaren Deal mit einem Drittstaat abschließen können. (…)
      Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel angekündigt, zu prüfen, „ob die Feststellung des Schutzstatus in Ausnahmefällen (…) in Drittstaaten möglich ist“. Als die Ampel im vergangenen Winter ihren „Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen“, den FDP-ler Joachim Stamp vorstellte, kündigte der direkt an, die Verlegung von Asylverfahren nach Afrika anzustreben. „Dann würden auf dem Mittelmeer gerettete Menschen für ihre Verfahren nach Nordafrika gebracht werden“, sagte Stamp. „Das erfordert aber sehr viel Diplomatie und einen langen Vorlauf.“ (…) Schon 2004 setzte der damalige SPD-Innenminister Otto Schily „Auffanglager in Nordafrika“ auf die Tagesordnung des EU-Ministerrats, gemeinsam mit seinem damaligen italienischen Kollegen Giuseppe Pisanu. Sie argumentierten mit dem Schutz vor dem Ertrinken im Meer. Doch tatsächlich geht es bei den Lager, bis heute, wohl vor allem darum, Menschen am Ankommen in der EU zu hindern – und sie hernach nicht abschieben zu müssen. (…) Doch viele Fragen bleiben offen. Welches Recht soll in einem externen Asylverfahren angewandt werden? Wo sind Rechtsmittel einzulegen? Tatsächlich sagt kaum einer der Befürworter der externen Asylverfahren, wer die Prüfungen in solchen Lagern unter welchen Prämissen durchführen soll. Für deutsche Asylverfahren ist das in Nürnberg ansässige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuständig. Dürfte es Beamte etwa nach Nordafrika schicken, um dort Flüchtlinge anzuhören? Eine konkrete Antwort darauf gibt das Bamf auf Anfrage der taz nicht. Die Behörde verweist an das Bundesinnenministerium. Dessen Sprecher sagt, es prüfe mit Blick auf den Koalitionsvertrag, ob die „Feststellung des Schutzstatus in Ausnahmefällen“ in Drittstaaten möglich ist. „Die Prüfung dauert angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Komplexität der Fragestellung noch an.“ Nach dem MPK-Beschluss vom Montag werde nun auch geklärt, ob die Feststellung des Schutzstatus „zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann.“ Also nicht nur in Ausnahmefällen…“ Artikel von Christian Jakob vom 11.11.2023 in der taz online externer Link

    • Eigene Interessen. „Sichere Drittstaaten“, Migrationsabkommen: Europa möchte seine Abschottung weiter auslagern. Doch die Externalisierungspolitik stößt an Grenzen.
      „Als die britische Regierung 2022 das „Ruanda-Modell“ vorstellte, war die Empörung in anderen Ländern Europas und vor allem in Deutschland noch groß. Das Modell sieht vor, Asylverfahren von Menschen, die an den Grenzen Großbritanniens ankommen, in sogenannte Drittstaaten außerhalb Europas auszulagern. Ins 6.600 Kilometer entfernte Ruanda zum Beispiel. Ein Paradebeispiel für eine Externalisierungspolitik, die ihr Grenzregime nach außen, ins weit entfernte Afrika auslagern will. Aus den Augen, aus dem Sinn. Allein die Bezeichnung „Drittstaat“ macht deutlich, dass es sich um ein Denken in neokolonialen Mustern handelt: Während des Kolonialismus wurden die „Überseegebiete“ oft als Zwangsexil für Menschen genutzt, die sich in anderen Kolonien gegen die Herrschaft aufgelehnt hatten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stoppte im Juni einen ersten Abschiebeflug aus Großbritannien in den ostafrikanischen Staat. Die Vereinten Nationen sahen in dem Modell einen Bruch internationalen Rechts. Wenige Monate später ist die Empörung verflogen, die höchstrichterlichen Bedenken beiseitegeschoben und der Vorschlag, ganz im Zeichen des galoppierenden Rechtsrucks, auch in Deutschland hoffähig geworden. Im Vorfeld des jüngsten Bund-Länder-Gipfels hatten die unionsgeführten Bundesländer zusammen mit dem grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Winfried Kretschmann eine Forderung nach Auslagerung der Asylverfahren an Dritte auf den Tisch gelegt: Die „Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten [solle] unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Drittstaaten erfolgen“. Unterstützung bekommt der Vorschlag von einem Impulspapier aus der SPD-Bundestagsfraktion. (…) Auch in Dänemark, Österreich und Italien gibt es ähnliche Externalisierungspläne. Einen davon präsentierte diese Woche Georgia Meloni, die neofaschistische Ministerpräsidentin Italiens. (…) Egal ob Ruanda- oder Albanien-Modell, die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention ist nicht möglich. Schon jetzt sind in den „Closed Controlled Access Center“ – riesigen gefängnisähnlichen Lagern auf den griechischen Inseln – die Anerkennungsraten bei Asylverfahren um ein Vielfaches geringer als in Deutschland. Selbst Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan können aus Griechenland in die Türkei abgeschoben werden, weil diese im Juni 2021 von Griechenland als „sicherer Drittstaat“ eingestuft wurde. Und das obwohl aus der Türkei jährlich tausende Menschen in die Taliban-Diktatur und den syrischen Bürgerkrieg abgeschoben werden. Nur die Verweigerung der türkischen Behörden, diese Menschen aus Griechenland zurückzunehmen, verhindert diese Kettenabschiebung zurzeit. Es braucht keine Kristallkugel, um vorherzusagen, dass die Zahl der positiven Asylbescheide in „Migrationszentren“ tausende Kilometer entfernt noch geringer sein wird. Ohne Zugang zu unabhängiger Asylberatung, juristischem Beistand und Berufungsrechten – Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit, gegen die schon an Europas Rändern tagtäglich verstoßen wird. Was die zu „sicheren Drittstaaten“ degradierten Ländern mit Geflüchteten machen sollen, die einen negativen Asylbescheid erhalten, steht ebenfalls in den Sternen. Es ist Teil der Fiktion „Migrationskontrolle“, dass demokratische Prinzipien und Grundrechte aufgegeben werden…“ Artikel von Kerem Schamberger vom 10. November 2023 bei medico externer Link

  • Union und Grüne fordern Asylverfahren in Afrika und die Ministerpräsidentenkonferenz will dies prüfen – keine Externalisierung von Grundrechten!
    • PRO ASYL ist entsetzt über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz
      Laut Medienberichten haben Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsident*innen in der vergangenen Nacht einen ganzen Katalog mit verschärfenden Maßnahmen in der Asylpolitik getroffen: Einen längeren Bezug von Leistungen nach dem diskriminierenden und verfassungsrechtlich fragwürdigen Asylbewerberleistungsgesetz, die Einführung einer Bezahlkarte statt Bargeld, Verlängerung der Grenzkontrollen und vor allem eine ernsthafte Prüfung der hoch umstrittenen Auslagerung von Asylverfahren an außereuropäische Staaten. (…)
      Zu der Auslagerung von Asylverfahren
      „Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz, die die Prüfung von Asylanträgen in Drittstaaten vorsehen, sind brandgefährlich. Anstatt pragmatische Maßnahmen für die Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen zu treffen, soll die Lösung der deutschen Herausforderungen wohl in der Türkei oder in Nordafrika gesucht werden. Es ist absolut realitätsfern, dass solche Deals wirksam und vor allem menschenrechtskonform umgesetzt werden. Stattdessen hat jeder Versuch der Auslagerung gezeigt, dass diese immenses Leid produziert – von Nauru bis nach Moria. Wenn die Bundesregierung diesen Beschlüssen folgt, dann steigt sie ein in die rechtspopulistische Geisterfahrt der britischen oder dänischen Regierung – und wird spätestens vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf den Boden der Tatsachen zurück geholt werden. Den Kommunen hat diese Zeit- und Energievergeudung dann jedenfalls nicht geholfen“, sagt Tareq Alaows.
      Vorschläge für die Auslagerung von Asylverfahren gibt es schon lange, funktionierende Modelle aber kaum und ohne massive Menschenrechtsverletzungen keine. Ansätze wie der EU-Türkei-Deal, die die Flucht über bestimmte Routen verhindern wollen, führen aber primär dazu, dass fliehende Menschen andere und oft gefährlichere Routen nehmen. So haben sich zwar die Ankunftszahlen in der EU seit 2016 verringert, doch gleichzeitig sind die Grenzen tödlicher geworden
      …“ Pressemitteilung vom 07.11.2023 externer Link
    • Streit über Flüchtlingspolitik: Union und Grüne fordern Asylverfahren in Afrika
      Die Ausgangslage für den Bund-Länder-Gipfel zur Migration war ohnehin schon schwierig. Dann machten die von CDU, CSU und Grünen geführten Länder auch noch ein neues Faß auf: Asylverfahren in Afrika. Das Ergebnis war am frühen Abend offener denn je. Die von CDU, CSU und Grünen geführten Bundesländer machen sich gemeinsam für Asylverfahren außerhalb Europas stark. Bei den Vorbesprechungen zum Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt verständigten sie sich am Montag in Berlin darauf, sich hinter einen entsprechenden Vorschlag des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) zu stellen. Unklar war zunächst, ob Asylbewerber dafür aus Deutschland in diese Länder zurückgebracht werden sollen oder ob sie dort noch vor der Einreise nach Deutschland einen Antrag auf Schutz stellen können sollen. (…) Den Vorstoß für die Asylverfahren außerhalb der EU hatte Wüst wenige Tage vor dem Migrationsgipfel gemacht. Scholz hatte darauf reserviert reagiert. Die Idee ist, die Asylverfahren entlang der Fluchtrouten durchzuführen. Scholz hat allerdings darauf verwiesen, dass man dafür erst einmal mindestens ein Partnerland zum Beispiel in Afrika bräuchte…“ Beitrag von Michael Fischer, Martina Herzog, Theresa Münch und Sascha Meyer vom 06.11.2023 im Migazin externer Link
    • Flüchtlingsrat SH: Keine Externalisierung von Grundrechten!
      Der Flüchtlingsrat richtet seinen Protest gegen grundrechtsfeindliche Vorschläge aus der Bundespartei an den SPD-Parteitag in Lübeck und an den SPD-Bundesvorstand.
      Mit Schrecken und Empörung hat der Flüchtlingsrat SH zur Kenntnis genommen, dass jetzt aus der SPD] Forderungen nach einer Exterritorialisierung von Grund- und Menschenrechten nach außerhalb Europas erhoben werden. „Die Unteilbarkeit der Menschenwürde und das Grundrecht auf Asyl sind keine je nach parteipolitischer Stimmungslage außerhalb der Reichweite hierzulande geltender Rechtswegegarantie und Gerichtsbarkeit zu verklappender Wertemüll“, kritisiert Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein fordert den heute in Lübeck tagenden Landesparteitag der SPD, den SPD-Bundesvorstand und alle Sozialdemokrat*innen in den Ländern dringend auf, sich von den Vorschlägen ihrer Genossen Lars Castellucci, Frank Schwabe und Fabian Funke zu distanzieren und sich in der Partei und gegenüber Bund, Ländern und Öffentlichkeit für den Erhalt des territorialen Asylverfahrens und den Fortbestand internationalen Flüchtlingsrechts stark zu machen.“ Presseerklärung vom 03.11.2023 beim Flüchtlingsrat SH externer Link – nicht nur für Schleswig-Holstein wichtig!
    • Siehe zu Ministerpräsidentenkonferenz v.a. auch: Ministerpräsidentenkonferenz: „Irreguläre“ Migration beschränken ohne reguläre zu bieten und die nicht verwertbaren, die es zuvor geschafft haben, aushungern…
  • [Erneuter Anlauf zur Aushebelung des Flüchtlingsschutzes beim „Flüchtlingsgipfel“] Faeser kündigt deutsche Initiative für Asylverfahren an EU-Außengrenzen an 
    Die Ampel hat sich offenbar geeinigt: Geflüchtete sollen ihrem Willen nach bei ihrer Ankunft an den EU-Außengrenzen ein Asylverfahren durchlaufen. Viele Fragen sind laut Innenministerin Faeser aber noch offen.
    Deutschland will sich nach den Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen einsetzen. Darauf habe sich die Ampelkoalition geeinigt, sagte die SPD-Politikerin im »Bericht aus Berlin  « im Ersten. »Es geht darum, dass Grenzverfahren, an den Grenzen schon Asylverfahren stattfinden können«, sagte Faeser. »Das heißt, dass bereits dort die Registrierung und Erfassung und Identifizierung der Geflüchteten stattfinden wird.« Im Gespräch sei eine Bearbeitungszeit der Asylanträge von maximal zwölf Wochen. (…)Die Bundesinnenministerin sieht ihren Worten zufolge die Chance, dass Europa gemeinsam bei der Asylpolitik vorankommt. »Wir sehen jetzt ein historisches Momentum, dass wir mit anderen europäischen Staaten es schaffen können, ein gemeinsames Asylsystem auf den Weg zu bringen, wo an den Grenzen die Asylverfahren stattfinden«, sagte Faeser. Deutschland arbeite dabei mit Frankreich, Italien, Spanien, Schweden und Belgien zusammen. Zuvor hatte Faeser der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« gesagt, die Bundesregierung prüfe, ob Asylverfahren auch außerhalb der EU abgehalten werden könnten. Es seien »rechtsstaatliche Migrationsabkommen mit Drittstaaten« geplant. »Ob die Feststellung eines Schutzstatus in Drittstaaten möglich ist, das prüfen wir.«…“ Meldung vom 30.04.2023 im Spiegel online externer Link, siehe dazu:

    • Flüchtlingsgipfel: Ein Tropfen auf dem heissen Stein für Unterbringung und Versorgung, aber viel Energie für Ausweitung der Pushbackzone gegen „irreguläre Migration“ New
      • Fragen und Antworten: Was hat der Flüchtlingsgipfel gebracht?
        Ganz ohne eine Einigung ist man nach dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern nicht auseinandergegangen. Für die Kommunen gibt es etwas mehr Geld. Bei der Begrenzung von Migration und bei Abschiebungen rückt die Ampel-Regierung nach rechts.
        Bund und Länder haben bei ihrem Flüchtlingsgipfel einen Kompromiss erzielt, der niemanden so richtig glücklich macht. Das zeigen die vielen kritischen Kommentare am Tag danach. Neu ist vor allem die Erhöhung der sogenannten Flüchtlingspauschale. Außerdem sind mehrere kleinere gesetzliche Anpassungen geplant, die dafür sorgen sollen, dass Menschen, die Deutschland verlassen müssen, auch wirklich ausreisen. Die wichtigsten Fragen und Antworten…“ FAQ vom 11.05.2023 im Migazin externer Link und darin: „Und was ist mit Abschiebungen? Hier sind einige gesetzliche Änderungen geplant. Zum Beispiel soll der Ausreisegewahrsam von derzeit 10 auf 28 Tage verlängert werden. Der Ausreisegewahrsam kann angeordnet werden, wenn jemand trotz einer entsprechenden Aufforderung keine Anstalten macht, Deutschland zu verlassen. Jemand der trotz eines Einreiseverbots ins Land gekommen ist, soll künftig auch dann in Abschiebungshaft genommen werden können, ohne dass dafür eine Fluchtgefahr nachgewiesen werden muss…“
      • „Flüchtlingsgipfel“: Regierung mit sich zufrieden, Pro Asyl schockiert
        Asylverfahren sollen an EU-Außengrenzen verlegt werden. CSU und AfD reicht das nicht. Eine Milliarde zusätzlich für Versorgung Geflüchteter, die dieses Jahr Deutschland erreichen…“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 11. Mai 2023 in Telepolis externer Link
      • Flüchtlingsgipfel: Ausweitung der Pushbackzone. Eine Milliarde Euro und jede Menge Beschränkungen des Asylrechts: die Ergebnisse des »Flüchtlingsgipfels«
        Artikel von Ulrike Wagener vom 11.05.2023 in ND online externer Link
      • Das Ergebnis des #Migrationsgipfels ist eine Einigung auf massive Einschränkungen von Menschenrechten. Was vorher unter Union propagiert wurde, führen @Bundeskanzler und @NancyFeaser nun weiter: Asylverfahren an den Europäischen Außengrenzen, weitere Abkommen mit Drittstaaten und beschleunigte Abschiebungen.
        Das Ziel ist ganz klar: Menschen sollen Deutschland garnicht erst erreichen und um ihren Schutz geht es nicht und die noch immer existierende Aufnahmebereitschaft in Deutschland wird durch die vergiftete Rhetorik der Debatte überschattet
        . “ Thread von Sea-Watch vom 11.5. mit Video-Statement externer Link
    • PRO ASYL zum Flüchtlingsgipfel: Bundesregierung geht auf Seehofer-Kurs
      „Beim Flüchtlingsgipfel am Mittwoch, 10. Mai 2023, werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Februargipfels vorgestellt und diskutiert. Erste Einblicke in die Ergebnisse lassen neben ein paar sinnvollen Maßnahmen, wie die zur Entlastung der Ausländerbehörden, Schlimmes erahnen: (…) „Anstatt den Bundesländern bei der Finanzierungsfrage entgegenzukommen, will die Bundesregierung sie mit Gesetzesverschärfungen auf Kosten der Geflüchteten ruhig stellen. Innenministerin Faeser setzt dabei auf alte Seehofer-Rezepte, die den Druck auf geflüchtete Menschen erhöhen, sie isolieren und letztlich vor allem ein Ziel haben: Dass möglichst wenige Fliehende nach Deutschland kommen. Der aktuelle Abschiebungs- und Abschottungsaktionismus löst nicht die Probleme der Kommunen, sondern verstärkt rassistische Stimmungen. Die meisten Schutzsuchenden kommen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Türkei oder dem Iran, in denen Gewalt, Diktatur und Verfolgung herrschen. Diese Menschen haben ein Recht auf Schutz”, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. (…) Mehrfach haben PRO ASYL und Flüchtlingsräte an Bundesregierung und Länder appelliert, auf starre Regelungen zu verzichten, die Menschen zwingen, in staatlichen Unterkünften statt privat zu wohnen, oder sie bei ihrer Wohnungssuche einschränken. Statt solche pragmatischen Wege zu gehen, will die Bundesregierung wohl ein Prestigeprojekt des früheren CSU-Innenministers Horst Seehofer neu aufleben lassen: Die AnkER-Zentren. Dabei steht eindeutig im Koalitionsvertrag: „Das Konzept der AnkER-Zentren wird von der Bundesregierung nicht weiterverfolgt.” (…) “Besonders negativ überrascht sind wir davon, dass die Bundesregierung mit dem alten Trick der angeblich sicheren Herkunftsstaaten um die Ecke kommt – und das bei grüner Regierungsbeteiligung, obwohl die Grünen zurecht dieses Konzept aufgrund der negativen Konsequenzen für faire Asylverfahren stets abgelehnt haben. Dass hier ausgerechnet Moldau und Georgien ins Spiel gebracht werden, ist angesichts der dortigen Angst vor einem russischen Einmarsch besonders realitätsfremd”, so Wiebke Judith. (…) Von georgischen Staatsangehörigen wurden bis Ende April 3.400 Asylerstanträge (circa 3% der gesamten Erstanträge) und von moldauischen Staatsangehörigen wurden 690 Erstanträge gestellt (weniger als 1% der gesamten Erstanträge). Folglich sind durch diese Maßnahme keine erheblichen Auswirkungen auf die Flüchtlingszahlen zu erwarten. (…) PRO ASYL kritisiert auch stark die neue Position der Bundesregierung bezüglich Grenzverfahren unter Haftbedingungen an den EU-Außengrenzen (…). Es ist dabei besonders makaber, diese Einschnitte in Menschenrechte als Lösung für die aktuellen Probleme der Kommunen zu verkaufen…“ Pressemitteilung vom 9. Mai 2023 von und bei Pro Asyl externer Link
    • Erklärung des RAV aus Anlass des Flüchtlingsgipfels am 10.5.23
      Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV) erklärt aus Anlass des morgigen Flüchtlingsgipfels: Wir lehnen die de facto Abschaffung des Asylrechts durch die Ampel ab.
      Mit den Beschlussvorschlägen zum Europäischen Asylrecht aus dem Bundeskanzleramt bricht die Ampelkoalition mit dem bisherigen Konsens der Politik in Deutschland nach 1945. Die Lehre aus dem Faschismus war die Genfer Flüchtlingskonvention und Art. 16a Grundgesetz. Nun ist die einzige Antwort der Ampel: Abschottung nach Außen, Ausweitung der Repression in Hinblick auf Ankerzentren und Abschiebehaft im Inneren.
      Es geht hier nicht um Ideologie, sondern um unsere Unmenschlichkeit, die sich zeigt im Umgang mit Schutzsuchenden. Es geht hier darum, dass wir das Recht beliebig relativieren, je nachdem, wer es in Anspruch nimmt.
      Dieses Unrecht greift die Grundlagen unserer Gesellschaft an. Kein Kompromiss kann dies rechtfertigen. Es ist Zeit, andere Wege zu gehen, statt immer wieder gescheiterte Abschottungsstrategien zu verfolgen.
      Zum morgigen Flüchtlingsgipfel fordern wir ein Ende der Zwangskasernierung von schutzsuchenden Menschen und die Streichung der Arbeitsverbote. Statt Symbolpolitik, wie die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, braucht es einen Aufbruch, der die Unteilbarkeit der Welt und die nicht nach Herkunft und Identität relativierte Menschenwürde ins Zentrum politischen Handelns rückt. Die Vertretung von egoistischen Partikularinteressen und staatliche Aufrüstung, Gewalt und Abschottung von Schutzsuchenden ist eine rückwärtsgewandte Politik, die wir ablehnen.“ Pressemitteilung vom 9.5.2023 externer Link
    • Vor dem Flüchtlingsgipfel: Aufnahme von Schutzsuchenden weiter ermöglichen
      Seit 2018 haben sich bereits über 300 Kommunen in Kooperation mit der Seebrücke zu “Sicheren Häfen” erklärt und damit ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Schutzsuchenden signalisiert. Die Seebrücke fordert, dass aufnahmebereite Kommunen in ihrem Engagement von Bund und Ländern unverzüglich unterstützt werden und somit das Recht auf Schutz von Geflüchteten nicht gefährdet wird. “Besonders CDU-geführte Bundesländer blenden die Aufnahmebereitschaft und das Engagement vieler Kommunen strategisch aus, um ihre eigene Abschottungsagenda voranzutreiben. Statt mit den Kommunen an einem Strang zu ziehen, gefährden sie das Grundrecht unzähliger Schutzsuchender auf ein sicheres Leben.” so Maura Magni von der Seebrücke.  (…) Neben finanzieller Hilfen hat die Bundesregierung viele rechtliche Spielräume. So fordert die Seebrücke mit Migrationsexpert*innen wie Lyapina, dass der Bund auch seine rechtlichen Handlungsmöglichkeiten nutzt, um aufnahmebereiten Kommunen den Rücken zu stärken…“ Pressemitteilung vom 08.05.2023 von und bei Seebrücke externer Link
    • PRO ASYL alarmiert: Bundesregierung stimmt De-facto-Haftlagern und Aushebelung des Flüchtlingsschutzes an den EU-Grenzen zu
      Die Bundesregierung stellt heute im Bundestag ihre Position zur europäischen Flüchtlingspolitik und den aktuell diskutierten Reformplänen vor. In den Medien bekannt gewordene Aspekte zeigen, dass die Bundesregierung sich gefährlich weit von den Grundsätzen ihres menschenrechtsbasierten Koalitionsvertrags entfernt. PRO ASYL regiert enttäuscht und entsetzt auf die rot-grün-gelbe Einigung. Damit rücken Grenzverfahren in Haftlagern an der EU-Grenze mit Ziel der Zurückweisung in nicht sichere Drittstaaten immer näher…“ Pressemitteilung vom 28.04.2023 externer Link
    • Flüchtlingspolitik: Länder wollen Asylverfahren verkürzen
      Um Asylverfahren zu beschleunigen, setzen sich mehrere Ministerpräsidenten für eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten ein – parteiübergreifend. Diese Forderung könnte auch beim „Flüchtlingsgipfel“ zur Sprache kommen. Vor dem Spitzentreffen mit dem Bund zur Flüchtlingspolitik am 10. Mai bringen sich die Länder in Stellung. Einige Ministerpräsidenten befürworten eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten. Dies würde nach Ansicht von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Verwaltungsgerichten beschleunigen sowie Länder und Kommunen entlasten, wie ein Senatssprecher der „Welt“ sagte. Als Länderbeispiele nannte er Georgien, Marokko, Algerien, Tunesien und Indien. Menschen aus diesen Staaten würde eine Vielzahl von Asylanträgen stellen, aber nur eine äußerst niedrige Schutzquote aufweisen. Davon unberührt würde der individuelle Anspruch auf Einzelfallprüfung im Asylverfahren bestehen bleiben, so Tschentscher…“ Meldung vom 30.04.2023 in tagesschau.de externer Link und
    • der Kommentar von Hessischer Flüchtlingsrat im Tweet vom 30. Apr. 2023 externer Link: „Staaten zu „Sicheren Herkunftsstaaten“ erklären beschleunigt weder Asylverfahren noch führt es zu mehr Abschiebungen. Alles was passiert ist die komplette #Entrechtung der Menschen: Lagerpflicht & Arbeitsverbot unbegrenzt, Aufenthaltsverfestigung unmöglich
    • Siehe auch unser Dossier: Migrationspakt etc.: Neuer Anlauf in der EU-Flüchtlingspolitik (???) sowie Neuer Sonderbevollmächtigter für Migration will leichter abschieben: Durch Kooperationen und Partnerschaften mit den Herkunftsländern
  • Die griechische Blaupause: Berlin fordert Asylprüfung an den EU-Außengrenzen. Als Modell bietet sich das neue, weithin kritisierte griechische Asylgesetz an 
    „Menschenrechtsorganisationen warnen vor der Modellierung der EU-Asylpolitik nach dem Vorbild des neuen griechischen Asylgesetzes. Das zum 1. Januar in Kraft getretene und im Mai leicht modifizierte Gesetz ermögliche es, über Asylgesuche binnen weniger Tage zu entscheiden und abgelehnte Antragsteller unverzüglich abzuschieben, urteilen der Greek Council for Refugees sowie die Hilfsorganisation Oxfam in einem gestern veröffentlichten Bericht. Dabei würden zwar zentrale Belange der Flüchtlinge systematisch missachtet; dennoch könne das Gesetz als Blaupause für die neue EU-Asylgesetzgebung gelten, wie sie unter deutscher Ratspräsidentschaft verabschiedet werden solle. In der Tat fordern deutsche Politiker eine schnelle Prüfung von Asylanträgen unmittelbar an den EU-Außengrenzen sowie die direkte Abschiebung abgelehnter Antragsteller. (…) Völkerrechtswidrige, darüber hinaus sogar lebensgefährdende Praktiken der griechischen Behörden bei der Abwehr von Flüchtlingen sind in den vergangenen Wochen mehrfach dokumentiert worden. So konnte inzwischen belegt werden, was Flüchtlingsorganisationen schon seit Jahren beklagen: Dass maskierte Beamte der griechischen Küstenwache Flüchtlingsboote attackieren und dabei nicht selten den Motor beschädigen. Manövrierunfähig gemacht, können die Boote ihre Fahrt auf die griechischen Ägäisinseln nicht fortsetzen. Mittlerweile kommt es nicht nur vor, dass griechische Küstenwächter mit ihren Schiffen gezielt Wellen verursachen und damit Flüchtlingsboote, anstatt die Flüchtlinge zu retten, zum Kentern zu bringen drohen. Zuweilen werden Flüchtlinge auch von ihren Booten auf aufblasbare Rettungsinseln gesetzt und von griechischen Küstenwächtern aufs Meer geschleppt. Ein derartiger Vorfall war erst kürzlich in einer TV-Dokumentation zu sehen. (…) Bei alledem handeln die griechischen Behörden nicht allein, sondern mit Unterstützung der EU-Flüchtlingsabwehrbehörde Frontex. (…) Dass die Bundesregierung „von völkerrechtswidrigen Zurückweisungen der griechischen Küstenwache nur aus Medienberichten Bescheid wissen“ wolle, sei vor dem Hintergrund der massiven Frontex-Präsenz „absolut unglaubwürdig“, urteilt Hunko. Tatsächlich sind Beamte der Bundespolizei in die Maßnahmen zur lebensgefährlichen Zurückschiebung von Flüchtlingen unmittelbar involviert. (…) Jenseits derartiger Exzesse üben Menschenrechtsorganisationen scharfe Kritik auch an dem neuen griechischen Asylgesetz, das zum 1. Januar in Kraft getreten und im Mai leicht modifiziert worden ist. (…) Oxfam und der Greek Council for Refugees warnen, das neue griechische Asylgesetz könne als Blaupause für die künftige EU-Asylgesetzgebung gelten, auf die sich Brüssel noch in diesem Jahr unter deutscher Ratspräsidentschaft einigen wolle…“ Bericht vom 3. Juli 2020 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link, siehe dazu auch:

  • Seehofer: Asylanspruch bereits an EU-Außengrenzen prüfen 
    „… Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dringt auf eine Neuregelung des europäischen Asylsystems. Er hoffe, dass die EU-Kommission noch vor Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft am 1. Juli ihren Vorschlag dazu veröffentlicht. (…) Wenn es nach ihm geht, hat die Reform bereits Konturen: Es solle bereits an den Außengrenzen geprüft werden, ob eine Person asylberechtigt sei, sagte Seehofer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Ist er es nicht, kann er nicht verteilt, sondern muss zurückgeführt werden“, erklärte Seehofer. Die europäische Grenzschutzpolizei Frontex solle zudem „massiv“ ausgebaut werden. (…) Derweil haben fünf Mittelmeeranrainer die EU-Kommission aufgefordert, einen verpflichtenden Verteilungsmechanismus für gerettete Bootsflüchtlinge einzuführen. Sie riefen zur Überwindung der Dublin-Regelung auf. Italien, Griechenland, Spanien, Malta und Zypern drangen bei einer Video-Konferenz ihrer Innenminister überdies gemeinsam auf ein einheitliches Rückführungssystem innerhalb der EU. Die Mittelmeerstaaten mahnten ferner Richtlinien für die Aktivitäten privater Seenotretter an. Zuletzt hatten Unbekannte auf Lampedusa Boote angezündet, mit denen in den vergangenen Tagen 600 Flüchtlinge die südlich von Sizilien gelegene italienische Ferieninsel erreicht hatten. Bürgermeister Totò Martello verurteilte die Brandanschläge an mehreren Orten als Angriff auf den Ruf der Insel. Gleichzeitig forderte er die italienische Regierung und die EU auf, Lampedusa zu unterstützen. Bereits vor wenigen Tagen war aus Protest gegen die Ankünfte von Flüchtlingen das ihnen gewidmete Denkmal des italienischen Künstlers Mimmo Paladino mit Müllsäcken und Paketband verunstaltet worden.“ Meldung vom 8. Juni 2020 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Appell im Vorfeld der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: Keine europäische Asylrechtsreform auf Kosten der Menschen(rechte) und der Grenzstaaten! 
    Am 7. Februar 2020 wurde bekannt, dass sich die Bundesregierung am 4. Februar auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt hat. Dieser beruht auf einem Vorschlag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI), den das BMI bereits europaweit beworben hat. Die Haltung der Bundesregierung wird auch Einfluss auf die Entwicklung des »New Pact on Migration and Asylum« haben, einem Neuaufschlag für das Europäische Asylsystem, den die Europäische Kommission für das Frühjahr 2020 angekündigt hat. Das Konzept der Bundesregierung beruht auf folgenden Grundideen: An den EU-Außengrenzen sollen alle Asylanträge »vorgeprüft« werden. Personen, deren Asylanträge in der Vorprüfung bei »offensichtlicher Nicht-Schutzbedürftigkeit« abgelehnt worden sind, sollen direkt von den Außengrenzen abgeschoben werden. Nur Asylsuchende, die positiv vorgeprüft wurden, sollen nach einem bestimmten Verteilschlüssel auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Um die Weiterwanderung von Asylsuchenden (sog. Sekundärmigration) zu verhindern, soll die einmal festgelegte Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates dauerhaft sein und Sozialleistungen nur im zuständigen Staat ausgezahlt werden. Das Papier enthält einige positive Ansätze: So begrüßen die unterzeichnenden Organisationen beispielsweise, dass die Bundesregierung die Dysfunktionalität des Dublin-Systems eingesteht und das Prinzip, dass grundsätzlich der Ersteinreisestaat für die Fallprüfung zuständig sein soll, aufgeben will. Positiv ist auch, dass bei der Verteilung auf die einzelnen Mitgliedstaaten ausdrücklich ein erweiterter Familienbegriff Anwendung finden soll, die Rücksichtnahme auf die besonderen Belange und Rechte vulnerabler Personen ausdrücklich Erwähnung findet und nach dem Papier Schutzsuchende umfassend über ihre Verfahrensrechte aufgeklärt werden und Zugang zu Rechtsberatung und -vertretung haben sollen. Gleichwohl ist das dem Vorschlag zugrundeliegende Konzept einer massiven Ausweitung von Verfahren an den Grenzen abzulehnen. Denn damit setzt der Vorschlag auf eine Idee, die im Kern auf den griechischen Inseln bereits jahrelang erprobt wird und deren Erprobung aus unserer Sicht gescheitert ist. Wie die Praxis zeigt, können faire Verfahren und effektiver Rechtsschutz für Schutzsuchende aus sehr verschiedenen Ländern mit erheblich unterschiedlicher Vorgeschichte an der Grenze nicht gewährleistet werden. Darüber hinaus kann der Vorschlag – auch nach Einschätzung der Bundesregierung – voraussichtlich nur mit zumindest »freiheitsbeschränkende Maßnahmen« umgesetzt werden. Realistischer sind aber tatsächlich freiheitsentziehende Maßnahmen, was aller Wahrscheinlichkeit nach zu großen Lagern mit absehbar katastrophalen humanitären Zuständen führen würde. (…) Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher: Keine Auslagerung des Flüchtlingsschutzes durch Zulässigkeitsverfahren (…) Es ist zudem als wahrscheinlich anzusehen, dass Vorschläge im Rahmen früherer Diskussionen zur Reform des GEAS, die eine Herabsenkung der Kriterien für einen »sicheren Drittstaat« gefordert haben, wiederbelebt würden und so die Gefahr von völkerrechtswidrigen Abschiebungen (»Refoulement«) zusätzlich erhöht würde. (…) Keine inhaltlichen Vorprüfungsverfahren an den Grenzen (…) Keine Inhaftierung von Schutzsuchenden, auch keine Freiheitsbeschränkung auf Zeit…“ Appell von 22 Organisationen vom 12.03.2020 bei Pro Asyl externer Link und die Pressemitteilung vom 12.03.2020 von Pro Asyl externer Link dazu
  • Bundesregierung will Vorprüfung von Asylanträgen an EU-Außengrenzen
    „Die Bundesregierung einigt sich auf ein Konzept für das europäische Asylsystem. (…) Wie der „Evangelische Pressedienst“ aus Regierungskreisen erfuhr, enthält das Konzept der Bundesregierung drei Kernelemente: eine Vorprüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen und im Inland, ein „Zuständigkeitsregime“ anhand eines Verteilschlüssels und Maßnahmen, um diese Verteilung durchzusetzen. Bei der Vorprüfung soll die Feststellung der Identität und die Registrierung in der Datenbank Eurodac erfolgen. Bei Anträgen, die offensichtlich keinen Erfolg haben, weil eine Schutzbedürftigkeit nicht gesehen wird, sollen dem Konzept zufolge aber auch Einreiseverweigerungen und Zurückweisungen ausgesprochen werden. (…) Durch „geeignete, notfalls freiheitsbeschränkende“ Maßnahmen, die zeitlich begrenzt werden sollen, soll dem Konzept zufolge an den Außengrenzen sichergestellt werden, dass sich Antragsteller der Vorprüfung nicht entziehen. Wird ein Asylbewerber erst in einem Mitgliedstaat im Inland registriert, soll es ebenfalls diese Vorprüfung geben. Dieser Personengruppe solle kein Vorteil daraus erwachsen, dass sie nicht bereits an der Außengrenze geprüft wurde, hieß es. (…) Flüchtlinge, die nicht zurückgewiesen werden, sollen dem Konzept zufolge nach einem Schlüssel in der EU verteilt werden, der Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Um zu verhindern, dass Asylantragsteller in einen anderen EU-Staat gehen, sollen Aufnahmeleistungen „grundsätzlich ausschließlich vom zuständigen Mitgliedstaat zur Verfügung gestellt“ werden. Sowohl für die Vorprüfung als auch die Verteilung sieht das Konzept Rechtsschutz sowie eine umfassende Aufklärung über Verfahrensrechte vor…“ Meldung vom 10. Februar 2020 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Gegen Haft und Entrechtung schutzsuchender Menschen. Zu den Überlegungen des BMI für eine »Neuausrichtung« des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) 
    Mit ihrer Agenda für Europa hat die neue Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau von der Leyen, angekündigt, einen »New Pact on Migration and Asylum« u.a. zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vorstellen zu wollen. Dieser wird im Frühjahr 2020 erwartet. Grundlage dieses Vorstoßes könnte ein Papier des deutschen Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 14. November 2019 sein. Die im November 2019 bekannt gewordenen Vorschläge sehen kurz zusammengefasst ein Grenzverfahren mit Inhaftierung vor. Nur bei positiver Vorprüfung erfolgt die Einreise zur Durchführung des Asylverfahrens in die Europäische Union (EU). Diese Asylsuchenden werden nach einem Schlüssel auf die Mitgliedstaaten verteilt. Die Asylanträge jener Asylsuchenden, die die Vorprüfung nicht bestehen, werden im Grenzverfahren abschließend entschieden und sollen bei Ablehnung von dort zurückgeführt werden…“ Stellungnahmen & Gutachten vom Januar 2020 bei Pro Asyl externer Link
  • Kommt die komplette Abschottung? EU-Innenminister*innen beraten über Asylrechtsreform 
    „… Während die Bundeskanzlerin beim Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan mal wieder den menschenrechtswidrigen EU-Türkei Deal retten will, treffen sich die EU-Innenminister*innen in Zagreb. Dort soll über die kontroverse Frage der Verteilung von Flüchtlingen in der EU gesprochen werden. Aufhänger ist zwar die Frage der Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen, doch tatsächlich geht es um die grundlegende Frage nach einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Im März will die Kommission einen »New Pact on Migration and Asylum« und damit ihre Ideen für eine solche Reform vorstellen – die Debatten in Zagreb werden Gradmesser dafür sein, welche Vorschläge ihren Weg in den »New Pact« finden werden. (…) Vorne mit dabei bei der Diskussion ist auch das deutsche Bundesinnenministerium (BMI). Dieses hat schon im November 2019 Vorschläge für eine »Neuausrichtung« des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gemacht und stellt diese europaweit vor. PRO ASYL hat diese Vorschläge analysiert und ist höchst besorgt (…). Der Vorschlag ist ein systematisch angelegter Angriff auf den Zugang zum individuellen Asylrecht in der gesamten EU und auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Es ist absehbar, dass es zu großen Haftzentren mit katastrophalen Zuständen an den Außengrenzen kommt – wie das aussieht, ist bereits aus Lagern wie Moria in Griechenland bekannt.(…) Kurz zusammen gefasst plant das BMI Folgendes: An den EU-Grenzen werden Grenzverfahren durchgeführt, während derer die Schutzsuchenden inhaftiert sind. Nur bei positiver Vorprüfung erfolgt die Einreise zur Durchführung des Asylverfahrens in die EU. Diese Asylsuchenden werden nach einem Schlüssel auf die Mitgliedstaaten verteilt (sogenanntes »fair share«-Modell). Die Asylanträge jener Asylsuchenden, die die Vorprüfung nicht bestehen, werden im Grenzverfahren abschließend entschieden und sollen bei Ablehnung von dort abgeschoben werden…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 24. Januar 2020 externer Link
  • Haftlager: BMI plant, Griechenland handelt
    Das BMI verkauft seine Inhaftierungspläne an den EU-Grenzen als großen Wurf. Das ist die de facto Abschaffung des Rechtsstaats. Bereits erprobte und gescheiterte Konzepte sollen zu Kernaspekten der Reform zu werden – mit dramatischen Konsequenzen für schutzsuchende Menschen in Europa. Griechenland will die Elendslager auf den griechischen Inseln in Haftlager umwandeln. Von dort aus soll abgeschoben werden. Wenige Tage zuvor berichten deutsche Medien über Seehofers Eckpunktepapier zu einer Reform genannten Änderung des Europäischen Asylsystems. Das Bundesministerium für Inneres (BMI) prescht im Vorfeld der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 mit Vorschlägen für eine Reform des Europäischen Asylsystems voran. Kernelemente: Grenzverfahren, geschlossene Zentren an den Grenzen, Zwangsverteilung ohne Rechtsschutz. (…) Das BMI schlägt de facto vor, Transitzentren an europäischen Grenzen einzurichten. Denn das BMI spricht davon, dass bei Schutzsuchenden, die über »sichere Drittstaaten« eingereist sind oder bei Personen, die angeblich falsche Angaben machen, die Einreise verweigert werden könnte. Das erfordert einen Ort, der zwar schon auf europäischem Boden ist, der aber rechtlich ausgeklammert wird. Das ist beispielsweise an Flughäfen im Transitbereich der Fall oder in den umstrittenen ungarischen Transitzentren. Auch bei den sogenannten Seehofer-Deals mit Griechenland und Spanien wird eine Nichteinreise fingiert, obwohl die Betroffenen bereits in Deutschland angekommen sind. Vor deutschen Verwaltungsgerichten werden diese Einreiseverweigerungen aber zum Teil wieder eingesackt. Die europarechtswidrigen Seehofer-Deals waren ein Kompromiss der Großen Koalition, nachdem Bundesinnenminister Seehofer eigentlich Transitzentren an deutscher Grenze durchsetzen wollte. Will er diese Idee nun an europäischen Grenzen durchsetzen? (…) Dem BMI schwebt nun ein europäisches Verteilungssystem ähnlich dem deutschen Königsteiner Schlüssel vor, nach dem entsprechend einer festgelegten Quote Asylsuchende in ganz Europa verteilt werden. Das Problem am Konzept: Die berechtigten Interessen der Asylsuchenden werden ausgeblendet. Das Zuständigkeitsregime soll rigoros durchgesetzt werden. Wer einen zuständigen Staat verlässt, soll nach einem sogenannten »Notifizierungsverfahren« auf schnellst möglichem Wege zurückverfrachtet werden. Die Verteilung soll mit drastischen Mitteln erzwungen werden: Es soll keinen Rechtsschutz gegen eine Verteilentscheidung geben und soziale Leistungen würden nur im zugeteilten Staat gezahlt werden. Wenn im zugeteilten Zuständigkeitsstaat den Betroffenen unmenschliche Behandlung droht oder der Staat systemische Mängel aufweist, haben die Betroffenen keinerlei Möglichkeit, gegen die Zwangsüberstellung in den besagten Staat effektiv zu klagen.“ Pro-Asyl-Meldung vom 21.11.2019 externer Link
  • Seehofers Erlass zur Schleierfahndung ist ein offener Verstoß gegen EU-Recht 
    „… Der jüngste Erlass von Bundesinnenminister Seehofer an die Bundespolizei zu verstärkten Kontrollen an allen deutschen Binnengrenzen ist ein Verstoß gegen EU-Recht. Verdachtsunabhängige polizeiliche Kontrollen im grenznahen Raum – die so genannte Schleierfahndung – dürfen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzkontrollen haben, das räumt auch die Bundesregierung auf meine Anfrage ein (19/126). Wenn es aber nunmehr „wahrnehmbare“, „regelmäßig wiederkehrende Schwerpunktaktionen“ „in unmittelbarer Grenznähe“ geben soll, dann ist das mit EU-Recht offenkundig nicht vereinbar. Womöglich weiß man das auch im Bundesinnenministerium, und womöglich ist das der Grund dafür, warum die Erlasse an die Bundespolizei vom 30. September und 6. November 2019 den Abgeordneten des Bundestages bislang trotz mehrfacher Anfrage nicht übermittelt wurden: Der Bruch des EU-Rechts könnte in Kenntnis des Wortlauts der Anweisungen allzu offenbar werden. Es bestehe kein Anspruch auf Aktenvorlage oder Dokumentenherausgabe, hieß es zur Begründung aus dem Ministerium lapidar. Auf mein erneutes Drängen hin sicherte jedoch Bundesinnenminister Seehofer im Innenausschuss des Bundestages am vergangenen Mittwoch die Übersendung der Erlasse zu und entschuldigte sich, eine solche Information der Abgeordneten solle auch für die Zukunft sichergestellt werden. Das wäre zu hoffen, denn es ist generell ein Unding, dass die Presse oftmals besser informiert ist als die zur Kontrolle der Regierung berufenen Abgeordneten. Nicht selten stechen Behörden- oder Ministeriumsbeschäftigte interne Papiere gezielt an bestimmte Medien durch – gerne etwa der „Bild“-Zeitung –, um auf diese Weise eine politisch genehme Berichterstattung zu erzielen. Die Offenlegung der Erlasse an die Bundespolizei ist aber nicht nur politisch, sondern auch rechtlich geboten: Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (…) und auch deutscher Gerichte müssen die Vorgaben zur Begrenzung der Schleierfahndung rechtlich klar geregelt, transparent und offen sein – interne Anweisungen an die Behörden werden diesen rechtlichen Anforderungen nicht gerecht…“ Gastbeitrag von Ulla Jelpke vom 18. November 2019 bei MiGAZIN externer Link
  • Eckpunktepapier: Seehofer will Asylanträge bereits vor Einreise nach Europa prüfen lassen 
    „Innenminister Seehofer konkretisiert seine Pläne für ein neues europäisches Asylsystem. (…) Bundesinnenminister Horst Seehofer will bei einer Reform der europäischen Migrationspolitik schärfer gegen eine unerlaubte Weiterwanderung innerhalb Europas vorgehen. Diese müsse „wirksam verhindert werden“, sagte der CSU-Politiker in Berlin. „Wir brauchen einen Neuanfang für die Migrationspolitik in Europa.“ Seehofer sprach sich für die Schaffung eines „robusten Verfahrens“ aus, um eine erste Prüfung von Schutzersuchen „noch vor der Einreise nach Europa“ machen zu können. Es gelte, das System von Dublin abzulösen, indem „feste Zuständigkeiten für die Prüfung von Schutzersuchen geschaffen werden“. Der Schutz der EU-Außengrenzen müsse durch die Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex dringend verbessert werden. In einem Eckpunktepapier des Bundesinnenministeriums heißt es unter anderem, die Vorprüfung von Asylanträgen an den Außengrenzen solle verpflichtend vorgesehen werden. „Offensichtlich unzulässige oder unbegründete Anträge sollten unmittelbar an der Außengrenze abgelehnt werden. In diesen Fällen darf keine Einreise in die EU erfolgen.“ Die Vorprüfung solle binnen „weniger Wochen“ abgeschlossen sein, heißt es weiter. Durch „geeignete, notfalls freiheitseinschränkende Maßnahmen“ müsse sichergestellt werden, dass sich der Antragsteller der Vorprüfung nicht entziehe. Im Falle einer Zurückweisung müsse Frontex bei der Rückführung unterstützen. (…) Laut dem Reformplan des Innenministeriums würde nur bei positiver Vorprüfung die Einreise in die EU gestattet. Zuvor müsse die geplante EU-Asylagentur (EUAA) den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat bestimmen. Dieser solle dann auch dauerhaft zuständig bleiben – die Rede ist von der „ewigen Zuständigkeit“…“ Meldung vom 17. November 2019 beim Spiegel online externer Link – Herr Seehofer macht weiter auf Rechtsbrecher. Denn schon seine Abweisungen an der bayerischen Grenze sind rechtswidrig
  • Asylverfahren an den EU-Außengrenzen: Der Modellversuch ist längst gescheitert! PRO ASYL: Verfahrensrechtliche Standards sollen gezielt unterlaufen werden
    PRO ASYL kritisiert die aktuellen Vorschläge Horst Seehofers externer Link für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. Zu deren Durchführung sollen Asylsuchende dort interniert, einem Schnellverfahren unterzogen und gegebenenfalls unmittelbar abgeschoben werden. Vom Zugang zum Recht auf Asyl kann nicht die Rede sein, wenn Seehofer davon spricht, dass lediglich die »Aussicht auf Asyl« an den Außengrenzen geprüft werden und nur »bei einer positiven Prognose« das eigentliche Asylverfahren nach einer Übernahme in den EU-Mitgliedsstaaten durchgeführt werden soll. Was Asylverfahren genannt wird, wäre lediglich eine grob geschnitzte Plausibilitätsprüfung. Für deren mangelhafte Qualität dürften voraussichtlich EU-Agenturen, von EASO bis FRONTEX, sorgen. Dieser Vorschlag hebelt den Rechtsstaat aus. In Elends- und Massenlagern gibt es keine fairen Verfahren und keinen Zugang zu unabhängigen Gerichten, die das Handeln der Behörden kontrollieren. Das gilt auch für jetzt in den Raum geworfene »Plausibilitätsprüfungen«. Dass vor diesem Hintergrund, der SPD-»Migrationsexperte« externer Link Lars Castellucci diesen Modellversuch unterstützt, ist absurd. Wer wissen will, wie Asylverfahren nicht funktionieren können, der blicke auf die griechischen Inseln externer Link. (…) PRO ASYL stimmt Seehofer in einem Punkt zu: Das Dublin Verfahren ist gescheitert. Begonnen allerdings hat dieser Prozess mit dem jahrelangen massiven Versuch Deutschlands, aus seiner komfortablen geographischen Mittellage heraus den Randstaaten die Verantwortung für Asylsuchende aufzubürden externer Link. Dieselben Staaten sollen jetzt als Betreiber weiterer Internierungszentren alten und neuen Typs herangezogen werden…“ Pressemitteilung vom 30.10.2019 externer Link
  • Wie sich Seehofer (s)ein neues Asylsystem vorstellt
    Eigentlich soll ja die neue EU-Kommission eine Asylreform vorlegen, die das gescheiterte Dublin-System ersetzt. Doch nun prescht Bundesinnenminister Seehofer vor – auf einer (fast) geheimen Konferenz. (…) Was Seehofer da sagte, hat es in sich. “Wir müssen feststellen, dass das Dublin-Verfahren gescheitert ist”, erklärte er. Deshalb müssten Asylbewerber künftig schon an den EU-Außengrenzen abgelehnt und “rückgeführt” werden. Das soll dann die EU-Grenzbehörde Frontex erledigen. Nur Asylbewerber mit Aussicht auf Schutz in Europa sollten künftig noch eine Chance haben, weiterzureisen. Sie sollen auf eine Gruppe von EU-Ländern verteilt werden, die sich dazu bereit erklären. Diese Länder sollten den Asylanspruch dann endgültig klären, so Seehofer. Das neue System will er nun mit Hochdruck vorantreiben, damit es pünktlich zum deutschen EU-Vorsitz im Juli 2020 fertig ist…“ Beitrag vom 29. Oktober 2019 bei Lost in EU externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156609
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